Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 120: Das Verdrängte --------------------------- Hatte ich erwähnt, dass ich einen neuen One-Shot hochgeladen habe? Nein? Ich bin recht sicher, dass ich es vergessen habe, hier also der Link zu "Another trial" (englische HP-Fanfic ohne Romanze): http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/94684/321145/ Viel Spaß beim Lesen und noch einmal vielen lieben Dank für eure tollen Kommentare! Ihr schafft und lenkt diese Geschichte mit mir (und ich kann euch verraten, dass eure Worte mich dazu gebracht haben, kein Sad End zu schreiben, wie eigentlich mal geplant war...). ________________________________________________________________________________________________ Eine Hand auf seinem Arm. Eine zweite, dritte, vierte. An seinen Beinen, seinen Schultern, seinem Hals. Modriger Geruch. Dunkelheit. Sie hielten ihn, packten ihn, zogen ihn. Schreie. Gespenstige Schreie in der Nacht. Und keiner, der ihn hörte. Katsuya schreckte hoch, orientierte sich einen Moment und sank mit einem gequälten Stöhnen zurück, als er das Schlafzimmer erkannte. Nicht schon wieder … warum hatte er immer noch Alpträume? War es nicht langsam mal gut? Seto hob müde ein Augenlid und zog ihn an seine Brust. Er nuschelte in das blonde Haar: „Alptraum?“ „Ich wurde auf einem Friedhof von Zombies angegriffen, die mich lebendig begraben wollten“, gab Katsuya zurück und platzierte sich auf Setos Arm. Bei allen Göttern, er hasste seine Träume. „Schlaf weiter“, brummte Seto nur und schien einen Moment später auch selbst wieder im Land der Träume zu sein. Katsuya seufzte nur und schloss die Augen. Sagte der Kerl so einfach … Katsuyas Puls war auf bestimmt hundertachtzig. Er legte die Finger auf seinen Hals. Na ja … vielleicht nicht hundertachtzig, aber zumindest hundertzwanzig. Zu viel auf jeden Fall. Er kuschelte sich trotzdem in Setos Arme. Als er die Lider wieder öffnete, stellte er überrascht fest, dass er wohl doch sofort wieder eingeschlafen war. Zumindest konnte er sich nicht erinnern, lang wach gewesen zu sein und jetzt war es … nun ja, nicht hell, aber der Wecker zeigte halb sieben. Er schob sich hoch und küsste Seto. Dieser murrte nur und drückte Katsuya von sich weg. „Aufstehen“, flötete der Blonde gut gelaunt. „Kaffee“, maulte Seto nur und drehte ihm den Rücken zu. Katsuya grinste. Wie schön, dass sich manche Dinge einfach niemals änderten. Er schwang sich aus dem Bett und tapste Richtung Badezimmer. Kam selten genug vor, dass er vor Seto wach wurde. Er könnte zur Abwechslung mal Frühstück machen. „Kats?“, murmelte Seto verschlafen und steckte den Kopf ins Badezimmer. „Ja, Grummelchen?“ Der Blonde grinste neckisch und trat zu ihm. Seto gab nur einen definitiv unverständlichen Laut von sich, rieb sich mit einer Hand den Schlaf aus den Augen und sagte schließlich mit wacherer Stimme und Ausdruck: „Ich wollte dich in meine Dusche einladen.“ „Hm?“ Katsuyas Mundwinkel hob sich. „Hat das Hintergedanken?“ „Wenn es diese Reaktion hervor ruft, dann schon“ Seto öffnete die Tür ganz und streckte einladend eine Hand aus. „Darf ich euch entführen?“ „Mit Freuden, oh böser Drache“ Katsuya schmiss das Shirt, das er gerade ausgezogen hatte, auf den Wäschekorb und ließ sich von Seto zurück ins Schlafzimmer ziehen, wo die Tür zu dessen Bad war. Es sollte nur bloß kein Prinz auftauchen. Er war mit seinem Drachen nämlich fraglos glücklich. Wie gut, dass Märchen nicht wahr wurden. „Shit, ich hab' die Hausaufgaben vergessen“ Katsuya legte mit einem Stöhnen die Hände auf sein Gesicht und hielt einen Moment inne, bevor er sich auf seinem Platz nieder ließ. „Guten Morgen“ Ryou beobachtete ihn lächelnd. „Hast du sie nicht gemacht oder zuhause gelassen?“ „Völlig vergessen“, murmelte Katsuya nur und seufzte, „bin nach dem Lernen zu Yami, dem ging's nicht so gut, dann kam Seto vom Sport und wir haben gegessen und … dann habe ich's vergessen.“ „Für Englisch mussten wir diesen Text lesen“ Ryou reichte ihm sein Buch. „Die Fragen wirst du auch so beantworten können, falls du gefragt wirst. Chemie und Physik kannst du von mir abschreiben während der Stunde. Sozialwissenschaft hatten wir ja zum Glück nichts auf und Mathe kannst du in der Mittagspause machen.“ Katsuya blinzelte. Jetzt … echt? Er durfte bei Ryou Hausaufgaben abschreiben? Yeah! Grinsend schnappte er sich das Buch, lehnte sich zurück und meinte: „Besten Dank!“ Ayumi, die eine Reihe vor ihnen saß, schüttelte nur den Kopf und murmelte: „Und das so kurz vor den Prüfungen ...“ Ja, ja, er war halt kein sehr tugendhafter Schüler. War nichts Neues, oder? Hey, er hatte fünf Monate jetzt regelmäßig Hausaufgaben gemacht, das war das letzte Mal in der Grundschule passiert. So etwas sollte man zu würdigen wissen. Und er schaffte das sogar ohne Setos Aufsicht. Am Anfang hatte er ja noch jede Hausaufgabe gegen gelesen und kommentiert, aber mittlerweile fragte er nicht einmal mehr, ob Katsuya sie gemacht hatte. Er vertraute darauf, dass er das selbst hinbekam. Und das tat er ja auch. Meistens. Wenn er etwas nicht hinbekam, fragte er Ryou oder Seto. Und manchmal vergaß er halt etwas. Nichts Schlimmes. Jetzt hatte er einmal seine kompletten Hausaufgaben vergessen, okay … aber es war das erste mal seit Beginn des Schuljahres, verdammt. So schlimm war das nicht, oder? Er schnaubte. Hilfe … zu Anfang des Schuljahrs hätte er sein jetziges Ich als ekligen Streber beschimpft. Wie Zeiten – und vor allem Menschen – einen doch verändern konnten. Das Beste war, er wusste ganz genau, wenn er es wirklich unter die besten Fünfzig schaffte, dann könnte er sein altes Ich sehr schadenfreudig angrinsen. Denn darauf wäre er früher sehr eifersüchtig gewesen. Nicht, dass er sich hatte anstrengen wollen – aber die Früchte dafür ernten, das schon. Hilfe, er war ein Idiot gewesen. Die zwei Sportstunden saß er mal wieder höchst gelangweilt auf der Bank. Sein neuer Sportlehrer – und wenn er Yugi in einem sehr vermisste, dann war das als Sportlehrer – sah ihn wie immer schief an, beschwerte sich über das ständige Übertreiben von Ärzten und fragte wie jede Stunde scharf nach, an was Katsuya denn nun erkrankt war, dass er kein Sport machen dürfte. Und wie jede Stunde schwieg er. Was sollte er schon sagen? Zwei so Krankheiten, für die ich Spritzen bekommen habe und – ach ja – Verdacht auf HIV und Hepatitis C? Katsuya schnaubte. Würde er antworten, wüsste es innerhalb eines Tages jeder Lehrer und innerhalb von zwei jeder Schüler. Danke nein. Er traf Seto etwas abseits vom Schultor, verabschiedete sich von Ryou und verlangte als allererstes eine Umarmung. Seto sagte eh niemals nein zu Körperkontakt, demnach bräuchte er eigentlich gar nicht erst fragen, aber irgendwie tat er es doch lieber. „Denkst du an die Ergebnisse?“, fragte Seto vorsichtig, während er ihn hielt. „Ergebnisse?“ Ach ja, die Testergebnisse der Krankheiten. Manchmal war er ein Idiot. „Ne … nur Lehrer und so. Mein Sportlehrer ist ein Arsch.“ „Was hat er getan?“ Seto strich mit einer Hand über seinen Rücken. „Ach, nichts“ Katsuya drückte sein Gesicht demonstrativ gegen Setos Brust. Blöder Winter … er wollte wieder Sommer, dann hätte Seto weniger an. „Fragt nur jede Stunde wieder, was ich habe und ob ich wirklich nicht mitmachen kann. Er nervt.“ „Wir werden ja gleich wissen, ob du überhaupt noch etwas hast. Komm, lass uns fahren“ Seto küsste sein Haar und packte seine Schultern, um etwas Abstand zwischen sie zu bringen. Katsuya zog nur einen Schmollmund, stieg dann aber ein, als Seto zur Fahrerseite ging. „Hast du Shakespeare für die Wartezeit mitgenommen?“ „Liegt auf der Rücksitzbank.“ Katsuya warf kurz einen Blick über die Schulter und lächelte. Er liebte Seto, hatte er das schonmal gesagt? Jetzt mal ehrlich, wann hatte er das das letzte Mal gesagt? „Ich liebe dich.“ Seto lächelte und antwortete mit einem kurzen Blick in Katsuyas Richtung. „Du bist ungewöhnlich ruhig“ Katsuya rutschte ein wenig auf dem Sitz hin und her, da er irgendwie nicht bequem war. „Ich hatte das Gefühl, dir machen die Ergebnisse mehr Angst als mir.“ „Ob mehr, das kann ich nicht sagen“ Seto seufzte leise. „Es macht mir Angst. Aber es macht dir auch Angst und du brauchst mich mehr als meine Panik drückt.“ „Ich hab' keine Angst“ Katsuya grinste schief. „Du hast gesagt, du bleibst bei mir“ Er schluckte und verlor das Grinsen. „Das … gilt noch, oder?“ „Natürlich gilt das noch. Es ist gewissermaßen heuchlerisch, wenn du alle zwei bis drei Monate Selbstmordattacken von mir durchmachst, aber ich Angst vor etwas habe, was mich in ein paar Jahren töten könnte, oder? Nachdem ich mir das vor Augen hielt, schien die ganze Krankheitssache sehr viel weniger schlimm“ Er unterbrach sich selbst mit einem tiefen Durchatmen. „Es macht mir trotzdem Angst.“ Katsuya nickte langsam. Er sah einen Moment aus dem Fenster, bevor er den Kopf senkte. Seine Finger hatte er krampfhaft in der Hose verhakt. Er löste sie, hob sie und beobachtete, wie sie unter seinem Blick bebten. Es war, als würde er etwas beobachten, was zu einem anderen Menschen gehörte. Er schluckte und meinte: „Ich glaube, ich depersonalisiere.“ Seto sah nicht einmal zu ihm, als er antwortete: „So lange du sagst, dass du keine Angst hast, glaube ich das sofort.“ Katsuya seufzte tief, schloss die Lider und sackte in den Autosessel. Er schaffte es nicht, mit dem ganzen Rücken die Lehne zu berühren. Er kniff sich mit einer Hand in die Schulter und stellte fest, dass seine Muskulatur steinhart war. Nach einem weiteren Seufzen murmelte er: „Shit.“ Mit dem Eingeständnis, dass er vielleicht doch Angst hatte, half gar nichts mehr. Er konnte nicht still sitzen. Er konnte nicht zuhören. Er konnte nicht sprechen. Er tigerte im Krankenhausgang auf und ab und selbst das schien es nicht besser zu machen. Es war zum Verrücktwerden. Warum hatte er plötzlich Angst? Und wovor denn? Seto blieb bei ihm. Es gab Medikamente. Er würde nicht plötzlich morgen dahinraffen. Scheiße. Mit der nächsten Kurve des Auf- und Abwanderns lief er in eine Wand. Er stolperte zurück, hob eine Hand zum Gesicht und wurde von Händen auf seinen Schultern abgehalten, weiter zurück zu gehen. Die Wand stellte sich als recht warm und moderat weich heraus. Nach einem Aufblicken erkannte er Seto. „Komm her“, verlangte dieser und schloss ihn langsam in seine Arme. Katsuya seufzte nur tief und ließ sich gegen den Älteren sacken. Ach shit … warum schob er plötzlich Panik? Wo war die die ganze Zeit gewesen? Er hob die Arme und legte sie um den Älteren. Nach einigen Momenten, in denen sich sein Atem beruhigte, legte Seto eine Hand unter sein Kinn und zog ihn so in einen Kuss. Seto zu küssen war immer schön. Diesmal allerdings fühlte er sich, als würde er auf der Stelle schmelzen. Als würden sich seine Beine jeden Moment auflösen und nur Setos Arm um seine Taille könnte ihn halten. Eine Krankenschwester trat neben sie und räusperte sich. Seto ignorierte sie schlichtweg. Nach einem tiefen Seufzen räusperte sie sich erneut. Fast entschuldigend strich Setos Zunge über seine, bevor er den Kuss langsam und zärtlich löste. Katsuya sank liebestrunken und für diesen einen Moment völlig zufrieden mit der Welt auf seine Fußballen zurück und beobachtete, wie Setos sanfter Blick zur Krankenschwester fuhr und sich in absolut eiskalte Ablehnung wandelte. Sie fiepte erschrocken, zog den Kopf ein und machte einen Schritt zurück. „Verschwinden Sie, wenn Sie nichts Sinnvolles zu sagen haben“, fuhr er sie in völliger Gnadenlosigkeit an. Katsuyas Stirn legte sich in Falten. Diese Stimme … irgendetwas … „Wächter?“, flüsterte er, während die Krankenschwester den Flur mehr stolpernd rennend hinter sich brachte als zu gehen. Der Blick wandte sich ihm zu, noch immer kalt, aber weniger offen ablehnend. Er erinnerte sich an diesen Blick. Als sie sich damals kennen lernten, hatte Seto so oft diesen kalten, teils ablehnenden Blick gehabt. War das etwa damals Wächter gewesen? War es Wächter gewesen, den er bewundert hatte? Dem er hinterher gestrebt hatte? In den er sich verliebt hatte? Der Andere trat einen halben Schritt von ihm, hob eine Hand und legte sie auf Katsuyas blonden Schopf. Er strich darüber, als würde er ein Tier streicheln. Es zauberte dennoch ein Lächeln auf Katsuyas Lippen. „Herr Kaiba?“, fragte eine Schwester, die gerade um die Ecke getreten war. „Hm?“ Seto wandte sich um, sah sie nicken und drehte sich zurück zu Katsuya. Seine Hand fiel hinter dessen Kopf zu seiner Taille, so dass Seto ihn daran halten wie führen konnte, sollte es nötig sein. „Lass uns gehen.“ Sein Lächeln war erneut voller Wärme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)