Delusive Society von Gepo (Dritter Teil der DS-Reihe) ================================================================================ Kapitel 36: Liebe und Laster ---------------------------- Zurück aus Ghana :) In einem Stück und unverhaftet. Ganz im Gegenteil, drei neue Verehrer und ein Heiratsantrag. Das Positionspapier ist leider nicht durchgekommen, aber die Resonanz war trotzdem klasse. Alles redete über Homosexualität - auch die Iraner und Sudaner. Die Europäer und Amerikaner waren völlig geschockt über die unglaubliche Abwehr und die Zustände in anderen Teilen der Welt. Jeder ist motiviert, etwas zu verändern. Sehr gute Voraussetzungen :) Zum Schreiben bin ich natürlich überhaupt nicht gekommen, aber zum Glück sind ein paar Kapitel vorgeschrieben ^.- Viel Spaß beim Lesen! _________________________________________________________________________________ „Ich fasse es nicht ... nein, ich fasse euch nicht“ Yami schüttelte den Kopf. „Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?“ „Warum? Sie hat es doch offiziell erlaubt. Und wir haben alles sauber gelassen und nachher sogar gelüftet. Ehrlich, man hätte fünf Minuten später nicht gewusst, was wir gemacht haben“ Katsuya grinste. „Du hättest Seto sehen sollen, nachdem er kapiert hat, was ich Schwester Martha da abgequatscht habe. Und sein Zimmerkollege, als ich die Kondome und das Gleitgel aus seinem Nachttisch holte – einmalig!“ „Ihr seid doch nicht mehr zu retten“ Yami, der nie aufgehört hatte, mit dem Kopf zu schütteln, wandte sich dem Essen zu. „Ehrlich, Setos Sexsucht ist legendär, aber dass du das jetzt mitmachst ...“ „Wenn ich sehe, wie gut es ihm danach geht, kann ich gar nicht anders. Und Spaß macht es auch. Ganz abgesehen davon, was das für ein Hauch des Verbotenen ist ... selbst, wenn es erlaubt ist.“ „Und mit welcher Laune ist er danach rumgeturnt?“ Hieß wohl, welche Person er nachher gewesen war. „Der Frechdachs. Ich habe ihn bei Schwester Martha vorbei geschickt, damit er ihr den Schlüssel wiederbringt. Auch der zweite Tag hat sie völlig entgeistert zurückgelassen.“ „Ziel erreicht oder was?“ Yami schwang den Kochlöffel und rührte im Topf um. „Und was planst du für morgen? Es im Pflegestützpunkt zu tun?“ „Anscheinend will Setos Arzt mit mir reden. Er wüsste gern, wie Seto sich im Alltag verhält“, erwiderte der Blonde mit vollem Ernst, „was meinst du ... kann ich dem alles sagen oder sollte ich etwas verschweigen?“ „Frag Seto. Das muss er entscheiden. Wenn er seinem Arzt vertraut, wirst du ihm sicher alles sagen dürfen. Aber wenn er nicht will, solltest du seinen Wunsch berücksichtigen.“ „Also entscheidet Seto?“ „Ist das Beste“ Yami warf einen Blick über die Schulter. „Es ist sein Leben. Also ist es seine Entscheidung.“ „Na gut“ Katsuya seufzte. „Weißt du ... Martha das alles zu erzählen, das hat mir erst klar gemacht, wie verrückt die Situation eigentlich ist. Für mich ist es ganz normal, dass mein Freund manchmal zu einem Kind wird. Oder dass er sehr schnell Angst kriegt und deswegen aggressiv ... das ist alles nicht so schrecklich ungewohnt für mich“ Er zog ein Bein an, stellte es auf den Sitz und hielt es mit beiden Armen. „Aber Martha war ganz entsetzt. Und als Seto sich wutentbrannt vor ihr aufgestellt hat, sah sie aus, als würde sie den Panikknopf suchen. Dabei wollte er nur hören, dass alles in Ordnung ist und ich ihn lieb habe. Und dass sie mir nichts getan hat, wovor er mich hätte schützen können.“ „Das Leben mit einem psychisch kranken Menschen ist für viele ein Mysterium. Es ist gar nicht schwer, wenn man sich auf die verquere Logik einlässt, aber Einlassen muss man sich. Man muss es einfach mal mit offenen Ohren und Augen probieren“ Yami stand noch immer mit dem Rücken zu ihm und rührte. „Es wird nur abgelehnt, weil es manchen einfach zu schwer erscheint. Oder sie versuchen es, aber wollen den anderen gar nicht verstehen sondern ändern. Du bist an die Sache ganz richtig dran gegangen. Du wolltest Seto nicht anders sondern genau so. Launisch, kompliziert, manchmal aggressiv und abwertend, aber meistens unglaublich lieb und fürsorglich.“ Lieb und fürsorglich ... Seto konnte echt ein Engel sein. Aber launisch und sarkastisch war er auch cool. Als Frechdachs ebenso. Auf das Kind stand er natürlich nicht, aber lieb hatte er es allemal. Seto war einfach so vielfältig – gerade das liebte er. Es war eine Herausforderung, die zu einem angenehmen Zustand geführt hatte. „Andererseits habe ich den verletzten Seto nur eine einzige Woche ausgehalten, danach konnte ich nicht mehr. Was sagt denn das jetzt? Gibt nicht unbedingt die beste Prognose, oder?“ „Sagt, dass du entweder resistenter oder durchsetzungsfähiger werden musst. Seto gehört zu den Menschen, die sich in ihre Wut auch hineinsteigern können. Bisweilen muss man ihn einfach aus dem Kreislauf rausholen“ Der Stehende drehte sich etwas zu ihm. „Außerdem war das ja wohl auch eine ziemliche Extremsituation. Ich habe Setos komplettes Vertrauen verloren und er hatte Angst, dich ebenso zu verlieren. Ich denke nicht, dass es zwischen euch beiden noch einmal so heftig wird.“ „Sag mal, Yami ... meinst du, ihr werdet euch wieder vertragen?“ Dieser seufzte nur und wandte sich ab. Eine ganze Weile gab er keine Antwort, aber Katsuya wollte dem Thema auch nicht ausweichen. Also schwieg er. Früher oder später würde Yami das Schweigen brechen, das wusste er. Er brauchte nur einen Moment – was sich auch bewahrheitete: „Ich weiß es nicht. Solange er in mir einen Rivalen um deine Liebe sieht, wird er mich meiden. Andererseits lässt er dich herkommen … ich weiß nicht, ob er sich zwingt, dir zu trauen oder ob er auch langsam versteht, dass du nicht aus Lust mit mir geschlafen hast. Wenn er das Zweite glauben kann, werden wir uns wieder annähern können. Aber Zeit wird es sicher brauchen. Und er hat jetzt auch Noah, dem er mehr vertraut als früher … eigentlich braucht er mich nicht mehr. Unsere Verbindung wieder zu knitten, das kostet nur Kraft. Ich glaube nicht, dass er die aufbringen will.“ „Aber er hat dir vertraut“ Katsuya verschränkte die Arme und legte seinen Kopf darauf. „Sehr.“ „Vergangenheitsform“ Der Andere schüttelte den Kopf. „Ab dem Moment, wo er wütend auf dich war, wusste ich, dass er dir wieder vergeben würde. Und dass ihr wieder zusammen kommen würdet“ Er blieb dem Kochtopf zugewandt und rührte. „Wenn man Seto verletzt, dann beendet er den Kontakt. So hat er das mit Noah gemacht. Zwischen denen lief jahrelang einfach nichts außer höflichem Kontakt und gelegentlichem Sehen aus geschäftlicher Notwendigkeit. Mit meinem Bruder ebenso – glaubst du, der hat sich in den letzten Wochen je bei dem gemeldet? Und jetzt ich. Du bist der einzige, den er nicht einfach auf nimmer Wiedersehen aus seinem Leben geworfen hat. Er wollte dir verzeihen, von Anfang an. Sonst hätte er dich einfach vor die Tür gesetzt.“ „Und weil Seto dich einfach meidet statt wütend zu sein, glaubst du, dass er dich nicht mehr will?“ „Was sollte ich sonst denken?“ „Dass er will, dass du auf ihn zukommst?“ Darüber musste Katsuya nicht einmal nachdenken, so schnell schoss es von seinen Lippen. „Du hast ihn verletzt, indem du mit mir geschlafen hast. Wahrscheinlich will er eine Entschuldigung.“ Yami drehte sich um und blinzelte überrascht. „Was?“ Der Blonde legte den Kopf schief. „Ich … ich denke, ich werde Seto nie wieder vorwerfen, dass er kompliziert denkt. Auf diese einfache Lösung bin ich nicht gekommen.“ „Dich einfach zu entschuldigen?“ „Manchmal sehe auch ich den Wald vor lauter Bäumen nicht“ Yami schüttelte seufzend den Kopf. „Echt, ich bin doch ein Idiot … danke, Katsuya. Ich weiß schon, warum ich gern dein Freund bin. Du bist einfach und direkt.“ Das war unerwartet einfach gewesen. Setos Arzt hatte wohl schon mit Martha gesprochen, hatte ein paar der Sachen, die er ihr erzählt hatte, nochmal hören wollen und eine handvoll Fragen gestellt. Vor allem darüber, wie er mit der Situation zurecht kam. Anscheinend war er irgendwie außerordentlich verständnisvoll oder so etwas – auch der Arzt war überrascht gewesen, wie gut er damit klar kam und wie wenig belastet er sich fühlte. Andererseits hatte er auch nicht die volle Wahrheit gesagt. Er hatte nicht erwähnt, wie sehr es ihm zugesetzt hatte, dass Seto zum Alkohol gegriffen hatte – damit verband er sehr viele schlechte Erinnerungen. Vor allen Dingen war es darum gegangen, wie er sich um Seto kümmerte – an keiner Stelle hatte mal jemand gefragt, wie sehr Seto sich um ihn kümmerte. Denn auch wenn er immer mal wieder etwas tat, wenn Seto zum Kind wurde oder Dissoziationen hatte, so war es doch eigentlich hauptsächlich so, dass Seto für ihn da war. Zumindest empfand er das so. Wenn er nur daran dachte, wie Seto die Gerichtsverhandlung mit ihm durchgestanden hatte und die Zeit danach … ihre Reise, die er nur für ihn gemacht hatte. Er war Seto so unendlich dankbar. Er hatte nicht das Gefühl, dass er das irgendwie je wieder aufwiegen könnte. Und wenn Seto nicht gerade sauer war, dann lernte er mit ihm, half ihm bei den Hausaufgaben, spielte mit ihm, auch wenn er eigentlich lieber lesen wollte und machte andauernd die Eskapaden mit Ryou … na ja, vor allem mit Bakura mit. Jeder andere hätte ihm einfach gesagt, dass er sich von den beiden fernhalten sollte. Seto hingegen lud sie ein, band sie in ihr Leben mit ein. Okay, er schien sich mit Bakura auch irgendwie zu verstehen, aber … trotzdem, von selbst würde er sich mit keinem von beiden etwas zu tun haben wollen. Seto hatte einfach noch nie nein gesagt. Er machte alles, was Katsuya wollte. Nicht immer ganz so, wie er es wollte, aber er war einfach unglaublich zuverlässig. Die Hälfte seiner Wünsche las er Katsuya von den Lippen ab, kannte sie teilweise, bevor er sie selbst erkannte. Wahrscheinlich würde das irgendwann selbstverständlich werden, wenn sie einen Alltag hatten. Das hatte Yami ihm mal erklärt – das Leute vergaßen, was sie am anderen hatten, wenn sie sich lange kannten. Aber er hoffte einfach, dass das niemals so werden würde. Dass Seto immer sein kleines, persönliches Wunder bleiben würde. Denn Seto war ein Wunder für ihn. Er hatte nicht das Gefühl, dass er jemals wieder jemanden finden könnte, der so gut zu ihm passte – egal, wie viele Macken sein Freund nebenher hatte. Seto war einfach mitreißend. Seto war eine Persönlichkeit. Seto war einfach … Seto. Das konnte man nicht beschreiben. Das passte einfach. Auch, wenn Seto manchmal echt schwierig war. Aber schwierig war er selbst auch. Wenn er schlechte Laune hatte, rannten die Leute vor ihm weg. Er wurde böse, gemein und gewalttätig. Yami war der einzige, der das je ausgehalten hatte. So wie er der einzige war, der Yami je wirklich ausgehalten hatte. Jeden Freier, jeden Anfall danach, jeden Nervenzusammenbruch. Er hatte sich vor Yami geekelt, hatte auf ihn herab gesehen, aber er hatte ihn trotzdem nicht allein gelassen. Und vor allem hatte er nicht ausgenutzt, dass sich Yami ihm angeboten hatte. Als einziger. Er war wirklich der einzige, der Yami je als Mensch gesehen hatte. Außer Seto. Seto hatte das auch. Er hatte zwar mit ihm geschlafen, aber er hatte Yami auch wertgeschätzt. Als Freund. Als Menschen. Er hatte es zwar nie zugeben wollen und sich wie die Axt im Walde verhalten, aber auch er hatte Yami gemocht. Es hatte ihm sicher sehr weh getan, dass Katsuya ihn gerade mit Yami betrogen hatte. Die beiden hatten sich über anderthalb Jahre gekannt, bevor Katsuya dazwischen gekommen war. Anderthalb Jahre waren eine Menge Zeit, um sich kennen und mögen zu lernen – auch wenn oder vielleicht gerade weil sie kaum Worte wechselten. „Müsstest du nicht bald all deine Packungen aufgeraucht haben?“ „Der Klinikshop verdient gut an mir“ Seto wandte sich ein Stück zu ihm. „Was hat Doktor Kowa alles gefragt?“ „Wer deine drei Persönlichkeiten so sind, worin sie sich unterscheiden, wann wer auftaucht, ob es da bestimmte Trigger gibt und wie ich damit so zurecht komme. Vor allem, wie ich damit zurecht komme. Er scheint ziemlich besorgt um dich. Ist ein netter, alter Mann.“ „Früher war er Oberarzt“ Seto blies den Rauch zur Seite, damit er Katsuya nicht traf. „Vor zwei Jahren hatte er einen Schlaganfall. Danach wollte er lieber wieder einfacher Stationsarzt sein und hat sich zurückstufen lassen“ Er drückte die Zigarette aus, obwohl sie noch drei Zentimeter vom Filter entfernt lang war. „Nicht viele Ärzte lassen sich freiwillig zurückstufen. Aber er wollte mehr Zeit für seine Patienten. Ihm war das zu hektisch, ein Oberarzt zu sein. Ich finde das sehr bewundernswert … ich könnte das nicht. Freiwillig eine niedrige Position annehmen. Das würde meinem Stolz zu sehr wehtun.“ „Aber hast du das nicht schon?“ Katsuya trat näher und legte die Arme um dessen Taille. „Du warst Firmenchef der Kaiba Cooperation. Und du hast alles deinem Bruder geschenkt. Einfach so, inklusive Geld. Du bist stattdessen Lehrer geworden. Und jetzt wärst du gern Spieleprogrammierer. Trittst du nicht immer weiter zurück, um mal das zu machen, was dir wirklich Spaß macht?“ „Nun … sagen wir, ich wechsle die Branche“ Seto legte die Arme locker auf Katsuyas Schultern, aber zog ihn nicht näher. „Das kann ich vor mir selbst verantworten.“ „Und du willst einen Künstler heiraten“ Beide blonden Augenbrauen hoben sich. „Eines Tages sind wir arm wie Kirchenmäuse.“ „Quatsch“ Seto schnaubte. „Sollten wir jemals in Bedrängnis kommen, nehme ich mir ein paar Tage frei und vertiefe mich in die Börse. Du weißt doch, ich kann Geld innerhalb weniger Tage verzehnfachen.“ „Ich weiß nicht, ob ich Börsenspekulation als Notfalllösung bei Finanzproblemen als sinnvoll erachte“ Katsuyas Stirn hatte sich in Falten gelegt. „Auch wenn ich nicht den blassesten Schimmer davon habe.“ „Ich bring' es dir irgendwann bei“ Auf Setos Lippen legte sich ein Lächeln. „Und mit meinem Gespür ist Börsenspekulation eine sichere Anlage. Ich mag mich ja allgemein ziemlich scheiße finden, aber ich weiß schon, was ich kann.“ „Mich lieb haben“ Der Jüngere streckte sich etwas und setzte einen Kuss auf dessen Lippen. „Das kannst du gut. Dafür hast du ein Talent.“ „Ah ja“ Seto schmunzelte. „Und was hast du vor, Martha heute zu sagen, damit ich dich ein wenig lieb haben kann?“ „Warum Martha, wenn ich deinen Arzt fragen kann? In seinem Büro steht eine wunderbare Liege“ Katsuya erwiderte den Gesichtsausdruck mit einem Grinsen. „Nicht im Ernst“ Sein Freund lehnte sich zurück und sah ungläubig auf ihn hinab. „Ich traue dir einiges zu, aber das ist nicht dein Ernst, oder?“ „Und wenn doch?“ „Dann … nein. Du scherzt. Dazu würde Doktor Kowa nicht ja sagen. Nein, du würdest die Frage nicht einmal stellen. Nicht ihm. Du bist dreist, aber nicht so dreist“ Trotzdem sah Seto nicht ganz überzeugt von seinen eigenen Worten aus. Er traute ihm das also nicht zu? „Nein, bin ich wirklich nicht“ Katsuya schloss seine Umarmung und drückte sich so gegen Setos Brust. „Der arme Mann hätte noch einen Herzinfarkt bekommen. Selbst das gestern war mehr … eigentlich wollte ich Martha nur ärgern und etwas lockern. Sie hatte so Angst vor dir. Ich hätte nie gedacht, dass sie wirklich irgendeinen Schlüssel raus rückt.“ Seto lachte lautlos und schüttelte den Kopf. Mit einer Hand strich er über das blonde Haar, zog Katsuyas Kopf etwas in den Nacken und küsste ihn auf die Stirn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)