Frozen Mirror von Umi (Eine YamiBakura/Ryou-Oneshot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 1: Narrentod (Dark - YamiBakuras p.o.v.) ------------------------------------------------ Niemand sieht mich. Alle Augen sind auf das Narrenpärchen gerichtet, das dort vor dem Thron des Königs seine Späße macht. Der Größere der beiden spielt den verliebten Barden. Sein Zwillingsbruder die holde Maid. Beide tragen aus bunten Flicken zusammengenähte Kleider mit kleinen Schellen, die jeden ihrer Schritte mit hektischem Klingeln unterlegen. Das Haar purpurn, golden, schwarz. Er wirft sich vor "ihre" Füße und klimpert auf einer Laute herum. Singt. "Oh du holdes Weib, willst du liegen heute nacht in meinen Ahaaahaaaarmeeeen?" Schallendes Gelächter, als eine der Saiten springt und die zarte "Jungfer" sich errötend abwendet und dabei über "ihre" Füße stolpert. Ihr Partner fängt sie auf und versucht sie zu küssen, bekommt aber nur eine hässliche Kröte vor die Nase gehalten. Er merkt es nicht. Armer Frosch. Alles lacht. Nur die Miene des Königs bleibt eisern. Könnten Blicke töten, so wäre das Narrenpärchen bereits an den saphirenen Speeren ihres Herrschers zugrunde gegangen. Aber noch ahnen sie nicht, dass er sie so oder so köpfen lassen wird. Noch machen sie unbeirrt ihre Späße. Kennen den hiesigen König nicht. Wissen nicht, dass ihr Publikum in Erwartung einer öffentlichen Hinrichtung so zahlreich erschienen ist und nicht, um sie lebend zu sehen. Meine Hand füllt sich ein weiteres Mal mit Goldmünzen. Leert sich in meinem Beutel aus und geht erneut auf Pirsch. Der Narrenbarde packt seine "Liebste" an der Taille und beißt sie ins Ohr. Ein beschämtes Quietschen. Die "holde Maid" schubst ihn zu Boden, nimmt seine Laute und holt aus um ihn damit zu verprügeln, doch er ist bereits unter ihren bunten Röcken verschwunden. Sie schlägt ins Leere. Und schon steht er wieder hinter ihr mit einer Schleife zwischen den Zähnen, die sich noch vor wenigen Augenblicken an ihrem Oberschenkel befunden hat. Gelächter. Die "Jungfer" nimmt dramatische Pose ein und sinkt ohnmächtig zu Boden. Ihr Verehrer klatscht in die Hände und wirft sie über seine Schulter. Die vorerst letzten Münzen gleiten in meine Taschen. Das Stück ist zuende. Wieder schallendes Gelächter. Klatschen. Pfiffe. Der König erhebt sich und alle Anwesenden verstummen. Hoffnungsvolle Blicke ruhen auf ihm. Wie immer an dieser Stelle fährt er sich mit dem Daumen über die Kehle. Ab mit dem Kopf. Dann etwas Neues. Er umfasst seinen Hals. Hängen. Streckt die Hand aus und zeigt auf jemanden in der Menge. Mich. Unzählige Augenpaare sind auf den gerichtet, der sonst unsichtbar ist. Vor dem Holzpodest stehen zwei kleine dreckige Mädchen und klatschen einander in die Hände. Eines singt. "Blut, Blut, Räuber saufen Blut. Raub und Mord und Überfall sind gut..." Das andere fährt vergnügt fort. "Hoch vom Galgen klingt es, hoch vom Galgen klingt es: Raub und Mord und Überfall sind gut..." Die Bohlen unter mir knarren, als der Henker näher tritt. Der Scheiterhaufen der nächtlichen Hexenverbrennung ist noch nicht einmal völlig erloschen, schon dürstet die Menge erneut nach Blut. Die Schlinge wird um meinen Hals gelegt. Der Duft von Kräutern steigt in meine Nase. Weckt Erinnerungen an jemanden. An wen? Ich empfinde nichts. Keine Angst. Keine Reue. So viele Blicke, die auf mir ruhen. Aber einer fehlt. Der wichtigste. Welcher? Hoffentlich bricht mein Genick durch den Sturz. Am Fenster der Burg sitzt der König. Zu seinen Seiten die Köpfe der Narren. Auf seinen Lippen ein selbstzufriedenes Lächeln. Ein in Lumpen gekleideter Sänger tanzt um den Galgen herum. Besingt die Gerechtigkeit. Hält seinen Hut auf, so dass die Leute Geld hinein werfen können. Lacht. Eine silberne Haarsträhne wird durch den aufkommenden Wind in mein Gesicht geweht. Jetzt weiß ich wieder, wer hier fehlt. Mein Licht. Warum ist es nicht gekommen, um mich frei zu kaufen? Mir wird kalt. Der Henker tritt vor mich und überprüft, ob das Seil richtig sitzt. Sein Kopf ist durch eine schwarze Haube verdeckt, die nur zwei kleine Öffnungen für die Augen hat. Ohne den Blick von mir abzuwenden, greift er nach dem Hebel. Und legt ihn um. Noch im Fall spüre ich sein Lächeln und weiß, dass mein Licht mich nicht allein gelassen hat. Schmerz. Keine Luft. Keine Luft. Keine... Mit einem dumpfen Aufschrei wache ich auf. Kann nichts sehen. Nicht richtig atmen. Packe nach Hikaris Arm und reiße ihn weg. Das Kissen, das eben noch auf mein Gesicht gepresst wurde, sinkt zu Boden. Ich kann wieder atmen. Ausdruckslose Augen blicken mich an. Zuckerlippen sinken zu mir herab und begraben meinen Mund unter sich. Bitter. Wieder bleibt mir die Luft weg. Wieder sterbe ich. Doch diesmal wache ich nicht mehr auf. - ENDE - ________________________________________ (versteckter) Songtext: "Julia und die Räuber" by Subway To Sally Kapitel 2: Feathers (Dark - Ryous p.o.v.) ----------------------------------------- "Du hast wunderschöne Flügel. Ihre Federn blenden mich." Verwundertes Blinzeln. Schiere Fassungslosigkeit. War es ein Witz? Oder hatte ich wirklich den Satan persönlich auf die Engelsschwingen angesprochen, die eng zusammengedrückt auf seinen Schultern ruhen? "Welche Flügel, wovon redest du?" Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Eines von denen, die du so abgrundtief hasst. "Dein Tonfall verrät dich, Yoru. Du weißt genau, wovon ich rede." Ertappt. Du drehst dich weg. "Lass uns das Thema wechseln, Hikari." "Nein." "Nein? Doch, verdammt." "Ich sagte nein. Ich will das nicht." Kalte Finger an meiner Kehle. "Glaub mir, du willst es." Das Rauschen der Flügel, die sich leicht ausbreiten. Doch genauso rasch, wie mein Hals losgelassen wird, ziehen sie sich wieder zurück. Lucifer, der schönste aller Engel und der Liebling Gottes, verriet seinen Herrn. Wurde aus dem Himmelreich verbannt. Brutal auf den harten Erdboden geschleudert. Seine Flügel blieben. Nur wurden sie für andere unsichtbar. Konnten den Körper des himmlischen Wesens, dem sie gehörten, nicht mehr tragen. Wuchsen aber immer weiter. Bis sie in der Lage waren, seinen Geist überall hinzubringen, wohin er wollte. Die anderen Rebellen hatten weniger Glück. Ihre Schwingen wurden gestutzt. Die Ungehorsamen wurden dazu verbannt, auf ewig wiedergeboren zu werden. Immer und immer und immer und immer wieder.... Ich würde nie einer von ihnen sein wollen. Ohne Flügel, wie alle Menschen sie in Wahrheit besitzen. Ohne Aussicht auf Absolution. Allein. "Darf ich sie berühren?" "Nein!" "Warum nicht?" "Das willst du nicht wissen." "Doch." "Nein." Kurzes Schweigen. "Es würde dich zerbrechen und das soll es nicht..." Ich bin verwirrt. Wolltest du mich nicht kaputt machen? Lief nicht alles, was du tust, genau darauf hinaus? Worte können mich nicht mehr verletzen. Ich bin aus dieser Phase raus. Ich bin erwachsen, das weißt du doch. "Erzähl es mir." "Dann verlässt du mich." "Niemals." Traurige rauchbraune Augen sehen mich an. Das Mitleid in ihnen trifft mich wie ein Hammerschlag. "Wenn du meine Flügel berührst, dann zerfallen sie. Das will ich nicht." Der Atem gefriert in meinen Lungen. "Du darfst mich niemals berühren, sonst verlerne ich das Fliegen und ende..." Das Blut weicht aus meinem Gesicht. "... und ende wie du, Hikari. Ohne Flügel. Ohne Ziel. Ohne Glaube. Ohne Träume." Nun setzt auch mein Herz aus. Ich spüre wie meine Seele in tausende und abertausende von Scherben zerspringt. Ich fühle mich leer. Tot. Drehe mich um und gehe. Du hast unrecht. Ich habe Flügel. Ich habe Träume. "Kannst du die Schwere der Schwingen auf deinem Rücken spüren, Hikari? Hast du sie je gespürt? Bei anderen Menschen wachsen sie nach, bei dir nie. Hörst du? Nie!" Ich weiß, dass du weinst. Ich weiß, dass du mich mehr liebst als alles andere. Aber du hast mich verraten, wie all die anderen vor dir. Es gibt nur einen Unterschied: Dich werde ich vergessen. Dir werde ich nicht nachtrauern. Zu dir werde ich nie mehr zurück kehren. - ENDE - Kapitel 3: Frozen Mirror (AU, Dark - YamiBakuras p.o.v.) -------------------------------------------------------- Du bist wunderschön. Ich liebe deine Unschuld... deinen Glauben an das Gute im Menschen... Du willst nicht, dass ich töte. Warum? Du gehörst mir. Ich habe dich vernichtet, doch du bist zurück gekehrt. Seitdem begleitest du mich. Treu. Verräterisch. Genau genommen bin nicht ich es, der tötet, sondern du. Wir gehören zusammen. Wir sollten uns nahe sein. Näher. Viel näher. Du solltest nur an mir interessiert sein, an keinem sonst. Und doch strebst du immer wieder von mir weg... Kalt. Wie ein Spiegel aus Eis. Immer, wenn ich dich berühre, überkommt mich das Gefühl zu erfrieren. Wenn du die anderen berührst, wirst du warm. Sie bringen dich dazu, rot zu werden. Aufzutauen. Ich nicht. Nachdenklich wasche ich das Blut von deinem Gesicht und blicke in deine großen, liebevollen Augen. Verträumtes Lächeln. Lege die Hand an deine Wange. Eiskalt, wie immer. Dann eine leichte Wärme. Ich sehe meine Hand an. Ein langer Schnitt zieht sich durch ihre Fläche. Blut. Ach, so geht das... Ich verstehe. Gebe dir einen sanften Kuss auf die Lippen. Wieder kalt. Auf die Seite. Warm und blutig. Lass uns eins werden. Für immer. Sehe dich an. Lächeln. Berühre dich dort, wo ich dich immer berühre - nur andersherum. Meine Hände werden klebrig. Drücke dich an mich. Es tut weh. Aber es ist warm. Die Klinge des Katanas durchbohrt mich wie ein weiches Stück Butter. Und dabei habe ich es kaum gepflegt, seit ich dich damit... Dein Blut ist sein Lebenselixier. Meines auch. Endlich wieder vereint. - ende Kapitel 4: The Butterfly Effect (Dark - Ryous p.o.v.) ----------------------------------------------------- Sie kommen regelmäßig. Immer und immer wieder. Diese Fragen, die man nie jemandem stellen kann, so sehr sie einen auch interessieren. Es gibt einfach so gut wie keine passende Gelegenheit. "Kennst du das auch? Manchmal schaust du auf eine Uhr und im ersten Moment geht der Sekundenzeiger rückwärts - nur einmal - und wenn du ihn dann aber weiter beobachtest, geht er wieder in die richtige Richtung. Als hättest du ihn ertappt. Als hättest du etwas gesehen, was du nicht hättest sehen sollen." Kennen die anderen das auch? Kennst du es? Oder schüttelst du nur wieder lachend den Kopf, wenn ich dir davon erzähle? "Hikari, du brauchst eine Brille." Oder: "Vielleicht denkt dein Gehirn ja in solchen Momenten rückwärts." Oder: "Du hast Hallus, nichts weiter." Das sind deine Antworten. Jedenfalls stelle ich sie mir so vor. Ich habe dich nie gefragt. Sicher würdest du mich auslachen. Ob die anderen auch lachen würden? Wahrscheinlich würde Jounouchi nicht einmal die Frage verstehen. Anzu würde fortan jede Uhr anstarren, um zu verstehen, was ich meine. Und Yugi und Honda würden mich nur seltsam ansehen. Sie denken auch so schon, ich wäre verrückt. Vielleicht verwechseln sie uns auch einfach. Denken du wärst ich. Ich du. Die beiden Yugis können sie irgendwie auseinanderhalten. Und die beiden wiederum können uns erkennen. Glaube ich. Wenn ich von dir rede, starren sie mich trotzdem komisch an. Als wäre es ihnen unangenehm. Oft wache ich morgens auf und frage mich, ob es dich eigentlich gibt. Manchmal frage ich mich auch, ob es meine Freunde gibt. Ob ich in die richtige Richtung gehe. Ob außer mir sonst noch jemand hier wohnt. Ich bin mir häufig unsicher. Ich weiß oft nicht mehr, ob sie von dir eigentlich wissen und ob alles, was wir gemeinsam erlebt haben, wirklich so war. Einbildung, Wunschdenken und Realität sind sich einfach zu ähnlich. Das erste, woran ich mich in meinem ganzen Leben bewusst erinnern kann, war ein Traum, den ich hatte, als ich zwei Jahre alt war. In ihm ging es um Riesen. Ich habe sie aus einem Fenster heraus beobachtet und hatte Angst, dass sie mich sehen und ich vielleicht in ihre riesengroßen Teetassen fallen könnte. Meine Träume waren schon immer seltsam. Oft träume ich, dass ich frühs aufstehe und zur Schule gehe. Alles ist ein wenig anders, es passieren kuriose Dinge, aber ich wundere mich über nichts. Und wenn dann mein echter Wecker klingelt bin ich müde und unausgeglichen, als hätte ich bereits einen ganzen Tag hinter mir. Ich schäme mich dafür, dass ich so viel vergesse. Einmal kam Yugi zu mir zu Besuch. Er hat viel erzählt, auch über sich. Wahrscheinlich dachte er, es wäre gut, wenn ich gewisse Dinge weiß - immerhin sind wir ja Freunde. Ich erinnere mich nicht mehr daran. Weder an das, was er erzählt hat, noch daran, ob die wenigen Dinge, die ich mir gemerkt habe, wirklich aus seinem Mund stammen. Vielleicht habe ich sie mir auch nur ausgedacht... Aber immer, wenn ich ihn sehe, habe ich Angst, etwas falsch zu machen. Irgendetwas zu sagen, was er mir als Geheimnis anvertraut hat, was ich mir aber nicht als solches gemerkt habe. Es macht mich richtig krank, immer aufpassen zu müssen. Oft frage ich einfach dich, was andere mir erzählt haben, ob ich mich richtig erinnere. Meistens zuckst du mit den Schultern und verdrehst gelangweilt die Augen. "Keine Ahnung." Irgendwo habe ich einmal etwas aus der berühmt-berüchtigten Chaostheorie aufgeschnappt. Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann auf der anderen Seite der Erde einen Sturm verursachen - oder so ähnlich. Wer weiß, was meine Vergesslichkeit bereits für Orkane verursacht hat. Vielleicht sollte ich Tagebuch führen und alles aufschreiben. Aber ich habe Angst, dann verrückt zu werden. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, die meisten, die wirklich jeden einzelnen Tag dokumentieren, haben irgendwann den Verstand verloren. Du hast angefangen, Porzellanpuppen zu sammeln. Marionetten, um genau zu sein. Die aus echtem Porzellan sind sehr teuer, aber du willst sie haben, also holst du sie dir auch. Du reißt ihnen die Kleider und die Haare herunter und hängst sie in der ganzen Wohnung auf. Als meine Freunde sie zum ersten Mal sahen, schauten sie mich verstört an. Ich zeigte nur auf den Millenniumsring. "Sie gehören Yoru" Vielsagende Blicke wurden ausgetauscht, aber niemand verlor auch nur ein Wort darüber. Verschlafen schließe ich die Wohnungstür hinter mir zu. Schon der zweite Tag, der heute für mich beginnt. Die Erinnerung an den ersten beginnt bereits zu verwischen, wie es mit Träumen eben passiert. Die anderen stehen schon vor der Schule und winken mir zu. Yugi hat sein Puzzle nicht um... ich sollte ihn später danach fragen. Plötzlich quietscht Anzu laut und klammert sich an Honda. "Was ist?" Sie zeigt auf meine bandagierte Hand. Ich muss lachen. "Aber das war doch gestern schon. Yoru war bei seinen Beutezügen mal wieder unvorsichtig." Noch bevor ich meinen Satz beendet habe, spüre ich das Fehlen des Rings an meinem Hals. Wie konnte ich ihn vergessen? Keiner meiner Freunde sagt etwas. "Was habt ihr?" Ein fragender Blick nach dem anderen wendet sich zu mir. Schließlich traut Yugi sich, das zu fragen, was allen anderen auf der Zunge brennt. "Wer... ist Yoru?" - ENDE- Kapitel 5: Veitstanz (Romance, Songfic - YamiBakuras p.o.v.) ------------------------------------------------------------ Das Bild eines kleinen Jungen, der sein Spiegelbild küsst, kriecht in mir hoch. Doch da gibt es keinen Spiegel. Der Junge sitzt auf einem Friedhof. Vor ihm das Grab seiner Eltern. Seiner Schwester. Ein Flimmern liegt in der warmen Luft. Ausdrucksloses Lächeln. Die Gestalt, die scheinbar aus dem Nichts entsteht, sieht genauso aus wie das Kind. Silbernes Haar. Porzellanhaut. Braune, fast schwarze Augen. Nur ist sie fast erwachsen. Geht in die Hocke, streicht dem verstörten Knaben über die Wange und küsst ihn schließlich auf den Mund. Noch war er nicht soweit. Noch konnte ich ihn nicht zu meinem Eigentum machen. Aber heute... 10 Jahre später... Ich habe dich einfach entführt. Diese Hütte im Wald hat nur darauf gewartet, unsere "Hochzeitsstätte" zu werden. Der Mensch besteht nicht nur aus einer Seele. Er hat einen Körper. Diese Lektion wird dir heute zuteil. Das Feuer vor der kleinen Hütte brennt nicht ansatzweise so heiß, wie diese Begierde in mir, die ich jetzt so viele Jahre schon unterdrücke. Ein Fest. Seit kurzem endlich zwei Körper, doch bald wieder einer. Ich ziehe dich mit mir. Wir drehen uns. Stolpern. Taumeln. Tanzen. Immer um das Feuer herum. Spürst du deinen Körper? Spürst du die Hitze? Spürst du, was du siehst? Alles dreht sich um mich her Die Welt versinkt im Farbenmeer Wenn ich tanze Mit dir tanze Ich fühle mich wie auf einem Hexensabbat. Du bist die Hexe. Ich der Teufel. Du hast mich gerufen - da bin ich. Geschaffen, um mit dir eins zu werden. Jetzt. Wir stürzen zu Boden. Ich bilde mir ein, das Läuten einer Kirchturmuhr zu hören. Geisterstunde. Hochzeitsstunde. Deine Augen sind weit aufgerissen. Deine Wangen so rot wie die Glut des Feuers. Mein ganzes Leben bestand nur aus Warten. Das Warten auf diesen Augenblick. Wie die Flammen neben uns beginnen auch meine Gedanken zu flackern. Alles dreht sich um mich her Die Welt versinkt im Farbenmeer Meine Hände verhaken sich mit deinen. Seufzend. Stöhnend. Aber noch nur zu zweit. Zu nahe an der Hitze. Ein kurzer Schrei. Ein Funken auf deiner Haut. Ich küsse ihn weg, nicht minder feurig wie er selbst. Wieder ein Schrei. Wieder Schmerz. Diesmal süß. Mehr als zwei. Eins. In meinem Kopf sind Spiegelscherben Taumelnd stürz ich ins Verderben Zwischen Tod und ewig leben Muss es etwas Drittes geben Ich wurde für diese Vereinigung geboren. So oft ich auch aus dem Totenreich zurück kehrte, immer wartete ich nur auf dich. Jahrtausende. Ein neuer Funken. Diesmal nicht vom Feuer. Die Flammen fressen sich durch unseren Körper. Heiß. Schmerzhaft. Süßer als Honig. Mein Name. Laut. Seine Bedeutung. Kühl und dunkel. Der Wald wirft ihn zurück. Genauso wie deinen. Strahlend hell. Nur du. Für dich. Wegen dir. Erschöpftes Keuchen. "Ich habe einen Körper, Yoru..." - ENDE - ___________________________________ Songtext: "Veitstanz" by Subway To Sally Kapitel 6: Abgeschminkt (Drama, Songfic - Ryous p.o.v.) ------------------------------------------------------- Unruhig scharren meine nackten Füße im kalten Sand. Feiner Nieselregen setzt sich in meinen Haaren fest, dringt in meine Sachen. Meine Hände sind - wie eigentlich immer - eiskalt. Warum treffen wir uns überhaupt noch? Und warum ausgerechnet hier? Was verbindet uns mit dem Strand? Hast du dir diesen Ort ausgesucht, um mich zu verunsichern? Damit ich an Amane denke? An ihre Kinderleiche, die irgendwo in der Nähe auf dem Meeresgrund liegt? Du bist widerlich. Ich bin froh, dass wir uns endlich nicht mehr einen Körper teilen müssen. Dass ich dich nicht mehr rund um die Uhr ertragen muss. Ich kann gar nicht sagen, was schlimmer war. Waren es die unzähligen Male, in denen du ohne mein Wissen irgendwas ausgefressen hast? Nein. War es deine Aufdringlichkeit? Deine permanente Präsenz, deine nicht nachvollziehbare Eifersucht? ... Der Gestank des Blutes, das immer an deinen Händen zu kleben schien? Alles wusstest du besser. Jedes Mal hast du mich verhöhnt, wenn es mir schlecht ging. "Du glaubst, du hättest eine schlimme Kindheit gehabt?" Arrogantes Lachen. Kopfschütteln. "Wieso glaubt jeder Mensch, er allein hätte es am schwersten? Hör auf, die Vergangenheit als Entschuldigung für dein Versagen zu benutzen. Schalt die Flimmerkiste an oder sieh aus dem Fenster. Es gibt Leute, die schlimmeres erlebt haben als du und trotzdem nicht so erbärmliche Schwächlinge sind." Natürlich gibt es die. Ich habe nie behauptet, es am schwersten gehabt zu haben. Aber es wundert mich nicht, dass du mich nicht verstehen kannst. Du willst mich nicht verstehen. Es widerspricht deiner Lebenseinstellung - wenn man diese Selbsttäuschung überhaupt so nennen kann. Und Mitgefühl kennst du nicht. Lautes Klatschen. Mit zitternder Hand tastete ich nach meiner schmerzenden Wange. Die Haut unter meinen Fingern begann zu glühen. Ein seltsames Funkeln in deinen Augen - als wolltest du noch etwas sagen. Etwas, das alles erklären könnte. Das eine Entschuldigung für diese Ohrfeige überflüssig machte. Das war unser letzter Streit. Als ich am nächsten Tag von der Schule kam, waren deine Sachen aus meiner Wohnung verschwunden. Nur ein fleckiger, zerknitterter Zettel erinnerte noch daran, dass es dich überhaupt gegeben hatte. - Wir treffen uns am Ersten um 6 Uhr abends. Am Strand. Beim Steg. - Das ist nun ein halbes Jahr her. Und dumm, wie ich bin, stehe ich seitdem an jedem Monatsersten hier. Warte auf dich. Bei Schnee. Bei Regen. Bei Sturm. Und immer bin ich zu früh. Heute ist wieder der Erste. Wieder stehe ich am Steg - diesmal barfuß, weil bald Frühling ist. Aber etwas ist anders; das wird mir bewusst, als deine knirschenden Schritte sich von hinten nähern. Es ist soweit. Diesmal werden wir uns nicht bloß anschweigen. Mit dem sanftesten Lächeln auf den Lippen, zu dem ich fähig bin, drehe ich mich zu dir um. Heute werde ich dir die Wahrheit sagen. Ich habe bereits zu lange damit gewartet. Ich hätte es schon damals tun sollen, als deine Anwesenheit aufhörte, mich glücklich zu machen. Und nun? Lachen kann ich nur noch über mich. Siehst du nicht, wie glücklich ich nun bin - mit meinem Leben ohne dich? Schau mir ins Gesicht und du wirst sehen, wie fremd du mir geworden bist. Ich hoffe nur, du kannst verstehen: Geliebt hab ich dich wirklich nie. "Nie." Zuerst scheint es, als wolltest du etwas sagen. Stille. Dann ein desinteressiertes Schulterzucken. Schiefes Lächeln. "Na und?" Es ist dir egal. Ich wusste es. Schon immer waren dir all die wirklich wichtigen Dinge egal. Was geht es dich an, ob ich dich je geliebt habe? Liebe. Ein Thema, über das wir manchmal gesprochen haben. Gelacht haben. Ein Thema, das mit uns nichts zu tun hatte. Unglaublich weit weg schien. Und trotzdem krampft sich etwas in mir zusammen. Wahrscheinlich vor Wut. Wieder einmal hast du erfolgreich bewiesen, dass du unfähig bist zu fühlen. Dass ich Recht hatte. Dass wir zu verschieden sind. Uns gegenseitig nur aus dem Gleichgewicht bringen. Dass es gut war, dass du gegangen bist. Meine Stimme klingt holprig. "Gut. Dann war das das letzte Treffen." Ich wende mich ab, um zu gehen. Die Dämmerung hat bereits eingesetzt. Ich habe noch Einkäufe zu erledigen. Zu langsam. Der erste Schluchzer kriecht über meine Lippen, noch bevor ich außer Reichweite bin. Schon packst du mich am Handgelenk. Ich werde mich nicht umdrehen. Du würdest nur die Tränen sehen. Du weißt, dass alles Lüge ist. In Wahrheit wein ich nur um dich. Aber warum ausgerechnet vor dir? Wieso musst ausgerechnet du der erste sein, der mich so sieht? Zitternd. Mit nassen Wangen. Jahrelang war ich stark. Ich zeige meine Gefühle nicht, ich spreche sie höchstens aus. Du hast kein Recht, mich schwach zu sehen. Ohne mich umzudrehen befreie ich mich aus deinem schraubstockartigen Griff. Stapfe durch den sandigen Matsch davon. "Hikari... lauf nicht weg." Schöne Worte, die sich durch deinen ausdruckslosen Tonfall wie Glasscherben in mich hineinbohren. Und doch bleibe ich stehen. Balle die Hände zu Fäusten. Würge das hervor, was ich eigentlich nie sagen wollte. Was du wahrscheinlich sowieso schon längst weißt. Was dich nur zum Lachen bringen wird. Mich umbringen wird. "Ich liebe dich." Und tatsächlich fängst du an zu lachen. Erst etwas schief und hilflos, dann immer lauter. Kräftiger. Verzweifelter? Schnelle Schritte. Dein Atem an meiner Wange. "Du Narr. All die Monate habe ich auf diese Worte gewartet und ausgerechnet heute, wo ich mich verabschieden will, sprichst du sie aus? Gerade jetzt, wo ich mich damit abgefunden hab, dass du mich nicht vermisst?" Ich drehe mich um. Blicke dir so fest in die Augen, wie ich kann. "Komm zurück. Ich meine es ernst." Kopfschütteln. "Zu spät. Mein Flug geht in einer Stunde." "Liebst du mich?" "Nein." "Hast du mich je geliebt?" "Ich erinnere mich nicht mehr." "Kommst du irgendwann zurück?" "Ich weiß es nicht." Nasser Schnee mischt sich unter den feinen Regen. Langsam gehst du an mir vorbei. Wartest auf die richtigen Worte. Einen Beweis. "Ich werde auf dich warten." "Idiot." Ich bin allein. Es waren die falschen Worte... - ENDE - ______________________________________________ Songtext: "Abgeschminkt" by Illuminate Kapitel 7: Crazy (Drama, Songfic - YamiBakuras p.o.v.) ------------------------------------------------------ Flüchtig fahre ich mit der Hand über mein Gesicht. Es ist nass. Ich zittere. Seit wann bin ich so schwach? Erst, seit du weg bist? Ich glaube, ich werde verrückt. Crazy Du sagst immer, ich bin es schon. Aber du sagst es nicht mir, du erzählst es den anderen. Mir sagst du gar nichts mehr... erst wenn ich plötzlich hinter dir stehe und dir in den Nacken puste, drehst du dich zu mir um. Lächelst mich an. Heuchler. Ich hasse dich. Warum lässt du mich allein? Warum bin ich dir plötzlich egal? I'm crazy for feeling so lonely Langsam taste ich mich an den Fliesen nach oben, stehe auf. Meine Knie zittern. Funktioniert dieser blöde Körper schon wieder nicht richtig? An mir kann es nicht liegen. Ich bin schließlich stark. Eigentlich. Nur heute nicht. Aber wen stört das schon? Sieht ja niemand. Du nicht. Yugi nicht. Seine Freunde nicht. I'm crazy, crazy for feeling so blue Würde auch niemand sehen wollen. Ihr denkt ja alle, ich wär nicht ganz dicht. Wär ein blutsaufender Irrer. Oder sowas in der Art. Du denkst es doch auch. Leugnen zwecklos. Grins nicht so blöde. Tu nicht so, als wäre alles in Ordnung, Ich hasse dich. Du bist doch nur neidisch. Weil ich stark bin, weil ich alleine klar komme, weil ich niemanden brauche. Dich brauche ich auch nicht. Ich brauche keinen von euch. Keinen! Aber du brauchst mich. Du musst mich brauchen! Bevor du die anderen hattest war ich schließlich auch gut genug. Da war ich dir nicht zu verrückt. Da war ich alles, was du hattest. I knew, you'd love me as long as you wanted and someday, you'd leave me for somebody new Jetzt hast du deinen Körper wieder für dich. Und ich habe einen eigenen. Ich war froh, frei zu sein. Weil ich deine Bruchbude nicht mehr ertragen habe, bin ich ausgezogen. Aber du bist mir nicht gefolgt. Und als ich zurückkam, war deine Wohnung leer. Jetzt lebst du mit Yugi zusammen. Er, du, sein pharaoniges Haustier. Ich hoffe du bist glücklich dort. Gelogen. Ich hoffe, dir geht es beschissen. Auch gelogen. Ich hoffe du kommst zurück. Wahr. Ich warte solange. Falsch. Meine Beine geben nach und ich gleite wieder - an die Wand gelehnt - nach unten, auf den Boden. Hocke wieder schwächlich da. Geht es dir gut? Bist du wirklich zufrieden, so ganz ohne mich? Tut dir niemand weh? Worry, why do I let myself worry I'm wondering, what in the world should I do Ich will, dass es dir so richtig dreckig geht. Ich will, dass du ohne mich verzweifelst. Ich will sehen, wie sie dich hintergehen und verletzen. Du sollst merken, dass du ohne mich nichts bist. Dass ich recht hatte. Klammer dich nicht an andere. Steh auf eigenen Beinen. Klammer dich lieber an mich. Steh auf meinen Beinen. Auf unseren. Damit ich dich für deine Anhänglichkeit hassen kann. Dann muss ich wenigstens nicht mehr wegen dir weinen. Ich habe keine Lust mehr, schwach zu sein. Lasse mich trotzdem auf den Boden gleiten. Schaue die Decke an. Eine silberne Haarsträhne kitzelt. Muss niesen. Klingt jedesmal seltsam und fühlt sich auch genauso an, wenn ich das tue. Der Boden ist kalt... Komm nach Hause. Ich will dir wieder weh tun. Ich will dich lächeln sehen. Ich will deine Nähe spüren. Du hast kein Recht, mir weh zu tun. Und du darfst mich nicht zum Heulen bringen. Aber du musst meine Nähe suchen. Musst sie vermissen. Die anderen können mich nicht ersetzen. Niemand kann mich ersetzen. Du kannst viele Freunde haben, meinetwegen, aber mich hast du nur einmal. Vergiss das nicht. Setz das nicht aufs Spiel. Das Badfenster ist offen. Eine einzelne Schneeflocke segelt herein, direkt auf mich zu. Kühler Wind. Fühlt sich interessant an, diese Kälte. Aber das Feuer in mir löscht sie nicht. Nur ich habe dieses Feuer. Diese Leidenschaft. Ich stehe förmlich in Flammen, wenn es mir gut geht. Aber jetzt geht es mir nicht gut. Jetzt bist du nicht da. Ich will nicht, dass du mir auf Schritt und Tritt folgst. Du sollst nur an mich denken. Immer. Meine Augen werden schwer. Ich fühle mich taub... Stumpf... Trotzdem unruhig. Langsam wird die Kälte unangenehm... Starre trotzdem weiter die Decke an und das Fenster. Warum bist du nicht hier? Es ist deine Schuld, dass ich verrückt werde. Es bin. I'm crazy for trying and crazy for crying, and I'm crazy for loving you Schritte. Du hockst über mir, schaust mir in die Augen. Kein Lächeln. Keine Tränen. Siehst mich nur an. Als würdest du mich studieren. "Yugi hat mich rausgeworfen. Wir hatten Streit." Umso besser. Jetzt hast du wieder Zeit für mich. "Ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Ich wusste gar nicht, dass er so verletzend sein kann. Obwohl wir nur Freunde sind tut es trotzdem weh, vielleicht gerade deswegen." Deshalb sieht dein Lächeln also so falsch aus. Es war für ihn gedacht. Spielt keine Rolle mehr, er ist Geschichte. Jetzt bin wieder nur ich da. "Das ist dir alles egal. Dir wäre es auch egal, wenn ich tot wäre, nicht wahr? Hauptsache, dir geht es gut." Du stehst auf. Gehst. Ich schaue wieder zum Fenster hinauf. Du bist also nur gekommen, um mir das zu sagen. Du wolltest mir nur zeigen, dass du mich nicht brauchst. Gut zu wissen. Ich brauche dich auch nicht. Ich kann auch ohne dich den Verstand verlieren. - ende ___________________________________________________ Songtext: "Crazy" by Kidneythieves / Patsy Cline Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)