Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 68: Eine neue Welt -------------------------- Mandarinen und Schokolade, Mandarinen und Schokolade *feier* Ich liebe den Winter. Es ist so schön, mal dieselbe Jahreszeit wie in meiner FF zu haben. Viel Spaß mit den Osterhas-, äh, Protagonisten *hüstel* _________________________________________________________________________________ Es hatte funktioniert. Er war nicht vollkommen schrottreif. Mit Erleichterung küsste Katsuya den unter ihm Liegenden und löste sich von ihm, nachdem sich sein Atem beruhigt hatte. „Aber … du bist nicht … Katsuya?“ Das entspannte Lächeln wurde durch tiefe Sorgenfalten weggewischt. „Ruhig, Seto“ Er legte sich neben ihn und zog seinen Kopf in eine einarmige Umarmung, während er mit der anderen nach einem Tuch griff, um Seto abzutupfen. Er wusste schließlich aus eigener Erfahrung, dass das relativ schnell unangenehm wurde. „Alles gut. Liegt nicht an dir.“ „Sicher?“ Wenigstens klang seine Stimme ansatzweise überzeugt. Katsuya legte das Tuch kurz weg und zog sich das Kondom ab. Wie schaffte Seto das immer, ihn sofort in seine Arme zu ziehen und nebenher bis zum Mülleimer zu kommen? Seto ließ ihn sich auf den Rücken drehen, um über die Bettkante zu greifen, aber legte sich dafür auch mit dem Oberkörper diagonal über Katsuya. „Du bist noch nie nicht … ich meine … ist das wegen …“ „Ja, deswegen“, murmelte Katsuya etwas unwirsch, schob den Älteren von sich, aber zog ihn auch wieder zu sich, als er sich zur Seite gedreht hatte, „lass uns nicht drüber reden.“ Sonst würde nur dieses Gefühl von Ekel wieder hoch kommen, das die ganze Zeit in seinem Hinterkopf gewesen war. Das war schon echt bizarr gewesen. Seto nicht zu begehren, aber mit ihm schlafen zu wollen, hart zu werden durch die Stimulation, aber sich vor der eigenen Erregung zu ekeln. Es war nicht schlecht, aber auch nicht gerade gut. Erst recht nicht, wenn er Seto damit extrem verunsicherte, schließlich war der gerade labil genug. „Wenn du wünscht“ Der Größere versuchte näher an ihn zu rücken, aber Katsuya wich zurück. „Ich … habe ich wirklich nichts … Katsuya?“ „Ich … ich hole mir meine Pyjamahose, ja? Ich will dich wirklich nicht mit irgendetwas anstecken. Ich würde mich sicherer fühlen“, gab er leise zu. „Ich hol' sie“ Seto küsste ihn kurz und schwang sich aus dem Bett, wobei er nach dem Aufstehen kurz inne hielt. Nach einem Blick über die Schulter schlug er kurz seinen Hintern, bevor er das Zimmer verließ. Tja, auch wenn Seto unsicher war, er war trotzdem besser gelaunt. Katsuya seufzte und schloss die Augen. Und, wie fühlte er sich? Außer, dass er sich schmutzig fand, weil es sich nicht schlecht angefühlt hatte? Und wie widersinnig war das … Sex mit Seto sollte sich gut anfühlen. Da war nichts Schlechtes dran. Aber er dachte es trotzdem. Bei allen Göttern, warum hatte es unbedingt eine Vergewaltigung sein müssen? Hätte man nicht wenigstens einen Bereich von ihm intakt lassen können? „Arschloch“, zischte Katsuya und öffnete die Lider wieder, „Und ich kann's trotzdem noch.“ „Hast du etwas gesagt?“, fragte Seto, der gerade wieder herein kam. „Nichts Wichtiges“ Katsuya fing die Hose, die der andere ihm zu warf. Während er sie anzog, verfolgte er mit dem Blick, wie Seto zum Schrank ging, sich selbst auch eine Pyjamahose raus holte und anzog. „So gut?“ Er blieb unsicher neben dem Bett stehen. „Alles gut“, bestätigte Katsuya mit einem Lächeln. Seto rutschte neben ihn, griff die Decke vom Fußende und zog sie über sie beide, während er Katsuya in seinen Arm zog. Auf Seto war es doch echt am bequemsten. Sein Freund griff noch schnell nach dem Lichtschalter, bevor er endlich still liegen blieb. „Willst du wirklich nicht drüber reden?“, flüsterte er in die Dunkelheit. „Nein“ Nicht jetzt. Nicht heute. Am liebsten nie. „Dann schlaf' gut.“ Schön wär's. Katsuya seufzte leise. „Schhh … ich bin hier … ich bin hier“ Seto umarmte ihn fest und wiegte ihn hin und her. „Nein“ Katsuya drückte halbherzig gegen den anderen. „Lass mich los … ich bin krank … meine Tränen …“ „Weder meine Brust noch meine Schulter hat offene Wunden. Alles ist gut“ Eine Hand begann Katsuyas Rücken auf und ab zu fahren. „Du bist sicher. Es ist alles gut. Ich bin hier.“ Bei allen Göttern. Bei allen Göttern. Katsuya klammerte sich an den anderen. Wirklich klammern. Er schlang sogar die Beine um ihn. Seto war da. Sein Seto. Der gute Seto. Der Seto, der ihn beschützte. „Ich liebe dich. Ich liebe dich!“ „Ich dich auch“ Seto küsste sein Haar, sein Ohr, alles, was er gerade erreichen konnte mit einem Freund, der mit ihm verschmelzen wollte. „Du bist sicher. Keiner wird dir hier weh tun.“ Katsuyas panischer Atem beruhigte sich langsam wieder und mit einem tiefen Seufzer ließ er die Spannung aus seinem Körper fließen. Es war nur ein Traum. Es war nicht echt. Nur ein Traum. Einige Minuten hielt Seto ihn einfach nur fest, bevor er schließlich ein Bein griff und seinen Freund so etwas von sich löste. Langsam und vorsichtig ließ er sie zurück auf die Matratze sinken, wodurch Katsuya halb auf ihm zu liegen kam. Nach einem Moment zog Seto ihn etwas mehr neben sich, bis nur noch sein Kopf auf dessen Schulter lag. Er flüsterte in die Dunkelheit: „Bist du sicher, dass du nicht darüber reden willst?“ Katsuya, der sich einfach nur fühlte, als sei ein Lastwagen über ihn gerollt, schüttelte nicht einmal mehr den Kopf. Er gab einfach gar keine Antwort. Seto sollte das wissen … er hatte bestimmt auch lange mit Alpträumen gelebt. „Jedes Mal, wenn ich um eine Ecke biege, sehe ich Mokuba auf dem Boden“, flüsterte Seto in die Dunkelheit – Katsuya zuckte zusammen, „nicht so, wie ich ihn fand. So, wie er am Ende war. Als er nur noch dalag und der ganze Boden voller Blut war. Eigentlich kniete ich da bereits am Boden und schrie wie wahnsinnig um Hilfe, aber trotzdem sehe ich dieses Bild, wenn ich um Ecken biege. Jedes Mal.“ Katsuya presste die Lippen zusammen und seinen Kopf in die Kuhle zwischen Setos Schulter und seinem Hals. „Keine Sorge, ich weiß, dass es ein Unfall war. Du bist nicht schuld“ Die große, warme Hand legte sich über sein Haar, sein Ohr und ein Stück seines Gesichts. „Weißt du, warum ich dich immer zur Schule gefahren und nicht einmal die Bahn habe nehmen lassen? Das war nicht nur, weil ich selbst hin musste. Für unsere Tarnung wäre es viel besser gewesen, wenn ich dich nicht mitgenommen hätte. Aber die Angst davor, dich durch die Haustür gehen zu sehen, die hat mich fast überwältigt.“ „Du hast Angst vor Türen“, flüsterte Katsuya. Das hatte Seto ihm schon mal gestanden. „Besonders zufallenden Türen. Besonders, wenn sie hinter Leuten zufallen. Jedes Mal ergreift mich die tiefe Panik, dass ich diesen Menschen als nächstes tot auffinde.“ „Wie schaffst du es, mich gehen zu lassen? Wie schaffst du es, selbst raus zu gehen?“, fragte er mit unheimlich müder Stimme. „Ich sage mir jedes Mal, dass es nicht echt ist. Dass es meine Angst ist wegen dem, was mit Mokuba passiert ist. Dass das Ereignis fünf Jahre her ist und ich nicht mehr daran ändern kann. Dass ich mich nicht von unbegründeten Ängsten überwältigen lassen darf.“ Ein Stahlpfeiler. Er kannte diesen Stahlpfeiler. So endlos lange Tage war er an ihn gefesselt gewesen. Jetzt stand er davor. Nein, kniete davor. Warum? Er sah an sich herunter. Warum war er nackt? Oh. Weil sein Schwanz in dem Kerl steckte, der an den Pfeiler gebunden war. Bitte nicht Seto. Bitte nicht Seto! Er sah auf zum Gesicht. Und schrie. Er fuhr aus dem Bett, fiel auf den Boden, krabbelte weg, bis er sich in eine Ecke zwischen Schrank und Wand drücken konnte, die Augen starr in die Dunkelheit gerichtet. Doch er sah es immer noch. Immer noch. Die durchgeschnittene Kehle. Das Grinsen auf den Lippen. Die blonden Haare. Er hatte seinen Vater vergewaltigt, nachdem er ihm die Kehle durchgeschnitten hatte. Katsuya fuhr auf, rannte um die Kommode herum, knallte gegen der Türrahmen zum Bad, suchte fanatisch die Klinke, bis er sie endlich runter gedrückt und in den Raum gefallen war. Auf Knien robbte er bis zu Toilette, zog den Deckel hoch und spie hinein. Zweimal. Dreimal. Erst nachdem er tief Luft ein und aus zog, wurde er den Händen gewahr, die über seine Schultern strichen. Den beruhigenden Worten. Der Wärme hinter sich. Ohne einen Gedanken über seinen Zustand drehte er sich um, schwang die Arme um Seto und schluchzte auf. Scheiße ... scheiße! „Ich bin hier, Kats. Ist ja gut ... du bist sicher. Ganz ruhig“ Seto zog ihn mit sich hoch und stützte ihn, da Katsuyas Beine unter ihm fast wegbrachen. „Ich glaube, wir lassen das mit dem Schlafen. Du hast vier Stunden geschafft. Das reicht erstmal“ Vier Stunden? Das hieß, es war was – zwei Uhr morgens? „Ruhig ... erschrick nicht, ich ziehe dir jetzt die Hose aus. Und dann gehen wir erstmal duschen. Du bist völlig durchgeschwitzt.“ Duschen ... duschen klang gut. Katsuya, dessen Schluchzen sich langsam wieder beruhigt hatte, konzentrierte sich darauf, gerade stehen zu bleiben, während Seto ihn auskleidete. Er packte zur Sicherheit jedoch trotzdem dessen Schulter, als er aus den Hosenbeinen stieg. Seto hob ihn in die Dusche, da er seiner Koordination gerade auch nicht wirklich zu trauen schien. Katsuya lehnte sich dort einfach gegen ihn und ließ Seto machen. Erst, als er im Bademantel in der Küche saß und auf seinen Kakao wartete, wurde ihm klar, was ihn an der Szene gestört hatte. Obwohl gestört das falsche Wort war. Schließlich war es eher eine positive Überraschung: Trotz aller Unsicherheit und Angst war Seto noch ganz perfekt dazu in der Lage, sich auch um ihn zu kümmern. „Danke“, murmelte Katsuya leise und ließ sich den warmen Becher mit Kakao geben, „sag mal ... hast du eigentlich auch Alpträume?“ „Meistens“ Seto ging zurück zur Theke, nahm sich auch einen Becher und füllte ihn mit Kaffee, was die noch nicht fertige Maschine zu einem furiosen Zischen bewegte, bis er die Kanne zurück stellte. „Aber ich erinnere mich nicht an sie.“ „Glücklicher ... ich habe das Gefühl, meine werden immer ekelhafter“ Wollte er wirklich darüber reden? „All der Mist, den ich erlebt habe ... all das vermischt sich in meinen Träumen und spuckt echt kranke Sachen aus.“ „Wie zum Beispiel?“ Seto zog sich einen Stuhl von der Seite der Küche neben Katsuya. Es war schon irgendwie komisch, plötzlich keinen Tisch mehr zu haben. „Ähm ... also im letzten habe ich ... ich ... ich kann da nicht drüber reden“ Katsuya wandte den Kopf ab. „Mir wird schon wieder übel. Frag nicht, ja?“ „Erzähl mir von einem, der schon etwas her ist. Der dich nicht mehr so mitnimmt“, bat Seto leise. „In einem wurde Isamu von Satanisten misshandelt. Und in einem anderen beging meine Schwester Selbstmord. Und einmal wurdest du von Krokodilen gefressen.“ Seto nickte langsam und nahm einen Schluck Kaffee, bevor er sagte: „Das sind alles deine Verlustängste. So etwas kenne ich gut. Wir drei sind praktisch deine ganze Familie.“ Hm ... machte Sinn. Ja, er hatte extreme Angst, jemanden zu verlieren. Yami und Ryou gehörten auch dazu. Das waren einfach unheimlich wichtige Menschen in seinem Leben. „Worum gehen die Träume, die mit der Vergangenheit zu tun haben? Nur ganz grob. Wer kommt darin vor?“ „Meistens mein Vater. Manchmal meine Mutter. Ganz, ganz selten auch dein Bruder. Er ist meistens eher als eine Wunde oder Blut vertreten, nicht als Mensch. Und“ Katsuyas Stimmte versagte und er musste schlucken. „Der Kerl ... der kommt nicht vor. Aber die Fesseln. Der Stahlbalken, an den ich gefesselt war. Und die Kälte. Der Ort hat sich tiefer eingeprägt als die Person.“ „Du wurdest dort tagelang festgehalten. Das ist wohl nicht so ungewöhnlich“ Seto ließ einen Moment des Schweigens. „Komme ich auch in diesen Alpträumen vor?“ Katsuya schüttelte müde den Kopf. Er trank Kakao, aber es wärmte ihn auch nicht gerade. Vielleicht war der Bademantel zu dünn, vielleicht war es die Erinnerung, aber ihm war eiskalt. „Meinst du, das Feuer ist noch an?“, fragte er leise. „Es dürfte noch glühen“ Seto hielt ihm eine Hand hin, die er gerne nahm, um ins Wohnzimmer geführt zu werden. Der Kamin glühte wirklich noch. Seto legte zwei Holzscheite nach, bevor er den Couchtisch hoch hob und zur Seite stellte, um ihren Couchteppich vor den Kamin zu ziehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)