Criminal Minds - Motel von Flitzkatze (Reid x Prentiss) ================================================================================ Kapitel 1: Eskalationsstrategie ------------------------------- Emilys Kopf lehnt an der Scheibe, ihre Lider sind geschlossen. Eine Hand hat sie immer noch am Lenkrad. „Nur eine kurze Pause“ ist das nicht. Und „Ich bin nicht müde“ sieht anders aus. „Ich kann weiterfahren“, schlage ich vor. Sie stößt einen verächtlichen Laut aus, ihr Brustkorb hebt sich kurz. „Du kannst nicht weiterfahren“, murmelt sie. „Wieso nicht? Du bist totmüde, ich bin den ganzen Tag nur gesessen.“ „Reid: Nein.“ Sie zieht die Augenbrauen zusammen. „Aber wieso nicht? Nenn mir doch mal bitte einen fundierten Grund, warum du es so gar nicht in Betracht ziehst, das Lenkrad deines geliebten Autos in meine Hände zu geben.“ Jetzt werde ich nervig. „Herrgott, Reid!“, stöhnt sie, lässt dabei die Augen geschlossen und schüttelt nur ein wenig den Kopf. „Ich lasse dich nicht fahren! Weil es immer noch mein Auto ist!“ Und außerdem...“ Sie seufzt und setzt sich auf, „Mal abgesehen davon, dass dir der Schein vermutlich vorübergehend entzogen wurde, bist du immer noch krank und geschwächt.“ Ihre Lider hängen auf Halbmast, während sie in die Leere hinter der Windschutzscheibe starrt. Ach. Immer dieses „Du warst bis gestern noch in Therapie“-Argument. Herrgott. Wie hat Morgan gesagt? „Therapien sollen Menschen gesund machen.“ Das sollte er Prentiss mal verinnerlichen. Ich darf mir schon die ganze Fahrt „krank und geschwächt“ anhören und langsam, ganz langsam, werde ich dessen überdrüssig. „Emily, du bist totmüde, so kommen wir bestenfalls bis zum nächsten Straßengraben.“ So viel Sturheit in einer Person. Sie seufzt. „Jaah. In Gottes Namen, ja. Ich halte am nächsten Motel.“ Ich grinse. „Manchmal könnte ich dich wirklich...“, knurrt sie, der Rest des Satzes nur ein ungerichtetes Murmeln. Mission erfüllt. * Ich steige aus, Emily wankt aus dem Wagen. Sie streckt sich, gähnt und geht zum Kofferraum. Ich trotte ihr hinterher wie ein Hündchen. „Hier“, sagt sie und reicht mir ein weinrotes Stoffbündel. „Was ist das?“, frage ich mit einem Stirnrunzeln und mustere das Teil im schwachen Licht einer Laterne. „Zieh es an“, murmelt sie und kramt eine Zahnbürste hinter dem Verbandskasten hervor. „Das ist nicht dein Ernst.“ Trainingsjacke, weinrot, Samt, Größe 36. „Meinst du nicht, du erfrierst sonst ein wenig?“, tönt es gleichgültig aus den Untiefen des Kofferraums. Ich sehe an mir herab. Japp. Die Jogginghose ist warm, aber Badelatschen und T-Shirt machen sich auf Blitzeis nicht sehr gut und wenn ich ganz ehrlich bin, dann macht die leichte Gänsehaut auf meinen Oberarmen einer Reliefkarte der Rocky Mountains Konkurrenz. Wer konnte denn wissen, dass das Team unvermutet Verstärkung braucht, und zwar so dringend, dass der noch „kranke und geschwächte“ Spencer, seinerseits vom Teamarzt noch zwei Monate vom Berufsalltag befreit, einquartiert in einer klinisch weißen Reha-Anstalt, reaktiviert werden muss? Und er sich am Ende des Tages, nach völlig überstürztem Aufbruch, seit an seit mit einer kratzbürstigen, weil übermüdeten (und sich eigentlich selbst im wohlverdienten Urlaub befindenden) Emily Prentiss, geschätzte drei Klimazonen nördlich von Quantico befindet? Ich zaudere also. Kämpfe mit mir. Winsle vor Kälte. „Ach komm schon, Pretty Boy, entdecke deine feminine Seite!“, meint Emily spöttisch und zieht in Richtung Motel ab. Ich merke förmlich, wie sich mein Blick verfinstert. Dann überwinde ich mein Alter-Ego, das auf unsere Menschenwürde verweist, und zwänge mich in ihren Pulli. Er riecht nach Autoreifen. * „Hallo?“ Emily bearbeitet die Klingel auf der Theke. „Hallo!!!“ Aus einem Hinterzimmer schleicht eine etwas untersetzte Gestalt. Es ist ein älterer Herr, Anfang 60 würde ich schätzen, rote Knollennase mit leuchtenden Äderchen (Alkoholiker.) Er trägt ein Feinrippunterhemd und eine halbgerauchte Zigarillo hängt in seinem Mundwinkel. Er mustert uns verwundert. Ich fasse zusammen: Spencer Reid - Dunkelblaue Jogginghose, die ihre besten Tage schon gesehen hat, über - grauen Sneakersocken bei gefühlten minus 50 Grad (Tatsächlich wohl minus sieben. Celsius, versteht sich) in - Gummischlappen. Getoppt von - langen, fettigen Haaren über einem - nervösen Lächeln. Trägt - ein zu kleines rotes Samtjäckchen, das an bestimmten Stellen unvorteilhafte Ausbeulungen aufweist und in dessen Taschen er verlegen seine Hände steckt. Was albern aussieht. Emily Prentiss - in an den Füßen gerissener Feinstrumpfhose, geschickt kaschiert durch - alte, schmutzige, ausgelatschte Laufschuhe, denen die Pumps auf halber Strecke gewichen sind. - Kostüm: Blazer und Rock, beides zerknittert und getragen, auf der desaströsen Hochzeitsfeier eines Freundes, die sie mit ihrem plötzlichen Verschwinden nach Anruf durch Boss ruiniert haben musste; und das alles nur wegen des Kleinen, den sie, lästigerweise, a.s.a.p., mit einzupacken hatte und nun am Rockzipfel hängen. - Bluse mit Schweißflecken – durchaus passend zu - sich langsam aber sicher auflösender Turmfrisur und - einer Miene, der man alles zutraut. Mord, vorallem. Der ältere Herr weiß nicht, was er sagen soll, und ich kann es ihm kaum verübeln. Er öffnet den Mund, schließt ihn wieder, öffnet ihn wieder und fragt: „Doppelzimmer?“ „NEIN.“ Die Wucht von zwei energischen, sofort reagierenden, scharfen Stimmen lässt den armen Mann zusammenzucken. Ein wenig Asche staubt von der Spitze der Zigarillo auf die Theke. Verunsichert zieht er die Computertastatur an sich heran und schielt immer wieder mit einem Auge auf den Bildschirm. Mit dem anderen fixiert er uns, ein wenig ängstlich, muss ich sagen. Kein Wunder. Emily straft ihn und sein ausgebuchtes Motel mit Todesblicken, die sogar mich frösteln lassen. Der Computer gibt ein verdächtiges Geräusch von sich und Emilys Kopf schnellt herum. Sie starrt das Männchen an. Es erzittert angesichts ihrer Blickgewalt. „Tut mir leid. Nur noch Zweierzimmer frei.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)