Die Priesterin von Momotaro ================================================================================ Kapitel 8: Womanizer -------------------- Die Sirene ließ alle erschrocken herumfahren. Ein Polizeiauto. Es hatte nur kurz das Horn aktiviert, um den Kollegen auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen. Nun sprang ein weiterer Uniformierter aus der Fahrerseite und richtete seine Dienstwaffe auf Azra. Diese versteinerte. Von der Beifahrerseite entstieg eine Gestalt, die Azra gehofft hatte, nie wieder zu sehen. Sie sank ein wenig in sich zusammen und seufzte: „Ausgerechnet der...“ Von allen Wächtern des Fürsten. Das Schicksal meinte es schlecht mit ihr. „Azra, hi!“, rief der Gefolgsmann ihr mit ernstem Gesicht zu. Natürlich war es auch ihm verboten, mit ihr zu sprechen, doch Jakeem hatte sich noch nie an diese Regel gehalten. Wann immer er sich unbeobachtet glaubte, quatschte er mit den Frauen, als ob er zu ihnen gehören würde. Viele der Haremsdamen schwärmten für den Mann. Azra war da keine Ausnahme. „Du hier!“, rief Azra zurück: „Schlaue Wahl!“ „Ergib dich und komm zurück mit mir!“, schlug Jakeem vor. „Ach, Schatz...“, murmelte Azra, erschrocken darüber, wie gern sie ihm gefolgt wäre. Ihre Bestimmung stand zwischen ihnen. „Wer ist der Gorilla?“, grollte Sascha vom Boden aus. „Ah, jetzt interessierst du dich plötzlich für mich?“, fragte Azra verschmilzt nach. „Nein.“, murrte Sascha: „Ist mir doch egal, wer der ist.“ „Deine Antwort?“, fragte Jakeem. „Ich würde gern mit dir gehen!“, schwor Azra, bevor sie den Polizisten neben ihr mit einem Drehkick gegen den Kopf zu Boden schleuderte. Ein Schuss. Azra hechtete und rollte sich ab, damit war sie exakt zwischen dem Streifenwagen und Sascha. Dort erst zog sie ihre Waffe und richtete sie auf den besinnungslosen Wachmann. „Keine Bewegung mehr oder ich erledig ihn!“ Tatsächlich stellte der Beamte bei Jakeem sofort das Feuer ein. „Sie kommen hier nicht mehr weg!“, rief er stattdessen, in Azras Muttersprache, wenn auch in einem komischen Dialekt: „Ich hab bereits Verstärkung angefordert!“ „Mal sehn!“, gab Azra laut zurück, leise zu Sascha meinte sie: „Wir machen das schon. Komm, ich helf dir hoch.“ Sie fasste das Mädchen um die Taille, Sascha schlang ihren Arm um Azras Hals, derart verkettet richteten sich beide zusammen auf. So schnell sie konnten bewegten sie sich auf die nahe Einfahrt zu. Die rettende Dunkelheit der Garage verschlang sie genau im richtigen Augenblick. Eben rollten weitere Streifenwägen in die schmale Straße neben dem Müllplatz. Azra steckte die Waffe weg, nahm Sascha stattdessen Huckepack und rannte los. „Wir hätten im Hauptcomputer schauen können, ob da steht, wo sie Anabelle hingebracht haben.“, maulte Sascha vom Rücken aus. „Die Zeit hatten wir leider nicht.“, erklärte Azra geduldig: „Aber es gibt da sicher ein System. Anhand der Dicke von Staubschichten sehn wir vermutlich, welche Fahrzeuge neu dazugekommen sind, und da, wo alle Neuzugänge stehen, da wird auch deine Anabelle sein.“ „Sie sind die Einzige, die an Ihre fadenscheinigen Pläne glaubt, ich denk nicht, dass das so geordnet ist.“, meinte Sascha: „Nur gut, dass in Anabelles Schlüsselkarte ein Orter eingebaut ist, der mir sagt, wo sie ist.“ Azra biss verärgert die Zähne zusammen. „Gretze, du!“ Sie hatte schon begonnen, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Denn Sascha hatte falsch gelegen, nicht einmal Azra hatte wirklich an die Staubschicht-Theorie geglaubt. „Bin ich wenigstens am richtigen Weg?“ „Klar.“, gab Sascha zurück, deutlich zufrieden mit sich selbst: „Wenn wir abbiegen müssen, geb ich dir Bescheid.“ „Schritte!“, zischte Azra und sprang zwischen 2 parkende Gefährte. Dort ließ sie Sascha vom Rücken gleiten und spähte vorsichtig aus ihrer Deckung hervor. Sie zeigte Sascha 4 Finger. 4 Beamte waren ihnen in die Dunkelheit gefolgt. Azra dachte an ihre Pistole. Sie hätte genug Munition, doch es war eine Halbautomatik, was hieß, nachdem der erste Schuss gefallen war, hatten die restlichen Zielscheiben genug Zeit, sich zu verkriechen. Die Polizisten unbehelligt in der Garage herumspazieren zu lassen war jedoch keine angenehme Alternative. Besser man löste seine Probleme, solange sie noch frisch waren. Azra griff zur Waffe. Jemand schnappte sie am Kragen und zog sie grob zurück. Verwundert fand sich Azra Aug in Aug mit einer scheinbar verärgerten Sascha. Sie fragte tonlos: Was? Niemand, formulierten Saschas Lippen übertrieben deutlich: ...wird hier sterben. Es war offensichtlich, dass das Mädchen den Ernst der Lage nicht erfasste. Dies war kein Probedurchlauf, die Zeit drängte, sie durften nicht mehr versagen. Sekundenlang starrten sich die beiden Kontrahenten sich an, versunken in einem stummen Kräftemessen. Inzwischen kamen die Polizisten unaufhaltsam näher. Azra spürte ihre Präsenz beinah körperlich... Also gab sie nach und winkte Sascha resigniert, nach ihrem eigenen Gutdünken fortzufahren. Sascha legte sich flach auf den Bauch und robbte nah der Wand hinter den Gefährten vorbei weiter vorwärts. Azra hoffte, dass das verursachte, schabende Geräusch von dem Dröhnen der Stiefel aufgefressen wurde, bevor es die Ohren der Beamten erreichte. Sonst hatten sie den Kampf bereits verloren. Doch Azra dachte, alles für die Jugend, und folgte brav. Scheinbar konnte keine Situation ernst genug sein, um darüber hinaus die Förderung des Nachwuchses zu vernachlässigen. Bei einem Gefährt, das für Azra wie alle anderen aussah, verharrte Sascha und sah so erfreut zu dem nahen Rumpf auf, als ob ihr eben der größe Wunsch erfüllt worden wäre. Azra ging davon aus, es musste sich um Anabelle handeln. Sie lauschte. Die Polizisten durchsuchten jede Ritze auf ihrem Weg, darum hatte sich ihr Vorsprung angenehm erweitert. Zwischen Anabelle und dem unbekannten Nachbarn schlich Azra nach vorn, um die Zufahrt abzusichern, während Sascha ihren Frachter auf seine Flugtauglichkeit hin überprüfte. „Können wir ein Loch in die Wand schießen und direkt hinausfliegen?“, erkundigte Azra sich leise, als Sascha ihr signalisiert hatte, dass sie startbereit waren. „Vermutlich sind die Wände zu massiv.“, flüsterte Sascha zurück: „Aber keine Sorge, die Architekten haben vorgesorgt, es gibt eine Ausfahrt.“ Azra musterte sie kopfschüttelnd. „Du bist schon den ganzen Weg über so schlecht drauf, wie kommts? Ich würde die Ausfahrt lieber meiden, wer weiß, was dort inzwischen auf uns wartet.“ Sascha sah trotzig zur Seite. Plötzlich leuchtete ihr Gesicht auf. „Ah, Idee!“, stellte sie erfreut fest. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)