Baby why you leave me von cole_el_diabolos ================================================================================ Kapitel 1: Baby why you leave me? --------------------------------- Baby why you leave me? „Here I’m, rock you like a hurricane…“ Das Handy erwachte mit der metallene Stimme von Klaus Meine zum Leben. Unter leisem Ächzen arbeitete sich eine Hand aus der Bettdecke und tapste unkoordiniert auf dem Nachtkästchen herum. Nach wenigen Sekunden umschlangen die Finger das kleine elektronische Gerät und zogen es unter die wärmende Decke. „Was zum Teufel…“ fluchte es auf einmal und das Lied verstummte urplötzlich. „Verdammt.“ Nach diesem erneuten wütenden Laut wurde die Decke zur Seite gestoßen und unter ihr kam ein gut gebauter junger Mann hervor. Seine kurzen Haare standen unkontrolliert ab und er sah sehr verschlafen aus. Unter seinen Fingernägeln sah man noch die Reste von Motoröl kleben, die bei der gestrigen Dusche nicht hatten verschwinden wollen und die Augenringe des 27jährigen zeigten, dass er eigentlich viel zu viel arbeitete. „Ich muss los…“ Mit diesen Worten sprang Dean Winchester aus dem Bett. Er verließ sein Zimmer und ging über den Gang ins Bad. Sein Blick schweifte über die Badewanne und er grinste leicht. War er froh das Sammy heute wieder kam. Auch wenn das bedeutete, dass es noch ziemlich viel Streit geben würde, aber das würden sie schon meistern. Mit diesem Gedanken stieg er in die Dusche und drehte den Wasserhahn auf. Kälte durchfuhr ihn und er schwor, dass er sich bald um den Boiler kümmern würde, aber dafür hatte er einfach keine Zeit gehabt. Wenigstens war er jetzt wach. Vor Nässe tropfend stieg er aus der Dusche, griff nach einem Handtuch und rubbelte sich kurz ab, ehe er sich eine neue Boxershort aus dem kleinen Badschränkchen nahm und seine zerfetzte alte Jeans anzog. Ein graues T-Shirt lag über der Badewanne, Dean nahm es hoch und roch daran. Das konnte man noch tragen. Schnell zog er es sich über und ging zum Waschbecken. Rasiert hatte er sich erst gestern, doch langsam kamen wieder ein paar Stoppeln durch. Ach das würde auch niemanden schaden, er hatte jetzt einfach keine Lust sich extra hübsch zu machen. Schließlich hatte er noch eine gute Wegstrecke vor sich und Frühstücken wollte er auch noch. Kurz um verließ er das Bad und ging langsam die Treppe nach unten. Hier hatte sich seit seiner Jugend kaum etwas geändert… Na ja bis auf die Reparaturen, die nach dem Brand von Nöten gewesen waren. Als er so versonnen durch die Gegend sah, viel sein Blick urplötzlich auf ein Bild, dass er schon kaum mehr wahrnahm. Seine Mum und sein Dad. Sie sahen auf dieser Fotographie wirklich glücklich aus. Man könnte fast meinen sie wären eine richtig glückliche Familie. Dean seufzte leise und ging in die Küche. Der Kühlschrank war voll gepackt mit Essen, der Blonde hatte gestern erst eingekauft, und so viel die Entscheidung ziemlich schwer. Schließlich zog er doch nur einen Eiskaffee aus dem Regal und schloss die Türe wieder. Das ging um einiges Schneller. Essen konnte er später auch noch. Dean hielt kurz inne, eh er sich ein Glas aus dem Schrank holte und den Tetrapack öffnete. Während er einschenkte, erinnerte er sich wie er früher seinem kleinen Bruder Orangensaft versorgt hatte. Eigentlich hatte er sich immer um den braunen Wuschelkopf gekümmert. Ein kurzes Seufzen entkam Dean. Er wollte sich eigentlich nicht an die Vergangenheit erinnern. Sie war nicht um sonst vergangen und so gut es ging in Vergessenheit geraten. Zehn Minuten später war Dean fertig mit Frühstück, hatte seine Lederjacke übergeworfen und den Autoschlüssel in Händen. Vor der Tür stand sein Wagen. Das Schwarz des Impalas glänzte in der hell leuchtenden Sonne und zauberte ein verträumtes Grinsen auf seine Lippen. Man konnte seinem Vater ja viel nachsagen, aber Autogeschmack hatte er zumindest. Der Winchester sperrte auf und ließ sich in den Sitz gleiten. Mit einem lauten Röhren erwachte der Chevy zum Leben und fädelte dann in den Verkehr ein. Knapp 20 Minuten später bog der schwarze Impala in die Airport Road ein. Laute Klänge von Metallica drangen durch die geöffnete Fensterscheibe als Dean in den Kreisverkehr vor dem Flughafengebäude einbog und einen Parkplatz suchte. Die meisten Lücken waren schon belegt sodass der Blonde leise aufseufzte. Manchmal war sein Wagen echt unpraktisch. In diesem Moment fuhr ein Wagen einige Meter vor ihm aus einer Parknische und gab genügend Platz für den Chevy. Dean zögerte nicht lange, zog den Wagen rüber und parkte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass Sam in knapp 20 Minuten landen sollte. Hoffentlich war alles gut gelaufen. Mit diesen Gedanken stieg er aus und ging den Weg zurück zum Flughafen. Kurz vor dem Eingang bemerkte er rechts eine blaue Familienkutsche. Das war der Wagen von Jess. Sie war anscheinend auch da um Sam abzuholen. Dean strich sich einmal durch sein Haar ehe er entschlossen auf das Gebäude zuging. Sie würde schon noch sehen… Im Innern des Flugzeuggebäudes war einiges los. Menschen tummelten sich in den Geschäften und der Lärmpegel war schon kaum mehr auszuhalten. Dean sah sich einmal prüfend um und entschied dann, dass er sich gleich zur Empfangshalle aufmachen wollte. Hier war ihm entschieden zuviel los und außerdem hatte er alles zuhause was er brauchte… Na ja fast alles. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ging er den breiten Hauptgang entlang. In der Halle war noch nicht ganz soviel los. Einige Frauen standen erwartungsvoll an den hohen Fenstern und versuchten das nahende Flugzeug zu erspähen, andere saßen auf den Bänken und unterhielten sich laut über ihre mutigen Helden. Gleich rechts befand sich das Joe’s Landing Cafe in dem heute auch kaum ein Platz mehr zu finden war. Dean überlegte kurz ob er es trotzdem versuchen sollte, schließlich dauerte es noch bis der Flieger kam und Kaffee war immer eine gute Alternative, doch da machte ihm das Leben mal wieder einen Strich durch die Rechnung. „Hey DEAN…“ rief auf einmal eine hohe Stimme hinter ihm. Der Winchester biss sich kurz auf die Lippe ehe er sich mit einem gezwungenen Lächeln umdrehte. „Hallo Jess.“ Grüßte er kurz die näher kommende Blondine die sich sofort an seinen Hals klammerte. „Ach ist das schön dich zu sehen. Gut das er heute wieder kommt, nicht? Ich hab ihn ja so vermisst, aber er wollte ja unbedingt hier landen und nicht in Palo Alto… Obwohl wir da ja gleich…“ Sie kicherte leise und sah Dean leicht verlegen an. „Na ja … du weißt schon.“ Dean zog eine Augenbraue in die Höhe, nickte dann aber nur. Was bildete sich diese Tusse eigentlich ein? Sam gehörte ihm. Nur ihm und mit der würde sein kleiner Bruder überhaupt nichts mehr machen. Dafür würde er schon sorgen… Und überhaupt… Er war so in Gedanken vertieft das er gar nicht mitbekam wie Jess weiterredete. Als er wieder aufnahmefähig war hörte er nur noch etwas von neuer eigener Wohnung und Abschlussarbeit. Als ob ihn das interessieren würde. „Hey, was hältst du davon wenn wir uns einen Platz holen und ich uns Kaffee besorge?“ das er mit dieser Frage den Redeschwall der Blondine unterbrach war ihm ziemlich egal und der verdutzte Blick seines Gegenübers war es allemal wert gewesen. „Äh.. ok… Ich setzt mich da drüben ans Fenster…“ Dean seufzte war ja klar, dass sie sich zu den Tanten setzten wollte die am Fenster lungern als wären sie auf Entzug und erwarteten in wenigen Minuten ihren Dealer. Das hätte er nie gemacht. Kurz biss sich der Blonde auf die Lippen. Na ja wenigstens nicht so offensichtlich. Wenig später saß er mit einem heißen Coffee-to-go neben Jessica und starrte auf die Landebahn. In wenigen Minuten müsste der Flieger landen und dann würde er Sam endlich wieder haben. Verdammt es war echt lange her. Ein kurzes Seufzend verließ seine Lippen als am Horizont plötzlich eine silberne Maschine auftauchte. Das Flugzeug wurde schnell größer und setzte zum Landeanflug an. Deans Herz begann schneller zu schlagen, die ganze Anspannung der vergangenen Monate fiel von ihm ab. Ruckartig stand er auf und ging nun auch näher zum Fenster. „Man Dean.. nimm mich mit…“ meckerte Jess hinter ihm, doch sie schien nicht durch die kleine Ansammlung hindurch zukommen die sich vor dem Fenster gebildet hatte. Der Blonde stand ganz vorn und beobachtete das ausrollen des Flugzeugs. Als es endlich zum stehen gekommen war, wurde eine Treppe an den Rumpf angedockt und die Menschen strömten heraus. Mehrere Männer mit Armeeuniform verließen die Flugzeug und machten sich auf den Weg in die Empfangshalle. Deans Blick flog über die Passagiere, doch er konnte seinen Bruder nirgends entdecken. So sehr konnte Sam sich doch in diesem knappen Jahr nicht verändert haben. Ein komisches Gefühl machte sich in seinem Magen breit, während er nervös an seiner Unterlippe knabberte. Das war gar nicht gut. Die meisten Leute die um ihn herum gestanden waren verließen jetzt diesen Aussichtspunkt und gingen zur Gepäckausgabe um dort ihre Liebsten in Empfang zu nehmen. „Hast du ihn schon gesehen?“ fragte Jess die sich jetzt neben ihn am Fensterbrett abstützte. Anstatt eine Antwort zu geben, stieß sich der Winchester ab und begab sich ebenfalls zu den Ankommenden. Er hatte ihn sicher nur übersehen. Da war er sich ganz sicher… Dean beobachtete wie immer mehr Familien zusammen fanden, Männer ihre schweren Seesäcke vom Band nahmen und mit kleinen und größeren Schildern in Empfang genommen wurden. „Welcome home troups“ konnte er auf einem lesen, ehe sein Handy klingelte. „Yeah.“ „Hey Dean, ich bin Dan. Ich wollte dir nur sagen, dass die Sache mit deinem Urlaub klar geht. Ich habe alles weitere mit Jonny geklärt. Mach dir ein paar schöne Tage, Junge.“ Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Winchesters. „Danke Dan, du bist der beste. Bis in zwei Wochen.“ Er legte auf und streckte sich kurz. Sein Boss war manchmal echt der beste. Dean arbeitete jetzt schon seit fast 9 Jahren in der Werkstatt von Daniel Booksheet und war so was wie die rechte hat des Inhabers geworden. Das hieß zwar gute Bezahlung, aber ziemich wenig Freizeit. Seit Jahren hatte der Blonde keinen langen Urlaub mehr gehabt und jetzt gleich zwei Wochen. Es lief doch echt gut heute, jetzt musste nur noch Sam endlich auftauchen. „Wo bleibt er nur?“ Jess stand auf einmal hinter Dean, was diesen dazubrachte kurz zusammen zu zucken. „Ich weiß es nicht.“ Gab er dann aber ehrlich zu und hoffte das sie jetzt einfach die Klappe halten würde. „Vielleicht hat er die Maschine nicht gekriegt oder…“ man hörte schon beim Unterton der Blonden auf was sie hinauswollte. Dean drehte sich blitzschnell um und starrte sie böse an. „Sag so was nicht.“ Dann drehte er sich wieder um und suchte die Halle nach seinem kleinen Bruder ab. Er musste hier doch sein. Langsam klärte sich die Halle. Es standen nur noch wenige Leute da und schienen genauso ungeduldig zu warten wie er und Jess. Da war doch irgendwas faul. Vielleicht hatten sie Sam noch dabehalten weil es zu neuen Kriegerischen Aktivitäten gekommen war, oder er hatte wirklich den Flieger nicht gekriegt. Dean strich sich ein mal durch seine Haare und seufzte. Das war ja nicht zum aushalten. „Entschuldigen Sie… Sind sie Jessica Moore und Dean Winchester?“ Die Stimme klang hart, doch zugleich feminin. Dean drehte seinen Kopf nach rechts und sah auf eine etwas kleinere braunhaarige Soldatin herab. Ihr Haar war streng nach hinten gekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. „Ja, das sind wir…“ antwortete Jess für sie beide und trat einen Schritt näher zu dem Winchester. „Mein Name ist Carol O’Brian und ich möchte ihnen sagen, dass es mir sehr leid tut, dass…“ Die Braunhaarige stockte und sah zuerst Dean in die Augen, ehe ihr Blick zu Jess wanderte. „Was tut ihnen leid?“ Der Winchester empfand seine eigene Stimme als kalt und fremd. Es war etwas passiert, da war er sich sicher. „Nun ja, es….“ Wieder stockte die Frau und Dean wurde fast Wahnsinnig. Wieso sagte sie nicht einfach was los ist. Nervös kaute der Blonde an seiner Unterlippe als er sah wie die Soldatin neu ansetzte. „Es tut mir sehr leid ihnen mitteilen zu müssen, das Samuel Winchester bei seinem letzten Auftrag tödlich verunglückte ist.“ Carol O’Brian sah von einem zum anderen ehe sie tief ausatmete. „Es tut mir leid.“ Dean stand einfach nur da. Neben ihm ging Jess weinend auf die Knie. Er bemerkte es kaum. Sam war tot? Einfach so? Sie hatten doch vor ein paar Tagen noch telefoniert. Das war doch nicht möglich. Das durfte nicht sein. Irgendjemand sprach mit ihm. Er wusste nicht wer und auch nicht über was. Ohne zu wissen was er tun sollte drehte er sich um und ging. Seine Schritte trugen ihn wie von selbst zurück zum Fenster, wo er vorhin noch nach seinem kleinen Bruder ausschaugehalten hatte. Sam musste da unten irgendwo sein. Er war sich absolut sicher, dass sich diese Carol getäuscht hatte. Die falschen Leute angesprochen hatte. Seine Faust knallte gegen die Scheibe. „Sam… Sammy.. wo bist du …“ flüsterte er leise und spürte eine einzelne Träne über sein Gesicht rinnen. „Entschuldigen sie….“ Die Stimme erklang hinter ihm und es war nicht die von Jess. Kurz atmete er durch und wischte sich über die Augen ehe er sihc umdrehte. Carol O’Brian stand vor ihm und hielt ihm einen Seesack entgegen. „Das sind die persönlichen Sachen ihres Bruders. Er wollte das sie sie bekommen. Ich… Ich kannte Sam gut und es tut mir leid was passiert ist… Falls sie reden möchten…“ Dean hob abwehrend die Hand. „Nein, danke.“ Er warf sich den Seesack über die Schulter und ließ die Braunhaarige einfach stehen. Er musste hier weg und zwar schnell. Das war alles nur ein böser Traum. Er musste nur aufwachen. Mit diesem Gedanken machte er sich auf den Weg zu seinem Wagen. Zuhause angekommen holte er den Seesack aus dem Kofferraum und trug ihn ins Haus. Sein Innerstes war so leer. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Im Wohnzimmer angekommen, setze er den Seesack sanft ab und ließ sich dann auf die Couch fallen. Sein Blick lag auf dem grünen Tarnstoff. Sollte er ihn öffnen. Innerlich hin und her gerissen zog er dann den Verschluss auf und leerte mit geschlossenen Augen den Inhalt auf dem Boden aus. Es klimmpert und krachte ein paar mal, dann kam kein Geräusch mehr. Dean öffnete die Augen und starrte auf das Chaos das er angerichtet hatte. Kleidungsstücke, Bücher, Bilder… Alles von Sam. In dem Moment stieg ihm auch der gewohnte geruch seines Bruders in die Nase. Er musste schlucken und spürte dabei den Klos in seinem Hals anschwellen. Die ersten Tränen bahnten sich bereits ihren weg über die Wangen des gebrochenen Mannes. Das war alles was übrig geblieben war. Er griff nach dem grauen T-shirt, mit dem Gehirnvogel, wie er das Bild gern genannt hatte und drückte es an sich. Es war vorbei. Sam würde nie wieder durch diese Tür kommen. Er würde ihn nie wieder küssen und sie würden niemals miteinander schlafen. Gott… hätten sie nur vor seiner Abreise… Dean biss sich auf die Lippen und ließ seinen Tränen dann freien lauf. Die nächsten Tage verliefen in einem grauen Dunst zwischen Trauer und Alkoholkonsum. Die Dogmarks von Sam hatte sich der ältere Winchester umgelegt und trug sie immer auf seiner nackten Haut. Die Shirts und Hosen lagen sauber zusammen gelegt auf Sams Bett in dessen alten Zimmer. Nur das graue Shirt lag bei Dean im Bett und trocknete. Die Augenringe des Dreißigjährigen waren so dunkel wie noch nie in seinem Leben, doch immer wenn er schlief, sah er Sam. Der Schmerz, wenn er wieder wach wurde, war mit jedem Mal unerträglicher geworden. Deshalb versuchte er sich seitdem mit Kaffee und Coffein-Tabletten wach zu halten. Dämmernd lag Dean auf dem Sofa und spielte gedankenverloren mit den beiden silbernen Marken in seiner Hand. Neben ihm stand eine halbleere Flasche Bourbon und ein Bild von Sam. Deans Gefühlslage beschränkte sich auf Schmerz und Verdrängung. Gerade als er einen neuen Schluck aus der Flasche nehmen wollte klingelte es. Die Augenlieder des Winchesters flackerten, doch dann stand er auf. Schon wieder erscholl die Türklingel und als der dunkelblonde die Tür öffnete, hätte er sie am liebsten gleich wieder zu geschlagen. „Du siehst schrecklich aus.“ Jess Stimme klang schockiert und sie nahm fast automatisch zwei Schritte Abstand zu ihm ein. „Ich wollte dir nur sagen, dass…“ sie schluckte schwer und schien Tränen aus ihren Augen pressen zu wollen. „Dass… die Beerdigung heute abend ist. Du hast nicht auf die Anrufe reagiert und ich wollte nicht… Naja…“ Etwas unschlüssig sah die Blondine umher. Anscheinend wusste sie nicht was sie sagen sollte und Dean reagierte ja auch in keiner Art und weise. „Äh… Weißt du, Beerdigungen sind gut für den Trauerprozess. Es täte dir bestimmt gut wenn du kommst. Er wird neben euren Eltern beerdigt. 18 Uhr…“ meinte sie dann noch zögerlich und sah Dean dann fragend an. „Dean?“ Der Blick aus den Grünen Augen war leer und schien die Blonde zu erschrecken. „Wir.. wir sehen uns dann…“ nuschelte sie nur noch und rannte zurück zu ihrem Wagen. Trauerprozess… Dean schnaubte. Da sah man ja mal wie viel Sam der guten Jess bedeutet hatte. Geräuschvoll schlug die Tür zurück ins Schloss. Sanft strich Dean über die unbescholtenen Lacken von Sams Bett. Sein Anzug saß tadellos. Sam hätte ihn wahrscheinlich ausgelacht, wenn er ihn so gesehen hätte. Er musste lächeln, als er daran dachte, wie oft er den Jüngeren aus diesem Bett geschmissen hatte, nur damit dieser nicht zu spät zur Schule kam. Seine Gedanken durchlebten nochmal all die glücklichen Stunden und blieben schlussendlich an dem verregneten Abend hängen, als Sam aus heiterem Himmel vor der Tür gestanden hatte. Die breiten Schultern zusammen gefallen, die längeren Haare nass in der Stirn hängend und mit geröteten Augen. „Was ist passiert?“ fragte Dean und zog seinen jüngeren Bruder ins Haus. Da er weder ein Leihauto noch sonst irgendetwas entdeckte, war der Jüngere wohl Bus gefahren. Sam reagierte nicht, doch das Zittern des athletischen Körpers machte dem Älteren sorgen. Entschlossen zog er ihn ins Bad. „Zieh dich aus…“ befahl Dean dann sanft und half dann doch dem Durchgefrorenen aus seinen nassen Klamotten. Deans Finger zuckten leicht, als er die kalte Haut berührte die unter den Stoffen hervor trat. Er selbst hatte sich schon lange eingestanden, dass er ein perfides Verhältnis zu Sam führte. Der jüngere konnte ja nicht ahnen welchen Einfluss er auf seinen älteren Bruder hatte. Als der Braunhaarige dann nackt und ziemlich verloren im Zimmer stand und sich nicht rührte, schob Dean ihn in die Dusche und drehte das warme Wasser auf. Stillschweigend beobachtete er durch das Glas wie sein Bruder langsam wieder auftaute und anfing sich zu duschen. Dass sein Blick des Öfteren an den intimen Stellen hängen blieb versuchte der Blonde einfach zu ignorieren. Gefühlte Stunden später drehte der jüngere Winchester das Wasser wieder ab und verließ die Duschkabine. Dean warf ihm ein Handtuch zu und Sam trocknete sich ab. Danach nahm er ein weiteres Handtuch vom Stapel und band es sich um die Hüften. Fragend sah der Kleiner zu seinem Bruder auf. „Sagst du mir jetzt was los ist?“ fragte Dean dann nocheinmal, wagte es aber nicht auf Sam zu zugehen. Er war sich nicht sicher ob er an sich halten konnte, jetzt nachdem er Sam so lange hatte betrachten können. „Jess hat mich betrogen.“ Die Worte kamen nur stockend aus dem Mund des Jüngeren. Intuitiv trat Dean jetzt doch näher und zog den anderen dann in seine Arme. Sanft streichelte er ihm über den Rücken. „Tut mir leid…“ flüsterte er dann nah am Ohr des anderen, als er plötzlich eine Hand in seinem Nacken spürte. Er blickte Sam in die Augen, die immer noch die Spuren seiner Tränen trugen. „Ich hätte das nicht machen sollen. Ich hätte es einfach nie versuchen sollen… Konnte ja nicht gut gehen…“ gab der andere dann mit erstickter Stimme zu und Dean sah schon das erneute Glitzern in den Augen seines Bruders. „Was meinst du…“ Sam sah ihn traurig aus seinen Haselnussbraunen Augen an. „Ich liebe Jess nicht. Ich liebe dich.“ Erst danach war Sam mit der ganzen Wahrheit raus gerückt. Der Betrug von Jessica lag schon einige Wochen zurück, doch Sam hatte sich vor lauter Wut und enttäuschung für die Army eingetragen. Ein paar Tage später hatte er sich wieder mit Jess versöhnt, aber jetzt war der Brief gekommen. Er sollte seine Grundausbildung absolvieren und danach sofort in den Irak. Seine blonde Freundin war total stolz auf ihn, doch Sam war sich in den letzen Wochen darüber klar geworden, dass er nicht Jess sondern Dean wollte. Jetzt gab es allerdings kein Zurück mehr. Als er Dean all das gebeichtet hatte wurde Sam kreidebleich. Man sah ihm an, dass er diese Offenbarungen eigentlich nicht so hatte machen wollen. Außerdem zuckte er angstvoll weg als Dean ihm die Hand auf die Schulter legte. „Bro es… Es tut mir…“ fing Sam an, der sich gar nicht vorstellen wollte, was Dean zu einem Ich liebe dich zu sagen hatte, doch statt irgendwelcher Worte fanden sich einfach nur die Lippen der beiden Brüder. Wütend schlug Dean gegen die Wand. Damals hätte er Sam einfach nicht gehen lassen sollen, doch sie hatten sich dazu entschlossen, dass sie sich beide nochmal ihre Gefühle durch den Kopf gehen lassen wollten und wenn nach Sams Einsatz alles noch so war wie am heutigen Tag wollten sie es Jess sagen und hier in Lawrence zusammen leben. An ihren Gefühlen hatte sich nichts geändert. Nur an den Lebensgrundlagen. Dean wischte sich über seine geröteten Augen. Er musste zur Beerdigung. Der kalte Wind, der über dem Friedhof wehte, passte zur Stimmung die den Winchester umfangen hatte. Der Abschiedsgottesdienst war an ihm abgeprallt. Wenn er ehrlich war konnte er nur noch an Sam denken, seit dem er den Sarg gesehen hatte. Eine offene Aufbahrung war leider nicht möglich gewesen. Wie Dean erst heute erfahren hatte, war sein Bruder bei einer Explosion ums Leben gekommen. Irgendwie schade. Er hätte den anderen gerne nocheinmal gesehen. Jetzt stand er neben all den anderen Trauernden und sah zu wie der Sarg in die Erde hinabgelassen wurde. Wie für gefallene Soldaten üblich wurden Gewehre abgefeuert und die Flagge ein letztes Mal gefallten. Als trauernde Freundin bekam Jess diese ausgehändigt. Dean machte es nichts aus. Schon als er die Kirche betreten hatte, war ihm klar gewesen, dass er den Friedhof nicht mehr verlassen würde. Sein Blick flog unfokusiert über die Trauernden. Wer von den Anwesenden kannte Sam den wirklich. Wer wusste von ihrer innigen Liebe. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als der Pfarrer die letzten Worte sprach und die Beerdigung somit beendete. Die theatralisch weinende Jess wurde mit Beileidsbekundungen überhäuft, während Dean von niemandem Notiz nahm. Sein Blick war stur auf das Grab seines Bruder gerichtet, das neben dem seiner Eltern lag. Viel zu früh… Dachte er sich und sah dann auf. Die meisten Trauernden waren bereits gegangen und jetzt wurde nur noch das Grab gefüllt. Danach drapierten die Arbeiter die Blumenkränze neu und verschwanden dann auf. Für Dean schien die Zeit einfach still zu stehen. In den letzen Wochen hatte er sich viele Gedanken gemacht. Wie es weiter gehen sollte, für was es sich jetzt zu leben lohnte und warum es soweit gekommen war. Leider konnte er auf keine dieser Fragen eine befriedigende Antwort finden. Zumindest keine die den Umstand weiterleben beinhaltete. Als endlich alle den Friedhof verlassen hatten, sank er neben dem Grab auf die Knie. Ihm lagen Wörter wie Warum? oder Komm zurück! auf den Lippen doch schlussendlich flüsterte er nur leise: „Ich liebe dich.“ Der darauffolgende Schuss ebnete einen Weg, den Dean Winchester mit einem Lächeln ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)