Catch you if I can. von Jessa_ ([Itachi/Sasuke- Centric]) ================================================================================ Prolog: Prolog: warmness <> coldness ------------------------------------ Prolog: warmness <> coldness If you're alone, I'll be your shadow. If you want to cry, I'll be your shoulder. If you want a hug, I'll be your pillow. – Author unknown Überall im Haus seiner Großeltern wurde gut geheizt. In manchen Räumen noch mit Holz, weil sie das gemütlicher fanden, hatte seine Großmutter ihm sofort erzählt. In anderen ganz normal mit Gas über eine Heizung. Nachdem sie Sasuke ein wenig vom Haus gezeigt hatte – die anderen Familienmitglieder waren wohl nicht daheim – öffnete die Nakano eine Tür, die von der großen, geräumigen Küche in eine Art Garage führte. Es war keine richtige Garage stellte Sasuke fest. Er fröstelte leicht, als ihm ein Schwall kalter Luft entgegen kam. „Die Heizung ist noch nicht intakt, aber Anfang nächster Woche kommt sofort jemand vorbei, um das zu beheben.“ Sasuke nickte verstehend. Es war wahrscheinlich zuvor zu kurzfristig gewesen. Vor Weihnachten nahmen weniger Firmen noch Aufträge an, konnte er sich vorstellen und seine Großeltern hatten bis vor wenigen Tagen wohl nicht mal gedacht, dass sie ihren Enkel noch über die Feiertage zu sich holen konnten. Sasuke schaute sich in dem Zimmer um. Man konnte schon sehen, dass es eben kein normales Zimmer war, wie die restlichen des Hauses, die er bereits gesehen hatte, sondern eben eher eine Art Garage oder Werkstatt. Die Wände waren folglich aus Backsteinen, wie sie eher an einer Außenmauer zu sehen war und der Boden bestand ebenfalls aus Mauerboden. Es gab ein Fenster zum Garten heraus. Die dunklen Vorhänge waren geöffnet und ließen die letzten Sonnenstrahlen des kalten Weihnachtstages in das Zimmer. Neben dem Fenster stand ein kleines Regal, seitlich an der Wand ein Holzschreibtisch, samt Stuhl und einem zweiten Regal, wahrscheinlich für Schulsachen später. Auf der anderen Seite des Zimmers, näher an der Tür, stand ein Bett, bezogen mit einer breiten, dunkelblauen Tagesdecke. Hinter dem Bett stand ein klobiger Schrank und am Kopfende ein kleines Tischchen mit Lampe. Sasuke schätzte, jeder normale Teenager hätte dieses Zimmer nicht als besonders Einladend empfunden, aber es genügte ihm. Es sollte sein Zimmer werden, das war doch nicht schlecht, oder? Er hatte ein eigenes Bett, hatte sogar einen Schreibtisch und vielleicht durfte er, wann immer er wollte, die Türe schließen. „Ich hoffe es ist in Ordnung für ein paar Tage“, hörte er seine Großmutter. „Nach den Feiertagen können wir gerne für ein paar Kleinigkeiten schauen gehen.“ Kleinigkeiten? Fragend schaute Sasuke seine Oma an, die weiter sprach: „Ein großer Teppich – der Boden ist ja nicht so einladend, nicht? Wir hatten keinen anderen Raum als Möglichkeit und dein Großvater hat sich bereit erklärt seine Werkstatt aufzugeben. Seit ein paar Jahren ist er hier aber wirklich kaum mehr gewesen um sich die Zeit zu vertreiben.“ Entschuldigend schaute Sasuke seine Oma an. Ihm war es schon jetzt nicht wohl dabei, so viele Unannehmlichkeiten bereitet zu haben. „Nun, wie auch immer“, sprach seine Großmutter. „Du kannst gerne deine Taschen auspacken. Ich rufe dich dann zum Abendessen – dann sind die anderen auch da.“ „Ja“, nickte Sasuke, fragte sich, wer die anderen waren. Er wusste, dass seine Großeltern noch zwei Kinder hatten. Einen Sohn, der um einige Jahre älter war, als Sasukes Vater, aber der hatte, soweit Sasuke zurückdachte, nicht bei den Eltern gelebt, sondern mit einer Freundin – Verlobten oder was auch immer – in einem Haus an der Küste Englands. Vielleicht kamen die ja zu Besuch? Ob sie Kinder hatten? Sasuke hatte seine Familie schließlich seit vielen Jahren nicht gesehen. Er fragte sich auch, ob die Schwester seines Vaters Mann und Kinder hatte. Bestimmt, schließlich war das Leben außerhalb Sasuke innerer Welt, in der es hauptsächlich Kälte und Schmerz gegeben hatte, weitergegangen. ~~ Er fühlte sich verloren; fühlte sich so, als fehlte etwas. Seine Haare waren wirr, Strähnen hatten sich aus dem Zopf gelöst, schon seit Stunden – so kam es ihm jedenfalls vor – saß er, nur mit dem Brief in der Hand, im Sessel. Das Bettzeug das Sasuke benutzt hatte, lag noch neben ihm auf dem Sofa, roch nach ihm und überhaupt strotzte dieses Zimmer nur so vor Sasukes Präsens. Der Tannenbaum, den sie zusammen geschmückt hatten, stand in der Ecke. Ein paar der großen Fenster waren geputzt, Andere nicht, weil Sasuke Schmerzen gehabt hatte und Itachi keine Lust mehr weiterzuputzen. Auf dem Regal lagen noch die Papiere von Stadt, Land, Fluss und die Spielkonsole war noch eingestöpselt. Die Bücher, die Sasuke von Itachis altem Jugendzimmer mitgenommen hatte, standen nun in dem Bücherregal. Wer soll denn jetzt meine Bücher lesen, fragte sich Itachi. Er selbst tat es doch nicht. Ab heute würden wieder andere Dinge in seinem Leben eine Rolle spielen. Die Gitarre, die für den Baum hatte weichen müssen und ansonsten nicht von Itachi beachtet wurden war, obwohl er sonst so häufig gespielt hatte. Wenn die Tage wieder wärmer wurden, konnte er mit seinem Moped durch die Gegend fahren und überhaupt konnte doch jetzt alles wieder entspannter werden. Aber warum, verdammt, saß er dann so trübsinnig in diesem beschissenen Zettel und klammerte sich wie ein Ertrinkender an diesen Brief. An dieses Stück Papier. Ein Stück Papier… Hallo Itachi, Ich bin nicht gut, darin Briefe zu verfassen. Allgemein ist es ungewohnt für mich, wieder zu schreiben, aber ich möchte versuchen, Dir auf diesem Weg, das zu mitzuteilen, das ich einfach nicht habe sagen können. Du hast gemerkt, dass mir das Reden nie leicht gefallen ist. Du hast mich in den letzten Wochen, die ich bei Dir verbringen durfte, so verstanden, wie nur mein Vater zuvor und dafür – und für alles andere natürlich auch – möchte ich Dir danken. Ich weiß nicht, wie ich Dir das jemals gut machen kann, aber ich werde es irgendwie tun. Auch wenn ich es zunächst nicht wahrhaben wollte, weil ich glaubte, solche Gefühle nicht haben zu dürfen, ist deine Wohnung mehr ein Zuhause für mich geworden, als die Wohnung die ich mit meiner Mutter bewohnt habe. Du hast dich so um mich bemüht und bis zum Schluss habe ich nicht verstanden, warum. Ich habe mich so wohl bei Dir gefühlt, sicher irgendwie. Du warst seit langer Zeit der erste Mensch, der mir nicht wehgetan hat. Im Gegenteil; Du warst immer so toll zu mir. Gerade deswegen tut es mir Leid, wie ich mich die ganze Zeit über verhalten habe. Ich habe dich behandelt, als wärst du genau wie die Männer, die mir wehgetan haben und ich habe mich angestellt wie ein totaler Idiot; ich habe nur geweint und dir Sorgen bereitet. Für all das möchte ich mich entschuldigen und auch dafür, dass ich Dir nur diesen Brief und nichts anderes geben kann. Aber auf irgendeinen Weg wollte ich Dir danken und das ist der einzige der mir in den Sinn gekommen ist. Ich schätze ich werde nie ganz verstehen, warum du dich so um mich gekümmert hast, aber was auch immer dich dazu bewogen hat, hat mir diesen Winter das Leben gerettet. Ohne dich wäre ich mit großer Wahrscheinlichkeit auf der Straße gestorben. Das werde ich dir nie vergessen; ich werde dich nie vergessen, denn – du musst mich für völlig dumm und naiv halten – für mich warst du ein Beschützer. Jemand hinter dem ich mich verkriechen konnte. Eine Wand, gegen die selbst meine größten Ängste nicht ankamen. Frohe Weihnachten Sasuke ~~ Sasuke saß an dem großen Esstisch aus Holz. Neben ihm seine Großmutter, die ihnen allen aus verschiedenen Töpfen aufgeschöpft hatte. Alle waren sein Großvater Kenta, sein Onkel Daiki und seine Tante Anko. Sie hatten nur einen kurzen Gruß für ihn übrig gehabt, als sein Großmutter ihn zum Essen gerufen hat. Daiki, ein kräftiger Mann mit breiten Schultern und dunklen, schütternden Haar hatte nicht mal den Kopf gehoben, war in der Position über seinen Teller gebeugt geblieben, während die junge Anko ihn gemustert hatte, wie ein falsch ausgesuchtes Möbelstück. „Irland“, brummte sein Großvater. Sein Blick senkte sich auf den verschüchterten Teenager zu seiner Rechten. Sasuke biss sich auf die Lippe. Er hatte keine Stärke dazu, sein Heimatland – das von seinem Vater ausgewählt Land – in Schutz zu nehmen. Nicht vor den Menschen, die ihm Obdach boten. „Kenta“, erklang nur die, nun harsch klingende Stimme der Großmutter. „Was denn, Emi?“, brummte dieser, doch als seine Frau nicht antwortete, wandte er seinen Kopf murrend seinem Essen zu. Emi lächelte ihren Enkel wohlwollend an. Sasuke aß ebenfalls ein paar Bissen, blieb stumm und versuchte einen guten ersten Eindruck zu machen. Er benahm sich gut, achtete sehr auf Tischmanieren und bat nicht um etwas zutrinken, obwohl er ein wenig Durst hatte. Er wusste schließlich nicht – da keiner der Anwesenden etwas trank – wie die Großeltern dazu standen, beim Essen zu Trinken. Trinken und Reden waren Dinge, die manche Familien beim Essen nicht dabei haben wollten. Sasuke erinnerte sich an das Weihnachtsessen der Familie Uchiha. Auch wenn sie da vielleicht nicht alle abgöttig liebten, war es voller Leben gewesen. Itachis Cousin und sein Onkel Obito, die Witze gemacht hatten, seine Mutter, die so lieb mit allen sprach, die Kinder, die vielen Gespräche und das Licht das nicht nur vom Leuchter an der Decke kam, sondern auch von den Kerzen auf dem Tisch und dem Lachen der dortigen Menschen. Hier schwiegen sie, niemand lachte und es gab keine Kinder, die den Geschenken entgegen fieberten. „Hat deine Alte es wohl doch nicht auf die Reihe gekriegt?“, ertönte die harsche Stimme der jungen Frau. Sasuke biss sich auf die Lippe, schluckte und wusste nichts, was er antworten konnte. Doch anscheinend musste er das gar nicht, denn Anko war noch längst nicht fertig. „Ich habe es deinem Vater immer gesagt. Such dir keine irische Frau und schon gar nicht so eine, hab ich ihm gesagt. Und nun? Hat sie versagt, huh?” Also durfte man am Tisch doch reden. Sasuke wünsche sich augenblicklich, es wäre anders. „Und ist sie danach direkt mit dem erstbesten in die Kiste gesprungen? Hast du deswegen die Fliege gemacht?“ Nein. Nein, wollte Sasuke sagen. Deswegen wäre er nicht auf die Straße gegangen, um da so elendig zu leben. Doch nicht nur deswegen. Seine Mutter hätte zwanzig Macker haben können und solange sie ihn nicht angefasst hätten, wäre das okay gewesen, solange sie es für okay befand. „Ey, sag mal redest du nicht mit mir? Genauso ein eigenwilliger Stümper dein Vater“, brummte sie zum Schluss hin. Sasuke spürte die Spannung am Tisch. Sah die Hand seines Großvaters, die sich fest um die Tischplatte klammerte und dann, schon kurz danach, das Rucken des Esstisches. Er hörte einen Stuhl hart auf dem Boden aufkommen und dann zum ersten Mal seit Jahren die Stimme seines Onkels, der aufgesprungen war. „Halt den Mund, Anko. Wenn du nicht verdammt noch mal den Mund hältst…“ „…Was denn? Willst du mir etwa drohen?“ „Ja“, zischte er nur, schien für einen kurzen Moment über sich selbst verwundert, doch es war der Alkohol, den Sasuke trotz der Entfernung wahrnehmen konnte. Hatte der etwa getrunken oder was? Sasuke unterdrückte ein Zittern. Vor Betrunkenen hatte er Furcht, seit er Kabuto und seine Freunde das erste Mal voll gesoffen erleben musste. „Ich schwöre dir“, ertönte wieder die Stimme Daikis, „ wenn du falsches Stück nicht endlich aufhörst meinen Bruder in den Dreck zu ziehen… - Ich hab es endgültig satt, mir dein dummes Geschwätz anzuhören!“ Er schlug mit der Faust auf den Tisch hinunter. Teller klirrten, Emi Nanako schlug sich die Hand vor den Mund und die Stirn des Großvaters legte sich in tiefe Falten, während Sasuke sein Zittern nun nicht mehr unterdrücken konnte. Einen Moment nur war der Schock in Ankos Augen sichtbar, bevor sie sich daran erinnerte, viel heftigere Dinge gesehen zu haben, wie einen Bruder, der besoffen seine Drecksfaust auf den Tisch knallte. Ihres Bruders der ein Versager war. Tiefer Zorn senkte sich auf Anko nieder, als sie eben so aufsprang und, ungeachtet der Feiertage, lauter wurde: „Geschwätz, hä?! Ist es nicht so, dass dieser Stümper sein Leben selbst ruiniert hat. Er war doch so ein Genie, oder nicht? Hätte er dann nicht sehen können, dass seine“, ihr Finger zeigte anklagend auf Sasuke, der mit vor Furcht und Verwunderung geweiteten Augen am Tisch saß und nun unmerklich zusammen zuckte, „Drecksmutter unfähig ist ein Kind zu erziehen und das deswegen uns nun am Hals hängt?“ Sie verstummte kurz, warf einen Blick zu Sasuke – einen ganz kurzen – und sah dann wieder ihren um einige Jahre älteren Bruder, mit dem sie sich nie wirklich gut verstanden hatte, an. „Dieses Balg wird nur Probleme machen, wenn es auch nur ein Funken von beiden Eltern in sich trägt und darauf habe ich einfach keinen Nerv!“ „Noch ein Wort über sein Kind und ich werde dich quer durch den Raum prügeln!“ Wieder schlug Sasuke der Gestank des Alkohols in die Nase, der ihm mit diesen Worten weitere Angst einjagte. Daiki Nakano, sein Onkel, setzte sich für ihn ein und gleichzeitig verhielt er sich genauso, wie Kabuto, wenn er mit Worten Schläge angedroht hatte. Die nächste Reaktion lies Sasuke erneut zusammen zucken, als Daiki plötzlich, ohne Vorwarnung den umgefallenen Stuhl mit seinem Fuß beiseite fegte und ohne ein weiteres Wort durch die Tür in den Flur rauschte. Zunächst kehrte Ruhe ein. Eine bedrückende Ruhe, bevor die Großmutter ausatmete und Kenta Nakano sich brummend nach hinten lehnte. Es war Anko, deren Schnauben Sasuke aufblicken lies, bevor auch diese mit einem entnervten, unverständlichen Grummeln aus dem Raum verschwand. Der Jugendliche fühlte sich unwohl. Auch ohne dass er auch nur ein einziges Wort gesagt hatte, war er der Grund für einen Geschwisterstreit gewesen. Er machte nur Umstände. Sasuke legte die Gabel beiseite, als er merkte, dass er sie die ganze Zeit fest umklammert hatte. Leise und mit gesenktem Haupt fragte er: „Darf ich… aufstehen?“ Seine Großeltern verstanden die Frage. Verstanden, dass Sasuke nicht nur aufstehen wollte, um sich die Beine zu vertreten, sondern, dass er darum bat, den Tisch verlassen zu dürfen. Es wunderte sie beide. Sie hatten nicht mit solch einer guten Erziehung gerechnet, nachdem sie erfahren hatten, dass Sasuke auf der Straße lebte. Sie hatten sich darauf einstellen müssen, vielleicht einen trinkenden, brutalen, chaotischen Bengel zu bekommen, aber das war Sasuke keineswegs. Deswegen nickte seine Großmutter und fügte an: „Ruh dich aus. Wenn du noch etwas brauchst – eine zusätzliche Decke beispielsweise, gib mir ruhig Bescheid.“ Sasuke nickte nur, schob den Stuhl leise zurück, stand auf und verschwand wieder durch die Tür in sein neues Zimmer. Sofort kam ihm wieder die kalte Luft entgegen. Er zog sich eilig die Jeans und den Pullover aus, nahm eine frische Boxershorts und die lange Stoffhose und das langärmlige Shirt aus dem Schrank. Er zog sich an, legte die dreckige Kleidung solange bis er sie seiner Großmutter geben oder selber waschen konnte, auf den Stuhl am Schreibtisch. Eilig und mit nun nackten Füßen, die sich durch den kalten Boden beinahe schon frostig anfühlten, löschte er das große Licht im Raum, schaltete die Nachttischlampe ein und zog die Tagesdecke und das Federbett zurück. Er deckte sich mit beidem zu, da es sonst zu kalt über die Nacht werden würde. Sasuke löschte auch die kleine Lampe nach einigen Minuten in denen er stumm auf seinem neuen Bett gelegen hatte und drehte sich dann, eingerollt und eingemummelt in die dicken Decke, der Wand entgegen. Ein bisschen Schlaf würde ihm mit Sicherheit gut tun. ~~ Es waren an die neun Uhr am Abend. Itachi hatte den Brief beiseite gelegt; schon vor ein paar Stunden – gut vielleicht nicht vor ein paar, aber ein oder zwei waren schon vergangen – und hatte sich dazu aufgerafft, sich selbst – sich und niemand anderem – etwas zu Essen zu machen. Eine Dosensuppe, deren Konserve schon so lange im Küchenschrank stand, dass sie beinahe abgelaufen war. Sie schmeckte nicht. Itachi kochte sonst immer frische Suppen, aber nun… für sich alleine? Warum? Er hatte natürlich auch vorher, bevor er Sasuke kennen gelernt hatte, für sich alleine gekocht. Oft und lang, aber jetzt machte das für ihn keinen Sinn mehr. Ungeduscht, weil er darauf keine Lust hatte und es somit auf den nächsten Morgen verschob, legte er sich mit einer dünnen Wolldecke aus seinem Schlafzimmer auf die Couch und starrte an die Decke. Das Kissen und die Decke Sasukes hatte er schon eben, vor dem Essen, in seine Abstellkammer geschmissen. Von sich selber angenervt strich Itachi sich ein paar verirrte Ponystähnen aus dem Gesicht. Was für ein beschissener erster Weihnachtstag – er hatte sich so gefreut, auf den zweiten Weihnachtstag mit Kakashi und Iruka. Und mit Sasuke, der nun nicht mehr mitkommen konnte. Seinen Gedanken nachhängend entschied Itachi aus einer Laune heraus, dass er wissen wollte, wie es Sasuke ging und da er noch keine Handynummer des Jungen hatte, weil dieser kein Handy besaß, griff er nach dem Telefon, dass noch – wovon auch immer – auf dem Couchtisch lag und wählte die Nummer der Großmutter, die er auswendig konnte, weil er den Zettel solange angestarrt hatte, bis er sich entschlossen hatte, Sasukes Brief zu lesen. Es tutete ein paar Mal, bevor jemand abhob. „Nakano“, meldete sich eine tiefe Stimme. Itachi schluckte und antwortete freundlich: „Gutend Abend, Itachi Uchiha. Könnte ich kurz mit Sasuke sprechen?“ Stille kam vom andere Ende der Leichtung, dann ein Knistern und eine Frauenstimme, die nun in die Muschel sprach. „Guten Abend, Herr Uchiha. Ich kann nachsehen, ob Sasuke noch wach ist.“ Er hörte Schritte durch den Hörer, dann ein Knarren der Tür und wieder die Stimme der Großmutter Sasukes. „Er schläft. Ist es sehr wichtig?“ „Es ist nur kurz”, wich Itachi aus, wollte unbedingt mit Sasuke sprechen; ihn fragen ob alles in Ordnung war, sonst… Ja, sonst würde er ihn eigenhändig da raus holen, verdammt noch mal! Er würde doch niemals zulassen, dass man diesem wundervollen Jungen erneut so wehtat. Itachi hörte das leise Rascheln der Bettdecke und Worte, die er nicht verstand, ehe Sasuke sich mit verschlafener Stimme meldete: „Hallo.“ „Hallo“, sagte auch Itachi, und dann: „Wie geht es dir?“ „Ganz… gut“, antwortete der Junge zögerlich und gab, obgrund der Temperaturen im Raum, ungewollt einen fröstelnden Laut von sich. Er war noch zu verschlafen, um diesen zu unterdrücken, hoffte das Itachi da nun kein großes Ding draus machte, es vielleicht einfach überhört hatte, aber an dem war es natürlich nicht. Itachi hatte Sasuke frösteln sehr wohl bemerkt. Sofort machte sich Sorge in ihm breit. „Sag, ist auch wirklich alles in Ordnung?“ Er verstärkte de griff um das Telefon unbewusst, als es am anderen ende der Leitung still blieb. Itachi hatte sich sogar schon wieder aufgesetzt, als die leise Stimme Sasukes ertönte. „Ja, alles in Ordnung. Es ist nur… nur etwas kalt.“ Er wollte Itachi wirklich keine Sorgen bereiten – er freute sich schließlich wahnsinnig, dass der Ältere anrief und mit ihm sprechen wollte – doch anlügen konnte er Itachi nicht. Nicht nach alledem, was Itachi für ihn getan hatte. „Dann… dreh doch die Heizung höher“, meinte Itachi nach kurzem Überlegen und dann mit einem leichten Schmunzeln in der Stimme, das ihm sofort verging, als er Sasukes Erwiderung hörte. „Geht nicht“, murmelte dieser und zog seine Decke etwas höher. Geht nicht?!, wollte Itachi fragen. Warum soll das bitte nicht gehen? Aufdrehen und fertig. Sekunde. Sekunde… „Warum nicht?”, fragte Itachi. Er wollte wissen, ob er mit seiner Vermutung richtig lag. Und wenn Sasukes Großeltern ihm verboten hatten, die Heizung an zu machen, dann würde er noch heute Nacht rüber fliegen und Sasuke da raus holen. „Die Heizung… in meinem Zimmer… geht noch nicht“, gab Sasuke zu und hörte zunächst nur das Knirschen Itachis Zähne. Der zweiundzwanzigjährige hatte sich vom Sofa erhoben und stand nun am Fenster, schaute hinaus in die dunkle, irische Nacht. Es regte ihn auf – aber so was von – dass diese Menschen ihren eigenen Enkel in ein Zimmer steckten, in dem die Heizung nicht funktionierte. Sie sollten ihn gefälligst im Wohnzimmer schlafen lassen, solange oder einen kleinen Heizofen in sein Zimmer stellen. Was auch immer – sie sollten dafür sorgen, dass Sasuke nicht fror, denn das hatte er viel zu lange gemusst in den letzten Jahren. Sasuke seinerseits spürte sogar durch das Telefon die Anspannung, die von Itachi ausging und sagte daher wahrheitsgemäß: „Meine Großeltern… haben sich aber… schon drum gekümmert. Ähm… nach den Feiertagen… wird’s uh… repariert.“ Er merkte selbst, wie unsicher er wieder war, aber auch für ihn war es neu, am Telefon zu sprechen, hatte das schließlich viele Jahre, bis auf das kurze Gespräch mit Kakashi bei Itachi, nicht mehr getan. Apropos Kakashi und Iruka. Er hatte ihnen gar nicht mehr ein frohes Fest wünschen können. Nun gut… sie hatten da bestimmt, auch wenn sie immer nett zu ihm gewesen waren, nicht wirklich wert drauf gelegt. Sasuke vernahm ein Schnauben vom anderen Ende der Leitung und befürchtete Itachi nun, mit was auch immer, sauer gemacht zu haben. Doch als der Ältere weiter sprach, war seine Stimme ruhig, klang jedoch ein wenig besorgt: „Warum schläfst du dann nicht im Wohnzimmer?“ Der Teenager konnte selbst nicht sagen, warum er das nicht tat. Aber darum bitten würde er sicherlich nicht. Das konnte er einfach nicht, er hatte hier schon sein eigenes Zimmer und sollte verdammt dankbar sein, egal ob ihm kalt war oder nicht. Deshalb antwortete er nur wahrheitsgemäß: „Weiß nicht…“ „Sasuke“, hörte er nur seinen Namen aus Itachis Mund. „Du musst ihnen sagen, wenn es dir nicht gut geht. Sie müssen für dich Sorge tragen und du hast das Recht auf ein warmes Zimmer.“ „Ja…“, murmelte Sasuke nur, wollte Itachi nicht wieder sprechen, wusste aber, dass er sich nie trauen würde, genau das zu seinen Großeltern zu sagen. Sein Großvater hatte die Werkstatt für ihn aufgegeben. Er wollte einfach keine weiteren Probleme machen. Vor allem dann nicht, wo seine Heimat und seine Mutter eh bei den Nakanos in keinem guten Licht standen. Es war eine Weile lang still zwischen den beiden und obwohl sie nichts mehr zu sagen wusste, wollte eigentlich keiner auflegen. Itachi wünschte sich, Sasuke wäre bei ihm. Er wünschte, er hätte die Sorge für den Jungen tragen können. Er hätte sich eine neue Wohnung gesucht, gleich nach den Feiertagen hätte er angefangen und er hätte Sasuke an einer Schule angemeldet, hätte das Sorgerecht beantragt und hätte es mit Hilfe seines Vaters, der schon so lange Anwalt war, mit Sicherheit durchbekommen, auch wenn er alleinstehend war. Aber es hatte Großeltern gegeben und die waren ihm nun mal zuvorgekommen. Auch Sasuke wünschte, er wäre bei Itachi. Dort hatte er sich viel wohler gefühlt. Gut, in den ersten Tagen war er unheimlich ängstlich gewesen, aber er hatte immer so gut bei dem Uchiha schlafen können, war ihm so dankbar für alles und hatte sich nachher sogar getraut wirklich mit Itachi zu reden. Itachi war der Einzige, dem Sasuke so sehr vertraute, dass er ihm seine komplette Vergangenheit erzählen würde und er war auch derjenige, der am meisten wusste. Seine Großeltern hatten keinen blassen Schimmer und so, wie die Familie am Tisch über oder mit ihm geredet hatte, kam es Sasuke vor, als glaubten sie, seine Vergangenheit wäre nur lästig, nicht aber grausam und schrecklich, aber das war es, denn Kabuto hatte ihm sehr weh getan. Doch davon, davon wussten die Nakanos nichts und Sasuke würde auch seinen Mund halten. „Behandeln sie dich gut?“ Leise und zögernd die Frage Itachi und sehr wohl vernahm Sasuke die Sorge, die sich, wie es schien, nur noch hinter einer winzigen Mauer versteckt hatte. „Ja… Sie…“, Sasuke atmete tief durch und hoffte, das seine Worte keine Lügen waren. „Sie geben sich Mühe.“ „Gut“, meinte Itachi nur, verstummte für einige Sekunden und sagte dann – seine Worte klangen nach Abschied: „Ein Wort und ich bin da, okay? Du musst mich nur anrufen.“ Sasuke fuhr sich kurz über die Augen. „Dankeschön“, sagte er leise, wusste trotzdem, dass Itachis Sorge nicht ganz verschwunden war. „Okay… dann“, hörte er wieder dessen Stimme. Itachi wollte wohl – und das machte Sasuke irgendwie glücklich – genauso wenig auflegen wie er selber. „Ich schätzte du wirst müde sein. Ich… ich meld mich.“ Der Jugendliche nickte, merkte dann jedoch fast sofort, dass Itachi das durch das Telefon natürlich nicht sehen konnte und sagte deswegen wieder leise: „Ja. Tschüss.“ „Schlaf gut.“ Ein paar Sekunden Stille und dann war die Leitung tot. Sasuke legte das Telefon auf das Nachttischen – wollte nicht mehr aufstehen und wusste ja auch nicht wo es hingehörte – und nahm sich den Ipod vom Nachttisch. Er tat die Stöpsel in sein Ohr und stellte auf eines der knapp fünfhundert Lieder, die Itachi ihm drauf geladen hatte. Sie alle – jedes Einzelne, glaubte Sasuke – würden ihn an Itachi erinnern und das tat jetzt gut, als er sich, mit der Musik in den Ohren umdrehte und die Augen schloss. Er merkte selbst nur noch im Dämmerzustand und berieselt durch die Melodien in seinem Kopf, die Itachi so nah sein ließen, wie sich seine Hand um die beiden Anhänger der Kette schloss. to be continued by Jessa_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)