Catch you if I can. von Jessa_ ([Itachi/Sasuke- Centric]) ================================================================================ Kapitel 2: on a friday night… ----------------------------- Kapitel 2: on a friday night… Weekends don't count unless you spend them doing something completely pointless. - Bill Watterson Der Wein in dem Glas war ziemlich dunkel. Das Sofa war hell und das Licht im Raum dämmrig. Es hätte eine sehr romantische Situation sein können. Doch das war es nicht und das lag dieses Mal nicht an den – zugegeben – sehr zweifelhaften Gefühlen die Itachi für Shizune hegte oder eben nicht hegte. Es lag viel eher an der kleinen Gruppe Mädchen die mit ihnen beiden auf dem Sofa saß. Zwei von den vier Teenagern kannte Itachi. Er kannte Sakura. Logisch, weil sie Shizunes Schwester war und er sie kennen gelernt hatte, da ging sie noch zur Grundschule. Heute hatte sie ihr Haar rosa gefärbt – warum auch immer, schien aber immer noch genauso ein liebes Mädchen zu sein wie eh und je. Davon abgesehen, dass er immer geglaubt hatte, sie könne ihn nicht besonders gut leiden. Es schien jedenfalls so, seitdem er das erste Mal mit der großen Schwester zusammengekommen war und Itachi glaubte, der einzige Grund warum sie ihm jetzt keine giftigen Blicke zuwarf, war wohl der, dass sie froh war, mit ihren Freundinnen hier auf die Jungs – wie sie gesagt hatten – warten zu können. Sonst hätte sie an ihrem sechzehnten Geburtstag, das wusste sogar Itachi, nicht weggehen und erst so spät, wie sie es geplant hatte, wieder heim kommen dürfen. Da sie und vielleicht eine oder zwei von den Freundinnen in Shizunes Gästezimmer schliefen und die Eltern ihr – weil sie ja schon so erwachsen und selbstständig war – mehr vertrauten als der jüngeren Tochter, durfte die Mädels wenigstens eine halbe Stunde länger ausgehen, da Shizune bei der Heimkehr ja noch wach war. Dass aus der halben Stunde Gnadenfrist viel mehr werden würde, war wohlmöglich allen bewusst, außer eben diesen fürsorglichen Eltern. Itachi, der als Jugendlicher selbst die Verbote seiner eigenen Eltern auf bester Weise zu umgehen gewusst hatte, war sich jetzt nicht mehr so sicher, ob es richtig war, Teenager um die sechzehn oder siebzehn so spät alleine rumlaufen zu lassen. Es gab so viel Böses in der Welt. Glücklicherweise hatte er das nicht zu entscheiden. „Der Abend muss einfach toll werden, Mädels. Die ganze Oberstufe wird da sein. Passend an deinem Geburtstag, Sakura.“ Ino, die hübsche Blonde – soweit Itachi es bisher mitbekommen hatte – Sakuras beste Freundin. Sie unterhielt ihre Freundinnen schon seit längerem, war fröhlich, aufgeweckt und im Grunde, wie die Mädchen, auf die zu seiner Schulzeit immer ein Dutzend Jungs gestanden hatten. Unbeschwerte, laute Mädchen, die einfach glücklich waren und für die ein Freitagabend die Welt bedeuten konnte, wenn er mit tollen Jungs, ein wenig zu viel Alkohol für das junge Alter und genialer Musik zum Tanzen und natürlich mit den besten Freundinnen verbracht werden konnte. Das es auch anders ging – Kinder gab, die anders aufwuchsen – dass wussten diese Mädchen zumeist nicht. „Stimmt“, lachte die Braunhaarige mit dem japanisch anmutenden Oberteil – TenTen – und wirkte dennoch ein wenig erwachsener als Ino und Sakura. Vernünftiger, nicht abgebrühter aber auch nicht ganz so naiv. „Sakuras erster Discobesuch. Sweet Sixteen.“ „Und Hinatas erster Discobesuch, obwohl sie schon seit ein paar Monaten Sechzehn ist“, warf die Blonde wieder ein. Itachi schaute aus dem Augenwinkel zu Shizune, die seinen mitgebrachten Wein genoss und den Mädels, die nur noch, aufgestylt, auf ihre Freunde warteten, kaum zuzuhören schien. Hinata, das schüchterne, dunkelhaarige Mädchen war Itachi am sympathischsten. Sie war es außerdem, die er wenigstens vom Sehen her kannte und das war es, was ihn erschreckte. Sie erinnerte ihn an Sasuke. Nicht nur, weil sie auch so schüchtern war, sondern weil sie es gewesen war, die ihnen mit ihrem blonden Freund – der Sasuke gekannt hatte – beim Weihnachtseinkauf begegnet war. Wie klein die Welt doch war. Itachi seufzte lautlos, hoffte keiner hatte es mitbekommen und schreckte erst auf, als es die Türglocke ertönte und gleichsam Ino, ihr Colaglas abstellend, beinahe hysterisch zeterte: „Shit, shit, shit. Mein Nagel. Diese Doofköpfe. Ich bin den schnell machen…” Damit, und bevor Itachi hatte vollstes verstehen können, was los war, eilte die Blondine auch schon mit ihrer Handtasche ins Badezimmer. Während Sakura ging, um die Tür aufzumachen, hörte Itachi Shizunes zweifelnde Worte: „Sie geht sich jetzt nicht ehrlich noch einen neuen künstlichen Fingernagel drauf machen?“ Darauf lachte TenTen und auch Sakura, die den Jungs wohl an der Tür schon die Story erzählt hatte und sie jetzt mit rein schleppte, kicherte. „Das ist typisch. Sie ist einfach unheimlich ansträngend“, erklang bereits die Stimme eines braunhaarigen mit hohem Pferdeschwanz und dunkelgrüner Jacke, welcher sich mit einem knappen „Hey“, auf die Couch schmiss. Nur am Rande bekam Itachi mit, wie auch die drei anderen einen kurzen Gruß von sich gaben. Denn es war der Schwarzhaarige, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Nur für einen ganz kurzen, unsinnigen Moment hatte er geglaubt, Sasuke würde wie aus dem Nichts in diesem Wohnzimmer stehen. Dieser junge Kerl sah ihm so unheimlich ähnlich, musste er sich eingestehen. Kinnlange dunkle Haare, feine Gesichtszüge, so blasse Haut, aber wenn Itachi näher hinblickte, sah er, dass sie eigentlich völlig unterschiedlich waren. Während in Sasukes Blicken immer eine zurückhaltende Scheue gelegen hatte, war in dem Blick des Jungen zunächst nur emotionslose Abgeklärtheit, bevor er sich neben Sakura setzte, einen Arm um sie legte und sie ihren Kopf auf seine Schulter bettete. Da war dann plötzlich so was wie Liebe in seinen Augen, als er ihre Wange küsste und ihr alles Gute zum Geburtstag wünschte. „Hey, dich kenn ich doch!“, wurden seine Gedanken von Naruto grob beendet, holten ihn gänzlich von Sasuke fort und augenblicklich zurück in die Wirklichkeit. „Klar, kennst du ihn, du unterbemittelter Freak. Das ist doch der Itachi Uchiha aus dem Werbespot! Das Model, du weißt schon, Blödmann.“ „Nicht so liebevoll, Ino“, kam es von TenTen, während Sakura nur kicherte und der Rest sich raus hielt. „Ja, schon klar. Aber Hey“, Naruto wandte sich wieder an den Uchiha. „Wo ist Sasuke? Und warum meldet der Depp sich nicht bei mir?“ Er war kein Depp, wollte Itachi dem, in seinen Augen, unverschämten Typen um die Ohren schmeißen. Sasuke war ein großartiger Junge. Aber dann musste Itachi einsehen, dass er jetzt schon überreagierte. Das war jugendliche Mundart, nichts weiter. Itachi wünschte sich innerlich, heute doch nicht hergekommen zu sein. Die Welt war wirklich zu klein. Warum musste, nur weil Hinata hier war, auch gleich dieser Typ kommen, der ein Teil von Sasukes Vergangenheit war? Warum, wenn Itachi sich mit seinen Besuchen bei Shizune doch davon ablenken wollte, wie leer die Wohnung ohne Sasuke war. „Keine Ahnung“, presste Itachi heraus, war darauf bedacht, nicht zu hart zu klingen. „Hab ihn seit ein paar Wochen nicht mehr gesehen.“ Stimmte ja auch, nur verschwieg Itachi, dass er regelmäßig mit Sasuke in Kontakt war – über Telefon und SMS – da er nicht mit Naruto, einen für ihn fremden Jugendlichen in Shizunes Wohnung, wo er die Einsamkeit nicht haben wollte, über Sasuke reden mochte. ~~ Sasuke hatte sich überreden lassen, nach der Schule mit zu Suigetsu zu gehen. Natürlich nicht alleine, sondern mit Juugo und Suigetsus Freundin Karin. Es war schon düster draußen, auch wenn es erst knapp acht Uhr am Abend war. Sasuke hatte eigentlich schon früher wieder heim gewollt, aber vor zehn konnte ihn sicherlich niemand abholen. Vielleicht erst um elf. Der Großvater war immer noch krank, die Erkältung hatte sich sogar sehr verschlechtert und Nierenschmerzen waren hinzugekommen, soweit Sasuke gehört hatte. Die Großmutter hatte keinen Führerschein und verlies das Haus, jetzt wo es dem Großvater so schlecht ging, eh nur ungern. Daiki hatte wieder getrunken, nicht viel, aber zu viel, meinte die Großmutter, um zu fahren, sodass sie darauf warten mussten, dass Anko nach Hause kam um ihn abzuholen. Sie war, soweit Sasuke wusste – viel sprach sie ja nicht mit ihm – auf das Kind einer Bekannten aufpassen, die so hatte mit ihrem Mann essen gehen können. Sasuke fand das passte gar nicht zu der so burschikos und hart wirkenden Frau, die allgemein ein bisschen zu viel fluchte. Nun gut, er sollte im Grunde über so was nicht urteilen. Vielleicht konnte sie sich besser um ein Kind kümmern, als er dachte. Und wenn schon, besser als seine eigene Mutter konnte sie es sicherlich, musste Sasuke zugeben. „Boah, haben meine Alten mich heute wieder abgefuckt! Ich bin so froh, dass endlich Wochenende ist und ich wieder bei dir pennen kann, Sui.“ „Das die das überhaupt erlauben. Deine Alten“, kicherte Suigetsu und küsste seine Freundin, die zwischen seinen Beinen auf dem Sofa saß, hinters Ohr. Er schloss seine Arme fester um das rothaarige Mädchen. „Das lass ich mir gar nicht verbieten“, murmelte sie und schloss, ungeachtete der beiden anderen Jungs, die Augen und blieb an ihren Freund gelehnt sitzen. Sasuke fand, man merkte, dass sie sich bei Suigetsu wohl fühlte. In seinen Armen, in seiner Wohnung. War ja auch ein tierischer Unterschied. Sie hatte erzählt, dass beide Eltern Lehrer an der Schule waren, auf die sie ging und mit beiden verstand sie sich kaum. Sie wollten, dass sie eine gute Schülerin war, fleißig und folgsam, waren auf Erfolg und gutes Benehmen aus. Stattdessen hatten sie eine Tochter die mehr Metal als Popmusik hörte und mehr in der Wohnung ihres sechszehnjährigen Freundes hing, als zuhause um zu lernen. Suigetsu hingegen hatte niemanden, der sich großartig darum scherte, was er tat. Seine Eltern, so hatte er schon am Nachmittag erzählt, waren eigentlich deutschstämmig, hatten in Irland eine Schauspielschule besucht, ihre beiden Söhne dann irgendwann da gelassen und waren nach Amerika gegangen, weil da die Filmangebote besser waren. Das war vor vier Jahren gewesen, als Suigetsus Bruder Mangetsu achtzehn geworden war und somit alt genug, um sich um den Jüngeren zu kümmern. „Ich wünschte, meine Eltern würden auch nur alle paar Monate mal reinschneien“, murmelte Karin irgendwann. Sie hatte wahrscheinlich dasselbe gedacht, wie Sasuke zuvor über sie und ihren Freund. „Tja kannst deine Alten halt nicht einfach nach Amerika anschieben. Ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, kicherte Suigetsu wieder mit schiefer Miene. Sasuke schaute den beiden, genau wie Juugo des tat, still zu. Es verwunderte ihn gleichsam, wie dass es eigentlich auch für ihn völlig logisch war, dass auch Kinder, die eigentlich auch guten Familien kamen, ihre Dinge hatten, mit denen sie kämpfen musste. Karin mit Eltern, die zu viel verlangten und zu wenig verstanden und Suigetsu mit Eltern, die fort waren, um Karriere zu machen und ihrem Sohn vielleicht ein wenig zu viel Freiheiten ließen, denn Suigetsu hatte gesagt, auch sein Bruder würde sich kaum kümmern, war lieber mit seinen Kumpels unterwegs, mit denen er Musik machte. „Sei nicht so abwertend, Sui“, sagte Karin scharf. „Ich wünschte ich könnte auch an so aufregende Ort wie deine Eltern. Aber Nein, wenn wir Urlaub machen, dann immer nur in ganz anständigen Hotels mit vernünftigen Stränden an langweiligen Kulturorten. Ätzend. Wo waren deine Eltern noch zuletzt?“ „In Deutschland“, antwortete Suigetsu und piekte seiner Freundin in die Seite. „Also gar nicht so aufregend.“ „Aber davor. Was hattest du erzählt? In Tokyo oder? Für ein paar Szenen. Endcool!” „Nun ja”, stimmte der Hellhaarige mehr oder weniger zu, ließ sein Mädchen los und stand vom Sofa auf, nahm seinen Laptop an sich, der auf dem Couchtisch stand und tippte ein wenig drauf rum. „Apropos Deutschland. Schon mal deutsche Musik gehört?“, wandte er sich dann an Sasuke der beinahe die ganze Zeit über still gewesen war. Sasuke schüttelte den Kopf, wartete, bis Suigetsu den Laptop wieder auf den Tisch stellte und sagte, er solle sich das Musikvideo anschauen. „Wer ist das?“, fragte Sasuke noch bevor es anfing. Der Andere grinste mit spitzten Zähnen und sagte locker: „Rammstein. Endcoole Band. Vor allem wenn man die Texte versteht. Die provozieren. Das ist cool.“ „Blödmann, warum zeigst du ihm das? Das singen die doch hauptsächlich englisch“, war Juugos Kommentar, während das Video noch lud. Gerade als es fertig war und begann, sagte Suigetsu mit schiefen Grinsen: „Weil es am meisten provoziert.“ Sasuke schaute auf den Bildschirm, auf eine Frau, die nur spärlich bekleidet tanzte, ein paar Sekunden lang, bevor die dunkel gekleidete Band kam und unterbrochen von Szenen mit andere halbnackten Frauen, anfing auf den Instrumenten zu spielen. Es war ein harter Ton, nicht wie die Musik, die Itachi ihm auf den Ipod geladen hatte. Als der Leadsänger der einen Frau auf den Hintern schlug und ein anderer Kerl einer weiteren von diesen jungen Dingern Geld in den Slip steckte, wurde Sasuke endgültig klar, dass das nicht sein Ding war. Er wollte sich so was nicht anschauen. So was sollte nicht in Musikvideos gezeigt werden. Wenn überhaupt sollte es hinter verschlossenen Türen geschehen. Sasuke nahm es Suigetsu nicht übel, dass dieser ihm solche Bilder zeigte – er wusste ja nichts von der Vergangenheit; von den schrecklichen Sachen, die Sasuke hatte erleben müssen. Der Schwarzhaarige zwang sich dennoch weiter zuzusehen, wollte den neuen Klassenkameraden nicht wütend machen, aber als man die ersten Männer und Frauen beim Geschlechtsverkehr miteinander sah; die ersten männlichen Glieder sah, hatte er eindeutig genug. Er wollte sich das nicht ansehen, weswegen er sich traute, wahrscheinlich nur knapp eine Minute vor Ende des Videos, zu sagen: „Mach’s bitte aus.“ Es war Karin die sich nach vorne beugte und den Stoppknopf drückte. Obwohl auch sie das nicht tat, ohne ihn nachher verwirrt anzusehen. Klar, es gab eine Menge Leute die Rammstein nicht abkonnten, aber die baten dann nicht so gequält wir Sasuke eben, dass das Video oder das Lied ausgemacht werden sollte. „Sag nichts, Sasuke. Die sind genial! Keine Widerrede”, spaßte Suigetsu. Sasuke wusste nicht, ob er vor ein paar Wochen noch, bevor Itachi ihn ein wenig starker gemacht hatte, gekuscht hätte und an diesem Abend nichts mehr gesagt hätte und im Bezug auf diese Band oder überhaupt bei diesen drei Jugendlichen keine Widerworte mehr gegeben hätte. Aber er wusste, dass es nur ein Spaß war von Suigetsu. Nur ein Witz. Ähnlich wie Itachi es damals immer versucht hatte Witze zu machen. Nur da hatte Sasuke das noch nicht raushören können. Mittlerweile konnte er es. Ein wenig jedenfalls und bei diesem lustigen Typen war es besonders leicht, weil er beinahe alles ziemlich spaßig sagte. Aber Sasuke grübelte nicht weiter über die Worte dessen nach, viel eher liefen Szenen in seinem Kopf; von Dingen, die er mit Kabuto hatte tun müssen und es waren Worte - gleichsam auf diese Sachen, wie auch auf das Musikvideo bezogen - die er aussprach: „Es ist einfach… abartig.“ „Ach echt?“ Sasuke sah, wie Suigetsu eine Augenbraue hochzog und die Arme gespielt beleidig vor der Brust verschränkte. Zuerst hatte Sasuke jetzt doch ein wenig Schiss gehabt, zu weit gegangen zu sein, zu viel gesagt zu haben, aber schon bald merkte er, dass auch dies wieder nur ein Spaß von Suigetsu war, denn schon bald sagte der, begleitet von einem brummen Juugos und einem leisen Kichern Karins: „Was hört der brave Sasuke denn für Musik, huh?“ Sasuke blickte auf seinen Schoß, griff dann an Juugo vorbei nach seinem Rucksack und holte den Ipod heraus, weil er keine Antwort wusste. Sollte Suigetsu doch selber sehen, was er hörte. Er reichte dem anderen Jugendlichen den Musikplayer. Klar, wusste er wie einige Bands hießen und Songs, die er besonders gut fand, aber im Reden war er immer noch nicht gut, vor allem nicht, wenn man ihn nach solchen Dingen fragte. Über so was hatte er einfach viel zu lange nicht reden müssen oder können oder dürfen. Wie auch immer man es auslegen wollte. Sasuke hob seinen Blick und schaute Suigetsu dabei zu, wie er sich die Songs anschaute, die Kopfhörer in die Ohren steckte und wohl das ein oder andere Lied kurz anhörte, bevor er den Player irgendwann auf den Tisch legte. „Was für Pussymusik“, meinte er lachend. „Wer hat dich denn auf so einen Scheiß gebracht? Coldplay und U2. Absolut langweilig.“ „Es reicht, Suigetsu. Nicht jeder hat deinen Musikgeschmack, also lass ihn“, wandte sich der sonst so stille Juugo ein. Sasuke blickte ihn aus dem Augenwinkel heraus verblüfft an. Er hatte zwar schon bemerkt, dass der große, breite Kerl verdammt in Ordnung war und anders, als es sein Erscheinungsbild vermuten lies, ziemlich nett und eben ruhig. Aber er hatte trotzdem nicht gedacht, dass Juugo ihn vor seinem langjährigen Kumpel Suigetsu in Schutz nahm. Juugo hingegen sah das als ganz natürlich an. Er war, auch wenn viele das nicht von ihm glaubten, ein ziemlich aufmerksamer Kerl. Er war jemand, der merkte, wenn es Leuten nicht gut ging oder wenn sie sich unwohl fühlten und das tat Sasuke seit dem Video eindeutig. Suigetsus Sprüche machten es dann nicht besser, auch wenn er es nicht böse meinte. Juugo war in den letzten Tagen – in den dreien jetzt, in denen er Sasuke kannte – aufgefallen, dass er sehr vorsichtig war, mit den Dingen die er sagte. Dass kannte Juugo von sich selbst. Von sich selbst, als er jünger war und bevor er in das Jugendheim kam, in dem er jetzt war und in dem es ihm unheimlich gut ging, obwohl er die Wochenenden doch lieber bei Suigetsu verbrachte, sobald er durfte. Das war einfach besser, freier und das – diese Freiheit in einer Wohnung ohne Eltern und Aufsehern – war das was Suigetsu, Karin und er so liebten. „Ist ja gut, Fettie“, spaßte Suigetsu schon wieder, nahm seinen breiten – und nicht fetten – Kumpel die Worte nicht übel, warf sogar einen kurzen, entschuldigenden Blick zu Sasuke, bevor er sich tief ins Sofa lehnte und ratlos fragte: „Was machen wir jetzt?“ ~~ Itachi hatte eine seiner Arme über die Augen gelegt und in der Hand des anderen hielt er eine Zigarette, an der ein letztes Mal zog, bevor er sie im Aschenbecher ausdrückte und zuließ, dass Shizune seinen nun freien Arm wieder in Beschlag nahm und ihren Kopf drauf bettete. Er wusste, dass sie es nicht leiden konnte, wenn er rauchte und vor allem die Zigarette danach missachtete sie. Aber trotzdem hielt sie den Mund, als sie nackt, nur unter einem dünnen Lacken, mit erhitztem Körper neben ihrem Freund lag. Itachi nahm den anderen Arm von seinem Kopf, lies ihn auf die Matratze fallen und blickte an die weiße Decke. Es war noch hell im Raum, sie hatten beide Nachttischlampen an und keiner von ihnen wollte sie löschen. Keine von ihnen beiden wollte schon schlafen. Itachi weil er sogar Lust auf eine weitere Runde hatte und Shizune, weil sie es genoss so in den Armen des Mannes zu liegen, den sie liebte. Sie strich über seinen nackten Oberkörper und küsste seinen Hals, während sie sich an die Worte erinnerte, die sie gesagt hatte, nachdem sie Sasuke zum ersten Mal gesehen und untersucht hatte. Sie würde eine Menge für Itachi tun. Das war schon so, seit sie sich kannten und Shizune glaubte, dass würde immer so sein. Auch wenn Itachi manchmal ein wenig unterkühlt war, glaubte und hoffte sie, sie könnte irgendwann eine Familie mit ihr gründen, weil sie wusste, dass er ihre große Liebe war. Und mit Kindern, dass hatte sie bei Sasuke gemerkt, konnte er umgehen, auch wenn er das ungern zugab. „Vermisst du ihn?“, fragte Shizune dann unvermittelt, küsste wieder seinen Hals, sah daher nicht, wie Itachi sich schmerzhaft auf die Lippe biss, um nicht sauer zu werden. Sie hatte noch weniger das Recht ihn nach Sasuke zu fragen, als Naruto. Vor allem nicht in dieser Wohnung. In ihrer Wohnung, weil er hier doch nur vergessen wollte, wie einsam er sich in seiner eigenen ohne Sasuke fühlte, der – egal wie traurig und verletzt er auch gewesen sein mag – seinen vier Wänden leben eingehaucht hatte und ohne es zu merken, zu wollen oder es extra zu machen, hatte er Itachi Leben und sein Denken verändert. „Du wirkst immer so traurig, in den letzten Wochen“, sagte sie und strich über seinen nackten Oberarm, legte ihren Kopf auf seiner Schulter. „Dabei… ist es doch gut, dass Sasuke nun bei seiner Familie ist.“ Das leise Schnauben ihres Freundes hörte sie nicht, sah nicht wie sich seine Hand verkrampfte und konnte einfach nicht sehen, dass er diese Dinge von ihr nicht hören wollte. Das waren Dinge, die er sich selber sagte: Dass es doch gut war, dass Sasuke wieder Familie hatte und so was. Das er doch genug mit seinem eigenen Leben zu tun hatte und dass sein Studium und der Job ihn sowieso ab Februar wieder einnehmen würden. „Außerdem muss es für dich hart genug gewesen sein dich um ihn zu kümmern, so traumatisiert, wie er war. Ich denke, es ist nur gut, dass du nun wieder dein eigenes Leben leben kannst und nicht mehr Geld für zwei ausgeben musst.“ Sie wollte wieder zu einem Kuss ansetzten, um ihn aufzumuntern, aber er wand sich um, stand nackt wie er war, auf und verschwand im Badezimmer, das man durch eine Tür von ihrem Schlafzimmer aus erreichen konnte. Shizune setzte sich im Bett auf und fuhr sich durch ihr Gesicht. Warum reagierte er jetzt so? Sie hatte indirekt von seinem Traum des Bootsrestaurants gesprochen und nicht Sasuke Vorwürfe machen wollen. Sie wollte Itachis aufmuntern, alles tun, damit er sich gut fühlte, wenn er schon diesen Jungen vermisste. Shizune dachte, als sie das Rauchen der Dusche hörte, daran, dass sie glaubte, dass Itachi einfach nur gebracht werden wollte. Er brauchte, seit er dieses Kind kennen gelernt hatte – oder vielleicht schon früher, das wusste sie nicht genau – das Gefühl gebraucht zu werden. Aber auch sie konnte es sein, die ihn brauchte. Sie könnten wirklich zusammenbleiben, vielleicht heiraten irgendwann und Kinder bekommen. Sie würde das mit ihm gemeinsam wollen. Wollte es schon, seit sie das erste Mal zusammen gewesen waren, nur da fand sie sich und ihn noch zu jung um überhaupt darüber zu reden. Aber sie wusste nun, dass er gebraucht werden wollte, also sprach doch nichts dagegen in naher Zukunft, wenn er auch wollte, ihre Beziehung zu festigen. Sich an diese Wünsche erinnernd, stand sie auch auf, zog ihren Slip wieder an und Itachis Shirt, weil sie seinen Geruch so liebte und weil es an ihr so schön weit war und ging zur Badezimmertür, wo sie sachte anklopfte und nicht öffnete, obwohl er nicht abgeschlossen hatte. „Kommst du wieder ins Bett, Schatz?“ Sie lauschte kurz, hörte weiterhin nur das Rauchen des Wassers und sagte dann noch mal: „Bitte, Itachi. Es tut mir Leid. Kommst du?“ Das Wasser wurde ausgestellt, sie wartete eine Sekunden, bis die Tür sich öffnete und ein Itachi vor ihr stand, der ein wenig zu verloren wirkte für ihren Geschmack. Das Handtuch hing locker um seine Hüften und die Haare waren feucht und entließen Wasser, das auf die Fliesen tropfte. Ein milder Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, als sie näher ging, sich auf den Zehenspitzen hochreckte und ihn hauchzart auf die Lippen küsste. „Ich liebe dich“, sagte sie und meinte es so, wohl wissend aber gleichzeitig verdrängend, dass sie nicht genau wusste, ob er dasselbe für sie empfand. ~~ Anko hatte sich um Viertel nach Elf endlich dazu aufraffen können, ihren Neffen bei seinen neuen Freunden abzuholen. Sie brummte entnervt als er einstieg und sagte motzend: „Du hättest auch mit dem Bus kommen können.“ Sie wusste natürlich dass so spät keine Busse mehr in Richtung des Hauses fuhren, in dem sie wohnten, aber er hätte sich früher auf den Weg machen können. Ganz einfach. Er konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie ihn wirklich holen kam, nur weil ihre Mutter das vorgeschlagen hatte, denn von Anfang an hatte sie klargestellt, dass sie sich um dieses Kind – den Sohn ihres Bruders und dieser verschissenen Irin – nicht kümmern würde. Und jetzt kutschierte sie ihn schon zum zweiten Mal irgendwo hin. Hatte es nicht gereicht, dass sie ihn am ersten Morgen zur Schule gebracht hatte? Sasuke blickte auf den Schulrucksack, den er auf seinem Schoß gebettet hatte und murmelte leise: „Entschuldigung.“ Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass man ihm solche Vorwürfe machen konnte. Sonst war er – wie bei Itachi Uchiha – selbst zu bescheiden gewesen, Pflegeprodukte zu benutzten oder warmes Wasser. Hier verließ er sich darauf, dass ihn Anko abholte, nur weil die Großmutter das gesagt hatte. Noch vor wenigen Tagen, glaubte Sasuke, wäre er im Schneesturm zu Fuß gegangen, um niemanden Umstände zu bereiten. Was war nur mit ihm los? Er war immer noch ein Nichts! Das sollte er nicht vergessen, nur weil er jetzt ein Zimmer mit funktionierender Heizung bewohnen und sein Eigen durfte und weil er zur Schule ging und es da Leute gab, die seine Vergangenheit nicht kannten und ganz locker mit ihm umgingen. Sasuke blickte hinaus aus dem Fenster und wusste für sich selber, dass sich das wieder ändern musste. Er durfte nichts, aber auch rein gar nichts, als selbstverständlich wahrnehmen. Nur weil ein Handy in seiner Hosentasche stecke und er von seinen Großeltern einen Ipod zu Weihnachten bekommen hatte, war er kein anderer Mensch. Er lebte immer noch unter der Gnade von Menschen, die ihn – ob er wollte oder nicht wollte – schon am nächsten Tag raus schmeißen konnten, wenn er sich nicht benahm. Dessen war er sich bewusst. Sorgerecht hin oder her; das war doch nur eine Formalität. Noch ganz in seinen Gedanken gefangen, bekam er nur am Rande mit, wie Anko sagte: „Dafür ist es jetzt auch zu spät. Hab mich ja schon erbarmt.“ Und wieder musste er ihr im Stillen zustimmen. Er hatte es auch wieder nur ihrem guten Willen zu verdanken – so wie er fast alle Dingen den guten Willen der Anderen zu verdanken hatte – dass er nun nicht um diese Uhrzeit zu Fuß nach Hause gehen musste, obwohl er gar nicht genau wusste, wie der Weg überhaupt gewesen wäre. „Aber ehrlich. Nächstes Mal läufst du zu Fuß. Mir egal, wie spät es ist. Das wird nicht zur Gewohnheit, klar? Ich bin doch nicht dein Chauffeur.“ „Ja“, sagte Sasuke leise und sackte noch ein wenig mehr in sich zusammen. Er wollte sich noch mal entschuldigen, wollte das Anko ihm glaubte, dass es ihm Leid tat, aber er wollte sie auch nicht nerven, weswegen er seinen Mund hielt. „Rede schon laut und deutlich, Mann. Das hält man ja nicht aus, wie du hier rumstammelst.“ Sie lachte kurz und meinte dann: „Ich stell mir grad vor wir würden beim Training so murmeln. Der Colonel würde sich in die Hose pissen vor Lachen.“ Sasuke war aber nicht bei der Army, er hatte schlicht durch die Hölle gehen müssen in der Wohnung seiner Mutter und im Beisein Kabutos, der ihm schreckliche Dinge angetan hatte. Er konnte doch nichts dafür, dass er, wenn man ihm Vorwürfe machte oder mit ihm schimpfte, nicht laut und deutlich reden konnte. Konnte nichts dafür, dass ihm das eigentlich immer schwer fiel. Sasuke wollte sich wieder entschuldigen, wusste aber das es nichts brachte und seine Tante es gar nicht hören wollte, weswegen er hinaus in die dunkle Nacht blickte und sich wünschte er wäre bei Itachi, denn er hatte es irgendwie immer geschafft, dass er sich gut und gewollt fühlte. Dieser Wunsch verfolgte ihn ungewollt bis nach Hause und auch als er sich mit einem kurzen und sehr leisen Nachtgruß verabschiedete und auf leisen Sohlen durch die Küche in sein Zimmer ging, war er noch präsent. Als er sachte, um niemanden im Haus zu wecken, der schon schlief, die schwere Tür hinter sich schloss und in den dunklen und trotz wärmender Heizung so kalt erscheinenden Raum betrat, fühlte er sich auf einmal so unendlich allein. Diese Gefühle für ein paar Minuten unterdrückend, tasteten nach dem Lichteschalter, welchen er im gleichen Moment betätigte und der somit den Raum in kühle Helligkeit tauchte. Er setzte sich auf den Holzstuhl vor dem Schreibtisch, band seine Schuhe auf, zog sie aus und stellte sie ordentlich neben den Schrank, bevor er auch den Rest seiner Klamotten auszog, sie über den Stuhl hängte – teilweise um sie am nächsten Tag noch mal anzuziehen und den Rest um ihn dann in die Wäsche zu geben – und schlüpfte dann in Schlafsachen, mit denen er, nachdem er sein Handy und den Ipod auf den Nachttisch gelegt hatte, das große Licht gelöscht und das Nachtlämpchen angemacht hatte, ins Bett legte. Er starrte an die weiße Zimmerdecke und musste schwer Schlucken, als er spürte wie sich die zuvor verdrängten Gefühle erneut ihren Weg hinaufbannten. Er kam sich minderwertig vor. Nein, er war es. Daran änderte auch die Tatsache nicht, dass er nun in einem warmen Bett lag, ein festes Zuhause hatte und eine Familie, von der ihn Teile doch irgendwo leiden konnte, ohne das er groß was dafür tat. Klar, er versuchte soviel wie möglich im Haushalt zu helfen, saugte Staub, machte mal die Wäsche und half seiner Oma beim Kochen. Er benahm sich, hatte Tischmanieren, nervte nicht rum, diskutierte nicht und hielt das Zimmer, das er bewohnen durfte, immer ordentlich. Aber das waren für ihn Selbstverständlichkeiten. Er konnte ja sonst nichts tun. Wenn er sechzehn wurde, im Juli, konnte er sich einen Nebenjob suchen; dann müssten ihm seine Großeltern kein Taschengeld mehr geben – das müssten sie jetzt auch nicht, Sasuke hatte sogar gemeint, dass er nichts brauchte, aber sie meinten das wäre normal und nur richtig – jedenfalls, müssten sie es dann eindeutig nicht mehr und er könnte ihnen sogar ein wenig zurückgeben. Die Decke ein Stück höher ziehend, rollte er sich auf die Seite, schaute die Nachttischlampe an und fasste unbewusst nach seiner Kette, die ihn seinen Vater und Itachi immer so Nahe sein ließen. Anko hatte Recht gehabt. Er hatte sich einfach nicht darauf verlassen, nicht mal den Vorschlag annehmen dürfen, dass er abgeholt wurde. Denn es war nicht selbstverständlich. Nichts was für ihn getan wurde, war es. Er war und blieb ein Niemand. Jemand der sein Leben nicht auf eigene Faust auf die Reihe bekam und daher jedem nur Probleme und Umstände bereitete, obwohl das alles andere als seine Absicht war. Itachi hatte er auch so viele Probleme gemacht. Immer und immer wieder und doch hatte dieser Mann sich nie beklagt, hatte sogar traurig gewirkt, als er wegfuhr und schien gerne mit ihm zu telefonieren, denn meistens war es Itachi der anrief, weil Sasuke sich von selbst aus nicht so wirklich traute, Angst hatte ihn zu nerven. Das wollte er nämlich nicht. Er wollte niemandem eine Last sein. Niemandem. Nicht Itachi, der sie so gut um ihn gekümmert hatte und ihn ein wenig stark gemacht hatte; noch seinen Großeltern, dem Onkel oder auch Anko, seiner Tante, die alle wegen ihm Kompromisse eingehen mussten, die sie mehr oder weniger freiwillig und gerne hinnahmen. Sasukes Hand fand von selbst den Weg hinauf zu seinen Augen, als diese bereits gefährlich brannten und strich reibend über diese. Und jetzt? Jetzt fing er auch noch an zu weinen, obwohl er gar keinen Grund dazu hatte. Was für ein Weichei er doch war. Anko würde ihn jetzt sicherlich auslachen, verspotten und Recht hätte sie damit gehabt. Er sollte nicht wie ein Baby hier heulen, schließlich war hier niemand mehr, der ihm weh tat, Kabuto war weit fort und er hatte Dinge, die er benutzten durfte, von denen er nicht zu träumen gewagt hatte und er ging zur Schule. Er sollte verdammt noch mal glücklich, zufrieden und unendlich dankbar sein. Obwohl er es zu unterdrücken versuchte, schluchzte er leicht auf und wischte sich störrisch über die Augen, die Tränen aus dem Gesicht; nur die Traurigkeit wollte nicht schwinden und schon bald bildeten sich neue Tränen, die sich ihren Weg über seine Wangen, hinab ins Kissen suchten. An Itachi denkend und ihn unheimlich vermissend, griff er nach seinem Handy, tippte ein wenig herum und lass dann noch mal die wenigen SMS die Itachi ihn in den letzten zwei Tagen, seit der erste am Mittwoch geschickt hatte. Ein kleiner Einstein hatte er ihn darin genannt und in der zweiten hatte er nebenbei erwähnt, dass es in Irland schneite, was ihn ziemlich aufregte und in der letzten, der von heute morgen, hatte er ihm ein schönes Wochenende gewünscht. Traurig lächelte Sasuke. Itachi konnte ihn auch, von so weit fort, wenigstens ein bisschen aufmuntern. Er war immer so lieb und gab sich solche Mühe um ihn, dabei wäre es für Sasuke nur ganz natürlich gewesen, wenn Itachi den Kontakt zwischen ihnen jetzt abgebrochen hätte, wo Sasuke ein Zuhause gefunden hatte. Er stand mit nichts in Sasukes Schuld, hatte durch ihn nur Probleme gehabt, aber trotzdem schien es so, als wollte er unbedingt mit Sasuke in Kontakt bleiben und das machte den Jungen unheimlich glücklich, schließlich wäre er schon – auch wenn Sasuke eben verstanden hätte, wenn Itachi keinen Kontakt mehr wollte – sehr traurig darüber gewesen, denn Itachi war, dass musste Sasuke zugeben und meinte es völlig ernst – nach seinem Vater, der erste Mensch, der sich überhaupt um ihn geschert hatte. Ganz in seinen Gedanken gefangen, tippte er ein paar Wörter, war sich nicht mal sicher ob er sie abschicken wollte, schließlich mochte er es nicht Itachi wieder zu nerven, doch noch bevor er sie löschen konnte, weil er wirklich glaubte, abschicken wäre blöd, drückte er, mehr oder weniger – er wusste es irgendwie selbst nicht – aus Versehen auf den Senden-Knopf. ~~ „Ich mag’s nicht wenn ihr so über ihn redet. Keiner von euch. Egal wer.“ Shizune schwieg, strich Itachi über die weiterhin nackte Brust, er hatte nur nach seiner Boxershorts gegriffen, die noch neben dem Bett lag, hatte ihr das T-Shirt überlassen und würde morgen – heute war er zu faul um zu seiner Tasche am anderen Ende des Raumes zu gehen – ein frisches anziehen. „Er kann doch nichts dafür… nur das rallt ihr nicht“, sagte Itachi weiter und vergrub seinen Kopf in Shizunes dunklem Haar. Shizune fuhr in ihren Streicheleinheiten fort, wollte ihren Freund so auf andere Gedanken bringen, doch dieser Wunsch wurde je unterbrochen, als das Handy des jungen Mannes vibrierte. Er nahm sofort einen Arm, mit dem er sie umarmt hatte fort, griff nach dem Iphone und schaute nach, von wem er eine SMS bekommen hatte. Shizune wandte sich etwas hoch, war – zugegeben – auch neugierig, wer ihrem Freund um diese Urzeit, um kurz nach zwölf in der Nacht, noch eine Nachricht schrieb. Als sie die Kurznachricht gelesen hatte, wusste sie, dass sie jetzt wieder Nebensache in Itachis Gedanken war. Jetzt fragte er sich sicherlich, was mit Sasuke los war. Und genauso war es, denn beinahe sofort tippten seine Finger eine Antwort. Was ist los, Sasuke? Ist irgendwas passiert? Itachi schaute wie gebannt auf den Display seines Handys, wartete auf eine Antwort und wenn er keine mehr bekam, würde er anrufen, ganz sicher, egal wie spät es war und egal wie teuer seine Handyrechnung würde. Itachi tippte mit dem Finger wieder auf Sasukes SMS und las sie erneut. Tut mir leid, dass ich so spät noch schreibe, ich wollte eigentlich nur fragen wie es dir geht, aber im Grunde ist das ziemlich dumm. Du wirst wahrscheinlich schlafen und ich gehe dir wieder auf die Nerven. Entschuldige Das schrie doch danach, dass Sasuke einsam war, traurig vielleicht, und für Itachi klang es gerade so, als bräuchte er unbedingt jemanden zum reden und hatte niemand anderen als ihn. Es vergingen fünfzehn Minuten, in denen Itachi mit nervösem Gemüt auf eine SMS wartete. Seine Finger der Hand, in der er nicht das Iphone hielt, klopften auf der Matratze herum, während er das Smartphone die ganze Zeit über anstarrte. Es war Shizune, der es zu viel wurde. Sie griff nach seinem Handy, legte es auf ihren Nachttisch und umarmte ihren Freund, nachdem sie das letzte Nachtlicht gelöscht hatte. „Schlaf, Itachi. Wenn es klingelt, werden wir schon wach und außerdem schläft er bestimmt auch schon, sonst hätte er längst zurück geschrieben.“ Hoffentlich, dachte Itachi im Stillen. Hoffentlich schlief Sasuke schon, hoffentlich ging es ihm gut, hoffentlich irrte er sich und Sasuke war nicht einsam, war nicht traurig, sondern wollte wirklich einfach nur wissen wie es ihm ging. Itachi schloss die Augen, seufzte noch einmal tief in die Dunkelheit des Raumes und sank dann stetig in einen leichten Dämmerzustand. ~~ Doch Sasuke schlief nicht. Er hatte gerade die SMS von Itachi bekommen, tippte den ersten Buchstaben einer Antwort ein, ehe er hörte, wie sich die schwere Holztür zu seinem Zimmer mit einem Knarren öffnete. Es war seine Großmutter die eintrat und auf sein Bett zuging, nur knapp einen Meter davor stehen blieb und ihn anschaute. Sofort wurde Sasuke bewusst, dass sie auch in dem Dämmerlicht der Nachtlampe sehen musste, dass er geweint hatte. Das wollte er nicht. Er wollte nicht als schwächlich dastehen und noch weniger wollte er seiner Großmutter von seiner Vergangenheit erzählen und es könnte schließlich passieren, dass sie darauf zu sprechen kamen, wenn sie seine Tränen sah. In einer stockenden Bewegung versteckte Sasuke sein Gesicht halb im Kissen, wandte es so peinlich berührt ab. Es war seine Oma, die näher kam und sich auf die Kante seines Bettes setzte. Sie legte sachte ihre Hand auf seinen Arm und sagte mit besorgter Stimme: „Was ist los?“ Sasuke zwang sich, nicht zu schniefen und murmelte leise: „Nicht… alles okay.“ „Na komm, du weinst doch nicht ohne Grund. Hast du Heimweh? Vermisst… du deine Mutter?“ „Nein“, sagte Sasuke entschieden. Er hatte sicherlich kein Heimweh nach diesem Ort, an dem er so verletzt wurde. Klar, er würde seine Mutter irgendwie doch schon gerne mal wieder sehen, er hatte sie ja auch gerne, aber er wusste, dann würde sie und somit auch Kabuto ihm wieder nur weh tun. Sie würden nur weiterhin auf seiner Seele herum trampeln. Wen er wirklich vermisste, das war Itachi und vielleicht hatte er sogar ein wenig Heimweh, nach dem Ort, an dem er für ein paar Wochen hatte leben dürfen. Sicher und warm unter Itachis Obhut. Als Sasuke nach mehreren Minuten, nicht von sich aus irgendwas erzählte, forderte ihn seine Großmutter freundlich, aber auch unbeholfen, da sie nicht wusste, wie sie mit ihrem traurigen Enkel umgehen sollte, auf: „Nun sprich doch mit mir, Sasuke. Ich möchte dir gerne helfen.“ Wieder war er einige Minuten lang leise, brachte sich selbst unter Kontrolle, wollte nicht vor ihr weinen; sich nicht wie ein kleines Kind benehmen. Und eben erst nach dieser Zeit, schaffte er es, immer noch gegen das Kissen murmelnd, zu fragen: „Ist es… wirklich in Ordnung… das ich hier bin?“ „Sasuke“, sagte seine Oma bedauernd und konnte sich schon denken, wer ihm solche Flausen in den Kopf gesetzt hatte. Ihre Tochter mal wieder. Dieses störrische Ding. „Was hat Anko dir gesagt?“, fragte sie und erntete wieder nur Stummheit des Jungen und als diese anhielt, sprach sie selber, weiterhin die Hand auf seinem Arm haltend, weiter: „Sie ist immer ein wenig zu harsch und sagt Dinge, die ihr nachher Leid tun oder Leid tun sollten.“ Sasuke biss sich auf die Lippe, wollte seine Großmutter nicht ansehen, wollte nicht mit ihr reden, aber er konnte nicht mutig genug sein, um sie zu bitten, ihn allein zu lassen, denn er konnte sie doch nicht aus einem Raum schmeißen, der eigentlich ihr gehörte; den er nur nutzten durfte. „Wir haben dich sehr gerne hier, Sasuke, du bist unser einziger Enkel und du bist schließlich sein Sohn, Sasuke, sein einziges Kind, dass er so sehr geliebt hat.“ Die letzten Tränen runterschluckend, setzte Sasuke sich auf und blickte seine Großmutter an. Sie sprach von seinem Vater. Von seinem geliebten Vater und dann nickte er. Ja, dieser wundervolle Mann hat ihn sehr geliebt, das stimmt und er war sein einziges Kind; der Junge für den sein Vater die Welt umgedreht hatte. „Danke“, murmelte der Junge leise und zwang sich dazu seine Großmutter anzulächeln. Sie tätschelte seinen Arm und erhob sich dann schwerfällig von der Bettkante. „Schlaf gut, Sasuke und träum was Schönes.“ „Ja, gute Nacht“, murmelte er auch, legte sich wieder hin, als sie aus dem Raum verschwand und nahm sein Handy zur Hand. Er löschte den ersten Buchstaben und tippte etwas Neues. Irgendwo, ein paar Meilen weiter; über den Ozean; in einer anderen Stadt, einem anderen Land, war jemand, der von dem leisen Piepen aus seinem Dämmerschlaf erwachte und lesen musste, dass es Sasuke gut ging; dass er nur etwas traurig gewesen war. Da war jemand, der hinter diesen Worten tiefe Traurigkeit und tiefe Einsamkeit sah, ohne es selber zu wissen und jemand der sich im Stillen schwor, nicht zuzulassen, dass Sasuke erneut verletzt wurde. Nun war es an diesem Jemand, an Itachi Uchiha, die Augen und Ohren offen zu halten, weil es damals; vor ein paar Jahren – beinahe in einem anderen Zeitalter – niemand getan hatte, als das erste Mal auf Sasuke und seinem Seelenheil rumgetrampelt wurde. Itachi Uchiha würde Sasuke nicht fallen lassen, egal wie weit er fort war. Er schwor sich, dass er einfach da sein würde, wenn Sasuke ihn am meisten brauchte. [ito be continued by Jessa_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)