Blumenmeer von abgemeldet (am Ende bleibt nur die Erinnerung) ================================================================================ Kapitel 30: vermisste Seelen ---------------------------- Ganz langsam nähern wir uns dem Ende. Das hier ist das vorletzte Kapitel und dann ist Blumenmeer tatsächlich abgeschlossen. Leider ist mein Epilog flöten gegangen aber den Schreibe ich noch nach, wenn ich mich wieder rein finde. Viel Spaß beim Lesen und vielen Dank an meine treuen Leser 31.Dezember 2010 Mit einem Strauß verschiedenster Blumen, betrat Lulu die Charité und schlug den Weg zum Fahrstuhl ein. Heute Vormittag, 2 Tage nach Charlies schrecklichem Unfall, hatte Luisa noch arbeiten müssen, doch jetzt nachmittags hatte Roberta ihr frei gegeben, da mit ihr eh nicht viel anzufangen war und Lulu ständig Anfängerfehler passierten. Roberta hatte das nicht länger mit ansehen können und sie mit einem schönen Strauß Blumen zu Charlotte geschickt um sich zu vergewissern, dass es dieser den Umständen entsprechend gut ging. Gestern waren Charlies Werte stabil gewesen, aber die Ärzte waren noch besorgt gewesen wegen einem Blutgerinnsel, das sich in Charlies Oberschenkel gebildet hatte. Wegen ihres eher noch schwachen Zustandes wollten sie eine Operation nicht vor Ende dieser Woche riskieren und somit hieß es nun jeden Tag hoffen, dass diese verdammte kleine Ansammlung von Blut, da blieb wo sie war und nicht noch wanderte oder gar platzte. Luisa verdrängte diese Gefahr so gut es ging, aber es war nicht immer möglich, denn ihr schlechtes Gewissen nagte immer noch sehr an ihr. Die letzten 2 Nächte war sie schweißgebadet in ihrer gemeinsamen Wohnung aufgewacht, nur um fest zustellen, dass Charlottes Unfall kein böser Traum gewesen war sondern bittere Realität. Auch wenn Charlies Vater und Charlie selbst immer wieder beteuerten, das es nun wirklich nicht ihre schuld war, so verschwanden die Zweifel einfach nicht. Nur wegen ihr hatte Charlie die Straße ohne zu gucken überquert, nur weil sie einander angestachelt hatten. Tränen traten wieder in Lulus Augenwinkel, aber sie wischte sie schnell weg und trat dann aus dem Fahrstuhl der sie gerade bis zur Intensivstation gebracht hatte. Gerade sah sie wie Elias und Emily das Zimmer in diesen mintgrünen Kitteln verließen und sich mit einander unterhielten. „Hey Leute.“ Die beiden sahen auf und winkten ihre Freundin zu sich herüber. „Charlie hat schon gefragt wann du heute kommst, es ist ihr furchtbar langweilig und dieses ans Bett gefesselt sein geht ihr ganz schön gegen den Strich.“ Elias lachte und umarmte Lulu dann. „Also geht es ihr ganz gut?“ „Sie meinte zu uns, die Langeweile bringt sie noch eher ins Grab als so ein kleines Gerinnsel.“ Emily lächelte wurde aber ernst, als sie merkte, dass Lulu so gar nicht nach Lachen zu Mute ist. „Du machst dir nicht Vorwürfe nicht wahr?“Emily sah ihre beste Freundin eindringlich an und knuffte sie in die Schulter. „Christian hat uns davon erzählt und gemeint wir sollten mal mit dir darüber reden.“ Luisa winkte ab und nahm einen Kittel aus dem Fach. „Nein ist schon in Ordnung, ich komm damit klar. Würdet ihr bitte mal nach einer Vase fragen, damit ich die Blumen hier Draußen hinstellen kann?“ Es war zwar nicht erlaubt Blumen auf die Intensivstation zu bringen, aber vor dem großen Fenster stand ein Tisch auf dem Charlie die Blumen sehen konnte. „Ja machen wir, gib uns einfach die Blumen und wir stellen sie dann auch hier rein ja?“ Luisa nickte und übergab Elias die Blumen. „Dann bis Morgen.“ Emily umarmte ihre Freundin und folgte Elias in Richtung Schwesternzimmer. Eine Schwester trat hinter Luisa und band den grünen Kittel zu. „Aber nicht solange ihre Freundin muss sich schon ja?“ Luisa nickte freundlich und schob dann die Tür langsam auf. Charlie hatte ihren Kopf Richtung Fenster gedreht und beobachtete die Schneeflocken bei ihrem kleinen Tanz. „Hallo Schatz.“ Charlie drehte ihren Kopf zur Seite und lächelte ihre Freundin an. „Luisa.“ Diese eilte an das Bett, strich ihrer Freundin über die Wange und küsste sie dann mit aller Vorsicht auf den immer noch etwas verletzte Lippe. „Ich habe dich vermisst.“ Nuschelte Charlie und legte ihre eine gesunde Hand in die ihrer Freundin. „Ich habe dich auch vermisst, es ist ganz schön einsam in unserer Wohnung, Eli und Lola vermissen dich auch schon ganz schön.“ Charlie lächelte leicht strich mit ihren Fingern über Luisas Handrücken. „Ich beeil mich mit dem Gesund werden, versprochen.“ „Ach was, lass dir nur so viel Zeit wie du brauchst, Hauptsache ich bekomme dich in einem Stück zurück.“ Beide grinsten sich an und Lulu begann Charlie von der Arbeit zu erzählen. Davon dass sie nur an ihre Freundin dachte, dass sie ständig Bestellungen vergaß und Roberta in ihrer Hektik noch fast über den Haufen gerannt hatte. „Und dann hat sie dich hier her geschickt?“ Charlie lachte leise und sah Luisa schmunzelnd an. Ich weiß ja auch nicht aber auf jeden Fall freue ich mich jetzt bei dir zu sein und bei dir sein zu können.“ „Ich freu mich auch, dass du hier bist aber noch lieber wäre es, wenn ich bei uns zu Hause sein könnte, Ich bin erst 2 Tage hier und das ewige Fernsehen und schlafen ödet mich jetzt schon an, wie soll ich das noch für die nächsten Wochen aushalten und was mach ich bloß mit der Uni?“ Charlie hatte sich in Rage geredet und die Geräte um sie herum zeigten auch sofort an, dass sie sich gerade aufregte. „Ganz ruhig Schatz. Du schaffst das schon hier und das mit der Uni habe ich schon in Angriff genommen, habe Morgen einen Termin beim Leiter deiner Fakultät, wahrscheinlich wird dir dieses Semester dann als Urlaubssemester angerechnet und du kannst im April dann wieder ganz normal in das nächste Semester starten.“ Charlie nickte verhalten und drückte Luisas Hand. „Ich will das alles wieder so wird wie vorher, was ist, wenn ich irgendwelche Schäden zurück behalte und nie meinen Beruf ausüben kann.“ Luisa legte ihren Zeigefinger vorsichtig auf Charlies Mund und brachte sie zum verstimmen. „Kein Wort mehr ok? Irgendwie wird das alles schon gut gehen und die Ärzte haben doch auch gesagt, dass alles gut wird, wenn du dich schonst und es langsam angehen lässt. Vor 2 Tagen noch hattest du einen schrecklichen Unfall und das es dir heute schon wieder vergleichsweise gut geht, ist doch ein kleines Wunder und der Rest wird sich dann auch noch ergeben.“ Lulu küsste Charlie lang und zärtlich.“Denk nicht so viel darüber nach, das sollte dir ja nicht allzu schwer fallen.“ Lulu kicherte und Charlie schlug mit ihrer gesunden Hand nach ihrer Freundin. „Das will ich mal überhört haben und außerdem ärgert man keine kranken Leute.“ Sie steckte Luisa die Zunge raus und grinste sie frech an. Wenn man mal von den Kabeln, Maschinen, Verbänden und den Zukunftsängsten absah, war Charlie noch genauso wie vor dem Unfall und das beruhigte Lulu ungemein. Eine Zeit lang noch, unterhielten die beiden sich und Luisa bemühte sich Charlie so gut wie möglich abzulenken und damit auch sich selbst. Sie würde es vor Charlie nicht zugeben, aber auch sie hatte Angst vor der Zukunft. Der Oberschenkelbruch war sehr kompliziert, ganz abgesehen von dem Bruch ihres Handgelenks. Mit einer Gehirnerschütterung war auch nicht zu Spaßen und an das Blutgerinnsel wollte Lulu gar nicht erst denken, dann glaubte sie noch völlig durch zudrehen. „…ich glaube er wollte nach der Arbeit nochmal vorbei schauen, dann bist du nicht so…Charlie?“ Lulu war aufgesprungen, die Geräte begannen zu Piepsen, eine Schwester kam in das Zimmer gerannt und rief „Herzstillstand“ in den Flur. Panisch stand Luisa neben dem Bett und sah wie Charlies Körper sich anspannte. „Sie müssen raus hier.“ Eine Krankenschwester schob sie aus dem Zimmer. „Charlie…CHARLIE!!!“ Es war bereits dunkel und nur der Mond schien durch die vereisten Fenster in Luisas Zimmer. Ihre schale Kontur war nur schwach zuerkennen, nur das regelmäßige Heben und Senken ihres Brustkorbes verriet, dass sich überhaupt Jemand hier im Zimmer befand. Nachdem sie in den armen ihres Bruders eingeschlafen war, hatte Toby seine Schwester irgendwann in ihr Bett gelegt, sie zugedenkt und noch eine Weile an ihrem Bett gesessen. Erst als seine Eltern ihn wegen Abendbrot gerufen hatten, hatte Toby seinen Platz verlassen und hatte Luisa für einige Zeit allein gelassen. Dieses Jahr würden sie Silvester nur im Kreise der Familie feiern, alle samt waren sie bei Ginas Familie eingeladen gewesen, aber Toby hatte seine Eltern dazu gebracht dort dann doch nicht hinzugehen. Das war noch gewesen, ehe er gewusst hatte was sich zwischen Gina und seiner Schwester abgespielt hatte. Aber Toby hatte auch vorher schon gesehen, dass Luisa alles wollte, aber nicht das neue Jahr feiern. „Meinst du wir sollte Luisa mal wecken?“ fragte Barbara in den Raum, während sie ihrem Mann Oliver das abgewaschene Geschirr zum Abtrocknen in die Hand gab. „Ich weiß nicht, vielleicht sollte sie den Beginn des neuen Jahres einfach verschlafen, im Moment gibt es für sie kein Grund zu Leben.“ Barbara seufzte und ließ das Wasser aus der Spüle. „Ich wünschte wir könnten etwas tun, damit es leichter für sie ist. Ich hasse es sie so leiden zu sehen.“ Oliver legte den Arm um seine Frau und drückte sie an sich. „Ich hätte ihr dieses Erlebnis auch zu gerne erspart, aber der Tod gehört nun mal zum Leben und warum Gott Leben schafft und dann wieder so junges Leben nimmt, weiß keiner.“ „Ach Papa, mit Gott hat das sicherlich nicht viel zu tun.“ Toby lehnte in der Tür hatte sich eine Papierschlange um den Hals gebunden. „Vielleicht wäre es aber einfacher, wenn Luisa den Glauben an Gott hätte und wüsste, dass Charlie jetzt an einem besseren Ort ist, vielleicht sogar im Paradies.“ Kurz trat Ruhe ein und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, als Eli um die Ecker geschlichen kam und auch Lulu mit etwas wüstem Haar, einer grauen Jogginghose und einem zu großem Schwarzen Pullover um die Ecke geschlürft kam. „Luisa.“ Barbara sah ihre Tochter erfreut an und drückte sie kurz an sich „Schön das du wieder wach bist.“ Luisa quälte ein Lächeln über ihre Lippen und fuhr sich nervös durch ihr braunes Haar. „Ist noch was zu essen da?“ fragte sie verlegen und kraulte Elis rotes Fell. „Ja aber sicher doch mein Kind, setz dich doch oder wollen wir uns wie zu euren Kindertagen vor den Kamin setzen?“ Toby und Oliver sahen sich an. „Das wäre schön.“ Nuschelte Lulu verlegen und stellte sich neben ihre Mutter an den Herd. „Kann ich dir was helfen?“ „Ach nein, geh schon mal mit deinem Vater und Bruder in die Stube ich bringe dir gleich was von den Würstchen und dem Kartoffelsalat.“ Sie lächelte ihre Mutter dankbar an und ging mit Eli in die Stube. Durch die großen Fensterfronten konnte sie den Garten vom Haus ihrer Eltern sehen, der nun von einer dicken Schicht Schnee überzogen war und schon wieder frischer Schnee darauf fiel. Ganz hinten im Garten stand noch immer der große Nussbaum, der schon hier gestanden hatte, als ihre Eltern damals das Grundstück gekauft hatten. Aus ihren Kindertagen hing noch ein dickes Seil mit einem schwarzen Gummiring daran. Eigentlich hatte dort eine Schaukel hängen sollen, hing auch mal, aber nachdem Toby und sie es zum wiederholten Male geschafft hatten die vorhandene Schaukel kaputt zu machen hatte Oliver einfach als Provisorium einen Gummireifen ran gehangen und der hing dort nun auch schon unglaubliche 10 Jahre, trotzte Wind und Wetter, ebenso wie vieler kleiner Cousinen und Cousins. Irgendwie erinnerte Lulu der Baum mit dem Reifen, an die Schaukel am See. Es war noch gar nicht solange her gewesen, da war sie das erste Mal seit Charlies Tod wieder dort gewesen und sie hatte auch das erste Mal seit Jahren wieder ein richtiges Gespräch mit Gina geführt. Die verrückte Blonde hatte sie mit zu sich genommen, ihr Kekse und warmen Kakao gegeben und es hatte mehr geholfen, als jedes gesprochene Wort. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus, Luisa nahm erst an, es wäre einfach nur, weil Gina alles zerstört hatte mit ihren albernen Gefühlen, aber desto länger dieser Schmerz wehrte, desto mehr wurde Lulu bewusst, dass aus einem anderen Grund weh tat. Sie vermisste Gina ganz einfach. Ihre herrlich unkomplizierte Art, ihre Stimme, das Zuhören und für einander da sein. Freundschaft ohne Bedingungen , ohne wenn und Aber. „Luisa, dein Essen ist fertig.“ Barbara war an ihre Tochter heran getreten und hatte sie sacht an der Schulter berührt. „Was?“Luisa fühlte sich aus ihren Gedanken gerissen und nun schwirrten sie durcheinander durch ihren Kopf und verursachten ein heilloses Chaos. Sie fasste sich an den Kopf und schloss kurz die Augen. „Alles in Ordnung?“ Luisa sah an ihrer Mutter vorbei, wie Toby und ihr Vater am Kamin werkelten und sichtlich Spaß daran hatte mit Feuer zu spielen. Würde sie je wieder so unbeschwert sein, wenn sie Gina für etwas bestrafte, dass doch im Grunde genommen nicht ihre Schuld war? Konnte sie sich ein Leben ohne die Blonde überhaupt noch vorstellen? Tief in ihrem inneren wusste Lulu die Antwort, wollte sie aber nicht wahrhaben. „Ich muss nachdenken.“ Barbara sah ihre Tochter fassungslos an. „Das tust du schon die ganze Zeit und bist du bisher zu einem Schluss gekommen? Nein, also warte doch einfach bis Morgen und denk dann…“ „Lass sie gehen und nachdenken, Barbara.“ Oliver lächelte seine Tochter an und strich ihr durch das Haar. „danke Papa.“ Sie ging zur Tür, nahm Jacke und all das Zeug, ehe sie das Haus verließ. Sie wusste genau, wo der beste Ort zum Nachdenken war. Die Schaukel am See… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)