Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 39: Was du willst ------------------------- Ich glaube, zum Punkt Überarbeitung brauche ich nichts sagen, wenn ich um zwei Uhr morgens Kapitel hochlade, oder? Tut bitte einfach so, als wäre es noch Montag :) Ich bin schon voller Stolz, dass ich überhaupt fertig geworden bin. Ich entschwinde jetzt erstmal in den Urlaub, um mich von den letzten Wochen zu erholen. Ich hoffe, ihr habt bereits schöne Feiertage verbracht. Und nun viel Spaß beim Lesen ^.- _________________________________________________________________________________ „Du magst Hopper, was?“ Katsuya zuckte kurz aus seiner inneren Betrachtung, bevor er sich zu Seto wandte, der hinter ihn getreten war. Oder hinter ihm gestanden hatte. Sicher war er nicht ganz. Er lächelte zu ihm hinauf und widerstand dem Drang, seine Hand zu nehmen oder sich an ihn zu schmiegen. „Ich finde, die Bilder haben etwas von Amerika in den Fünfzigern. Ich mag das Gefühl, das sie vermitteln. Die Bilder fangen eine Atmosphäre ein. Kennst du ihn?“ „Hopper vertritt die Richtung des amerikanischen Realismus“ Ein Lächeln hatte sich auf Setos Lippen gelegt. „Allerdings wirkte er eher in den Zwanzigern und Dreißigern. In den Fünfzigern war Pop Art berühmt. Zum Beispiel die Bilder dort drüben“ Er zeigte zur Seite. „Diese bunten, schrillen Dinger?“ Gar nicht sein Stil. Wenn auch interessant. „Du beleidigst gerade einen echten Warhol“ Setos Mundwinkel blieb trotzdem gehoben. „Ich beleidige, wen ich will, wenn er mir nicht gefällt. Kunst liegt im Auge des Betrachters und mir ist das zu schrill. Egal, ob der Kerl nun berühmt war oder nicht“ Er verschränkte sogar die Arme, um seine Aussage zu unterstreichen. „Auch wenn er mir immer noch besser gefällt als die Farbpalette, die dahinter gegen Leinwände geschmissen wurden.“ „Da hinten, wie du es so freundlich bezeichnest, sind beispielhaft Bilder des abstrakten Expressionismus ausgestellt.“ „Expressionismus kann man abstrakt machen?“ Eine blonde Augenbraue hob sich. „Schon der originale Expressionismus ist mir abstrakt genug.“ „Du musst ja kein Freund moderner Kunst sein“ Seto zuckte mit den Schultern. „Bin ich auch nicht. Ich mag den Realismus, der sieht gut aus“ Katsuya deutete auf das Bild, das sie hinter sich gelassen hatten. „Warum habe ich das Gefühl, dass das, was ich sehe, immer schlimmer wird?“ „Weil wir immer weiter in die moderne Kunst schreiten? Warte erst, bis wir beim Minimalismus sind, du wirst schreien“ Seto lächelte erwartungsvoll – Sadist. „Nur, dass wir das klarstellen. Mein Kunstgeschmack endet im neunzehnten Jahrhundert. Das hier gefällt mir nicht ansatzweise. Genau genommen weigere ich mich, das überhaupt als Kunst anzuerkennen. Diese Exponate verletzen meinen Stolz als Zeichner“, erklärte Katsuya schon fast hochnäsig. „Was immer du meinst, mein Lieb, was immer du meinst ...“ Der Ältere lächelte nur und schien keine weitere Meinung dazu zu haben. Wenn er eine hatte, schien sie allerdings nicht so weit von Katsuyas abzuweichen, sonst hätte er sicher längst zu einer Verteidigung angesetzt. „Ich würde dir gern den Louvre in Paris zeigen. Oder den Vatikan, die haben auch eine wunderschöne Ausstellung. Die Scholaes von Venedig wären sicher auch nach deinem Geschmack.“ „Warst du da schon überall?“, fragte Katsuya interessiert – fraglos interessierter als an diesem als Kunst bezeichneten Zeug, an dem sie vorbei gingen. „Ja, das habe ich alles auf Geschäftsreisen gesehen“ Eine Hand legte sich sanft auf Katsuyas Schulter. Auf die Linke. Dabei ging Seto rechts von ihm. Lächelnd nahm er den Kontakt an. „Ich hoffe, ich kann dir irgendwann die Welt zeigen. Wir haben noch gar nichts für die Winterferien geplant.“ „Europa ist ein bisschen weit weg“, warf der Jüngere ein. Urlaub mit Seto... Urlaub mit Seto! „Wie stehst du zu Tokio?“ „Warum nicht?“ Ein Kuss wurde auf sein Haar gehaucht. „Ich bin gerade in der Stimmung, dir jeden Wunsch zu erfüllen...“ „Guck mal da!“ Lachend zog er Seto zum nächsten Stand an der Straßenseite. „Die sind so unheimlich klein. Was meinst du, sollen wir Isamu so etwas schenken?“ „Kitschige, handgestrickte Babyhandschuhe?“ Der Brünette hob eine Augenbraue. „An dir ist doch eine Frau verloren gegangen.“ „Meine Güte, schraub' den Sarkasmus zurück“ Katsuya rollte mit den Augen. „Ich hätte ja die mit Schafwolle gefütterten Schühchen vorgeschlagen, aber die sind eher etwas für nächstes Jahr. Das heißt nicht, dass an mir eine Frau verloren gegangen ist – so etwas schenkt man Kindern einfach.“ „Und wen hast du jemals so etwas verschenken sehen?“ „Na … im Fernsehen … da hat man das gemacht. Ich meine … ich weiß nicht, was Schwule verschenken, aber die normalen Paare haben das gemacht“, verteidigte Katsuya sich etwas unsicherer, „bei Neugeborenen … im Winter … ist das doof?“ „Such dir ein Paar für ihn aus“, erwiderte Seto nur und setzte einen Kuss auf das blonde Haar. „Schämen Sie sich nicht?“ Die Frau, die hinter ihrem kleinen Stand zu stehen hatte, an dem sie sich befanden, betrachtete sie beide mit unverhohlenem Ekel. „Die meisten ihrer Art wissen wenigstens, was Diskretion ist.“ „Unsere Art nennt sich Homo sapiens und der gehören sie wahrscheinlich auch an“ Seto schien nicht einmal eine Sekunde zu brauchen, um sich zu fangen und zu kontern. „Und die meisten Leute unserer Gesellschaft haben lange verstanden, dass Homophobie ein Thema ist, das vor zwanzig Jahren aktuell war. Gehen Sie mit der Zeit“ Eine wahre Lüge, wenn man bedachte, dass fast die komplette Gesellschaft mehr oder weniger homophob war. „Sie werden den Rest ihres Lebens kümmerlich Strickzeug verkaufen, wenn sie weiter aus Vorurteilen heraus Kunden vertreiben.“ Die Lider der Frau waren weit zurück gezogen, sodass sie aussah, als würde sie stumm einem Monster gegenüber stehen. War vielleicht auch ein ganz guter Vergleich. Seto konnte so einen Effekt auf Menschen haben. Besonders, wenn sie unhöflich wurden. „Hast du dir ein Paar ausgesucht?“ „Du willst immer noch hier etwas kaufen, obwohl sie uns so angefahren hat?“ Katsuya blinzelte überrascht. „Warum nicht? Die Dinger sind mit Liebe gestrickt. Das findet man nicht so leicht. Und du wolltest deinem Neffen doch welche schenken, oder?“ Ein Mundwinkel hob sich linkisch. „Noch hast du meine Kreditkarte nicht zum Schmelzen gebracht.“ „Seto, die Frau wird kaum ein Kartenlesegerät haben. Wenn, dann mache ich deinen Geldbeutel leer“ Der Blonde grinste. „Und womit füllt der sich immer wieder auf?“, fragte Seto zurück. „So viel Geld kann ich gar nicht ausgeben“ Er wandte sich wieder den Handschuhen zu und schaute die Sammlung durch. Die Frau war still geblieben, also schien sie ihr Geld doch nehmen zu wollen. „Ich könnte ja einen Hopper in unser Wohnzimmer hängen. Das bringt meine Karte sicher zum Rauchen.“ „So begeistert war ich jetzt auch nicht“ Er warf einen Blick über die Schulter und sah Seto grinsen. „Wenn du etwas Hübsches aufhängen willst, es gibt richtig hübsche Poster mit Fantasy Drachen. Die mag ich gern.“ „Die von den Logos der Bands, die ich nicht lesen, geschweige denn aussprechen kann?“ Von denen Katsuya sich CDs gewünscht hatte, als Seto nach einem Weihnachtswunsch gefragt hatte. „Genau die“ Er richtete sich lächelnd wieder auf und zeigte auf ein hellblaues Paar mit kleinen Hunden drauf. „Das da möchte ich gern.“ „Was immer du willst, mein Lieb, was immer du willst ...“ „Froher vierter Advent“, hauchte Seto in sein Ohr, als Katsuya noch irgendwo zwischen Schlaf und Erwachen wandelte. Er grummelte nur, rollte sich von seinem Freund weg und zog die Decke höher. Echt, sonntags wecken … voll mies. Setos Hand streichelte seinen Bauch und fuhr über seine Seite unter sein Schlüsselbein, von wo aus sie zu seiner Brust sackte. Ein warmer Körper rückte näher und drückte sich an seinen Rücken. „Wir haben Schnee.“ „Echt?“ Katsuya fuhr auf, schlug die Decke zurück und hechtete zum Fenster. Schnee! Echter Schnee! Und er musste nicht daran denken, ob er jetzt vielleicht erfrieren würde oder nicht. Grinsend öffnete er sogar das Fenster und lehnte sich heraus. Überall Schnee … alles war weiß. Und funkelte! „Frohen Advent!“, rief ein Mann mittleren Alters vom Bürgersteig hoch und winkte. „Ihnen auch!“, erwiderte Katsuya. „Erkälten Sie sich nicht“ Mit einem letzten Lächeln drehte der Herr sich ab und ging weiter. Er schien auf dem Weg zur U-Bahn. Im Schnee konnte man seine Fußspuren bis zum Ende der Straße zurück verfolgen. „Er hat Recht. Komm rein, bevor du dich erkältest“ Seto trat hinter ihn, setzte einen Kuss auf sein Haupt und zog ihn mit einem um die Taille gelegten Arm wieder hinein. Mit der freien Hand schloss er das Fenster. „Du bist ganz frisch. Wollen wir uns unter der Dusche aufwärmen?“ „Höre ich da Hintergedanken raus?“ „Möglicherweise“ Seto lächelte. Katsuya drehte sich in der Umarmung, legte seine Arme auf die Schultern des anderen und meinte: „Dann ja.“ Lachend machten sie sich auf ins Badezimmer, zogen ihre Pyjama-Hosen aus – zur Abwechslung hatten sie mal eine Nacht fast bekleidet verbracht – und stellten sich gemeinsam unter die Dusche, um sich gegenseitig einzuseifen, nachdem Seto seine tägliche Dosis Tabletten geschluckt hatte. „Hat das mit der Reservierung geklappt?“, fragte Katsuya zwischen zwei Küssen. „Sagen wir, mit dem Namen Kaiba hat es geklappt.“ „Du hast das Restaurant bestochen, damit sie uns noch einen Tisch geben?“ Der Blonde zog sich etwas zurück. „Es ist der vierte Advent, was erwartest du? Teure, französische Restaurants sind da gern mal ausgebucht. Es kommen glatt noch mehr Menschen auf dieselbe Idee wie ich.“ „Nun … dann gut, dass es geklappt hat“ Katsuya widmete sich wieder Setos Brust. „Die anderen haben alle zugesagt?“ „Ja“ Einen Moment herrschte Stille. „Und ja, ich habe mich gestern Abend mit Yami ein wenig ausgesprochen, keine Sorge.“ „Ja?“ Katsuya sah hoffnungsvoll auf. „Ihr … mögt euch wieder?“ „Kleiner, wir mochten uns die ganze Zeit. Ich war nur schrecklich wütend und er hat sich schuldig gefühlt. Er hat sich entschuldigt, ich habe gesagt, dass ich nicht mehr sauer bin, alles gut. Es dauert zwar sicher, bis wir wieder normal miteinander umgehen, aber wir kriegen das hin. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen.“ „Hast du ihm auch die Sache mit der Abteilung gesagt?“, fragte der Jüngere nach. „Äh … nein.“ „Seto ...“ Er dehnte den Namen. „Das mache ich heute, okay? Ehrenwort“ Seto zog etwas den Kopf ein. „Tu es wirklich, sonst tu ich es“, drohte Katsuya. „Alles, was du willst ...“ Dem Satz folgte ein Seufzen. „Willkommen im L'moi“, begrüßte sie ein Kellner im Anzug, verbeugte sich kurz und trat hinter seinem kleinen Holzpodest hervor. „Darf ich Ihnen Ihre Mäntel abnehmen, Monsieur Kaiba und ...?“ „Ebenfalls Kaiba“, erwiderte Seto und ließ sich aus dem Mantel helfen. Katsuya versuchte einfach perplex Setos Bewegungen nachzumachen, um nicht allzu unangenehm aufzufallen. Das hier war verdammt nobel! Er hatte sich schon gefragt, warum Seto einen weißen Anzug trug – der ihm äußerst gut stand – und ihm die Klamotten rausgelegt hatte. Selbst mit den Worten „Mach dich schick“ hätte er wahrscheinlich nichts Passendes getragen. Selbst jetzt fühlte er sich in der schwarzen Anzughose und der braunen, engen Weste über dem weißen Hemd underdressed. „Wenn Sie mir bitte folgen würden, Messieurs Kaiba“ Der Kellner ging voraus, um Sie tiefer in das wirklich wunderschöne, sehr europäisch gehaltene Restaurant zu führen. Er brachte sie in einen Seitenraum mit etwas erhobenem Boden. Auf dem Weg drückte sich Katsuya etwas näher an Seto und griff nach dessen Hand. Dieser ließ das gerne zu und zog seinen Freund so etwas hinter sich her. Wie die Leute hier aussahen! Alle Herren waren im Anzug oder zumindest etwas, was man klar als Designerklamotten erkennen konnte. Die Frauen waren in Cocktail- oder Abendkleider gewandet und hatten unglaublich teuren Schmuck. Dagegen war die Goldkette, die Seto ihm vorhin umgelegt hatte – er tat es mit dem Wort Vorweihnachtsgeschenk ab – fast gar nichts. Katsuya fand sie trotzdem schöner als den ganzen Protz. Und ihm passte sie sicher auch besser. Hier und da sah er noch ein, zwei andere junge Männer, die auch so etwas trugen. Vielleicht war so etwas Mode in Europa? „Sie erwarten sicherlich noch Ihren Bruder?“, fragte der Kellner freundlich nach und zog den Stuhl für Seto zurück. „Und sein Mündel Madame Kamyra mit ihrem Sohn sowie Yami“, informierte Seto und nahm Platz. Warum erzählte er dem Kellner, wer kam? Katsuya wartete, bis auch ihm der Stuhl zurück gezogen wurde und setzte sich. Das mit dem Stuhl kannte er von Seto, aber von einem Kellner? Das war irgendwie … verstörend. „Herrn Yami durften wir lang nicht mehr begrüßen“, erzählte der Kellner während des Stuhlrückens und ließ Seto einen Moment, etwas zu erwidern – was er nicht tat, „und wer ist der hübsche Mann an ihrer Seite?“ „Mein Verlobter“ Aus Setos Stimme klang nichts als Stolz. Katsuya wäre sicher über das Wort gestolpert. Selbst jetzt errötete er. Warum erzählte Seto so etwas einem Kellner? „Ist jemand da, den ich begrüßen sollte?“ „Nur Leute, die sie begrüßen müssten“ Der Kellner deutete eine Verbeugung an. „Was darf ich Ihnen bringen? Ihr Bruder genoss letztens unseren Pouilly Fuissé, ein Chardonney mit einer leichten Muskatnote, würden Sie den gern probieren?“ Katsuya blinzelte. Error? „Wir speisen heute völlig alkoholfrei, bitte. Geben Sie das bitte auch dem Koch weiter“, wies Seto den Kellner an, „unsere Gäste sind zur Hälfte minderjährig.“ „Aber natürlich, bitte entschuldigen Sie“ Wofür entschuldigte der sich denn jetzt? „Was darf ich Ihnen dann als Aperetif bringen?“ „Red Bitter Orange.“ Katsuya hatte das Blinzeln schon aufgegeben. Es war das Beste, wenn er einfach Seto für sich sprechen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)