Midsummernight-Princess von RhapsodosGenesis (Eine Dunkelheit im Herzen) ================================================================================ Kapitel 28: Mitteilung ---------------------- Endlich habe ich es geschafft. Mein Ziel ist erreicht. Das Licht … Doch meine Dunkelheit verkehrt die Welt. Lass mich leben, lass mich frei. Aber ich muss es tun. Nachdem Zherenh ihr die Geschichte erzählt hatte, war sie nicht sofort zu Azur gestürmt, weil sie vermutete, dass er sich ausruhen musste. Seinen richtigen Namen wollte die andere Frau ihr zwar nicht verraten, dafür aber erfuhr sie, dass sich Azur in Entaris Kajüte zurückzog, wenn seine besetzt war. Am nächsten Morgen schaute sie bei Yurai vorbei, in der Hoffnung, dort auf Azur zu treffen, um ihm persönlich sagen zu können, was sie gesehen hatte und weil sie sich bedanken wollte, aber als sie in der Kajüte ankam, standen nur Robo – äh, Orb – und Gardam, also Smaragd, in dem Zimmer Wache, um auf Yurai zu achten, die wohl noch immer im Schlaf gefangen war. Azur schliefe aber auch, hatten die beiden anderen ihr mitgeteilt. Und obwohl sich dies am gestrigen Morgen zugetragen hatte, war sie dem Kapitän die ganze Zeit nicht mehr begegnet. Nach der Nachricht, er würde noch schlafen, wollte sie ihn wirklich nicht wecken. Aber er war den ganzen Tag lang nicht herausgekommen, wie ihr Crasch, den sie einst als Schach kannte, bestätigte. Als sie am Bug lehnte und in die Ferne blickte, um den Kurs zu erahnen und um sagen zu können, ob sie hier entlang gekommen war, ertönten Schritte hinter ihr. Kurz entflammte in ihr die Hoffnung, es sei Azur, doch sie drehte sich dennoch nicht um. Hier oben herrschte reges Treiben, weshalb alle paar Momente jemand vorbeigehen konnte, der sie nicht einmal beachtete. Sie alle sorgten sich sehr um Yurai und Azur, dass sie geistesabwesend durch die Gegend schritten. Azur würde immerhin ihr nächster König werden, aber ohne Yurai würde es keinen nächsten König geben. Falls sie jemals wieder einen Feenkönig brauchen würden. Sie konnten nur hoffen, dass sie nicht zu spät kamen, um Mirai zu retten. Zherenh verriet ihr, dass der lange Schlaf von Yurai nur bedeuten konnte, dass Mirai sehr geschwächt war. Beide waren geschwächt. Sie war sich nicht sicher, ob dies je in der Geschichte vorgekommen war. Die Zwillingsfeen hielten sich eigentlich immer im Verborgenen bei den Feen auf. Sie fragten sich alle, wie Ganondorf von ihnen erfahren konnte. „Einige Könige wissen von den Feen als Königsvolk“, ertönte Azurs Stimme hinter, als habe er ihre Gedanken gehört, „Die Familie in Hyrule erhält dieses Wissen genauso wie die Herrscher der Zoranen. Wasser ist auch für Feen das Elixier des Lebens.“ Terra drehte sich sofort um und musterte ihn besorgt. Aber die Sorge war umsonst. Er wirkte, als habe er zwei Tage lang geschlafen. Munter und frisch. „Kapitän! Ich habe gehört, was Ihr für mich getan habt – ich möchte mich bitte bedanken!“, sagte sie eilig, wobei sie sich verbeugte. „Ich … ich danke! Ich … – das hättet Ihr wirklich nicht tun müssen …“, fügte sie hastig hinzu, wobei sie einen kurzen Blick zu ihm nach oben warf. Als sie sein amüsiertes Lächeln bemerkte, richtete sie sich wieder auf und schob ihre Hände in ihre Manteltaschen. „Natürlich hätte ich das tun müssen“, entgegnete er ihr ernst, „Immerhin bist du Retro, mein engster Vertrauter. Nebenbei hast du auch noch deinen Geist mit Zwillingsfee Yurai verbunden.“ Er machte eine kurze Pause. „Es war dem zu folge meine Pflicht.“ Irgendwie betrübten seine Worte sie. ‚Pflicht’ … Er hatte seine Energie mit ihr geteilt, weil sie nützlich war … Sie war ihm dafür dankbar, aber … Aber was? Was hatte sie erwartet? Dass er sie so furchtbar nett fand, dass er ja so schade finden würde, wenn sie nicht anwesend war? Dass sie nicht lachte. „Und es war mir eine Freude“, fügte er nach einer weiteren kurzen Pause hinzu. Mit einem wirklich untypisch spitzbübischem Lächeln, welches aber sofort wieder einem ernsten Gesicht wich. Weil sich seine Mimik so schnell wieder veränderte, blieb Terra nichts weiter, als dass sie spürte, wie ihre Wangen rot wurden. Aber weiter zu reagieren, vermochte sie nicht, da Azur sich direkt neben sie stellte und das Meer beobachtete. Sie folgte seinem stechenden Blick – wobei sie sich sicher war, dass der Rotschimmer noch immer bei ihr zu sehen war -, konnte aber nichts weiter entdecken. Wasser, hier und da eine Sandbank, dort ein paar Felsen … „… Sind wir jemals an einer Sandbank vorbeigekommen?“, hörte sie sich plötzlich fragen. Dann dachte sie über den Weg nach, den sie zurückgelegt hatte. Es ging schnell, doch sie konnte alles genau sehen. Nein, sie konnte sich nicht … Noch einmal begutachtete sie die Felsen. „Oh, ihr Götter!“, rief sie, wobei sie auf die Felsen deutete, „Falsche Seite!“ Azur blinzelte sie verwirrt an. „Was?“ Es wirkte, als sei er eben gerade wieder auf die Erde zurückgekehrt – gedanklich. „Wir sind an der anderen Seite der Felsen …“ Der Kapitän runzelte die Stirn. „Wir drehen dort hinten ab und segeln dann auf der anderen Seite weiter“, sagte er – wobei es mehr wie ein Vorschlag klang. Sie begutachtete die Felsen. „Na gut …“, willigte sie nach kurzem Überlegen ein. Sie hoffte, dass diese Verwechslung nichts schlimmer machte. Sie war einfach zu abwesend! Die ganze Zeit über dachte sie nur über Azur nach und- … „Weshalb habt Ihr dann so besorgt gewirkt?“, fragte sie dann, um von ihrem Verhalten abzulenken. Er sah sie kurz an. „Ich …“, begann er dann vorsichtig, schüttelte aber den Kopf, „Ich glaube, du würdest es nicht verstehen, zweiter Kommandant.“, fügte er mit einer Stimme hinzu, die so hart klang, dass er damit hätte Steine zerschlagen können. Während er diese Worte sagte, stieß er sich vom Geländer ab und schritt graziös davon. „Aber …“, murrte Terra leise, als sie sich außer Hörweite betrachtete. Dann wandte sie sich wieder den Felsen zu. „… Zherenh hat mir auch alles gesagt, obwohl ich es nicht verstehe …“, murmelte sie in sich hinein. Dann seufzte sie. Zumindest waren sie und Cavallya da und verstanden sich. Und die Ziege. Jedenfalls hoffte sie noch immer, dass die Ziege kein Kobold oder sonst etwas war. Aber sie wirkte sehr ziegenhaft. Aber hatte die Mannschaft nicht auch sehr menschlich auf sie gewirkt? Sie hätte nie vermutet, dass sie keine Menschen gewesen wären … Sie hätte die Flügel der Feen gerne einmal gesehen. Sie hatte sich schon immer Flügel gewünscht. Welche, wie sie Möwen hatten. Schwarz und weiß. Yurai und Mirai hatten schöne Flügel … Ob die Flügel der anderen ebenfalls mit Federn bestückt waren? Die kleinen Feen, die sie vom Krankenhaus her kannte, waren immer nur mit durchsichtigen Membranflügeln ausgestattet gewesen … Vielleicht war das Feenvolk anders? Zumindest der Königshof. Azur … „Jetzt habe ich ihn noch immer nicht nach seinem Namen gefragt!“, fiel ihr plötzlich auf. Und ehe sie sich versah, folgte sie ihm. Außerdem hatte sie noch nicht die Gelegenheit, ihm zu erklären, was sie gesehen hatte. Und sie wollte es ihm erklären. Und sei es auch nur, um mit ihm zu sprechen. Sie mochte die Gespräche mit Azur. Und irgendwie musste sie sich einfach erkenntlich zeigen! Auch wenn er es als seine … freudige Pflicht betrachtete, ihr soviel Energie zu spenden, dass er zwei Tage lang das Bett nicht verlassen konnte. So etwas aber auch …! Als sie gerade das Deck verlassen wollte, kam Zherenh durch die Tür, durch welche Azur gerade verschwunden war. „Hat er dir seinen Namen verraten, Terra?“, fragte die Frau lächelnd. Als Azur geschlafen hatte, hatte Zherenh kaum einmal gelächelt. Aber auch seit Yurai schlief nicht. Terra fragte sich, was wohl als Hauptgrund hervorzuheben wäre. Sie schüttelte auf die Frage hin den Kopf. „Nein … Ich habe uns irregeleitet. Er versucht, es gerade zu richten.“ Zumindest vermutete sie das. Zherenh zog eine Grimasse. „Haben wir uns verfahren?“ Sofort wehrte Terra diese Vermutung wild gestikulierend ab. „Nein! Nein! Nein!“, sie schüttelte den Kopf, „Nein, niemals! Wir sind nur ein wenig vom Kurs abgekommen, mehr nicht. Das macht vielleicht einen halben Tag aus …!“ Die Miene der anderen verfinsterte sich. „Ein halber Tag könnte …“ „Hör auf, dir so viele Sorgen zu machen!“, versuchte Terra, sie zu beruhigen, „Wir schaffen es rechtzeitig“, sagte sie zuversichtlich, „Wir werden Yurai und Mirai zusammenführen. Link wird Ganondorf ausschalten. Alles wird wieder normal … Einverstanden?“ Die blonde Frau blieb stumm, nickte aber nach einigen Momenten. Sie öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, schloss ihn dann aber wieder. „Dann lasse ich dich mal wieder alleine“, murmelte sie, „Bis dann.“ Und mit diesen Worten huschte sie an Terra vorbei und schritt ihres Weges. „Bis dann“, verabschiedete sie sich leise - wobei sie Herzchen nachschaute -, obwohl diese bereits außer Hörweite war, „Herzchen …“ Sie zog einen Schmollmund. „Wieso Herzchen?“, murrte sie. „Gefällt dir der Name nicht?“, erklang die Stimme des Kapitäns. Er stand hinter ihr, doch er bewegte sich diesmal mit so leisen Sohlen, dass sie ihn nicht kommen gehört hatte. War er etwa geflogen? Mit einem kurzen Blick zu ihm überprüfte sie ihre Vermutung, doch ihm waren keine Feenflügel gewachsen. Dann realisierte sie die Frage. „Uh – äh!“, machte sie, „Natürlich gefällt er mir – ich frage mich nur, weshalb für sie genau dieser Name ausgewählt wurde …! Ich könnte mich auch über Retro wundern!“, sagte sie schnell, fügte dann aber langsamer und auch gezielter hinzu, „Oder über Azur.“ Der Mann lächelte sanft, wobei er an Terra vorbei und zu Herzchen blickte, welche gerade an dem Ort stehen geblieben war, an dem er und Terra vorhin gestanden hatten. „Ich glaube, ich habe ihr diesen Namen gegeben, weil ich ihn früher nie verstanden habe.“ Sein Blick streifte den Terras, welche in dem Moment wieder zu ihm aufschaute. Auf diese Antwort hin blinzelte sie verwirrt. „A-Ach ja?“, murmelte sie. „Ich denke, ich verstehe jetzt, weshalb …“, sagte er ruhig, wobei sein Blick aussagte, dass er gerade in Erinnerungen versunken lag, die sie nichts angingen. Um was es in diesen Erinnerungen wohl ging? An wen dachte er? An Herzchen? Sie war zwar das Thema, aber … Plötzlich stieg ihr das Blut wieder in die Wangen. Herzchen. Herzchen. War es nicht offensichtlich – ihr Name? Was sie ihm bedeutete? Sie war wohl sein … „Ich bin froh, dass sie sich mir angeschlossen hat“, fuhr er plötzlich lauter fort, „Wirklich sehr froh.“ Dann sah er Terra wieder klar an. Er war also wieder völlig anwesend. „Retro stammt wohl daher, dass …“, er brach kurz ab und schaute an die Decke, „Das ist nicht so wichtig“, murmelte er dann. Sie blinzelte ihn an. „Was?“ Er neigte den Kopf wieder in ihre Richtung. „Dein Name entstammt einer besonderen Situation.“, beendete er seine Aussage. „Besondere Situation?“, wiederholte sie leise, wobei sie die Stirn kraus zog. Welche konnte das gewesen sein? Was hatte ihr Name mit irgendeiner Situation zu tun? Sie hatten sich getroffen, miteinander gesprochen – und plötzlich besaß sie diesen Namen. Er zuckte einfach mit der Schulter. Danach schüttelte er – für sie bezugslos – den Kopf. Und plötzlich wirkte er wieder ein Stück größer und ehrfurchtvoller. „Azur ist vom Namen meines Bruders abgeleitet“, erklärte er gelassen, „Als Erinnerung an ihn.“ „Habt Ihr auch einen wahren Namen?“, fragte sie interessiert nach – wobei sie die Dummheit ihrer Frage nicht beachtete. Er lächelte kurz darüber. „Natürlich“, antwortete er ihr. Eine weitere Erklärung blieb aus. Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. „… Wie lautet er? … Falls ich das erfahren darf.“ „Kyrion“, murmelte er, wobei er sie forschend ansah. Kyrion … „Was für ein schöner Name“, meinte sie lächelnd, „Meiner lautet Terra“, fügte sie hinzu, wie sie es auch bei den anderen getan hatte. Zu einer Vorstellung gehörten immer zwei dazu. Er sah sie für einen Moment verwirrt an. „Danke“, sagte er dann, wobei er aber immer noch eher überrascht als dankbar klang. „Also – Kapitän … Kyrion?“ „Azur“, besserte er sie aus. Er war wohl der Einzige, der auf seinem Namen haften blieb. Nun ja … Es war eine Erinnerung an seinen toten Bruder … „… Seid Ihr interessiert daran, zu hören, was Yurai und ich gesehen haben?“, fragte sie ihn. Vermutlich hatte er es schon gehört, aber … Er nickte. Und sie begann zu erzählen. Epona schleppte sich weiter. Es war ihr anzusehen, dass sie heilfroh war, endlich wieder geraden, festen Boden unter den Füßen zu haben. Link tätschelte die Nase des Rosses und lächelte es an. „Du bist ein braves Mädchen“, lobte er sie, als sie den relativ geraden Weg nach Kakariko entlangschritten. Da er sich der Wege bewusst war, wählte er beabsichtigt denjenigen, der nicht direkt durch das Dorf führte. Er musste nicht mehr zu den Goronen. Alles war klar. Er fragte sich, ob Epona es genauso sah. Den Abstieg verbrachte er hauptsächlich damit, seinem Pferd zu erklären, wer Ilya wirklich war. Dass sie und Ilya beste Freunde waren. Er hoffte, dass seine treue Gefährtin verstand. Oder dass sie sie nie vergessen hatte. Ganz im Gegensatz zu ihm. „Wir brauchen nur noch Shans Ring zu finden“, schloss er seine Erklärung, als er bereits das in der Nachmittagssonne glänzende Wasser des Sees sah, der vor ihm lag, „Dann können wir zu ihr. Sie muss sich doch erinnern, oder?“ Epona gab ein zustimmendes Geräusch von sich. Allerdings trabte sie daraufhin sofort los, obwohl er ihr keine Anweisung dazu gegeben hatte. Im nächsten Moment stand er mitten im See von Eldin und sein Pferd drohte an, das Gewässer zu leeren. Link lachte amüsiert. Ja, sie hatte es verdient. Er gönnte es ihr. Er entfernte sich aus seinem Sattel und sprang ebenfalls ins Wasser. Seine Stiefel sogen sich mit dem kühlen Nass voll, aber er ignorierte es. Wichtig war nur, den Ring schnellstmöglich zu finden, um sich für den Ball, der am heutigen Tage stattfinden sollte, bereit zu machen. Mit nassen Stiefeln würden sie ihn kaum einlassen. Er hoffte, dass Arithmeta eine passende Alternative finden konnte. Ihm fiel nichts ein. Er würde sich anfangs wohl eher verdeckt halten müssen, bis er Ilya nah genug war, um ihr alles zu erklären. Auch wenn er bezweifelte, dass er inmitten dieser Menschenmenge auffiel. Aber … sicher war sicher. Hoffentlich kam Shan auch sicher an. Immerhin hatte er sie einfach so losgeschickt, obwohl er wusste, dass sie orientierungslos war. Aber … sie war intelligent und stark. Sie würde es doch schaffen … Ansonsten hätte sie wohl hier gewartet, oder? Zumindest wäre sie zurückgekehrt … Er musste einfach daran glauben, dass sie es zur Schneiderei geschafft hatte. Wenn sie Thelma wirklich hier gefunden hatte, dann würde es kein Problem für sie gewesen sein. Da war er sich zumindest sicher. Er schaute sich um und stapfte durch das Wasser. Irgendetwas war hier anders. Ihm fiel nicht auf, was genau es war, aber irgendetwas hatte sich verändert. Sein Blick fiel auf Epona. Das Pferd wirkte immer noch erschöpft. Auch er fühlte noch die Müdigkeit, die die letzten drei Tage mit sich brachten. Immerhin waren sie ziemlich schnell und relativ viel geritten, obwohl es ein solch schwieriges Gelände war. Aber dafür waren sie rechtzeitig hier. Hier konnte er sich ein wenig ausruhen, nachdem er den Ring endlich in den Händen hielt. Doch dafür musste er ihn erst aufspüren. Er watete noch ein wenig herum, begutachtete den Boden und observierte die Felsbrocken, die um ihn herum waren. Doch auf keinem lag ein silberner Ring. Dass sie diese Anweisung vergessen hatte, bezweifelte er stark, aber … vielleicht hatte ihn jemand gestohlen? … Aber wer würde einen Ring stehlen? Gut, Diebe, Banditen, Räuber … Oder Ganondorfs Scherge, der etwas von seinem Plan mitbekommen hatte. Bei diesem Gedanken riss Link die Augen auf. Sofort zückte er sein Schwert und schaute sich misstrauisch überall um. War er noch hier? Wenn ja – wo? Link vollführte einige Schritte rückwärts, um mehr Sichtfeld zu gewinnen. In welcher Richtung würde er sich verstecken? Würde er ihn angreifen? Warum hatte er es nicht zuvor schon getan? Wieder streifte sein Blick das Pferd. Er seufzte. „Epona, werde ich langsam verrückt?“, fragte er leise. Vielleicht war es einfach die Müdigkeit, die Erregung über seine Entdeckung, was Ilya betraf, und ein wenig der Missmut dem gegenüber, was kommen würde. Er musste sich Ilya stellen. Dabei würde er vielleicht auf Ganondorfs Gehilfen treffen. Vielleicht musste er kämpfen … Wie würde sich Ilya entscheiden? Und wie sollte er die wahre Prinzessin finden? „Epona, du warst aber schon immer mein Pferd, oder? Du bist nicht nur eine Prinzessin, die in ein Pferd verwandelt wurde, sodass Ilya deinen Platz übernehmen konnte, oder?“, fragte er leise. Danach lachte er kurz auf. Er hatte sich auf seinem Weg viele Gedanken gemacht. Wo war sie? Wer war sie? Doch nichts hatte auf einen grünen Zweig geführt. Wieso konnte er sich lediglich an Ilya erinnern? Hätte der Geist nicht alle Zauber, die auf seinem Gedächtnis lagen, löschen können? Etwas mehr Weitblick würde ihm wirklich nicht schaden … Und der Welt dadurch auch nicht. „Aber zuerst der Ring“, murmelte er, während er das Schwert wieder in die Scheide an seinem Rücken steckte. Zu dem Zeitpunkt, an dem er diese kunstvolle Bewegung vollbrachte, fiel sein Blick auf einen ganz bestimmten Fels. Der Fels war ein wenig dunkler als die anderen – das konnte aber auch an den Lichtverhältnissen liegen – und als er ihm näher kam, entdeckte er eingeritzte Zeichen: Ein Triforce, in dessen Mitte ein Kreis gezeichnet war. Nein, kein Kreis. Ein Ring! Das war Shans Zeichen! Da war er sich ziemlich sicher! Aber … wo war der Ring? Er umrundete den ganzen Felsen, tastete ihn oberhalb ab, tauchte seinen Kopf ins seichte Wasser, um auf den Boden sehen zu können, doch nirgends befand er sich. Link zog eine Grimasse. Was meinte sie damit? Das Triforce stand wohl für ihn. Und der Ring für … nun, den Ring eben. Er begutachtete seine linke Hand, die durch seinen Handschuh verdeckt war. Darunter befand sich das Heilige Zeichen. Er seufzte. Einen Versuch war es wert. Er entfernte den Handschuh und hob seinen Handrücken an die Zeichnung. Plötzlich glühte das Zeichen am Stein kurz auf. Und die Ritze, die den Ring darstellte, füllte sich plötzlich. Mit einem Ring! „Shan, wie hast du …“, flüsterte er staunend, beendete den Satz aber nicht. Stattdessen griff er nach dem Schmuckstück und begutachtete es. Ja, das war Shans Ring. Wenn es keine Falle des Schergen war, dann verschaffte ihm dieses kleine Teil den Weg nach Hyrule. Er schaute erneut auf sein Pferd und hob dabei den Ring hoch. „Hey, Kleine, ich hab ihn gefunden!“, rief er ihr erfreut zu. Das Pferd allerdings schaute ihn nur müde an, „Ruh dich aus!“, schlug er ihr lächelnd vor, „Eldin wird dir sicher wieder zu Kräften- …“ Er stockte. Das war es. Das war anders. Er fühlte sich keinen Deut stärker, obwohl er gerade mitten in dieser Quelle stand. Woran lag das? „Eldin? Influbene? Alles in Ordnung?“, rief er den nicht anwesenden Geistern zu, „Hey!“ „Oh, Link!“, ertönte eine Stimme von der anderen Seite. Sofort wandte er sich um. Leonhardt stand dort und sah ihn besorgt an. „Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst so zerknirscht.“ Link lächelte. „Hallo! Nein, nein, mir geht es gut! Aber wie geht es dir? War zufällig Thelma hier?“ Bei der ersten Nachricht strahlte Leonhardt förmlich. Der Priester war wohl immer froh darüber, wenn es jemandem gut ging. Na ja, sonst wäre er kein Priester geworden. Bei der Erwähnung von Thelmas Namen verfinsterte sich seine Miene allerdings. „Ja, Link, sie war hier. Und auch ein anderer Mann aus Hyrule-Stadt. Thelma blieb lange Zeit hier, konnte nicht mehr weg. Der andere Mann war eine Weile hier. Und vor drei Tagen sind beide spurlos verschwunden. Ihre Pferde waren weg und ihre ganzen Sachen … Thelma wäre doch nicht einfach zurückgegangen, ohne sich zu verabschieden, oder?“ Thelma war also hier. Shan hatte sie also gefunden. Es war doch Shan, oder? Von hier nach Hyrule konnte man schon an die drei Tage brauchen, wenn man sich nicht beeilte, vielleicht wollte sie einfach pünktlich sein? Oder … Ganondorfs Scherge war wirklich hier. Und er hatte … „Shan, Thelma …“, murmelte er geschockt. „Wie bitte?“, fragte Leonhardt vom Ufer aus. Link legte sich den Ring um und schritt dann auf Leonhardt zu. „Ich habe eine Freundin von mir hierher gesandt, um Thelma zurück nach Hyrule zu bringen … Ich hoffe, sie war es, die Thelma weggebracht hat.“ „Wieso? Wer sollte es denn sonst gewesen sein? Thelmas Nicht?“ Er blickte ernst drein. Feconi. Es war eine Möglichkeit, aber … was hatte der andere Mann damit zu tun? „War jemand Fremdes im Dorf?“, fragte Link und schaute den Mann eindringlich an. Dieser schüttelte bedauernd den Kopf. „Niemand, Link, niemand.“ Er sog die Luft scharf ein. „Ich gehe nach Hyrule, Leonhardt. Dort sollte ich meine Freundin antreffen.“ Der Priester nickte verstehend. „Eine deiner alten Freundinnen? Betty, wenn ich mich nicht irre. Sie hat uns schon lange nicht mehr besucht. Wahrscheinlich hat sie viel Arbeit bei ihren Eltern.“ Der Mann schien eher mit sich selbst zu sprechen, als mit Link. Aber es war an der Zeit, einen Test durchzuführen. Link schüttelte den Kopf. „Nein, nicht Betty. Ich treffe die andere, die damals dabei war. Die, die ihre Erinnerungen verloren hatte. Erinnerst du dich?“ Erst blickte der Priester nachdenklich drein, doch dann zog er die Stirn kraus. „Nein, wen könntest du meinen?“ „Prinz Ralis!“, dämmerte es Link, „Sie hat mit Thelma zusammen Ralis hergebracht, sie …“ Leonhardt unterbrach Link kopfschüttelnd. „Link, du bist wohl etwas überarbeitet. Ralis und Thelma sind mit dir zusammen gekommen Link. Da war keine Freundin von dir.“ „Aber … die Flöte. Die Erinnerungsstücke – die Frau aus dem Vergessenen Dorf!“, machte er verzweifelt weiter, „Sie- …“ „Link. Es war niemand dort. Niemand.“ Link behielt Schweigen. Er war wirklich der Einzige, der sich an Ilya, das Bauernmädchen, erinnern konnte. „Prinzessin Ilya erwartet mich, Leonhardt“, wisperte er, „Ich muss los.“ „Epona sieht mir aber genauso erschöpft aus wie du, Link. Seit Eldins Quelle nicht mehr heilt, können wir dir nur ein Bett anbieten, um …“ „Nein“, entgegnete Link schärfer als geplant, „Ich bitte dich, Leonhardt, dich eine Weile um Epona zu kümmern. Ich werde sie später noch brauchen. Aber nach Hyrule gehe ich ohne sie. Sie ist wirklich geschafft, sie …“ Der Priester nickte lächelnd. „Selbstverständlich, Link.“ „Danke“, sagte Link, während er sich zu Epona bewegte und sie auf Leonhardt zuführte. Er gab ihm die Zügel in die Hand und bedankte sich noch einmal, wobei er sich auch für die Umstände entschuldigte. Er erhielt ein Glas Milch, weil er den Mann einfach nicht davon abbringen konnte, nichts für ihn zu tun. Danach ging er. Die Sonne deutete bereits den Abend an. Doch es war noch nicht zu spät. Er hatte den Ring. Er war bereit. Auf nach Hyrule. Und damit umarmte ihn der Schatten. Das Ende dieser Schrift naht. Denn der wahre Plan beginnt. Unaufhaltsam muss ich meines Weges gehen. Bitte lass ihn mich zu Ende schreiten. 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