Devil's Children von abgemeldet (Der mit den Lebenden spielt...) ================================================================================ Kapitel 4: Zicke vom Dienst --------------------------- Zicke vom Dienst Naomi war mit Sicherheit das heißeste Mädchen der ganzen High School von Mystic Falls. Sie war nicht nur unvorstellbar reich, sondern auch wunderschön. Viele Modeagenturen hätten sie mit ihrer gertenschlanken Figur wohl gerne auf allen Plakaten der Welt gesehen, und sie zu der berühmtesten Schülerin aus Mystic Falls, ja vielleicht sogar aus den Vereinigten Staaten gemacht. Doch Naomi war an so etwas nicht interessiert. Sie wollte nach etwas Größerem angeln. Wenn schon, denn schon, sagte sein immer und behielt dabei auch Recht. Am liebsten würde sie Schauspielerin werden, und ohne die Angebote von unbedeutenden Regisseuren zu beachten, drang sie tief ein in das Herz der Filmindustrie. Sie ging zu jedem Casting, dessen Film versprach, einzuschlagen wie eine Bombe, und dann war ihr der Film doch zu langweilig. Obwohl sie die Rolle ohne weiteres bekommen hätte, lehnte sie ab und zog weiter zum nächsten Casting. Das beanspruchte natürlich ziemlich viel Zeit, und oft kam sie nicht zur Schule. Nicht, dass sie sich darüber beklagt hätte. Nein, es gefiel ihr sogar, denn im Unterricht langweilte sie sich sowieso nur. Selbstverständlich schrieb sie hervorragende Noten, und brauchte überhaupt nicht erst anfangen, zu lernen. Sie war ein Naturtalent in Schauspielerei, besaß ein logisch denkendes Gehirn, sah aus wie ein Model und war das beliebteste Mädchen der ganzen Schule. Ihre Mitschülerinnen gaben alles dafür, zu ihren Vertrauten zu zählen, und die Jungs standen Schlange, um mit ihr auszugehen. Naomi musste sich nicht einmal darum kümmern, in irgendeinen Club zu kommen, denn wenn man sie sah, war es, als wäre sie ein Star wie Angelina Jolie oder Kate Moss. Sie stand in der Toilette der High School und trug Lipgloss auf ihre vollen Lippen auf. Ihre Freundinnen standen neben ihr und quatschten von der „Neuen“. „Die läuft total krass rum!“, sagte Sofie, ein Mädchen mit blondem Haar und blauen Augen, das mit den langen Beinen und der schmalen Taille ebenfalls aussah wie ein hochrangiges Model. „Sie trägt zwar Röhren, aber ihre T-Shirts sehen schlimmer aus als die Schlafanzüge meiner kleinen Schwester! Die sind soooooo riesig!“ Sie formte mit den Händen einen Ball um ihren schlanken Körper. Die Mädchen kicherten, und warfen Naomi Blicke zu, in der Hoffnung, auch sie würde lachen. Naomi ignorierte sie und wandte sich an Sofie. „Diese Neue…weißt du was über sie?“ Sofie zuckte mit den Schultern. „Nur so viel wie alle anderen, die mit ihr in einer Klasse sind. Sie heißt April Summers, ist neu, trägt übergroße T-Shirts und hängt andauernd mit Stefan Salvatore und Elena Gilbert rum.“ „Mit Stefan?“ „Jep.“ „Ach du Schande.“, sagte Naomi und klimperte mit den Wimpern. Sie sah mal wieder umwerfend aus. „Sie tut mir leid.“ Ihre Freundinnen kicherten. Naomi ergriff ihre Louis Vuitton-Handtasche und ging mit ihren Freundinnen aus der Marmortoilette. Auf den Weg zu ihrem Klassenraum, grüßten sie alle Schüler, doch Naomi war so stolz, dass sie tat, als hätte sie das nicht gehört. Mit hoch erhobenem Kopf glitt sie in den Chemieraum… …und war nicht einmal richtig überrascht, als sie das neue Miststück auf ihrem Stammplatz sitzen sah. Nach außen gab sich Naomi alles andere als wütend. Würdevoll schritt sie auf die Neue zu, und bemühte sich, freundlich zu lächeln. Doch in ihr kochte es vor Zorn. Wie kam dieses Miststück nur dazu, sich auf ihren Platz zu setzen? Wer, verdammt noch mal, hatte es ihr erlaubt? Naomi bestimmt nicht. Warum sollte sie auch? Und aus der Klasse schien es auch keiner gewesen zu sein. Niemand hätte es sich erlaubt, die Neue auf Naomis Platz zu schicken. Nicht einmal die Lehrer. Ihr Blick wanderte weiter. Dort, wo ihre besten Freundinnen normalerweise saßen, hatten jetzt Elena, Stefan, Bonnie und April Summers Platz genommen. Anscheinend hatten sie sich mit ihnen angefreundet. Naomi kaute auf ihrer Unterlippe herum. Komisch! , dachte sie. Diese April ist erst seit wenigen Stunden hier, und hat schon jetzt drei Schüler um sich gesammelt. Auch wenn es – ihrer Meinung nach - nur Idioten waren: man konnte nie vorsichtig genug sein. Naomi betrachtete das Mädchen. Es hatte langes, blondes Haar, das ihr in gelockten, gepflegten Strähnen auf den Rücken fiel und strahlend blaue Augen. Ihre Haut war sehr gepflegt, ein wenig weiß und mit einem leichten Rot auf den Wangen. Naomis Augen wanderten weiter nach unten. Gelbes T-Shirt, Jäckchen und schwarze Röhrenjeans. Pinkfarbene Chucks. Wenn Naomi sich nicht täuschte, war die Jeans sogar von Nina Ricci. Naomi erfasste nun die Tasche des neuen Mädchens. Benetton. Nichts Besonderes, aber passend. Eigentlich sah sie nicht einmal so abstoßend aus, wie alle sagten, fand Naomi, obwohl sie niemals im Leben so ein schrilles T-Shirt anziehen würde. Sie trug Marken und war hübsch. Beinahe so hübsch wie sie selbst. Naomi musste aufpassen. Sie setzte extra eine missbilligende, grimmige Miene auf, als sie mit ihren Freundinnen auf ihren Platz zu marschierte. Weder Elena und Bonnie noch Stefan und die Neue sahen sie kommen. „Hey, Naomi!“, rief John Nicholsen, ein blonder Junge, mit dem Naomi bestimmt schon an die vier Mal ausgegangen war. „Hast du morgen schon was vor?“ Naomi ignorierte ihn. Immerhin war sie schon mit jemand anderem zusammen. „Wollen wir mal zusammen shoppen gehen? Mein Vater stellt uns dann seine persönlichen Assistenten zur Verfügung!“, schrie Julia Baxter ihr zu, deren Vater einer der mächtigsten Männer des Landes war. Er besaß mehrere Firmen und seine Frau war Chefin der Marke Loewe. Naomi warf ihr eine Kusshand zu. „Klar, Süße!“ Mit Julia verband sie eine ganz besondere Freundschaft; beide waren zusammen in den Kindergarten gegangen, und Julias Mutter war eng mit Naomis Mom befreundet. Sie ging weiter. Und erst als sie direkt vor Elena, Stefan, Bonnie und der Neuen stand und abfällig auf sie hinunter blickte, schienen diese sie zu bemerken. Die vier sahen sie weder an noch grüßten sie sie. Sie hielten weiter die Köpfe gesenkt und sprachen, als würde Naomi gar nicht dastehen. „Hrrm!“ Sie räusperte sich. „Ich will ja nicht stören, aber: das ist mein Platz!“ „Sagt wer?“, fragte Bonnie, ohne sie anzusehen. Naomi knirschte mit den Zähnen. Sie hasste Bonnie seit dem Tag, an dem damon einmal mit ihr ausgegangen war. „Sage ich!“, meinte sie schließlich. „So?“, sagte Bonnie. „Sagst du?“ „Allerdings!“ Bonnie zuckte mit den Schultern. „Nicht unser Problem. Wir wollen heute neben April sitzen und ein anderer Vierertisch war nicht mehr frei. Ich würde sagen: Pech gehabt.“ Naomi starrte sie an. „Du miese, kleine-`` Am liebsten hätte Naomi diesen Satz beendet, ihn Bonnie mit voller Wucht ins Gesicht geschleudert, doch in diesem Augenblick betrat der Chemielehrer Dr. Hudson den Klassenraum und forderte alle auf, sich zu setzen. Während Naomi mit aufeinander gepressten Lippen chemischen Formeln folgte, wanderten ihre Augen zu der Neuen und ihrem neuen Freundeskreis. Du Miststück! , dachte sie. Du verdammtes Miststück! Warum? Naomi wusste, dass April bald eine Menge Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. Und zwar nicht wegen ihres lässigen Kleidungsstils, sondern wegen etwas völlig anderem. Naomi hatte langsam eine vage Ahnung. Konnte dieses Mädchen etwa ihre Rivalin werden? „Wer war das denn?“, fragte April Elena, als sie mit ihr, Stefan und Bonnie den Chemieraum verließ und zum Kunstsaal ging. „Wer? Die Braunhaarige, die uns so angemotzt hat?“ Stefan grinste; Elena kicherte, als Naomi hocherhobenen Hauptes an ihnen vorbei stolzierte, und ihre hohen Schuhe bis auf fünfzig Meter Entfernung zu hören waren. April nickte. „Das war Naomi Spencer, die ungekrönte Schulkönigin unserer Schule.“, sagte Bonnie, und schnaubte abfällig. „Sie denkt, sie wäre unwiderstehlich!“ „Sie ist schon mit fast jedem Jungen in der Schule, der so halbwegs in ihrem Alter ist, ausgegangen!“, flüsterte Elena April zu; April hob die Augenbrauen. „Echt?“ „Was?“, mischte sich Bonnie ein, und bedachte April und Elena mit so misstrauischen Blicken, dass die beiden anfingen zu kichern. Stefan starrte sie nur verständnislos an. „Elena sagte, diese Naomi wäre schon mit fast jedem Jungen aus der Schule ausgegangen!“, sagte April schließlich. „Stimmt das?“ Stefan stöhnte. „Erinnere mich bloß nicht daran!“ „Und du?“, fragte April an Stefan gewandt. „Hast du dich schon mal mit Naomi verabredet?“ „Mal ganz ehrlich: seh’ ich so aus?“ Stefans Stimme klang verbittert. „Stefan? Hast du schon mal ein Date mit Naomi gehabt?“, wollte Elena so sanft wie möglich von ihrem Freund wissen. An seiner Stimme merkte sie, dass er mit Naomi auf dem Kriegsfuß stand. Stefan schüttelte zu Aprils Überraschung den Kopf. „Nö, hab’ ich nicht. Und ich hab’s auch nicht vor, glaub’ mir.“ „In Wirklichkeit fährt Naomi voll auf ihn ab.“, bemerkte Bonnie mit einem Grinsen, und musste sich ducken, als Stefan seine Ledertasche nach ihr schwang. „Echt jetzt?“ April hob eine Augenbraue. „Nein, natürlich nicht!“, sagte Stefan und schüttelte den Kopf. „Sie ist die absolute Schuldiva und -`` „- und sie ist mit Damon zusammen“, führte Elena den Satz zu Ende. „Seit ein paar Tagen. Aber das ist nichts Ernstes; das ist es bei Damon nie.“ Bonnie verzog den Mund. „Das stimmt. Damon ist ein dreifaches Arschloch; er ist absolut sexbesessen. Okay, ich geb’s zu: ich hasse Naomi, aber in diesem Fall tut sie mir echt ein bisschen leid.“ „Oh“, sagte April nur. Damon hatte also schon eine Freundin. Sie konnte nicht umhin, ein wenig enttäuscht zu sein; immerhin sah er so verdammt gut aus, auch wenn seine arrogante Art manchmal echt zum Kotzen war. April fragte sich, warum sie sich so zu ihm hingezogen fühlte. Immerhin war er ja nach Meinung der anderen ein totales Arschloch, der die Mädchen nur für den sex brauchte und sie dann wieder fallen ließ wie heiße Kartoffeln. Wollte sie mit so einem eigentlich zusammen sein? In den nächsten Tagen gewöhnte April sich völlig an ihre neue Schule. Ihr gefiel das Gebäude, ihr gefiel die Cafeteria, ihr gefiel der Unterricht und ihr gefielen ihre neuen Freunde. In den Tagen, in denen sie nun diese Schule besuchte, waren Elena, Stefan und Bonnie nicht einmal von ihrer Seite gewichen, und gestern hatte Elena April sogar zu sich eingeladen. Heute würde April zu ihrer neuen Freundin gehen, und dort essen, mit Elena Hausaufgaben machen und abends dann mit ihr, Stefan und Bonnie zum Mystic Grill gehen. Sie freute sich schon tierisch auf den heutigen Tag und mit Elena etwas zu unternehmen. In ihrer alten Schule hatte sie nie mit jemandem etwas ausgemacht – na ja, aber dort war sie ja auch ziemlich unbeliebt gewesen. Hier war es anders: die meisten ihrer Klassenkameraden akzeptierten sie so, wie sie war, und Naomi, die Schulqueen, hatte sie und ihre Freunde kein weiteres Mal angesprochen. In der Pause ging sie immer in die Cafeteria und der Tisch im letzten Winkel der Halle war nun ihr Stammtisch. Ganz ehrlich: sie liebte diese Schule. Nur eines versetzte ihr jeden Tag einen Stich ins Herz: Damon. Sie saßen in der Cafeteria und redeten miteinander, ganz still und kaum hörbar. Sie fielen April sofort auf, als sie die große Halle mit dem Mosaikboden durchschritt, mit dem Tablett in den Händen, und obwohl sie sie schon kannte, kamen sie ihr plötzlich fremd vor. April hatte noch in das Sekretariat gemusst, um die Anmeldung fürs Handball-Training dort abzugeben – Bonnie hatte sie dazu angeregt – und als sie nun auf den Stammtisch zutrat, an dem Elena, Stefan und Bonnie saßen, fühlte sie sich, als wäre sie eine nur englisch sprechende Touristin in Moskau. So fremd…und merkwürdigerweise auch ein wenig unerwünscht. Trotzdem war sie tapfer- „Hi, Leute!“, sagte sie und ließ sich neben Stefan fallen. Die drei sahen rasch auf und beendeten ihr Gespräch schlagartig. „Hi, April!“, begrüßte Bonnie sie, so fröhlich wie immer. Elena und Stefan murmelten irgendetwas Unverständliches als Begrüßung und schwiegen dann, während April auf einem Stück Pizza herumkaute, das sie sich geholt hatte. Sie hatte ziemlichen Hunger. „Hey, was schaut ihr denn so griesgrämig drein?“, wollte April wissen; Elena lächelte gequält und brummte ein „Hallo!“, doch Stefan schwieg und zog sein blackberry aus seiner Jackentasche. „Stefan hatte Stress mit seinem Bruder!“, antwortete Bonnie an Stefans und Elenas Stelle. „Mit Damon?“, fragte April und ihr Herz machte einen Hüpfer. Bonnie nickte. April seufzte, und schlang ihr Stück Pizza hinunter. Währenddessen wanderte ihr Blick durch die Cafeteria. Lachende Schüler und genervt dreinblickende Oberstüfler bevölkerten die Halle und April ertappte sich dabei, wie sie Damon beobachtete. Heute sah er natürlich wieder supergut aus, aber ihr gefiel nicht, dass er ständig bei Naomi war, sie küsste oder sie umarmte. Es passte ihr einfach nicht. „Erwischt!“, sagte Bonnie und zwickte sie in den Arm. April fuhr zusammen. „Was?“ „Ich wusste es!“, grinste Bonnie. „Du stehst auf Damon?!“ „Nein“, sagte April hastig, aber eigentlich war die Katze schon längst aus dem Sack. „Nein, tu ich nicht.“ „April…“, sagte Stefan dann. „April, bitte tu dir das nicht an. Du wirst enttäuscht sein. Glaub mir.“ „Aber…ich…“ April schnappte anch Luft. „Ich…ich steh doch gar nicht auf ihn!“ Stefan hob die Augenbrauen, sagte dazu aber nichts mehr. Elena lehnte sich an ihren Freund. „Stefan hat Recht, April.“, meinte sie. „Damon wird dich nur verletzen, wenn du mit ihm zusammen wärst. Du würdest ihn lieben, aber er würde nur so lange mit dir zusammen sein, bis du für ihn keinen Nutzen mehr hast. So ist Damon und so wird er immer bleiben.“ April schwieg und sah wieder hinüber zu Damon. Und ihr wurde ganz kalt, als sie merkte, dass auch er sie betrachtete. Nach der Mittagspause hatten sie Sport. Elena, Bonnie und April trennten sich von Stefan, als sie vor den Umkleiden der Sporthalle standen. „Bis später!“, sagten die drei und Elena drückte Stefan noch einen Kuss auf den Mund, bevor die Mädchen in der Umkleide verschwanden und sich umzogen. „Cooles T-Shirt!“, sagte ein Mädchen im Vorbeigehen zu April. Sie erkannte, dass es Julia Baxter war, eines der Schoßhündchen Naomis. „Ich mag Metric.“ April blickte auf ihr T-Shirt, das sie zum Sportunterricht angezogen hatte. Die Band Metric war darauf abgebildet. „Oh…“, stammelte April, „…danke.“ Bonnie hob die Augenbrauen, als Julia April zulächelte, doch sie sagte nichts. Auch sie trug nun ihre Sportsachen. Schwarze, kurze Shorts, ein cremefarbenes Tanktop und Sportschuhe von Adidas. Selbst für den Sportunterricht sah sie modisch aus; April, in engem T-Shirt und schlabberigen Shorts steckend, kam sich vor wie ein Typ mit übergroßer Nerd-Brille. Elena sah am schönsten von allen aus. Sie trug eine weite, graue Jogginghose und ein schwarzes Tantktop. Ihre Sportschueh waren neonpink. Der Unterricht begann. Mrs. Sheldon, die stämmige, etwas zu kurz geratene Sportlehrerin, teilte sie in zwei Gruppen auf und sie mussten gegeneinander Handball spielen. April und Elena waren in Bonnies Gruppe, und April musste zugeben, dass Bonnie mehr als nur hübsch und modebewusst war. Sie war auch ganz schön sportlich, und schnell wie ein Wiesel. Vor kurzem stand sie noch hinter einer Schülerin – dann rannte sie plötzlich sechs Meter von ihr entfernt, ohne, dass irgendjemand bemerkt hatte, wie Bonnie losgelaufen war. Julia, die sich auch in Bonnies Gruppe befand, passte April den Ball zu. April fing ihn auf und der Ball klatschte in ihre Hände. Ein kurzes Gefühl von Feuer durchflutete ihre Finger. Als würden sie brennen. April schluckte. Dann warf sie den Ball zu Elena, die ihn mit graziöser Bewegung in das gegnerische Tor stieß. Bonnies Gruppe jubelte. „Super!“, schrie April. Elena hob die Hand und April klatschte ein. Naomi, die in der gegnerischen Mannschaft spielte, warf ihnen missbilligende Blicke zu, doch April war einfach zu gut drauf, um das zur Kenntnis zu nehmen. Bonnie grinste ihr zu und schon ging das Spiel weiter. April hatte keine Ahnung, wie viele Tore ihr Team machte. Jede paar Minuten hörte sie den Pfiff der Sportlehrerin, das Jubeln ihrer Gruppe und das Schnauben Naomis. April war stolz auf sich, denn ständig machten entweder sie, Elena, Bonnie oder ein anderes Mädchen ihres Teams ein Tor, und die Jubelschreie klangen wie schöne Musik in ihren Ohren. Doch dann passierte etwas, was April überhaupt nicht erwartet hatte. Elena passte ihr den Ball zu, aber als sie ihn auffing, fühlte es sich an, als würde ihr jemand den Ball mit voller Kraft aus der Hand schlagen. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihre Finger, der Ball krachte hinunter auf den Boden, wo Grace, ein Mädchen aus Naomis Mannschaft, ihn aufklaubte und ein Tor erzielte. „Ups!“, säuselte Naomi, die neben ihr stand, theatralisch und warf April einen verächtlichen Blick zu. „Das war wohl nichts! Ist dir wohl aus der Hand gerutscht, was?“ April stand wie angewurzelt da. Das durfte doch nicht wahr sein! Der Ball war doch fest in ihren Händen gewesen und hätte nicht einfach aus der Hand rutschen können, wie Naomi es gesagt hatte. Das konnte nicht sein. Sie wusste ja wohl, dass sie den Ball festgehalten hatte. Und dass es sich angefühlt hatte, als hätte man ihr den Ball aus den Händen geschlagen, das wusste sie auch. Sie blickte Naomi vorsichtig von der Seite an. Die glotzte pikiert zurück und machte sich mit wehendem Haar auf zum Umkleideraum, als Mrs. Sheldon sagte, sie könnten schnell etwas trinken gehen. Schweigend ging April mit Elena und Bonnie in die Umkleide und schnappte sich ihre Wasserflasche. „Hast du das gesehen?“, flüsterte April Elena zu, während sie in der Umkleide herum standen. „Was?“ „Na, das mit dem Ball.“ April trank einen tiefen Schluck Wasser aus ihrer Flasche. „Du hast ihn mir zugeworfen, und ich hab’ ihn gefangen, aber irgendwie ist er mir voll aus der Hand gerutscht.“ Elena nickte. „Ja…das hat doch bestimmt jeder gesehen, der im Umkreis von mindestens hundert Metern stand.“ „Das meine ich nicht…“ Sie verstummte, als Naomi mit hoch erhobenem Haupt vor ihnen stehen blieb. „Na, freut ihr euch schon aufs Verlieren?“, wollte sie wissen und lächelte böse. April schaute in die Runde. Jeder ihrer Mitschülerinnen schwieg und senkte betreten den Kopf. Diese Schweine! Bonnie zuckte mit den Schultern. „Wie man’s nimmt!“, erwiderte sie schnippisch. „Also, ich glaube, wir schaffen das noch. Ich meine, wir sind euch ja zwölf Tore voraus, aber sonst…“ Sie setzte ein zuckersüßes Lächeln auf, hob die Hand und winkte zum Abschied – doch Naomi rührte sich nicht von der Stelle. „Willst du mich verarschen?“, rief sie. „Nö, eigentlich nicht.“, sagte Bonnie. „Ich meine es sogar ziemlich ernst. Sehr „ziemlich ernst“!“ Naomis Blicke schossen Blitze. „Sehr witzig, Bennett.“, giftete sie. „Sei mal nicht zu sehr von dir selbst überzeugt. Wir werden ja sehen, wie schnell wer aufholt. Und ich sage dir, das mit dem Ball war erst der Anfang…“ Damit drehte sie sich um und stolzierte davon. Elena und April sahen sich an. Beide hatten eine Gänsehaut bekommen. „Die soll sich mal nicht so aufspielen!“, murmelte Bonnie und zwinkerte Elena zu. „Na? Sollen wir Stefan mal fragen, ob er ihr einheizt?“ „Ich weiß nicht…“ Elena schüttelte den Kopf. „Nein, das ist zu gefährlich. Er könnte sie verletzen. Oder sie könnte IHN verletzen.“ „Über was redet ihr?“, fragte April, aber Elena sah sie nur traurig an. „Das, April“, sagte sie, „ist eine sehr lange Geschichte.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)