Black, black heart von lunalinn (...why would you offer more?) ================================================================================ Kapitel 3: That butler, his valentine ------------------------------------- Es gab einige Tage im Jahr, die Ciel Phantomhive über alle Maßen hasste. Da war zuerst einmal sein eigener Geburtstag, den er vor fünf Jahren das letzte Mal aus freiem Willen und mit echter Freude gefeiert hatte. Seit jenem Tag…seinem zehnten Lebensjahr, dem 14. Dezember, an dem sich alles verändert hatte, verfluchte er diesen Tag. Die Erinnerung daran verbannte er die meiste Zeit über aus seinem Gedächtnis, da er es sich nicht leisten konnte, darin fest zu hängen. Die Gegenwart und Zukunft waren es, die bedeutend für ihn waren, schließlich hatte er nicht grundlos einen Pakt mit einem Dämon geschlossen. Der zweite Tag nannte sich Weihnachten und das einzig Positive, das Ciel diesem Fest noch abgewinnen konnte, waren die schwarzen Zahlen, die um den Dezember herum rasant in die Höhe stiegen. Seine Firma, Funtom, war schließlich ein voller Erfolg und Kinder hatten nun mal ein Talent dafür, ihre Eltern solange zu nerven, bis sie ihnen das gaben, was sie wollten. Ansonsten ging ihm dieser Tag lediglich auf die Nerven – genau wie all diejenigen, die jedes Jahr aufs Neue versuchten, ihn zum Feiern zu bewegen…das war die gleiche Tragödie wie an seinem Geburtstag. Und kaum hatte man diese beiden grauenhaften Tage überwunden, stand auch schon wieder das nächste Ereignis vor der Tür…es war zum Kotzen. Vielleicht wäre der so genannte Tag der Liebenden ja auch nur halb so schwer zu ertragen gewesen, wenn er nicht mit einem Kitsch liebenden Mädchen verlobt gewesen wäre. Es war doch jedes Jahr die gleiche Leier…Ciel traute sich kaum, sein Arbeitszimmer zu verlassen, befürchtete er doch, dass seine geschmackvolle Empfangshalle bereits wieder zu einem rosafarbenen Albtraum mutiert sein würde. Er erinnerte sich schaudernd an das letzte Jahr…vermutlich würde Elizabeth ihre Faible für Niedliches niemals ablegen. Selbst mit sechzehn Jahren war sie immer noch eine überaus kindische Frohnatur, die seine Nerven strapazierte, wo es ihr nur möglich war. Und dieses Mädchen sollte er einmal heiraten…was für eine Katastrophe. Er seufzte leise, richtete die saphirblauen Augen dann wieder auf die Zeitung, die aufgeschlagen vor ihm auf dem Tisch lag. London schien zurzeit sehr ruhig zu sein und das bedeutete keine Arbeit für den Wachhund der Königin. Wie langweilig, dachte er und fixierte den Artikel oben rechts, wo ein glücklich lächelndes Paar abgebildet war. Ein paar Herzchen umrandeten das Bild und darunter standen ein paar Zeilen in kursiv gedruckter Schrift, die verkündeten, dass irgendeine Lady soundso heute einen gewissen Graf soundso heiraten würde. Eine lächerliche Platzverschwendung für so ein unbedeutendes Event…und das nur, weil die Hochzeit am Valentinstag stattfinden würde. Hoffentlich wusste Elizabeth nichts davon, das würde sie nur auf dumme Gedanken bringen; Ciel schauderte bei der Vorstellung, sie in einem roten Anzug mit aufgestickten, rosafarbenen Herzen zu ehelichen. Überhaupt konnte er sich nicht vorstellen, irgendwann einmal zu heiraten, mochte es Elizabeth oder ein anderes Mädchen sein. Die bloße Vorstellung davon stieß bei ihm auf Widerwillen, doch was hatte er für eine Wahl? So sehr er die Regeln der Gesellschaft manches Mal hasste – um zu bestehen, musste er sich nach ihnen richten. Was würde es ihn schon kosten, Elizabeth das zu geben, was sie sich so sehnlichst wünschte? Ciel schnaubte leise, als ihm ein Paar roter Augen, die ihn hämisch und tadelnd zugleich anschauten, in den Sinn kam. Ja…Sebastian hätte sich an seinen Zweifeln sicher erfreut, vor allem wo er sich in letzter Zeit sowieso sehr eigenartig benahm. Der junge Graf stützte das Kinn auf den Handrücken, schaute nachdenklich vor sich hin, während er die Beine überschlug. Eigenartig war sogar noch untertrieben, wenn man bedachte, dass sein Butler ihm eine Menge eindeutiger Avancen machte… Ciel schlug die Augen nieder, fixierte wieder das Paar auf der Seite…dann schlug er diese um, war froh es nicht mehr sehen zu müssen. Er hatte Sebastian nicht mal nach den Gründen gefragt, ihn lediglich scharf angewiesen, ihm niemals wieder derartig nahe zu kommen. Wie immer hatte der Ältere gelächelt und genickt, sich sogar für seinen angeblichen Fauxpas entschuldigt – Ciel glaubte ihm kein Wort. Sebastian log zwar nie, aber er umging die Wahrheit gern. Vielleicht bildete er es sich ja aufgrund dieses Vorfalls ein, aber Sebastians Berührungen waren seit einer Weile auch irgendwie…anders geworden. Oder nahm er sie nur anders wahr, weil er langsam älter wurde? Er seufzte entnervt über diese absurden Gedanken; eigentlich war es doch egal, denn etwas in dieser Richtung zwischen ihnen würde er niemals gutheißen können. Und außerdem wollte er es auch gar nicht. Warum dachte er auch jetzt darüber nach? So ein Unfug. Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken und er blickte auf, als Sebastian eintrat. Wenn man vom Teufel sprach…oder besser gesagt, wenn man von ihm dachte. „Mein Herr, Lady Elizabeth ist soeben eingetroffen.“ Das war nicht zu übersehen, denn die monströse, rote Schleife, die um den Hals seines Butlers lag, stach einem sofort ins Auge. Ciels Braue zuckte nach oben, doch er bewahrte wie immer die Contenance. „Dann schick sie wieder nach Hause!“, murrte er ein wenig trotzig und verschränkte die Arme. Sebastians Lächeln wurde eine Spur gequälter. „Das wäre höchst unhöflich, mein Herr…immerhin ist Lady Elizabeth Eure Verlobte. Sicher erwartet sie, dass Ihr ihr an diesem besonderen Tag ein Geschenk macht.“ Natürlich hatte Sebastian Recht, aber Ciel hatte weder Lust, sich mit dem blonden Mädchen zu beschäftigen, noch hatte er ein Geschenk für sie besorgt. Die letzten paar Tage hatte sein einziges Bestreben darin gelegen, sich mit wichtigeren Dingen von diesem scheußlichen Tag abzulenken. „Da Ihr es vermutlich auch dieses Jahr versäumt habt, Eurer Verlobten ein Geschenk zu kaufen, habe ich dies für Euch erledigt, junger Herr“, schalt sich Sebastian wieder ein und Ciel schnaubte verächtlich. „Wie pflichtbewusst von dir…“ Sebastian schaffte es sehr gut, den sarkastischen Tonfall des Jungen zu ignorieren. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht legte er den Kopf leicht schräg und schloss für einen Moment die Augen. „Nun, es wäre doch sicherlich ungemein peinlich für meinen Herrn, wenn er nicht mal an so eine Kleinigkeit denken würde.“ Ciels Ausdruck verfinsterte sich und seine Laune wurde noch um einiges schlechter, als sein Butler so mit ihm sprach. Es war ja nicht das erste Mal, dass ihn dieser verspottete…oder ihm etwas aufzwang, was angeblich gut für ihn sein sollte. Aber auch wenn ihn das alles unheimlich ärgerte, hatte er doch keine andere Wahl, als sich unwillig zu erheben, um mit Sebastian hinunter in die Halle zu gehen, wo Elizabeth auf ihn wartete. Auffordernd streckte er die Hand aus, kaum dass er vor dem Dämon stand und dieser blickte ihn gespielt überrascht an – als würde Ciel ihm diese Nummer abkaufen. „Das Geschenk.“ Sebastian musste sich ein Lachen verkneifen, als sein Herr ihn so sachlich aufforderte; das war ja wieder einmal typisch für ihn. Erst tat er so, als läge es nicht in seinem Sinn, dass er sich mal wieder um alles gekümmert hatte und dann hielt er ihm in verwöhnter Manier die Handfläche hin. Damit hatte er natürlich schon gerechnet, trotzdem sorgte es für die Belustigung des Dämons…und da er eben ein Geschöpf der Hölle war, hatte er sich eine teuflische Erwiderung überlegt. Es wäre doch langweilig, wenn alles immer so glatt laufen würde…und deshalb lächelte Sebastian seinen Herrn nur freundlich an. „Seid Ihr sicher, dass Ihr es jetzt wollt, junger Herr?“, fragte er scheinheilig. Verdutzt schauten ihn die tiefblauen Augen an, schienen nicht zu verstehen, was diese Frage sollte. Selbst mit seinen sechzehn Jahren war sein Meister noch etwas naiv, wenn es um Zweideutigkeiten ging…und dabei sollte er es doch inzwischen besser wissen. „Was soll die dumme Frage?! Natürlich will ich es jetzt! Also gib es mir!“, regte sich sein Herr auf und hielt ihm immer noch die Hand hin. Anscheinend fand Ciel sein kleines Spiel nicht halb so amüsant wie er selbst…aber das machte nichts, denn so wütender der junge Graf wurde, umso größer wurde Sebastians Spaß an der Sache. „Ist das ein Befehl?“, trieb er es auf die Spitze und hielt das Lächeln aufrecht. Das reichte. „Sebastian…ich befehle dir, mir dein Geschenk auszuhändigen!“ Kaum waren die gereizt klingenden Worte ausgesprochen, huschte ein dunkler Schatten über die Züge des Butlers und Ciel zuckte leicht zusammen, als sich die rot glühenden Augen auf ihn richteten. Das Lächeln wich einem selbstzufriedenen, süffisanten Ausdruck und bevor er nachfragen konnte, was es da so blöd zu grinsen gab, legten sich behandschuhte Hände an seine Wangen. Es war nicht so, als ahnte Ciel nicht, was nun folgen würde und er sollte damit Recht behalten, denn eine Sekunde später spürte er die Lippen des anderen auf seinen eigenen. Sanft und doch fordernd bewegten sie sich gegen seinen Mund, wobei die Zunge sich hinein zu stehlen versuchte. Ciel gab dem weder nach, noch ließ er sich darauf ein, stattdessen bohrten sich zornige Saphire in durchdringende Rubine. Ein lautes Klatschen unterbrach den Blickkontakt schließlich und Sebastian führte seine Hand aus reinem Reflex zu seiner Wange, die nun eine deutliche Färbung aufwies. Dann wanderte sein Blick wieder zu seinem Herrn, der sich alle Mühe gab, das Zittern in seinen Fingern unter Kontrolle zu bekommen und nicht doch noch einen Schritt zurückzuweichen. Sebastians Iriden fixierten ihn erneut und er versuchte, sich nicht davon einschüchtern zu lassen – das tat er sonst auch nie. Und es war ja auch nicht so, als wäre das hier ihr erster Kuss gewesen…nur hatte Ciel gedacht, dass er Sebastian klar gemacht hatte, dass er so was nicht wollte. Er sollte es nicht wollen. Er durfte es auch gar nicht wollen…nur wenige Türen weiter stand schließlich seine Verlobte. Und trotzdem er das alles wusste…ja, trotzdem wollte das warme Gefühl in seiner Brust nicht abebben. Verflucht…er musste endlich etwas sagen, um die Situation nicht noch peinlicher für ihn zu gestalten! „Was…fällt dir eigentlich ein?!“, fand er seine Sprache endlich wieder und hoffte dabei, dass man ihm die Scham, die er empfand, nicht ansah. Sein Butler ließ die Hand sinken, bedachte ihn mit einem undefinierbaren Ausdruck…bevor er wieder ein Lächeln aufsetzte, das geradezu skurril in dieser Situation wirkte. „Ihr hattet mir doch befohlen, Euch mein Geschenk zu geben, junger Herr.“ Ciel knirschte mit den Zähnen bei so viel Dreistigkeit und am liebsten hätte er ihn erneut geohrfeigt. „Du weißt genau, dass ich das nicht gemeint habe!“ Falsches Bedauern schlich sich in die Mimik des Älteren und er legte die Finger ans Kinn, seufzte schwer. „Nun, dann habt Ihr Euren Befehl wohl falsch formuliert, mein Herr. Dabei solltet Ihr doch inzwischen wissen, dass Ihr die richtigen Worte wählen solltet, wenn Ihr die Konsequenzen vermeiden wollt.“ Sebastian entging das Aufblitzen blanker Wut in den Augen seines Herrn keinesfalls und er ahnte schon, dass er gleich einen zweiten Befehl bekommen würde. Vielleicht hatte er ein wenig übertrieben, aber objektiv gesehen, war Ciel ja wirklich selbst Schuld. Er hätte sich ja auch denken können, dass der Dämon diesen Tag nutzen würde, um das zu bekommen, was der Junge ihm so selbstsüchtig verwehrte. Sicher, es war sehr unpassend, seinen Herrn in dessen Arbeitszimmer mit so einer Aktion zu überfallen, vor allem wenn dessen Verlobte zu Gast war…doch Sebastian musste sich eingestehen, dass ihm das gerade vollkommen egal war. Lady Elizabeth mochte ein nettes Mädchen von gutem Stande sein, aber wenn sie das Herz seines Herrn nach so vielen Jahren noch nicht erreicht hatte, würde sie auch in der Zukunft versagen. Es wäre nur fair gewesen, ihr die Hoffnung auf ein glückliches, gemeinsames Leben mit ihrem Verlobten zu nehmen, damit sie sich nicht länger darin verrannte – allerdings schien Ciel das selbst noch nicht eingesehen zu haben. „Gib mir jetzt endlich das Geschenk für Elizabeth.“ Es schien den jungen Herrn alle Kraft zu kosten, diese Worte mit Fassung an ihn zu richten und Sebastian gehorchte schweigend, holte eine schmale Schatulle aus seiner Tasche hervor. Lächelnd reichte er diese dem Jüngeren, welcher sie mit misstrauischem Blick öffnete. Jedoch hatte sein Herr an dem Inhalt wohl nichts auszusetzen, denn er schloss sie nach kurzem Betrachten wieder. „Eine Kette?“ „In ausgearbeitetem Silber zu einem angemessenen Preis und mit einem Smaragd, der der Farbe von Lady Elizabeths strahlenden Augen entspricht.“ Sebastian bemerkte sehr wohl den Blick, den ihm sein junger Herr auf diese Worte hin zuwarf und er konnte nicht verhehlen, sie absichtlich so gewählt zu haben. Nicht dass das Gesagte nicht der Wahrheit entsprochen hätte. „Ich wusste nicht, dass sich Dämonen für Frauen interessieren.“ Der lächerliche Versuch, gleichgültig zu wirken, misslang dem Grafen ziemlich und Sebastian schmunzelte innerlich darüber. „Ich müsste blind sein, würde ich nicht bemerken, was für eine Augenweide Eure Verlobte ist – Ihr könnt Euch sehr glücklich schätzen, junger Herr.“ Leider schien Ciel das gänzlich anders zu sehen, aber das war ja nichts Neues…Sebastian hatte die Eigenart der Menschen, sich selbst zu belügen, niemals verstanden. Es mochte an ihrem Stolz liegen…zumindest bei seinem Meister schien dies der Grund zu sein, dass er nach all den Jahren immer noch an dieser Pflichtehe festhielt. Sebastian wusste, dass es ihm nicht zustand, darüber zu urteilen, aber es fiel ihm jeden Tag schwerer, seine Gedanken für sich zu behalten. Dass er seinen jungen Herrn begehrte, das war selbstverständlich…jedoch hatte sich das anfangs nur auf dessen schmackhafte Seele bezogen. Ihm war schleierhaft, wann er damit begonnen hatte, sich auch nach dem Körper zu sehnen...und auch wenn Ciel ihn kontinuierlich zurückwies, wusste er einfach, dass dieser ihm nicht abgeneigt war. Er lebte schon so lange, hatte einige Menschen getroffen und auch wenn der Junge schwer mit jemandem zu vergleichen war, konnte er zwischen den Zeilen lesen. Aber gut…er würde sich erstmal zurückhalten und der Farce, die sich gleich abspielen würde, beiwohnen. „Ciel!!“ Einem Wirbelwind gleich kam das junge Mädchen auf ihn zu gerannt, wobei ihre blonden Locken durch die Luft flogen und die grüne Schleife, welche in der gleichen Farbe wie das Kleid leuchtete, zum Flattern brachte. Stürmisch warf sie sich geradezu in seine Arme und drückte ihn an sich – Ciel gab ein gequältes Keuchen von sich, als seine Cousine ihm einmal mehr die Sauerstoffzufuhr abschnitt. „Elizabeth!“, brachte er nur hervor und sie hielt inne. Tadelnd schaute sie ihn an, ließ bei dieser Gelegenheit von ihm ab und hielt nur seine Hände fest umschlossen. „Aber Ciel, du sollst mich doch Lizzy nennen!“, ermahnte sie ihn und zog eine Schnute. Als er allerdings nickte, schien die Sache sofort für sie vergessen und erneut lächelte sie ihn an. „Es ist so schön, dich zu sehen, Ciel! An so einem besonderen Tag...“ Eine zarte Röte legte sich auf ihre Wangen und ihre Augen schienen gleich noch mehr zu glänzen – Ciel ignorierte sein Unwohlsein, ebenso wie die vier Angestellten, die durch einen Türspalt aus dem Nebenzimmer heimlich zusahen. Sebastian hielt sich im Hintergrund, still lächelnd und den Blick gesenkt haltend – dieser Heuchler, vermutlich amüsierte er sich köstlich. „Ciel?“ Er zuckte zusammen und sah in Elizabeths fragende Miene. „Du…weißt doch, was heute für ein Tag ist, nicht wahr?“ Anscheinend bedeutete ihr das wirklich sehr fiel und deshalb spielte er das Spiel mit. Nur ein Tag…dann würde alles den gewohnten Gang gehen. „Natürlich weiß ich das“, erwiderte er daher und holte die kleine Schachtel aus seiner Tasche, reichte ihr diese. „Alles Gute zum Valentinstag.“ Sebastian musste sich durchaus ein Lachen verkneifen, denn die ganze Szenerie wirkte dermaßen steif und unbeholfen, dass sogar Lady Elizabeth seinen Herrn hätte durchschauen müssen. Vielleicht tat sie das ja sogar…obwohl, nein, vermutlich nicht. Das junge Mädchen war so naiv, dass es davon ausging, sein Herr hätte aus eigenem Antrieb ein Geschenk besorgt. Zumindest schien seine Intuition ihn nicht im Stich gelassen zu haben, denn kaum hielt Elizabeth die Kette in den Händen, da fiel sie seinem Meister auch schon wieder um den Hals. „Oh Ciel! Sie ist wunderschön! Danke, danke, danke! Du bist der beste Verlobte, den man sich nur wünschen kann!“ Sebastian verzog keine Miene, aber er dachte sich seinen Teil…Ciel wohl ebenso, denn er lugte aus den Augenwinkeln kurz zu ihm herüber. Jedoch sah er rasch wieder zu dem blonden Mädchen, als er auf ein Paar roter Iriden traf. Feigling, dachte der Dämon und lächelte noch etwas mehr. „Ich habe auch eine Überraschung für dich, weißt du?“, verriet Elizabeth mit einem Mal und das Gesicht seines Herrn wurde etwas blasser. Wahrscheinlich erinnerte er sich gerade an die letzten Überraschungen seiner Verlobten…und wenn man das mit einbezog, waren die Sorgen des jungen Grafen wohl berechtigt. „Tatsächlich…?“, murmelte dieser nur und blickte zur Seite, als suche er bereits nach einem Fluchtweg. „Ja! Aber zuerst musst du mir die Kette umlegen, in Ordnung?“ Ciel hatte sowieso keine andere Wahl, denn schon hatte ihm das Mädchen die Kette in die Hand gedrückt, ihm den Rücken zugekehrt und ihre Locken beiseite geschoben, so dass er einen Blick auf ihren Nacken hatte. Sebastian hörte die die anderen Angestellten des Hauses Phantomhive leise miteinander tuscheln und warf ihnen einen mahnenden Blick zu. Nachdem die Lady ihre neue Kette trug – sein Herr hatte es nach einigen ungeschickten Versuchen geschafft, den Verschluss zu schließen –, verkündete sie voller Euphorie ihre Überraschung. „Vater hat mich letztens zu sich rufen lassen, Ciel, und er hat gesagt, dass es bald Zeit für unsere Hochzeit ist. Und weißt du, was er noch gesagt hat?“ Ciel fühlte sich schon jetzt von der Überraschung überwältigt, doch er gab sich Mühe, das nicht so offen zu zeigen; er wusste doch, dass es bald soweit sein würde. Nur hatte er…irgendwie immer gehofft, dies aufschieben zu können…aber damit war es dann wohl vorbei. „Was hat er gesagt, Lizzy?“ Er versuchte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber Sebastians stechender Blick, den er krampfhaft zu ignorieren versuchte, erschwerte ihm das Ganze. Elizabeth schien davon nichts zu bemerken. „Er hat gesagt, dass er die Kosten für die Hochzeit übernimmt und dass wir uns aussuchen können, wo wir heiraten! Ist das nicht toll? Und ich habe sogar schon eine wundervolle Idee! Oh Ciel, das wird so schön! Und Vater ist auch einverstanden, er findet die Idee sogar richtig gut und ich bin sicher, du wirst sie auch mögen!“ Wieder griff das Mädchen nach seinen Händen und Ciel hatte das Gefühl, dass ihr seine Meinung gerade ziemlich egal war. Anscheinend hatte sie sich ja schon alles so zurechtgelegt, wie sie es haben wollte. „Wir werden auf einem Kreuzfahrtschiff heiraten, Ciel! Ist das nicht toll? Ich sehe schon alles ganz genau vor mir…wir müssen unbedingt Nina rufen lassen, damit sie uns passende Kleidung schneidert! Dann musst du nur noch um meine Hand anhalten und dann können wir…Ciel? Hörst du mir überhaupt zu? Freust du dich gar nicht? Oder…magst du meine Idee etwa nicht?“ Übergangen…er fühlte sich einfach nur übergangen und die Vorstellung Elizabeth auf einem Kreuzfahrtschiff in irgendwelchen Designerklamotten, die sie selbst ausgesucht hatte, zu heiraten, war genauso grässlich, wie jede andere Variante ihrer Hochzeit. Alles in ihm sträubte sich dagegen. „Ciel? Ist alles in Ordnung?“ Natürlich war nichts in Ordnung…absolut nichts, aber was sollte er ihr sagen? Sein Kopf war plötzlich wie leer gefegt und sein Herz krampfte sich zusammen. „Wie es scheint, ist der junge Herr ganz sprachlos vor Freude…ich bitte Euch daher um Nachsicht, Lady Elizabeth.“ Die Erklärung Sebastians schien dem Mädchen zu genügen, denn es nickte verständnisvoll. „Wenn Ihr einverstanden seid, mein Herr, würde ich Euch nun ins Speisezimmer bitten. Schließlich habe ich für diesen besonderen Tag ein angemessenes Mahl vorbereitet.“ Während Ciel ihm nur einen kühlen Blick zuwarf, war seine Verlobte ganz begeistert von diesem Angebot und nickte schnell. „Lass uns gehen, Ciel!“, drängte sie und griff nach seiner Hand, um ihn mitzuziehen. Er seufzte stumm, folgte ihr dann aber; der Appetit war ihm längst vergangen. Der Tag verging nur langsam, was vielleicht daran lag, dass Ciel alle Viertelstunde einen Blick auf die Uhr warf. Er wusste nicht, ob Elizabeth sein Unwohlsein aufgefallen war, aber es war ihm auch ziemlich gleichgültig. Als das Mädchen endlich zu Bett ging, verspürte er nur noch Erleichterung, dass diese Farce vorbei war. Verärgert dachte er an Sebastians Mittagessen, das anlässlich des Valentinstages etwas anders als sonst gestaltet war. Wer kam bitte auf so eine schwachsinnige Idee, alles in Herzchenform anzurichten? Sogar am Nachtisch hatte er sich ausgelassen und Ciel wusste, dass er das mit Absicht getan hatte. Fragte sich nur, ob der Grund die heutige Abfuhr gewesen war oder…ja, was konnte es eigentlich sonst noch sein? Vielleicht auch nur das pure Vergnügen des Dämons, seinen Herrn mit solchem Klitsch zur Weißglut zu treiben, aber wer konnte schon mit Sicherheit sagen, was im Kopf eines Dämons vorging? Still seufzend lehnte er sich in seinem Sessel zurück, schaute betrübt vor sich hin; Elizabeths frohe Botschaft lag ihm immer noch schwer im Magen. Er schaute nicht auf, als es an der Tür klopfte, und er gab auch keine Erlaubnis zum Eintreten. Dennoch wurde die Tür wenig später mit einem leisen Quietschen geöffnet und niemand anderes als sein Butler trat ein. Ciel warf diesem einen missmutigen Blick zu, blieb aber auf seinem Bett sitzen. „Ich wüsste nicht, dass ich dir erlaubt habe, das Schlafzimmer zu betreten.“ Sebastian schenkte ihm auf diese Worte hin einen spöttischen Blick, trat gleichzeitig näher zu dem Jungen, welcher das argwöhnisch zur Kenntnis nahm. „Dann möchte sich der junge Herr heute Abend selbst entkleiden?“, erkundigte er sich mit einem unschuldigen Lächeln und Ciel murrte leise. Natürlich war er in der Lage, sich allein auszuziehen, aber die Gewohnheit hatte dies bisher immer verhindert. Außerdem war das doch Sebastians Aufgabe, warum also sollte er das selbst tun? „Steh nicht unnütz in der Gegend rum und fang schon an!“, zischte er ruppig, was den Dämon nur noch breiter grinsen ließ. „Wie Ihr wünscht.“ Ciel konnte den Hauch von Unruhe nicht verdrängen, als sich sein Butler zu seinen Füßen niederließ, um ihm die Schuhe auszuziehen. Überhaupt wurde er in letzter Zeit so schnell nervös, wenn der Ältere ihm zu nahe kam – kein Wunder, wenn er immer damit rechnen musste, dass Sebastian die Situation ausnutzte. „Wie mir scheint, kann man Euch schon sehr bald beglückwünschen, junger Herr“, fing dieser plötzlich an und Ciel stutzte merklich. „Was meinst du?“ Sebastians Lächeln schwand nicht, während er ihm den rechten Stiefel auszog, nur um mit dem linken zu folgen. „Nun, anscheinend hat Lady Elizabeth schon alles für eure Hochzeit geplant. Ihr müsst überglücklich sein.“ Da war es wieder, dieses drückende Gefühl, das ihm regelrecht die Kehle zuschnürte. Sebastians Worte hatten genau den Effekt erzielt, den der Teufel im Sinn gehabt hatte. „Mach dich nicht über mich lustig!“, knurrte er ungehalten. Gleich darauf zuckte er allerdings zusammen, als Sebastians behandschuhte Finger seine Strümpfe entfernten und dabei seine Haut berührten. „Aber, aber…wollt Ihr mir etwa glauben machen, dass Ihr euch nicht freut?“, säuselte die Stimme des Butlers und seine Finger strichen über Ciels Wade. Dann jedoch „Oder habt Ihr endlich eingesehen, dass Ihr nicht der Lage seid, das arme Mädchen jemals zur Frau zu nehmen?“ Bei so viel Vermessenheit fehlten dem jungen Grafen glatt die passenden Worte, doch Sebastian wartete auch nicht, bis er etwas sagte. Ciel wusste nicht, wie ihm geschah, als ihn die Hände des Butlers ohne Vorwarnung an den Schultern griffen, und in die Laken drückten. Sebastian war ihm so nahe, dass er seinen Atem auf seinen Lippen spüren konnte, und allein das ließ sein Herz schneller schlagen. „Eigentlich wisst Ihr doch schon, was Euer Herz begehrt, nicht wahr, mein Herr?“ Wie zur Verdeutlichung dieser Worte legte Sebastian eine Hand auf seine Brust, schien seinem Gesicht noch näher zu kommen. „W-Was erlaubst du dir, Dämon?!“, entfuhr es dem Jungen und eine bedächtige Röte hatte sich auf seinen Wangen ausgebreitet. Sebastian lächelte nur süffisant und im nächsten Augenblick spürte Ciel zum zweiten Mal an diesem Tage die Lippen seines Butlers auf seinen eigenen. Beiläufig wurde ihm die Augenklappe beiseite geschoben und ein Ausdruck der Zufriedenheit schlich sich in die Mimik des Dämons. Immer wieder fühlte er dessen Lippen auf seinen und es war alles andere als unangenehm. Ein warmes Gefühl durchflutete Ciel bei diesen Berührungen und schmerzlich wurde ihm bewusst, dass Sebastian Recht hatte. Allerdings hieß das nicht, dass er das so einfach mit sich machen lassen würde – immerhin war er keine Puppe! Er war der König und Sebastian seine Schachfigur! Sebastian zuckte schlagartig zurück, als ihm der Earl doch tatsächlich in die Lippe biss, und verdutzt schaute er diesen an. Ein geradezu unheimlich wirkendes Lächeln erwartete ihn, so dass er sich nicht zum ersten Mal fragte, wer von ihnen beiden eigentlich der Dämon war. So durchtrieben wie sein Herr ihn aus den verschieden farbigen Iriden heraus anfunkelte, zweifelte er wirklich an sich selbst. Ein harscher Ruck an seiner Krawatte ließ ihn nach vorn kippen und er musste sich mit den Armen neben dem Kopf des Grafen abstützen, um nicht auf diesen zu fallen. „Drei Dinge, Sebastian.“ Irgendwas an der Tonlage sagte dem Angesprochenen, dass ihm zumindest eine Bedingung nicht gefallen würde, doch er schwieg, hörte aufmerksam zu. „Erstens, ich werde die Verlobung mit Elizabeth so lange herauszögern, wie es mir möglich ist. Sie zu lösen wäre eine politisch unkluge Entscheidung und könnte meinem Ansehen schaden.“ Sebastian hob eine Braue, äußerte sich aber nicht dazu; es war Ciel wohl ohnehin klar, was sein Butler von dieser Entscheidung hielt. „Zweitens, ich bin immer noch dein Herr und du hast mir zu gehorchen. Wage es also nicht, auch nur daran zu denken, mich in irgendeiner Weise manipulieren zu wollen!“ Sebastian bedachte seinen Herrn nur mit einem amüsierten Blick; so wie es aussah, war er auf dem besten Wege, den Jungen in die Bahnen zu lenken, die er anstrebte. Endlich, lange genug gedauert hatte es ja, aber andernfalls hätte ihm auch der Anreiz gefehlt. „Und drittens, was hier drin passiert, wird innerhalb dieser vier Wände bleiben! Niemand wird davon erfahren, verstanden?!“ Interessant, dass es seinem Herrn nur um seinen Ruf zu gehen schien, aber das rieb er ihm besser nicht unter die Nase. „Ist das ein Befehl?“, zog er ihn auf und beobachtete belustigt, wie sein Herr schon den Mund aufmachte, um ihn ordentlich zusammenzustauchen. Sebastian wusste dies allerdings erfolgreich zu verhindern, indem er es sich nicht nehmen ließ, ihn ein drittes Mal zu küssen. Wohl gemerkt war es der erste Kuss, den sein Herr, wenn auch zurückhaltend, erwiderte. Sebastian nahm es als sein eigenes, kleines Valentinsgeschenk und das würde er auf jeden Fall genießen~ __________________________________________________________ So, ein neuer OS zum Thema Valentinstag - ich weiß, er ist viel zu spät, aber ich hab ihn im Februar angefangen und dann nicht fertig bekommen. ú___ù Vielleicht gefällt er ja trotzdem jemanden! ^__^ Ich liebe Lizzy ja, auch wenn sie oft nervt...sie ist einfach ein Spaßfaktor, ob im Manga oder in ffs und ich wollte sie schon immer mal darstellen! Ich hoffe, das ist mir gelungen. Wie immer freue ich mich sehr auf eure Meinung zu diesem OS, weil ich bis zum Ende skeptisch war, ob ich ihn nicht doch löschen soll. Nach ein paar Änderungen war ich aber ganz zufrieden und habe ihn deshalb hochgeladen. Ich mag Ciels Zwiespalt...und seine Einsicht am Ende, dass er seinen Gefühlen nicht entkommen kann. Natürlich muss er es so raushängen lassen, als ob er die Zügel in der Hand hält - aber wir wissen ja alle, dass Sebastian die treibende Kraft ist, muhaha! Wie auch immer, wünscht mir Glück bei meiner Prüfung nächste Woche! lg Pia Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)