Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 73: Silvester --------------------- An Heiligabend ein Kapitel über Silvester hochzuladen ist irgendwie ... apart. Nun ja, ich wünsche sehr schöne Feiertage, hoffe, dass es euch allen gut geht und melde mich zu Silvester wieder ^.- Viel Spaß beim Lesen! Und ich freue mich sehr, dass es wieder mehr Kommentare gibt ^.- ________________________________________________________________________________________________ „Wow“ Katsuya, der sofort zum Fenster herüber gegangen war, sah auf die Nachtbeleuchtung der Stadt hinab. „Das ist so cool.“ „Schön, dass es dir gefällt“ Seto legte von hinten eine Hand an seine Hüfte und eine an seinen Oberarm. Der Kellner hinter ihnen räusperte sich. „Von unserem Tisch kann man die Stadt aber auch sehen. Komm.“ Ups. Katsuya grinste den Kellner etwas schuldbewusst an. Wahrscheinlich rannten die Gäste normalerweise nicht wie aufgescheuchte Hühner durchs Restaurant, um sich an die Scheibe zu kleben. Oder ihn störten die Gesten zwischen Seto und Katsuya, die jedem, der auch nur einen längeren Blick zu ihnen wandte, verriet, was sie füreinander waren. Wahrscheinlich konnte es jeder sehen, der Katsuya auch nur ins Gesicht sah. Seit ein paar Stunden nannte Seto ihn liebevoll hyperactive puppy. Nach dem ersten Schmollen hatte Katsuya sich auch dran gewöhnt und beschwerte sich nicht mehr. Vor ein paar Monaten hatte ihn das Hündchen aufgeregt, aber jetzt klang es irgendwie niedlich. Besonders in dem Ton, in dem Seto es sagte. Katsuya grinste noch immer, als Seto ihm einen Stuhl hervor zog, damit er sich setzen konnte. Sie hatten wirklich einen Tisch direkt am Fenster. „Was kann ich Ihnen bringen?“, wandte sich der Kellner an Seto, „Ein Wein oder einen Apperetif?“ „Haben Sie Crodino alkoholfrei?“ Der Kellner verneinte mit einer Entschuldigung. „Dann wünsche ich zu meinem eigenen Leidwesen zwei Cola, bitte.“ Katsuya legte eine Hand vor seine Lippen, um nicht ob Setos Gesichtsausdruck laut loszulachen und fragte: „Verletzt die Bestellung dein Stilempfinden?“ „Zutiefst“ Der Ältere seufzte. „Kein einziger Tropfen Alkohol heißt, dass ich keine Apperetifs, keinen Wein und keinen Sekt bestellen kann. Alkoholfreie Cocktails sind mir zu süß und über alkoholfreien Sekt will ich erst gar nicht nachdenken.“ „Das war wegen der Tabletten, die du jetzt nach dem Entzug noch nimmst, oder?“ Die, die ihn auf eine Intensivstation bringen würden, wenn er wirklich Alkohol trinken würde. Manchmal hatten Ärzte komische Behandlungsmethoden. Na ja, wenn's half ... Seto nickte nur und wechselte das Thema: „Wie geht es dir eigentlich jetzt?“ „Ich gehe allein spazieren, oder?“ Katsuya versuchte unbekümmert zu klingen, aber seine Stimme verriet ihn sicher. „Das tust du. Und du weinst nachts.“ „Ich dachte, du hättest geschlafen!“ Katsuya senkte die Stimme. „Habe ich dich geweckt?“ Seto winkte nur ab und meinte: „Mehr Sorgen als mein Schlaf machen mir deine Tränen. Bin ich so unausstehlich geworden?“ „Würdest du das denken, würdest du nicht so ruhig fragen“, neckte Katsuya ihn, um das Zittern seiner Hände zu überspielen, „ich ... ich träume jetzt auch von ... von ihm. Und ... dann wache ich auf und fühle mich so unendlich hilflos. Und dann ... dann muss ich weinen.“ Seto lehnte sich vor und griff eine der zitternden Hände. „Sorry“ Katsuya wandte den Blick ab. „Alles okay“, versicherte Seto ihm, „gibt es etwas, was ich tun kann oder nicht tun soll, damit es dir besser geht?“ Katsuya schüttelte den Kopf. „Gut“ Seto zog die Hand zu sich und setzte einen Kuss darauf. „Wenn dir etwas einfällt, zögere nicht, es zu sagen“ Er ließ eine Pause. „Meinst du, du kannst Montag wieder in die Schule?“ „Wenn ich Menschen aushalte“ Katsuya sah sich um. „Können wir am Wochenende nochmal alle zum Kaffeetrinken einladen? Diesmal ... ohne irgendwelche Anfälle?“ „Zweiteres kann ich nicht versprechen“ Seto hob einen Mundwinkel. „Ich kann nur versprechen, dass ich Yami nicht anfallen werde, weil er alle meine Tabletten eingesackt hat.“ „Alle?“, fragte Katsuya überrascht. „Alle Psychopharmaka. Außer meinem Seroquel, das ich ja verschriebenerweise nehmen soll“ Seto schnalzte mit der Zunge. „Er hat sogar meine Schlaftabletten mitgenommen.“ „Die, die abhängig machen?“ Katsuya legte die Stirn in Falten. „Klingt nach keiner schlechten Idee.“ Der Brünette grummelte nur in seinen nicht vorhandenen Bart. Der Kellner trat an ihren Tisch und reichte ihnen die Karten. Katsuya zuerst, Seto danach. Bei Seto beugte er sich etwas vor und sagte: „Der Restaurantchef bittet Sie, derlei Verhalten zu unterlassen.“ „Dann sollte der Restaurantchef nachsehen, auf wessen Name dieser Tisch reserviert ist“, erwiderte Seto nur und sandte dem armen ein kurzes, zutiefst boshaftes Lächeln. „Seto ... ich denke nicht, dass wir die Leute hier verärgern sollten“, meinte Katsuya leise und schielte zum Kellner hoch. Auch alter Ruhm brachte Seto nicht weiter, wenn er die Leute auf die Palme trieb. „Ich habe diese Hotelkette vor elf Jahren gekauft“, erwiderte Seto nur und hob eine Augenbraue, „Ich habe keine Lust, mir in meinem eigenen Hotel Vorschriften machen zu lassen.“ Man sah den armen Kellner sichtlich schlucken. „Meines Wissens nach hast du es deinem Bruder geschenkt, also ist es nicht mehr dein Hotel. Wer weiß, vielleicht hat er es weiter verkauft?“ Allerdings lächelte Katsuya. Seto wusste das wahrscheinlich ganz genau. Gehörte ihm eigentlich die ganze Stadt? „Selbst wenn, dann habe ich immer noch dreißig Prozent der Aktien. Dann ist es zwar nicht mehr mein Hotel, aber von mehr als einem Drittel des Restaurants sieht man uns auch nicht, oder?“ Katsuya prustete doch los und meinte nur: „Manchmal bist du unfassbar.“ „Ich habe mein Geld nicht mit Höflichkeit verdient“ Seto nahm ihm die noch ungeöffnete Karte wieder ab und reichte sie mit seiner zurück an den Kellner. „Die Lammhaxe mit Rosmarin und ein argentinisches Steak von dreihundert Gramm mit Kräuterbutter, medium.“ Dieser sah fraglos so aus, als wäre er nicht sehr traurig, das Weite suchen zu können. Mal sehen, ob er sich nochmal her traute. Seto verdrehte gespielt die Augen. „Sind wir mal wieder bestimmfreudig?“ Katsuya lächelte trotz seiner Worte. „Meine natürliche Überlegenheit lässt mich deine Gedanken lesen“ Eine blonde Augenbraue hob sich als Antwort. „Na gut, die Lammhaxe ist außergewöhnlich gut hier und ich denke, du wirst sie mögen.“ Katsuya grinste, betrachtete Seto einen Moment lang und meinte: „Je länger du von diesen Tabletten weg bist, desto mehr mutierst du wieder zu dem sarkastischen Bastard, den ich kennen gelernt habe.“ „Schlimm?“ Seto lächelte, als wäre er vollkommen von sich überzeugt. Unfassbar, wie gut er diese Maske tragen konnte. Und wie natürlich sie wirkte, obwohl Seto währenddessen innerlich zitterte und alle paar Minuten Flashbacks hatte. „Ich weiß nicht ... wenn ich recht entsinne, habe ich mich in diesen Bastard verliebt.“ „Und trauern Sie Ihrem überfürsorglichen Ehemann nicht hinterher, Mister Kaiba?“ Seto lehnte sich zurück und legte die verschränkten Finger in seinen Schoß. „Ich weiß nicht, Mister Kaiba ... der Sex scheint mir trotz widriger Umstände viel besser. Sei es mit meinem schier besessenen Liebhaber oder meinem etwas unsicheren Freund, der eine extreme Vorliebe für sehr lange Kussorgien zu entwickeln scheint.“ Mit einem Lächeln und einem Hauch von Rot auf den Wangen wandte eben jener den Kopf ab und murmelte: „Erwischt.“ „Manchmal wundert es mich allerdings, dass das ein und dieselbe Person ist“, gab Katsuya etwas leiser zu. Er atmete tief durch. Das Thema hatte er seit Tagen schon anhauen wollen. War das hier wirklich der richtige Ort? Seto sandte ihm einen fragenden Augenaufschlag. „Ich meine ... das EP ist deine Freude, Liebe und dein Vertrauen. Das TI ist deine Angst und deine Wut. Dass das TI zwei ganz extreme Seiten hat, die einander abwechseln können, das habe ich so weit verstanden. Dass das eine Persönlichkeit ist, obwohl sie zwei ganz verschiedene Verhaltensweisen hat. Aber ich verstehe nicht so ganz, wie der egomanische Inkubus und der schüchterne, unsichere Kerl, der du manchmal bist, eine Person sind“ Katsuya legte den Kopf schief. „Oder verschwindet dieser Unsichere wieder, sobald du wieder ganz der sarkastische Bastard bist, in den du jetzt zurück rutschst?“ Was echt schade wäre. Er mochte diesen Seto, der seine Angst zeigte und ihn fühlen ließ, als wäre er der einzige Kerl im ganzen Universum für ihn. Nicht, dass der sexbesessene Bösewicht nicht auch cool war. Es fühlte sich immer gut an, wenn Seto seine komplette Expertise auf ihn anwandte. „Der Unterschied ist nur, ob ich meine Ängste zulasse oder nicht“ Seto schluckte und leckte über seine Lippen. Er nahm einen Schluck von der Cola, die ihnen mit den Karten gebracht worden war. „Es ist einfacher, wenn ich eine Rolle spiele, die ich gut beherrsche ... das hier“ Seto deutete auf sich selbst. „Das kann ich. Seto Kaiba, das arrogante Arschloch, das kann ich gut. Meine Ängste zuzulassen und mich damit verletzlich zu machen ... das ist sehr viel schwerer. Ich kann es in deiner Nähe, aber ... auch da ist es leichter, wenn ich einfach in die Klamotten schlüpfe, die mir gut passen. Ich mit all meinen Ängsten, offen und verletzlich ... das ist ein Mensch, den ich nicht kenne. Er ist neu und er ist unheimlich“ Seto seufzte. „Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt sein will“ Katsuya blinzelte. Wow ... das war ... wow. Seto war selten so offen mit Gefühlen. Und er war nicht einmal fertig. „Außerdem weiß ich, dass du diese Persönlichkeit magst, auch wenn sie eine Menge Probleme mit sich bringt. Und bei diesem neuen Seto ... da weiß ich das nicht.“ „Das, was ich bisher von ihm gesehen habe, mag ich sehr“ Katsuya lächelte sanft. „Es hat mir etwas Angst gemacht, dass da möglicherweise niemand mehr ist, an den ich mich lehnen kann, aber ich habe auch kein Problem damit, der dominante Part zu sein. Ehrlich gesagt genieße ich die Momente, in denen ich es bin.“ „Dann ... versuche ich mal nicht, es zu unterdrücken“ Seto sah auf und lächelte schüchtern. „Auch, wenn es wirklich komisch ist.“ Der Gesichtsausdruck wurde leider innerhalb von Millisekunden wieder von dem kalten Seto ersetzt, da der Kellner ihnen Brot brachte. Nach dem Abstellen des Korbs und der Butter beugte er sich erneut vor und sagte: „Der Restaurantchef entschuldigt sich sehr für seine Worte. Sie und Ihr Partner sind uns stets willkommen.“ „Schickt er Sie immer vor, wenn er ein Problem hat?“, fragte Seto ohne den Hauch von Freundlichkeit in der Stimme nach, „Mich würde es ja stören, die Fehler anderer ausbaden zu müssen.“ Der Kellner zuckte etwas zurück und man sah klar, wie er sich anspannte, um keine Miene zu verziehen. Er verbeugte sich und erwiderte: „Das gehört zu meinem Job.“ „Ich weiß nicht, ob ich die Einstellung bewundern oder Sie auslachen soll“ Seto schnaubte. „Sie dürfen gehen.“ Der Mann verschwendete keine Sekunde, um sich umzudrehen und zu verschwinden. Katsuya schüttelte nur den Kopf und fragte: „Und wie hätte der schüchterne Seto diese Situation gemeistert?“ „Gar nicht“ In Setos Ton schwang Verachtung mit. „Er hätte sich entschuldigt und dich den Rest des Abends nicht einmal mehr angesehen.“ Hm ... schwer. Kein Wunder, dass Seto keine Unsicherheit zulassen wollte. Nicht nur machte ihn das verletzlich, er mochte den Menschen auch nicht, der er dann war. Was Katsuya auch verstehen konnte ... er verachtete Schwäche auch. Andererseits war der schüchterne Seto irgendwie ... es war schon komisch, Seto Kaiba schüchtern und unsicher zu sehen und er hätte ja auch nie erwartet, dass er so etwas angenehm oder gar erregend finden könnte, aber irgendwie ... es war halt Seto. Er war Hals über Kopf in den Kerl verliebt. In den kalten Bastard, den fürsorglichen Ehemann, den schüchternen Freund, das kleine Kind und alles, was ihm sonst noch über den Weg laufen würde. Seto war halt einfach Seto. Die Vielfalt an Persönlichkeiten gehörte dazu. „Ich hätte dich schon dazu gebracht, mich wieder anzusehen“ Katsuya lächelte. „Das falsche Selbstbewusstsein abzulegen ist keine Schande.“ Seto seufzte und lehnte sich vor, um ganz leise sprechen zu können und dennoch verstanden zu werden: „Gozaburo hat fünf Jahre damit verbracht, mir meine Weichheit auszuprügeln. Ich ... ich kann nicht dahin zurück. Ich ... vielleicht kann ich nach und nach immer ein bisschen zulassen, aber ... ich könnte mit mir selbst nicht leben, wenn ich das einfach zulassen würde.“ „Nach und nach ist auch okay“, flüsterte Katsuya zurück und lehnte sich ebenfalls vor, „Ich habe dich lieb, egal, wie du bist. Ich weiß, der Mensch dahinter ist derselbe. Genau, wie du gesagt hast.“ Seto ließ seinen Blick über Katsuyas Gesicht fahren, als suche er nach einem Zeichen, dass er log. Jedoch schien er keins zu entdecken, da er nach einem Moment langsam lächelte. Er zog mit einem Finger unter Katsuyas Kinn diesen noch näher und küsste ihn über den Tisch hinweg. Mit einem Hauch von Rot auf den Wangen lehnte Katsuya sich zurück und sah sich vorsichtig um, bevor er fragte: „Wenn wir so weiter machen, werfen sie uns doch raus oder evakuieren sie das Restaurant?“ Seto zuckte einfach nur mit den Schultern, als wäre es ihm einerlei. „Sollten wir uns nicht eigentlich wegen dem Jugendamt zurückhalten?“ „Sie sind ganz rechtmäßig mein, Herr Katsuya Kaiba. Im Januar kommt dein neuer Personalausweis an“ Seto lächelte, doch ein Schimmer von Unsicherheit schwang in seinem Blick mit. „Bis du volljährig bist, gelte ich als dein Pflegeberechtigter und übernehme alle Rechte und Pflichten eines Sorgeberechtigten.“ „Kein Verstecken mehr?“ Katsuya grinste. Seto nickte und entspannte sich. „Oh shit“ Der Blonde hob die Hände vor sein Gesicht. „Was?“, fragte Seto alarmiert. „Die Mädchen“ Katsuya wandte den Blick zur Decke. „Aus meiner Klasse. Du hast mich von der Schule abgeholt und seitdem bin ich verschwunden in ihren Augen. Die ganze Schule wird vor Gerüchten brodeln, wenn sie am Montag wieder anfängt.“ „Habe ich Erlkönig dich geraubt?“ Setos Mundwinkel zuckte in die Höhe. „Wahrscheinlich“ Katsuya seufzte tief. „Ich hasse tratschende Weiber. Sie werden mir keine Ruhe lassen, bis sie nicht jedes Detail kennen.“ „Ich will keine Zentimeterangaben zu meiner Länge“, erwiderte Seto staubtrocken, „dann habe ich nämlich nie wieder Ruhe.“ Katsuya rollte mit den Augen. Shit, er hatte den sarkastischen Bastard echt vermisst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)