Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 84: Setos Krankheit --------------------------- Nein, das Kapitel wartet nicht auf Freischlachtung -.- Irgendwie ist hier in Amiland mein Deutsch etwas verlustig gegangen. Ich bitte bereits den Rest der deutschen Delegation mit mir einfach Englisch zu sprechen *drop* Nun ja, ich "konferenziere" hier vor mich hin und habe ehrlich gesagt viel Spaß. Ich hoffe, euch geht es auch so :) Liebe Grüße vom anderen Ende der Welt und viel Spaß beim Lesen! ________________________________________________________________________________________________ „Herein spaziert“ Yami trat zwei Schritte zurück, warf einen Blick auf Katsuyas Gesicht und drehte sich mit einem Lächeln um, um zurück in die Küche zu gehen. Katsuya währenddessen runzelte die Stirn und besah den Flur. Warum stapelten sich an der Wand Kisten? Er zog die Schuhe aus und trat etwas näher an diese seltsame Erscheinung. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bücher ... Umzugskartons? „Ziehst du um?“ „Jepp!“, schallte es nur aus der Küche, „am Samstag! Hilfst du?“ „Klar“ Er schlenderte in den Raum und setzte sich an den Esstisch. „Warum ziehst du plötzlich um? Du hast gar nichts gesagt.“ „Ich weiß es auch erst seit gestern“ Yami, der mal wieder am Herd hantierte, zuckte mit den Schultern. „Seto rief letzte Woche mal an, dass er mir die eine Fluchtwohnung vermachen will. Er hat keine Lust, dass du mich in so einem herunter gekommenen Stadtteil besuchst. Er meinte, er müsse das noch mit Noah klären und der sagte mir Sonntag, dass das klar geht. Zu einem von mir gewünschten Zeitpunkt ändern wir die Verträge und ich kann sofort einziehen. Also habe ich gestern meinen Vermieter angerufen und der meinte, er löst den Vertrag gerne sofort auf. Ich solle einfach nur verschwinden. Gesindel wie mich wolle er schon lange aus seiner Wohnung raus haben. Mein Vertrag wurde hiermit rückwirkend zu diesem Monat gekündigt im gegenseitigen Einverständnis. Bis Sonntag muss ich räumen.“ „Freundlich“ Aus Katsuyas Stimme sprach Ironie. „Na gut, wenn es für alle so in Ordnung ist. Dann machen wir am Wochenende Umzugsparty? Wer hilft alles?“ „Bisher du und ich. Wenn du dabei bist, ist Seto sicher auch da. Ansonsten ... keine Ahnung. Soll ich Bakura und Ryou anrufen?“ Yami rührte in einem großen Topf und betrachtete die herauf steigenden Nebelschwaden. „Ryou beim Kisten schleppen dürfte lustig sein. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Bakura freiwillig hilft.“ „Der macht eine Menge. Er mag schroff sein, aber er ist wirklich sehr hilfsbereit. Das sollte man nicht unterschätzen. Er macht praktisch alles, um was man ihn bittet.“ „Gegen den entsprechenden Preis“ Katsuya seufzte. „Der meist mehr als fair ist“ Yami drehte sich halb. „Hast du dich wieder beruhigt? Du klingst unbeschwert, was Seto angeht.“ „Jo, hat sich eingerenkt“ Katsuya hob einen Mundwinkel. „Wir haben gestern Abend geredet. Er ist sich nicht sicher, wie viele Persönlichkeiten er hat, aber er gesteht ein, dass es mindestens vier sind. Dass er diese andere Krankheit hat, das hat ihn anscheinend gar nicht geschockt. Er meinte, er hätte wahrscheinlich eher einen Flashback gehabt, den er dann wieder verdrängt hat. Gestern hatte er auf jeden Fall kein Problem, über verschiedene Persönlichkeiten zu reden“ Er atmete tief durch. „Okay, kein Problem ist übertrieben ... er sah nicht allzu glücklich damit aus. Aber heute morgen konnte er sich an das Gespräch erinnern, ich habe extra gefragt.“ „Vier Persönlichkeiten?“ Yami, der sich noch nicht wieder zum Topf gedreht hatte, warf einen schnellen Blick hinein und rührte, während er weiter zu dem Blonden sah. „Kümmer‘ dich mal lieber um dein Essen. Wir haben genug Zeit, bis Seto wieder kommt. Er wird seine Angst schließlich an einem Sandsack auslassen.“ Das stetig zu Rührende erwies sich nach ein paar Minuten als eine orangebraune Suppe, der Katsuya einen längeren Blick zuwarf, bevor er sie probierte. Aber was auch immer es war, es schmeckte so wie alles aus Yamis Kelle – extrem gut. Nur wollte er lieber nicht fragen, was er da überhaupt aß. „Vier Persönlichkeiten?“, wiederholte dieser nach dem ersten Löffel Suppe. „Die drei bekannten und eine jugendliche Persönlichkeit. Schätzungsweise sechzehn oder siebzehn, läuft auch unter dem Namen Seto. Aufgeblasenes Ego, ziemlich frech und extrovertiert gegenüber Fremden, in Wahrheit aber eigentlich recht schüchtern und unsicher. Und bisweilen ein wenig treudoof. Sehr anhänglich und auch fordernd, aber auch unsicher in der Beziehung. Ich habe ihn letzte Woche das erste Mal getroffen und gestern den ganzen Tag mit ihm verbracht.“ „Was sind so die Unterschiede zwischen ihm und Seto?“ Yami aß nur sehr wenig, obwohl er eigentlich nicht sprach. Er schien hoch konzentriert. „Na ja ... das Gebahren ist halt total anders. Er grüßt Leute mit hey und beißt öfter mal auf seine Unterlippe. Er überlegt einen Takt länger, dem sieht man glatt an, dass er manchmal nachdenkt. Er kannte die Kreditkarten-PIN nicht und konnte Setos Unterschrift nicht. Was sonst? Er ist halt allgemein sehr begeisterungsfähig. Er hat eine volle Viertelstunde mit der Friseuse gequatscht, sodass sie ihm ein Praktikum angeboten hat. Und sie fragte auch, in welcher Klasse er sei, also empfinde wohl nicht nur ich ihn als jung. Er fährt Auto mit einer Hand und hört Pop und Rock. Er macht so einiges, was cool und in ist bei der derzeitigen Jugend. Schlürft so ein bisschen beim Gehen, die Hände in den Taschen und sagt halt sowas wie Alter, hey oder ... er verschluckt irgendwelche Buchstaben, sodass es sich wie Slang anhört. Es ist ziemlich lustig, ehrlich gesagt.“ „Ich hoffe, sein Musikgeschmack ändert sich nicht zu HipHop. Das würde Setos ANP wahnsinnig machen“ Yami lächelte leicht. „Das dachte ich mir auch. Anscheinend hat ANP-Seto alles miterlebt. Er meint, es war, als hätte er neben sich gestanden und einfach nur miterlebt, wie ein anderer seinen Körper steuert. Er konnte anscheinend gar nicht eingreifen.“ „Das bestätigt die Diagnose dann. So etwas passiert bei KPTBS nicht. Also, nicht ohne DID dazu“ Der Rothaarige nickte. „Gut ... kannst du mir das dann nochmal auf eine mir verständliche Sprache übersetzen? Ich schmeiße nicht so selbstsicher mit Buchstabensalaten um mich. Was ist dieses DID und was ist jetzt der Unterschied zu dem, was er vorher hatte? Oder wovon man glaubte, dass er es vorher hatte?“ „Das ist eigentlich ganz einfach.“ Alle Erklärungen, die so begannen, hatten ein hohes Potenzial, alles andere als das zu sein. Katsuya schaufelte Suppe in sich hinein. Hoffentlich hatte Yami genug Beispiele parat. „KPTBS ist die komplexe posttraumatische Belastungsstörung, früherer Name DESNOS“ Katsuya nickte. So weit erinnerte er sich. „Das sind diese Flashbacks, Angst, Selbstwertstörung, Selbstverletzung, schnelle Aggressionen und Stimmungsumschwünge, halt diese extreme Reaktion auf ein Trauma, beziehungsweise mehrere Traumata“ Das, was Seto und Bakura hatten. Seto die gemischte Form mit Selbstverletzung und Fremdverletzung, Bakura die vor allem fremdverletzende Form. So weit er sich erinnerte. „Und Seto hat dazu eine peritraumatische Dissoziation. Das heißt, er hat verschiedene dissoziative Erkrankungen. Depersonalisation, das sein Körper fremd wird, Derealisation, dass die Umwelt weggeschaltet wird, die dissoziative Amnesie, die wir am Sonntag sahen und so weiter. Und die heftigste Form dieser peritraumatischen Dissoziation ist die Spaltung in ANP, EP und TI“ ANP, die anscheinend normale Persönlichkeit, der Lehrer Seto. EP, die emotionale Persönlichkeit, das war Klein-Seto. Und das TI, das Täterintrojekt, die absolut selbstwertlose und aggressive Persönlichkeit. „Klar soweit?“ Katsuya nickte. Ja, so weit alles klar. Das hatte Yami ihm ja schonmal ausführlich erklärt. Und das hatte er auch noch in Erinnerung, auch wenn es schon Monate her war. „Das wichtige, was diese peritraumatische Dissoziation von der dissoziativen Identitätsstörung trennt, ist Folgendes: Auch, wenn es diese drei Persönlichkeitsanteile gibt, handelt es sich immer noch um eine Person. EP und TI sind nur zwei gegensätzliche Extreme, in deren Richtung die ANP rutschen kann. Mal ist die Persönlichkeit mehr EP-betont, mal mehr TI-betont. Aber niemals sind dies eigene Persönlichkeiten mit eigenem Verhalten und eigenen Erinnerungen.“ „Beispiel?“, warf Katsuya dazwischen. „Wenn es eine peritraumatische Dissoziation wäre, dann könnte Seto in Richtung EP rutschen. Mal hätte er nur eine höhere Stimme, mal würde er sich kindlich freuen, mal mit Kreide spielen. Je nach Situation wäre die Ausprägung des EP unterschiedlich. Nie wäre es möglich, dass ANP-Seto ganz verschwindet und man sich mit einem vollen Kind konfrontiert sieht. Selbst wenn, dann wäre es nicht immer das gleiche Kind sondern nur Verhaltensweisen, die man eher einem Kind zuordnet. Zumindest, solange die EP überhaupt ein Kind darstellt. Theoretisch sagt die Theorie nur, dass es sich um eine emotionale, nicht um eine kindliche Persönlichkeit handelt. Er könnte auch weibliche Verhaltensweisen annehmen. Man hätte den normalen Seto, der sich manchmal einfach übermäßig freut oder übermäßig traurig ist, bei dem manchmal einfach Emotionen ziemlich ... dramatisch aussehen.“ „Aber dass wir da wirklich plötzlich einen Fünfjährigen stehen haben und zwar immer denselben Fünfjährigen, das ist ungewöhnlich?“, fragte Katsuya nach. „Ja, das ist ungewöhnlich. Besonders ab dem Punkt, wo ANP-Seto nicht weiß, was das Kind gemacht hat, ist die Diagnose der peritraumatischen Dissoziation sehr fragwürdig. Denn dann ist es nicht eine Persönlichkeit mit großen Extremen im Verhalten, dann sind es mehrere Persönlichkeiten. Und mehrere Persönlichkeiten heißt, es handelt sich um eine dissoziative Identitätsstörung, also eine DID.“ Mehrere verschiedene Persönlichkeiten in einem Körper waren eine dissoziative Identitätsstörung. Also verschiedene, konstante, immer wieder auftretende Persönlichkeiten. Der kuschelige Klein-Seto, der jugendliche Mister Supercool, der sarkastische Lehrer, das waren alles Persönlichkeiten, die er schon öfter getroffen hatte und die immer gleich zu bleiben schienen. „Aber manchmal treffe ich doch auch eine Mischung. Manchmal ist Seto einfach ... übermäßig. Ohne, dass er gleich vollkommen kindlich ist. Und das TI schaut auch meist nur durch und taucht nicht ganz allein auf“ Das wäre doch dann ungewöhnlich für diese dissoziative Identitätsstörung, oder? Dass Persönlichkeiten sich mischten. „Das ist ja das Schwierige beim Diagnostizieren. Es gibt Übergangsformen“ Oh bloß nicht. Das klang kompliziert. „In Theorie ist der Unterschied einfach. Ist es eine Person mit emotionalen, aggressiven und anderen Extremen im Verhalten, ist es eine peritraumatische Dissoziation. Sind es mehrere Persönlichkeiten, die unabhängig voneinander sind, die oft gar nicht wissen, was der jeweils andere mit dem Körper gemacht hat, die oft nicht einmal wissen, dass es überhaupt andere in ihrem Körper gibt, dann ist es eine dissoziative Identitätsstörung.“ „Uh-hu ...“ Katsuya hatte beide Augenbrauen gehoben. So schlecht ging es Seto dann aber auch nicht. Er wusste, dass da mehrere waren, dass er manchmal in sie wechselte und ihm damit manchmal die Erinnerung fehlte. Ihm schien halbwegs klar, was mit ihm passierte. „Mittlerweile unterscheidet man die dissoziative Identitätsstörung bereits in zwei Formen. Mit und ohne Ko-Bewusstsein. Es gibt Multiple, also das alte Wort für die Störung, das war multiple Persönlichkeit, heute heißt das dissoziative Identitätsstörung ... also, Leute mit mehreren Persönlichkeiten, da gibt es wirklich welche, die haben über zehn Persönlichkeiten, die wechseln alle paar Minuten, aber trotzdem wissen die meisten gar nicht, dass sie eine Störung haben. Da spricht eine Persönlichkeit mit einer Verkäuferin im Supermarkt, blinzelt und ist in ihrer Wohnung, als sie die Augen wieder öffnet.“ „Und wie genau nimmt man so etwas nicht als Störung wahr? Ich würde sofort in eine Psychiatrie rennen, wenn mir das passiert. Oder zumindest zu dir.“ Yami lächelte kurz, bevor er weiter sprach: „Ja, aber für diese Menschen ist das nicht ungewöhnlich. Sie haben das schon, seit sie Kleinkinder sind. Viele glauben, es gehe jedem Menschen so, dass er Zeit verliert.“ „Zeit verlieren?“ Katsuya schüttelte den Kopf. „An dem Punkt, wo ich rausfinde, dass es anderen nicht so geht, würde ich mich für unrettbar wahnsinnig halten.“ „Das tun manche auch. Das ist die äußerste, die schwerste Form einer dissoziativen Identitätsstörung. Die dissoziativ Identitätsgestörten mit Ko-Bewusstsein, da kriegen manche, manchmal sogar alle Persönlichkeiten mit, was die anderen tun. Sie sehen praktisch mit durch ihre Augen, während andere Persönlichkeiten agieren. Seto scheint eine Zwischenform zu haben. Er kriegt vieles, aber bei weitem nicht alles mit, was die anderen Persönlichkeiten machen.“ Seto hatte also verschiedene Persönlichkeiten. Eine war draußen und die anderen sahen zu. Wie durch ein Fenster oder so. So wie ANP-Seto gesagt hatte, er stand daneben, während der jugendliche Seto den Körper beherrschte. „Das erklärt immer noch nicht, wie manche Persönlichkeiten sich mischen können“, warf Katsuya ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)