Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 110: Eine falsche Frage ------------------------------- Warnung: In diesem Kapitel fliegen Fetzen. Nicht unbedingt Flashback-triggernd, aber sehr wenig harmonisch. Persönliche Mitteilung: Mag jemand meine Doktorarbeit für mich schreiben? T.T (Wie gut verstehe ich all diese Politiker mit ihren Plagiatsarbeiten...) Viel Spaß beim Lesen ^.^ ________________________________________________________________________________________________ Als Yami fragte, ob jemand noch Tee wolle, erwiderte Bakura, dass sie noch Tee wollten. Auch wieder so ein Beispiel, was Katsuya dazu verführte zu bemerken: „Findest du nicht, du solltest Ryou nicht erst fragen statt voraus zu setzen, dass er etwas will?“ Er sagte es mit einem entsprechenden Grinsen, um anzudeuten, dass er nur neckte. Zum Glück kam das wohl auch so an, da dieser erwiderte: „Wenn ich ihn nicht klein halte, haut er mir nur ab. Dieser Stalker macht mir keine Sorgen, aber Le-Long aus eurer Klasse hat gefährlich offensichtliche Intentionen.“ Beim ersten Satz wollte Katsuya noch fragen, ob Bakura das nicht eigentlich wollte. Schließlich hatte er der ganzen Beziehungssache mehr widerwillig zugestimmt, wenn er Ryou richtig verstanden hatte. Der zweite Satz war jedoch so alarmierend, dass er mit geweiteten Lidern fragte: „Woher weißt du das jetzt wieder?“ „Du bist eine äußerst unzuverlässige Informationsquelle, also habe ich andere genutzt“ Bakura, der noch immer Ryou auf seinem Schoß hatte, zog dessen Kopf an seine Schulter und strich darüber, als wäre dieser ein braves Tier und nicht sein Freund. „Le-Long ist an dir interessiert?“ Katsuyas Blick fiel auf Ryou. „Ist er das?“, fragte dieser wiederum Bakura. „Er hat es gegenüber seinem Leibwächter erwähnt“ Die hellblauen Augen waren auf irgendeinen Punkt über Katsuyas Kopf gerichtet. „Le-Long ist der Neffe eines Triadenbosses, der Krieg mit mehreren Yakuza dieser Stadt hat. Er ist gefährlich“ Der Blick wandte sich Ryou zu. „Es scheint nur jugendliche Kuriosität zu sein, da er weiß, dass du mit einem Mann zusammen bist. Aber sollte sich dieses Interesse vertiefen, könnte es sein, dass wir es mit Triaden zu tun bekommen und das möchte ich gern vermeiden. Diese Irren haben ihre Ehre in China zurückgelassen.“ „Ah ja … lass mich raten, Ayumis Vater ist in Wirklichkeit Waffenschmuggler, richtig?“ Katsuya hob nur kopfschüttelnd eine Augenbraue. „Nein, er führt ein chinesisches Restaurant mit dem Namen Peking Palace, was äußerst erfolgreich ist, da er seine drei Töchter alle als schwarz arbeitende Kellnerinnen missbraucht“ Bakuras Blick richtete sich auf Katsuya. „Und du würdest dem Wort Missbrauch zustimmen, wenn du ihre Arbeitsuniform gesehen hättest.“ „Sag mal, beschattest du unsere Klassenkameraden?“ Entsetzen sprach aus Katsuyas Stimme. Mittlerweile waren die anderen Gespräche verstummt und alle verfolgten ihren Wortaustausch. „Nein, es reicht, ihre Namen durch das Polizeiregister laufen zu lassen und dann noch einmal mit ein paar anderen weniger legalen Plattformen abzugleichen. Man nennt es Recherche“ Bakura machte eine wegwerfende Handbewegung. „Dasselbe für Lehrer und alle anderen Schüler. Oder denkst du, Seto hätte ihre Akten nicht alle durchgesehen?“ Katsuya ließ unsicher den Blick zu seinem Verlobten schweifen. Hatte er das wirklich? Er war stellvertretender Schulleiter gewesen. Er hatte Zugriff auf all diese Akten gehabt. Aber war er auch so weit gegangen? „Habe ich“, bestätigte dieser nur, „und all deine Schulkameraden inklusive Eltern habe ich persönlich kennen gelernt. Ebenso die meisten Lehrer.“ „Und … wenn du nicht dort gearbeitet hättest … hättest du das auch alles überprüft?“ Katsuyas Stirn legte sich in Falten. „Wahrscheinlich“ Seto nickte nur. „Das ist eine Frage der Sicherheit. Spätestens nach … spätestens dieses Jahr hätte ich es sicherlich getan. Und hätte ich sie nicht vorher gekannt, hätte ich bestimmt auch bald darauf bestanden, deine Freunde kennen zu lernen.“ „Aber warum?“ Katsuya sah schier entsetzt zwischen Bakura und Seto hin und her. „Warum all das? Glaubt ihr ernsthaft, dass jemand Ryou oder mir etwas tun würde? Das sind praktisch Kinder!“ „Angst ist nie rational“, antwortete Seto, „und sie äußert sich als allererstes in einem starken Kontrollbedürfnis. Nicht nur Wissen, auch Handlungsmöglichkeiten. Um es platt zu sagen, je mehr ich mit dir anstellen kann, desto sicherer bin ich. Das ist der Kern, aus dem Missbrauch in Beziehungen entsteht. Je mehr ich dir antun kann, ohne dass du dich wehrst, desto sicherer fühle ich mich.“ „Das ist krank“, murmelte Katsuya nur und schüttelte den Kopf. „Dass Seto nicht ganz richtig im Kopf ist, hatten wir schonmal festgestellt“, meinte Bakura nur. „Und du bist besser, ja?“, giftete Katsuya. Einen Moment später war eine Klinge nur wenige Zentimeter von ihm entfernt, gehalten von einem aufgesprungenen Bakura, der von Ryou zurückgehalten wurde, der noch immer die Arme um dessen Hals schlang. Mit einem Schnauben ließ Bakura sich zurück sinken, behielt jedoch das Messer in den Händen. Katsuya schluckte nur, nickte und hauchte etwas, was eine Entschuldigung gewesen sein könnte. Bakura begann, das Messer zwischen seinen Fingern zu drehen. Katsuya rückte etwas zu Yami auf, der ihm gern mehr Platz gab. „Besonders Männer verarbeiten ihre Angst oft so, dass sie Macht ausüben. Dass sie kontrollieren und regeln und entscheiden. Und nichts ist schlimmer, als wenn der entsprechende Gegenpart sich nicht kontrollieren lässt. Es macht unendliche Angst und lässt zu Gewalt greifen, um die Kontrolle zu behalten“ Seto sprach sehr ruhig. Ob er dabei mit Katsuya oder Bakura sprach, konnte wohl keiner so genau sagen, da er ins Nichts starrte. „Manchmal sind es verständliche Dinge. Wenn der Gegenpart plötzlich wichtige Entscheidungen trifft, ohne den Mann gefragt zu haben. Bei manchen sind es aber auch völlige Hirngespinste. Sie kauft ein und er entwickelt einen krankhaften Wahn, sie hätte mit dem Verkäufer geflirtet, hätte vielleicht sogar eine Affäre mit ihm. Angst ist nicht rational.“ Katsuya wusste nicht ganz, ob er Bakura beobachten sollte, der praktisch erstarrt war oder eher Seto, der wie ein Orakel aus einer anderen Welt zu sprechen schien. „Ich habe solche Ängste auch. Vielleicht willst du lieber jemand weniger Komplizierten? Vielleicht jemand in deinem Alter? Vielleicht ein Mädchen? Und dann gehst du plötzlich mit Mädchen weg. Glaub mir, Katsuya, das ist verdammt hart für mich, auch wenn ich versuche, es mir nicht anmerken zu lassen.“ „Warum es verstecken?“, zischte Bakura, „warum den alles verstehenden und unterstützenden Partner spielen, wenn man sie am liebsten alle abstechen würde? Am Ende wirst du nur verlassen.“ „Das kommt auf deinen Partner an“ Setos Blick richtete sich auf Bakura. „Es gibt Menschen, die wollen ein bisschen Eifersüchtigkeit bei ihrem Partner. Dann fühlen sie sich sicher und geliebt. Und es gibt welche, die können Eifersucht nicht ausstehen und fühlen sich eingeschränkt und kontrolliert.“ Bakura richtete seine Augen auf Ryou, der nur lächelnd blinzelte und sich näher an Bakuras Brust drückte. Anscheinend ein Charakter, der sehr gerne eifersüchtig gehalten und kontrolliert wurde. Katsuya ließ das nur den Kopf schütteln. Er war ganz froh, dass Seto seine Eifersucht für ihn im Zaum hielt, er würde dagegen nämlich ganz sicher rebellieren. Bakura hatte seinen Gesichtsausdruck wohl bemerkt und nickte in Katsuyas Richtung: „Und wie gewinnst du dann Sicherheit, dass er dich nicht mit dem Erstbesten betrügt?“ Katsuya schloss nur wie unter Schmerzen die Lider. Er hatte Seto nicht betrogen. Zumindest nicht in seiner Sicht der Dinge. Er hatte mit Yami nicht geschlafen, weil er ihn plötzlich schrecklich attraktiv fand oder mit Seto unzufrieden war. Ob Seto das mittlerweile auch so sah, wusste er nicht. Aber hätte er damals gewusst, was er Seto damit antat, was für Ängste er damit weckte und wie sehr er ihn verletzen würde, er wusste nicht, ob er es trotzdem getan hätte. Gerade weil Seto lieb und verständnisvoll war – meist zumindest – hatte Katsuya ja gedacht, er würde ihn erklären lassen und es verstehen. Weil er meist so rational war und Katsuya von diesen extremen Ängsten zwar erzählte, aber sie ihn meist nicht spüren ließ. Natürlich war es besser für Katsuya, aber verletzte Seto sich so nicht selbst? „Die habe ich nicht“, antwortete Seto auf Bakuras Frage, was Katsuyas Aufmerksamkeit wieder fing, „wie sollte ich auch? Selbst wenn ich ihn im Haus fest kette, selbst wenn ich ihm die Achillessehnen durchschneide, damit er nicht wegrennen kann und ihm mit Säure das Gesicht verätze, sodass er so entstellt ist, dass er sich nicht nach draußen wagt, selbst dann kann ich nicht sicher sein, dass er mich nicht verlässt. Bei Katsuya bin ich sogar sehr sicher, dass er mich gerade dann verlässt. Ich könnte ihn mit Angst terrorisieren, aber er ist ein zu starker Charakter als dass er sich lang terrorisieren lassen würde.“ Es war an Noah mit zitterndem Atem das Gesicht abzuwenden. Katsuya sah zu Yami, aber der beobachtete das Geschehen nur interessiert. Er war anscheinend nicht terrorisiert worden oder hatte es nicht als Terror empfunden. Gemessen daran, dass er von einem Partner in die Prostitution getrieben worden war, war Katsuya sich nicht sicher, welche der zwei Möglichkeiten der Wahrheit wohl am nächsten kam. „Dass Terror nicht der richtige Weg ist, um einen Menschen zu halten, hat der Tod meines Bruders mich gelehrt“ Während er sprach, sah Seto noch immer Bakura an. „Und dass auch Geld und Schutz nicht ausreichend sind, um jemanden zu halten, hat Yami mir ausreichend gezeigt. Im Endeffekt kann man nur sein Bestes geben, jemanden mit positiven Gefühlen bei sich zu behalten. Das hilft der Angst nicht, aber es ist eine Hilflosigkeit, die man in Beziehungen aushalten muss. Dieses Aushalten musste ich erst lernen, aber ich denke, mittlerweile bin ich ganz gut darin.“ Katsuya erhob sich, ging zu Seto hinüber und unterbrach das weitere Gespräch ganz unhöflich damit, dass er ihn küsste. Lang und tief. In seinen Augen hatte Seto das verdient und welch schönere Art gab es, Stolz und Liebe auszudrücken? „Was für eine Schnulze“ Bakura schnaubte. „Mit dem Vorwissen, dass er dich betrogen hat, entführt wurde und finanziell von dir abhängig ist, erlaube mir, deine schöne Rede als Müll zu verwerfen“ Katsuya wandte erschrocken den Kopf zu ihm. „Und lass mich kurz in meiner Erinnerung kramen … betrunkene Prügelattacken? Betrug vor Katsuyas Augen? Selbstmorddrohungen?“ Durch Seto ging ein Zucken, sodass Katsuya lieber zu ihm sah. Seine Lider waren vor Schreck geweitet. „Weckt das noch Erinnerungen oder wurden die aus deinem Bild einer heilen Welt bereits gestrichen?“ Seto schlang ganz langsam seine Arme um Katsuyas Taille und zog den Stehenden an sich, das Gesicht auf dessen Bauch gepresst. So nah an ihm konnte Katsuya das feine Zittern spüren, dass durch Setos ganzen Körper ging. „Deine Predigt mag schön sein, aber alle paar Wochen knallst du durch und kannst deine Ängste nicht mehr unter Kontrolle halten. Erinnerst du dich noch, dass ich nun schon zweimal hier war, um irgendwelche Türen aufzuknacken und einmal Katsuya in unserer Wohnung versteckt habe, weil er vor dir weggerannt ist? Wo genau bist du in der Lage, deine Ängste auszuhalten?“ Katsuya schluckte. Gut, Bakura log nicht, aber … das war doch viel zu radikal gesehen! Das strich all die guten Momente ihrer Beziehung und reduzierte sie auf alles, was schief gelaufen war. Er stellte Seto als unkontrolliertes Monster dar und das war er nicht. Okay, seine Krankheit machte ihn etwas unberechenbar und Katsuya hatte Angst vielleicht einmal zu oft gereizt, aber … aber … er schüttelte den Kopf. „Was nein?“, reagierte Bakura darauf, „er wandelt seine Angst zu Aggressionen um und die lässt er an Möbeln oder an sich selbst aus, um nicht auf dich einzuschlagen. Aber glaubst du, das klappt immer? Hat er dir wirklich noch nie körperlich weh getan? Ich erinnere mich zufällig, dich schonmal mit einer blutenden Kopfwunde in deinem eigenen Erbrochenen gefunden zu haben, weil er sich nicht unter Kontrolle hatte.“ „Es reicht“ Katsuyas Lider hatten sich verengt. Sein Ton war scharf, schneidend und von unterdrückter Wut durchzogen. „Das liegt in der Vergangenheit.“ „Vier Monate sind keine sehr weit entfernte Vergangenheit. Dass es nur dieses eine mal war und nie wieder passieren wird, ist nichts als eine hübsche Lüge. Und dass du trotz all dessen zu ihm zurück rennst, sagt mir, dass es nicht nur positive Gefühle sind, die dich in seine Arme treiben. So stark ist keine Liebe“ Bakura stellte die Teetasse, die er die ganze Zeit gehalten hatte, ohne ein Geräusch auf ihre Untertasse. „Also nehmt es mir nicht übel, dass ich nicht auf die Worte von der Kanzel höre, wenn ich den Priester im Hurenhaus treffe.“ „Raus“, erwiderte Katsuya nur. Ohne ein weiteres Wort klappte Bakura das Messer ein, steckte es in die Innentasche seines Mantels und erhob sich mit Ryou auf dem Arm. Er brauchte gerade mal einen Arm, um ihn sicher an seiner Seite zu halten und Ryou wehrte sich auch nicht. Wie immer schien er nicht einen Hauch Widerstand gegen das zu haben, was sein Bruder tat. Ob er mit ihm überein stimmte oder einfach nur nicht das Wort gegen ihn erheben wollte, war nicht zu erkennen. Vollkommen wort- und gestenlos ging Bakura hinter dem Sofa her und trat in den Flur. Kurz darauf öffnete und schloss sich die Haustür und er und Ryou waren verschwunden. Während all dessen sagte keiner von den anderen ein Wort. Nicht einmal Isamu quäkte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)