Where the heart truly lies von Sarah_von_Krolock (James Norrington x OC) ================================================================================ Kapitel 1: London, Frühjahr 1748 ~ Summerset Palais --------------------------------------------------- London, Frühjahr 1748 Summerset Mansion „Liebes, ich möchte dir gerne Midshipman James Norrington von der Royal Navy vorstellen. Ein äußerst charmanter junger Mann, er stammt aus einer Familie in denen sich alle Männer der Royal Navy verschreiben, er hat die besten Voraussetzungen um einmal Admiral zu werden. Solche Männer musst du dir früh genug schnappen.“, kicherte die junge Lady, die ihre beste Freundin an ihrem Arm durch einen großen Salon führte. Ein Streichquartett spielte eine heitere Komposition, Kerzen erleuchteten den Raum, es wurde gelacht und sich unterhalten, man pflegte alte Bekanntschaften oder knüpfte neue, an einem Tisch wurden Karten gespielt. „Wenn ich nicht schon vergeben wäre würde ich mir glatt diesen schnappen.“, kicherte die junge Lady erneut. „Mary-Anne, du kriegst wohl nie genug.“, schmunzelte ihre Freundin. „Es wird ja noch erlaubt sein sich Appetit zu holen, oder? Gegessen wird ohnehin zu Hause.“ „Mary-Anne!“ „Sei du erst einmal verheiratet meine Liebe, dann reden wir weiter. Ah, James! Wie wundervoll Sie heute hier begrüßen zu dürfen! Ich hoffe doch ihr habt ein paar spannende Geschichte vom Meer mitgebracht?“ „Guten Abend, Lady Summerset.“ Die Rechte Hand hielt sie dem jungen Mann entgegen, mit der anderen fächelte sie sich Luft zu mit ihrem Fächer. Der junge Mann hatte sich mit einem höflichen Lächeln zu ihnen gewandt, die Hand der jungen Lady ergriffen, sich leicht vorgebeugt und hauchte einen Kuss auf die zarte Hand. „Es ist schier unmöglich euren charmanten Einladungen nicht folge zu Leisten, Milady.“ „Oh James, ihr versteht es einer Frau zu schmeicheln.“ Kokett lächelte sie und spielte mit ihrem Fächer. „Ich wollte euch die Ehre zuteil werden lassen meine beste Freundin kennenzulernen, Victoria Montague. Victoria, liebes, nur nicht so schüchtern, der junge Gentlemen beißt nicht.“, schmunzelte die Lady kokett und zog ihre Freundin hinter ihrem Rücken hervor. „Victoria, ich möchte dir James Norrington vorstellen, Midshipman der Royal Navy. James, meine beste Freundin Victoria Montague, ihr Vater besitzt einige Tabak- und Baumwollplantagen in Virginia.“ Ihre Freundin besaß keinen Titel, also musste man anderes anpreisen wenn sie irgendwann heiraten sollte und Länderein in der Neuen Welt zu besitzen waren gerade groß in Mode und heiß begehrt. „Ich bin hocherfreut ihre Bekanntschaft zu machen, Milady Montague.“ Victoria tat einen kleinen Knicks, ihre Wangen bekamen ein hauchzartes Rot als auch er ihr ihre Hand an seine Lippen hob und sie mit Milady ansprach. „Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Midshipman Norrington.“ „Nennt mich einfach James, Milady, Freunde von Milady Summerset sind auch meine Freunde.“, lächelte er. Ihre Wangen gewannen mehr an Rot als er ihr in die Augen blickte und sie anlächelte. Dieses Grün seiner Augen, das so im Kontrast mit seinem braunen Haar stand, hielt sie auf unerklärliche Art gefangen. „Huch, man verlangt nach mir, entschuldigt, als Gastgeberin hat man keine Minute Ruhe, James, ich vertraue Ihnen nun meine beste Freundin an, unterhalten Sie sie gut, ich möchte keine Klagen hören.“ Mit schwingenden Röcken wandte sich die junge Lady Summerset ab. Victoria war zwar nicht zum ersten Mal zu so einem Abend eingeladen worden, aber bisweilen war sie immer an der Seite ihrer Freundin gewesen und… nie alleine bei einem Mann. „Ihr… habt euch… dem Meer verschrieben?“ „Eine alte Familientradition.“, lächelte er. „Da euer Vater Land in der Neuen Welt besitzt, wart Ihr schon einmal dort?“ „Nein. Ich habe meinen Vater nie dorthin begleitet. Ich habe das Meer bisher nur von der sicheren Küste aus gesehen. Es muss aufregend und spannend sein so viel von der Welt zu sehen und alle Weltmeere zu bereisen.“ „Nur halb so spannend wie viele glauben. Bisher habe ich noch keine Piraten bekämpft, falls Milady das meinen.“ „Gibt es denn wirklich solche Piraten?“ „Die gibt es sehr wohl Milady, aber das ist nicht das geeignete Thema an solch einen Abend. Würde Milady mich nach draußen auf einen kleinen Spaziergang begleiten?“ „Es wäre mir eine Freude.“, nickte sie lächelnd und sie ergriff den Arm welchen er ihr anbot. Für Frühjahr war es schon recht warm und so war es angenehm draußen in der kühlen Brise sich etwas zu erfrischen. Die Frische tat ihr gut und kühlte ihre erhitzten Wangen ein wenig. „Milady war wirklich noch nie auf hoher See? Obwohl euer Vater Land auf Übersee besitzt?“ „Nein, noch nie. Mein Vater ist der festen Meinung, dass eine Frau nicht auf ein Schiff gehört.“ „Wenn man dem alten Seemannsgarn glauben schenken will, dann bringt eine Frau auf einem Schiff Unglück.“ „Aber die Neue Welt muss doch unheimlich langweilig sein ohne Frauen, oder?“, schmunzelte sie und brachte damit auch ihn zu schmunzeln. „Ich stelle es mir furchtbar langweilig vor. Darf ich fragen, ob Milady aus London sind?“ „Eine richtige Londonerin.“, lächelte sie. „Und ihr… James?“ „Aus Southampton.“ „Oh, dort hatten wir einmal Verwandte besucht, das ist schon länger her. Aber ich fand es äußerst schön dort… Direkt an der Küste. Ihr seid oft lange auf See, oder?“ „Über Wochen und Monate.“, nickte er. „Vermisst ihr da nicht manchmal eure Heimat?“ „Ich kenne es nicht anders. Schon als kleiner Junge wurde ich von meinem Vater auf sein Schiff mitgenommen.“ „Also ist das Meer eure große Liebe?“ „Bist jetzt…“, schmunzelte er und sah sie dabei an. Victoria errötete, atmete tief durch. „Milady hat noch nie ein Schiff betreten?“ Sie dankte ihm im Stillen das Thema zu wechseln. „Noch nie...“, schüttelte sie sachte den Kopf. „Nun… wenn es Milady interessiert… kann ich es gewiss arrangieren, dass ich Milady auf die Victory einlade? Ein prächtiges Schiff, es hat gerade erst die königlichen Docks in Portsmouth verlassen. Es wäre doch passend wenn die Victory besuch von Milady Victoria erhält, oder?“ „Es wäre mir eine große Freude… James…“, lächelte sie. „Victoria! James! Ich habe mich schon gewundert, da entführt ihr mir einfach meine beste Freundin.“ „Verzeiht Milady, Miss Montague war so freundlich mich auf einen kleinen Spaziergang zu begleiten.“ „Ihnen verzeihe ich alles James, schließlich ist meine Victoria bei Ihnen ja in besten Händen.“, schmunzelte sie. „Ich wollte euch nur hineinbitten, das Quartett spielt zum tanzen auf, außerdem wird nach euch verlangt, James.“ „Wenn die Damen mich entschuldigen würden. Miss Montague, es wäre mir eine Ehre wenn Ihr den ersten Tanz mir zusichern würdet.“ „Das tue ich mit großem Vergnügen, James.“ Ein knappes Nicken, eine leichte Verbeugung und er wandte sich von den Damen ab. „Habe ich dir zu viel versprochen meine Liebe?“ „Hast du etwa vor Kupplerin zu spielen?“ „Er ist ein ehrenvoller, nobler junger Mann der es in der Navy noch weit bringen wird. Als beste Freundin muss ich schließlich ein Auge auf dich haben, außerdem bist du in dem besten heiratsfähigem Alter. James Norrington ist die perfekte Partie für dich Liebes. Groß und stark, gutaussehend und hast du erst seine Augen bemerkt? Außerdem ist er ein perfekter Gentleman. Und er soll wissen wie man ein Schwert handhabt.“, sprach sie anzüglich und kicherte. „Mary-Anne! Also… also wirklich!“ „Ach, Victoria… nun komm schon… wappne dich erst einmal für den Tanz, jede andere ledige Frau wird dich mit eifersüchtigen Augen durchbohren wollen weil der erste Tanz mit James Norrington dir gehört. Ohne jede Frage ist er heute Abend der bestaussehendste Mann unter meinen Gästen.“ „Du willst mich wirklich mit ihm verkuppeln wie mir scheint.“ „Warte ab, ich werde ihm nur das Beste über dich erzählen. Er wird dir schon noch seine Aufwartung machen.“ „Nein, Mary, das ist nicht nötig.“ „Victoria, es wird langsam an der Zeit, dass du dir einen Mann aussuchst und diesen solltest du dir besser nicht entgehen lassen. Sonst kommt noch irgendeine kleine Adelige dahergelaufen die nicht weiß was sie an ihm hat. Nun komm… wir gehen jetzt wieder rein und tanzen ein wenig, hm? Er gefällt dir, oder?“ Sie lachte leise. „Das sehe ich dir an deinen roten Wangen an meine Liebe. Ach, Victoria… stell dir nur vor… Mrs. Victoria Norrington, Gattin von Leutnant Norrington… Gattin von Commander Norrington, Gattin von Captain Norrington, Gattin von Commodore Norrington… Gattin von Admiral Norrington… Das klingt gut, oder nicht?“ Victoria musste sachte lächeln. „Ja… schon, das… klingt schon sehr gut. Aber bist du nicht zu voreilig, vielleicht gefalle ich ihm gar nicht so sehr, vielleicht bin ich zu jung, zu unerfahren, zu…“ „Scht… Ruhe jetzt. Seine Familie hat zwar einen Haufen Admiräle hervorgebracht, hat aber dennoch keinerlei Titel. Er kann nicht allzu hohe Ansprüche stellen, keine Lady von Stand würde selbst nicht für einen James Norrington unter ihren Verhältnissen heiraten. Lass mich nur machen. Ich wette mit dir, in spätestens einem Jahr wird er dir die Welt zu Füßen legen. Aber jetzt wirst du ihm erst einmal beim tanzen den Kopf verdrehen.“ So begaben sich die beiden Damen wieder in das Innere des prächtigen Anwesens. Es dauerte nicht mehr lange als zum Tanz aufgespielt wurde und wie von ihrer Freundin vorher gesagt, trafen sie schon jetzt die ersten eifersüchtigen Blicken als James Norrington an ihrer Seite auftauchte und sie zum Tanz bat. Die ganze Zeit über konnte sie ihre Augen nicht von ihm lassen. Man konnte schon sagen, dass der junge Mann es ihr angetan hatte und sie sich geschmeichelt fühlte seine Aufmerksamkeit auf sich Ruhen zu haben. „Milady tanzen als hättet Ihr nie etwas anderes in eurem Leben getan.“ „Vielen Dank, James.“, lächelte sie. „Ihr tanzt auch außerordentlich hervorragend.“ „Noch längst nicht so leichtfüßig wie Milady.“ „Ihr schmeichelt mir zu sehr, mein Herr.“ „Verzeiht Milady, aber… ich kann bei Euch einfach nicht anders.“ Sie musste leise kichern. „Umgarnt ihr junge Frauen immer so schnell mit schmeichelnden Komplimenten?“ „Nicht bis heute Abend, Milady.“ Sie spürte wie ihre Wangen erröteten und merkte noch rechtzeitig, dass die Musik aufgehört hatte. „Ich wäre erfreut wenn Milady mir einen weiteren Tanz zusichern würde.“ „Wollt ihr heute Abend etwa keine andere Dame zum Tanz auffordern?“ „Nein. Natürlich nur wenn Milady nichts dagegen auszusetzen hat.“ „Nein, nein! Ich… es… wäre mir eine Ehre.“ „Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite.“, lächelte er und es viel ihr schwer dem charmanten Lächeln zu wiederstehen. „Ihr solltet Euch schämen… so sehr wie Ihr mir schmeichelt, wir kennen uns erst seit heute.“ „Und der erste Eindruck ist immer der Wichtigste. Ich möchte mich Milady nur von meiner besten Seiten präsentieren.“ „Ich bezweifle schon jetzt, dass iIhr überhaupt eine andere Seite habt.“, schmunzelte sie. „Jetzt schmeichelt Ihr aber mir.“ „Ich finde langsam gefallen daran, James.“, lächelte sie. „Dann darf ich gespannt sein wie Milady mir noch mehr schmeicheln wollen als mit eurer Anwesenheit?“ „Indem ich Euch vielleicht gewähre den ganzen Abend mit mir zu tanzen?“ „Milady… Ihr habt meine Gedanken gelesen.“ Sie fand wirklich langsam den gefallen daran, auch wenn sie sich noch nicht sicher war, ob er das alles ernst meinte oder nur ein wenig spielte. Aber… das Lächeln in seinem Gesicht schien so ehrlich… „Dann möchte ich heute mit Vergnügen so gnädig sein und nur mit Euch tanzen, James.“ „Milady sind zu gütig zu mir.“ Lächelnd ergriff er ihre Hand und hauchte einen Kuss auf diese. „Bei einem so charmanten, jungen Mann kann man gar nicht anders.“ Beide lächelten einander an bevor Victoria auf die Schulter getippt wurde. „Amüsiert ihr euch gut?“ „Hervorragend, Mary-Anne.“ „Du bist mir hoffentlich nicht böse wenn ich den guten James kurz entführe? Keine Sorge, ich bringe ihn dir unversehrt zurück.“ „Natürlich Mary.“, nickte sie, doch etwas peinlich berührt und ihre Wangen röteten sich. Ihr hauchte er noch einen Kuss auf die Hand ehe er der Gastgeberin seinen Arm anbot, sie diesen ergriff und ihn hinaus auf einen Balkon führte. „Ihr findet offensichtlich gefallen an meiner lieben Victoria?“, schmunzelte sie. „Sie ist auch ein wunderbares Mädchen, immer ist sie so bescheiden. Sie ist viel zu liebevoll für diese Welt.“ „Miss Montague ist eine reizende Persönlichkeit.“ „Fragt Ihr jede reizende Persönlichkeit ob sie den gesamten Abend nur mit Euch tanzen möchte?“, schmunzelte sie. „Verzeiht, ich konnte nicht anders als ein wenig zu lauschen. Ich möchte nur ein bisschen auf sie acht geben, sie ist unschuldiger als ein neugeborenes Lamm. Wenn Ihr euch also für sie interessiert, dann hoffe ich für Euch, dass Ihr nicht mit ihr spielen werdet. Ich kann sonst äußerst unangenehm werden, Mister Norrington. Nun… wie ich bereits sagte, besitzt ihr Vater Land in Amerika und das nicht gerade wenig. Er handelt mit Tabak und Baumwolle. Güter die immer gebraucht werden. Er ist derzeit in Amerika und es wird noch Monate dauern bis er wieder zurückkehrt. Ihre Mutter ist vor drei Jahren verstorben, sie hat noch eine kleine Schwester, Angelica. Victoria ist zurzeit diejenige die den Haushalt und die Ausgaben bei sich zu Hause überwacht und die Erziehung ihrer Schwester. Die Familie besitzt zwar ein kleines Vermögen, aber Mister Montague hält einen Großteil zurück um dies Geld als Mitgift für seine Töchter zu sichern. Victoria hatte es nicht einfach seid dem Tod ihrer Mutter und die lange Abwesenheit ihres Vaters. So ein Abend wie heute ist eine seltene Abwechslung für sie geworden. Und trotzdem hat sie immer ein offenes Ohr für andere Probleme und versucht zu helfen wo sie kann. Als mein Mann und ich uns fürchterlich gestritten hatten, hatte sie tagelang auf ihn und mich eingeredet bis wir uns wieder versöhnt hatten. Sie ist die Güte in Person. Ihr werdet sicher verstehen, dass ich daher nur das Beste für meine Victoria möchte?“ „Natürlich Milady. Ich versichere Ihnen, das meine Absichten ehrlicher Natur sind.“ „Das will ich für Sie hoffen, James. Und nun entlasse ich Euch, geht wieder hinein und lasst Victoria nicht warten mit dem nächsten Tanz.“, schmunzelte sie. „Milady.“, nickte er und wandte sich ab. Schmunzelnd beobachtete sie wie die zwei erneut miteinander tanzten und nur Augen für einander zu schienen haben. Sie wusste, dass sie immer ein gutes Händchen als Kupplerin hatte. „Du solltest wieder öfter meine Einladungen annehmen, solche Abende scheinen dir gut zu tun, du wirkst wie ausgewechselt.“ „Danke Mary, ich würde gerne, aber du weißt ich kann nicht jeden Abend damit verbringen mich zu vergnügen.“ „Aber du solltest nicht soviel Zeit verstreichen lassen bis zum nächsten Mal. Ich würde dich hier auch gerne als meinen Gast begrüßen dürfen für längere Zeit, deine Schwester natürlich auch. Dann bräuchtest du dich um nichts sorgen und es würde dir gut tun.“ „Mary, du weißt, dass ich das nicht kann.“ „Nicht so bescheiden meine Liebe. Hier bräuchtest du dich um nichts kümmern, ich habe genügend Bedienstete.“ „Danke Mary, aber nein.“ „Dann versprich es mir für den nächsten Ball. Wenn ich wieder einen Ball ausrichte wirst du vorher mindestens eine Woche vorher hierherkommen und mein Gast sein, versprochen?“ Victoria seufzte leise auf. „Ja… versprochen.“ „Wunderbar! Dann muss ich ja schnellstmöglich einen Ball organisieren! Ich freue mich schon Liebes.“ Sie gab ihrer Freundin rechts und links ein Küsschen auf die Wange. „Sei Vorsichtig auf den Heimweg, ja? Du solltest dir wirklich angewöhnen meine Angebote anzunehmen.“ „Ich kann das auch zu Fuß, wirklich, ich bin an der frischen Luft und außerdem tue ich gleichzeitig etwas für meine Figur.“ „Aber zu solch einer Uhrzeit.“ „Es macht mir wirklich nichts aus. Gute Nacht, Mary. Es war wirklich ein wunderbarer Abend.“ „Ein wunderbarer Abend mit James Norrington, hm?“, lachte sie leise. „Gute Nacht, Victoria.“ Mit einem Schmunzeln wandte sie sich ab und trat von der Veranda herunter. Etwas anderes hatte sie von ihrer Freundin nicht erwartet. Sie kannte sie gar nicht anders. Auch wenn sie zugeben musste, dass sie wirklich restlichen Abend nur mit James verbracht hatte und… es war wirklich wunderbar gewesen wieder zu tanzen, James war wirklich ein hervorragender Tänzer und sie hatte sich wunderbar mit ihm unterhalten. „Lady Montague?“ Sie war so in Gedanken gewesen, dass sie aus diesen hochschrak. „Oh, James, Ihr… seid noch hier?“ „Ich wollte gerade gehen, Milady ebenfalls?“ Er war auf sie zugetreten, hatte sich umgesehen aber… es verwunderte ihn, dass sie in keiner Kutsche saß. „Ja, ich muss jetzt wirklich gehen, es war ein wunderbarer Abend, gute Nacht.“ „Ihr habt keine Kutsche?“ „Ich muss jetzt wirklich gehen, auf wiedersehen.“ „Ihr wollt zu Fuß gehen? Das sind fast zwei Stunden bis nach London hinein.“ „Es macht mir nichts aus, es ist warm genug, und… und außerdem muss eine Frau auf ihre Figur achten. Gute Nacht.“ „Milady, es wäre mir eine Ehre wenn ich Euch nach Hause begleiten dürfte.“ „Das ist wirklich nicht nötig.“ „Milady, als Midshipman seiner Majestät verbietet es mir meine Ehre eine Dame nachts um diese Uhrzeit alleine und schutzlos…“ „Das ist edel von Euch aber…“ Sie seufzte leise auf und konnte in seinen Augen lesen, dass er wohl keinen Zweck hatte zu wiedersprechen. „Ich nehme gerne an, James.“, nickte sie sachte. Lächelnd hielt er ihr den Arm hin den sie dankend entgegennahm und er führte sie zu der noch einzigen wartenden Kutsche. Er war ihr beim Einstieg behilflich und erst als sie drinnen saß folgte er ihr. Mit einem kleinen Ruck setzte die Kutsche sich in Bewegung. „Das ist nett von Euch, danke.“, sagte sie leise, hielt den Blick gesenkt. „Lady Summerset sagte mir bereits, dass Ihr äußerst bescheiden seid.“, lächelte er. „Es ist eine seltene Tugend heutzutage geworden.“ „Ich schätze Lady Summerset hat Euch einiges über mich erzählt?“ „Einiges.“ Sie seufzte leise auf. „Ihr habt es seid einiger Zeit nicht einfach, wie ich hörte, Milady. Den Verlust den Ihr zu beklagen habt tut mir aufrichtig leid.“ „Es ist schon lange her. Das Leben geht weiter.“ „Und ich bewundere wie Ihr mit der Situation umgeht.“ Nun blickte sie doch auf. „Es ist bewundernswert wie ihr Euch für Haus und Familie aufopfert. Die jungen Damen die ich bisher kennengelernt habe, vergnügen sich Abend für Abend auf Bällen, Soupes, in Theatern und Opern. Und Ihr verzichtet auf alles um Euch um den Haushalt und Eure Schwester zu kümmern. Viele würden dies nicht tun. Ich bewundere Euch dafür.“ „Es bleibt mir nichts anderes übrig, aber danke.“ Ein schwaches Lächeln lag wieder auf ihrem Gesicht. „Ich würde Euch daher gerne in wenigen Tagen auf die HMS Victory einladen. Eure Schwester natürlich auch.“ „Die Einladung nehme ich gerne an.“ Ihr Lächeln wurde etwas stärker. „Sie wird sich freuen, sie war ebenfalls noch nie auf einem Schiff. Ich muss Euch aber vorwarnen James, sie wird Euch über Piraten ausfragen.“ „Dann werde ich sie leider an den Captain verweisen müssen.“, lächelte er. Sie entspannte sich wieder ein wenig und lehnte sich zurück. „Wie alt ist Eure Schwester?“ „Sie wurde 15 im letzten Winter. Ein nicht gerade einfaches Alter. Sie möchte nie das tun was man ihr sagt und immer ihren eigenen Kopf durchsetzen.“ „Waren wir anders in dem Alter?“, schmunzelte er. „Habt Ihr Geschwister?“ Er schüttelte sachte den Kopf. „Mein Vater war selten zu Hause. Das ist er auch noch heute.“ „Und Ihr seid zur Navy gegangen wie alle anderen in Eurer Familie ebenfalls?“ „Mir blieb nichts anderes übrig. Mein Vater hätte etwas anderes nicht akzeptiert.“ „Ihr seid jung für einen Midshipman.“ Er lachte leise. Das Lachen gefiel ihr, es war warm und offen und mit seiner Stimme... „Milady, auch ich habe als einfacher Matrose angefangen obwohl mein Vater Admiral seiner Majestät ist. Er sagt stets, dass man sich alles im Leben verdienen und erarbeiten muss.“ „So unrecht hat Euer Vater da ja nicht.“ „Es hat mir zumindest nicht geschadet.“ Sie strich sich mit einer Hand über ihren Oberarm, nur ein dünnes Tuch trug sie um ihre Schultern. „Ist Euch kalt, Milady?“ „Es geht schon, es…“ Doch da hatte er sich schon die Uniformjacke ausgezogen, war auf ihre Seite der Kutsche gewechselt und hatte ihr die Jacke über die Schultern gelegt. „Danke.“, lächelte sie sachte. „Das ist… sehr zuvorkommend von Euch.“ „Selbstverständlich, Milady.“ „Ihr seid viel zu nett zu mir James, schon den ganzen Abend macht Ihr mir Komplimente.“ „Wenn ich damit aufhören soll, müsst ihr es mir sagen, auch wenn ich denke, dass ich es kaum schaffen werde. Milady sind dafür zu reizvoll.“ „Seid Ihr so charmant zu jeder jungen Damen die Ihr gerade kennen gelernt habt? Ihr seid ja bei weitem nicht sparsam mit euren Komplimenten. Ich hoffe es war keine Fehlentscheidung meinerseits zu Euch in die Kutsche gestiegen zu sein.“ „Milady, ich versichere Euch bei meiner Ehre als…“ Sie lachte leise. „Ich vertraue Euch, James. Mary-Anne hat mir viel Gutes über Euch erzählt.“ „Ich hoffe es gab auch nur gutes zu erzählen.“ Einen Moment lang sahen sie sich in die Augen und sein breites Lächeln, dass sie an das eines kleinen Jungen erinnerte der gerade ein Stück Naschwerk stibitzt hatte, steckte sie an und sie konnte gar nicht mehr anders als ebenfalls zu lächeln. Mit leicht geröteten Wangen wandte sie ihren Blick ab. „Ich weiß gar nicht wie ich Euch danken soll. Ich denke, ich werde Euch dafür zum Tee einladen müssen.“ „Ich wollte eigentlich sagen, dass ein Lächeln von Euch schon Dank genug wäre, aber wenn Ihr mich gleich zum Tee einladen wollt…“ Sie musste leise lachen. „Ja, ich würde Euch gerne zum Tee einladen als Dank.“ „Die Einladung nehme ich mit Vergnügen an.“ Sie seufzte leise auf. „Da kennen wir uns erst wenige Stunde und schon lasse ich mich von Ihnen nach Hause kutschieren und lade Sie zum Tee ein… Sie müssen ja glauben, dass ich ein leichtes Mädchen wäre.“ „Das würde ich niemals, Milady.“ „Victoria. Ihr dürft mich Victoria nennen.“, lächelnd blickte sie wieder auf. „Ich fühle mich geehrt, Victoria.“, lächelte er und nahm ihre Hand in seine, führte sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf diese. Sie konnte irgendwie gar nicht anders in seiner Nähe als zu lächeln und ihn zum Tee einladen. Das war nicht sie selbst. Sie selbst hätte ihn womöglich erst nach Wochen zum Tee eingeladen aber irgendetwas hatte er an sich, dass sie es sofort tat um nicht allzu viel Zeit verstreichen zu lassen, bis sie ihn wieder sah. Was machte dieser Mann nur mit ihr… Sie glaubte schon fast ein dauerndes Lächeln auf dem Gesicht zu tragen. Nahezu zwei Stunden verbrachten sie in der Kutsche und unterhielten sich angeregt. Als die Kutsche vor dem Haus der Montagues vorfuhr, kannte sie seine Lebensgeschichte und er ihre. Sie hatte irgendwie das Bedürfnis gehabt ihm alles zu erzählen und auch bei ihm war es nicht anders gewesen. Er entstieg als erstes der Kutsche bevor er ihr behilflich war, ihr seine Hand hinhielt und sie diese ergriff. Bis zur Haustür brachte er sie. „Ich danke Euch vielmals, James. Es war außerordentlich freundlich von Euch.“ „Ich hätte es mir nie verzeihen können Euch zu dieser Stunde alleine nach London laufen zu lassen, Gott weiß, was Euch hätte alles passieren können. Und ich fand es angenehm und amüsant in Eurer Gesellschaft wieder nach London zu fahren.“, lächelte er. „Das Kompliment kann ich nur zurückgeben. Danke noch einmal, James.“, lächelte sie. „Ich habe es gerne getan, Victoria. Danke für den wunderbaren Abend.“ „Gute Nacht, James.“ „Gute Nacht… Victoria.“, lächelte er, gab ihr erneut einen Handkuss. Sie konnte sich an diese Geste wirklich gewöhnen. „Ich melde mich schnellstmöglich bei Ihnen bezüglich der HMS Victory, das verspreche ich.“ Sie blieb noch so lange an der Tür stehen bis er wieder in der Kutsche saß und diese davon fuhr, sah dieser sogar noch nach bevor sie sich der Tür zuwandte und diese aufschloss. „Wo bist du so lange gewesen?“ Sie schrak zusammen als sie die Lampe entzündete und plötzlich ihre Schwester auf der Treppe sitzen sah. „Angelica, du gehörst längst ins Bett! Und du weißt genau wo ich gewesen bin, Mary-Anne hatte mich eingeladen.“ „Wer ist das da draußen? Er hat dich bis zur Tür gebracht. Das ist gewiss seine Kutsche. Wer ist er? Er trägt eine Uniform. Von der Navy. Wo hast du ihn kennengelernt? Du warst mit ihm alleine in seiner Kutsche?“ „Angelica, du stellst zu viele Fragen die dich nicht zu interessieren haben aber bevor du etwas falsches denkst, dieser Mann der mich freundlicherweise nach Hause gebracht hat, ist James Norrington, Midshipman der Royal Navy. Ein guter Bekannter von Mary-Anne, wir wurde heute einander vorgestellt und er wird bald zum Tee hierher kommen und wenn es soweit ist, dann solltest du dich zu benehmen wissen.“ „Aha, du hast ihn schon zum Tee eingeladen und das wo du ihn erst heute Abend kennengelernt hast?“ „Meine Liebe, ich bin erwachsen im Gegensatz zu dir. Und ich kann einladen wen ich will. Rauf auf dein Zimmer mit dir und ab ins Bett. Ich werde ein Wörtchen mit Evelyn reden müssen, du brauchst wohl etwas mehr Beschäftigung damit du um diese Uhrzeit erschöpft schläfst.“ „Ich finde es ungerecht! Du gehst aus und lernst junge Männer kennen und ich muss hier bleiben und versauern!“ „Angelica Maria Montague! Du bist zu jung um an junge Männer zu denken und um solche Uhrzeiten dich auf Abendgesellschaften zu amüsieren! Du solltest lieber deine Französisch und Deutsch Kenntnisse aufbessern satt auf der Treppe zu sitzen und mein Heimkommen zu überwachen!“ „Das ist ungerecht! Ich bin schon 15! Lucy wird schon nächstes Jahr heiraten! Lucy ist bereits schon verlobt!“ „Mit einem Mann denn sie noch nicht einmal gesehen hat. Wenn Lucy von einer Klippe springt, wirst du das dann auch tun?“ „Ich bin alt genug, ich will auch auf eine Abendgesellschaft gehen!“ „So wie du dich gerade aufführst, beweist du mir nicht dass du alt genug wärest.“ Sie sah ihrer Schwester an, dass es nicht viel fehlte bis sie mit dem Fuß aufstampfen würde. „Rauf auf dein Zimmer, sofort.“ „Das ist so ungerecht!“ Und in diesem Moment stampfte sie mit dem rechten Fuß auf und lief wütend die Treppe hinauf, kurz darauf konnte sie hören wie eine Tür zugeknallt wurde. Victoria seufzte leise auf, stellte die Lampe auf das Tischchen neben der Tür und legte ihr Schultertuch ab. Es war wahrlich ein schwieriges Alter und es waren solche Diskussionen wo sie sich wünschte ihre Mutter würde noch leben. Sie hatte nie solche Diskussionen mit ihr geführt und unter Mutter hatte sich Angelica auch nie so aufgeführt. Dieses Mädchen würde ihr noch graue Haare bescheren, glaubte sie. Ihre Gedanken wanderten wieder zu James während sie die Lampe nahm und nach oben zu ihrem Schlafzimmer ging, sich dort die Schuhe auszog und sich des Kleides und des steifen Mieders entledigte samt aller Unterröcke. Ihre Freundin hatte Recht, er war äußerst charmant und hatte ihr den ganzen Abend nur Komplimente gemacht und während der Kutschfahrt hatte sie sich äußerst wohl gefühlt an seiner Seite. Er hatte wundervolle grüne Augen die strahlten wenn er breit lächelte, ja die Augen und das Lächeln haben es ihr irgendwie doch angetan, musste sie zugeben. Der Gedanke ließ sie sachte schmunzeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)