Midsummernight-Princess von RhapsodosGenesis (Eine Dunkelheit im Herzen) ================================================================================ Kapitel 1: Verlassen -------------------- “Verlasse Hyrule auf der Stelle!“ Das zarte Zwitschern der Vögel rings um ihn herum beruhigte ihn. Es war schön, sie bis zum Anfang der Nacht zu hören. Danach ruhten sie sich aus, um am nächsten Morgen erneut ihre Stimmen erklingen zu lassen und die ansonsten ruhige Umgebung um Ordon mit ihrer Musik zu bereichern. Ein schöner Klang … Link saß vor seinem Haus und ließ die Beine an der Leiter herunterbaumeln. Wieder einmal trug er seine Alltagskleidung. Sein Abenteuer war beendet, wodurch es keinen Zweck mehr hatte, das grüne Gewand der Helden zu tragen. Er wollte es den Lichtgeistern zurückgeben, doch diese hatten es nicht angenommen. Also bewahrte er es in seinem Haus auf. Manchmal säuberte er es, um es für den nächsten Besitzer rein zu halten. Doch er war sich sicher, dass dies umsonst war – sooft wie er sich durch den Dreck gewälzt hatte und so wenig oft die Kleidung dadurch beschmutzt wurde … Das Einzige, was seiner damaligen Kleidung ähnelte, war die Mütze, die er trug. Er mochte das Gefühl, einen Schutz am Kopf zu haben und hatte die Kopfbedeckung vor einigen Jahren in Hyrule bei einer kleinen Schneiderei anfertigen lassen. Sie passte gut – beinahe gleich wie seine andere Mütze. Und sie war auch grün. Ebenso wie seine andere, die sicher verstaut beim Gewand eines Helden lag. Die Sonne ließ ihre letzten Strahlen durch das Tal gleiten und verschwand schnellstmöglich hinter den Bergen in weiter Ferne, um Platz für den Mond zu machen, der sanft die Landschaft beleuchtete und alles in ein schauriges Licht warf. Er stand auf. Die Arbeit für den heutigen Tag hatte er erledigt, da er heute einen Zeitdruck verspürt hatte, der ungewohnt für ihn war. Doch er hatte sich ihm gefügt und alles getan, was getan werden musste. Es war zwar noch früh, aber es konnte am nächsten Tag wieder spät werden. Je mehr er schlief, desto besser würde es ihm in nächster Zeit gehen. Jeder Tag brachte eine neue Wendung mit sich – und einige davon ließen ihn lange wach liegen. Um seinem Entschluss Nachdruck zu verleihen, gähnte Link ausgiebig. Er begab sich nach oben auf sein Bett, welches mit Decken ausgestattet worden war. Auch wenn er neben dem Fenster schlief, so wurde ihm nicht kalt. Das Fenster sorgte eher für eine milde Luftfeuchtigkeit, die ihn besser schlafen ließ. Doch seine Höflichkeit ließ es nicht zu, Geschenke wegzuwerfen, sodass er die Decken einfach als Laken benutzte – und er gab zu, dass es bequemer war, als am harten Boden zu schlafen. Wie einfach er lebte, fiel ihm erst auf, als es ihm besser gehen konnte. Zuvor hätte er nie an Decken am Bett gedacht. Doch die Zeiten änderten sich. Dies war eine unabdingbare Sache. Und jeder war darin verwickelt. Egal, was er geleistet hatte. Link legte sich hin und schloss die Augen, entfernte dabei noch seine Kappe und war bereit, einzudösen und weg zu schlafen. Doch ein entnervtes Stöhnen hielt ihn davon ab, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Er setzte sich reflexartig auf und eine Hand sauste zu einem seiner neuen Schwerter, das er immer an die Wand auf seinem Bett gelehnt ließ. Er fühlte sich unwohl ohne ein Schwert an seiner Seite. Vor allem in Momenten der Abwesenheit – wie dem Schlaf. Er war nicht paranoid. Er wollte lediglich sicher gehen. „Du musst mich nicht zerstückeln“, meinte diejenige Stimme, die er vor zwei Tagen ebenfalls gehört hatte, beruhigend, doch auch mahnend. Und er vermutete, dass das unzufriedene Geräusch vorhin ebenfalls ihrer Kehle entronnen war. Ihr Gesicht schaute durch das kleine, runde Fenster. Er wusste nicht, wo oder ob sie sich festhielt. Vielleicht flog oder schwebte sie auch. Schließlich schien sie ein magisches Wesen zu sein. „Du schon wieder“, stellte er fest. Doch er ließ das Schwert noch immer in seiner Hand. Letztens hatte er keine Waffe dabei und sie hatte ihn nicht angegriffen. Aber Zeiten änderten sich … Weshalb misstraute er ihr eigentlich so? „Ich schon wieder“, bestätigte sie streng, „Und soll ich dir sagen, was mich daran verwirrt?“ Er antwortete nicht. „Dass du mich hier antriffst.“ „Wolltest du mich ausrauben?“, informierte sich Link. Was sonst sollte sie meinen? Höchstens ihren äußerst merkwürdiger Schlusssatz, den Link im Gedanken zerhackt, dann jedoch verworfen hatte. Sie lachte. „Soll ich dir etwa die Decken stehlen? Nein. Ich bin eher überrascht, dass du noch nicht weit entfernt von Hyrule bist, so wie ich es dir geraten habe.“ „Weshalb sollte ich das tun?“ „Kluge Personen tun, was man ihnen sagt. Vor allem, wenn es ein gut gemeinter Ratschlag ist“, erklärte sie belehrend, „Denn gut gemeinte Ratschläge wollen befolgt werden.“ „Wer bist du?“, wechselte er das Thema. Wie sollte er jemanden vertrauen, dessen Gesicht er zwar kannte, aber dessen Namen nicht? Gut, wahrscheinlich würde ihn irgendetwas davon abhalten, ihr Vertrauen zu schenken, auch wenn sie ihm ihren vollen Namen preisgeben würde. „Habe ich mich … Du hast recht“, sie stockte kurz, „Ich halte dir Vorträge und vergesse sogar, mich selbst vorzustellen. Nun, mein Name ist Shan.“ „Du bist … die Schwester von Midna?“, mutmaßte er. Ihr zum Verwechseln ähnliches Aussehen, der Umstand, dass sie sich unter „ich bin nicht meine Schwester“ vorgestellt hatte, ließen ihn dies vermuten. „Richtig, ich bin die Schwester der Prinzessin.“ „Willst du herein kommen, Shan?“, wollte er von ihr wissen. Er sah sie nicht. Nur ihr Gesicht wurde von der Kerze in der Lampe erleuchtet. Und vielleicht war ihr kalt. „Vorne ist der Eingang“, bot er ihr an. Sie nickte. Im nächsten Moment war sie verschwunden. Er machte sich auf den Weg nach unten, wobei er die Schwertscheide an seinen Gürtel hängte und das Schwert hineinsteckte. Er zielte auf die Küche zu, da er vermutete, dass Shan vielleicht etwas haben wollte – jedoch blieben Zweifel, ob sie dies wirklich wollte. Und wenige Augenblicke danach stand schon eine große Gestalt in seiner Tür. Doch diesmal fehlte der Mantel, den sie das letzte Mal getragen hatte. Sie sah etwas verändert aus, doch er erkannte noch immer Midna in ihr. Glaubte er zumindest. Sein Verstand täuschte es ihm zumindest vor, Midna zu sehen. Ob es wohl tatsächlich wahr war? „Hier ist es aber … nett …“, meinte sie und kam näher. Vor dem Küchentisch blieb sie stehen. „Ob ich dieses Haus wohl verlassen würde?“, fuhr sie unbeirrt fort, „Vermutlich schon.“ „Weshalb sollte ich …?“, informierte er sich bei ihr. Doch sie schenkte ihm nur ein Lächeln und sah sich weiter in seinem Haus um. „So hätte ich es mir nicht vorgestellt. Das Haus desjenigen, der gegen Zanto und Ganondorf angekommen ist …“ „Du kanntest ihn vermutlich, also Zanto“, schloss Link aus den Tatsachen, dass sie ihn erwähnte und dass sie aus Midnas Welt kam. „Er war kein schlechter Kerl, aber man musste ihn nicht um sich haben“, meinte sie schlicht dazu, „Er war schließlich nur Zanto – der Versager mit den großen, verschwendeten Kräften.“ Darauf sagte Link nichts. Eigentlich wusste er nicht, was er darauf sagen sollte. „Zanto war ein Verbrecher. Er hat alle in großes Unglück gestürzt. Und das … gleich nach der Wahl des Königs. Er hätte Midna wenigstens noch eine Chance geben können, sich zu beweisen“, sprach sie weiter, „Aber das interessiert dich vermutlich nicht. Wo waren wir vorhin?“ Sie stoppte kurz, „Ah. Dass du noch immer hier bist, wo ich dir doch das Gegenteil geraten hatte.“ „Wobei ich mich noch immer frage, weshalb ich den weisen, unbegründeten Rat einer Fremden annehmen sollte, wenn es darum geht, alles hinter mir zu lassen“, führte er ihre Aussage fort. Sie lächelte. „Ein sehr guter Einwand. Aber mittlerweile kennst du mich.“ „Du bist Shan, ja. Und ‚kennen’ ist etwas zu viel gesagt … Wir sind uns zweimal über den Weg gelaufen.“ Sie winkte ab. „Ich mag dich, Link. Ansonsten hätte ich dir diese Botschaft nicht überbracht.“ „Bist du nicht gekommen, um mir diese Botschaft zu übermitteln?“, informierte er sich, wobei er eine Augenbraue nach oben zog. Irgendwie verwirrte ihn diese Person gewaltig. Doch etwas verhinderte, dass er an einen Trick glaubte. Er war in seinem Haus. Hier hatte er den Vorteil. Sie schien keine Waffe zu haben. Und wenn sie in etwa so viel Erfahrung mit Schwertern hatte wie ihre Schwester … dann war die Magie das Einzige, in dem er ihr nachstand. Sie schüttelte langsam den Kopf. „Ich … war nur dort, um dich zu sehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass du gar nicht so unerträglich bist … und deshalb habe ich dir die Warnung überbracht.“ „Du hast mir den Rat gebracht, den – ich vermute zumindest – du mir passend zu der Warnung hättest geben sollen. Aber die Warnung selbst blieb aus.“ „Ich möchte dich nicht beunruhigen. Ist es nicht schöner, einer Katastrophe zu entgehen, wenn man nichts von ihr weiß?“ Er wurde hellhörig. „Katastrophe?“, wiederholte er fragend und zog ernst die Stirn kraus. Unter »Katastrophe« konnte man sich sehr viel vorstellen. Sämtliche Naturkatastrophen, der Überfall eines anderen Landes, der Größenwahn eines Zauberers … Sie nickte. „Willst du es wirklich hören? Es wird nicht leicht zu verkraften sein, Link.“ Ein entschlossenes Nicken war seine Antwort. „Es kursiert die Nachricht in unseren Breiten … dass ein verrückter Taugenichts versucht, irgendetwas damit zu erreichen, dass Ganondorf und Zanto wiedererweckt werden, um erneut über die Welt der Sonne und die Welt der Sola herzufallen und alles in Dunkelheit zu stürzen.“ „Ich habe Ganondorf schon einmal besiegen können“, entgegnete Link verwirrt, „Weshalb …?“ Sie lachte. Leichter Spott floss darin mit. „Weshalb man es dann für besser hält, dich wegzuschicken?“ Sie sah ihn mit tiefem Ernst in den Augen an. „Denkst du wirklich, jemand wie Ganondorf würde zweimal denselben Schlag ausführen? Vor allem, wenn er einmal dabei besiegt worden ist? Niemals“, entgegnete sie mit ruhiger, belehrender Stimme. „Aber er ist gestorben. Seine Leiche ist geborgen worden“, erklärte Link ein wenig verwirrt, „Er wurde verbrannt. Er kann nicht zurückkommen.“ „Man erzählt sich, dass jene Person, die diese Ziele hat, über Magie verfügt, die von den Menschen von vor Jahrhunderten verwendet worden ist. Verbotene Magie, wenn man so möchte. Totenerweckung.“ „Wo ist derjenige? Man muss ihn aufhalten, bevor es ihm gelingt, …“ Sie unterbrach ihn barsch. „Als ob du ihn finden könntest. Wahrscheinlich suchen unsere Leute nach ihm, seit das Gerücht seinen Umlauf genommen hat.“ „Gerücht? Es muss also nicht wahr sein?“ „Wer weiß? Bis jemand, der dies vorhat, geschnappt wird, bezeichnet man es wohl als simples Gerücht.“ „Deine Leute haben wahrscheinlich nur in euren Breiten gesucht“, schlussfolgerte er, während er einen Schritt auf sie zumachte, „dann werde ich in Hyrule nach ihm suchen.“ Sie lächelte. „Wie soll das Gerücht denn von hier nach dort gelangen? Der Ring ist …“ „Die einzige Möglichkeit. Doch jemand muss diesen Ring doch für dich geschaffen haben, oder?“, informierte sich Link. Sie machte ein erstauntes Gesicht. „Du meinst, dass der Schmied es auch für andere hätte machen können? Und den Herrscher somit belügen?“ „Also hat Midna diesen Ring beauftragt?“ „Midna könnte alles beauftragen. Wahrscheinlich hätten sie auch den Spiegel erneuern können, wenn sie hätte wollen. Doch sie ist eine weise Herrscherin, die solch törichten Unsinn nicht aufgrund einer Bekanntschaft unter der Sonne in Auftrag gibt. Lediglich um jene Bekanntschaft mir vorzustellen, wurde dieser Ring geschaffen.“ „Aber die Formel dafür liegt beim Schmied?“ Sie nickte. „Ich vermute es.“ „Kann ich mit dem Schmied sprechen?“, informierte sich Link, „Er ist in eurer Welt, oder?“ „Ja, das ist er. Und dieser Ring ist aber nur für eine Seele gemacht. Er kann nur seinen Träger und dessen Hab und Gut transportieren – zumindest durch Welten.“ „Wie funktioniert er denn?“, wollte Link wissen. Er hatte einen Plan: Wenn es einer der gedanklichen Wege war, so hätte sie sich doch auf die unbekannte Person konzentrieren können. Aber dies war wahrscheinlich zu einfach. Versucht hatte sie es wahrscheinlich schon längst. Sie nahm den Ring vom Finger und begutachtete ihn. „Ich muss mir einen Ort vorstellen. Es funktioniert lediglich auf Orte. Aber die Bestimmung des Ortes ist egal, solange der Ort auffindbar und nennbar ist.“ „Also könntest du dich zur ‚Stätte des Erweckens’ begeben, oder?“ Sie schüttelte langsam den Kopf. „Der Ort benötigt seinen wahren Namen. Wenn er Ganondorf in einer Höhle namens ‚Funkelstein’ erwecken würde, so müsste ich an die Höhle und den dazugehörigen Namen denken. Also … geht es schon alleine deshalb nicht, weil ich mir den Ort nicht vorstellen kann. In diesem Fall würde ich den Namen schließlich wissen.“ „Ist dieser Ring nur für eure Art geschaffen oder könnte auch ein Mensch ihn verwenden?“ „Wahrscheinlich jeder mit Vorstellungskraft“, antwortete sie ihm einfach, „Langsam neigt sich die Nacht zum Ende zu, Link.“ Er nickte. „Dann bricht ein neuer Tag an.“ „Bis zur Morgendämmerung sollte ich verschwunden sein“, meinte sie, „Ich weiß nicht, wie stark sich das Sonnenlicht auf mich auswirkt.“ Er brachte Verständnis entgegen. Schließlich erinnerte er sich noch daran, was beim gleißenden Licht des Lichtgeistes mit Midna geschehen war. Aber so hell strahlte die Sonne auch wieder nicht. „Ich bin nicht so stark wie Ihre Hoheit, meine Schwester“, erklärte ihm Shan schnell – wahrscheinlich konnte sie sich seine Gedanken vorstellen - , während sie ihren Blick Richtung Decke hielt, „Ich bin sogar ziemlich schwach, verglichen mit ihr.“ „Sie war auch sehr stark“, bekräftigte Link Shans Worte, „Du hast auch Zanto schon als stark bezeichnet. Midna ist besser. In allerlei Hinsicht.“ Shan lächelte. „Sie ist eine gute Herrscherin, eine gute Kämpferin, Magierin, Diplomatin, Freundin und sogar Schwester.“ Sie sah Link schmunzelnd an. „Sie war auch bei den Wahlen des Königs besser, wie du aus dem Titel ‚Prinzessin’ schließen kannst.“ „Sie hat mir nicht allzu viel darüber erzählt“, stellte Link im Vorhinein klar, „Aber ja.“ „König ist, wem das Volk vertraut und dem der König die Krone überreicht – nicht dass du glaubtest, es sei wie bei euch, dass der Titel im Blut liege.“ Er schüttelte den Kopf, um kund zu tun, dass er niemals daran gezweifelt hatte, dass Midna oder Shan mit Zanto verwandt wären. „Den Rest wirst du wahrscheinlich bereits wissen“, erkannte Shan. „Wenn es damit beginnt, dass Zanto betrübt über die Niederlage war, dann ja.“ Sie nickte. „Und wenn du deiner Königsfamilie loyal gegenübertrittst und daran glaubst, dass Weisheit, Entschlossenheit und Kraft, sowie Gutmütigkeit im Blut liegt, so bitte ich dich inständig, meinem Rat Folge zu leisten und Hyrule zu verlassen, bevor Ganondorf zu einem Rachestreich an dir vorgeht.“ Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Das kann ich nicht. Ich weiß, wozu dieser Mann fähig ist. Und solange es eine minimale Chance gibt, ihn zu bezwingen, solange möchte ich auch an dieser Chance festhalten, egal, wie klein sie ist. Zu gehen wäre Verrat am Land und an mir selbst.“ „Er könnte deinen Freunden etwas antun. Diesem Dorf. Midna.“, entgegnete Shan besorgt, „Er wird schließlich mächtiger denn je sein.“ „Weshalb bist du dir so sicher?“ „Beim ersten Schlag ist es ihm gelungen, zwei Königreiche in seinen Besitz zu bringen. Was wird dann der zweite auslösen, frage ich mich.“ „Ich möchte es nicht zum zweiten Schlag kommen lassen, Shan.“ Er sah sie mit felshartem Blick an. Er hatte wirklich nicht vor, die Pläne des Unbekannten Wirklichkeit werden zu lassen. Er wollte es verhindern. Er musste es verhindern. Denn er gab Shan recht: Diesmal wusste Ganondorf, mit wem er es zu tun haben würde. Wahrscheinlich würde er sich die Zeit nehmen, auf Links und Midnas Umfeld einzuschlagen. Dadurch würden all seine Freunde aus dem Dorf in Gefahr geraten. Und sämtliche Hyrulaner. Die ganze Welt. Vielleicht würde dann ein neuer Held geboren, der das Masterschwert nutzen konnte, um gegen das Böse anzutreten, doch wer konnte schon sagen, ob Ganondorf nicht bereits diesen ausforschen könnte? Er wollte sicher gehen. „Ganondorfs Erwachen muss fehlschlagen“, erklärte Link mit bitterem Ernst in der Stimme, „Ich werde den Erwecker ausfindig machen und ausschalten.“ Shan verschränkte die Hände und lächelte. „Wieso hört nie jemand auf mich, wenn ich es gut meine?“, murmelte sie hörbar. „Wirst du jetzt zurückkehren, Shan?“, wollte er von ihr wissen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich muss doch den Helden meiner Schwester beschützen“, entgegnete sie, „Ansonsten werde ich wohl ein Problem bekommen.“ „Und vor zwei Tagen war dir das noch egal?“ „Ich hätte sagen können, du wärst bereits zuvor gestorben“, entgegnete sie, „Midna … gut, sie hätte vermutlich nach deinem Grab gesehen.“ „Willst du mich also begleiten?“, schlussfolgerte er aus ihren vorherigen Worten. Sie nickte entschlossen. „Für eine strahlende Zukunft.“ „Und die Sonne?“, informierte sich Link, „Die Sola sind nichts verglichen mit ihr.“ „Falls ich sterbe, so sterbe ich in Ehre“, meinte Shan leichthin, „Mein Ring wird mich schon in den Schatten bringen können. Und es ist nicht bewiesen, dass die Sonne mir körperlich allzu fest schadet …“ „Und du möchtest es wirklich herausfinden?“, wollte Link ein letztes Mal wissen. Als sie es erneut bejahte, stand die Sache für ihn fest: Je schneller er loskam, desto besser würde es werden. Denn desto mehrere Orte konnte er absuchen. Er müsste wohl ungeheures Glück haben, um diesen Platz wirklich ausfindig machen zu können, doch es war ein Gefühl in seinem Inneren, das ihm versicherte, dass er es konnte. Und etwas, das ihn dazu zwang, zu wissen, dass er musste. Für Hyrule. Für die Menschen, die er liebte, ehrte, schätzte, kannte und nicht kannte. „Ich bin bereit für eisige Nächte unter dem klaren Sternenzelt, unter der bedrückenden Hitze der leuchtenden Sonne zu reisen und wahrscheinlich das größte Abenteuer meines vollkommenen Lebens mit einer wahren Berühmtheit zu erleben“, erklärte Shan, „Wann geht es überhaupt los?“ „Morgen früh, wenn es dir nichts ausmacht“, beschloss er, wobei es eher ein Vorschlag war. Sie nickte bejahend. „Ruhe dich aus“, riet sie ihm, „Es wird wahrscheinlich länger dauern, bis wir es wieder so nett wie hier haben werden.“ Er nickte. „Schläfst du hier? Willst du das Bett haben?“ Sie winkte schnell ab. „Nein, lieber nicht. Ich bin ein ungebetener Gast und möchte dir nicht zur Last fallen. Tu so, als wäre ich gar nicht hier.“ „Gute Nacht“, verabschiedete er sich und stieg erneut auf sein Bett, um sich dort dem Frieden der Nacht hinzugeben. Er legte sein Schwert ab und stellte es in die gewohnte Position, um einer etwaigen weiteren Störung gewachsen zu sein. Doch Link konnte lange nicht einschlafen. Er dachte über die Informationen nach, die er in dieser Nacht erhalten hatte. Über die Unbekannte, die Shan hieß. Den Erwecker mit den teuflischen Plänen … die Welt, die in Gefahr war … Und über sein Abenteuer, das er zu bestreiten hatte. Diesmal hatte er es vollkommen freiwillig gewählt. Er fühlte, dass diese Entscheidung die einzig richtige wahr, doch sicher war er sich dennoch nicht: Was, wenn er versagte? Wenn Ganondorf wirklich viel stärker werden würde, als er damals schon war? Er hatte sehr viel ausgehalten. Sie beide hatten dies getan. Und schließlich hatte Link es nach langer Zeit geschafft, ihn mit dem heiligen Masterschwert ruhig zu stellen. Und danach war er gestorben. Sein Genick war gebrochen. Wie durch Geisterhand. Doch er war unwiderruflich tot. Gestorben. Von ihnen gegangen. Er sorgte sich darum, dass man diesen Mann nicht einfach töten konnte. Niemals töten können würde. Nicht wie einen normalen Menschen. Dies würde wohl einen ewigen Kampf bedeuten. Die Göttinnen gegen den, der sich selbst für einen Gott hielt. Und dazwischen die vorrückenden Figuren. Die schlachtenden Kämpfer. In einer grausamen Schlacht zwischen den höchsten Wesen. Götter. Er schloss die Augen und erwachte in dieser sternklaren Nacht kein einziges Mal mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)