Verdammt in alle Ewigkeit von Mismar (Und wenn sie erst gestorben sind) ================================================================================ Kapitel 14: Ein Kampf um Leben und Tod -------------------------------------- Nachdem Kamon die drohende, sich der Burg näher kommenden Gefahr erkannt hatte, trieb er das bereits erschöpfte Tier zur Höchstleistung an. Im Innenhof angekommen kam das Pferd schlitternd und laut wiehernd zum Stehen. Staub wurde aufgewirbelt, der auf dem Hengst sitzende Ronin sprang ab. „Wir werden angegriffen!“ Mit seiner Stimme versuchte er alle Kämpfer der höfischen Burg aus dem Bett zu trommeln. Diejenigen, die in der Nacht Wache gehalten hatten, warfen sich untereinander fragende Blicke zu und aus einer ansteckenden Panik heraus folgten sie Kamons Beispiel. „Was ist hier verdammt noch mal los? Spinnt ihr?“, fragte der schlechtgelaunte, ziemlich müde aussehende Senjuro. Ein Fußsoldat klärte ihn auf: „Wir werden angegriffen, Sir!“ Der Samurai warf einen skeptischen Blick auf das unbewachte Haupttor. Keine Feinde. „Wo werden wir angegriffen?“ Senjuro fügte dem Fußsoldaten eine kräftige Ohrfeige zu. Der Schlag hatte wie erhofft den Mann zur Besinnung gebracht. Dieser deutete auf Kamon, der abseits Befehle an die Männer erteilte. Er verdankte diesem furchtbaren Ronin diesen Tumult hier?! „Verdammt, Kamon!“ Er kam aus dem Fluchen nicht mehr heraus. „Was erlaubst du dir? Ich könnte dich auf der Stelle köpfen lassen!“ „Wie du meinst, aber erst hinterher.“, sagte Kamon ruhig trotz der ernstgemeinten Mordankündigung. „Nein!“ Der schwarzhaarige Samurai ergriff das Schwert und richtete es wütend auf den Braunschopf. „Stopp!“ Der wie aus dem Nichts kommende Yaichi ging rechtzeitig dazwischen. „Ich habe ihn in die Stadt geschickt, um die Umgebung zu überprüfen.“ Die wahren Absichten aber verschwieg er geflissentlich. „Was? Das ist verboten! Er darf den Hof nicht verlassen!“ Wozu waren Regeln da, wenn ein jeder meinte, sie brechen zu müssen? „Das wird Konsequenzen haben. Für euch beide!“ „Meinetwegen.“ Der Älteste der Gruppe zeigte in Richtung Tor, der außerhalb liegende Wald wurde durch eine gewaltige Anzahl an Fackeln erleuchtet. Böswillige Rufe waren ebenfalls zu hören. „Tatsächlich...“ Senjuro starrte das Tor ungläubig an. „Gut, fangt sie am Tor ab! Ich versuche einen Großteil im Wald zu töten!“ Gerade, als der schwarzhaarige Mann lossprinten und sich dem tödlichen Kampf stellen wollte, wurde er am Arm gepackt und von Yaichi zurückgerissen. „Nein, als Leibwache des Fürsten ist es deine Aufgabe, ihn und die Prinzessin zu beschützen. Kamon und ich regeln das alleine. Zanji soll die Feinde aus dem obersten Stockwerk erledigen.“ Senjuro legte kein Protest ein. Die Erinnerung an seine eigentliche Aufgabe hinderte ihn daran, waghalsige Entscheidungen zu treffen. „Gut, seid vorsichtig.“ Mit einem Nicken eilte er hinauf zur Burg, die beiden mit einem unguten Gefühl allein lassend. Nein, kein Gefühl. Es war eine böse Vorahnung: In dieser Nacht würde einer seiner engsten Freunde sterben... „Was ist das für ein Lärm da draußen?“, beklagte sich die junge Prinzessin und ging verschlafen an das offen stehende Fenster. Eine Menschenherde, gewappnet mit Fackeln und Waffen, näherte sich der Burg. Erschrocken wich sie zurück. „Prinzessin!“ Zanji war ohne anzuklopfen hereingeplatzt. „Seid unbesorgt. Wir werden Euch beschützen!“ In seinen Augen loderte das Feuer, in seinem lädierten Gesicht spiegelte sich Mut und Entschlossenheit wider. Der braunhaarige Samurai war mit seinem Bogen und Köcher angriffsbereit an das Fenster getreten. „Ich werde einen Teil der Gegner von hier aus abschießen.“ Sie nickte zögernd und sah, wie Zanji aus dem Fensterrahmen ins Freie stieg. Elegant glitt er ans Dachende und spannte einen Pfeil. Ob er bei dieser Dunkelheit die Feinde von den Verbündeten hätte unterscheiden können? Aber sie vertraute ihm und seinem Können. Er schoss in regelmäßigen Abständen die Pfeile. Schmerzensschreie erklagen. Chizu betete, dass die Feinde, und nicht die Untertanen ihres Vaters, getroffen worden waren. „Lady Chizu!“, hörte sie die vertraute Stimme Takedas sagen. Er war ebenfalls ins Zimmer gestolpert und in seiner Hand hielt er ein edles, teuer aussehendes Katana fest. Für einen Augenblick hatte er sich über die Tatsache beschweren wollen, sie unbeschützt und auf sich allein gestellt im Raum gefunden zu haben. Aber dann fiel sein Blick auf Zanji, der schnell und konzentriert die Feinde aus sicherer Entfernung tötete. Letztendlich wäre sie einem Gegner trotzdem ausgeliefert gewesen... „Das sieht nicht gut aus... ich frage mich, warum sie hier sind.“ Chizus Blick glitt zu Boden, ein Hauch von Traurigkeit spiegelte sich in ihrem Gesicht wider. „Das passiert hier öfters. Die Führungsqualität meines Vaters wird angezweifelt... man schätzt ihn nicht mehr so wie früher.“ „Ja, aber heute sind wir aus einem anderen Grund hier.“ Takeda und Chizu wirbelten zeitgleich herum. Zwei vermummte Gestalten waren durch ein offen stehendes Fenster gestiegen. Sie waren bezahlte Attentäter, somit war ein einfacher Bauernaufstand, die unzufrieden wegen der Politik eines einzigen Mannes gekommen waren, ausgeschlossen. „Was wollt Ihr?!“ Chizu zeigte sich stolz und beherrscht. Ihre Angst war dem jungen Arzt nicht entgangen. „Euch.“ Einer der Männer zog ein schlichtes, dennoch scharfes Schwert hervor. Er hatte nicht die Absicht, sie zu töten. Aber dieser Takeda, mit dessen Anwesenheit man nicht gerechnet hatte, stand ihnen im Weg. „Wenn du mir das Mädchen kampflos übergibst, verschone ich dich.“ „Ich kenne dieses Gerede!“ Als trainierter Attentäter kannte er genug Mörder, die keinen Pfifferling für ihr zuvor gegebenes Versprechen gaben. „Gut, du hast es nicht anders gewollt!“ Der schwerttragende Attentäter stürmte auf Takeda zu. Überrascht, obwohl man dies anhand der Maske nicht hatte erkennen können, machte sich auf seinem Gesicht breit, als der junge Arzt die Angriffe mit Leichtigkeit parierte. Takeda schien die auf sich zu rasende Klinge bewusst zu blocken, denn wenn ein Hieb ins Leere gehen würde, dann hätte die Prinzessin getroffen werden können, die Takeda zu ihrem Schutz hinter sich gezogen hatte. „Tritt zurück, Mädchen, oder ich ersteche dich!“ „Ihr braucht mich lebend, daher werdet ihr mich nicht töten.“ Takedas enormes Tempo hatte Chizu nicht nur erstaunt, sondern ihr ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Er wollte diesen Kampf ohne Blutvergießen für sich entscheiden, es war geradezu sein Wunsch, nicht als Mörder aus dieser Situation hervorzutreten. Takeda, die Angriffe des anderen parierend, bemerkte, dass der zweite Attentäter mit gezogener Waffe seinem Kameraden zur Hilfe eilen wollte. Er hätte sie mit Leichtigkeit töten können, so sehr war er von sich selbst überzeugt. Trotz allem wehrte er das Verlangen ab. Er hatte dem Morden abgeschworen... er wollte den Menschen helfen, egal, ob sie bezahlte Mörder oder unschuldige Kinder waren. Das war sein eigentliches Ziel... es war nie in seinem Interesse gewesen, eine Prinzessin zu schützen. Denn als Attentäter hatte er Missionen dieser Art oft zugeteilt bekommen, er hatte auch Prinzessinnen entführen müssen... „Takeda, pass auf!“, rief die Prinzessin, als sie bemerkte, dass einer der Attentäter Runenkräfte in seiner rechten Hand bündelte. Das Zeichen der Wind-Rune leuchtete auf und ein heftiger Wirbelwind riss einen der Attentäter sowie auch Takeda und Chizu mit sich mit und schleuderte sie gegen die hinter sich liegende Wand. Der Aufprall erfolgte und der unglückliche Attentäter brach sich bei der Heftigkeit dieser Attacke das Genick. Dies war der Preis gewesen, um an das eigentliche Ziel, die Entführung der bewusstlosen Chizu, zu kommen. Takeda hingegen hatte sich den Kopf gestoßen und versuchte mit aller Kraft, nicht das Bewusstsein zu verlieren. „Kamon!“, hörte er Zanji aus der Ferne rufen. Ein Schrei erklang heftig und quälend, dennoch war Takeda nicht in der Lage, in seinem jetzigen Zustand die Stimme einer bestimmten Person zuzuordnen. Ein schemenhafter Schatten bewegte sich auf sie zu. Ein zweiter Schatten schälte sich aus der Dunkelheit. Der Laut einer Enthauptung, das bekannte Geräusch eines Kopfes, der über den Boden rollte... Takeda schaffte es nicht, sich Eindruck über die Situation zu verschaffen. Er verlor für kurze Zeit das Bewusstsein. „Kamon, steh auf! Steh auf! Er wird noch sterben! Hörst du nicht! Steh auf.“ Der schwarzhaarige Arzt war binnen einer Minute, nachdem um ihn herum alles schwarz geworden war, aus der furchteinflößenden Leere erwacht. Hektisch blickte er sich um. Der Laut des Krieges hatte sich nicht geändert, er hörte nur zusätzlich das Klagen seitens Zanji, der sich über die Unfähigkeit des Ronins beschwerte. Sein Blick glitt nach rechts: Eine bewusstlose Prinzessin, ihre Stirn deutete eine blutende Wunde an, die sie sich beim Aufprall zugezogen hatte. Links war der Attentäter, der seinem Kameraden einen Genickbruch zu verdanken hatte, weil dieser die Mission über das Leben des anderen gestellt hatte. Vor ihm breitete sich Blut aus, dabei Takedas Kleidung befleckend, das aus dem Leichnam des enthauptenden Mannes trat. Wem also verdanke er sein Leben? Die Verletzung, verursacht durch eine scharfe Klinge, geführt von einem Schwertmeister, war bei dem ersten Hieb tödlich gewesen. Nachdem der schwarzhaarige Arzt den toten Körper mit halb geöffneten Mund und einem stark schmerzenden Kopf beobachtet hatte, schob er sich zu der bewusstlosen Prinzessin. Sie hatten Glück gehabt, ein Engel, in Form eines Mörders, hatte sie beschützt... etwas, was er getan hätte, wenn er nicht zu feige gewesen wäre, einen anderen Menschen zu töten. Töten oder getötet werden, so lautete die Devise seines verhassten Vaters... er hätte diesem „Rat“ Folge leisten sollen. „Yaichi...“, hörte er die leise Stimme von Zanji sagen, als dieser zurück ins Zimmer gekommen war. Der junge Samurai richtete seine Augen auf den Arzt, der die Prinzessin mehr oder weniger beschützt hatte, und setzte ein gequältes Lächeln auf. „Ist sie...?“ „Sie lebt. Es ist keine schlimme Wunde, sie hatte Glück gehabt.“ „Das ist gut... es ist vorbei.“ Takeda, der mit dieser Anmerkung im ersten Moment nichts anzufangen wusste, bemerkte, dass die Schreie außerhalb nachgelassen hatten. Es war also vorbei... hatten sie denn gewonnen? „Bitte bleib bei ihr und pass auf sie auf... ich werde nach dem Lord schauen...“ Zanji schnellte aus dem Zimmer und obwohl es seine Aufgabe gewesen wäre, sich nach dem Wohlbefinden des Lords zu erkundigen, trat er in die bedrohliche Stille der Nacht und kämpfte sich durch die Leichen zu dem schwer verletzten Yaichi vor. Takeda zündete das Licht einer Laterne an, die Fenster wurden geschlossen. Die Leichen der Männer zeigten sich in einem unheimlichen Rot, als nur das Licht der Laterne den Raum erleuchtete. Zwei Attentäter waren durch das Fenster gekommen, wieso sollte sich ein dritter oder vierter ihnen nicht anschließen wollen? Der bittere Geruch von Blut stieg ihm in die Nase, aber es war ihm viel wichtiger, Chizu auf einen weichen Futon zu legen und ihren körperlichen Zustand zu überprüfen. Sie hatte wahnsinniges Glück gehabt, sich den Schädel nicht gebrochen zu haben – dieses Glück galt auch ihm. Er rechnete mit einer leichten Gehirnerschütterung, ansonsten schien alles in bester Ordnung zu sein. Das Wohlbefinden der anderen war ihm egal. Irgendwie. Er hatte zwar für den Großteil der hier lebenden Menschen keine Sympathie abgewinnen können, dennoch war er um das Wohl Yaichis und Kamons besorgt. Zanji hatte immer wieder ihre Namen gesagt... und am Ende war er so bedrückt gewesen, als er das Zimmer verlassen hatte. Sie waren mit Sicherheit gestorben. Bedauerlich, aber so war das Leben. Er hörte laute, stampfende Schritte in die Richtung des Zimmers eilen. Er wandte sich an die Tür und erblickte einen erschöpfen Senjuro in dieser. „In die Krankenstation mit dir. Ich werde hier bleiben und auf die Prinzessin aufpassen. Sofort.“ Der Ex-Attentäter des Dunklen Tores richtete sich auf und ging schnellen Schrittes in die Krankenstation. Das war das Leben, was er wollte: Menschen helfen, die schwer verwundet im Bett lagen. Yaichi aber, als Takeda das überfüllte Zimmer erreicht und Zanji ihn zu einem Bett, an dem eine heulende Sawa kniete, geführt hatte, war dem Tod näher als erwartet. Waffen, die sich tief ins Fleisch gruben, waren Schuld an dem hohen Blutverlust, den er zu erleide hatte. Lebenswichtige Organe waren beschädigt und zerquetscht worden. Nur ein Wunder, kein Arzt, hätte ihn jetzt noch retten können. „Tu doch was!“, weinte Sawa, die Hände ihres Geliebten suchend, der in seinem Zustand kein einziges Wort hätte vernehmen können. „Rette ihn, bitte!“ Die Schönheit war überfordert über den Verlust des Mannes, den sie aufrichtig liebte. „Yaichi! Bitte wach auf! Bitte! Ich brauche dich! Bitte komm zu dir! Du bist der einzige Mann, den ich liebe!“ Sie drückte die Hand des anderen stärker, spürte, dass diese kalt wie die Nacht wurde. Yaichi war gestorben. Sie hatte zwar gewusst, dass es keine Rettung geben würde, dennoch hatte sie im Stillen auf ein Wunder gehofft. „Es tut mir leid... bei den Verletzungen war es nicht möglich, ihm zu helfen.“ Es war eine schlechte Entschuldigung und die Frau des Fürsten ging auf diese auch nicht ein, dennoch fühlte er sich besser... zumindest hatte er sich dies erhofft, in Wirklichkeit ging es ihm schlechter als zuvor. Einen Menschen zu retten war schwerer als einen Menschen zu töten. Als Arzt wurde man so oft enttäuscht, so viele Rückschläge gab es zu erleiden... als Attentäter hätte man sich nur einen einzigen Fehltritt erlauben dürfen, ansonsten war man des Todes... oder einer ganz harten Strafe ausgesetzt. „Komm, wir lassen sie allein.“ Zanji deutete auf ein anderes Bett, in dem der bewusstlose – oder möglicherweise tote – Kamon ruhte. Sein Körper war besudelt mit Blut, sowohl das eigene als auch das seiner Gegner. Flecken und Quetschungen jeglicher Art verunstalteten den einst so ansehnlichen Körper des jungen Ronins. „Ich schaue, was ich machen kann.“ Takeda überprüfte die Wunden des anderen und versuchte sein Bestmögliches, um ihn am Leben zu halten. „Ich verstehe nur nicht, wieso er das Bewusstsein verloren hat...“, sagte er nach der Zeit mehr zu sich selbst als zu Zanji, der stillschweigend das Tun des Arztes beobachtet hatte. „Die Prinzessin und er... sie sind wie eine Person. Er erleidet all ihren Schmerz, all ihre Zustände...“ Takeda, der dies im ersten Moment bezweifelte, dachte über eine seltene Krankheit nach, die Zanjis Aussage bestätigen würde. Also hatte Kamon, wenn dies stimmte, ebenfalls das Bewusstsein verloren und war nicht mehr in der Lage gewesen, dem Kampf beizuwohnen... so verrückt dies auch klang, das würde Sinn machen... dennoch war allein die Vorstellung daran unheimlich. „Ich denke, er wird es überleben.“, meinte er dann zuversichtlich und entfernte sich von dem Verletzten, um nach den anderen Patienten zu sehen. Dann erblickte er aber den Fürsten, der mit geballten Fäusten Sawas Leiden beobachtete... die Knöchel traten weiß hervor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)