Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 122: Impulse -------------------- Ich hasse Allergie. Ich hechle jetzt schon den zweiten Tag durch, ich habe praktisch seit gestern Kopfschmerzen und bewegen ist auch kaum drin. Mein Immunsystem ist klasse bei Erkältungen, aber ich hasse es, wenn Pollen fliegen ... das Leben ist halt unfair. Während ich hier vor mich hin leide, sende ich euch das neue Kapitel und wünsche viel Spaß beim Lesen ^.^ ________________________________________________________________________________________________ „Na, Loverboy?“ Kimi grinste, als er eintrat. „Hast du deinen Schatz rückversichert, dass ich dich nicht klauen werde?“ Katsuya verdrehte nur die Augen und meinte: „Wenn er wirklich meint, ich würde ihn für jemand anderes verlassen, hat er wirklich einen Dachschaden.“ Kimi lachte nur. Ein Lächeln schlug sich auf Misas Lippen, während Leyla den Kopf schüttelte und sagte: „Er hat DID. Die meisten Menschen würden das als Dachschaden bezeichnen. Und findest du seine Angst nicht gerechtfertigt?“ „Nein“ Katsuya grinste und lehnte sich zurück. „Ich habe kein HIV. Ich habe festgestellt, dass ich Wächter mag. Und es gibt anscheinend eine wunderbare Erklärung und halbwegs einfache Lösung für die Probleme des suizidalen Bruders meines besten Freundes“ Er breitete die Arme aus. „Gerade ist meine Welt voller Sonnenschein und Regenbogen!“ „Und Seto springt auf einem Einhorn von Wolke zu Wolke“ Kimi hob eine Augenbraue. „Bist du high?“ „Sehr witzig“ Er streckte ihr die Zunge raus. „Ich freue mich einmal und gleich wird vermutet, dass ich meinem Freund fremdgehe oder Drogen genommen habe. Was seid ihr für ein Haufen?“ „Menschen mit Lebenserfahrung“, erwiderte Tomoko knapp. Sie sah ihm nicht in die Augen dabei sondern über Leyla hinweg. „Nun gut, lasst uns anfangen“ Ihre Gruppenleiterin sah zu Katsuya. „Hat deine Woche noch etwas zu bieten oder war das dein Wochenbericht?“ „Ich hasse es, bald Prüfungen zu haben und bei einem Lehrer zu wohnen“ Der Blonde verschränkte die Arme. „Bericht Ende.“ Leyla lächelte nur und nickte. Sie sah einen Moment lang auf ihre in ihrem Schoß gefalteten Hände, bevor sie nickte und begann zu sprechen: „Nene und ich haben mit ihrem Freund über DID gesprochen. Das lief … nicht gut.“ Ein leises Seufzen ging durch die Reihen. „Nein, eigentlich ist das untertrieben“ Ihre gefalteten Hände ballten sich zu Fäusten. „Er ist ein absoluter Mistkerl, er- ich fasse nicht, was er gesagt hat! Er hat sie eine Lügnerin und Betrügerin genannt. Dass sie ihm etwas vorspielt, nur damit er ihr später ihre Exzesse vergibt. Er hat sie behandelt, als- als … als wäre sie eine Frau, die einen Kerl nach dem nächsten ausnimmt, bis er sie nicht mehr aushalten will. Ich … ich habe noch nie jemand so Ekelhaften getroffen. Nene hat sich die Augen ausgeweint, nachdem er gefahren ist“ Leyla legte ihr Gesicht in ihre Hände und atmete tief durch, wobei ihre Kehle hörbar zitterte. Als sie die Hände senkte, sah man ihre Augen vor Tränen glänzen. „Einmal … ein einziges Mal hat sie sich getraut, einen Menschen kennen zu lernen. Von sich aus, ganz allein … und dann das. Wie soll ich ihr jemals beibringen, dass die Welt nicht böse ist?“ Kimi reichte ihr eine Hand, die sie ergriff und drückte. „Ich weiß einfach nicht … manchmal verliere ich meinen Glauben daran, dass es gute Menschen auf dieser Erde gibt. Ich komme hier her und treffe euch und ich denke mir: Ja, es gibt sie. Ich fahre nach Hause und ich sehe Nene mit ihrem Pferd und lächle und denke mir, wie schön das Leben ist. Und am nächsten Tag fahre ich zur Arbeit und sehe nichts als Hass und Ablehnung. Wie schlecht die Wirtschaft bei anderen läuft und wer jetzt wieder eine Gefahr ist und gegen wen wir Krieg zu führen haben. Manchmal möchte ich einfach nur aufgeben.“ „Wir alle gehen durch solche Phasen“ Kimi drückte ihre Hand zurück. „Sie kommen, aber sie gehen auch wieder. Es gibt ein paar Idioten auf dieser Welt, aber es gibt auch gute Menschen, die das ausgleichen.“ „Und? Gehst du noch feiern?“, fragte Kimi, als sie den Raum verließen. „Feiern?“ Er sah überrascht auf. „Ja, du weißt schon … mit den Testergebnissen. Ich würde mich in die Disko schmeißen“ Sie grinste. „Eine Runde Cocktails und tanzen lässt das Leben gleich viel besser aussehen.“ „Ich darf keinen Alkohol“ Sie kamen in die Küche, wo Sasu bereits stand und Kimi einen Tee reichte. „Und ich muss früh ins Bett, um meine Gesundheit zu pflegen“ Er seufzte tief. „Vielleicht kriege ich Seto dazu, am Wochenende mit mir weg zu gehen.“ „Apropos, wo ist der eigentlich?“, fragte Sasu. „War er nicht in eurer Gruppe?“ Katsuyas Stirn legte sich in Falten. „Nein … sollte er?“ Sie hob eine Augenbraue. Er war nicht in der DID-Gruppe gewesen? Aber … wo dann? War er etwa gegangen? Ohne etwas zu sagen? Nein, das hörte sich gar nicht nach Seto an. War etwas passiert? „Oh nein“ Katsuya schloss die Augen und atmete tief durch. „Okay … wo könnte er sein … Auto“ Er sah auf. „Entschuldigt mich, bitte, ich muss ihn suchen gehen. Nicht, dass er irgendwelchen Schwachsinn angestellt hat.“ „Wir helfen“ Kimi nickte und stellte ihren unberührten Tee in die Spüle. „Ich bin gut im Suchen, Sasu ist zu Anfang auch immer weggerannt.“ „Das war nicht ich“ Auch die andere stellte ihre Tasse ab und ging Richtung Flur, im sich ihre Jacke anzuziehen. „Das waren die anderen in meinem Kopf.“ „Welche Persönlichkeiten von Seto könnten denn weggerannt sein?“ Auch Kimi zog sich an. Beide schienen ganz ruhig, als wäre das völliger Alltag. Katsuya betrachtete sie etwas skeptisch. „Ähm … Angst. Klein-Seto und Ikar würden mich suchen und Imalia wäre in die Sitzung gegangen. Wächter … ich habe ehrlich keine Ahnung, was Wächter tun würde, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er einfach so verschwindet. Obwohl … vielleicht nach heute im Krankenhaus … oder wegen der Krankheiten … oder die Szene vorhin? Vielleicht wollte er mir etwas Wichtiges sagen?“ Katsuya atmete zitternd durch und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. „Ganz ruhig“ Kimi legte ihre Hände auf seine Schultern. „Wir schauen erstmal nach seinem Wagen. Würde Angst das Auto benutzen?“ „Niemals“ Sie wandten sich der Treppe zu und verließen das Selbsthilfezentrum. „Angst würde … er würde irgendetwas suchen, wo er sich verstecken kann.“ „Wir finden ihn, keine Sorge“ Kimi warf ein Lächeln über ihre Schulter. „Erstmal schauen wir nach dem Auto und wenn er als Angst rum rennt, dann finden wir ihn sicher auch bald. Verängstigte Persönlichkeiten folgen alle bestimmten Mustern, das ist nicht schwer. Und wenn er Wächter ist, dann kommst du einfach mit zu uns, bis er wieder er selbst ist. Oder kannst du ihn anrufen?“ Katsuya zog sein Handy hervor. Keine neuen Nachrichten, keine unbeantworteten Anrufe. Er hob es schnell und fragte: „Soll ich jetzt?“ „Nein, gleich“ Sie erreichten die Straße. „Angst würde das Klingeln verängstigen. Wo habt ihr geparkt?“ „Da drüben“ Katsuya stellte sich auf die Zehenspitzen. Da stand ein Auto. Ein langes. Er joggte hin. Doch, definitiv, das war Setos Mercedes. „Das ist seins.“ „Gut“ Kimi nickte. „Dann beschreibe doch mal Angst. Je mehr wir über ihn wissen, desto einfacher werden wir ihn finden.“ Kimi und Sasu waren ganz fraglos Frauen der Tat. Katsuya kämpfte immer wieder die Panik runter, die in ihm aufstieg. Was, wenn Seto etwas passiert war? Was, wenn sie ihn nicht finden würden? Was, wenn in einer völlig unbekannten Gegend plötzlich Klein-Seto raus geschleudert werden würde? Aber die zwei planten souverän und systematisch ihre Suche und zeigten nicht einen Funken Unsicherheit. Als würden sie das hier andauernd tun. Nun ja, vielleicht war Kimi das ja wirklich gewöhnt, aber so zusammen? Die beiden waren wirklich ein eingespieltes Team. Sasu ließ sie alle Telefonnummern austauschen, falls sie sich verlieren würden. Kimi ging zurück ins Selbsthilfezentrum, um die Toiletten und Schränke abzusuchen. Sasu sah in der Nähe des Wagens nach. Sie schickte Katsuya zu verschiedenen Häuserecken und Nischen. Da das Zentrum in einer Art riesigen Innenhof lag, der nur einen einzigen Ausgang hatte, suchten sie zuerst natürlich dort alles ab. Kimi erklärte ihm, dass Persönlichkeiten kleiner Kinder sich oft ganz kleine Nischen suchten, um sich dort rein zu quetschen. Sie sahen also hinter – und nach Katsuyas Hinweis auch in – jeder Mülltonne nach und bei parkenden Autos. Aber Fehlanzeige. Was sie zur Straße führte und damit zu der Frage: Rechts oder links? Sasu wandte sich zielstrebig nach rechts, ohne auch nur einen Moment zu überlegen. „Warum hier lang?“ Katsuya hastete ihr hinterher. „Neunzig Prozent der Menschen gehen automatisch nach rechts“, erklärte sie knapp, „Einfaches psychologisches Phänomen.“ „Wir haben hier mehr Chancen“, fügte Kimi hinzu, „Sasu, hast du den Park im Auge?“ „Ist wahrscheinlich Fehlanzeige, aber manche traumatisierten Kinder rennen automatisch zu Spielplätzen. Die sind meist etwas älter, aber da Katsuya nicht weiß, welche Traumata Angst geschaffen haben, sollten wir auch da suchen.“ „Ihr wisst echt viel“, murmelte dieser nur. „Erfahrung“ Kimi zuckte mit den Schultern. „Ich denke, du solltest mal versuchen, ihn anzurufen. Vielleicht hat das alles ja auch eine unschuldige Erklärung und schaden kann es jetzt nicht mehr.“ Katsuya zog sein Handy wieder hervor, drückte die Schnellwahltaste für Seto und hielt das Gerät an sein Ohr, während er Sasus doch ziemlich schnellen Schritt folgte. Tut. Tut. Tut. Er seufzte. Klang nicht so, als würde Seto bald dran gehen. Nach dem zehnten Tut gab er auf. Schien, als wäre wirklich Angst mit Setos Körper durchgebrannt. Das war bisher noch nie passiert … würde er das jetzt öfter erleben? Katsuya atmete tief durch. „Kats!“ „Dank sei allen Göttern“ Er wandte sich in Richtung der Stimme. Danke, danke, danke – er war es wirklich. Er war unverletzt. Katsuya öffnete seine Arme und stolperte einige Schritte zurück, da Seto sich mit voller Wucht gegen ihn warf. Nun ja, Klein-Seto. Da war er sich sehr sicher. „Na, das ging doch schnell“ Kimi hörte sich noch immer völlig nonchalant an, als hätten sie nur eine entlaufene Katze gesucht. Sagte sie nicht, sie hätte zwei Katzen? Vielleicht deshalb. „Kats“ Seto hatte die Hände zum Glück über seinen Schultern, sodass er ihn nicht durch den Druck erwürgte. Seine Stimme klang verweint und er zog geräuschvoll die Nase hoch. Er zitterte am ganzen Körper. „Wo warst du?“ „In der Selbsthilfegruppe“ Katsuya strich mit seiner Hand Setos großen Rücken auf und ab. „Schhh … ganz ruhig, wir haben dich ja gefunden. Wie kommst du denn hierher?“ „Hier?“ Klein-Seto ließ Katsuya etwas Raum und sah sich um. Sie waren im Park, wirklich in der Nähe eines Spielplatzes. „Ich … weiß nicht?“ Katsuya seufzte nur tief und legte den Kopf auf Setos Schulter. Natürlich, es war Klein-Seto, er war theoretisch der Erwachsene, aber … verdammt, er konnte nicht immer stark sein. Das hier war gerade der Schock seines Lebens gewesen! Warum war Seto plötzlich weggerannt? Und welche von Setos Persönlichkeiten war weggerannt? Wahrscheinlich Angst, aber … Katsuya seufzte. „Habe ich etwas Dummes gemacht?“, fragte Klein-Seto unsicher. Katsuya atmete tief durch. Natürlich nicht. Gar nichts. Aber die Worte wollten nicht über seine Lippen kommen. Er würde am liebsten heulen und er wollte Seto und … shit, er sollte sich zusammen reißen. Klein-Seto brauchte ihn, er war nur ein Kind. Katsuya schaffte es, zumindest seine Arme zu heben und Seto darein zu schließen. „Du hast nichts falsch gemacht“, antwortete Kimi Klein-Seto mit sanfter Stimme, „jemand ist mit deinem Körper weggelaufen und Katsuya hat sich Sorgen gemacht.“ „Oh … ei, ei“ Seto strich über seinen Kopf, als wäre er ein Baby. „Ei, ei, alles gut.“ „Guter Junge“ Kimi klang überzeugend stolz, obwohl Seto wahrscheinlich zutiefst lächerlich aussah und sich noch lachhafter anhörte. „Jetzt geht es ihm bestimmt gleich wieder gut.“ Katsuya atmete tief durch. Ja, alles gut … Seto brauchte ihn. Er lehnte sich zurück und zwang ein Lächeln auf seine Lippen. Seto sah noch immer unsicher aus, sodass er sagte: „Danke. Es ist alles gut. Ich war nur besorgt.“ Setos Lächeln war unsicher, aber da. Und in seinen Augen leuchtete Stolz. Hach, wenn es bloß so einfach wäre, den großen Seto von seinem Selbstwert zu überzeugen … egal, das war ein anderes Thema. „Beherrscht er shiften?“, fragte Sasu. „Persönlichkeiten wechseln?“ Katsuya wandte sich langsam zu ihr und griff dabei mit einer Hand nach Setos. Nicht, dass er noch einmal verschwand. „Kann er, aber Wächter mag es nicht, wenn ich Wechsel einleite.“ Sasu verdrehte nur die Augen. „Kommt ihr denn so nach Hause?“ Kimi kniff ihre Cousine in den Arm, was diese beleidigt einen Schmollmund ziehen ließ. „Hast du einen Führerschein?“ Katsuya sah zu Seto. Der lächelte unschuldig. Sah nicht so aus, als würde er bald jemand anderen raus lassen. Seufzend schüttelte der Blonde den Kopf. „Soll ich euch fahren?“ „Du willst doch nur mal mit der Limo cruisen“, murmelte Sasu und rieb die Stelle, die Kimi gekniffen hatte. „Pscht!“ Beleidigt schlug Kimi ihr auf die Pobacke. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)