Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 105: Alltagsstress -------------------------- Ich wurde dazu gebracht, mich jetzt nicht nur auf fanfiktion.de, sondern auch auf fanfiction.net als Autor zu verewigen. Da ist natürlich nicht mehr als hier hochgeladen (ehrlich gesagt ist hier am meisten hoch geladen...). schickte mir ein Video, in dem sehr anschaulich gezeigt wird, wie verschiedene Persönlichkeiten in einem Menschen agieren können. Er sagte, ihm hätte es geholfen, sich Setos Persönlichkeiten besser vorzustellen, daher sende ich seine Empfehlung hiermit an euch: http://www.youtube.com/watch?v=TA27afOsBMY Und jetzt viel Spaß mit dem neuen Kapitel ^.^ ________________________________________________________________________________________________ Die folgende Woche war erstaunlich normal. Keine neuen Persönlichkeiten, keine erschreckenden Geschichten aus Setos Kindheit und keine plötzlichen Katastrophen. Mitsuki redete nicht mit ihnen, aber weder Ryou noch Katsuya konnten sagen, ob das jetzt ihr normales Verhalten war oder ob sie sie irgendwie mied. Sie fragten, ob Yuji noch etwas zu ihr gesagt habe, aber auch dort schwieg sie natürlich nur. Sie schüttelte nicht einmal mehr den Kopf oder nickte. Sie war wie ein Geist, anwesend, aber nicht interagierend. Karin machte es traurig und auch für den Rest war es bedrückend, aber was sollten sie schon tun? Mit mehr Druck würde sie kaum mehr sprechen. Wirklich spannend war nur die Selbsthilfegruppe am Mittwoch Abend. Seto kam aus seiner schweigend, schon fast bleich, aber er wollte nicht darüber reden. Auch am Tag darauf nicht. In seiner eigenen war das große Thema, dass Nene, Leylas Schwester, ihr gestanden hatte, dass sie einen Mann kennen gelernt habe, mit dem sie sich weiter treffen wolle. Demnach fragten die anderen drei Tomoko und ihn aus, wie es war, mit jemandem mit DID eine Beziehung zu führen. Auch wenn er selbst keinen Vergleich zu einer normalen Beziehung hatte, ihre Punkte waren sich eigentlich ziemlich ähnlich. Anstrengend war die Umstellung durch die vielen Wechsel. Wenn man auf eine Persönlichkeit sauer war, konnte man das nicht bei den anderen ausleben, auch wenn im Endeffekt derselbe Mensch vor einem stand. Man musste seine Emotionen wegpacken und wieder raus holen, wenn die Persönlichkeit wieder auftauchte. Man musste selbst dringende Themen ruhen lassen, bis die entsprechende Person wieder da war. Man musste sein eigenes Verhalten sehr flexibel der Situation anpassen können und das war echt kompliziert. Da das Gegenüber kaum emotionale Konsistenz hatte, blieb einem nichts anderes übrig als entweder sich mit zu verändern oder alle Emotionen sehr eng an sich zu halten. Katsuya tat Ersteres. Tomoko war irgendwann zu Zweitem übergegangen. Tomoko berichtete außerdem von einigen Situationen, die Katsuya zum Glück noch nicht erlebt hatte. Dass beim Geschlechtsverkehr die Persönlichkeit wechselte, das wäre wohl Katsuyas persönlicher Horror. Aber auch einige öffentliche, höchst peinliche Aktionen wollte er nicht mit Seto wiederholt haben. Zum Beispiel die Kinderpersönlichkeit, die sich im Supermarkt schreiend auf den Boden warf, weil sie keine Schokolade bekam. Aggressive Persönlichkeiten, die das kleinste Wort persönlich nahmen und plötzlich handgreiflich wurden. Verwirrte Persönlichkeiten, die das erste mal auftauchten und auch nicht informiert waren von anderen. Wie sie ihren Mann suchte und ihn mit einem Messer in den Händen im Wandschrank fand. Oder hinter der stehenden Badewanne. Oder auf dem Dachboden. Oder zwischen Sofa und Wand eingeklemmt. Oder im Kleiderschrank im Kinderzimmer. Katsuya hörte ihr mit zunehmendem Horror zu. Wie zur Hölle sie das wirklich Jahre ausgehalten hatte, war ihm absolut unverständlich. Andererseits – würde er sich wirklich von Seto trennen, wenn er das alles erleben würde? Sie wusste ja damals gar nicht, was eigentlich mit ihrem Mann falsch war. Er wusste wenigstens, woher all das käme, wenn er es erleben würde. Aber er glaubte auch nicht, dass es je so weit kommen würde. Alle Persönlichkeiten – mit Ausnahme von Angst vielleicht – wussten über DID Bescheid. Selbst Klein-Seto hatten sie das jetzt erklärt. Sollte Seto nicht Persönlichkeiten haben, von denen keiner etwas wusste, dann würde er viele von Tomokos Erinnerungen nie selbst durchleben müssen. Bis auf die Gewalt. Die konnte selbst er nicht ausschließen. Seto teilte ihm am Donnerstag Abend mit, dass er Freitag einen Termin bei seinem Psychiater habe. Als Katsuya etwas schmollend murmelte, so etwas könnte er auch vorher mal sagen, erwiderte er nur, dass er den gerade erst ausgemacht habe. Mehr wollte er dazu auch nicht sagen. Kombiniert mit der Verschwiegenheit über das gestrige Treffen fühlte Katsuya sich wirklich nicht wohl bei der Sache, aber weder Fragen noch Beschwören half, dass Seto ihm mehr sagte. Also nahm er es hin. So, wie er alles hin nahm, wie ihm manchmal schien. Er rief Yami an und fragte den, wann er Feierabend habe und was er mache und verabredete sich mit ihm zum Streichen des Wohnzimmers. Nicht die normalste Freizeitbeschäftigung, aber körperliche Arbeit hörte sich gar nicht mal so schlecht an. Und man konnte schließlich auch mit einem Pinsel in der Hand reden. Als er in der Kaiba Cooperation ankam, war er ziemlich spät dran. Er hatte Ryou und die Mädels überredet, gemeinsam Hausaufgaben zu machen, bevor sie nach Hause gingen, was unerwartet lang gedauert hatte. Demnach hastete er etwas atemlos in die Telefonabteilung, wurde dort langsamer und suchte nach seinem besten Freund. Er fand ihm im Pausenraum mit Isamu auf dem Arm und plaudernd mit Shizuka. „Bruder!“ Sie erhob sich lächelnd, stand auf und küsste seine Wange. „Na, wie war deine Woche?“ „Ganz okay“ Er lächelte, aber er merkte selbst, dass er sich dafür anstrengen musste. Er war bei Yami. Yami hieß Entspannung. Er merkte selbst erst in diesem Moment, wie sehr er sich bis zu diesem Punkt zusammen gerissen hatte, denn gerade wollte er einfach nur auf einen Stuhl fallen und all den Stress aus sich heraus sprudeln lassen. „Cool“ Sie zog ihn mit zu einem Stuhl. „Yami und ich waren Mittwoch Tanzen. Das war toll! Das müssen wir bald nochmal machen, ja?“ „Sicher“, meinte dieser nur lächelnd und spielte mit dem wachen Isamu. Als er jedoch seinen Blick hob, fror dieses Lächeln kurz ein, bevor es sich etwas legte. „Was habt ihr heute denn so vor?“, plauderte sie weiter. „Streichen“, erwiderte Katsuya nur. „Woran wir uns auch bald begeben sollten, wenn wir vor Einbruch der Dunkelheit noch anfangen wollen. Der Winter macht einen müde, nicht?“ Yami reichte Shizuka ihren Sohn. „Also machen wir uns jetzt auch auf. Wir sehen uns ja Sonntag.“ „Okay“ Sie lächelte fröhlich. „Dann gehen wir mal wieder zu Grummel-Noah, nicht?“ Sie arrangierte Isamu an ihrer rechten Seite. „Grummel-Noah muss seine Jahresabrechnung überprüfen.“ Katsuyas Mundwinkel zogen sich etwas in die Höhe. Das klang nach schrecklich trockener Arbeit. Wenigstens ging es nicht nur ihm so, dass er das Gefühl hätte, er würde auf dem Zahnfleisch laufen. „Na komm“ Yami, der seine Jacke gegriffen hatte, stellte sich neben ihn. „Wollen wir los?“ Er nickte nur und erhob sich. Shizuka setzte ihnen beiden einen Kuss auf die Wange und sie trennten sich am Fahrstuhl. Erst außerhalb des Gebäudes fragte Yami schließlich: „Und was ist dir passiert?“ Katsuya atmete tief durch, bevor er seinen ganzen Stress raus ließ. Setos Wechsel, die Angst vor dem Wächter, die Unsicherheit, ob er sich Imalia gegenüber fallen lassen durfte, seine Alpträume, sogar seine sexuellen Probleme. Auch wie kompliziert das Normalsein war, wie er immer wieder sein Bestes gab, um in der Gruppe der Mädchen nicht zu negativ aufzufallen. Yujis Reaktion auf Bakura, Mitsukis Schweigen und auch die Reaktionen der Mitschüler auf Setos Deklaration vor dem Schultor. Erst während er erzählte, merkte er, was sein Unterbewusstsein noch alles wahr genommen hatte, was er selbst gar nicht so wirklich bewusst bemerkt hatte. Das Tuscheln der Lehrer, die vielen schiefen Blicke, die Kalkulation in den Augen von Mitschülern. Dass er es unheimlich fand, wenn Seto mal wieder eine Wand anstarrte. Zweimal war er sogar mitten im Gespräch weg gedriftet. Oft war Katsuya sich gar nicht sicher, wen er jetzt eigentlich vor sich hatte, da Setos Persönlichkeiten teilweise fließend ineinander übergingen und bisweilen ja auch zusammen auftauchten. Zum Glück stritt er normalerweise nicht mit Seto und zur Zeit hatten sie auch nichts auszudiskutieren, aber sogar bei normalen Gesprächen störten ihn Wechsel schon. Dass Seto letztes Wochenende einfach verschwunden war, weil er in Gedanken gekommen war, das machte ihm auch Angst. Setos Persönlichkeiten waren okay, aber was, wenn sie irgendwann so häufig draußen waren, dass er Seto vermissen würde? Denn er hatte ihn Samstag Abend vermisst. Imalia war nachts wirklich toll gewesen, aber was, wenn Setos Körper neben ihm gewesen wäre und er Ikar aufgeweckt hätte? Er hätte Seto gewollt. Und wie wäre er dann an Seto gekommen? Diese Woche hatte er auch immer mal wieder Alpträume gehabt, aber da war jedes Mal Seto da gewesen. Einmal Imalia, die ihn im Arm gewogen hatte, das war auch okay. Aber eigentlich war ihm Seto am liebsten. Denn Seto war der, der diese Wunde auch endgültig wieder heilen würde. Er hatte Katsuya schon wieder so weit, dass er nicht zusammen schreckte, wenn er etwas an seinem Hintern spürte. Er ertrug Finger in sich nicht nur, er fand sie gar nicht mal schrecklich. Nicht unbedingt gut, aber … angenehm erträglich. Er erzählte Yami das alles. Irgendwo im Hinterkopf war ihm klar, dass es Yami vielleicht verletzte, schließlich liebte dieser ihn, aber er wusste auch, Yami konnte es ertragen. Er ertrug es für ihn, weil er ihm helfen wollte. Katsuya wusste, das war ziemlich selbstsüchtig, aber gerade wollte er all diese Ängste einfach nur loswerden. Und Yami war nunmal der einzige, der ihn beruhigen und ihm gleichzeitig Hilfe geben konnte. Da er irgendwann sein Handy hervor geholt hatte und während Katsuyas Monolog immer wieder kurze Memos eintippte, schien er auch einige Ideen zu haben, was den Blonden äußerst beruhigte. Zum Glück war Yami organisiert genug nach halbstündigen Monologen noch alles Wichtige, was es anzusprechen gab, auch anzusprechen. Warum er nicht einfach Psychotherapeut wurde, wusste Katsuya manchmal wirklich nicht. Somit endete er seinen Monolog irgendwann mit: „Okay … ich glaube, das war alles. Was können Sie mich lehren, Herr Freud?“ Yami lächelte und meinte: „Wir müssen an deiner ödipalen Fixierung arbeiten.“ „Meiner was?“ „Nur ein Scherz“ Er warf einen Blick auf sein Handy. „Deine Alpträume sind etwas, über das sollten wir reden. Ich glaube, ich kann dir ein paar gute Techniken geben, die dir helfen können. Zu Imalia solltest du mit Seto, Ikar und in Übertragung auch dem Wächter sprechen, was die für sinnvoll erachten. Theoretisch sollte es kein Problem sein, solange du nicht irgendwann das Gefühl vermittelst, dass du Imalia aktiv brauchst. Es ist für dich sicherlich heilsam, eine Ersatzmutter zu haben, aber wenn du dadurch andere Teile ablehnst oder das Gefühl gibst, dass Imalia und Seto für dich unvereinbar sind, dann ist das sehr zerstörerisch für Seto. Imalia als Ersatzmutter ist okay, solange du dabei im Kopf behalten kannst, dass sie gleichzeitig ein Teil deines Verlobten ist.“ Eine Mutter, die gleichzeitig ein Teil des Verlobten ist … okay, das war schon ein bisschen krass. Katsuya versuchte sich das vorzustellen, aber es war wirklich schwer. Setos Körper mit den weiblichen Gesten war schon skurril gewesen. Jemanden als Mutter annehmen, der gleichzeitig der Partner war … ne, das passte wirklich nicht. Die Trennung würde er nicht hinkriegen. Er sollte Imalia wie eine sehr fürsorgliche Partnerin wahrnehmen, damit würde er sich wohl am besten an die Wahrheit annähern. Und dann wäre es auch kein zu großer Schock, sollten Seto und sie einmal eine Person sein, denn dann hätte er ja einen … überfürsorglichen, grummeligen Partner. Wie genau das aussehen würde, würde er ja dann sehen. Vielleicht so ein eifersüchtiges Bärchen, was ihn auf Händen trug. Katsuya musste lächeln. Wie genau Seto und Imalia als eine Person wären, war ihm echt ein Rätsel – aber er würde es schlimmer machen, würde er dem Drang sich Imalia gegenüber wie ein Fünfjähriger zu verhalten nachgeben. Denn würden sie dann verschmelzen, wie könnte er sich dann noch verhalten? Ein fünfjähriger Partner? Ganz sicher nicht. Imalia als Verlobte zu sehen wäre wohl das Sinnvollste. Und das traute er sich auch zu, solange das keine sexuelle Komponente bekam. Mit Seto zu schlafen, während der sich wie eine Frau verhielt, die ihn wie ein Kind behandelte … nein, das war zu viel. Yami hatte einfach nur geschwiegen, während er überlegte und – da sie schon in seiner Wohnung waren – Wasser für Tee aufgesetzt. Über einer Tasse Kamille erklärte Katsuya seinen Entschluss und Yami stimmte dem zu, riet ihm aber, dass jeder Persönlichkeit auch noch mal zu erklären. Besonders Imalia. Bei Seto war es sehr wichtig, jeder Person ihre Rechte, aber auch ihre Grenzen klar zu machen und was sie für Katsuya war. Auch Klein-Seto solle er mal erklären, dass er nicht Vater oder Bruder war sondern der Partner vom großen Seto. Und Klein-Setos Spielkamerad. Aber keinesfalls eine Vaterfigur, denn sonst würde Seto nach einer Integration seine Gefühle für seine eigenen Eltern möglicherweise auf Katsuya projezieren. Und von ihm noch abhängiger sein, als er es sowieso war. Klang alles so weit eigentlich sehr logisch. Auch riet Yami ihm, dass er allen Personen erkläre, dass er manchmal mit einer bestimmten Person reden müsse und er deswegen erwarte, dass entsprechende Person auftauche, wenn er diese mit Namen rief. Auch hier müsse er den Personen erklären, dass das nicht hieß, dass er sie nicht sehen wolle oder nicht mochte. Auch das war sehr einleuchtend, auch wenn Katsuya darauf von selbst nicht gekommen wäre. Anscheinend würde er mit Seto morgen eine Runde Persönlichkeitenruftraining machen. Irgendwie konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das ziemlich stressig werden könne … nun, es diente einem guten Zweck, wenn er so Seto rufen könnte, wenn er wieder Alpträume gehabt hätte. Was sie zurück zu den Techniken für Alpträume führte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)