Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 123: Die kleinen Unterschiede ------------------------------------- Ich versuche mich verzweifelt davon abzulenken, dass DS bald beendet sein wird. Demnach hier eine weitere neue FF, diesmal aus der TV-Serie "Hannibal": (wieder Englisch, ich übe weiter) http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/94684/323110/ Liest hier eigentlich gerade jemand mit, der wirklich ganz von Anfang an dabei war? Wenn ja, ist dir klar, dass diese Geschichte jetzt seit sieben Jahren läuft? Ich selbst kann das nicht ganz fassen... Egal, viel Spaß beim Lesen ^.^ ________________________________________________________________________________________________ In Endeffekt fuhr Kimi sie, da Katsuya nicht wirklich viel Wahl sah. Wächter konnte sich selbst überlegen, ob er ihm nicht doch lieber erlauben sollte, Persönlichkeiten zu rufen, falls es ihm missfiel, fremde Frauen ans Steuer seines Wagens zu lassen. Klein-Seto ließ sich ganz brav auf die Rücksitzbank setzen und schnallte sich nach einigen gescheiterten Versuchen – in Kindversion war er sehr viel ungeschickter als als Erwachsener – auch erfolgreich an. Sasu folgte ihnen mit ihrem Auto und nahm Kimi mit, nachdem sie die Limousine etwas holprig, aber insgesamt ganz annehmbar in der Auffahrt geparkt hatte. Und während der Fahrt hatte sie ganz enthusiastisch einem Treffen am Samstag zugestimmt, also löste sich alles doch ganz gut auf. Stellte ihn nur wieder vor das Problem, einen Fünfjährigen zu beschäftigen, während er Essen kochen und Hausaufgaben machen musste. Er seufzte tief. Shizuka hatte draußen gespielt oder gemalt oder Kinderserien geguckt, aber leider war es nicht drei Uhr nachmittags. Er brauchte dringend Kinderspielzeug. „Seto?“ Er sah das zwei Meter große Energiebündel an. „Kannst du dich im Wohnzimmer selbst beschäftigen, während ich koche?“ „Oke“ Mit einem Nicken rannte Seto Richtung Wohnzimmer – nicht dass es viel zum Rennen gab, wenn man meterlange Beine hatte – und rutschte mit einigem Stolpern um die Kurve. „Vorsicht! Und mach nichts kaputt!“ Katsuya seufzte tief und schüttelte den Kopf. So langsam verstand er, warum Seto keine Kinder wollte. Er war Kind genug, um Katsuya auf den Füßen zu halten. Er setzte seinen Weg in Küche fort und starrte den Kühlschrank an, während er sich in Gedanken verlor. Was sollte er kochen? Was würde Klein-Seto mögen? Er hatte Kartoffelpuffer mit lächelnden Gesichtern gekauft, als er sie im Supermarkt gesehen hatte, die würde er sicher toll finden. Nur was dazu? Fischstäbchen? Hatten sie nicht. Würstchen? Ja, doch, sie hatten noch irgendwo ein Glas Würstchen. Und was Gesundes … nicht, dass Seto noch wachsen müsste, aber Gemüse war immer gut. Vielleicht Möhren. Ja, Kinder mochten gekochte Möhren. Er überließ sich der Routine des Kochens. Und was zur Hölle war das jetzt vorhin gewesen? War Angst weggelaufen? Warum? Hatte er etwas Falsches gesagt? Hatte er Seto unsicher gemacht, indem er ihm gesagt hatte, dass er Setos Gefühle später besprechen wollte? Hätte er das Treffen lieber sausen lassen sollen, um mit Seto zu reden? Oder könnte es jemand anderes als Angst gewesen sein? Seto wäre dort geblieben, Wächter wäre auf jeden Fall nicht zu einem Spielplatz, Ikar ... gute Frage, aber wahrscheinlich wäre er zur Gruppe gegangen oder hätte Katsuya gesucht. Imalia hätte wahrscheinlich die Küche sauber gemacht oder sich anderweitig beschäftigt und Klein-Seto wäre von selbst niemals weg gerannt. Es musste Angst gewesen sein, oder? Und Angst wurde nur durch Angst gerufen. Vielleicht hatte Seto auch einen Flashback gehabt. Ja, vielleicht hatte er einen Flashback gehabt und Angst war raus gekommen. Und Angst hatte sich dann im Endeffekt allein in einer fremden Wohnung vorgefunden. Vielleicht war er raus gerannt, um nach Hause zu finden. Das klang wenigstens halbwegs plausibel. Hieß aber auch, es könnte jederzeit wieder passieren, dass Angst durch einen schweren Flashback einfach so hervor kam. Ganz ohne Vorwarnung – das machte Seto nicht unbedingt weniger gefährlich. Katsuya seufzte nur. „Hey, du.“ Katsuya warf einen Blick über die Schulter. Seto hing im Türrahmen, anders war das nicht zu beschreiben. Er stand im Flur, hielt sich mit einer Hand am Türrahmen und hatte sich in die Küche geschwungen, sodass er schräg in der Luft hing. Er grinste vorsichtig und senkte kurz den Blick. „Abend, Ikar“ Katsuya wandte sich wieder dem Rühren der Sauce für die Möhren zu. „Du weißt nicht zufällig, was genau vorhin geschehen ist?“ „Nicht wirklich“ Aus dem Geräusch der Schritte konnte er schließen, dass Ikar näher kam. „Ich habe nur Black-Outs, wenn Angst oder Wächter draußen sind, also einer von beiden“ Er legte von hinten die Arme um Katsuya und das Kinn auf dessen Schulter. „Bist du in Ordnung?“ „Außer, dass du mich schrecklich erschreckt hast?“ Katsuya drehte den Kopf zur Seite und küsste Ikar auf die Wange. „Und warum hast du Klein-Seto abgelöst? Ich koche hier für ihn.“ „Ich mag das bestimmt auch“ Die Arme lösten sich und kaum eine Sekunde später kniete Ikar neben dem Ofen. „Smileys! Cool!“ Katsuya schüttelte lächelnd den Kopf. Anscheinend war Ikar jung genug, um Kartoffeln in Smiley-Form auch etwas abzugewinnen. Vielleicht sollte er öfter Essen für Kinder kaufen. Mindestens zwei von Setos Persönlichkeiten konnte er damit begeistern. Und wer wusste schon, ob er nicht irgendwann Setos aggressive Attacken mit Chips in Form von Teddybären bekämpfen würde? „Deckst du den Tisch?“ „Sofort!“ Hach ja ... Seto würde grummeln und sehr viel weniger begeistert aussehen. Aber irgendwie war es ja schon bisweilen erfrischend. Auch wenn jetzt nur noch Imalia fehlte, damit er jede Persönlichkeit heute einmal getroffen hätte. „Sag mal, war heute in der Klinik Wächter kurz draußen?“ „Hm ... gut möglich“ Ikar legte gerade Besteck neben die Teller. „Ich habe nicht so schrecklich aufgepasst heute, aber Wächter war auf jeden Fall bei Seto. Du weißt ja, Seto ist so etwas wie eine Leinwand. Jeder, der will, kann sich dahinter stellen und mitsteuern. Wächter fand heute wichtig“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich nicht so.“ „Du findest es nicht wichtig, ob ich krank bin?“ Katsuyas Augenbraue hob sich, auch wenn Ikar das nicht sehen konnte. „Na ja“ Unsicherheit mischte sich in Ikars Stimme. „Ich mein' ... ich verstehe davon eh nicht so viel. Ist doof für dich, aber ich kann daran auch nichts ändern, oder? Wächter hat uns eine Predigt gehalten, dass wir nicht an deinen Rasierer oder deine Zahnbürste dürfen und mich sicher fünfmal durchgegrillt, absolut immer darauf zu achten, dass du ein Kondom trägst, aber sonst ... hey, ich bin nicht der Kerl, der mit dir ins Krankenhaus geht. Ich geb' dir keine Medis, ich koche nicht, also ... ich meine, es ist mir nicht egal, dass du krank bist, aber ...“ Katsuya grinste mittlerweile. Ikar war der Knüller – genau so sozial begabt wie jeder durchschnittliche Teenager. Er dachte nicht nach, bevor er redete und verhaspelte sich dann selbst. „Das hört sich total arschig an“ Ikar seufzte. „Sorry?“ Er guckte vorsichtig an Katsuyas Schulter vorbei, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Bist du sauer?“ „Nein“ Katsuya lehnte sich zur Seite und küsste ihn. „Das hört sich genau so unbeholfen an, wie ich noch vor ein paar Monaten geklungen habe“ Er sah über die Schulter. „Wenn du mir Untersetzer hinlegst, kann ich servieren.“ „Sofort!“ Katsuya musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht loszulachen. Echt, Jugendliche waren so selbstunsicher, dass sie jede Gelegenheit nutzten, um etwas Positives zu hören. War er auch so gewesen, als er zu Seto gekommen war? Hatte er Seto auch so zum Lächeln gebracht? Irgendwie konnte er gut verstehen, dass Seto ihn als Sonnenschein bezeichnet hatte. Genau so wirkte Ikar gerade auf ihn. „Ikar, ich muss das hier jetzt fertig machen“, wiederholte Katsuya zum bestimmt dritten Mal. „Aber mir ist langweilig“ Der Andere versuchte seinen Kopf unter Katsuyas Arm herzudrücken, um ihn von seinen Hausaufgaben abzubringen. „Lass uns was anderes machen ... ich hab' sogar aufgeräumt!“ „Du hast das Chaos aufgeräumt, das du selbst veranstaltet hast“, erinnerte Katsuya. Waren Jugendliche schon immer so nervtötend gewesen? „Das war Klein-Seto!“ Ikar schlang die Arme um ihn und ließ sich hängen, was nicht gerade leicht war. „Es ist schon elf durch. Komm, lass uns ins Bett gehen.“ „Ikar, ich muss meine Hausaufgaben fertig machen. Und ich werde nicht schneller fertig, wenn du mich nervst. Und ich werde auch bestimmt nicht mit dir schlafen, wenn ich genervt bin.“ Die Arme lösten sich auf einen Schlag und Ikar setzte sich vollkommen brav neben ihn. Die Stille hielt volle acht Sekunden, bis er fragte: „Was musst du noch machen?“ Katsuya atmete tief durch. Ikar war sehr erfrischend – in angemessenen Dosen. Ansonsten war er doch gern mit Seto zusammen, definitiv. Er antwortete nach einem Moment der Beruhigung: „Englisch, Chemie, Physik, Sozialwissenschaft und Mathe. Und ich werde bestimmt zwei Stunden dafür brauchen, also bitte lass mich jetzt weiter machen.“ „Der Arzt hat gesagt, du sollst zeitig ins Bett“, hielt Ikar dagegen. „Du hast ein wunderbares selektives Gehör, weißt du das?“ Katsuya schüttelte den Kopf. „Ich habe heute schon meine Hausaufgaben vergessen. Ich habe bald Prüfung, ich kann mir das nicht leisten, keine zu machen.“ Ikar verschränkte die Arme und spitzte die Lippen. Als Katsuya sich schon fast wieder in seine Aufgaben vertieft hatte, fragte er: „Kann ich helfen?“ „Nein, das muss-“ Katsuya stoppte sich selbst. „Ja, warum eigentlich nicht ... kannst du meinen Aufsatz für Sozialwissenschaft schreiben? Ich hatte noch nie das Gefühl, dass mich die Hausaufgaben irgendwie weiter gebracht haben. Und es dauert immer am längsten.“ Ikar grinste und schlug eine Faust siegesreich in die Luft. Na, wenigstens einer freute sich über Hausaufgaben. Katsuya gab ihm Papier, einen Kugelschreiber und das Buch, in dem die Fragen und der Text standen, den sie behandeln sollten. „Wie lang?“, fragte Ikar nur und legte sich seitlich von Katsuya auf den Boden. Anscheinend teilten sie die Ansicht, dass auf dem Boden zu liegen die beste Position war, um Hausaufgaben zu machen. Und Setos Anzug war durch die Flecken vom Spielplatz und Klein-Setos Spielerei sowieso reinigungsreif, da war Liegen auf dem Fußboden auch kein Problem mehr. Ein Glück, dass Imalia die Hemden bügelte und Katsuya das nicht lernen musste. „So zwei, drei Seiten. Und so, dass ich es lesen kann, bitte“ Setos Handschrift war nicht immer die einfachste. Er schrieb so kursiv, dass die meisten Buchstaben eher wie EKG-Zacken aussahen. Sollte man als Lehrer nicht eine gute Handschrift haben? „Bitte“ Der Andere schob ihm einige Seiten hinüber. „Erklärst du mir, warum ich mitten in der Nacht deine Hausaufgaben schreibe?“ „Seto?“ Katsuya sah überrascht auf. „Wolltest du Ikar zu Tode langweilen?“ Ein Mundwinkel hob sich vorsichtig. „Wenn ja, hat es funktioniert.“ „Er hat sich freiwillig gemeldet, mir zu helfen“ Katsuya lächelte vorsichtig. Irgendwie hatte er nicht erwartet, dass Seto ihn erwischen würde ... nicht gut. „Ist wohl besser so“ Seto sah auf seine Uhr. „Und ... wo war ich?“ „Keine Ahnung“ Er schrieb die letzten Teile der Rechnung auf, an der er gesessen hatte und setzte sich auf. „Du warst nicht da, als ich aus der Gruppe kam. Kimi und Sasu haben mir geholfen, dich zu suchen. Wir haben Klein-Seto in einem Park in der Nähe gefunden.“ Seto schluckte hörbar. Nach einem Moment wandte er den Blick ab. „Ich habe mich oder uns für Samstag mit den beiden verabredet. Ist das okay?“, wechselte Katsuya das Thema. „Wie? Sicher“ Seto schüttelte abwesend den Kopf. „Katsuya, es tut mir wirklich Leid. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich habe keine Ahnung, was geschehen ist-“ „Ist gut“, unterbrach Katsuya ihn, „heute war ein stressiger Tag, belassen wir es dabei. Hast du den Aufsatz zu Ende geschrieben, obwohl Ikar dich einfach raus geworfen hat?“ Er hob die Seiten, die Seto ihm zugeschoben hatte. Ikar hatte sich wohl wirklich angestrengt, schön zu schreiben. Das war eine sehr ordentliche Schrift. Er blätterte um. Die Schrift wurde immer unordentlicher, die Buchstaben hielten kaum noch dieselbe Höhe. Es wurde schludriger, aber hatte überhaupt keine kursive Neigung. Erst auf der dritten Seite kippte die Schrift ganz abrupt und wurde kursiv. Katsuya hob mit gerunzelter Stirn den Blick. „Was denn?“ Seto sank ein wenig in sich zusammen. „Solltest du noch mehr Aufgaben machen?“ „Nein, aber ... das sind mindestens zwei verschiedene Schriften“ Er sah noch mal auf den Punkt, wo von einem Satz zum anderen die Schrift abrupt wechselte. „Haben deine Persönlichkeiten eigene Schriften?“ „Ja?“ Seto lehnte sich etwas vor und sah auf den Aufsatz. „Das ist Ikars Krakelei, das ist meine Schrift. Falls du mal Einkaufszetteln mit Herzen statt I-Punkten findest, das ist Imalia.“ Katsuya blinzelte nur. Okay, er wusste schon, Seto hatte sechs Persönlichkeiten, die verhielten sich anders. Die wussten verschieden viel und konnten verschiedene Dinge. Imalia konnte kochen, Seto nicht. Seto beherrschte ärztisch und wusste allen möglichen skurrilen Kram, Ikar nicht. Ikar hörte gern Radio, Seto hasste es. Aber verschiedene Schriften? Langsam wurde es ernsthaft schwierig noch zusammen zu halten, dass sie alle eine Person, eine Seele waren. „Musst du das einreichen?“, fragte Seto besorgt. „Hm?“ Katsuya blinzelte. „Nein, nein, passt schon. Danke dir. Ich muss noch zwei Aufgaben für Mathe lösen, dann bin ich auch fertig. Kannst du dir währenddessen mein Physikzeug ansehen? Das Ergebnis ist komisch, ich glaube, ich habe was falsch gemacht.“ Seto streckte nur die Hand aus. Die Geste war der von Ikar vorhin sehr ähnlich. Im Endeffekt waren sie wohl wirklich ein Mensch, auch wenn Katsuya es nicht immer glauben konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)