Devil's Children von abgemeldet (Der mit den Lebenden spielt...) ================================================================================ Kapitel 1: April ---------------- April Verzweifelt suchte April nach ihrer ausgebeulten und uralten Jeans mit dem großen Loch im Knie. Sie zog ihre Schublade aus der Kommode, leerte sie rasch aus und suchte in dem Haufen sauberer Wäsche nach der Hose. Sie warf ihre Klamotten aus dem Schrank zu einem Berg zusammen, stürzte sich auf das Sofa, auf dem sich Kleider stapelten, schaute unter ihr Bett und sogar in ihre Umhängetasche. April schmiss die Kissen von ihrem Bett, blickte auf sämtlichen Stühlen und Sitzgelegenheiten nach, doch ihre alte Jeans, die mindestens schon an zehn Stellen genäht worden war, fand sie nicht. Dafür entdeckte sie ein Paar Socken, das sie schon seit einer halben Ewigkeit vermisste, und die Haarklammer mit den schwarzen Steinen war auch unter einem ihrer Regale zu finden. Die Turnschuhe, wegen deren Verschwinden sie neue bekommen hatte, lagen unter ihrem knarrenden Sofa und sogar das T-Shirt, das sie zum Geburtstag bekommen hatte, war unter einem der vielen Kissen versteckt. Mit dem Paar Socken, der Haarklammer, ihren Turnschuhen – die schon ziemlich grässlich aussahen – und dem T-Shirt, das so furchtbar eng anlag, stand sie nun inmitten des Chaos, das ihr Zimmer darstellte. Berge von Klamotten lagen auf dem Boden verstreut, Bücher, Hefte und Zeitschriften waren achtlos in die Ecke geworfen worden, Haarspangen und Schmuck glänzten zwischen den Stapeln von Klamotten hervor, und April hatte ihre Jeans immer noch nicht gefunden. Sie seufzte, warf die Socken, die Haarklammer, das Paar Schuhe und das T-Shirt auf ihr ungemachtes Bett und fuhr sich durch das lange, blonde Haar. Es war so verdammt ungerecht, dass sie ausgerechnet heute ihre Lieblingsjeans nicht finden konnte; ausgerechnet heute, wo sie zu den Freunden ihrer Eltern fahren würden und die fanden es toll, wenn April ausgebeult und lässig gekleidet zu ihnen kam. Ihre Eltern allerdings weniger. „April!“, schrie ihre Mutter Veronica zu ihr hinauf. Ihre Mutter hatte eine ziemlich schrille Stimme, obwohl sie alles andere als „schrill“ war. „Wann bist du endlich fertig? Wir kommen noch zu spät; und Ann und Billy mögen es nicht gern, wenn wir zu spät kommen. Das weißt du doch!“ April verdrehte die Augen und schlüpfte in ein weißes T-Shirt, auf dem eine Kuh als Comicfigur abgebildet war. „Ich bin ja gleich fertig!“, schrie sie zurück; ihre blauen Augen streiften durch das Zimmer. „Mom!“, rief sie. „Was, Liebling?“ April hörte das Klackern der hohen Schuhe, die ihre Mutter so häufig trug. April konnte einfach nicht verstehen, wie jemand hohe Schuhe tragen konnte. Sie lief am liebsten in alten, ausgelatschten Budapestern herum, die bequem waren und dazu auch noch – ihrer Meinung nach – cool aussahen. Sie fühlte sich einfach wohler, wenn sie alte Schuhe trug, die so flach waren wie ein Blatt Papier. Oft genug beklagte sich Aprils Mutter Veronica darüber, wie unordentlich und jungenhaft April sich kleidete, doch sie verbot es ihrer Tochter nicht, so herum zu laufen. Sie wusste nur allzu gut, dass ein Verbot bei April nicht viel nutzte, und genau aus diesem Grund ließ sie es auch. „Mom, hast du meine Jeans gesehen?“, schrie April, schüttelte ihr blondes Haar und rannte die Treppe ins Wohnzimmer hinunter. Der Raum war unordentlich, ein Chaos wie ihr Zimmer. Allerdings war der Wohnraum ein angenehmes, sympathisches Chaos, während Aprils Zimmer eher einem Schlachtfeld glich. Das Feuer im Kamin glomm nur noch ein wenig und die Rollos vor den Fenstern waren schon herunter gelassen worden. Auf dem Esstisch aus Eichenholz lagen wild verstreut Hefte, auf den zwei Sofas zwei aufgeschlagene Bücher und auf dem Wohnzimmertisch stand ein Wäschekorb voll frischer Wäsche. Als April durch das Wohnzimmer wuselte und überall nach ihrer verschollenen Jeans suchte, hörte sie ein Räuspern hinter sich. April hob die Kissen hoch und drehte sich zu ihrem älteren Bruder Terence um, dessen kurzes, braunes Haar im warmen Licht aussah wie Schokolade. „Dir ist schon klar, dass du hier gerade nur in Unterhose `rum läufst, oder?“, fragte er und grinste. Er trug bereits seine Schuhe und seine Jacke und obwohl er ihr Bruder war, musste sie sich eingestehen, dass er verdammt gut aussah. Sie streckte ihm die Zunge heraus und wühlte in dem Wäschekorb. „Ist mir klar!“, zischte sie. Und dann rief sie etwas lauter: „Mensch, Mom, wo ist meine Jeans?“ „Was?“ „Wo. Ist. Meine. Jeans?“, wiederholte April genervt und schnitt eine Grimasse, als Terence sie leise nachäffte: „Mom, wo ist meine Jeans?“ „Halt die Klappe.“, fauchte sie und suchte weiter. „Ach, du meinst dieses lästige, zerbeulte, alte Ding?“, rief ihre Mutter zurück. „Das man so etwas überhaupt noch Jeans nennen kann! Es wird Zeit, dass wir dir was Neues zum Anziehen kaufen! Du läufst rum wie ein Landstreicher!“ „Mom…erstens: ich laufe nicht rum wie ein Landstreicher. Und zweitens: das ist meine beste Jeans. Sie ist zwar ein bisschen verbeult, aber ansonsten noch okay.“ „Ein bisschen verbeult?“, warf Terence mit angehobenen Augenbrauen ein. „Ist doch nicht dein Problem!“ Aprils Stimme klang verärgert. „Kümmre dich lieber um deinen Kram!“ Sie durchwühlte den Korb. „Mom, wo ist sie?“ „Deine Mutter hat Recht!“, sagte James, Aprils Vater. „Deine Klamotten sind wirklich nicht mehr die neuesten! Ständig diese übergroßen T-Shirts und diese unheimlichen, schlabberigen Pullover, die dir beinahe bis zu den Knien reichen! Und dass du in der Schule ständig deswegen gehänselt wurdest, macht die Sache auch nicht besser!“ April starrte ungläubig in die Diele. „Woher wisst ihr denn das schon wieder?“ Ohne zu antworten, warfen ihre Eltern ihr und ihrem Bruder einen Blick zu. April drehte sich mit versteinerter Miene zu Terence um. „Oh, Terry, ich bring dich um!“, stieß sie hervor. Terence – der von allen aber eigentlich nur Terry genannt wurde – wich zurück. „Sehr witzig!“, meinte er. „Selten so gelacht!“ Er verdrehte die Augen. „Aber es ist doch war! Deine Freunde“ Er spuckte das Wort wie eine Verwünschung aus, „haben dich ja richtig gemobbt, okay? Also hab ich Mom und Dad davon erzählt; ist doch jetzt nicht SO schlimm. Ich meine, wir sind eh umgezogen und die neue Schule wird wahrscheinlich viel besser.“ April schoss ihm einen bitterbösen Blick zu und musste sich nicht einmal besonders viel Mühe geben, um richtig finster drein zu schauen. „Mom!“ Sie kreischte fast. „Wo zum Teufel ist meine Jeans?“ Ihre Mutter seufzte und steckte den Kopf ins Wohnzimmer hinein. „Schatz, du läufst in Unterhose rum.“, sagte sie, während sie beinahe missbilligend auf die teure Uhr an ihrem Handgelenk schaute. „Schon kurz vor sieben! Kinder, wir müssen los!“ Ihr Blick wanderte über ihre Tochter. „Zieh’ doch einfach eine andere Hose an; wie wäre es mit der schönen, schwarzen Hose?“ „Mom…“ April verdrehte die Augen. „Niemand zieht mehr übergroße Schlaghosen an! Und jetzt sag’ mir doch einfach nur, wo meine Jeans ist!“ „Ist ja gut, ist ja gut.“ Aprils Mutter trippelte ungeduldig zurück in die Diele, wo sie noch einen letzten Blick auf ihr Make-up warf. „Sie ist in der Küche; ich dachte, ich stopf’ wenigstens das große Loch am Knie, wenn du sie weiterhin behalten willst!“ April rannte in die Küche und fand ihre Lieblingsjeans ausgebreitet auf dem Küchentisch liegen; hastig zog sie sie an, lief in die Diele und schlüpfte in ihre Budapester. „Kaum gekauft, schon sind sie wieder kaputt!", knurrte ihr Vater. „Ich frage mich, was du damit nur anstellst!“ „Ach, so dies und das.“, murmelte April ausweichend und warf sich ihre schwarze Jacke über. „Sie meint, auf Bäume klettern und Bungee Jumping!“, sagte Terence und schaute seine Eltern vielsagend an; April stieß ihm ärgerlich den Ellenbogen in die Seite. „Blödmann!“ Ihr Vater James machte „tz, tz, tz“ und hielt seiner Frau und seinen Kindern die Tür auf. „Keine Ausdrücke bitte, April. Und mach’ bitte noch das Licht im Wohnzimmer aus.“ Rasch wuselte April ins Wohnzimmer, schaltete das warme Licht der Lampe aus und lief hastig nach draußen. Hinter ihr schlug ihr Vater die Tür zu. Es war kalt in Mystic Falls, ihrem neuen Wohnort, allerdings nicht so kalt wie in den letzten Tagen. Es war Mitte November und obwohl ihre Eltern ihr mindestens schon drei Paar Stiefel gekauft hatten, hatte April noch kein einziges davon angerührt. Sie trug selten Stiefel und wenn sie das tat, dann nur im Sommer oder wirklich im Winter. Aber es war Herbst und nur weil es schon etwas kälter war als im Hochsommer, war April noch lange nicht gewillt, für Stiefel ihre Schnürschuhe aufzugeben. Mit missmutiger Miene stapfte sie durch das knöchelhohe Laub und machte sich nicht einmal Mühe, Begeisterung vorzutäuschen. Es war nicht so, dass sie nicht gerne zu den Freunden ihrer Eltern ging, die schon seit Ewigkeiten in Mystic Falls wohnten und sie sofort eingeladen hatten, nachdem sie hierher gezogen waren, aber irgendetwas regte sich dann immer in Aprils Magengrube. Eine Art schlechtes Gewissen, und dass, obwohl April keinesfalls ein schlechtes Gewissen haben musste. Schließlich hatte sie nichts getan. Und doch kam es ihr so merkwürdig vor, zu den Freunden ihrer Eltern zu gehen. Ann und Billy Shearer – die Freunde ihrer Eltern – waren schon ewig mit Aprils Familie befreundet, und April hätte es nicht gewundert, wenn sie „alterlos“ wären. Ann war Geschichtslehrerin auf einer High School und Billy war Firmenbesitzer. Ann wusste alles – wirklich alles. Man musste nur die Wörter Dreißigjähriger Krieg in den Mund nehmen und schon leierte sie alles herunter, was sie darüber in Erfahrung gebracht hatte. Billys Firma baute Häuser. Richtig große Häuser. Und wenn man nur einmal das Wort Villa erwähnte, erklärte er einem, wie so ein Häuserbau vor sich ging. Es war schwer aus zu halten. Vor allem weil Ann und Billys Kinder es auch nicht gerade besser machten. Sie hatten zwei Kinder, zwei Mädchen, die ein paar Jahre jünger waren als April. Beide waren nicht nur blond, blauäugig und pausbäckig, sondern auch noch absolut rund. Sie aßen nicht andauernd, aber wenn sie einmal mit Essen in Berührung kamen, waren sie einfach nicht mehr aufzuhalten. April mit ihrer Modelfigur wirkte zwischen den beiden wie ein Strohhalm zwischen zwei Knödeln. Und das war noch nett ausgedrückt. Terence nannte die zwei Mädchen hinter ihrem Rücken immer die „Schweinebacken“ und obwohl April sich dann streng stellte, konnte sie sich doch nie ein Kichern verkneifen. April, Terence und ihre Eltern stiegen in den Mercedes ein und James startete den Wagen und fuhr los. April schaute aus dem Fenster. Ein paar Blätter wirbelten in die Luft, als sie vorbei fuhren, und als sie kurz das Fenster aufkurbelte, pfiff der Wind wie ein Messer herein. Schnell schloss sie es wieder und starrte auf ihre Budapester. Sie war ganz ehrlich: sie hatte überhaupt keine Lust, zu Ann und Billy und deren nervige Kinder zu fahren. Am liebsten würde sie jetzt zu Hause sitzen, ein Buch lesen oder einen Film schauen und dazu irgendetwas Knabbern. Chips oder Schokolade oder ähnliches. Nur leider kannte sie jedes Buch, das sie besaß, bereits auswendig und wenn sie einen Film anschaute, sprach sie die Monologe und Dialoge immer laut mit. Und wenn sie Taschengeld bekam und sich ein Buch oder einen Film kaufen wollte, sah sie immer etwas, das sie unbedingt haben wollte und hatte ihr Geld auch schon ruckzuck ausgegeben. Und zwar keinesfalls für ein Buch oder einen Film. Mit finsterem Gesicht sah sie aus dem Fenster; in Mystic Falls wurde es langsam dunkel, und keiner sprach ein Wort. Es war beinahe unheimlich. Fand sie. Aber was sie fand, war ja meistens sowieso nur albern. Als sie noch klein gewesen war, hatte sie einmal behauptet, mit Katzen sprechen zu können. Sie war felsenfest davon überzeugt gewesen, jedes einzelne Wort einer Katze verstehen zu können, doch ihre Eltern hatten nur gelacht und gesagt: „Echt? Dass du so komische Dinge erlebst!“ April nahm an, dass sie es ihr nicht einmal geglaubt hatten. War sie überrascht gewesen? Kaum. Und jetzt musste sie auch noch zu diesem blöden Abendessen, dass Ann und Billy veranstalteten, und sich über deren nervige, schweinsähnliche, hundsgemeine Kinder ärgern, die bestimmt wieder den ganzen Abend um sie herumwuseln und abfällig über ihr großes T-Shirt und ihre enge Jeans lästern würden! April warf ihrem Bruder Terry einen Blick zu. Und an seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass er genauso dachte. Kapitel 2: Neue Bekanntschaften ------------------------------- Neue Bekanntschaften „Bist du aber groß geworden, April!“, schrie Ann und kam mit flatternden Haaren auf sie zugestürzt, um sie beinahe zu erdrücken. Das war die Begrüßung, die sie jedes Mal durchstehen musste, und eigentlich war es ein Wunder, dass Ann diesen Satz immer sagte, wenn sie April zum ersten Mal seit zwei Wochen wieder sah. Wenn Ann April schon drei Wochen nicht mehr gesehen hatte, gab sie immer ein „Mein Gott, bist du riesig!“ von sich; kein allzu großer Unterschied, aber wenigstens etwas Abwechslung. „Hallo, Ann!“, stieß sie hervor, während sie in Anns ausladenden Busen versank. Ann nahm Aprils Gesicht in ihre Hände. „Und hübsch bist du! Wunderhübsch!“ „Danke, Ann!“, sagte April und holte tief, aber leise Luft, als Ann sie aus der Umarmung entließ. April strich sich ihr Haar glatt und schüttelte Billy höflich die Hand, als der in die Diele gerannt kam, um zu sehen, wer gerade ermordet wurde. Aprils Mutter Veronica und Ann umarmten sich und küssten sich auf die Wange, James schüttelte Billy und Ann die Hand. Terence grinste seiner Schwester unauffällig zu, wurde jedoch im selben Moment von Ann entdeckt, die mit schnellen, paukenähnlichen Schritten auf ihn zu lief. „Meine Güte, Terry!“, rief sie; in ihren Augen standen Tränen. Terry starrte sie an. „Hä?“ Die ganze Diele lachte los. April musste sich die Hand auf den Mund pressen, um nicht unverschämt zu sein, doch ein Glucksen konnte sie sich natürlich nicht verkneifen. Terry blickte allerdings ziemlich verwirrt drein; genau diesen Gesichtsausdruck liebte April an ihrem Bruder. „Du bist so…“ Ann fehlten offenbar die Worte. Sie wedelte mit der Hand in der Luft herum. „…so…keine Ahnung, wie, aber auf jeden Fall siehst du verdammt gut aus!“ Erneut brachen Billy, Ann, April, Terry und ihre Eltern in ein schallendes Gelächter aus; Terence grinste und schüttelte Billy und Ann glucksend die Hand. Lachend und schwatzend gingen April, Terry und ihre Eltern mit Ann und Billy ins Wohnzimmer, das so gemütlich aussah, dass April sich am liebsten auf eines der zerknautschten Sofas geworfen hätte. Doch trotz der mangelnden Begeisterung, mit der sie gekommen war, zügelte sie sich. Gute Manieren zog sie Ärger vor. „Das Essen ist fast fertig!“, sagte Ann und wies auf die bequemen Stühle, die um den schönen Tisch herumstanden. „Setzt euch ruhig; ich beeil’ mich.“ Dann wuselte sie in die Küche und Billy lief ihr wie ein Hündchen hinterher. April und ihre Familie setzte sich. Der Tisch war schon mit makellos weißem Geschirr gedeckt, in der Mitte stand ein Strauß Sonneblumen in einer blauen Vase und aus der Küche roch es atemberaubend nach Knoblauch, Hühnchen, zerlassener Butter und Koriander. Noch nie hatte April etwas Besseres in die Nase bekommen. Sie hob den Kopf - und starrte zwei jungen Frauen ins Gesicht, die gerade eifrig eine Zeitschrift studierten. Als sie Aprils perplexen Blick bemerkten, lächelten sie fast gleichzeitig und die Ältere vonbeiden legte das Magazin beiseite. „Hallo!“, sagte sie; sie hatte eine wunderschöne Stimme. „Ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt, und Ann hat es in ihrer Freude wahrscheinlich auch vergessen.“ Sie blickte Aprils Familie freundlich an. „Ich bin Jenna Sommers und das ist meine Nichte Elena Gilbert. Wir wohnen gleich eine Straße weiter und Ann hat uns ebenfalls zum Essen eingeladen.“ Sie lächelte immer noch. April starrte die Nichte von Jenna an. Elena war so unglaublich…schön, dass sie ihren Blick kaum von ihr abwenden konnte. Elena hatte langes, braunes Haar und braune Augen, die wie zwei dunkle Edelsteine funkelten. Hohe Wangenknochen verliehen ihr ein leicht brasiliansiches Aussehen, und doch war sie eine englische Schönheit. April blickte zu Terence hinüber, und musste schmunzeln. Seine Kinnlade war herunter geklappt und er schaute Elena unverhohlen begeistert an. Elena schien nicht älter als April zu sein, so um die sechzehn, siebzehn. „Sehr erfreut.“, sagte Veronica und reichte Jenna und Elena die Hand. „Ich bin Veronica. Und das sind mein Mann James, und meine Kinder April und Terence.“ Jenna Blick wanderte über Terence und April und schüttelte auch deren Hände. Elena schwieg, bedachte die beiden aber mit einem schüchternen Lächeln. „Hi.“, sagte Terry unbeeindruckt und machte das „Victory“-Zeichen; Jenna lächelte ihm zu, Elena unterdrückte ein Kichern. April schaute hilflos zu ihren Eltern hinüber; sie nickten. „Ähm…hi.“, sagte auch sie dann zu Jenna. „Freut mich, Sie beide kennen zu lernen.“ Jenna lächelte. „Euch“, sagte sie. Und als April sie verständnislos ansah, fügte sie hinzu: „Freut mich, euch kennen zu lernen. Ich meine, das „per Du“.“ Sie wandte sich lächelnd an Aprils Eltern und an ihren Bruder. „Für Sie gilt das natürlich auch.“ „Ebenfalls.“, erwiderte James kurz angebunden. Das Essen wurde serviert. April lief das Wasser im Mund zusammen, so gut duftete das indische Gericht, das Ann zubereitet hatte. Während sie aßen, bemerkten sowohl April als auch Terence, dass die Zwillinge von Ann und Billy überhaupt nicht anwesend waren. Es war nicht so, dass April sich darüber beklagte. Oh, nein, sie war sogar ein wenig froh, dass die kleinen Schweinebacken nicht am Essen teilnahmen, und obwohl sie neugierig war, wo sich die Zwillinge gerade befanden, sagte sie nichts. Das Essen verlief ziemlich fröhlich. Ab und zu erzählte Billy eine ziemlich komische – oder ziemlich langweilige – Geschichte von seiner Arbeit und Ann berichtet von ihrem Alltag als Geschichtslehrerin. Dann und wann lachte der ganze Tisch, und April war wohl die einzige, die Jennas und Elenas lauernde Blicke bemerkte. Es war, als warteten sie auf irgendetwas, das zu kommen und doch nicht zu kommen schien. Als warteten sie auf etwas unsichtbares, etwas, das nur sie sehen konnten und wovon sie aber nicht erwarteten, dass es wirklich erschien. Manchmal schienen die zwei Aprils Blicke zu spüren, und obwohl sie April dann immer freundlich anlächelten, so hatte April doch das Gefühl, als würde Jenna in ihren Gedanken nach etwas suchen. Natürlich war das vollkommen absurd, denn April glaubte nicht, dass Jenna oder Elena Gedanken lesen konnten wie Edward Cullen aus twilight oder wie eines dieser medialen Kinder, die in Jan van Helsings Buch Kinder des neuen Jahrtausends erwähnt wurden. Als alle schließlich zu Ende gegessen hatten, half April Ann absichtlich dabei, das Geschirr abzuräumen und zu spülen. Während sie in der Küche standen, und die anderen redend ins Wohnzimmer verschwanden, fragte April Ann: „Sag mal, wie lang kennst du diese Jenna und ihre Nichte schon?“ Ann zuckte mit den Schultern und gab Spülmittel ins Becken. „Na ja…eigentlich noch nicht so lange.“, antwortete sie. „Sie ist vor etwa drei Jahren hierher gezogen, in das Haus am Ende der Straße. Es ist ein ziemlich großes Haus, und darin sind für drei Personen, also für Jenna, Elena und ihren Bruder Jeremy, viel zu viele Zimmer. Ich frage mich, warum sich Jenna ausgerechnet dieses Haus ausgesucht hat. Es ist alt, es ist groß, es ist unheimlich – aber Jenna, Elena und Jeremy finden es wundervoll. Ich glaube, sie ist auch verheiratet, weil an ihrem Ringfinger ein Ehering ist, aber ich habe nie einen Mann gesehen. Elena und Jeremy sind nicht ihre Kinder; sie sind die Kinder ihrer Schwester, aber die ist mit ihrem Mann bei einem Unfall ums Leben gekommen.“ „Ich finde Elena irgendwie komisch.“, sagte April dann plötzlich. Ann blickte sie fragend an. „Wie meinst du das, „komisch“?“ „Nicht im Sinne von „witzig“, sondern eher unheimlich. Andauernd schaut sie einen so an, als…als wollte sie ihn fressen. Wie eine Raubkatze, verstehst du? Und dann ihre Augen; ich habe noch nie solche Augen gesehen.“ „Ja, sie hat schon eine merkwürdige Art.“, gab Ann zu. „In ihrer Nähe fühlt man sich immer so, als würde sie auf etwas warten, nicht wahr?“ April nickte. „Genau!“ Ann zuckte mit den Schultern, und stellte die abgetrockneten Teller in die Glasvitrine. „Tja, an jede Art von Mensch muss man sich erst gewöhnen, wenn man ihn gerade erst kennengelernt hat; du wirst schon sehen: Elena ist ein sehr nettes Mädchen, auch wenn sie dir anfangs etwas merkwürdig vorkommt. Freunde ich doch mit ihr an?! Ihr werdet euch bestimmt gut verstehen.“ „Hm, wahrscheinlich hast du Recht…“ Sie nickte. „Okay, ich werde rüber gehen, und mich ein wenig mit ihr unterhalten. Brauchst du hier noch Hilfe?“ Ann schüttelte den Kopf. „Nein, geh’ nur.“ April lief ins Wohnzimmer; Terence hockte mit Elena vor dem Kamin und starrte in die Flammen, Billy und James unterhielten sich gerade angestrengt über ihre Arbeit und Autos, und Veronica und Jenna saßen auf dem Sofa und sprachen über ganz allgemeine Themen. Da April ein Gespräch mit Jenna nicht unbedingt sofort haben musste, setzte sie sich zu Terry und Elena und beobachtete die zischelnden Schlangenzungen aus Feuer. Stille herrschte zwischen den Geschwistern un dem geheimnisvollen Mädchen, und April spürte, dass Terence zu ihr hinüber linste. „Was ist?“, wollte sie wissen. Terry senkte hastig den Blick. „Nichts.“ „Wieso starrst du mich dann so an?“ „Ich starre dich gar nicht an!“ Terry verzog das Gesicht. „Und falls du’s wissen willst: ich denke nach.“ April hob die Augenbrauen. „Du denkst nach?“ „Ich kann auch denken.“, sagte Terry trocken. „Oh Wunder, oder was?“ Elena starrte die beiden an, lachte dann aber los. Und die Geschwister fielen nach kurzem Zögern ebenfalls in das Gelächter ein. „Und?“, fragte Elena dann. „Habt ihr euch schon ein wenig eingewöhnt hier in Mystic Falls?“ „Ein wenig“, sagte Terence und senkte den Blick, weil er so rot im Gesicht geworden war, dass April kichern musste. „Keine Sorge; hier ist es nicht so schlimm, wie es anfangs vielleicht scheint“, sagte Elena tröstend. „Hier gibt es sogar eine Art Bar, Mystic Grill. Und die Partys hier sind auch nicht schlecht. Geht ihr beide auch auf die High School in Mystic Falls?“ „Ja“, sagte April. „Ab morgen.“ „Was hältst du davon: wollen wir morgen zusammen hingehen?“, fragte Elena und lächelte sie so ehrlich an, dass April ganz warm ums Herz wurde. „Gerne“, erwiderte sie. „Darf Terry auch mit?“ „Lasst mich aj nicht allein!“, murmelte Terry. „Sonst sterbe ich schon am ersten Tag, das schwöre ich euch.“ Elena lachte. „Keine Angst; die meisten Leute hier sind echt in Ordnung.“ „Die meisten?“ Elenas Lächeln verschwand und sie starret schweigend in die Flammen. Und es machte April Angst, dass Elena zu diesem Thema kein weiteres Wort mehr verlor. April hatte keine Ahnung, wie viele Stunden oder Minuten vergangen waren seit ihrer Ankunft, aber irgendwann sagte ihre Mutter Veronica: „Meine Güte, schon so spät? Wir müssen leider los, Ann; April kommt doch morgen in ihre neue Schule!“ Leider, wie April sich im Stillen dachte. Sie wäre unheimlich gerne in ihrer alten Schule geblieben – auch wenn sie dort ziemlich gemobbt wurde wegen ihrer lässigen Kleidung. Die meisten Mädchen in ihrer alten Schule trugen hautenge Hosen oder bis zur Obszönität hochgekrempelte und kurze Shorts in klassischen, gut zueinander passenden Farben. Sie kauften nur Klamotten ein, die mindestens hundert Dollar kosteten – mindestens! – und ihre T-Shirts, Tops und Pullover waren manchmal so eng, dass man den BH hindurchschimmern sehen konnte. April hatte keine Ahnung, warum sie so etwas trugen – vielleicht dachten sie ja, den Jungs würde es gefallen; was aber völliger Blödsinn war – und warum es diesen Schulköniginnen so wichtig war, aufgetakelt und sexy zur Schule zu gehen. Wenn April sich entscheiden könnte, welche Abteilung sie im H&M geschenkt bekommen wollte, würde sie sich wahrscheinlich sofort für die Jungenabteilung entscheiden. Natürlich, sie trug auch Röcke und Kleider, und Röhren und Shorts auch, aber die Farben Pink und Violet hatte sie schon immer ziemlich abstoßend gefunden. Knallige Tüllröcke oder weite Maxikleider fand sie toll; Schlabbershorts und hautenge Röhren in punkigen Farben waren ebenfalls nicht zu verachten. Aber kitschiges Rosa und Pink und Violet? Würg. Sie stand auf und folgte ihren Eltern in die Diele, wo sie sich von Ann, Billy, Jenna und Elena verabschiedeten und sich für das Essen bedankten. April schlüpfte in ihre Jacke und ging mit ihren Eltern nach draußen zu ihrem Mercedes. Sie bemerkte, wie Terry noch einen kurzen Augenblick unschlüssig im Türrahmen stehen blieb und Elena anstarrte, seiner Familie jedoch dann eilig in den Mercedes folgte. Und April merkte, dass sie sich vor Mystic Falls fürchtete. Sie fürchtete sich vor der Atmosphäre und vor den Leuten, auch wenn sie sie noch nicht einmal kannte. Hier würde alles anders kommen, als sie es sich vorgestellt hatte… Kapitel 3: Mr. Sexy ------------------- Mr. Sexy Die Schule war größer und schöner, als April es sich vorgestellt hatte. Als sie mit Elena über den Parkplatz der Schule lief, blickte ihr ein imposantes, riesiges Gebäude entgegen mit großen Fenstern und rotem Anstrich. Große, gepflegte Bäume beugten sich über den Weg, der zum Schuleingang führte und als April diesen entlang lief, kam sie sich vor wie in einem Film. Sie spürte, wie einige Schüler auf sie zeigten und hinter vorgehaltener Hand tuschelten, doch zielstrebig ging sie mit Elena weiter, bis sie in das Sekretariat gelangte. Es war ein großer heller Raum mit Holzvertäfelung und Teueraussehenden Vorhängen vor den Fenstern. Zwei Schreibtische standen sich gegenüber, hinter denen jeweils eine Frau im engen Kostüm saß. Schnell tippten sie auf die Tastatur ihrer Apple-Computer ein und würdigten April keines Blickes. Ihre Augen wanderten durch das Zimmer. An einer der zwei Mahagonitüren hing ein Messingschild, und auf dem stand: Mr. Cunningham, Schulleiter. Das Schild machte ihr irgendwie Angst, und April musste unwillkürlich an die harten Typen in Gangsterfilmen denken. Sie warf Elena einen Blick zu, aber diese schüttelte nur den Kopf und lächelte. Nachdem sie zwei Minuten in völliger Stille und ohne Beachtung dagestanden war, öffnete sich schließlich die Tür des Direktorats. Ein bleicher, ziemlich hübscher Junge mit wuscheligem, braunem Haar, hohen Wangenknochen und einer schlanken, muskulösen Statur trat eilig heraus, und wollte aus dem Raum stürzen, doch als er die zwei Mädchen sah, breitet sich auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. „Hallo, Elena“, sagte er und küsste sie. Elena lächelte und erwiderte seinen Kuss. Als die beiden Aprils verwirrten Blick bemerkten, mussten sie loslachen. „Stefan, das ist April. Sie sit neu in Mystic Falls“, erklärte Elena dem gutaussehenden Typen. „April, das ist mein Freund Stefan Salvatore.“ Stefan streckte die Hand aus und April ergriff sie und schüttelte sie fröhlich. „Hallo, Stefan.“ „Und? Hast du dich schon hier eingelebt?“, fragte er und lächelte, während sich Elena an seine muskulöse Brust kuschelte. „Ein bisschen“, gab April zu. „Dank Elena kenn ich hier ja auch schon ein paar Leute. Zum Beispiel dich und ihre Tante Jenna.“ „Das ist gut“ Er lächelte erneut. Er sah echt supergut aus. „Ähm…ist es okay, wenn wir schon einmal gehen oder sollen wir hierbleiben…?“, fragte Elena. „Geht ruhig“, sagte April. „Ich und Terry kriegen das schon alleine hin.“, fügte sie hinzu, als ihr Bruder in das Zimmer stürzte – und dann wie erstarrt stehenblieb, als er Elena und Stefan Hand in Hand dastehen sah. „Hab ich was verpasst?“, wollte Terence kühl wissen. „Terry!“, fauchte ich und stieß ihn in die Seite. „Sei nicht so unfreundlich. Das ist Stefan“ Sie wies auf den geilen Typen. „Elenas Freund.“ „Nett“, sagte Terry, bevor Stefan etwas sagen konnte und schob sich an ihm vorbei zu einer Sekretärin, um seinen Stundenplan zu holen. Stefan hob eine Augenbraue. „Entschuldige“, sagte April hastig, als Terry Stefan eine bösen Blick zuwarf und aus dem Zimmer rauschte. „Nornalerweise ist er nicht so ein Arschloch. Hat vermutlich was mit Elena zu tun…“ Diese starrte April verwundert an. „Was? Was sollte das mit mir zu tun haben?“ „Ich glaube, er steht ein bisschen auf dich“, sagte sie geradeheraus und nahm ebenfalls ihren Stundeplan entgegen. Elena und Stefan sahen sich kurz an, lachten dann aber und folgten ihr nach draußen – wo sie geradewegs in den geilsten Typen lief, den sie jemals gesehen hatte. „Hey, wenn du das nächste Mal nicht aufpasst, ist keiner da, der dich auffängt“, sagte eine männliche Stimme amüsiert. April erstarrte; plötzlich war alles um sie herum so still geworden. Langsam sah sie auf – und starrte einem jungen Mann ins Gesicht, der jedem noch so geilen Typen ausnahmslos Konkurrenz machen könnte. Er hatte dunkles, fast schon schwarzes Haar und eisblaue Augen, in denen April keinerlei Gefühle außer Spott sehen konnte. Seine hohen Wangenknochen und seine gerade Nase verliehen seinem Gesicht ein markantes Aussehen, seine Haar war zerzaust zu einer Sturmfrisur, wie sie im Buche steht. Er sah ÜBELST scharf aus. „Lass sie los, Damon“, sagte Stefan hinter April kühl und legte beschützend einen Arm um Elena. Die funkelte Damon fast schon ängstlich an. „Ebenfalls hallo, Elena“, sagte Damon und grinste so anzüglich, dass April eine Gänsehaut bekam. Er stellte April wieder auf die Beine und hielt ihr die Hand hin. „Ich bin Damon. Und du bist…?“ „Ich…äh…ich bin April“, antwortete sie und schüttelte seine Hand. Sie war kalt und der Griff war fest, ja, schon fast bedrohlich. Hastig machte sie sich los und bemerkte gerade noch das spöttische Lächeln auf Damons perfekten, wie aus Marmor gemeißelten Lippen. „Ich bin neu in Mystic Falls.“ „Ja, das habe ich gemerkt“, meinte Damon schon fast desinteressiert und wandte sich ab. „Na dann…vielleicht bis irgendwann.“ Er lächelte noch einmal, bevor er weiterging. „Wichser!“, murmelte April und erntete einen geschockten Blick von Elena. Stefan jedoch musste lachen. „Da spricht jemand ein wahres Wort!“ „Iieh, Stefan!“ Elena verzog belustigt den Mund. „Ist ja widerlich.“ „Was? Elena…das war ein Spaß.“ Stefan wandte sich an April, die Damon immer noch wie hypnotisiert hinterherschaute. „Oder, April?“ „Nein“, sagte sie entschlossen. „Er ist ein Wichser.“ „Und mein Bruder“, meinte Stefan mit einem bemitleidenswerten Lächeln. „Nein!“ „Doch…“ April seufzte auf. „Okay, da bist du wirklich für dein ganzes Leben gestraft.“ Stefan lachte. Und Elena warf April einen Blick zu, in dem sie lesen konnte: Wenn du wüsstest… Als der Gong für die große Pause schrillte, war April so erleichtert, dass sie sofort aus dem Klassenraum stürzte. Sie hatte sich in den inzwischen vergangenen Schulstunden kaum umdrehen können, ohne von kichernden Mädchen oder tuschelnden Jungen unverhohlen angestarrt zu werden, und April kam es einer Folter gleich, zwei ganze Stunden auf demselben Stuhl zu verbringen, und Angst vor der eigenen, neuen Klasse zu haben. Wenigstens war sie mit Elena und Stefan in einer Klasse gelandet. April achtete nicht einmal darauf, ob der Deutschlehrer Mr. Stonebroke ihnen Hausaufgabe aufgab, sondern warf sich ihre Tasche über die Schulter und flitzte zur Cafeteria, die sie dank einiger Schüler fand, die freundlich genug waren, stehen zu bleiben, als sie sie danach fragte. Die Cafeteria hatte einen glänzenden Mosaikboden mit roten, braunen und orangefarbenen Mustern und die Tische und Stühle waren aus fein gearbeitetem Holz. Die Wände waren wie das Sekretariat und wie das Direktorat mit Holzvertäfelung versehen, die Fenster groß und spitz zulaufend. Die Theke, an der das Essen serviert wurde, war ebenfalls aus dunklem Holz, und der köstliche Duft des Essens machte April hungrig. Sie setzte sich an irgendeinen, freien Tisch in einer der Ecke, warf ihre Jacke über den Stuhl und ging zur Theke. April holte sich ein Stück Pizza, einen Apfel und eine Flasche Wasser und setzte sich wieder auf ihren Platz, an dem Gott sei Dank noch niemand außer ihr Platz genommen hatte. Das Essen schmeckte genauso, wie es roch: vorzüglich. Sie hatte gerade die Hälfte ihrer Pizza aufgegessen, als sie Elena und Stefan in der Schükermenge ausfindig machte. Sie winkten ihr zu und kamen zu ihrem Tisch. Mit ihnen dabei war ein großes Mädchen mit schokoladenbrauner Haut und schwarzem Haar; sie hieß Bonnie, wie Elena ihr gleich erklärte, und war eine sehr gute Freundin von ihr. „Und? Wie findest du die Schule?“, fragte Bonnie sie und biss in ihren Burrito. „Ganz nett“, sagte April und schluckte, als sie an die Begegnung mit Damon dachte – seit der ersten Stunde hatte sie an nichts anderes mehr denken können als an Stefans verdammt gutaussehenden Bruder. Bonnie hob die Augenbrauen und sah Stefan und Elena fragend an. „Wir hatten eine kurze Begegnung mit Damon“, klärte Stefan sie auf und Bonnie nickte verständnisvoll. „Damon sieht gut aus, nicht wahr?“, fragte sie April und lächelte sie an. „Ja.“ Bonnies Lächeln verschwand. „Lass die Finger von ihm, rate ich dir“, sagte sie und wandte sich wieder ihrem Burrito zu, aus dem Zitronensirup tropfte. „Bist du…“ April schluckte. „Ich meine, bist du mit ihm zusammen?“ Bonnie starrte sie so fassungslos an, dass die Stefan, Elena und April lachen mussten. „Mein Gott, nein!“, rief Bonnie geschockt. „Das würde ich mir niemals antun! Und glaub mir: das solltest du auch nicht. Damon ist ein Womanizer. Ein Fick, und Schluss ist.“ April klappte die Kinnlade herunter. „Im Ernst?“ „Jep“, sagte Stefan und gab Elena einen Kuss. „Leider“ Elena verzog den Mund. „Er wäre bestimmt nicht so ein übler Kerl, wenn er nicht so verdammt arrogant und egoistisch wäre. Er ist ganz anders als Stefan.“ Sie lächelte. „Das haut mich jetzt echt um“, sagte April und kaute auf ihrer Pizza herum als wäre sie Sprengstoff. „Ein Wichser halt“, sagte Bonnie schulterzuckend und April nickte. „Ja, das hat vorhin auch schon mal jemand gesagt“, meinte Stefan und grinste April an. „Hey, April!“, sagte Terry, der plötzlich bei ihnen stand. „Darf ich mich zu euch setzen?“ „Klar“, sagte April, drehte sich zu ihrem Bruder um – und erstarrte. Neben Terry stand dieser unglaubliche Damon. „So sieht man sich wieder“, sagte Damon und lächelte ein so hinreißendes Lächeln, dass April ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre. „Hallo, Damon“, sagte Stefan tonlos und warf seinem Bruder einen warnenden Blick zu. „Keine Sorge, Alter“, sagte Damon und grinste. „Ich stör dich schon nicht bei deinem Techtelmechtel mit Elena, so wie gestern.“ „Damon…“, sagte Elena. Sie klang verletzt. „Was denn?“ Damon zuckte schnippisch mit den Schultern. „Lass ihn doch“, sagte April plötzlich ohne dass sie es beabsichtigt hätte. „Herrgott, sein Sexleben muss echt frustrierend sein, wenn er solche Sprüche ablässt.“ Elena und Bonnie kicherten; Damon starrte sie an. In seinen Augen flammte etwas auf, was April nicht beschreiben konnte, aber sie fühlte sich, als würde eine eiskalte Hand ihr Herz umschließen. Doch Damons Verblüffung machte wieder einem makellosen, fast fiesen Lächeln Platz. Er lächelte sie geradewegs an. "Wenn mein Sexleben so frustrierend ist, kannst du mir ja Nachhilfe geben, oder?“ „Was?“ April errötete. Oh Gott! Damon wandte den Blick nicht von ihr ab. Seine gefährlich schimmernden Augen glichen Stefans, und sie fühlte sich, als werde sie von ihnen aufgesogen. „Was tust du da?“, rief eine Stimme in ihrem Kopf. Es war, als würde sie sich an etwas weit zurück liegendes erinnern. An etwas, das in ihrer Kindheit geschehen war…es war, als wäre sie nicht mehr sie selbst, als wäre sie ein völlig anderer Mensch… „Lass das!“ Eine Hand packte April am Arm. Sie zuckte zusammen, und erwachte ganz plötzlich aus ihrer Erstarrung. Sie starrte Elena an, die ihren Arm fest gepackt hielt, und begriff, dass sie es gewesen war, die gerufen hatte. April schüttelte benommen den Kopf. Sie hatte sich gefühlt, als würde ihr Kopf vollkommen leer gefegt werden… Damon bedachte Elena und April mit einem letzten abfälligen Blick. Dann drehte er sich um, nickte Terry noch ein letztes mal zu und scjhritt dann würdevoll aus der Cafeteria. April schaute ihm fassungslos nach. Sie war bestürzt darüber, was gerade eben geschehen war. Hatte Angst vor dem, was in ihr vor ging. Vielleicht hatte sie nur eine Halluzination gehabt…oder so etwas ähnliches. Sie hatte mal etwas darüber im Fernsehen gesehen…ein Mann, der Menschen mithilfe seiner Augen Bilder, Geräusche und seinen Willen aufzwang. Vielleicht war genau Damon zu so etwas imstande. Was aus ihm einen noch gefährlicheren Menschen machen würde, als er ihr ohnehin schon vorkam. Kapitel 4: Zicke vom Dienst --------------------------- Zicke vom Dienst Naomi war mit Sicherheit das heißeste Mädchen der ganzen High School von Mystic Falls. Sie war nicht nur unvorstellbar reich, sondern auch wunderschön. Viele Modeagenturen hätten sie mit ihrer gertenschlanken Figur wohl gerne auf allen Plakaten der Welt gesehen, und sie zu der berühmtesten Schülerin aus Mystic Falls, ja vielleicht sogar aus den Vereinigten Staaten gemacht. Doch Naomi war an so etwas nicht interessiert. Sie wollte nach etwas Größerem angeln. Wenn schon, denn schon, sagte sein immer und behielt dabei auch Recht. Am liebsten würde sie Schauspielerin werden, und ohne die Angebote von unbedeutenden Regisseuren zu beachten, drang sie tief ein in das Herz der Filmindustrie. Sie ging zu jedem Casting, dessen Film versprach, einzuschlagen wie eine Bombe, und dann war ihr der Film doch zu langweilig. Obwohl sie die Rolle ohne weiteres bekommen hätte, lehnte sie ab und zog weiter zum nächsten Casting. Das beanspruchte natürlich ziemlich viel Zeit, und oft kam sie nicht zur Schule. Nicht, dass sie sich darüber beklagt hätte. Nein, es gefiel ihr sogar, denn im Unterricht langweilte sie sich sowieso nur. Selbstverständlich schrieb sie hervorragende Noten, und brauchte überhaupt nicht erst anfangen, zu lernen. Sie war ein Naturtalent in Schauspielerei, besaß ein logisch denkendes Gehirn, sah aus wie ein Model und war das beliebteste Mädchen der ganzen Schule. Ihre Mitschülerinnen gaben alles dafür, zu ihren Vertrauten zu zählen, und die Jungs standen Schlange, um mit ihr auszugehen. Naomi musste sich nicht einmal darum kümmern, in irgendeinen Club zu kommen, denn wenn man sie sah, war es, als wäre sie ein Star wie Angelina Jolie oder Kate Moss. Sie stand in der Toilette der High School und trug Lipgloss auf ihre vollen Lippen auf. Ihre Freundinnen standen neben ihr und quatschten von der „Neuen“. „Die läuft total krass rum!“, sagte Sofie, ein Mädchen mit blondem Haar und blauen Augen, das mit den langen Beinen und der schmalen Taille ebenfalls aussah wie ein hochrangiges Model. „Sie trägt zwar Röhren, aber ihre T-Shirts sehen schlimmer aus als die Schlafanzüge meiner kleinen Schwester! Die sind soooooo riesig!“ Sie formte mit den Händen einen Ball um ihren schlanken Körper. Die Mädchen kicherten, und warfen Naomi Blicke zu, in der Hoffnung, auch sie würde lachen. Naomi ignorierte sie und wandte sich an Sofie. „Diese Neue…weißt du was über sie?“ Sofie zuckte mit den Schultern. „Nur so viel wie alle anderen, die mit ihr in einer Klasse sind. Sie heißt April Summers, ist neu, trägt übergroße T-Shirts und hängt andauernd mit Stefan Salvatore und Elena Gilbert rum.“ „Mit Stefan?“ „Jep.“ „Ach du Schande.“, sagte Naomi und klimperte mit den Wimpern. Sie sah mal wieder umwerfend aus. „Sie tut mir leid.“ Ihre Freundinnen kicherten. Naomi ergriff ihre Louis Vuitton-Handtasche und ging mit ihren Freundinnen aus der Marmortoilette. Auf den Weg zu ihrem Klassenraum, grüßten sie alle Schüler, doch Naomi war so stolz, dass sie tat, als hätte sie das nicht gehört. Mit hoch erhobenem Kopf glitt sie in den Chemieraum… …und war nicht einmal richtig überrascht, als sie das neue Miststück auf ihrem Stammplatz sitzen sah. Nach außen gab sich Naomi alles andere als wütend. Würdevoll schritt sie auf die Neue zu, und bemühte sich, freundlich zu lächeln. Doch in ihr kochte es vor Zorn. Wie kam dieses Miststück nur dazu, sich auf ihren Platz zu setzen? Wer, verdammt noch mal, hatte es ihr erlaubt? Naomi bestimmt nicht. Warum sollte sie auch? Und aus der Klasse schien es auch keiner gewesen zu sein. Niemand hätte es sich erlaubt, die Neue auf Naomis Platz zu schicken. Nicht einmal die Lehrer. Ihr Blick wanderte weiter. Dort, wo ihre besten Freundinnen normalerweise saßen, hatten jetzt Elena, Stefan, Bonnie und April Summers Platz genommen. Anscheinend hatten sie sich mit ihnen angefreundet. Naomi kaute auf ihrer Unterlippe herum. Komisch! , dachte sie. Diese April ist erst seit wenigen Stunden hier, und hat schon jetzt drei Schüler um sich gesammelt. Auch wenn es – ihrer Meinung nach - nur Idioten waren: man konnte nie vorsichtig genug sein. Naomi betrachtete das Mädchen. Es hatte langes, blondes Haar, das ihr in gelockten, gepflegten Strähnen auf den Rücken fiel und strahlend blaue Augen. Ihre Haut war sehr gepflegt, ein wenig weiß und mit einem leichten Rot auf den Wangen. Naomis Augen wanderten weiter nach unten. Gelbes T-Shirt, Jäckchen und schwarze Röhrenjeans. Pinkfarbene Chucks. Wenn Naomi sich nicht täuschte, war die Jeans sogar von Nina Ricci. Naomi erfasste nun die Tasche des neuen Mädchens. Benetton. Nichts Besonderes, aber passend. Eigentlich sah sie nicht einmal so abstoßend aus, wie alle sagten, fand Naomi, obwohl sie niemals im Leben so ein schrilles T-Shirt anziehen würde. Sie trug Marken und war hübsch. Beinahe so hübsch wie sie selbst. Naomi musste aufpassen. Sie setzte extra eine missbilligende, grimmige Miene auf, als sie mit ihren Freundinnen auf ihren Platz zu marschierte. Weder Elena und Bonnie noch Stefan und die Neue sahen sie kommen. „Hey, Naomi!“, rief John Nicholsen, ein blonder Junge, mit dem Naomi bestimmt schon an die vier Mal ausgegangen war. „Hast du morgen schon was vor?“ Naomi ignorierte ihn. Immerhin war sie schon mit jemand anderem zusammen. „Wollen wir mal zusammen shoppen gehen? Mein Vater stellt uns dann seine persönlichen Assistenten zur Verfügung!“, schrie Julia Baxter ihr zu, deren Vater einer der mächtigsten Männer des Landes war. Er besaß mehrere Firmen und seine Frau war Chefin der Marke Loewe. Naomi warf ihr eine Kusshand zu. „Klar, Süße!“ Mit Julia verband sie eine ganz besondere Freundschaft; beide waren zusammen in den Kindergarten gegangen, und Julias Mutter war eng mit Naomis Mom befreundet. Sie ging weiter. Und erst als sie direkt vor Elena, Stefan, Bonnie und der Neuen stand und abfällig auf sie hinunter blickte, schienen diese sie zu bemerken. Die vier sahen sie weder an noch grüßten sie sie. Sie hielten weiter die Köpfe gesenkt und sprachen, als würde Naomi gar nicht dastehen. „Hrrm!“ Sie räusperte sich. „Ich will ja nicht stören, aber: das ist mein Platz!“ „Sagt wer?“, fragte Bonnie, ohne sie anzusehen. Naomi knirschte mit den Zähnen. Sie hasste Bonnie seit dem Tag, an dem damon einmal mit ihr ausgegangen war. „Sage ich!“, meinte sie schließlich. „So?“, sagte Bonnie. „Sagst du?“ „Allerdings!“ Bonnie zuckte mit den Schultern. „Nicht unser Problem. Wir wollen heute neben April sitzen und ein anderer Vierertisch war nicht mehr frei. Ich würde sagen: Pech gehabt.“ Naomi starrte sie an. „Du miese, kleine-`` Am liebsten hätte Naomi diesen Satz beendet, ihn Bonnie mit voller Wucht ins Gesicht geschleudert, doch in diesem Augenblick betrat der Chemielehrer Dr. Hudson den Klassenraum und forderte alle auf, sich zu setzen. Während Naomi mit aufeinander gepressten Lippen chemischen Formeln folgte, wanderten ihre Augen zu der Neuen und ihrem neuen Freundeskreis. Du Miststück! , dachte sie. Du verdammtes Miststück! Warum? Naomi wusste, dass April bald eine Menge Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. Und zwar nicht wegen ihres lässigen Kleidungsstils, sondern wegen etwas völlig anderem. Naomi hatte langsam eine vage Ahnung. Konnte dieses Mädchen etwa ihre Rivalin werden? „Wer war das denn?“, fragte April Elena, als sie mit ihr, Stefan und Bonnie den Chemieraum verließ und zum Kunstsaal ging. „Wer? Die Braunhaarige, die uns so angemotzt hat?“ Stefan grinste; Elena kicherte, als Naomi hocherhobenen Hauptes an ihnen vorbei stolzierte, und ihre hohen Schuhe bis auf fünfzig Meter Entfernung zu hören waren. April nickte. „Das war Naomi Spencer, die ungekrönte Schulkönigin unserer Schule.“, sagte Bonnie, und schnaubte abfällig. „Sie denkt, sie wäre unwiderstehlich!“ „Sie ist schon mit fast jedem Jungen in der Schule, der so halbwegs in ihrem Alter ist, ausgegangen!“, flüsterte Elena April zu; April hob die Augenbrauen. „Echt?“ „Was?“, mischte sich Bonnie ein, und bedachte April und Elena mit so misstrauischen Blicken, dass die beiden anfingen zu kichern. Stefan starrte sie nur verständnislos an. „Elena sagte, diese Naomi wäre schon mit fast jedem Jungen aus der Schule ausgegangen!“, sagte April schließlich. „Stimmt das?“ Stefan stöhnte. „Erinnere mich bloß nicht daran!“ „Und du?“, fragte April an Stefan gewandt. „Hast du dich schon mal mit Naomi verabredet?“ „Mal ganz ehrlich: seh’ ich so aus?“ Stefans Stimme klang verbittert. „Stefan? Hast du schon mal ein Date mit Naomi gehabt?“, wollte Elena so sanft wie möglich von ihrem Freund wissen. An seiner Stimme merkte sie, dass er mit Naomi auf dem Kriegsfuß stand. Stefan schüttelte zu Aprils Überraschung den Kopf. „Nö, hab’ ich nicht. Und ich hab’s auch nicht vor, glaub’ mir.“ „In Wirklichkeit fährt Naomi voll auf ihn ab.“, bemerkte Bonnie mit einem Grinsen, und musste sich ducken, als Stefan seine Ledertasche nach ihr schwang. „Echt jetzt?“ April hob eine Augenbraue. „Nein, natürlich nicht!“, sagte Stefan und schüttelte den Kopf. „Sie ist die absolute Schuldiva und -`` „- und sie ist mit Damon zusammen“, führte Elena den Satz zu Ende. „Seit ein paar Tagen. Aber das ist nichts Ernstes; das ist es bei Damon nie.“ Bonnie verzog den Mund. „Das stimmt. Damon ist ein dreifaches Arschloch; er ist absolut sexbesessen. Okay, ich geb’s zu: ich hasse Naomi, aber in diesem Fall tut sie mir echt ein bisschen leid.“ „Oh“, sagte April nur. Damon hatte also schon eine Freundin. Sie konnte nicht umhin, ein wenig enttäuscht zu sein; immerhin sah er so verdammt gut aus, auch wenn seine arrogante Art manchmal echt zum Kotzen war. April fragte sich, warum sie sich so zu ihm hingezogen fühlte. Immerhin war er ja nach Meinung der anderen ein totales Arschloch, der die Mädchen nur für den sex brauchte und sie dann wieder fallen ließ wie heiße Kartoffeln. Wollte sie mit so einem eigentlich zusammen sein? In den nächsten Tagen gewöhnte April sich völlig an ihre neue Schule. Ihr gefiel das Gebäude, ihr gefiel die Cafeteria, ihr gefiel der Unterricht und ihr gefielen ihre neuen Freunde. In den Tagen, in denen sie nun diese Schule besuchte, waren Elena, Stefan und Bonnie nicht einmal von ihrer Seite gewichen, und gestern hatte Elena April sogar zu sich eingeladen. Heute würde April zu ihrer neuen Freundin gehen, und dort essen, mit Elena Hausaufgaben machen und abends dann mit ihr, Stefan und Bonnie zum Mystic Grill gehen. Sie freute sich schon tierisch auf den heutigen Tag und mit Elena etwas zu unternehmen. In ihrer alten Schule hatte sie nie mit jemandem etwas ausgemacht – na ja, aber dort war sie ja auch ziemlich unbeliebt gewesen. Hier war es anders: die meisten ihrer Klassenkameraden akzeptierten sie so, wie sie war, und Naomi, die Schulqueen, hatte sie und ihre Freunde kein weiteres Mal angesprochen. In der Pause ging sie immer in die Cafeteria und der Tisch im letzten Winkel der Halle war nun ihr Stammtisch. Ganz ehrlich: sie liebte diese Schule. Nur eines versetzte ihr jeden Tag einen Stich ins Herz: Damon. Sie saßen in der Cafeteria und redeten miteinander, ganz still und kaum hörbar. Sie fielen April sofort auf, als sie die große Halle mit dem Mosaikboden durchschritt, mit dem Tablett in den Händen, und obwohl sie sie schon kannte, kamen sie ihr plötzlich fremd vor. April hatte noch in das Sekretariat gemusst, um die Anmeldung fürs Handball-Training dort abzugeben – Bonnie hatte sie dazu angeregt – und als sie nun auf den Stammtisch zutrat, an dem Elena, Stefan und Bonnie saßen, fühlte sie sich, als wäre sie eine nur englisch sprechende Touristin in Moskau. So fremd…und merkwürdigerweise auch ein wenig unerwünscht. Trotzdem war sie tapfer- „Hi, Leute!“, sagte sie und ließ sich neben Stefan fallen. Die drei sahen rasch auf und beendeten ihr Gespräch schlagartig. „Hi, April!“, begrüßte Bonnie sie, so fröhlich wie immer. Elena und Stefan murmelten irgendetwas Unverständliches als Begrüßung und schwiegen dann, während April auf einem Stück Pizza herumkaute, das sie sich geholt hatte. Sie hatte ziemlichen Hunger. „Hey, was schaut ihr denn so griesgrämig drein?“, wollte April wissen; Elena lächelte gequält und brummte ein „Hallo!“, doch Stefan schwieg und zog sein blackberry aus seiner Jackentasche. „Stefan hatte Stress mit seinem Bruder!“, antwortete Bonnie an Stefans und Elenas Stelle. „Mit Damon?“, fragte April und ihr Herz machte einen Hüpfer. Bonnie nickte. April seufzte, und schlang ihr Stück Pizza hinunter. Währenddessen wanderte ihr Blick durch die Cafeteria. Lachende Schüler und genervt dreinblickende Oberstüfler bevölkerten die Halle und April ertappte sich dabei, wie sie Damon beobachtete. Heute sah er natürlich wieder supergut aus, aber ihr gefiel nicht, dass er ständig bei Naomi war, sie küsste oder sie umarmte. Es passte ihr einfach nicht. „Erwischt!“, sagte Bonnie und zwickte sie in den Arm. April fuhr zusammen. „Was?“ „Ich wusste es!“, grinste Bonnie. „Du stehst auf Damon?!“ „Nein“, sagte April hastig, aber eigentlich war die Katze schon längst aus dem Sack. „Nein, tu ich nicht.“ „April…“, sagte Stefan dann. „April, bitte tu dir das nicht an. Du wirst enttäuscht sein. Glaub mir.“ „Aber…ich…“ April schnappte anch Luft. „Ich…ich steh doch gar nicht auf ihn!“ Stefan hob die Augenbrauen, sagte dazu aber nichts mehr. Elena lehnte sich an ihren Freund. „Stefan hat Recht, April.“, meinte sie. „Damon wird dich nur verletzen, wenn du mit ihm zusammen wärst. Du würdest ihn lieben, aber er würde nur so lange mit dir zusammen sein, bis du für ihn keinen Nutzen mehr hast. So ist Damon und so wird er immer bleiben.“ April schwieg und sah wieder hinüber zu Damon. Und ihr wurde ganz kalt, als sie merkte, dass auch er sie betrachtete. Nach der Mittagspause hatten sie Sport. Elena, Bonnie und April trennten sich von Stefan, als sie vor den Umkleiden der Sporthalle standen. „Bis später!“, sagten die drei und Elena drückte Stefan noch einen Kuss auf den Mund, bevor die Mädchen in der Umkleide verschwanden und sich umzogen. „Cooles T-Shirt!“, sagte ein Mädchen im Vorbeigehen zu April. Sie erkannte, dass es Julia Baxter war, eines der Schoßhündchen Naomis. „Ich mag Metric.“ April blickte auf ihr T-Shirt, das sie zum Sportunterricht angezogen hatte. Die Band Metric war darauf abgebildet. „Oh…“, stammelte April, „…danke.“ Bonnie hob die Augenbrauen, als Julia April zulächelte, doch sie sagte nichts. Auch sie trug nun ihre Sportsachen. Schwarze, kurze Shorts, ein cremefarbenes Tanktop und Sportschuhe von Adidas. Selbst für den Sportunterricht sah sie modisch aus; April, in engem T-Shirt und schlabberigen Shorts steckend, kam sich vor wie ein Typ mit übergroßer Nerd-Brille. Elena sah am schönsten von allen aus. Sie trug eine weite, graue Jogginghose und ein schwarzes Tantktop. Ihre Sportschueh waren neonpink. Der Unterricht begann. Mrs. Sheldon, die stämmige, etwas zu kurz geratene Sportlehrerin, teilte sie in zwei Gruppen auf und sie mussten gegeneinander Handball spielen. April und Elena waren in Bonnies Gruppe, und April musste zugeben, dass Bonnie mehr als nur hübsch und modebewusst war. Sie war auch ganz schön sportlich, und schnell wie ein Wiesel. Vor kurzem stand sie noch hinter einer Schülerin – dann rannte sie plötzlich sechs Meter von ihr entfernt, ohne, dass irgendjemand bemerkt hatte, wie Bonnie losgelaufen war. Julia, die sich auch in Bonnies Gruppe befand, passte April den Ball zu. April fing ihn auf und der Ball klatschte in ihre Hände. Ein kurzes Gefühl von Feuer durchflutete ihre Finger. Als würden sie brennen. April schluckte. Dann warf sie den Ball zu Elena, die ihn mit graziöser Bewegung in das gegnerische Tor stieß. Bonnies Gruppe jubelte. „Super!“, schrie April. Elena hob die Hand und April klatschte ein. Naomi, die in der gegnerischen Mannschaft spielte, warf ihnen missbilligende Blicke zu, doch April war einfach zu gut drauf, um das zur Kenntnis zu nehmen. Bonnie grinste ihr zu und schon ging das Spiel weiter. April hatte keine Ahnung, wie viele Tore ihr Team machte. Jede paar Minuten hörte sie den Pfiff der Sportlehrerin, das Jubeln ihrer Gruppe und das Schnauben Naomis. April war stolz auf sich, denn ständig machten entweder sie, Elena, Bonnie oder ein anderes Mädchen ihres Teams ein Tor, und die Jubelschreie klangen wie schöne Musik in ihren Ohren. Doch dann passierte etwas, was April überhaupt nicht erwartet hatte. Elena passte ihr den Ball zu, aber als sie ihn auffing, fühlte es sich an, als würde ihr jemand den Ball mit voller Kraft aus der Hand schlagen. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihre Finger, der Ball krachte hinunter auf den Boden, wo Grace, ein Mädchen aus Naomis Mannschaft, ihn aufklaubte und ein Tor erzielte. „Ups!“, säuselte Naomi, die neben ihr stand, theatralisch und warf April einen verächtlichen Blick zu. „Das war wohl nichts! Ist dir wohl aus der Hand gerutscht, was?“ April stand wie angewurzelt da. Das durfte doch nicht wahr sein! Der Ball war doch fest in ihren Händen gewesen und hätte nicht einfach aus der Hand rutschen können, wie Naomi es gesagt hatte. Das konnte nicht sein. Sie wusste ja wohl, dass sie den Ball festgehalten hatte. Und dass es sich angefühlt hatte, als hätte man ihr den Ball aus den Händen geschlagen, das wusste sie auch. Sie blickte Naomi vorsichtig von der Seite an. Die glotzte pikiert zurück und machte sich mit wehendem Haar auf zum Umkleideraum, als Mrs. Sheldon sagte, sie könnten schnell etwas trinken gehen. Schweigend ging April mit Elena und Bonnie in die Umkleide und schnappte sich ihre Wasserflasche. „Hast du das gesehen?“, flüsterte April Elena zu, während sie in der Umkleide herum standen. „Was?“ „Na, das mit dem Ball.“ April trank einen tiefen Schluck Wasser aus ihrer Flasche. „Du hast ihn mir zugeworfen, und ich hab’ ihn gefangen, aber irgendwie ist er mir voll aus der Hand gerutscht.“ Elena nickte. „Ja…das hat doch bestimmt jeder gesehen, der im Umkreis von mindestens hundert Metern stand.“ „Das meine ich nicht…“ Sie verstummte, als Naomi mit hoch erhobenem Haupt vor ihnen stehen blieb. „Na, freut ihr euch schon aufs Verlieren?“, wollte sie wissen und lächelte böse. April schaute in die Runde. Jeder ihrer Mitschülerinnen schwieg und senkte betreten den Kopf. Diese Schweine! Bonnie zuckte mit den Schultern. „Wie man’s nimmt!“, erwiderte sie schnippisch. „Also, ich glaube, wir schaffen das noch. Ich meine, wir sind euch ja zwölf Tore voraus, aber sonst…“ Sie setzte ein zuckersüßes Lächeln auf, hob die Hand und winkte zum Abschied – doch Naomi rührte sich nicht von der Stelle. „Willst du mich verarschen?“, rief sie. „Nö, eigentlich nicht.“, sagte Bonnie. „Ich meine es sogar ziemlich ernst. Sehr „ziemlich ernst“!“ Naomis Blicke schossen Blitze. „Sehr witzig, Bennett.“, giftete sie. „Sei mal nicht zu sehr von dir selbst überzeugt. Wir werden ja sehen, wie schnell wer aufholt. Und ich sage dir, das mit dem Ball war erst der Anfang…“ Damit drehte sie sich um und stolzierte davon. Elena und April sahen sich an. Beide hatten eine Gänsehaut bekommen. „Die soll sich mal nicht so aufspielen!“, murmelte Bonnie und zwinkerte Elena zu. „Na? Sollen wir Stefan mal fragen, ob er ihr einheizt?“ „Ich weiß nicht…“ Elena schüttelte den Kopf. „Nein, das ist zu gefährlich. Er könnte sie verletzen. Oder sie könnte IHN verletzen.“ „Über was redet ihr?“, fragte April, aber Elena sah sie nur traurig an. „Das, April“, sagte sie, „ist eine sehr lange Geschichte.“ Kapitel 5: Der nächtliche Besucher ---------------------------------- Der nächtliche Besucher Es war schon später Abend, als es an der Haustür klingelte. April streckte sich und ging die Treppe hinunter zur Haustür, um aufzumachen. Das waren bestimmt Elena und Stefan, die sie zum Mystic Grill mitnehmen wollten. April hatte Glück gehabt; unter normalen Umständen hätten ihre Eltern ihr niemals erlaubt, um diese Uhrzeit noch auszugehen, auch wenn es Freitagabend war, aber sie waren wieder einmal bei Ann und Billy eingeladen und so hatten sie es April nach langem Gebettel doch noch erlaubt. April strich sich hastig eine Haarsträhne zurück, bevor sie die Tür öffnete – und Damon ins Gesicht strahlte. „So glücklich, mich zu sehen?“, spottete er und grinste. April fehlten die Worte. „Was…was machst du denn hier?“ Sie räusperte sich. „Und woher – VERDAMMT NOCH MAL – hast du meine Adresse???“ Damon hob eine Augenbraue. „Reg dich ab“, sagte er. „Ich war in der Nähe und da dachte ich mir, ich besuch dich mal.“ Woher er die Adresse hatte, sagte er mal lieber nicht… „Da wird Naomi aber nicht gerade begeistert sein“, sagte April und trat unruhig von einem Bein auf das andere. Sie fühlte sich plötzlich megaunwohl in ihrem neuen, ultrakurzen Kleid. „Naomi? Wer ist das?“ Damon lächelte und musterte sie von oben bis unten. Arschloch. „Das ist deine Freundin, du Idiot.“, sagte April kühl. Damon lächelte so verführerisch, dass April beinahe schwarz vor Augen wurde. „Eifersüchtig?“ „Auf keinsten“, sagte April und verschränkte die Arme vor der Brust. „Willst du mich nicht reinbitten?“, wollte Damon wissen und setzte seinen Ich-bin-zu-cool-und-zu-geil-für-diese-Welt-und-das-wisst-ihr-auch-Blick auf. „Hmmm…lieber nicht“, hätte April am liebsten gesagt, aber sie öffnete die Tür weit und bat Damon mit einer spöttischen Verbeugung hinein. „Immer nur herein, der Herr.“ Damon grinste und trat ein. April schloss hinter ihm die Tür und ging mit ihm ins Wohnzimmer. „Willst du ´ne Cola?“, fragte April ihn und konnte selbst kaum fassen, dass Damon – DER Damon – sich gerade in IHREM Haus befand. „Immer“, sagte Damon und April verschwand in der Küche. Als sie sich in dem großen Raum befand, konnte sie endlich wieder normal atmen, so verspannt war sie gewesen. Sie schnappte nach Luft und holte die Cola aus dem Kühlschrank und zwei Gläser aus dem Schrank über ihr. Sie fühlte sich erschöpft, beinahe schon etwas müde. Sie hoffte, dass Elena und Stefan möglichst bald kommen würden, und doch wünschte sie es sich nicht. Damon… Gerade, als sie die Cola in die Gläser schütten wollte, spürte sie Damons Gegenwart. Sie spürte seine Arme, wie sie sie umarmten, und sie roch seinen Duft, diesen unvergleichlich attraktiven, männlichen Duft, der sie in tiefe Verzweiflung sinken ließ. Sie merkte es und konnte ihn nicht von sich zu stoßen, auch wenn sie wusste, dass es falsch war. Er war doch immerhin noch mit Naomi zusammen. „Was soll das?“, fragte sie ihn leise, als seine Lippen ihren Hals streiften. „Bist du wirklich so ein Arschloch, wie alle immer sagen?“ Sie konnte sein Lächeln an ihrem Hals spüren. „Wahrscheinlich...“ „Hör auf damit, Damon“, sagte April mit zitternder Stimme. Damon hielt kurz inne. „Willst du das wirklich?“ Ja, wollte sei denn wirklich, dass er damit aufhörte? Wollte sie wirklich, dass er aufhörte, sie zu küssen und zu lieben, so, wie April es sich immer vorgestellt hatte? Nein. Wollte sie nicht. Aber sie hatte Angst. Sie wollte nicht eine von vielen sein. Sie wollte nicht enden wie alle anderen Mädchen vor ihr, verletzt und zurückgewiesen, trunken von seinem Wesen. Trunken von seiner Schönheit und seiner kalten Liebe. Sie spürte seinen kalten Atem an ihrem Hals, spürte seine Hand an ihrer Hüfte, wie sie weiter wanderte nach unten. Sie hatte Angst, ihm zu verfallen in dieser Nacht. Einerseits wollte sie es – aber andererseits…fürchtete sie sich dermaßen davor, dass sie schreien wollte. Nein. Sie durfte ihm nicht verfallen, so wie die anderen. April drehte sich um und versuchte, ihn von sich zu stoßen, aber er hob sie auf die Anrichte der Küche und presste ihr seine Lippen auf ihre. Sie spürte, wie er versuchte, ihren Mund mit seiner Zunge zu öffnen; sie ließ ihn noch ein wenig zappeln, bevor sie sich ihm hingab. Der Kuss war perfekt. Absolut perfekt. April kannte niemanden, der besser küssen konnte als Damon. Es war nicht so, dass sie schon viele Jungen geküsst hatte, aber bei ihm fühlte es sich einfach…perfekt an. Erst als seine Hände sich fordernd unter ihr Kleid schoben, kam April wieder zu sich. Sie löste sich von Damon und sprang von der Anrichte. Damon betrachtete sie verwirrt. „Tut mir leid“, sagte April. „Aber das ging mir jetzt doch ein bisschen zu schnell. Ich hab nämlich – ehrlich gesagt – absolut keine Bock darauf, die nächste zu sein, die sich Damon Salvatore verschreibt und dann abgeschoben wird.“ Damon packte sie an den Handgelenken und drückte sie gegen die Wand. Erschrocken schnappte sie nach Luft. „Was…“ „Ich könnte dich töten, weißt du das?“, flüsterte Damon ihr ins Ohr und von seiner Nähe wurde ihr schwummerig. „Du bist so zerbrechlich, dass ich dich zerquetschen könnte wie eine Fliege“ „Dann tu das doch!“, sagte April mutiger, als sie von sich selbst erwartet hätte. Damons Lippen wanderten über ihren Hals bis zu ihrem Schlüsselbein. April fühlte sich, als müsste sie gleich explodieren. „Nein“, sagte Damon dann plötzlich, „dich könnte ich nicht töten. Dazu bist du viel zu wichtig.“ Und mit diesen Worten war er verschwunden, einen eisigen Lufthauch zurücklassend, der sich an April klammerte wie ein Gespenst. Dich könnte ich nicht töten. Dazu bist du viel zu wichtig. Kapitel 6: The Death Has A Name... ---------------------------------- The Death Has A Name… „Ich könnte dich töten, weißt du das?“, flüsterte Damon ihr ins Ohr und von seiner Nähe wurde ihr schwummerig. „Du bist so zerbrechlich, dass ich dich zerquetschen könnte wie eine Fliege“ „Dann tu das doch!“, sagte April mutiger, als sie von sich selbst erwartet hätte. Damons Lippen wanderten über ihren Hals bis zu ihrem Schlüsselbein. April fühlte sich, als müsste sie gleich explodieren. „Nein“, sagte Damon dann plötzlich, „dich könnte ich nicht töten. Dazu bist du viel zu wichtig.“ Und mit diesen Worten war er verschwunden, einen eisigen Lufthauch zurücklassend, der sich an April klammerte wie ein Gespenst. Dich könnte ich nicht töten. Dazu bist du viel zu wichtig. „April? Alles in Ordnung?“ Elenas Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Was?“ April fuhr zusammen und starrte ihre neue Freundin fragend an. „Ich fragte, ob alles in Ordnung ist!“, wiederholte Elena. „Du siehst so…bedrückt aus.“ „Ich…ähm…mir geht es gut.“, sagte April schnell und wandte sich dann wieder dem Billiardtisch zu, an dem Bonnie gerade haushoch gegen Stefan verlor. Elena warf ihr noch einen skeptischen Blick zu, schwieg aber zu dem Thema, als Stefan kaum merklich den Kopf schüttelte. April unterdrückte ein Seufzen und ging an die Bar, um sich einen Drink zu bestellen. Als sie den Cocktail an ihre Lippen führte, spürte sie immer noch den brennenden Kuss auf ihrem Mund. Den Kuss von Damon, dem Typen, den sie verehrte, auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Sie konnte immer noch nicht glauben, was passiert war vor wenigen Stunden, als sie Damon in ihr Haus eingelassen hatte. Sie fragte sich, was passiert wäre, wenn sie ihn nicht hereinegebeten, sondern ihn verabschiedet hätte. Vermutlich wäre nichts von dem geschehen, was sie so in Verzweiflung trieb. Sie hatte auch nach den vergangenen drei Stunden das Gefühl, als würde Damon sie immer noch küssen, mit wachsender Begierde und dem gefährlichen Schimmern in seinen Augen. Sie wusste: Er war das, was man verboten nannte, denn er war mehr als gefährlich… Und April fürchtete sich davor, dass sie auch nur eines von den unzähligen Mädchen war, die er benutzte und dann abschoss. Sie wollte etwas Besonderes sein, wenigstens einmal in ihrem Leben. Sie wollte etwas wert sein, sie wollte geliebt werden. Sie war schon zu oft auf Typen hereingefallen, die dann doch bloß Sex mit ihr wollten. April hatte zwar noch nicht allzu viele Freunde gehabt, aber die, mit denen sie zusammen gewesen war, hatten sie am Ende doch nur verarscht. Sie hatten mit ihren Kumpels gewettet, wer sie zuerst klar machen würde, und am Schluss war April immer die gewesen, die man auslachte…Sie wollte, dass es diesmal anders war. Aber wenn Bonnie tatsächlich Recht hatte, dann war Damon noch viel schlimmer als alle Typen, mit denen April schon etwas gehabt hatte. Wenn es stimmte, was Bonnie gesagt hatte, nämlich, dass Damon nur Sex wollte und einen dann sofort wieder fallen ließ, dann war April sich nicht sicher, ob sie ihn begehren wollte. Sie wollte nicht schon wieder verletzt werden. Also sollte sie lieber die Finger von Damon lassen. Aber er sah so gut aus. Er war so übelst hübsch, dass April jedes Mal lächeln musste, wenn sie an seine Sturmfrisur dachte und an die spöttischen, blauen Augen, die einen zu durchbohren schienen wie Dolche. Sie musste sich eingestehen, dass sie extremst in ihn verknallt war. Und sie konnte nicht einmal etwas dagegen tun! „April? Ist wirklich alles in Ordnung?“, wollte Elena wissen und setzte sich neben sie auf einen der Barhocker. „Nein“, seufzte April und verfluchte sich dann auch schon dafür. Elena sah sie besorgt an. „Du kannst mir ruhig erzählen, was los ist.“, sagte sie. „Ich will nicht, dass ihr euch Sorgen macht“, sagte April und bestellte einen zweiten Cocktail, nachdem sie das erste Glas leer getrunken hatte. „Und ich will nicht, dass ihr mich dann hasst.“ „Wieso sollten wir dich hassen?“ Elena runzelte die Stirn. April lachte ein halbherziges Lächeln. „Ich hab was Schlimmes gemacht…was übelst Schlimmes.“ „Ach, komm!“, sagte Elena und lächelte. „So schlimm, dass wir dich dann hassen, kann das unmöglich sein! Also? Was ist mit dir? Worüber zerbrichst du dir so den Kopf?“ „Ich hab mit Damon rumgemacht“, sagte April dann plötzlich, ohne dass sie es eigentlich wollte. Es war still. Alle im Mystic Grill sahen zu ihr hinüber. Wirklich alle. Elena schlug sich die Hände vor den Mund. „Nein!“, flüsterte sie. „Das hast du nicht wirklich getan, oder?“ „Doch“, sagte April gequält, „wahrscheinlich schon.“ Elena packte sie am Arm und zog sie unter den neugierigen Blicken der Leute im Mystic Grill nach draußen. Bonnie und Stefan folgten ihnen mit unergründlichen Gesichtsausdrücken. „April, du musst mir versprechen, dass du dich von Damon fernhältst!“, sagte Elena, sobald sie sich draußen befanden. Es war so kalt, dass man ihren Atem in der Luft sehen konnte. April sah Elena erstaunt an. „Aber wieso?“ „Er nutzt dich nur aus“, sagte Bonnie hastig, bevor Elena etwas erwidern konnte. „Das tut er bei jedem Mädchen.“ Ihr Mund verzog sich verächtlich. „Aber das ist doch dann meine Sache, oder?“, fragte April und sah in die Runde. Sie erschrak, als sie Tränen in Elenas Augen erblickte. „April…“, sagte Stefan und schloss Elena in seine Arme. „Bitte halte dich fern von Damon. Das ist zu deinem eigenen Besten. Er wird dir wehtun, so sehr, dass du es kaum aushlaten kannst…er ist mein Bruder, ich weiß wie er tickt.“ „Vielleicht will ich auch einfach Sex?!“, sagte April provozierend. Alle glotzten sie an. „Das meinst du doch nicht etwa ernst, oder?“, fragte Elena heiser und drückte sich noch fester an Stefan. April senkte den Blick. „Nein, das tue ich nicht. Ich…konnte ja auch nichts dafür…es ist einfach passiert.“ „Wie weit seid ihr gegangen?“, fragte Stefan und fixierte April mit ernsten Blicken. April schoss das Blut in den Kopf. „Ähm…wir haben uns nur geküsst, mehr nicht.“, sagte sie schnell, als sie an Damons fordernden Blick dachte. Sie wusste, dass sie mit ihm geschlafen hätte an diesem Abend, wenn Bonnie ihr davor nicht erzählt hätte, was für ein Arschloch er eigentlich war. Bonnie atmete erleichtert aus. Elena und Stefan sahen sich an. „Leute…“, fing April dann an. „Ja?“ Elena schaute sie fragend an. April zögerte. „Nun ja…ähm…irgendwie ist das alles ziemlich komisch, wisst ihr. Damon hat gesagt, er könnte mich töten…glaubt ihr, das war ernst gemeint?“ Plötzlich hatte sie Angst. Sie wusste, dass Damon dazu imstande war, sie umzubringen. Sie hatte keine Ahnung, woher sie das wusste; es war nur ein Gefühl… Stefan legte April eine Hand auf die Schulter. „Keine Sorge; wenn er dich anrührt, wird er dafür büßen, das verspreche ich dir. Wenn er dir nur nur ein Haar krümmt, hat er das letzte Mal ein Mädchen abgeschleppt.“ „Was? Aber was…“ April schnappte nach Luft. „Ihr tut so, als wäre er gefährlich. Ihr glaubt doch nicht etwa wirklich, dass er jemanden töten könnte, oder?“ Bonnie seufzte. „Vielleicht sollten wir sie aufklären“, sagte sie dann an Elena und Stefan gewandt. Elena nickte, aber Stefan blickte skeptisch drein. „Ich weiß nicht, ob sie schon bereit dafür ist. Wer weiß, ob wir ihr vertrauen können?!“ „Stefan…ich glaube schon, dass sie unser Vetrauen verdient hat“, sagte Elena und lächelte April zuversichtlich an. „Sie hat ein Recht, es zu erfahren. Sie hat ein Recht, vor Damon gewarnt zu werden. Damon wird nicht ruhen, bis sie ihm vollkommen verfallen ist. Also wäre es besser, wir sagen es ihr jetzt schon, damit sie nicht überrascht wird…“ „Was denn?“ April hatte absolut keinen Plan, wovon ihre drei neuen Freunde sprachen. Stefan seufzte. „Na gut…wahrscheinlich hast du Recht, Elena. Aber ich warne dich, April, wenn du es jemandem sagst, sind nicht nur Damon und ich in Gefahr, sondern auch Elena, ihre Familie und deine Familie.“ „Ich sags niemandem“, sagte April hastig und fargte sich, was Stefan wohl meinte. „Also…“ Stefan nahm Elenas Hand. „Damon und ich…also, wir sind Vampire.“ Okay, jetzt war es raus. April starrte Stefan an. „Das soll doch wohl ein Scherz sein, oder?“ „Leider nicht“, sagte Stefan und lächelte gequält. „Das finde ich jetzt echt nicht so lustig“, meinte April und runzelte die Stirn. „Das soll auch nicht lustig sein“, sagte Elena und trat auf sie zu. „April, was Stefan sagt, ist wahr.“ „Ach ja? Da würde ich aber echt gerne einen Beweis sehen!“, sagte April schroff und blickte Stefan mit hochgezogenen Brauen an. Der öffnete den Mund – und April konnte sie sehen. Die scharfen Reißzähne eines Vampirs, die im Licht der Straßenlaterne zu leuchten schienen wie Elfenbein. „Ach du Scheiße!“, flüsterte sie. „Und damit beißt du echt Menschen und saugst ihnen ihr Blut aus?“ Sie wich ein wenig zurück, aber Stefan hob beschwichtigend die Hand. „Nein, ich trinke nur Tierblut“, erklärte er. „Ich kann kein Menschenblut trinken; das kann ich einfach nicht. Anders als Damon“ April verstand. Sie hatte Recht gehabt. Er war gefährlich. Nein, mehr als gefährlich. Er war ein Killer. Es war schon tief in der Nacht, als Damon das Fenster öffnete und in Naomis Zimmer sprang. Er war leichtfüßig, leichtfüßig und stark, und das war normal für ihn. Damon strich sich das Haar aus dem Gesicht und blickte sich um. Er war schon oft hier gewesen, aber das hatte keinerlei Bedeutung für ihn. Er war nur hier, um das zu bekommen, was er wollte, und er würde es bekommen. Wie immer. Naomi schlief noch, obwohl das hier ihre feste, abgemachte Uhrzeit war. Sie sah so zerbrechlich und hilflos aus in dem riesigen Bett mit dem Baldachin, aber Damon dachte nicht daran, sie zu töten. Vielleicht brauchte er sie noch. Er setzte sich auf die Bettkante des Bettes und betrachtete sie. Er fühlte sich nicht zu ihr hingezogen, kein bisschen, aber es machte ihm Spaß, bei ihr zu sein. Er sah gerne das Verlangen in ihren Augen und die bedingunsglose Liebe, mit der sie ihm ihr Leben anvertraute. Damon wusste tief in seinem Unterbewusstsein, dass es falsch war, was er tat, aber er hatte kein schlechtes Gewissen deswegen. Wenn er ein Gewissen hätte. „Damon?“ Naomi schlug die Augen auf. Eigentlich war sie ja echt hübsch mit ihrem braunen Haar und den blauen Augen. Aber sie war nichts Besonderes. Ein Mädchen wie jedes andere, nur dass sie ausgerechnet IHM in die Arme gelaufen war. Er lächelte sie an. Sie setzte sich auf und fuhr sich durchs Haar. „Wie lange bist du schon hier?“ Sie machte sich Sorgen, dass er sie hässlich fand, das hörte er aus ihrer Stimme heraus. „Ist doch nicht so wichtig“, sagte Damon und drückte sie zurück aufs Bett, um sie zu küssen. Er spürte Naomis Verlangen und war darüber amüsiert. Er war es gewöhnt, dass alle Sterblichen über ihn herfielen als wäre er das letzte männliche Wesen auf dieser verdammten Erde. Er musste lächeln, als sie ihm das T-Shirt buchstäblich vom Leibe riss und ihre Hände zitternd über seinen Oberkörper strichen. Er machte sie nervös und er wusste das. Damons Lippen wanderten über ihr Gesicht zu ihrem Hals. Er konnte ihren Puls fühlen, das Schwache Schlagen ihres Herzens in ihren Blutbahnen. Er konnte den Duft ihres Blutes riechen und er wusste, dass er sich nicht merh zusammenreißen konnte. Als er ihr seine Fangzähne in den Hals schlug, keuchte Naomi kurz auf vor Schmerz, doch es war ihm egal. Er hatte es schon zu oft getan, als dass es ihn kümmerte. Der Geschmack des Blutes war noch besser als in den Nächten zuvor. Vielleicht, weil ihm heute etwas verweigert wurde, was er unbedingt hatte haben wollen. April… Er hätte am liebsten gelacht und sie aus seinem Gedächtnis gelöscht, aber das gelang ihm genauso wenig wie die Tatsache, zu vergessen, dass sie das einzige Mädchen war, das nicht sofort mit ihm in die Kiste gesprungen war. Jedes andere Mädchen hätte sich ihm hingegeben ohne lange nachzudenken. Aber April…sie hatte ihn von sich gestoßen, als wäre er giftig, und das hatte ihn wütend gemacht. So wütend, dass er sie in diesem Moment wohl getötet hätte, wäre ihm nicht der Geruch ihres Blutes in die Nase gestiegen. Und wenn er nicht Dinge gesehen hätte, die er vergessen wollte. Für immer. Irgendetwas war seltsam an April. Wenn er sie berührte, hatte er das Gefühl, als würde er sie schon lange kennen. Es war nicht dasselbe Gefühl wie bei Elena, die Katherine so ähnlich sah, nein, es war etwas Tieferes. Etwas, das ihn unwillkürlich erschreckte, auch wenn er das ungern zugab. Damon wusste, dass hier irgendetwas passierte. Er konnte nicht sagen, ob es etwas Gutes oder Schlechtes war, aber er hatte so eine Ahnung… …das irgendetwas im Anmarsch war. Er ließ von Naomi ab, als sie kaum mehr einen Laut von sich gab. Als er sich aufrichtete und sich das Blut aus den Mundwinkeln wischte, betrachtete er sein jetziges Opfer ein paar Sekunden. Naomis Augen waren weit aufgerissen, ihre Haut krankhaft blass. Sie bekam nichts mit von dem, was geschah und das sollte auch so bleiben. Damon lächelte noch einmal kurz spöttisch, bevor er aus dem Fenster kletterte und in der rabenschwarzen Nacht verschwand. Er musste wirklich aufpassen. Sonst wurde er am Ende noch so weich, dass er all seine Opfer am Leben ließ. Kapitel 7: I Want To Hear Your Voice ------------------------------------ I Want To Hear Your Voice In den nächsten Tagen versuchte April Damon weitestgehend zu ignorieren – was bei einem derart gutaussehenden Vampir aber nun wirklich nicht allzu einfach war. Ständig schwirrte er um sie herum und versuchte, sie zu küssen oder sie wenigstens zu umarmen, aber – typisch April – blockte sie ihn ab. Nicht, dass sie es vorzog, von Damon nicht beachtet zu werden…aber seit sie erfahren hatte, dass sowohl er als auch sein Bruder Stefan Vampire waren, hatte April, ganz ehrlich, Schiss vor Damon. Sie fürchtete sich dermaßen vor ihm, dass sie ihm nicht einmal in die Augen sehen konnte, nein, schlimmer noch. Sie hatte Angst vor einer Berührung, war es auch nur eine zufällige. Leider war Damon auch ständig in ihrer Nähe, und dass sie zusammen Geschichte hatten, machte das alles auch nicht gerade viel besser. Natürlich hatte er sich in ihre Nähe gesetzt, natürlich direkt hinter sie, wie sollte es auch anders sein? April musste schlucken. Sie spürte den Blick des Vampirs in ihrem Nacken und bekam unwillkürlich eine Gänsehaut. Elena sah sie besorgt an, aber April schüttelte nur den Kopf. Sie hatte Angst. Verdammt große Angst. Als es zur Pause klingelte, raffte April ihre Sachen zusammen und stürmte so schnell aus dem Klassenzimmer als wäre eine Horde wildgewordener Nashörner hinter ihr her. Sie zwang sich, nicht stehen zu bleiben, auch dann nicht, als Elena, Bonnie und Stefan verwundert bei ihr angekommen waren. „Jetzt warte doch mal!“, sagte Elena und versuchte, mit Aprils langen Beinen Schritt zu halten. „Warum läufst du so schnell?“ April packte Bonnie und Elena an den Armen und zog sie in die Mädchentoilette. Verdutzt starrten die Mädchen sie an, als sie in dem gekachelten Raum standen; Stefans empörtes Rufen drang zu ihnen wie Hundegebell. „April, was ist los?“, fragte Bonnie; ihre Stimme klang mehr als besorgt. Stockend fing April an zu erzählen, was ihr so sehr auf der Seele lag. Aber sie war so aufgeregt, dass weder Elena noch Bonnie auch nur ein Wort verstanden. „Gaaanz ruhig, April!“, sagte Elena und packte April an den Schultern. „Du bist ja total durch den Wind!“ „Ich…ähm…“ Sie sah sich um, um sich zu vergewissern, dass sich auch keiner in der Mädchentoilette befand, der ihren Worten Gehör schenken konnte. Niemand da. Also, Augen zu und durch. „Ich…also…ähm…Damon…“ „Was hat Damon dir angetan?“, wollte Bonnie misstrauisch wissen. „Hat er dich…?“ Sie verstummte. April war kurz perplex, dann verstand sie. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Damon und ich haben nicht…Das hätte ich euch doch schon längst erzählt! Und außerdem würde ich es gar nicht soweit kommen lassen!“, fügte sie hastig hinzu, als Elena und Bonnie sie scharf ansahen. „Es ist bloß…ich hab so verdammte Angst vor ihm! Ich weiß nicht, was ich noch machen soll!“ Sie ließ sich an der Wand auf den Boden sinken und vergrub den Kopf in den Armen. Elena ging neben ihr in die Hocke. „Wovor hast du Angst? Vor Damon?“ April nickte langsam. „Ich habe so sehr Angst vor ihm, dass ich mich nicht mal traue, ihn anzusehen! Ich will, dass das aufhört! Ich will nicht mehr, dass ich jeden Morgen aufwache, nur um dann total panisch in die Schule zu gehen, wo dieser…überaus beschissene Damon auf mich wartet und dazu noch so scheiß verdammt gut aussieht!“ Sie lachte unglücklich. „Da musst du durch, April“, sagte Bonnie so hart, dass April sie überrascht anblickte. „Tut mir leid, wenn das jetzt zu hart klingt, aber es ist so. Du hast ihn in dein Haus eingelassen und du hast zugelassen, dass er dich küsst; da sitzt du jetzt alleine drin…wir haben schon so oft versucht, ein Mädchen vor Damon zu warnen, aber unsere Worte wurden nie ernst genommen. Erst DANACH, nach dem was mit Damon passiert ist, kamen die Mädels zu uns und heulten sich die Augen aus dem Kopf!“ „Aber so bin ich nicht!“, entgegnete April und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin nicht so! Ich lasse mich nicht von ihm unterkriegen, ganz bestimmt nicht! Und wenn er mich fallen lässt, dann hau ich ihm nen Pfahl ins Herz und lach ihn aus, das schwör ich euch!“ Bonnie hob skeptisch eine Augenbraue, aber Elena musste lachen. „Keine Sorge, April! Stefan, Bonnie und ich, wir werden schon dafür sorgen, dass Damon dir nicht zu nahe kommt!“ „Er IST mir bereits zu nahe gekommen“, sagte April trocken und ließ sich von Elena hochziehen. „Aber der Typ…oh Mann, wie konnte ich das nur zulassen?“ „Was passiert ist, ist passiert“, sagte Bonnie und seufzte. „Küsst Damon wenigstens gut?“ April grinste breit. „Oh ja, das tut er!“ Sie dachte an den Kuss. Diesen langen, leidenschaftlichen, unglaublichen Kuss. Der Kuss, der so perfekt gewesen war. So perfekt, dass April es fast Angst machte. So wunderschön wie kein Kuss zuvor. Sie schluckte als sie daran dachte, dass sie in dieser Nacht vielleicht mit ihm geschlafen hätte, wenn Bonnie, Stefan und Elena ihr nicht die Horrorgeschichten über ihn erzählt hätten. Sie fühlte sich schlecht. Gut, dass sie sich ihm nicht hingegeben hatte – aber wenn sie schon daran dachte…war sie nun wirklich schon so weit, dass sie mit jedem Typen in die Kiste sprang? Nein. Nicht mit jedem Typen. Sie schloss die Augen, als sie mit Bonnie und Elena wieder nach draußen auf den Schulkorridor trat. Nur mit Damon. Nach der Schule ging April mit Elena zur Turnhalle. Elena hatte sie überredet, der Cheerleader-Mannschaft beizutreten; damit würde sie auf andere Gedanken kommen und noch dazu etwas für ihre Figur tun. Ein blondes Mädchen winkte Elena und April zu sich; das war Caroline, eine ziemlich gute Freundin von Elena. „Hey, ihr zwei!“, sagte sie und strahlte. Elena hatte erzählt, dass auch Caroline einmal etwas mit Damon gehabt hatte, aber das war schon lange her. Sie wusste auch, dass Damon und Stefan Vampire waren – angeblich hatte Damon persönlich es ihr gesagt. „Und, April?“, sagte Caroline und warf sie aus ihren Gedanken. „Trittst du jetzt auch endlich unserer Mannschaft bei?“ „Ähm…ja, wahrscheinlich“ April lächelte. „Das ist schön!“ Caroline zwinkerte verschwörerisch. „Aber ich warne dich! Unsere Teamleaderin ist niemand anderes als –`` „Aus dem Weg da!“, sagte eine hochnäsige Stimme. April drehte sich um und sah gerade noch, wie Naomi ein paar jüngere Schüler, die auf dem Rasen vor der Turnhalle standen, zur Seite schubste. Sie blickte Caroline und Elena flehend an. „Nein, oder?“ „Doch“ Elena verzog den Mund. „Ich bin auch nicht froh darüber, das kannst du mir glauben!“ „Früher war ich Leaderin“, sagte Caroline und irgendetwas Trauriges schlich sich in ihre Augen. „Aber anscheinend war ich dann nicht mehr gut genug dafür!“ Sie lachte schnippisch. „Wie meinst du das?“, fragte April, wurde aber von Naomis lauter Stimme unterbrochen. „Na so was, April!“ Naomi stand direkt vor ihr und betrachtete sie mit einem hämischen Lächeln. „Was macht eine Versagerin wie du hier bei uns?“ Bevor April ihr eine entsprechend gemeine Antwort entgegen schleudern konnte, sagte Elena schnell: „Naomi, glaubst du es wäre okay, wenn sie auch beitreten könnte?“ Naomis Augen wurden groß. „Na, ich weiß ja nicht…!“ „Bitte, Naomi.“, sagte Elena und setzte ihren Hundeblick auf, obwohl April ganz genau wusste, wie sehr es Elena missfiel, vor Naomi im Schlamm zu kriechen. Dafür müsste sie sich dann wohl irgendwann revanchieren, aber auf jeden Fall! „Hmm…kannst du überhaupt irgendetwas, zum Beispiel einen Spagat oder so?“, fragte Naomi und hob eine Augenbraue. „Und du?“, entgegnete sie schroff. „Klar kann sie das; die Beine breit machen kann jeder“, sagte eine Stimme, die April nur allzu gut kannte, aber am liebsten für immer vergessen würde. Damons Schönheit hatte natürlich mal wieder den gewünschten Effekt. Er sah so gut aus, dass April unwillkürlich auf den Boden gucken musste, weil sie sich so dermaßen hässlich fühlte in Damons Gegenwart. Trotzdem konnte sie nicht umhin, nach oben zu blinzeln – und direkt in Damons eisblaue Augen zu starren. Sie stolperte zurück. „Angst?“, fragte Damon und grinste leicht. Scheiße, wieso sah der auch so gut aus? April schüttelte hastig den Kopf, aber genau diese Reaktion war es, die enthüllte, dass genau das Gegenteil der Fall war. Ja, natürlich hatte sie Angst. Sie hatte nicht nur Angst, sie hatte VERDAMMT GROßE ANGST. Elena bedeutete ihr, sich zu beruhigen, aber das war gar nicht so einfach. April holte tief Luft. „Warum sollte ich vor dir Angst haben?“, fragte sie und setzte ein versucht spöttisches Lächeln auf. „Vor Halloween-Masken hatte ich noch nie Angst.“ Ein Raunen ging durch die Menge. Auf Damons perfekten Lippen stahl sich ein Lächeln. „Gut gekontert“, meinte er und sein Grinsen wurde anzüglicher. Dann trat er einen Schritt auf sie zu und packte ihren Arm. Er sagte zu Elena: „Wenn du nichts dagegen hast, leih ich mir deine Freundin mal kurz aus.“ „Ich hab aber etwas dagegen!“, rief Elena und trat schützend vor April, die Damon wie hypnotisiert anstarrte. „Fass sie noch einmal an, und du bist tot, Damon Salvatore!“, zischte sie ungewöhnlich mutig. „Genau!“, sagte Naomi und hängte sich an Damons Arm. Dann wurde ihr Gesicht bleich. „Ähm…was heißt hier bitte „noch einmal“? Damon?!" Damon schüttelte sie ab und schob Elena beiseite. „Ich tu ihr schon nichts“, raunte er Elena ins Ohr; April sah, wie ihre Freundin sich versteifte. „Ich leih sie mir nur kurz aus, um mit ihr zu reden, keine Sorge.“ „Dir kann man nicht vertrauen“, flüsterte Elena zurück; in ihren Augen lag abgrundtiefer Hass…aber noch etwas anderes, das April stutzig machte. Hatte das etwas zu bedeuten? „Wie kommst du darauf?“, grinste Damon und ergriff April Hand. Ein eisiger Schauer, ein Stromschlag durchzuckte sie, als seine eisigen Finger ihre umschlossen. Sie schloss kurz die Augen als sie fürchtete, ohnmächtig zu werden. Lass dir nichts anmerken! , befahl sie sich und atmete tief ein und aus. Zum Glück entging ihr dabei Damons spöttisches Grinsen, sonst wäre sie womöglich wirklich noch umgekippt. „Ich kenne dich“, sagte Elena scharf. „Wenn du so unbedingt mit ihr reden willst, dann tu’s hier oder gar nicht!“ Damon seufzte. „Ach, Elena, du machst mir das Leben schwer.“ Seine Stimme klang sarkastisch. „Weißt du was? April und ich gehen dahinter zu dem Baum, da kannst du uns gut sehen. Ist das in Ordnung?“ Elena schien sprachlos. „Wow, Damon, was ist mit dir passiert?“, fragte Caroline kühl und nicht im Mindesten beeindruckt. „Hast du endlich dein Krieger-Image abgelegt und aufgehört, deine Bräute einfach so zu verschleppen? Bemerkenswert!“ Sie pfiff durch die Zähne. „Bräute?“ Naomis Blick spießte April förmlich auf. „Damon, du hast doch nicht etwa...?" „Bin gleich wieder da!“, lächelte Damon süffisant und zog April beim Gehen hinter sich her. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen; sie hatte unglaublich große Angst. Was wollte Damon so unbedingt mit ihr besprechen? Was wollte er ihr sagen? April wollte nicht mit ihm allein sein, und dann doch irgendwie. Er faszinierte sie, und doch zog sich ihr Herz panisch zusammen, als sie bei dem Baum angekommen waren und Damon ihre Hand noch immer nicht losgelassen hatte. „Äh…Damon? Könntest du bitte meine Hand loslassen?“ April errötete, als Damons eisige Augen auf ihre trafen. „Nein.“ April war irritiert. „Äh…doch?“ „Äh…nein?“ Damon grinste. „Damon, das finde ich überhaupt nicht witzig“, sagte April und versuchte, sich Damon zu entziehen. „Lass meine Hand los und sag, was du zu sagen hast!“ Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. „Nein.“ „Wieso nicht?“, fragte April fast weinerlich. „Weil ich deine Hand gerne halte.“, sagte Damon. Seine Stimme war völlig ernst, als er diese Worte aussprach. So ernst, als würde er von einer vollkommen seriösen Angelegenheit sprechen und nicht vom HÄNDCHENHALTEN. April schoss das Blut in den Kopf. „Dann sag, was du sagen willst, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit“, meinte sie schroffer als sie eigentlich wollte. „Okay“ Damon fuhr sich durchs Haar; seine Augen fixierten April so stark, dass April unwillkürlich an den Abend vor vielen Tagen denken musste. An den Abend, an dem sie und Damon sich geküsst hatten. An den Abend, an dem das ganze Desaster angefangen hatte, sich in Aprils Leben breit zu machen… „Warum gehst du mir aus dem Weg?“ April starrte Damon an. Direkter hätte die Frage nicht sein können. Okay, erst mal leugnen, vielleicht hilft das was! „Ich…ich geh dir nicht aus dem Weg.“ „Nein natürlich nicht, du rennst bloß jedes Mal kreischend davon, wenn du mich siehst“, meinte Damon trocken, konnte sich ein Grinsen aber nicht verkneifen. Okay. Damit hatte er die Situation wohl ziemlich genau getroffen. „Was hab ich dir getan, dass du mich meidest?“, fragte er leise und April hatte gar nicht gemerkt, wie nah er ihr bereits war. Sie warf einen Blick zu Elena und den anderen hinüber, aber die waren mit Aufwärmübungen beschäftigt. Scheiße. „Du…du…“ Weiter kam April nicht, denn Damon hatte sie an die Seite des Baumes gedrückt, an der sie kaum einer sehen konnte. Sie schnappte nach Luft, als seine Lippen ihren Hals streiften. „Damon…hör auf…ich warne dich…wenn du nicht aufhörst, dann…“ „Was dann?“ April konnte sein Grinsen an ihrem Hals spüren. „Willst du mir dann einen Pflock ins Herz rammen und mich umbringen?“ April stockte der Atem. War das nur ein Zufall oder wusste er, dass sie von seinem wahren Wesen Bescheid wusste? „Was? Ich…ähm…Damon?“ Sie merkte, dass er ihr gar nicht zuhörte. Seine Lippen wanderten von ihrem Hals zu ihrer Schulter. „Damon?“ Sie spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam. Oh, lieber Gott, Buddha, Allah oder wer auch immer, mach dass ich nicht sterbe! „Du riechst so gut“, murmelte Damon und knöpfte langsam ihr Hemd auf. April wurde fast schwarz vor Augen, als sie Damons Augen sah. Dunkel, vollkommen dunkel. Wie Raubtieraugen. Oh Gott, er ist blutgeil! , fuhr es ihr durch den Kopf und sie versuchte, sich loszumachen, aber Damons Griff war stahlhart. „Damon, lass mich los!“, sagte sie, aber sie wusste, dass er keinen Pfennig auf ihre Worte gab. Er grinste nur und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Und als seine Lippen sich auf ihre pressten, explodierte irgendetwas in April und schaltete all ihre Schutzmechanismen aus; sie konnte sich nicht von der Stelle bewegen, und das wollte sie plötzlich auch auf einmal nicht mehr. Es gefiel ihr. Es gefiel ihr, dass Damon Salvatore sie küsste. Damon Salvatore, der Vampir. Sie spürte, wie seine Zunge um Einlass bat, aber sie gewährte ihm diese Bitte nur quälend langsam. Aprils Herz schlug ihr so fest gegen die Rippen, dass sie befürchtete, es würde ihren Brustkorb durchbrechen wie einen Käfig; sie wusste, dass das alles hier falsch war, vollkommen falsch. Und dennoch konnte sie nicht anders als es zu genießen. Sie umschlang seinen Nacken und gab sich ihm völlig hin. Ihr war kalt; Damons Gegenwart ließ sie frösteln. Aber seine Lippen wärmten all die Stellen auf, die erstarrt waren vor Kälte. Tief in sich spürte sie dieses unbekannte Gefühl. Dieses Verlangen nach körperlicher Nähe. Sie zog Damon näher an sich heran und presste ihre Lippen fester auf seine. Während sie sich küssten, wanderten ihre Hände seinen muskulösen Oberkörper hinab. Sie spürte seine Anspannung unter ihren Fingern. Sie schloss die Augen, als Damon ihre Hüften umschlang und sie an sich drückte. Diesmal war der Kuss anders. Er war nicht stürmisch und unerwartet, nicht sexbesessen. Dieser Kuss war leidenschaftlich und lang, er war voller Gefühle, die auf April einstürmten wie eine kochend heiße Lava-Lawine. April hatte noch nie einen Kuss wie diesen erlebt, noch nie einen so langen und intensiven, erregenden Kuss. Und sie wollte, dass dieser Kuss niemals aufhörte. „April?“, rief eine Stimme. „April?“ Schlagartig schlug April die Augen auf. Was…? „April?“ Das war Elena. April geriet in Panik; wenn ihre Freundin sie so sehen würde, so eng umschlungen mit Damon, ja, mit DEM Damon, würde Elena den Vampir auf den Mond schießen. Oder noch weiter weg. April hörte Elenas Schritte auf dem weichen Wiesenboden; Damon ließ augenblicklich von ihr ab, aber es war schon zu spät. Elena hatte sie bereits entdeckt. „April…?“ Ihr Mund klappte auf, als sie sah, wie April hastig ihr Hemd zuknöpfte. „Was…?“, fing Elena erneut an, doch sie brachte auch diesmal den Satz nicht zu Ende. Sie starrte April und Damon nur an. Dann ging der Tumult los. „WAS VERDAMMT NOCH MAL HAST DU MIT APRIL ANGESTELLT, DAMON SALVATORE?“, schrie Elena und zog April von Damon weg. Damon zuckte mit den Schultern. „Gar nichts“, sagte er spöttisch. Elena presste die Lippen aufeinander. „Ich wusste, dass man dir nicht vertrauen kann“, flüsterte sie. „Was willst du von April?“ Damon seufzte. „Oh Mann, Elena…du tust ja gerade so, als hätte ich sie vergewaltigt oder so.“ „Was nicht ist, kann ja noch werden“, sagte Elena und trat einen Schritt auf Damon zu. „Ich wiederhole es noch einmal für dich, Mr. Salavtore:“, fauchte sie ungewohnt kühl, „fass April noch einmal an, komm auch nur in ihre Nähe, und du wünschtest dir, nie nach Mystic Falls zurückgekehrt zu sein!“ „Das hat Stefan auch mal zu mir gesagt, weißt du noch?“ Sein Blick haftete auf Elena, seine Augen waren eisig, spürbar kalt. „Und? Hab ich mich davon etwa vertreiben lassen?“ Er lachte kaltherzig. „Also, Elena, nach all den Monaten solltest du mich aber wirklich besser kennen…du weißt ganz genau, dass ich nicht so schnell aufgebe.“, schnurrte er und kam Elenas Gesicht verdächtig nahe. Aprils Herz setzte kurz aus, und auch Elena schien geschockt zu sein. Doch dann lachte Damon laut auf. „Dachtest du etwa, ich würde dich küssen?“ Er grinste spöttisch. „Mensch, Elena…also wenn du’s wirklich so dringend nötig hast, gerne, aber glaub mir: vielleicht läufst du dann MIR hinterher.“ Er lächelte noch einmal und ging dann erhobenen Hauptes an April und Elena vorbei. April sah ihm noch kurz nach, bevor sie sich ihrer Freundin zuwandte. Elenas Schultern bebten. „Elena…es tut mir leid…ich hatte ja versprochen, dass ich Damon nicht wieder zu nahe komme, aber…“ Sie verstummte, als sie begriff, dass Elena gar nicht auf sie achtete. „Elena? Alles in Ordnung?“ Sie trat vor ihre Freundin und sah ihr ins Gesicht. Und da merkte sie, dass Elena weinte. Kapitel 8: All The Things You Said...Running Trough My Head ----------------------------------------------------------- All The Things You Said...Running Trough My Head April hatte es nicht über sich gebracht, mit der weinenden Elena weiter zum Cheerleader-Training zu gehen. Sie legte Elena einen Arm um die Schulter und schritt, ohne die Cheerleader anzusehen, an der Gruppe vorbei. Alle starrten sie an, aber das war April nun so was von egal. Sie schnappte sich ihre und Elenas Umhängetasche und lief über den Schulhof; Elena hatte sich immer noch nicht beruhigt. Ihre Schultern zitterten unter den Schluchzern und sie tat April so leid, dass sie sie am liebsten in die Arme genommen und einmal fest gedrückt hätte. Sie setzte Elena auf eine Bank und zog ihr Handy aus ihrer Hosentasche. Dann rief sie Stefan an. „Stefan? Ja, hi, ich wollte fragen, ob du Elena und mich vielleicht von der Schule abholen kannst?!“ Sie lauschte kurz seinen Worten, dann musste sie leicht lächeln. „Danke, Stefan! Bis gleich!“ Sie legte auf. „Keine Sorge, Elena“, sagte sie zu ihrer Freundin und hockste sich neben sie. „Stefan holt uns ab; er ist gleich da.“ Elena nickte dankbar, aber sie brachte kein Wort heraus. April seufzte und zog die Beine an. Sie fragte sich, was genau an Damon sie so zum Weinen gebracht hatte; er hatte etwas zu ihr gesagt, das April nicht verstanden hatte, aber die Worte schienen nicht so gemein gewesen zu sein, dass man deswegen gleich in Tränen ausbrechen musste. April begriff es nicht. Ihr war schon vorher aufgefallen, dass da irgendetwas zwischen Damon und Elena war, irgendetwas Merkwürdiges, irgendetwas, dass sie beide zu verbergen versuchten, doch April war es dennoch nicht entgangen. Sie dachte daran, was Damon zu Elena gesagt hatte mit seiner spöttischen Stimme. Mensch, Elena…also wenn du’s wirklich so dringend nötig hast, gerne, aber glaub mir: vielleicht läufst du dann MIR hinterher. April stützte den Kopf auf ihren Knien ab. Was hatte Damon nur damit gemeint? Was war es, das April so unruhig machte, wenn sie an seine Worte dachte, die an ihre Freundin Elena gerichtet waren? Und was meinte er damit, wenn er sagte, dass Elena dann vielleicht IHM hinterher laufen würde? Hieß das etwa…? „April? Elena?“, sagte eine Stimme; April hob den Kopf. Es war Stefan. Sie lächelte erleichtert, aber Elena hatte das Gesicht immer noch in den Händen vergraben. Besorgt stürzte Stefan auf seine Freundin zu. „Was ist los? Was ist passiert?“ April schluckte und stand auf. „Ist Damon bei dir zuhause?“, fragte sie dann. Stefan schüttelte den Kopf. „Nein.“ „Gut, dann fahren wir zu dir…da erzähle ich dir dann, was passiert ist.“, sagte April. „Erstmal sollten wir uns um Elena kümmern.“ Stefan drückte Elena an sich und ging mit ihr zu seinem Wagen; von hinten betrachtete April die beiden. Sie war ein wenig eifersüchtig. Sie wollte dasselbe, aber nicht mit Stefan. Sie wollte dasselbe nur mit Damon. Gemeinsam mit Stefan und Elena stieg sie in den Wagen ein. Dann fuhr Stefan los. Während der gesamten Fahrt sagte keiner ein Wort. Es war absolut still, man konnte nur Elenas leises Schluchzen hören. Stefan warf April einen fragenden, fast flehenden Blick zu, aber April sagte nichts. Sie fuhren ein paar Minuten, bis sie endlich bei dem großen Haus der Familie Salvatore angekommen waren. Stefan hielt auf dem großen Vorplatz und die drei stiegen aus und betraten die Villa. Sie war auch von innen riesig und total nostalgisch eingerichtet. Die Wände waren mit Holz vertäfelt und überall standen süße Vintage-Sessel herum. Stefan hob Elena mit seinen Riesenkräften hoch und legte sie auf eines der Sofas, die im Wohnzimmer standen; sie hatte die Augen geschlossen, aber sie schlief nicht. Wahrscheinlich quälten sie Damons Worte noch immer, obwohl April absolut keine Ahnung hatte, was diese eigentlich zu bedeuten hatten. Stefan ging in die Küche und machte Tee; währenddessen ließ sich April in einen der Sessel fallen und betrachtete den Raum. Er war riesig, und sehr gemütlich; er war genau das Gegenteil von dem, was April sich unter einer Vampir-Bude vorgestellt hatte. Auch Stefan schien das zu merken, denn als er mit einem Tablett, auf dem eine Kanne Tee und Tassen standen, musste er grinsen. „Na, überrascht kein Burgverlies zu sehen?“ „Emm…ja, eigentlich schon.“ April grinste ebenfalls. „Ich hatte tatsächlich Ketten an den Wänden und Särge erwartet, und nicht so etwas.“ „Oh, dafür haben wir den Keller“, sagte Stefan und schenkte sich selbst, Elena und April Tee ein. April lachte, aber dann wurde ihr Gesicht wieder ernst, als Elena die Augen aufschlug und sich aufsetzte. Sie nahm die Tasse entgegen, die ihr Freund ihr reichte und nippte mit zitternden Lippen daran. Stefan sah sie besorgt an. „Elena, was ist passiert?“, fragte er seine Freundin, aber sie schwieg. Stefan schien überrascht; immerhin sagte Elena ihm immer sofort, was ihr auf dem Herzen lag. „Damon war gemein zu ihr“, sagte April dann in die angespannte Stille hinein. Stefan runzelte die Stirn. „Wie „Damon war gemein zu ihr“?“ „Genau wie ich es sage“, sagte April traurig. „Wir hätten eigentlich Cheerleader-Training gehabt, Elena und ich, und dann ist plötzlich Damon aufgetaucht.“ Urplötzlich musste sie an seine Schönheit denken; an das dunkle Haar und die eisblauen Augen. Warum sah er nur so gut aus? „Damon?“ Stefans Tasse schlug so hart auf dem Tisch auf, der vor ihm stand, dass Tee über den Seitenrand schwappte. „Was wollte er?“ „Mit mir reden“, antwortete April. „Er hat Elena sogar darum gebten, mit mir reden zu dürfen, aber sie hat gesagt, dass man ihm nicht vertrauen könne und er deshalb nicht mit mir reden darf. Irgendwie hat er sie dann doch zu gebracht, und hat mich einfach mitgeschleift. Er hat mich gefragt, warum ich ihm aus dem Weg gehe.“ Und er hat meine Hand gehalten! , fügte April in Gedanken hinzu und wurde beinahe rot. „Na ja…ich hab dann gesagt, dass ich ihm nicht aus dem Weg gehe und dann…“ Sie verstummte. Stefan seufzte. Er wusste ganz genau, was April hatte sagen wollen. „April, ich kann deine Entscheidungen nicht beeinflussen, aber du solltest ihm doch fernbleiben…“ „Ich weiß!“, sagte April verzweifelt. „Aber ich konnte mich nicht rühren! Ich weiß nicht, was er gemacht hat, aber plötzlich waren all meine Sirenen in meinem Kopf wie…wie ausgeschaltet.“ Stefan öffnete die Arme, als Elena sich an ihn kuschelte; ihre Augen waren immer noch rot, aber inzwischen hatte sie aufgehört zu weinen. Stefan nickte. „Ich weiß, was du meinst, April. Damon kann anscheinend deine Gedanken kontrollieren, das ist eine unserer Fähigkeiten. Er setzt sie immer ein, wenn er etwas will. Und das, was er will, bist anscheinend du.“ April errötete. „Aber…aber wieso? Ich weiß nicht, was ich an mir habe, dass er mich so auf dem Kieker hat.“ Sie musste an seine Worte denken an jenem Abend. Dich könnte ich nicht töten. Dafür bist du viel zu wichtig. Hastig versuchte sie, diese Gedanken aus ihrem Kopf zu vertreiben. „Ich habe wirklich keine Ahnung, da musst du ihn selbst fragen“, sagte Stefan, aber er wusste, dass April das nie in ihrem Leben tun würde. „Aber fahr fort, wir schweifen vom Thema ab; das mit Damon können wir danach besprechen.“ „Nun ja, also irgendwie haben Damon und ich dann…na ja, du weißt schon“ Das Blut schoss ihr erneut in den Kopf. „Und dann ist plötzlich Elena aufgetaucht.“ Sie verschwieg, das Damon total Blutgeil gewesen war, sie wusste nicht wieso, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie es nicht erwähnen sollte. Kontrollierte Damon wikrlich ihre Gedanken? Das Gefühl hatte sie eigentlich nicht; sie hörte keine Stimmen in ihrem Kopf, da war gar nichts, nur ihre eigenen Gedanken. „Damon und Elena haben dann so ein bisschen rumgestritten, und von Sachen geredet, die ich abolsut nicht verstanden habe“, fuhr April fort. „Elena meinte, wenn er mich noch einmal anfassen würde, würde er sich wünschen, niemals nach Mystic Falls zurückgekehrt zu sein, und dann hat er gesagt, dass DU dasselbe auch einmal zu ihm gesagt hättest und dass er sie davon auch nicht hatte vertreiben lassen. Und dann sah es so aus…es sah so aus, als hatte Damon Elena küssen wollen, und Elena hatte das anscheinend auch gedacht, aber Damon hatte nur gelacht und gesagt: Mensch, Elena…also wenn du’s wirklich so dringend nötig hast, gerne, aber glaub mir: vielleicht läufst du dann MIR hinterher oder so was ähnliches.“ Sie verstummte. Stefan sah sie nachdenklich an; dann verfinsterte sich sein Gesicht. „So ein Arschloch!“, murmelte er und drückte Elena instinktiv fester an sich, die bereits eingeschlafen war. „Ich schwöre es, dafür wird er büßen.“ „Wieso? Was ist daran so schlimm?“, fragte April. „Ich versteh hier nur Bahnhof.“ Stefan seufzte. „Dafür müsste ich dir die ganze Geschichte erzählen.“, sagte er. „Die ganze Geschichte, wie das mit uns angefangen hat.“ „Okay.“ Stefan holte tief Luft. Und dann begann er zu erzählen. „Also, das ist alles schon ziemlich lange her, und ich weiß nicht mal, ob es dich interessiert, aber wenn du wirklich wissen willst, warum Damon so dermaßen…bescheuert ist, dann hör zu.“ April nickte stumm. Stefan strich Elena das Haar aus dem Gesicht. „Es war vor vielen Jahren…wie du sich er weißt, sind Damon und ich Brüder, aber damals waren wir noch gute Brüder, das heißt, wir haben uns verstanden, gut genug, um uns nicht gegenseitig die Köpfe abzureißen. Unsere Familie hat Mystic Falls mitgegründet, und deshalb haben wir hohes Ansehen genossen. Eigentlich kann man sagen, dass alles so ziemlich perfekt war, bis…“ Er hielt kurz inne. „Bis sie auftauchte.“ „Sie?“ April zog die Beine an. „Wer ist sie?“ „Das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen habe“, sagte Stefan und sah April ernst an. „Sie war so schön, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön sie war. Sie hieß Katherine, Katherine Pierce. Es kam natürlich, wie es kommen musste, und ich verliebte mich in sie. Leider.“ Er seufzte. „Wir kamen gut miteinander aus, es schien so, als würde auch sie mich sehr gern haben. Es klappte eigentlich ziemlich gut mit uns, sie nahm mich, wie ich war, und das war gut so. Damals wusste ich natürlich nicht, was ich angerichtet hatte. Ich wusste nicht, dass mich bald eine Lawine von Ereignissen überrollen würde, die mich erdrückte. Es fing damit an, dass Damon auftauchte. Unser Verhältnis hatte sich nicht verschlechtert, aber trotzdem war da irgendetwas, wenn seine und Katherines Blicke sich kreuzten. Ich kümmerte mich nicht weiter darum, ich wusste, dass Damon ein Weiberheld war, warum sollte er mir ausgerechnet Katherine ausspannen, wenn er jede andere Frau haben könnte? Ich hatte aber nicht genug darüber nachgedacht. Ich wusste, dass da irgendetwas war zwischen Katherine und Damon, aber ich verdrängte es. Vielleicht weil ich Katherine so liebte, oder vielleicht auch, weil ich mich nicht mit solch einem Zeug aufhalten, sondern mein Leben mit Katherine genießen wollte. Das war ein schwerer Fehler. Ich hatte die ganze Zeit gewusst, dass Damon und Katherine etwas miteinander hatten, aber als ich es dennoch erfuhr, hätte ich Damon am liebsten umgebracht. Gegen Katherine verspürte ich keinen Zorn, sie war zu zart, zu schön dafür, also redete ich mir ein, dass es nur Damons Schuld sei. Irgendwann wurde Katherine dann des Vampirismus beschuldigt und außer Gefecht gesetzt. Damon und ich – denn wir liebten sie ja beide – versuchten, sie aus den Klauen der Dorfbewohner zu befreien, aber dabei wurden wir beide angeschossen. Ich glaube, wir waren tot damals, für einen ganz kurzen Zeitraum, aber wir erwachten. In der Nacht, in der wir wieder auferstanden, erfuhren wir, dass Katherine tatsächlich ein Vampir war und uns ebenfalls zu Untoten gemacht hatte. Und in dieser Nacht bekamen wir auch unser erstes Opfer. Man war geschockt darüber, uns zu sehen, wenn auch manchmal nur flüchtig, denn man dachte ja, man hätte uns getötet. Nach einiger Zeit gerieten Damon und ich auseinander; unsere Wege trennten sich. Wir liebten beide Katherine, aber so konnte das nicht klappen. Jeder von uns wollte sie für sich, und das war das Problem. Keiner von uns konnte sie für sich haben, ohne damit den Zorn des anderen auf sich zu spüren. Also verabschiedeten wir uns – am besten für immer. Aber natürlich kam alles ganz anders als erwartet. Ich kehrte zurück nach Mystic Falls und begnetete Elena – sie war das Ebenbild von Katherine, und meine Liebe zu Katherine schwand mit jedem Stück, das ich Elena mehr liebte. Und so verlor sich das Gefühl schließlich irgendwann ganz. Selbstverständlich tauchte auch Damon wieder auf, und selbstverständlich sah auch er Elenas Ähnlichkeit zu Katherine. Die Probleme gingen von vorne los. Damon redete mir ein, dass ich Elena nur lieben würde, weil sie Katherine so ähnelte, aber das ist eine Lüge. Meine Liebe zu Katherine war ausgelöscht, und ich erkannte, wie hinterhältig sie gewesen war; die ganze Zeit hat sie versucht, Damon und mich gegeneinander auszuspielen, und das hatte sie geschafft. Ich weiß nicht, wie oft Damon versucht hat, Elena für sich zu gewinnen, ich kann die Versuche nicht an hundert Händen abzählen. Aber er hat niemals aufgegeben. Bis zu dem Tag, an dem Katherine auftauchte. Wir dachten alle, sie wäre tot, wäre von den Menschen umgebracht worden, aber sie lebte – und machte uns das Leben natürlich wieder zu Hölle. Vor allem Damon. Ich glaube, sie hat ihn nie wirklich geliebt. Ich glaube, er war nur ihr Spielzeug, wenn ihr langweilig war. Ich weiß nicht, was genau sie zu ihm gesagt hat, ich weiß nur, dass er sie seit diesem Tag meidet wie die Pest. Seine Gefühle für sie waren mit einem mal wie weggeblasen – er redete mit Verachtung von Katherine, die mit allen Mitteln versuchte, Elena und mich zu trennen und mich wieder für sich zu gewinnen. Aber keiner von uns Brüdern, weder Damon noch ich, empfanden noch etwas für sie. Sie beschloss dann also, mit Gewalt vorzugehen. Mehrere Male hätte sie Elena fast getötet, aber letzendlich konnten wir sie dann vertreiben. Wir konnten sie nicht töten, sie war mit Elena verbunden wegen eines Fluchs einer Hexe. Also vetrieben wir sie nur. Seit Katherine verschwunden ist, scheint Damon aber Elena zu hassen, was ich absolut nicht verstehen kann. Ich meine, was hat sie damit zu tun? Sie kann nichts dafür, was in der Vergangenheit geschehen ist, aber Damon will sie unbedingt so leiden lassen, wie er litt, als sie ihn abgewiesen hatte. Und ich glaube, das setzt Elena sehr zu.“ April hatte mit offenem Mund zugehört. Sie sagte nichts zu Stefans letzten Sätzen, sie sagt nicht, dass sie vermutete, dass Elena jetzt, wo Damon sich nicht mehr für sie interessierte, doch sehr traurig darüber war – sie hatte Elenas Blick gesehen, den Blick voller Hass…und doch voller Zuneigung. „What the fuck“, sagte sie und atmete tief ein und aus. „Das ist eine krasse Geschichte…sorry, wenn ich das jetzt sage, aber wie konntest du dich nur in diese Schlampe von Katherine verlieben? Ich meine, das, was ich jetzt über sie gehört habe, war nicht gerade positiv.“ Stefan musste lachen. „Sie war nicht immer so, April. Ich habe sie wirklich geliebt, und sie mich. Aber dann ist alles außer Kontrolle geraten…“ „Wegen Damon“, fügte April hinzu und konnte nicht anders, als ein wenig patzig klingen. „Ja, ja, die Anderen sind immer die Bösen.“ „Das hab ich nicht gesagt“, meinte Stefan und wich Aprils Blick aus. „Ein wenig sind alle daran Schuld…aber das, was Damon getan hat, war nun wirklich nicht nötig.“ „Ihr redet über mich?“, sagte eine Stimme spöttisch. Stefan sah Damon an, der das Wohnzimmer betreten hatte, aber April versteckte sich hinter einem Kissen – was total absurd war, denn Damon hatte sie so oder so schon entdeckt. „Oh, wie süß“, sagte Damon ironisch und betrachtete die schlafende Elena; April sah Stefan an, dass dieser sich arg zusammenreißen musste, um seinem Bruder nicht sofort eine runter zu hauen. „Hallo, April“, sagte Damon grinsend und setzte sich neben sie. Sie warf ihm ein Kissen an den Kopf. „Was machst du hier?“, piepste sie. Damon hob eine Augenbraue. „Ich wohne hier.“ Ach ja, stimmt. April errötete. Daran hatte sie gar nicht gedacht. „Dürfte ich erfahren, wie mir die Ehre zuteil wurde, dass ihr über mich redet?“, fragte Damon und setzte sein strahlendstes Lächeln auf. April schoss das Blut augenblicklich in den Kopf, zum Glück bemerkte es niemand. „Warum hast du Elena zum Weinen gebracht, Damon?“, wollte Stefan wissen ohne auf Damons Frage einzugehen. Damon runzelte die Stirn. „Was meinst du?“ April hörte den Sarkasmus deutlich aus seiner wunderbaren Stimme heraus. „Ich verstehe nicht, warum du sie so hasst“, fuhr Stefan fort. „Wenn du sie nicht leiden kannst, dann rede nicht mit ihr und geh ihr aus dem Weg, aber werf ihr nicht Sachen an den Kopf, die rein gar nichts mit ihr zu tun haben.“ Damon warf April einen unergründlichen Blick zu. „Ah, sie haben es dir also erzählt…bei wem darf ich mich bedanken? Bei Elena oder April?“ Stefan schwieg; er schaute seinen Bruder nur an. Er sah wütend aus, sehr wütend. „Du warst nicht besonders nett, Damon“, sagte dann eine Stimme, die aus Aprils Mund kam. Hilfe! , schoss es ihr durch den Kopf. Was sag ich denn da? „Elena kann nichts dafür, dass sie Katherine so ähnlich sieht, und dass Katherine so ne Mistkuh ist, brauchst du also nicht an Elena auszulassen. Ich meine, klar, sie hat dich abgewiesen, da wär ich auch sauer, aber hast du dir schon mal Gedanken darum gemacht, warum alle Mädchen und Frauen nicht mit dir zusammen sein wollen? Also, so richtig ernst? Warum sie dich nicht lieben können? Denk mal darüber nach.“ Damon blickte sie für einen kurzen Augenblick nur stumm an; dann stand er auf und ging aus dem Wohzimmer in die Küche. Stefan seufzte. „Was?“ April zuckte mit den Schultern. „Ist doch so!“ Sie konnte dabei selbst kaum glauben, dass diese Worte aus ihrem Mund gekrochen waren. Als Stefan nur die Augenbrauen hob, stöhnte April und stand auf. Dann ging sie schweren Herzens in die Küche und schloss die Tür hinter sich. Damon saß an einem Tisch und nippte von einem Glas, in dem sich eine orangebraune Flüssigkeit befand. Neben ihm auf dem Tisch stand eine geöffnete Flasche Whiskey. April holte sich ebenfalls ein Glas aus einem der Schränke – Höflichkeit hin oder her – und setzte sich Damon gegenüber; mit einer Hand schüttete sie den Whiskey in ihr Glas. Als sie davon probierte, hatte sie das Gefühl, ihr Kopf würde explodieren. „Aufpassen“, sagte Damon, sah sie aber nicht an. „Der ist zu stark für einen Menschen.“ „Willst du damit sagen, dass ich als Mensch keinen Alkohol vertrage?“, fragte sie trocken und ohne genau zu wissen, was sie da tat, nahm sie die Flasche in die Hand und setzte sie an die Lippen. Sie versuchte, das brennende Gefühl in ihrem Hals zu ignorieren, als der Whiskey ihre Kehle hinunterrann, aber das war gar nicht so einfach. Damon war erst unbeeindruckt, aber als die Flasche sich langam leerte, fing er an zu grinsen. April knallte die Flasche auf den Tisch und fuhrs ich mit der Hand über den Mund. Sie hatte das Gefühl, alles doppelt und dreifach zu sehen. Verdammt, welcher Teufel hatte sie gerade eben nur geritten? Sie holte tief Luft; ihr war schwindelig. „Okay, vielleicht hattest du Recht, und ich vertrag das echt nicht“, sagte sie und fasste sich an den Kopf. „Uäääh, das ist ja sauuncool…“ „Das passt schon so“, sagte Damon, beugte sich über den Tisch und drückte April einen Kuss auf den Mund. Erst war April geschockt, aber nach einigen Sekunden genoss sie es. Sie schloss die Augen und zog Damon näher an sich heran; dieser knallte mit voller Wucht auf den Tisch. April riss die Augen auf und machte sich von Damon los. Oh Gott, sie hatte vollkommen vergessen, dass sie sich ja gar nicht gegenüber standen! Erst bewegte Damon sich nicht und April konnte ihn nur anstarren; dann fing der Vampir an lauthals zu lachen. April war total perplex. Was, er wirft mir keine Beleidigung an den Kopf? „Du bist so verrückt“, lachte Damon und sah sie direkt an; wenn er lachte war er noch schöner. „Du bist echt total durchgeknallt!“ „Ähm…ist das jetzt ein Kompliment oder eine Beleidigung?“, fragte April; ihre Lippen brannten noch von dem Kuss. Bis jetzt hatte sie schon drei verschiedene Arten seiner Küsse proben dürfen; der erste Kuss war stürmisch und unruhig gewesen. Der zweite Kuss leidenschaftlich und erregend. Und dieser letzte, dritte Kuss…war voller Liebe und Hingabe gewesen. Täuschte sie sich, oder empfand Damon vielleicht doch etwas für sie? „Kannst du dir aussuchen“, sagte Damon leise und zog April auf den Tisch. Dann beugte er sich über sie. Ihre Lippen waren sich so nah, dass April seinen kalten Atem auf ihrem Mund spüren konnte. Ihr war ganz heiß auf einmal. „Ich glaube, ich nehm das als Kompliment…“, flüsterte sie zurück, und als ihre Lippen sich erneut trafen, fühlte sie sich so gut. Sie fühlte sich geliebt, begehrt – sie fühlte sich schön. Es war ein gutes Gefühl, Damon zu küssen – nein, kein gutes Gefühl. Ein überragendes Gefühl. Damon hielt kurz inne und löste sich von ihren Lippen. In seinen Augen lag etwas, das April bei ihm noch nie gesehen hatte, etwas Liebevolles, Vertrautes. „Und? Warum können mich die Frauen nicht lieben?“, fragte er leise und bedeckte ihren Hals mit Küssen; April musste das Seufzen unterdrücken, das ihrer Kehle entringen wollte. „Weil du…weil du…“ April brachte den Satz nicht zu Ende, als sich Damons Hand unter ihr Hemd schob. Sie platzte fast vor Aufregung. „Weil du…“ Sie seufzte als seine Lippen quälend langsam ihren Oberkörper erreichten. „Weil ich?“ Damon grinste. April schlang ihm die Arme um den Nacken und zerrte ihn schon fast zu sich hinunter. Verdammt. Sie durfte nicht zu weit gehen. Wenn Bonnie, Stefan und Elena Recht hatten, dann war auch sie nur wieder eines von Damons vielen, nebensächlichen Langeweile-Spielzeuge. In diesem Punkt schien er Katherine ziemlich ähnlich zu sein, und unwillkürlich war April davon angewidert. Sie wünschte sich so sehr, dass Damon sie liebte, dass es ihr schon fast Angst machte. „Du kannst jede bekommen…“, wisperte April und strich mit dem Finger über seine Lippen. Wie weich… „Warum dann ausgerechnet ich?“ Damon sah sie an. Seine Augen waren dunkel geworden, das Dunkelblau einer klaren Nacht vertrieb das strahlende, eisige Blau. „Weil…“ Jetzt fehlten anscheinend ihm die Worte. April konnte nicht anders als lächeln. „Weil…ähm…“ Damon lachte. „Keine Ahnung?!“ April schmollte. „Hmmm…sehr nett. Findest du mich gar nicht schön , oder so?“ Sie spürte nicht, wie sich der Alkohol in ihr bemerkbar machte. „Du bist das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen habe“, raunte er ihr ins Ohr; von seiner Nähe wurde April ganz schwindelig. „Noch schöner als Katherine oder Elena?“ April fuhr mit den Fingern seine Gesichtszüge nach. Sie wusste jetzt, dass sie betrunken war, und dass das, was sie sagte, sie eigentlich töten müsste weil es so peinlich war, aber es war ihr egal. Sie wollte nicht mehr vor Damon davonlaufen – sie wollte mit ihm zusammen sein, egal, was es kostete. „Noch schöner als alles auf der Welt“, sagte Damon und küsste sie erneut. April hätte ihm am liebsten sofort die Klamotten vom Leib gerissen, aber sie hielt sich zurück. Damon sollte ja nicht glauben, dass er sie wie alle anderen abspeisen konnte – so nach dem Motto „Ein Fick, und gut ist.“. Sie würde sich ihm so lange entziehen, bis sie sich sicher war, dass seine Gefühle für sie echt waren – und dass sie es wikrlich wollte. Der Kuss dauerte lange, sehr lange. Bestimmt war Elena schon aufgewacht und Stefan fragte sich wahrscheinlich, was Damon und sie wohl in der Küche trieben, aber es wäre wohl für sie beide besser, wenn es niemand erfahren würde. Im Kuss vertieft bemerkten beide nicht die Augen, die zum Fenster hineinschauten und sie beobachteten. Und den abgrundtiefen Hass. Kapitel 9: Lilly McCohan ------------------------ Lilly McCohan April fühlte sich nicht wohl bei der Sache. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass sie sich dabei ganz und gar nicht wohl fühlen würde. Und dennoch…war es nicht ein ganz und gar betörendes Gefühl, für Damon die einzige zu sein? Sie seufzte und stützte den Kopf auf ihre Hände. Ihre Augen blickten starr aus dem Fenster; es regnetet in Strömen, die Tropfen rannen wie kleine Wasserfälle die Fensterscheibe hinunter und machten aus Aprils Spiegelbild ein verschwommenes, beinahe erschreckendes Gemälde. Sie nahm den Bleistift in den Mund und kaute darauf herum. Damon…Sie schüttelte den Kopf. Ständig musste sie an ihn denken. Jede einzelne Minute, jede einzelne Sekunde kreisten ihre Gedanken nur um ihn. Seit seinem „Liebesgeständnis“ in der Küche der Salvatores schaffte April es nicht einmal mehr, ihre Hausaufgaben halbwegs zu der Zufriedenheit ihrer Eltern zu erledigen, weil sie den Kuss noch immer spürte. Den brennenden, sinnlichen Kuss, der immer noch auf ihren Lippen zu lasten schien wie ein Fluch. Sie konnte ihn nicht vergessen. Unmöglich. Vollkommen unmöglich. Sie fragte sich wie jemand nur so gut küssen konnte, dass sie immer noch das Gefühl hatte, der Kuss hätte niemals aufgehört. April biss sich auf die Unterlippe. Was würde sie alles dafür geben, jetzt bei Damon zu sein. Natürlich hatte sie niemandem gesagt, dass sie jetzt mit Damon zusammen war. Sie hatte weder Elena davon erzählt noch Bonnie oder Stefan. Nicht einmal ihr Bruder und ihre Eltern wussten Bescheid, und April wusste, dass das auch ganz gut so war. Sie glaubte nicht gerade, dass Damon der Typ war, den Aprils Eltern eigentlich für sie vorsahen. Ihre Eltern wollten, dass sie wohlbehütet und brav bei irgendeinem reichen Anwalt lebte und sich jeden Tag, wie es sich für eine Frau gehörte, um den Haushalt und die ach so lieben Kinder kümmerte. Der Mann würde ein gesichertes Einkommen haben und sie lieben und doch wäre die Ehe eintönig und fad und ganz und gar nicht das, was April eigentlich von ihrem Leben erwartete. Damon war genau das Gegenteil von dem, was Aprils Eltern sich unter einem perfekten Freund für ihre Tochter vorstellten. Damon war rebellisch, es war ihm egal, was andere von ihm dachten. Er war spontan, er plante nichts und er schien sich nicht um den Rest der Welt zu kümmern; er gab einen Scheißdreck auf ein gesichertes Einkommen oder darauf, in welcher Bude er hauste. Er war kein Anwalt, April wusste, dass er diesen Beruf verabscheuen würde, weil er sich von nichts und niemandem etwas sagen ließ. Damon war wild. Und deswegen nicht gut für April. Wenn es nach ihren Eltern gehen würde. Aber noch wussten sie ja nichts davon, dass ihre Tochter mit einem Vampir, noch dazu mit einem verdammt selbstbewussten Vampir, hinter ihrem Rücken rummachte. April lehnte sich zurück und betrachtete die leeren Seiten ihres Geschichtsheftes. Mann, vielleicht sollte sie endlich etwas aufs Papier bringen, nur um morgen nicht mit leeren Händen dazustehen. Das würde nämlich ganz schön Ärger bringen. Sie zog eine Schnute. Ach, was soll’s. Sie musste sowieso schon nachsitzen, also darauf geschissen… „April?“ Ihre Mutter steckte den Kopf zur Tür herein. Hastig senkte April sich über ihr leeres Heft. Mist. „Was?“ Sie klang garstiger als sie eigentlich wollte. „An der Tür ist jemand für dich.“, sagte ihre Mom und rümpfte die Nase, als April aufsprang und durch das Zimmer hastete. Damon! April stürzte die Treppe hinunter, rannte zur Tür – und sah, dass der jemand an der Tür nicht Damon war. Es war ein Mädchen. Ein Mädchen, das sie nicht kannte. Das Mädchen war schön. Es hatte rotbraunes Haar und dunkle Augen mit grünen Sprenkeln. Ihre haut war wie Porzellan, so fein, dass April Angst hatte, sie könnte bei der leichtesten Bewegung zerbrechen. Das Mädchen war mittelgroß und hatte eine sehr schlanke Taille mit perfekt gerundeten Hüften. Ihre Beine waren endlos lang. April wusste, dass Damon auf sie abgefahren wäre, wenn er sie getroffen hätte. Und das ärgerte sie. Sie beschloss, die Fremde von Anfang an nicht leiden zu können. Die Rothaarige schien nicht älter als achtzehn zu sein, sie trug enge schwarze Röhrenjeans, eine schwarze Lederjacke und hohe schwarze Wedges, die ihre Beine noch schlanker aussehen ließen, als sie ohnehin schon waren. April verkniff sich den Neid. Zum Glück war Damon nicht hier. „Ähm…ja, bitte?“ April sah die Fremde an. Diese lächelte und entblößte zwei Reihen strahlend weißer, gerader Zähne. „Oh, entschuldige, ich sollte mich vielleicht erst einmal vorstellen.“ Sie strich sich eine Haarsträhne ihres wunderschönen Haars zurück. „Ich bin Lilly, Lilly McCohan.“ „Und wie kann ich dir helfen?“, fragte April ohne ihren eigenen Namen zu nennen. Sie kannte diese Lilly nicht. Was wollte sie hier? „Nun, ich wollte fragen, ob du dich zufällig hier auskennst.“ Lilly lächelte noch breiter und so sah sie noch schöner aus. „Ich bin nämlich neu hier, ich wohne zwei Straßen weiter in dem Addams-Haus. Und da keine anderen Nachbarn vorhanden waren, dachte ich, ich schau hier mal vorbei.“ „Ähm…wir sind auch erst vor Kurzem hierher gezogen“, erwiderte April und runzelte die Stirn. Irgendwie kam ihr die ganze Situation recht merkwürdig vor. „Jetzt bitte das Mädchen doch erst einmal herein, April!“, mischte sich ihre Mutter plötzlich ein und schenkte der Fremden ein einladendes Lächeln. „Nun, komm doch herein, Lilly.“ Lilly nickte und als sie einen Fuß über die Schwelle des Hauses setzte, wurde April ganz plötzlich kalt. Sie spürte, wie sich die Gänsehaut auf ihren Armen zu bilden begann, als das Mädchen die Diele betrat und die Tür hinter sich schloss. Was war nur los heute? „Komm doch mit ins Wohnzimmer, Lilly“ Aprils Mutter führte das Mädchen in den hell erleuchteten Raum. „Ich hab Plätzchen gebacken, möchtest du welche?“ Den Rest vom Gespräche wollte April sich gar nicht mehr anhören. Sie drehte sich um und verschwand in die Küche. Ihr war kotzübel und trotzdem hatte sie einen Bärenhunger; sie öffnete den Kühlschrank und nahm sich den Rest des Flammkuchens von gestern heraus. Sie stellte den Teller in die Mikrowelle und wartete zwei Minuten bis das Gerät das altbekannte „Pling!“ von sich gab. Sie stellte den Teller auf die Kücheninseln und fing an zu essen. Sie dachte an das Mädchen. Sie kam ihr seltsam vor, irgendwie sogar richtig unheimlich. Sie war schön, keine Frage, aber auch Damon war schön und trotzdem gefährlich. Was war es, dass April so erschaudern ließ, wenn sich das Bild der Fremden in ihren Kopf stahl? War es wirklich Angst? Oder einfach nur Eifersucht, weil Lilly so viel hübscher war als sie? „Hey“ Lilly stand auf einmal neben ihr. April erschrak so sehr, dass ihr der Kuchen fast aus der hand fiel. „Mensch! Hast du mir einen Schrecken eingejagt!“ Lilly lächelte entschuldigend. „Tut mir leid, das wollte ich nicht. Ich wollte deine Familie auch nicht irgendwie belästigen oder so, ich wollte bloß eine Auskunft.“ April schluckte die Pizza hinunter und spürte wie das Stück wie ein Stein in ihrem Magen landete. „Ach ja? Über was denn?“ „Weißt du vielleicht, wo die Familie Salvatore wohnt?“, fragte Lilly und machte damit Aprils schlimmste Befürchtungen wahr. „Ich habe gehört, sie leben etwas abseits von Mystic Falls. Stimmt das?“ April antwortete nicht sofort. „Was willst du denn von den Salvatores?“, wollte sie wissen und betrachtete die rothaarige Schönheit aus zusammen gekniffenen Augen. Ein ungutes Gefühl legte sich in ihre Magengrube und das lag nicht am Flammkuchen. „Ich möchte zu Damon.“, erwiderte Lilly geradeheraus und blickte April so naiv an, dass April einen Moment keinen klaaren Gedanken fassen konnte. Dann öffnete sie langsam den Mund und die Worte, die ihm entsprangen, schien sie selbst kaum über die Lippen zu bringen. „Wieso zu Damon? Woher kennst du ihn?“ Lilly lächelte wieder ihr Super-Lächeln. „Wir waren mal ein Paar.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)