Frozen Mirror von Umi (Eine YamiBakura/Ryou-Oneshot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 4: The Butterfly Effect (Dark - Ryous p.o.v.) ----------------------------------------------------- Sie kommen regelmäßig. Immer und immer wieder. Diese Fragen, die man nie jemandem stellen kann, so sehr sie einen auch interessieren. Es gibt einfach so gut wie keine passende Gelegenheit. "Kennst du das auch? Manchmal schaust du auf eine Uhr und im ersten Moment geht der Sekundenzeiger rückwärts - nur einmal - und wenn du ihn dann aber weiter beobachtest, geht er wieder in die richtige Richtung. Als hättest du ihn ertappt. Als hättest du etwas gesehen, was du nicht hättest sehen sollen." Kennen die anderen das auch? Kennst du es? Oder schüttelst du nur wieder lachend den Kopf, wenn ich dir davon erzähle? "Hikari, du brauchst eine Brille." Oder: "Vielleicht denkt dein Gehirn ja in solchen Momenten rückwärts." Oder: "Du hast Hallus, nichts weiter." Das sind deine Antworten. Jedenfalls stelle ich sie mir so vor. Ich habe dich nie gefragt. Sicher würdest du mich auslachen. Ob die anderen auch lachen würden? Wahrscheinlich würde Jounouchi nicht einmal die Frage verstehen. Anzu würde fortan jede Uhr anstarren, um zu verstehen, was ich meine. Und Yugi und Honda würden mich nur seltsam ansehen. Sie denken auch so schon, ich wäre verrückt. Vielleicht verwechseln sie uns auch einfach. Denken du wärst ich. Ich du. Die beiden Yugis können sie irgendwie auseinanderhalten. Und die beiden wiederum können uns erkennen. Glaube ich. Wenn ich von dir rede, starren sie mich trotzdem komisch an. Als wäre es ihnen unangenehm. Oft wache ich morgens auf und frage mich, ob es dich eigentlich gibt. Manchmal frage ich mich auch, ob es meine Freunde gibt. Ob ich in die richtige Richtung gehe. Ob außer mir sonst noch jemand hier wohnt. Ich bin mir häufig unsicher. Ich weiß oft nicht mehr, ob sie von dir eigentlich wissen und ob alles, was wir gemeinsam erlebt haben, wirklich so war. Einbildung, Wunschdenken und Realität sind sich einfach zu ähnlich. Das erste, woran ich mich in meinem ganzen Leben bewusst erinnern kann, war ein Traum, den ich hatte, als ich zwei Jahre alt war. In ihm ging es um Riesen. Ich habe sie aus einem Fenster heraus beobachtet und hatte Angst, dass sie mich sehen und ich vielleicht in ihre riesengroßen Teetassen fallen könnte. Meine Träume waren schon immer seltsam. Oft träume ich, dass ich frühs aufstehe und zur Schule gehe. Alles ist ein wenig anders, es passieren kuriose Dinge, aber ich wundere mich über nichts. Und wenn dann mein echter Wecker klingelt bin ich müde und unausgeglichen, als hätte ich bereits einen ganzen Tag hinter mir. Ich schäme mich dafür, dass ich so viel vergesse. Einmal kam Yugi zu mir zu Besuch. Er hat viel erzählt, auch über sich. Wahrscheinlich dachte er, es wäre gut, wenn ich gewisse Dinge weiß - immerhin sind wir ja Freunde. Ich erinnere mich nicht mehr daran. Weder an das, was er erzählt hat, noch daran, ob die wenigen Dinge, die ich mir gemerkt habe, wirklich aus seinem Mund stammen. Vielleicht habe ich sie mir auch nur ausgedacht... Aber immer, wenn ich ihn sehe, habe ich Angst, etwas falsch zu machen. Irgendetwas zu sagen, was er mir als Geheimnis anvertraut hat, was ich mir aber nicht als solches gemerkt habe. Es macht mich richtig krank, immer aufpassen zu müssen. Oft frage ich einfach dich, was andere mir erzählt haben, ob ich mich richtig erinnere. Meistens zuckst du mit den Schultern und verdrehst gelangweilt die Augen. "Keine Ahnung." Irgendwo habe ich einmal etwas aus der berühmt-berüchtigten Chaostheorie aufgeschnappt. Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann auf der anderen Seite der Erde einen Sturm verursachen - oder so ähnlich. Wer weiß, was meine Vergesslichkeit bereits für Orkane verursacht hat. Vielleicht sollte ich Tagebuch führen und alles aufschreiben. Aber ich habe Angst, dann verrückt zu werden. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, die meisten, die wirklich jeden einzelnen Tag dokumentieren, haben irgendwann den Verstand verloren. Du hast angefangen, Porzellanpuppen zu sammeln. Marionetten, um genau zu sein. Die aus echtem Porzellan sind sehr teuer, aber du willst sie haben, also holst du sie dir auch. Du reißt ihnen die Kleider und die Haare herunter und hängst sie in der ganzen Wohnung auf. Als meine Freunde sie zum ersten Mal sahen, schauten sie mich verstört an. Ich zeigte nur auf den Millenniumsring. "Sie gehören Yoru" Vielsagende Blicke wurden ausgetauscht, aber niemand verlor auch nur ein Wort darüber. Verschlafen schließe ich die Wohnungstür hinter mir zu. Schon der zweite Tag, der heute für mich beginnt. Die Erinnerung an den ersten beginnt bereits zu verwischen, wie es mit Träumen eben passiert. Die anderen stehen schon vor der Schule und winken mir zu. Yugi hat sein Puzzle nicht um... ich sollte ihn später danach fragen. Plötzlich quietscht Anzu laut und klammert sich an Honda. "Was ist?" Sie zeigt auf meine bandagierte Hand. Ich muss lachen. "Aber das war doch gestern schon. Yoru war bei seinen Beutezügen mal wieder unvorsichtig." Noch bevor ich meinen Satz beendet habe, spüre ich das Fehlen des Rings an meinem Hals. Wie konnte ich ihn vergessen? Keiner meiner Freunde sagt etwas. "Was habt ihr?" Ein fragender Blick nach dem anderen wendet sich zu mir. Schließlich traut Yugi sich, das zu fragen, was allen anderen auf der Zunge brennt. "Wer... ist Yoru?" - ENDE- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)