Closer to the edge von lunalinn (Kisame/Itachi) ================================================================================ Kapitel 9: Supported -------------------- Als Itachi am nächsten Morgen wach wurde, wusste er im ersten Moment nicht, wo er sich befand. Orientierungslos tastete er sich in dem hellen Licht – anscheinend war das Unwetter draußen vorüber – vor, hob ein wenig den Kopf, der auf etwas Weichem lag. Er stutzte merklich, als er den fremden Arm bemerkte, welcher sich um seine Hüfte geschlungen hatte. Bilder durchfluteten ihn und er riss die Augen auf, blickte erschrocken in Kisames markantes Gesicht – der Haimensch schien zu seiner Erleichterung noch zu schlafen. Scharf atmete der Uchiha ein, wagte aber nicht, sich zu bewegen, sondern versuchte zuerst einmal, sich zu beruhigen. So wie es aussah, hatte der Ältere Wort gehalten und hatte sich nicht an ihm vergriffen, während er geschlafen hatte. Kalt war ihm auch nicht mehr, denn so dicht wie er bei dem anderen lag, hatten sie sich wohl gegenseitig recht gut warm gehalten. Dennoch behagte es dem jungen Uchiha nicht, fühlte er sich doch durch die Nähe bedrängt…zudem stieg ihm der Blutgeruch in die Nase, rief Übelkeit in ihm hervor. Der Stoffrest war getränkt von der roten Flüssigkeit und angewidert stellte Itachi fest, dass das getrocknetes Blut auch an seiner Seite klebte. Den grauenvollen Gedanken, er könnte hier neben einer Leiche liegen, schob er rasch beiseite, denn der breite Brustkorb hob und senkte sich in unregelmäßigen Abständen, was darauf hindeutete, dass es ihm zwar schlecht ging, er aber wenigstens am Leben war. Bei genauerem Hinsehen erkannte Itachi, dass die Stirn des Größeren von Schweißperlen gezeichnet war…vielleicht fieberte er sogar. Es brauchte eine Weile, bis Itachi sich dazu entschied, den Arm beiseite zu schieben und sich aufzurichten. Kisame hob die Lider nicht, atmete nur rasselnd weiter…und Itachi konnte nicht verhindern, dass ihn ein Funken Mitleid überkam. Helfen würde er ihm nicht können, auch wenn er gewollt hätte, denn er war weder ein Medic-nin, noch verspürte er Ambitionen, einen herzuholen – dafür fehlte ihm die Zeit. Hier lag sein Feind und vermutlich war es gut, dass dieser dabei war zu sterben…eine Belastung weniger. Und trotzdem…Itachi fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, ihn hier liegen zu lassen. Sein Gewissen war immer eine Belastung gewesen. Leise seufzend legte er vorsichtig zwei Finger an die Stirn des Älteren, zuckte jedoch zurück, als er die Hitze spürte. Also doch Fieber. Verdammt. „Wenn er keine Hilfe bekommt, wird er sterben.“ Itachi fuhr zusammen, kaum dass ihn die samtene Stimme erreichte – und zu seinem Schrecken befand sie sich in unmittelbarer Reichweite. Schnell wandte er sich um, erstarrte aber sogleich. Ungläubig erwiderte er den Blick der braunen Iriden, welche ihn mit einer geradezu surrealen Ruhe musterten. „Du…“, entkam es ihm unbedacht und die Person vor ihm lächelte. „Ich hab dir doch gesagt, dass du auf die Oi-nin stoßen wirst, wenn du dem Weg weiter folgst.“ Das Lächeln auf den femininen Zügen wurde traurig und die Augen richteten sich auf den Haimenschen, während sie vor ihm hockte; neben ihr stand der Korb mit Kräutern, den sie auch am Vortag bei sich gehabt hatte. „Was tust du hier?“, entkam es ihm verunsichert und ihre Mimik wurde ernster. „Sag…wolltest du ihn zurücklassen?“, ignorierte sie seine Frage und er hielt inne. Immer noch fiel es ihm schwer, sie einzuschätzen…wer war dieses Mädchen überhaupt und war sie ihnen gefolgt? Hatte sie die Nacht hier bei ihnen verbracht? Unsinn…das hätte er doch merken müssen. Schließlich war sie nur…er verwarf den Gedanken wieder, rief sich in Erinnerung, dass man niemals nach dem Äußeren gehen konnte. „Und wenn es so wäre?“, erwiderte er bloß und wartete auf ihre Reaktion. „Nun…das würde mich enttäuschen. Ich hatte dich anders eingeschätzt.“ Itachi schwieg dazu, fiel ihm auch nichts ein, was er hätte sagen können; er hatte keinerlei Verpflichtung ihr gegenüber und Kisame erst recht nicht. Ihr Blick glitt prüfend an ihm herab, blieb an seiner eigenen Verletzung hängen und sie verengte ein wenig die braunen Augen. „Darf ich?“, erkundigte sie sich und rutschte näher an ihn heran, was ihn unweigerlich schlucken ließ. Trotzdem rang er sich zu einem Nicken durch, ließ zu, dass sie die filigranen Finger um seinen Knöchel legte. Durch den ganzen Dreck, der in die Wunde gelangt war, hatte sich diese entzündet und brannte dementsprechend, so dass Itachi scharf die Luft einsog. „Damit kommst du nicht weit“, murmelte das Mädchen ohne aufzuschauen. Der Uchiha verbiss sich einen Kommentar; auch wenn er das selbst wusste, wollte er es sich nicht mit ihr verscherzen. „Ich kümmere mich darum, wenn ich mir seine Wunde angesehen habe.“ Itachi sah sie überrascht an, sagte aber auch weiterhin nichts; er würde sicher nichts gegen Hilfe einzuwenden haben…auch wenn ihm das Ganze seltsam erschien. Skeptisch beobachtete Itachi, wie sie sich wenig später an dem immer noch schlafenden – oder bewusstlosen – Haimenschen zu schaffen machte. Mit geübten Handgriffen drehte sie ihn auf den Rücken – dass ihr das bei dieser Statur gelang, gab ihm zu denken – und entledigte ihn der restlichen Stoffreste. Anscheinend befanden sich nicht nur Kräuter in ihrem Korb, denn zuerst reinigte sie die Wunde mit einem Lappen, den sie mit Wasser aus einer Flasche getränkt hatte. Kisames Körper zuckte unruhig hin und her, doch sie ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Itachi fragte sich, ob sie ihn kannte, doch vorerst hielt er die Frage zurück und stellte stattdessen eine andere. „…bist du eine Medic-nin?“ Sie lächelte leicht, rieb die Verletzung mit ein paar ihm unbekannten Pflanzen ein. „Nein…ich kenne mich nur gut aus, das ist alles.“ Für Itachis Geschmack kannte sie sich etwas zu gut aus und das betraf nicht nur diese Behandlung. Sein Misstrauen der Kleinen gegenüber schwand nicht, weshalb er sie genauestens beobachtete. „Kennst du ihn?“ Sie zögerte merklich mit ihrer Antwort. „Wer kennt Hoshigaki Kisame denn nicht? Er ist ein sehr bekannter Shinobi in Kiri-Gakure.“ Er ahnte, dass dies nur der halben Wahrheit entsprach, aber er behielt diesen Gedanken für sich. Sie zog die Brauen etwas zusammen, als erneut Blut aus der Wunde trat. „Hm…“ Itachi stutzte, als sie doch tatsächlich die linke Hand hob und damit Fingerzeichen schloss. Konzentriert legte sie die Finger auf die Wunde und strich einmal darüber, hinterließ eine glitzernde Spur aus…Eis? Er runzelte die Stirn, fixierte das Mädchen vor ihm dann wieder – nun hatte er zumindest die Gewissheit, dass sie kein harmloses Kräuterweib war. „Du bist eine Kunoichi.“ Sie antwortete nicht sofort, holte stattdessen einen Verband aus dem Korb und winkte Itachi zu sich. „Hilfst du mir bitte?“ Eigentlich hätte er viel lieber mehr über sie gewusst, aber zunächst hatte sie wohl nicht vor, darauf einzugehen. Abermals ein knappes Nicken seinerseits, ehe er näher kam und den massigen Oberkörper des Haimenschen hoch hievte. Kisames Lider flatterten leicht und er gab ein heiseres Stöhnen von sich, jedoch mehr unterbewusst. Itachi schauderte unwillkürlich, als der Ältere gegen ihn kippte, so dass er die Arme um diesen schlingen musste, damit er nicht mit dem Boden kollidierte. Schon gestern hatte ihn der enge Körperkontakt nervös gemacht, auch wenn er wusste, dass Kisame ihm so kaum etwas anhaben konnte. Verunsichert blickte er zu ihm runter, während er ihn so hielt…er konnte den schnaufenden Atem an seinem Schlüsselbein spüren, schauderte wieder. Selbst bewusstlos wirkte er noch bedrohlich und Itachi konnte nachvollziehen, dass sich viele schon durch den ersten Eindruck abschrecken ließen. Ich habe denen nichts getan, verstanden? Die hassen mich aus Prinzip, hallten die Worte von gestern in seinem Gedächtnis wieder. Vielleicht stimmte das ja sogar…er kannte die Vorurteile der Menschen sehr gut. Trotzdem weigerte sich etwas in ihm, Verständnis für Kisame aufkommen zu lassen – dafür hatte er ihn zu mies behandelt. So gesehen war er selbst Schuld, dass Itachi keinerlei Sympathie für ihn fühlte. Still sah er zu, wie das Mädchen den Verband sorgsam anlegte und darauf achtete, dass er nicht zu stramm saß. Dann bedeutete sie ihm, Kisame wieder hinzulegen, was er auch nach kurzem Zögern tat. „Ich bin übrigens keine Kunoichi“, begann sie langsam und fing seinen irritierten Blick auf. „Zeig mir bitte deinen Fuß.“ „Du schließt Fingerzeichen mit nur einer Hand“, erwiderte er und war davon überzeugt, dass das alles sagte. Er glaubte ihr zwar nicht, ließ sie aber gewähren, als sie sich an seiner Ferse zu schaffen machte. „Ich hatte einen guten Lehrer…er meinte immer, ich hätte Talent…aber als Shinobi habe ich mich nie gesehen“, murmelte sie leise und reinigte auch seine Wunde mit dem Lappen, den sie zuvor kurz ausgewaschen hatte. Es brannte wie Feuer, doch er gab keinen Laut von sich, riss sich zusammen. „Aber das ist sowieso lange her…nun gibt es nur noch mich. Und ich halte Abstand davon, mich in die Kriege einzumischen.“ Sie drückte sachte ein paar Kräuter auf die verwundete Stelle, ehe sie auch ihm einen Verband anlegte. Der Schmerz verschwand zwar nicht, aber er wusste, dass es so wenigstens besser heilen würde. „Danke.“ Ein ehrliches Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Gern geschehen.“ Er wusste nicht warum, aber er nahm es ihr sogar ab…sie hatte etwas Reines an sich. Vielleicht gerade deshalb weil sie sich aus diesem schrecklichen Krieg heraushielt. Er hätte es am liebsten auch so gemacht, aber für ihn war es bereits zu spät. Eine Umkehr war nicht mehr möglich. Im nächsten Augenblick fuhren sie beide gleichzeitig herum, als Kisame ein gequältes Keuchen von sich gab. Bewegung kam in den geschwächten Körper und er drehte sich zur Seite, hustete ein paar Mal. Die Lieder des Hünen hoben sich ein Stück, doch die Iriden dahinter schauten so verloren drein, dass Itachi nicht glaubte, dass er überhaupt etwas mitbekam. Die Nähe zu dem Haimenschen wurde ihm noch unangenehmer und er war auch schon dabei, von ihm Abstand zu nehmen, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Warte!“ Das Mädchen warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, schob ihm dann den Korb mit ihren Utensilien zu und verbeugte sich knapp. „Es tut mir sehr Leid, aber ich muss jetzt gehen. Ihr seid hier vorerst sicher, die Höhle ist ein gutes Versteck. In dem Korb ist auch etwas zu essen, den lasse ich euch da.“ Ungläubig starrte Itachi sein Gegenüber an, dachte, er hätte sich verhört; was sollte diese überstürzte Flucht denn jetzt? Das konnte doch nur an Kisame liegen und es bestätigte seine Vermutung, dass sich die beiden kannten. Musste ja eine negative Bekanntschaft sein…vielleicht eine ähnliche wie die seine? Zugetraut hätte er es diesem Kerl auf jeden Fall. „Was…zum…?“ Eben jener Kerl schüttelte leicht den Kopf, heftete seine glanzlosen Augen auf das Mädchen, welches wie ein verschrecktes Reh zurücksah. Das grüne Leuchten, das die gerade noch so matt erscheinenden Iriden befiel, war Itachi nahezu unheimlich und er sah verunsichert von einem zum anderen. Der Haimensch hob eine Hand, als wollte er nach der Braunhaarigen greifen und er öffnete auch schon den Mund, um sie anzusprechen, doch bevor er dazu kam, wandte sie sich an Itachi. „Ich denke nicht, dass wir uns wieder sehen, Uchiha-san. Ich hoffe, du kommst heil wieder nach Hause.“ Er war viel zu perplex, um ihr zu antworten, und sie kehrte ihm auch rasch den Rücken. „Haku! Du…du bist doch…Haku?“ Kisames Gestammel klang geradezu verzweifelt und obwohl er unheimliche Schmerzen haben musste, versuchte er sich aufzurichten. Das Bild verwirrte Itachi ebenso sehr, wie die Tatsache, dass Kisame das Mädchen mit einem Jungennamen ansprach. Das konnte doch nicht wahr sein… „Bleib liegen, Kisame-san…deine Wunde wird nur wieder aufgehen.“ Der bittere Ton in der Stimme des vermeintlichen Mädchens ließ Itachi aufhorchen; gern hätte er Fragen gestellt, aber er hielt sich zurück. Sie stand immer noch mit dem Rücken zu ihnen, so als wäre sie unschlüssig, ob sie nicht doch lieber schnell verschwinden sollte. „Das ist mir egal!“, schnaubte der Ältere uneinsichtig und schaffte es, sich in eine sitzende Position zu bringen. „Du lebst noch…und…du weißt es…sag es mir!“ Itachi schauderte, als er die Adern in den Augen des Haimenschen sah…wie ein Besessener fixierte er die Person namens Haku und sein Kiefer malte geräuschevoll. „Wer hat Zabuza umgebracht?“ Ein paar Sekunden lang regte sich der Angesprochene nicht…dann warf er Kisame einen schmerzlichen Blick über die Schulter zu. „Es hat keinen Sinn, dir das zu sagen. Rache macht Zabuza-san auch nicht wieder lebendig.“ Es war das Letzte, das Haku dazu sagte, ehe er Fingerzeichen schloss und in einer Rauchwolke verschwand. Kisame starrte wie paralysiert auf die Stelle, an der er soeben noch gestanden hatte…bis ihn der Zorn wieder einholte. Mit einem wütenden Grollen hieb er mit der Faust auf den Boden ein, atmete heftig durch die Nase. Itachi befürchtete, dass er jeden Moment wieder zusammenbrechen würde, spannte sich automatisch an. Kisames Blick klärte sich nur langsam, richtete sich auch nicht sofort auf ihn. „Sieh mich nicht so an…“, brummte er feindselig. Itachi wusste, dass er um seine Fassung kämpfte und der Anblick ging ihm nahe, weil er ihn so nicht kannte. Eigentlich wollte er diese befremdliche Seite des Haimenschen auch gar nicht kennen, weshalb er es vorzog zu schweigen. Das war nicht sein Problem und er weigerte sich, es zu seinem werden zu lassen. „Das ist nicht dein Ernst.“ Noch klang Yaguras Stimme ruhig, doch die Schärfe hinter dieser vorgegebenen Ruhe ließ den Oi-nin erzittern. Er war der einzige Überlebende seiner Truppe, hatte sich vorhin noch als Glückspilz gefühlt, weil ihn das Monster übersehen hatte. Unter den glühend violetten Iriden des Mizukage wünschte er sich jedoch fast, er wäre auf dem Schlachtfeld gestorben. „Du willst mir ernsthaft weismachen, dass ihr es nicht geschafft habt, einen einzelnen Mann zu bezwingen? Bring mich nicht zum Lachen! Er besitzt nicht einmal sein Schwert!“ Die animalische Aura des äußerlich harmlos wirkenden Jungen zwang den Mann innerhalb von Sekunden auf die Knie und einen kurzen Augenblick, glaubte er einen riesigen Schatten hinter ihm zu sehen. Er ahnte, wessen Gestalt das war…und er fürchtete sich. „Bitte…Mizukage-sama! Er…er ist übermächtig…kein Mensch…“ Das Gewimmer ließ Yagura kalt, um das zu erkennen, reichte ein Blick in seine gnadenlosen Augen. „Kein Mensch? Rede keinen Unsinn! Das einzig Erschreckende an ihm ist seine Muskelkraft.“ Yagura legte einen Finger an die Lippen, tippte sachte dagegen, als er überlegte, wie er am besten vorgehen sollte. Die bedrohliche Aura war verschwunden…dennoch wagte der Oi-nin nicht, sich zu bewegen. „Ich weiß nicht, warum er mit dem Gefangenen geflohen ist…aber wenn er glaubt, dass er damit durchkommt, dann irrt er.“ Yagura verengte die Amethyste, fixierte wieder den Mann, der vor ihm kniete. Er konnte es sich nicht leisten, noch mehr Leute zu verlieren. Ao und seine Männer hätten längst zurück sein müssen und da dies nicht der Fall war, konnte er davon ausgehen, dass der Uchiha gelogen und sie in den Tod geschickt hatte. Dass ihm jetzt auch noch Kisame in den Rücken fiel und Shinobi seines eigenen Dorfes abschlachtete, war mehr als ungünstig. Zwar hatte er damit gerechnet, dass der Haimensch sich irgendwann gegen ihn auflehnen würde, aber er hätte nicht gedacht, dass er diesen Schritt so schnell tun würde. Yagura hatte ihn absichtlich an der kurzen Leine gehalten, ihm sein Schwert genommen und ihn immer wieder spüren lassen, wo sein Platz war, damit er es nicht wagte, zu rebellieren. Anscheinend war das nicht ausreichend gewesen…schön, er kannte noch weitaus bessere Methoden, um sich Leute gefügig zu machen. Erneut richtete er seinen Blick auf den Oi-nin, der merklich zusammenzuckte…erbärmlicher Hund. „Du bekommst eine Chance von mir…die letzte.“ Unweigerlich atmete der Shinobi auf, trat auf den Wink seines Herren näher zu diesem. Ihm war bewusst, dass er es diesmal nicht verbocken durfte, wenn er nicht sterben wollte. „Warum bist du überhaupt noch hier?“ Itachi schaute auf, hob eine schmale Braue, als er die Frage vernahm. Es waren die ersten Worte seit gut einer Stunde, in der sie nur geschwiegen hatten. Inzwischen hatte sich der Haimensch wieder hingelegt und verbrachte die meiste Zeit damit, sich unruhig hin und her zu drehen. Zumindest war er nicht mehr so blass wie vorhin und seine Atmung klang nicht mehr, als ob er gleich kollabieren würde. „Ich würde hiermit nicht weit kommen“, murmelte er und deutete auf den Verband an seinem Fuß. Kisame runzelte die Stirn, nickte dann aber verstehend und drehte sich abermals herum, wobei er leise zischte. Anscheinend bereitete ihm jede Position Schmerzen, aber wenn er so weitermachte, würde die Wunde wieder aufgehen, so wie Haku es gesagt hatte. Wieder lag diese Stille zwischen ihnen und Itachi fühlte sich unwohl. Vielleicht ging es Kisame genauso…oder er wollte sich einfach nur von seinen Schmerzen ablenken, denn er öffnete den Mund wieder. „Erzähl mal was…hast du Familie oder so?“ Bei dem und so verzog er angewidert das Gesicht und Itachi fragte sich, was es damit auf sich hatte. Dennoch hakte er nicht nach, sondern umging eine Antwort – es war niemals positiv, wenn man zu viel von sich preisgab. „Warum sollte dich das interessieren?“ Kisame schnaubte, legte sich wieder auf den Rücken, nur um ein schmerzerfülltes Keuchen von sich zu geben. „Dann schweigen wir uns halt an, bis du wieder einigermaßen laufen kannst. Zwei, drei Tage sind ja nicht lange…“, knurrte er missmutig. Itachi seufzte entnervt; dieser Typ konnte wirklich anstrengend sein. „Warum erzählst du mir nichts von dir? Zum Beispiel…woher du Haku kennst.“ Der Ältere blinzelte irritiert, hatte wohl nicht mit so einem Vorschlag gerechnet und kurz schien er mit sich zu hadern, ob er dazu etwas sagen sollte. „Wir hatten einen gemeinsamen Freund“, begann er schließlich, zuckte mit den Schultern. „Dürftest ja mitbekommen haben, dass der schon ne Weile tot ist.“ Itachi gab ein Nicken von sich. „Zabuza war ziemlich stark und er konnte mit dem Kubikiri Houcho kämpfen wie kein Zweiter. In Kiri nannte ihn jeder nur den Dämon. Suigetsu hat auch bei ihm gelernt.“ Nun fiel Itachi ein, warum ihm dieser Name bekannt vorgekommen war; Suigetsu hatte ihn erwähnt, als er mit seinen Fähigkeiten geprahlt hatte. „Anscheinend war er aber nicht gut genug…“, brummte Kisame abschließend und verlagerte sein Gewicht wieder auf die andere Seite. „Sonst hätte er sich nicht umlegen lassen.“ Der Hüne warf ihm einen auffordernden Blick zu und Itachi ahnte schon, was er wollte. „So, ich hab dir was von mir erzählt. Du bist dran.“ Eigentlich ein fairer Austausch und der Uchiha begriff, dass er wohl nicht drum herumkam, wenn er nicht wieder Feindseligkeit hervorrufen wollte. Musste er halt in den sauren Apfel beißen, denn der Frieden war ihm gerade eindeutig lieber. Außerdem konnte er vielleicht etwas aus Kisame herausbekommen, was ihm später noch nützlich sein würde, wenn er sich jetzt ein klein wenig kooperativ zeigte. „Meine Eltern und meinen Bruder“, erwiderte er einsilbig, doch dem Haimenschen schien das vorerst zu reichen. „Ist er älter als du?“, erkundigte er sich interessiert. Itachi schüttelte den Kopf, strich sich ein paar störende Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Er ist zwölf.“ Langsam nickte Kisame, ehe er breit grinste, wobei er eine Reihe scharfer Zähne entblößte, die Itachi unwillkürlich schaudern ließ. Dieses Gebiss galt ja schon fast als Waffe. „Ich hatte nie ne Familie…nur den Kurzen und ich glaub, der ist genauso nervtötend wie ein kleiner Bruder.“ Mit dem Kurzen war wohl Suigetsu gemeint und dass der nervig war, glaubte er Kisame sofort. Er vermied es zu erwähnen, dass Sasuke eigentlich sehr diszipliniert für sein Alter war und ihm kaum auf die Nerven fiel, sondern nickte nur. Ohnehin fühlte es sich seltsam an, so ein normales Gespräch mit Kisame zu führen, wo sie doch eigentlich Feinde waren. Er durfte nicht vergessen, dass der Mann vor ihm einen Tag zuvor noch davon gesprochen hatte, ihn auf den Boden zu drücken und zu vergewaltigen. Doch von diesem Verhalten ließ sich jetzt nichts mehr erkennen und das war das Merkwürdige an der Sache; dass Kisame schizophren war, daran glaubte er nicht. „Und wie sind deine Eltern so drauf?“ Er blinzelte, war er doch völlig in Gedanken versunken gewesen und hatte nicht mehr zugehört. Rasch versuchte er, die richtigen Worte zu finden. „Sie sind beide sehr streng, aber auch gerecht.“ Das beschrieb es wohl am besten, denn er wollte weder Mikoto noch Fugaku in schlechtem Licht darstellen. Es stimmte, dass ihre Erziehung streng war, aber geschadet hatte ihm das nicht, wie er fand. „Klingt kompliziert“, brummte Kisame und drehte sich auf die unverletzte Seite, den Blick auf den Uchiha gerichtet. Er zuckte lediglich mit den Schultern, wich dem stechenden Blick aus, bevor er sich darüber im Klaren war, warum er das tat. Vielleicht waren ihm Kisames Raubtieraugen unheimlich...das wäre ein Grund. „Tust du mir einen Gefallen?“ Kisame hatte schon erwartet, dass der Uchiha diese Frage negativ aufnehmen würde und so war es auch, denn er musterte ihn misstrauisch. Möglicherweise hatte er seine Worte in der letzten Nacht unglücklich gewählt…auch wenn sie der Wahrheit entsprachen. Aber für so was war er viel zu erschöpft, denn auch wenn es ihm etwas besser ging, rauschte immer wieder der Schwindel über ihn herein. Er bekam schlecht Luft und egal, wie er lag, er kam einfach nicht zur Ruhe. „Was für einen Gefallen?“ Er grinste schwach, winkte den Uchiha zu sich ran, worauf dieser zunächst gar nicht einging. Stattdessen blieb er, wo er war und erwiderte seinen Blick mit konsequenter Ablehnung. Kisame verdrehte die Augen, hatte eigentlich gedacht, dass Itachi ein bisschen seiner Scheu vor ihm verloren hätte. Schließlich hatte er ihm sogar etwas von sich erzählt, das war doch ein Anfang? Zugegeben, er kannte sich mit sozialem Verhalten nicht aus und bei Suigetsu war das was anderes, der war unkomplizierter. „Ich werde dich schon nicht anfallen“, zog er ihn spöttisch auf, jedoch war das wohl eher kontraproduktiv, denn die Miene des Jüngeren blieb steinern. „Was für einen Gefallen?“, wiederholte er ungerührt und Kisame seufzte. „Ich würde gern ne Runde schlafen, was ich aber nicht kann, weil sich mein Kopf anfühlt, als wäre ich gegen ne Wand gerannt. Der Boden ist ziemlich hart, wenn du verstehst…“ Und wie er verstand, das sah man seinem nicht sehr begeisterten Blick schon an, so dass Kisame von vornherein mit einer Abfuhr rechnete. Mist aber auch, denn seine Begründung war nicht übertrieben. Ihm wurde jedes Mal übel, wenn er den Kopf auf dem Boden ablegte, wobei ihm etwas Ruhe sicher gut tun würde. Doch gerade als er sich damit abfinden wollte, stand Itachi unerwarteter Weise auf und setzte sich neben ihn – dass ihm das Auftreten Probleme bereitete, sah Kisame sofort, doch er biss sich auf die Zunge, bevor ein Kommentar über seine Lippen rollen konnte. Ein warnender Blick aus schwarzen Augen traf ihn, als er näher zu ihm rückte, um seinen Kopf in seinen Schoß zu legen. „Du bist momentan in schlechterer Verfassung als ich…wenn du was versuchst, kannst du was erleben.“ Das war unmissverständlich, doch Kisame grinste nur, amüsierte ihn diese Drohung ziemlich. Ihm war ja schon aufgefallen, dass Itachi Feuer hatte, und das gefiel ihm. Wenn er wieder auf den Beinen war, würde sich da eventuell noch was ergeben…ob mit oder ohne Itachis Zustimmung. Jetzt wollte Kisame sowieso nur schlafen, war er doch ziemlich erschöpft. Deshalb nickte er brav, schloss die Augen und konnte sich endlich einmal entspannen. Wenn das nicht lohnenswert war… ____________________________________________________________________ Nun, wer würde seine Situation nicht so ausnutzen, wie Kisame es tut? Ich denke, dass sich die meisten in Itachis Schoß sehr viel wohler als auf dem scheiß Boden fühlen würden. xD Ich glaube, dass dies das erste Kapitel ist, in dem die beiden sich wirklich näher kommen. Im letzten musste Kisame Itachi ja mehr zwingen und hat ihm keine Wahl gelassen...hier hat der liebe Uchiha klein beigegeben, muhaha! Ich empfinde Itachi generell als einen Menschen, der viel zu schnell durch sein Gewissen belastet wird und eigentlich sehr mitfühlend ist, ob er will oder nicht. Das wird ihm auch hier zum Verhängnis...wenn man es als solches sehen will. Die Leute, die auf Haku getippt haben, wurden hiermit bestätigt; sehr schön mitgedacht! :D Ich würde am liebsten jedem Kommi-Schreiber antworten, aber es fehlt mir einfach an der Zeit, weshalb ich mich allgemein noch einmal bei allen bedanke! Euretwegen ist das Kapitel schneller als geplant fertig geworden und euretwegen verliere ich meine Motivation nicht! *knuff* Kleiner Spoiler fürs nächste Kapitel: Suigetsu wird wieder auftauchen...und leider auch Raiga. lg Pia Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)