Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 124: Intimität ---------------------- Ich entschuldige die Verspätung! (und ich fasse es nicht, dass ich Heiligabend Kapitel hochlade...) Irgendwie ist Weihnachten stressiger als Alltag X.X Ich hoffe, ihr habt eine besinnliche und schöne Zeit und eine ganz tolle Weihnacht mit möglichst wenig Familienstreit ^.^ Und vielen Dank für eure tollen Kommentare, das muss einfach noch mal erwähnt werden! (ich beantworte die zum letzten Kapitel morgen, sonst dreht meine Mutter mir wirklich den Kopf ab...) ________________________________________________________________________________________________ „Und wie geht es ihm wirklich?“, fragte Seto im Wagen, nachdem er ihn von Yami abgeholt hatte. „Gute Frage, nächste Frage“ Katsuya sank in den Stuhl und seufzte. „Er ist nicht vollständig konzentriert. Er rennt versehentlich gegen Türrahmen oder lässt Sachen fallen. Ich vermute, es heißt, er denkt über alles nach. Aber er will nicht darüber reden.“ „Besser als nichts“ Seto wechselte auf die Hauptstraße und schüttelte seinen Kopf über einen anderen Fahrer. „Ich habe versucht, ein paar Infos aus meinem Psychiater zu kriegen. Leider ist er wirklich ein Vertreter der Schweigepflicht. Ich weiß nicht einmal, ob Yugi noch da ist.“ „Doof“ Katsuya seufzte tief. „Sag mal ... hast du in letzter Zeit mit Bakura gesprochen?“ „Vorhin erst“ Setos Stimme blieb ganz neutral. „Ich habe wissen wollen, was er gesagt hat. Ich wusste noch, dass es dich schrecklich aufgeregt hat, aber aus meinem Gedächtnis wurde es ausradiert. Wir haben es mit etwas mehr Ruhe und Abstand durchgesprochen.“ „Und jetzt willst du mir sagen, dass du findest, dass er vollkommen recht hat“ Katsuya verdrehte die Augen. Er kannte Seto mittlerweile. „Nun, ich vermute, er hat sich vorletzte Woche etwas schärfer ausgedrückt. Aber so, wie er es mir heute gesagt hat, hat er schon recht. Ich habe keine perfekte Impulskontrolle. Natürlich hat er die manifeste Impulskontrollstörung, nicht ich. Ikar ist ein bisschen impulsiv, aber nicht gefährlich, Klein-Seto ist zu jung, um alle Konsequenzen zu durchdenken, aber mein einziger wirklich impulsiver Teil ist Angst. Wenn man Angst allein betrachtet, habe ich ganz klar eine sehr schwere Impulsstörung, aber Angst ist nur ein kleiner Teil von mir. Und bis auf wenige Aussetzer habe ich Angst unter Kontrolle“ Wow, Seto ... woher das positive Selbstbild? „Ich werde weiter daran arbeiten, dass Angst mich nicht überwältigt, insofern gebe ich ihm recht, dass ich noch an mir arbeiten muss“ Seto sah vorsichtig zu Katsuya und bemerkte dessen Lächeln. „Oder denkst du da anders?“ „Nein, gar nicht“ Das Lächeln wurde zum Grinsen. „Ich bin nur überrascht, wie positiv du das siehst. Ich hätte erwartet, dass du dich gleich wieder selbst schlecht redest.“ „Bin ich so schlimm?“, fragte Seto etwas kleinlauter. „Neeeeeeein“ Katsuya dehnte das Wort fast endlos. „Außer du kannst mal wieder posaunen, wie schlimm du dich selbst findest.“ „Idiot“, murmelte Seto, aber lächelte leicht. „Das heißt, ich kann keine Entschuldigung von Bakura erwarten?“ Katsuya seufzte – mehr gespielt als ernst. „Ganz sicher nicht“ Seto sah kurz zu ihm. „Du weißt, wie er ist. Entschuldigungen setzen Reue voraus. Er bereut nachher allerhöchstens die Wortwahl, selten den Inhalt, also wird er sich auch nicht entschuldigen.“ „Wie hast du ihn eigentlich damals dazu gebracht, sich zu entschuldigen? Als er Yami mit dem Messer angegriffen hat?“ Katsuya lehnte sich in Richtung des Fahrers. „Da ging es nicht um Worte“ Seto hielt einen Moment inne, als müsste er überlegen, wie er seine Worte formulieren sollte. „Wie gesagt, Bakura ist sehr impulsiv. Er kann nicht anders, er kann nicht vorher über Worte oder Taten nachdenken. Er weiß zwar meist, dass etwas negative Konsequenzen hat, aber das Wissen reicht oft nicht, um ihn von einer Handlung abzubringen. Er hat sich so weit unter Kontrolle, dass er nicht wahllos Sachen klaut oder Leute angreift, nur weil er etwas von ihnen haben will, aber seine Selbstkontrolle ist halt eher eingeschränkt.“ „Ist das irgendeine besondere Krankheit?“ Auf jeden Fall war es mal eine verdammt einfache Erklärung, warum Bakura so war, wie er war. „Nein, das ist ein Symptom verschiedener Krankheiten. Jeder Mensch hat mehr oder weniger Selbstdisziplin. Diese bildet sich bis Anfang zwanzig aus. Wer in der Zeit sein Hirn schädigt oder eine angeborene Störung in dem Bereich hat, dem fehlt halt ein Stück Selbstkontrolle. Und Bakura fehlt überproportional viel.“ „Hm“ Katsuya lehnte sich wieder zurück. „Schädigt im Sinne von Alkohol und Drogen? Ryou hat mir erzählt, dass Bakura damit mal ziemliche Probleme hatte.“ „Bakura hat die wunderbare Kombination einer genetischen antisozialen Persönlichkeit, gepaart mit extremen Traumata und starkem Substanzmissbrauch bis zum achtzehnten Lebensjahr. Das ist die Kombination, die Menschen normalerweise ganz unwiderbringlich ins Gefängnis steckt. Seine Intelligenz ist das einzige, was ihn in Freiheit belässt und dafür gesorgt hat, dass noch keiner seiner doch zahlreichen Morde bekannt geworden ist.“ Katsuya atmete tief ein und aus. Die Morde ... er wusste von mindestens drei, war bei zwei dabei gewesen und war sich verdammt sicher, dass Bakura noch mehr zu bieten hatte. Er fragte nach einer längeren Pause: „Ist das eigentlich ... ich weiß nicht ... wir sind mit einem Kerl befreundet, von dem wir wissen, dass er Leute ermordet hat. Macht uns das nicht irgendwie ... ich weiß nicht ...“ „Katsuya, ich habe auch gemordet“ Setos Stimme war kalt. „Vielleicht habe ich nicht selbst abgedrückt, aber ich bin nicht weit davon entfernt. Bakura ist kontrolliert genug, dass er keinen von uns einfach umbringen würde. Und ich bin ebenso kontrolliert. Aber natürlich besteht immer noch eine ganz kleine Chance, dass einer von uns irgendetwas tut oder dass jemand aufdeckt, was wir früher gemacht haben.“ „Bakuras letzter Mord ist nicht ganz so lang her wie deiner“, warf Katsuya ein. „Mag sein. Aber er hat nach dem Mord an seinem Vater, der sich übrigens bald zum ersten mal jährt, geschworen, dass er nicht mehr töten wird. Er hat es für dich gemacht, weil ich sehr, sehr überzeugend sein kann“ Er ließ eine kleine Pause. „Genau genommen hatte er das nach seinem letzten Auftragsmord geschworen und dann seinen Vater für Ryou ermordet. Aber das sind Kleinigkeiten.“ „Das ist eine komische Art, Zuneigung zu zeigen“ Katsuya hob eine Augenbraue. „Es ist Bakuras Art. Es mag eine abstruse Art von Romantik sein, aber für einen Freund zu töten ist etwas, was Bakura kann und getan hat. Ich kann auch sagen, ich würde für dich töten, aber ich weiß nicht, ob ich das für Freunde tun würde.“ Katsuya schluckte. Er hatte dem nie viel Bedeutung beigemessen, was damals passiert war. Natürlich ... Bakura hatte ihn da raus geholt. Er war dankbar. Aber ansonsten hatte er das alles nur vergessen wollen. Er wollte ganz sicher nicht darüber nachdenken. Er legte die Arme um sich selbst. Seto warf ihm einen kurzen Blick zu, aber schwieg. „Sprich mit mir“, forderte Seto leise, als sie in der Dunkelheit des Schlafzimmers zusammen lagen, „was geht dir durch den Kopf?“ Katsuya schnaubte. Sein Kopf fühlte sich an, als hätte man so lange Watte hinein gepackt, bis er fast explodierte. Er wusste, Seto hatte recht. Bakura hatte etwas sehr Außergewöhnliches für ihn getan und er hatte ihm nie gedankt. Er war ein bisschen wie Noah, wenn es um Bakura ging: Er wollte nicht verstehen. Bakura machte ihn rasend. Er ekelte ihn an. Er war hilfreich, aber seine Hilfe kam mit hohen Preisen. Dieser Teil war klar. Dieser Teil war allerdings verbunden mit dem, der wie eine riesige Schlucht in seiner Erinnerung saß und ihn in den Abgrund lockte, wenn er zu nahe kam. Sein Kopf sprach das Wort und er winselte vor Schmerz. Kopf- wie Seelenschmerz. „Fang einfach irgendwo an“ Seto lockte ihn mit seiner Stimme. „Irgendetwas. Rede einfach drauf los.“ „Ich will mich nicht erinnern“ Katsuya drückte seinen Kopf in Setos Seite. Da dieser wie in den meisten Nächten ein Licht angelassen hatte, war es dimm, sodass Seto ihn sehen konnte, wenn er sich anstrengte. „Ich will einfach nur ... ich wünschte, es wäre nie geschehen. Die Entführung und die ... ich meine, die Entführung ging. Ich wusste, Pegasus hatte mich aus einem Grund entführt und du würdest mich da raus holen. Es war kalt und das Essen war schlecht, aber es ... es ging halt. Natürlich hatte ich ein bisschen Angst, aber ich wusste, Pegasus wollte nicht, dass mir etwas geschieht und ich wusste, dass du alles tust, um mich zu befreien“ Seto strich mit einer Hand über seine Seite, eine stetige und versichernde Wärme. „Die Befreiung war ... das war Horror. Ich kannte die zwei Wächter mittlerweile. Der eine war wirklich nett zu mir gewesen. Und Bakura hat sie einfach erschossen. Sie konnten sich nicht einmal wehren. Sie hatten nicht einmal ihre Waffen gezogen.“ Ein Schluchzen durchzuckte ihn und er drückte sich mit seinem ganzen Körper gegen Seto. Dieser legte beide Arme um ihn und hielt ihn fest an sich gedrückt. „Ich weiß ... natürlich hätten sie zurück geschossen, aber ... hätte man nicht irgendetwas anderes tun können? Umzingeln mit Polizei? Betäuben? Mussten sie unbedingt sterben?“ Seine Worte wurden von seinen Tränen verwaschen. „Ich bin ja dankbar, aber ... warum das? Warum sie kaltblütig erschießen? Ich kann Bakura ... ich finde ihn einfach schrecklich. Wie konnte er so etwas tun?“ Seto schwieg einfach nur. Katsuya war auch nicht sicher, ob er Setos Antwort hören wollte. Er fürchtete, sie würde ihm nicht gefallen. In diesem Moment war Setos Wärme zu wichtig, als dass er sie aufgeben könnte. „Und ich kann noch immer nicht ... ich kann es nicht aussprechen ... ich kann nicht daran denken“ Ein Schluchzen unterbrach, was auch immer noch gefolgt hätte. Er war sich nicht sicher, was er noch gesagt hätte. An diesem Punkt begann der Abgrund und er wollte, er konnte nicht weiter gehen. Seto nickte nur gegen seinen Kopf und küsste sein Haar. „Ich- ich ... ich wünschte einfach nur, es wäre nie geschehen. Einfach ... ich will es nicht. Die Angst und den Ekel und ... ich will, dass wir zusammen sein können. Richtig.“ „Ruhig“ Seto drehte sich etwas weiter zu ihm und drehte sich zurück, wobei er Katsuya etwas über sich zog. „Was heißt das denn? Wir sind richtig zusammen.“ Katsuya schluckte. Er atmete tief durch den Mund ein und aus. Mit seinem Schlafanzugärmel wischte er die Tränen von seinem Gesicht. Schließlich flüsterte er: „Ich meine ... sexuell.“ „Wir sind auch sexuell richtig zusammen“ Setos Arme schienen seinen ganzen Körper zu umschlingen, obwohl das natürlich physisch unmöglich war. Aber es war ein schönes Gefühl. „Ich bin glücklich mit dem, was wir haben.“ „Hör doch auf“ Beinahe hätte Katsuya sogar geschnaubt. Er schüttelte einfach nur den Kopf. „Du vermisst Sex, was anderes glaube ich dir nicht.“ „Wir haben Sex“ Seto zog Katsuya etwas hoch, sodass er ihm ins Gesicht sehen konnte. „War vorgestern kein Sex für dich?“ „Kein richtiger“ Er wandte die braunen Augen zur Wand. „Das ist ... das ist einfach etwas anderes.“ „Wirklich?“ Setos Stimme vertiefte sich. Nicht in Wut. Nicht in Unglauben. Nein, es hatte etwas von ... Trauer? „Fühlst du nichts, wenn wir ... Nicht-Sex-Sex haben?“ „Natürlich fühle ich etwas“ Katsuya verschränkte die Arme auf Setos Brust und stemmte sich damit etwas hoch. „Das Gefühl ist dasselbe, es ist nur ... trotzdem nicht dasselbe.“ „Für mich ist es dasselbe“ Seto ließ seine Arme fallen und legte seine Hände auf Katsuyas Wangen. „Menschen, denen so etwas wie dir passiert, die verlieren ihr Vertrauen. Sie verlieren die Möglichkeit, sich fallen zu lassen. Sie können keine Intimität mehr empfinden und einem kein Gefühl von Nähe geben, weil ihr Vertrauen geschädigt ist“ Katsuya schluckte. Hatte er das? Hatte er sein Vertrauen in Seto verloren? „Aber du hast das nicht. In deinem Vertrauen in mich hat das alles nichts geändert. Deswegen ist mir egal, was wir machen, das Gefühl ist dasselbe.“ Bei allen Göttern. War Seto von Feenstaub getroffen worden? Tränen rannen Katsuyas Wangen hinab. Das war ... das gehörte definitiv in die Top Ten der Dinge, die ihm je ein Mensch gesagt hatte. Eher Top Three. „Ich dachte ja auch, dass es mich stören würde. Dass es für mich schwer wird“ Seto seufzte leise. „Aber ich meine es ernst. Ich vermisse es nicht. Es ist nur eines der Dinge, die wir tun können.“ „Aber ... warum habe ich so viel Angst?“ Katsuya presste die Zähne aufeinander, um das Schluchzen nicht hinaus zu lassen. „Ich meine ... wenn ich dir vertraue ... wieso kann ich es dann nicht?“ „Weil dein Körper sich an die Schmerzen erinnert“ Setos Finger fuhren in sein Haar und massierten seine Kopfhaut. „Alles Vertrauen dieser Welt hilft nicht, dein Körper verbindet die Berührung mit Schmerzen. Das kann man nur austrainieren, indem ich dich so berühre, bis die Angst gerade noch ertragbar ist. Und dich dann so lange weiter so berühre, bis dein Körper wieder gelernt hat, dass diese Berührung nicht schmerzt.“ Katsuya blinzelte. Irgendwie ... hatte er keine Ahnung, wovon Seto da redete. Aber es klang machbar. Er griff ein Taschentuch von der Kommode, putzte sich die Nase und fragte nach: „Wie?“ „Leg dich hin“ Seto tätschelte das Laken neben sich. „Tut es weh?“ Der Blonde legte sich vorsichtig hin. „Nein, versprochen“ Seto legte beruhigend einen Arm um ihn. „Dein Körper wird sich allerdings an Schmerzen erinnern. Das kann weh tun, sollte es aber nicht.“ Katsuya nickte langsam und schluckte. „Ich werde mit meiner Hand über dich streichen. Irgendwann wirst du dich verspannen und es kommt Angst auf. Sag sofort Bescheid“ Katsuya brummte eine Zustimmung und spürte eine Hand über seinen Rücken zu seiner Seite fahren. Er verspannte sich, als die Hand über seine Pobacke strich und Seto stoppte, ohne das Katsuya etwas gesagt hatte. „Bescheid ...“ „Ich spüre keine Angst“ Er verzog den Mund. „Höchstens ein bisschen.“ „Ich werde meine Hand so lange nicht weiter bewegen, bis du dich wieder entspannt hast.“ „Das kann Jahre dauern!“ Okay, wahrscheinlich nicht, aber er würde sich doch sofort wieder verspannen, wenn Seto seine Hand bewegte. Mit dem zweiten Arm hob dieser Katsuyas linke Hand zu seinen Lippen und küsste den Ring dort. Die blauen Augen richteten sich wieder auf Katsuya, bevor Seto sagte: „Ich habe Jahre.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)