Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 128: Zurück ins Krankenhaus ----------------------------------- Der Titel spoilert leider. Wer hat das hier geahnt? Viel Spaß beim Lesen, vielen Dank für eure lieben Rückmeldungen und bitte drückt mir nächste Woche Montag die Daumen. Ich schreibe Innere und ich darf da einfach nicht durchfallen, sonst bin ich zu wütend auf mich selbst. ________________________________________________________________________________________________ „Müde“, murmelte Katsuya klagend und ärgerte sich zum wiederholten male wieder, einen Glastisch für die Küche gekauft zu haben. Er war kalt, unbequem und gänzlich nicht geeignet, um den Kopf darauf abzulegen. „Iss etwas“, forderte Seto ihn auf, aber Katsuya brummte nur unbestimmt. Einen Moment lang sah sein Gegenüber ihn mit einem kritischen Blick an, bevor er aufstand und zu Katsuya trat. Neben diesem beugte er sich hinab und forderte nach einem Moment der Betrachtung: „Leg mal den Kopf in den Nacken.“ „Huh?“ Katsuya hob nur zweifelnd seine Augenbrauen, aber ließ sich einfach mitziehen, als Seto seinen Kopf mit beiden Händen sanft griff. „Dacht' ich mir doch“ Seto seufzte tief. „Deine Augen sind leicht gelb.“ „Hn … Leber?“ Das war jetzt gefährlich, oder? Sollte er nicht sofort in die Klinik, sollten seine Augen gelb werden? „Ja, Leber“, bestätigte Seto, „ich rufe den Arzt an, was wir am besten machen sollten. Und deine Schule und meine Arbeitsstellen. Pack' währenddessen schonmal eine Tasche, ja?“ „Tasche?“ Irgendwie schien seine Kombinationsgabe stark unter seiner Müdigkeit zu leiden. „Ja, für die Klinik. Ein Schlafanzug und eine Zahnbürste machen das Leben dort sehr viel schöner.“ „Ich will nicht in die Klinik“, wehrte sich Katsuya schwach, aber Seto schien ihm nicht einmal zuzuhören, „menno ...“ Seto setzte noch einen Kuss auf sein Haar, bevor er sein Handy zückte und ins Wohnzimmer ging. Katsuya seufzte nur und schloss die Augen. Musste das Zeug unbedingt jetzt ausbrechen? Er hatte nächste Woche Prüfungen. Ayumi würde ziemlich enttäuscht sein, wenn er bei ihrer ganzen Mühe doch keine guten Prüfungen schrieb. Er zog sich ermattet aus seinem Stuhl und machte sich auf nach oben. Andererseits … lenkte er sich mit den Gedanken nicht nur davon ab, an was er nicht denken wollte? Dass das hier gefährlich war? Er seufzte tief. Nun … er konnte eh nichts tun, oder? Positiv denken. Der Arzt hatte gesagt, er solle positiv denken. Er stoppte nur Millimeter vor dem Türrahmen, blieb stehen und lehnte seinen Kopf dagegen. Denken – egal ob positiv oder negativ – schien verdammt schwer, wenn man dabei beinahe einschlief. Er gähnte einmal tief, trat zur Seite und überprüfte lieber nochmal, ob da wirklich keine Tür war, bevor er weiter ging. Packen … da brauchte man eine Tasche. Eine Tasche … er hatte damals eine im Kleiderschrank gefunden, als er für Seto gepackt hatte. Er öffnete besagten Kleiderschrank und fand dort auch die gewünschte Sporttasche. Gut. Unterwäsche. Er öffnete die Schublade. Und wie viel bräuchte er? Wie lange musste er dort bleiben? Er blinzelte müde, schaffte es mehr recht als gut die Lider wieder zu öffnen und packte einfach alles ein. Schlafanzug hatte Seto gesagt. Zahnbürste. Badsachen … Bad … er stellte die Tasche auf den Toilettensitz und gähnte herzlich. Ob er im Krankenhaus schlafen dürfte? Nicht darüber nachdenken. Fertig packen. Shampoo brauchte er. Eine Bürste. Zahnpasta. Rasierzeug. „Katsuya?“ „Huh?“ Er drehte sich zu Seto, welcher heran trat und einen Arm um seine Hüfte legte. „Alles in Ordnung?“ „Müde ...“, murmelte Katsuya nur. „Ich sehe es. Du hast gerade mein Duschgel eingepackt.“ „Habe ich?“ Katsuya versuchte über seine Schulter zu sehen. „Schon gut, lass mich das besser machen. Setz' dich doch … aufs Bett. Noch besser, ich bringe dich hin.“ Katsuya brummte nur etwas Unverständiges und lehnte sich gegen Seto. „Wir werden Sie so schnell wie möglich dran nehmen“ Die etwas ältere Schwester warf Katsuya einen besorgten Blick zu, als wolle sie ihm am liebsten über das Haar streicheln und ihm sagen, dass bald wieder alles gut wäre. Katsuya fühlte sich zu müde, um seiner sarkastischen Ader Ausdruck zu verleihen. Seto schwieg ganz uncharakteristischerweise einfach. In diesem Fall war es dem Jüngeren herzlich egal. Er kuschelte sich an seinen warmen, atmenden Sitz und befand, dass die Situation auch schlechter sein könnte. Weder hatte er Schmerzen noch drehte Seto am Rad. Er war einfach nur hundsmüde. „Wach bleiben, Katsuya“, erinnerte der andere ihn. „Aber du bist bequem“, murrte dieser nur. „Soll ich dich auf den Stuhl setzen?“, fragte Seto nur amüsiert. Als Antwort festigte Katsuya seine Umarmung, mit der er sich auf Setos Schoß hielt. Nicht, dass sein Freund noch auf doofe Gedanken kam. Obwohl er die Lider geschlossen hielt, wusste er, wo sie ungefähr waren und fragte demnach: „In welchem Teil des Krankenhauses sind wir hier?“ „Die stationäre Aufnahme der internistischen Stationen. Irgendein Arzt wird gleich noch mal einen Blick auf dich werfen und dich dann einer Station zuweisen.“ „Neuer Arzt?“, grummelte Katsuya nur. „So ist das halt“ Seto strich mit einer Hand über sein Haar. „Ich kann für dich sprechen, solange du dabei nicht einschläfst.“ „Herr Kaiba?“ Eine jüngere Schwester war zu ihnen getreten. „Bitte folgen Sie mir.“ Ganz selbstverständlich erhob Seto sich mit Katsuya im Arm und trug ihn hinter ihr her. Sie warf ihnen einen kurzen, verwunderten Blick zu und fragte: „Soll ich eine Trage holen?“ „Gehen Sie einfach, wir folgen“, erwiderte Seto nur mit kalter Stimme. „Wie Sie wünschen“ Sie brachte sie einen kurzen Gang entlang und öffnete eine Tür. „Bitte legen Sie ihn doch auf dieses Bett.“ Katsuya öffnete kurz die Lider und fand sich in einem sehr kleinen Raum wieder, in das außer dem Krankenbett und einem Schreibtisch mit PC nicht viel mehr passte. Auf der anderen Seite war eine breite Tür, die geschlossen war. „Die Ärztin wird gleich bei Ihnen sein“, versicherte die Schwester und schloss die Tür, durch die sie eingetreten waren. „Geht flott heute“, murmelte Katsuya nur. „Du würdest auch flott machen, wenn du dich sehen könntest“, erwiderte Seto mit klarer Sorge in der Stimme und setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand, „du bist kalkweiß mit einem leichten Gelbstich, kannst kaum die Augen offen halten und musst getragen werden.“ „Ich könnte selber laufen, weißt du?“ Katsuya grinste. „Nichts, was die hier wissen müssen“ Seto erwiderte das Grinsen. „Aber ehrlich … du siehst nicht so blendend aus. Ich weiß, mir ging es damals bedeutend schlimmer, aber dein Zustand wird noch schlimmer werden, bevor er besser wird.“ „Ich wollte schon immer mal wissen, wie es ist, ein paar Tage zu verschlafen“ Katsuya konnte die Lider nicht oben behalten. „Was mache ich denn jetzt wegen der Prüfung?“ „Nicht dran denken. Du kannst sie in den Ferien nachschreiben. Die Nachprüfungen sind eh immer leichter als die ersten Versionen“ Seto strich ihm den Pony aus dem Gesicht. „Klingt gut“, murmelte Katsuya nur. „Guten Morgen“ Eine beleibte, dunkelhaarige Frau mit langem Kittel trat ein. „Ich bin Doktor Mishima.“ „Kaiba“, erwiderte Seto einsilbig. Katsuya deutete nur ein Nicken an. Eine Verbeugung schien gerade weit über seinem Können zu liegen, wenn es nicht dringend nötig war. Sie sah ihn nur kurz an und richtete ihre Fragen an Seto, sodass er seine Lider wieder schloss, bis eine Antwort vonnöten war. „Verstehe“ Sie tippte ihn an die Schulter. „Junger Mann? Ich nehme Ihnen jetzt Blut ab. In Ordnung?“ Er nickte nur und streckte seinen Arm aus. Mittlerweile gab es Schlimmeres als Nadeln. Irgendwie hatte er in letzter Zeit genug davon gesehen, als dass ihn das noch schocken würde. Auch wenn sie nicht unbedingt übermäßig sanft mit ihm umging, die Nadel saß. Da der Schmerz doch etwas unerwartet groß war, blickte er zu seinem Arm und sah, dass sie ihm da nicht einen kleinen Pieks gegeben hatte sondern gleich einen Infusionszugang. Hieß wohl, dass er bleiben würde. „Haben Sie noch ein anderes Symptom außer Müdigkeit?“ Er schüttelte energielos den Kopf. „Schmerzen irgendwo? Übelkeit? Juckreiz? Konzentrationsschwierigkeiten?“ „Ich bin müde“, murmelte er nur. „Wie haben Stuhl und Urin ausgesehen?“, fragte sie weiter, während sie noch seinen Arm verklebte. Mussten die immer solche ekligen Fragen stellen? War das wirklich wichtig? Er berichtete mit verzogenem Gesicht, dass alles wie immer gewesen war. „Gut“ Sie nickte. „Sollte sich irgendetwas davon ändern, sagen Sie sofort einer Schwester Bescheid. Sind Sie schon einundzwanzig?“ „Ich bin sorgeberechtigt“, warf Seto sofort ein. „Auch gut“ Sie nickte auch diese Information ab. Sie schien zwar schroff, aber erstaunlich effizient. „Wir werden ihm Infusionen geben und eine Interferontherapie starten.“ „Ist die Datenlage über eine Interferontherapie nicht unschlüssig?“ Setos Gesichtsausdruck verdunkelte sich. „Bei unkomplizierter akuter Hepatitis, ja, bei möglicherweise fulminanter Hepatits sollte behandelt werden“ Sie deutete auf Katsuya. „Das könnte fulminant werden. Mit Therapie trägt er auch weniger Leberschäden davon und die Heilungsrate wird verdoppelt.“ „Wenn die Therapie für zwei Jahre durchgeführt wird“, warf Seto ein. „Möchten Sie, dass ich Ihnen die Leitlinie ausdrucke oder ein Fachbuch bringe?“, erwiderte sie nur trocken. „Schon gut“ Seto nickte, wenn auch mit verschränkten Armen. „Fangen Sie an. Was denken Sie, wie lange es dauert, bis es ihm besser gehen wird?“ „Mindestens eine Woche“ Sie wandte sich wieder zu Katsuya. „Ich mache jetzt noch eine Untersuchung deines ganzen Körpers, einmal von oben nach unten, dann kommt die Schwester für den Katheter und dann darfst du schlafen.“ „Katheter?“ Das Wort hatte er vorher noch nicht gehört. „Ein Schlauch, der in deine Blase kommt. Dann musst du nicht mehr selbst zur Toilette gehen.“ Toilette? Schlauch? Wie kam der denn in seine Blase außer- „Halt mal! Ich kann allein auf Toilette gehen!“ Seine Lider weiteten sich. „Jetzt noch“ Sie lächelte, aber ihr Lächeln verzog ihr Gesicht in einen wirklich ungünstigen Ausdruck. „Morgen sieht das ganz anders aus.“ Aus Katsuyas Kehle kam nur ein hohes, ängstliches Fiepen. Er hasste Krankenhäuser … Er schlief nicht, aber er war auch nicht wach. Es war ein ganz komisches Zwischenstadium, was er am ehesten als Dösen bezeichnen würde. Er bekam schon irgendwie mit, wie Seto den Schwestern auf die Nerven ging, aber er hätte nicht sagen können, womit. Immer mal wieder war er wach genug, um die Augen zu öffnen. Seto reichte ihm Wasser, irgendwann sogar Mittagessen, Süßigkeiten und schließlich Abendessen. Dass er vor dem Dessert einschlief, nahm er sich selbst ziemlich übel, schließlich hatte es lecker ausgesehen. Es war Nacht, als er soweit erwachte, dass er sich halbwegs klar fühlte. Seto saß nicht mehr neben dem Bett, also hatten sie ihn wahrscheinlich trotz aller Proteste rausgeworfen. Oder vielleicht war er kurz gefahren, um noch etwas von zuhause zu holen. Katsuya sah sich um. Nein … kein Zettel irgendwo. Wahrscheinlich war er einfach nur zuhause. Mit einem Seufzen setzte Katsuya sich auf. Nun … was sollte er jetzt tun? Hatte er eigentlich Zimmernachbarn? Er zog den Vorhang etwas zurück. Nein, der schien nur gegen das Mondlicht zu sein. Seto hatte ihm wahrscheinlich ein Einzelzimmer bezahlt, damit er selbst sich nicht über andere Menschen ärgern musste. Katsuya lächelte nur und suchte nach dem Fernseher. Kein Zimmernachbar hieß, dass er nicht super leise sein musste. Der Fernseher war schnell gefunden, die Fernbedienung allerdings weniger schnell. Er war gerade dabei, dass zweite mal seinen Beistelltisch zu durchwühlen, als es leise klopfte. Er flüsterte in die Dunkelheit: „Herein?“ „Du bist wach?“, fragte eine weibliche Stimme von der Tür aus. Er hatte das Gefühl, sie zu kennen, aber ihm fiel nicht ein, wer sie sein könnte. „Gerade schon. Wer sind sie?“ „Schwester Yumi“ Sie kam im Halbdunkel des Raumes näher. „Na, erkennst du mich noch?“ „Klar“ Er grinste breit. Das war die Schwester, die Seto so mochte. „Nachtdienst?“ „Es ist zum Glück ruhig“ Sie machte eine Nachtlampe an und lächelte. „Wie fühlst du dich?“ „Tjo … geht so“ Er zuckte mit den Schultern. „Müde vor allem. Bin ich sehr gelb?“ Er hielt seine Hand ins Licht. „Es geht“ Sie hielt ihre daneben. „Ich denke, du bist auf einem guten Weg. Es ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen, dass du mit mir sprechen kannst.“ „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass Seto gegangen ist“ Er sah fragend zu ihr auf. „Das ist so vier Stunden her“ Sie legte eine Hand gegen seine Stirn, eine andere an sein Handgelenk. „Wir haben uns noch kurz unterhalten, dann ist er gefahren. Er meint, ich soll ihn anrufen, wenn auch nur die kleinste Veränderung ist … aber ich glaube, wir sollten ihn schlafen lassen.“ „Der schläft nicht“, murmelte Katsuya nur, „nicht, solange er sich Sorgen macht.“ „Seto ist eine treue Seele“ Ihr Lächeln war voller Stolz. Sie nahm die Hände zurück und zog sich den Stuhl heran, auf dem Seto vorhin gesessen hatte. „Aber sag mal … ich weiß, das geht mich nichts an, ich frage jetzt nicht als Krankenschwester … wie ist es hierzu gekommen?“ „Ich wurde vergewaltigt“, purzelte es aus Katsuyas Mund, noch bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte, ob er antworten wollte. „Oh“ Sie wich zurück, eine Hand an ihrem Herzen. „Das … oh, das tut mir so Leid. Und ich frage auch noch so unsensibel. Das tut mir schrecklich Leid, Katsuya.“ „Schon gut“ Er blinzelte überrascht. Das hatte ihm jetzt nicht einmal einen Stich versetzt. Dissoziierte er oder warum fühlte er kaum etwas darüber? „Es … ist schon was her.“ „Trotzdem … wie geht es Seto dabei?“ „Tja“ Katsuya zuckte nur mit den Schultern. „Schuld, Selbsthass, Verzweiflung, Wut … und den Rest frisst er in sich hinein.“ „Ich verstehe, warum er so angespannt war“ Sie seufzte leise. „Es war also doch nicht nur Sorge … ich rufe ihn besser doch mal an, nicht? Soll ich ihn dir dann auch geben?“ Katsuya nickte nur und lächelte kurz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)