Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 40: L'moi ----------------- Ferien *v* Klasse Erfindung. Nur wenn der nächste Tag direkt 16 Stunden Arbeit beinhaltet (ich mache gleich meine erste Pause mit Abendessen), ist das irgendwie kontraproduktiv. Aber man soll sich ja nicht unterkriegen lassen ^v^ Irgendwie wird das schon alles! Viel Spaß beim Lesen ^.- _________________________________________________________________________________ „Seto?“, fragte Katsuya, nachdem der Kellner gegangen war, „ich bin verwirrt.“ „Warum? Ich habe uns Fruchtsaft bestellt“ Das Gesicht des anderen zeigte ein ehrliches Fragezeichen, ihm schien wirklich nicht klar, was unverständlich sein könnte. „Warum erzählst du dem Kellner so viel? Ich habe nichts dagegen, aber es verwirrt mich“ Der Blonde legte den Kopf schief. „Du bist sonst kein so offener Mensch.“ „Ah, ach so“ Seto nickte gewichtig. „Wir befinden uns in einem ziemlich guten Restaurant, wie du wohl schon gemerkt hast“ Katsuya nickte nur. „Gute Restaurants tendieren dazu, von der Elite der Stadt bevölkert zu werden. Hier siehst du Politiker, lokale Wirtschaftsspitzen, Stars, all solche Leute. Die meisten kommen her, um gesehen zu werden, denn jeder, der hier ist, ist tendenziell wichtig.“ „Deshalb bist du so schnell an einen Tisch gekommen“, statierte der Jüngere trocken. „Exakt. Die Kellner wollen daher wissen, wer da ist, da sie das von den Gästen gefragt werden. Mir konnte er damit ja sagen, dass niemand hier ist, der so wichtig ist, dass ich mir die Mühe machen müsste, ihn persönlich zu begrüßen. Anders herum heißt das, dass hier sicher ein paar Leute antanzen werden, um uns zu begrüßen.“ „Ich dachte, wir treffen uns einfach nur mit der Familie“ Katsuya konnte ein wenig Unmut nicht verbergen. Setos ganzes Politik- und Prestigezeug war nervig. „So wie mein Auftauchen an der Schule als dein Freund ist meine Ankündigung unserer Verlobung hier das Coming-Out in meinen Kreisen.“ Katsuya, der seinen Kopf grummelig gesenkt hatte, sah auf. Sein Blick wurde erwidert, die blaugrauen Augen hielten ihm stand. Manchmal würde sich Katsuya am liebsten vor Dummheit selbst schlagen, aber gerade hier wäre das sicher nicht angebracht gewesen. Warum dachte er nicht bisweilen mal mehr nach? Für Seto war dieses Prestigezeug verdammt wichtig. Solche Auftritte waren für ihn vielleicht etwas unbehaglich – weil er einfach nur das hübsche Anhängsel war – aber ihre Bedeutung war manchmal ziemlich weitreichend. „Heißt das, ich darf dich küssen?“, fragte Katsuya vorsichtig. „Ja, darfst du“, bestätigte Seto mit einem leichten Lächeln. Vollkommen ab von der Tatsache, dass sie sich in einem noblen Restaurant befanden, wechselte Katsuya kurzentschlossen auf Setos Schoß, nahm dessen Gesicht in beide Hände und küsste ihn hingebungsvoll. Das durfte er jetzt immer, überall und jederzeit. Kein Verstecken mehr. Das zwischen ihnen war offiziell. „Die Zeitungen besteche ich nicht, nur damit du es weißt“, meinte jemand halb genervt, halb amüsiert hinter ihnen. Mit einer Sekunde Überlegen konnte Katsuya die Stimme Noah zuordnen – es brachte ihn nicht davon ab, Seto zu küssen. „Ich glaube, die hören uns gerade nicht“ Shizuka kicherte. „Dabei sind sie doch gar nicht mehr frisch zusammen.“ „Vorletzte Woche?“, warf Noah ein. „Du hast Recht. Ich verdränge die Episode andauernd“ Shizukas Stimme befand sich auf ihrer Höhe, also hatte sie wahrscheinlich Platz genommen. „Ich mag es nicht, wenn die beiden streiten.“ „Da sage ich sicher nichts gegen“ Noah setzte sich gerade. „Seto ist unerträglich, wenn er mit jemandem streitet, der ihm wichtig ist.“ „Hey, begrüßt ihr uns heute mal?“, beschwerte sich Shizuka nach ein paar Momenten. Katsuya löste den Kuss und wandte sich grinsend um. „Dir geht es einfach zu gut, oder?“, meinte sie schmunzelnd. „Dir aber auch“ Er musterte seine Schwester, so weit es durch den Tisch möglich war. Sie trug ein graues, dich gewebtes Wollkleid, dessen Kragen sich in sich selbst wickelte, sodass er eine lange, dicke Stoffrolle ergab. Ein schlichtes, aber hübsches Stück. Ob die Silberkette mit der Perle echt war, wusste Katsuya zwar nicht, aber für ihn wirkte sie mit den passenden Ohrringen echt genug. Seine Schwester sah wirklich hübsch aus. „Wurdest du auch ausstaffiert?“ „Nein, das sind meine eigenen Sachen“ Sie lächelte breit. „Unsere Mutter ist ja Immobilienmaklerin. Da waren wir auf einigen Treffen, wo ich hübsch aussehen musste.“ „Selbst, wenn du das nicht müsstest, hättest du sicher ein paar Kleider dieser Art“, warf Noah ein und wandte sich zu Katsuya, „Sie liebt Kleider, Schuhe und Schmuck. Jede Woche hat sie einen neuen Shoppingexzess.“ „Ach?“ Katsuyas Augen legten sich auf seine Schwester, aber diese sah unschuldig zum Fenster. „Wenigstens hat sie den richtigen Mann dazu.“ „Stimmt“ Der Älteste lächelte schuldbewusst. „Ich liebe es, hübsche Frauen einzukleiden.“ „Mehr als sie auszukleiden?“, fragte Seto mit seiner spitzen Zunge. „Du wirst lachen, ja, tue ich wirklich“ Noah nickte zu Katsuya, der sich nicht vom Schoß seines Freundes – seines Verlobten – weg bewegt hatte. „Eine Vorliebe, die wir teilen.“ „Gut geworden, nicht wahr?“ Seto hielt eine Hand unter sein Kinn, als würde er ihn präsentieren. Katsuya zog seinen Kopf zurück und versuchte die Hand zu beißen. „Jetzt fehlen nur noch die Manieren.“ „Das wird noch“ Ein Kuss wurde auf seine Wange gesetzt. „Und jetzt husch auf deinen Stuhl, Kleiner“ Katsuya wollte schon etwas erwidern, als Seto ihm ein hübsch verpacktes Geschenk gab. „Du wolltest etwas überreichen.“ „Oh ja“ Er nahm es und wechselte auf den nächsten Stuhl. „Wo ist mein Lieblingsneffe?“ Shizuka zeigte zwischen ihre beiden Stühle, wo eine Trage stand, in der Isamu schlafend lag und meinte: „Ich bin froh, dass er so brav ist. Zuhause wollte er kaum Ruhe geben. Wir lassen ihn besser schlafen.“ „Dann muss ich das Geschenk wohl oder übel dir geben, was?“ „Wenn es etwas zu Anziehen ist, lache ich“, kündigte Noah mit einem Seitenblick zu Seto an. „Schlimmer“, versicherte dieser verschwörerisch. Shizuka packte währenddessen lächelnd aus. Der Inhalt vertiefte ihr Lächeln weiter und sie hielt Noah die Handschuhe vor die Nase. „Ich finde die Idee super. So etwas haben wir wirklich nicht“, informierte dieser seinen Bruder. „Sie sind unglaublich niedlich“ Shizuka setzte einen Kuss auf Katsuyas Wange. „Vielen Dank. Musstest du Seto lange überreden?“ „Gestern lief einen Tag lang alles nach meinem Willen. Dafür habe ich ihn ins Fitnessstudio gelassen und ihn nachmittags in eine Ausstellung begleitet.“ „Die nur ganz zufällig eine Kunstausstellung war“ Seto und Noah lächelten sich wissend zu. „Red Bitter Orange“, kündigte der Kellner an und servierte vier Drinks in runden, unten spitz zulaufenden Gläsern, deren Ränder mit weißen Kristallen bedeckt waren – Zucker vielleicht? – und eine hellrote Flüssigkeit enthielten. „Soll ich das Papier mitnehmen?“ „Sehr gern“, dankte Shizuka, „würden Sie diese bitte zu meinem Mantel bringen?“ Sie reichte ihn die Handschuhe. „Sehr gern“ Ihr deutete eine Verbeugung an. „Mit Verlaub, ihr Kind wird mit jedem Tag hübscher. Und er ist ein sehr stilles Kerlchen.“ „Ein Kind, wie jede Familie sich wünschen würde“, bestätigte Noah mit einer guten Portion Stolz in der Stimme – er schien sich in seine Ziehvaterrolle wunderbar eingefunden zu haben. „Ich mag auch laute Kinder“ Katsuya lächelte seiner Schwester zu. „Du warst ein ziemlicher Schreihals damals.“ „Echt?“ Sie blinzelte. „Ich hatte erwartet, dass ich recht leise war.“ Der Kellner entfernte sich währenddessen wieder. „Warum?“ „Na ja“ Sie biss sich auf die Lippe, obwohl sie eigentlich einen hübschen Lippenstift trug. „Weil ... nun, weil Mama mich behalten hat. Du warst ziemlich laut und das hat sie doch überfordert. Ich dachte, mich hat sie wahrscheinlich mitgenommen, weil ich dagegen ganz handlich war.“ „Im Vergleich zu mir warst du auch recht still“ Katsuya richtete ihren Pony ein wenig. „Du hast nur als Baby viel geschrien. Ich kann mich erinnern, dass sie das ziemlich fertig gemacht hat. Sie hat zurück geschrien und dich auch ein paar Mal geschüttelt.“ Noah und Seto merkten beide auf und verloren das Lächeln, das sie getragen hatten. „Meistens hat sie dich einfach auf das Sofa gelegt und die Tür zugemacht. Mit ein bisschen Ei-Ei-Machen warst du aber auch irgendwann still. Ich habe dich eh fast den ganzen Tag mit mir 'rum geschleppt. Ich fand dich ganz toll, selbst, als du zu schwer wurdest.“ Shizuka seufzte, lehnte sich zur Seite und legte ihren Kopf auf die Schulter ihres Bruders. Nach ein paar Momenten erwiderte sie: „Unsere Mutter hätte jemanden gebraucht, der ihr sagt, wie man mit Kindern umgeht. Ich war auch ziemlich überfordert in der ersten Zeit, aber meine kurzzeitige Pflegemutter hat mir unglaublich viel erklärt. Wenn man weiß, was ein Baby will und was man dann machen muss, ist das alles eigentlich ganz einfach.“ „Ich habe keine Ahnung, was du damals alles wolltest. Ich habe dich so lange gedrückt, bis du wieder geschlafen hast. Mutter hat dir immer Milch gegeben, wenn du schriest, also hattest du davon wohl genug. Ich glaube, mit uns beiden warst du im Endeffekt gar nicht so schlecht versorgt.“ „Sie ist jetzt ein wunderbares Mädchen und eine gute Mutter, also hast du da wohl Recht“ Noah hatte sich in seinem Stuhl zurück gelehnt. „Obwohl es mir Sorgen macht, wenn du sagst, dass sie euch geschüttelt hat. Das ist bei Kindern wirklich gefährlich. Es ist ein recht häufiger Todesgrund, weil Kinder davon schwere Hirnschäden erleiden.“ „Kann man nicht mehr ändern“ Katsuya zuckte mit den Schultern. „Ich vertraue mal, dass du ihre Fehler nicht wiederholst.“ „Niemals“, versicherte Shizuka fest. „Fashionably late“, urteilte Seto mit einem Blick auf die Person, die zu ihrem Tisch geführt wurde. In diesem Fall beschwerte sich Katsuya nicht einmal über den hungrigen Blick in Setos Augen. Yami sah gut aus. Verdammt gut. Das halbe Restaurant drehte sich zu ihm um. Sein dünnes, schwarzes Seidenhemd mit weißem Kragen hatte Ärmel, die ab dem Ellbogen offen waren und als zwei lange Stoffbahnen hinter ihm her schwebten. Hängend hätten sie sicher bis zu seinen Knien gereicht. Seine schwarze Stoffhose wurde von einem halben Gehrock veredelt, der wie ein Umhang von seiner Hüfte ab bis zu seinen Knöcheln ging. Er sah aus wie eine schwarze Elfe, direkt irgendeinem Fantasy Buch entsprungen. Selbst die mittlerweile relativ gesellschaftstaugliche Frisur tat dieser Mischung aus Eleganz und Extravaganz keinen Abbruch. „Ich bin gegen meinen Willen beeindruckt“, gab Noah leise zu. „Wenn Yami eins weiß, dann ist es, sich zu kleiden. Was das angeht, ist er besser als wir beide.“ Der Ältere nickte, auch wenn er etwas verdrossen das Gesicht verzog. Er flüsterte, gerade so laut, dass Katsuya es noch hörte: „Wie kommt es eigentlich, dass sie ihn in diesem Restaurant dulden?“ „Er sieht gut aus, hat gute Manieren und Geld. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. Was spricht dagegen, dass er hier ist? Die Yakuza speisen auch hier.“ Noah seufzte nur. „Einen frohen Advent“, begrüßte Yami sie lächelnd und nahm es völlig selbstverständlich, dass der Kellner ihm den Stuhl hin rückte, „es tut mir Leid, dass ich verspätet bin.“ „Wie eine wahre Königin“ Seto lächelte nur und schien kein Problem damit zu haben, den flirtenden Unterton in seiner Stimme mitschwingen zu lassen. Katsuya störte es nicht. Wenn er in einem sicher war, dann, dass Seto ihn nicht betrügen würde – erst recht nicht mit Yami. „Du siehst fabelhaft aus.“ „Das war nicht einfach. Extravaganz ohne sexuellen Anreize ist gar nicht mal so leicht. Ich musste mir eine neue Garderobe schneidern lassen.“ „Die anwesenden Designer können sich trotzdem von dir eine Scheibe abschneiden. Deine Talente sind verschwendet“, gab Seto weiter Komplimente. „Stell mich einem Designer vor“, forderte Yami im Gegenzug. „Die lernst du von ganz allein kennen. Die Kellner rotieren gerade, weil so viele Leute hier wissen wollen, wer du bist.“ „Das war früher nicht anders. So habe ich meine Kundschaft gewonnen. Die Kellner hier werden mich auch weiter als Prostituierten vorstellen.“ Seto hob die Hand und nur Sekunden später stand ein Kellner bei Ihnen. „Yami erzählt, es ginge das Gerücht um, er würde wenig ehrenhaften Betätigungen nachgehen. Sollten Sie etwas damit zu tun haben, unterlassen Sie solche Unterstellungen, bitte. Er ist Künstler. Außerdem arbeitet er in unserem eigenen Unternehmen. Ich will nicht, dass unserem Ruf geschadet wird.“ „Aber natürlich“ Der Kellner verbeugte sich und schien nicht im geringsten auf die Anschuldigung einzugehen – schließlich war sie höchstwahrscheinlich wahr, vor nur wenigen Wochen war Yami ja auch noch ein Prostituierter gewesen. „Die Leuten fragen, ob sie modeln, Herr Yami.“ „Warum nicht?“ Er zuckte mit den Schultern. „Wäre sicherlich interessant.“ „Möchten Sie auch einen Red Bitter Orange oder ihren Standard?“, wechselte der Kellner das Thema, als wäre es nicht weiter wichtig. War es vielleicht auch nicht. Er überbrachte ja nur die Worte. „Ein Red Bitter Orange klingt sehr gut.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)