Verdammt in alle Ewigkeit von Mismar (Und wenn sie erst gestorben sind) ================================================================================ Kapitel 4: In den Fängen des Bösen ---------------------------------- Kaum war dieses an Takeda gerichtete Kompliment verklungen, verzerrte sich das Gesicht von Senjuro zu einer finsteren Grimasse. „Mein Lord… dieser Kerl ist kein Rekrut.“ „Ist er nicht?“ Der Fürst seufzte enttäuscht, seine gerade noch angespannten Schultern hingen schlaff herunter. „Yaichi und Zanji haben Euch wie befohlen Takeda Meiji aus Nagarea mitgebracht.“ Er sah verschwörerisch zur Tür, dorthin, wo sich die zwei versteckt hielten und das Gespräch nervös belauschten. „Nicht wahr, Jungs?“ „Sie sind hier?“ Er runzelte die Stirn, seine Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen. „Sie sollen sich nicht hinter dieser Tür verstecken!“ Mit gesenktem Haupt traten sie ins Zimmer. „Verzeiht, mein Lord.“ sprachen sie synchron und wagten es nicht, in die Augen von Jinnai zu schauen, die hasserfüllt zu lodern begannen. „Ihr solltet mich um Vergebung bitten wegen dieser ungeheuren Verspätung! Mir hätte während eurer Abwesenheit sonst was passieren können!“ Mit geballter Faust schlug er auf den Tisch, darunter war das leise Knacken von zerberstendem Holz zu vernehmen. „Na los! Berichtet von eurer Reise! Oder soll ich jede Information einzeln aus euch herausprügeln!?“ Der positive Eindruck über den Lord, die vertraute, gar väterliche Stimme und die anmutige Gestalt, hatte sich in Nichts aufgelöst. Takeda wollte gar nicht erst wissen, wie dieser Mann zu ihm sein würde, wenn er ihn in irgendeiner Weise verärgern sollte. Jetzt klammerte er sich an die Hoffnung, dass er zu seinen Gästen weitaus freundlicher war als zu den treublinden Untertanen. Zanji berichtete von der Manipulation an der Schaluppe, dem Verlust einiger Fußsoldaten, der Begegnung mit dem Ninja… aber über die kämpferische Leistung von Takeda verlor er kein Wort. „Verzeiht, mein Fürst.“ Er verbeugte sich bis zum Boden und sein Kopf berührte dabei die Tatami-Matte. Yaichi verdrehte die Augen. Er würde nicht um Vergebung bitten, ohnehin nützte es in dem Zustand des Fürsten nichts, demütig um Gnade zu winseln. Er würde sie gleichermaßen hart bestrafen. „Senjuro! Sie sollen dafür bluten!“ Jinnai bäumte sich auf, er wollte ihnen gegenüber handgreiflich werden, ehe der andere Samurai sie in seine Obhut nehmen würde. „Liebling, so beruhigt Euch doch!“ Klammernd riss ihn die Frau in eine sitzende Haltung zurück, strich ihm behutsam über den Oberkörper. „Sie haben Euch wie befohlen den jungen Mann mitgebracht. Wir sollten uns ihm widmen, so denkt doch an Eure Tochter. Schnell soll sie unter der Hand dieses Arztes gesunden, der bei Vollendung seiner Aufgabe mit Reichtum und Macht belohnt werden soll.“ Sie deutete überflüssigerweise auf Takeda. Der Lord fixierte seine Untertanen wütend, aber die Worte der Frau hatten ihn so sehr beeinflusst, dass er schnaubend meinte: „Geht. Ruht euch aus.“ Sie verbeugten sich erleichtert. „Danke, mein Lord.“ Sie tauschten einen letzten Blick miteinander aus und verließen wortlos das Zimmer. Leise Schritte erklangen auf der Treppe, sie gingen eine Etage tiefer. „Ihr seid also Takeda Meiji?“ Er zeigte das Grinsen eines Wahnsinnigen, kaum darauf achtend, wie Senjuro einige Laternen im Zimmer anzündete. „Ziemlich jung für einen Arzt. Das ist schlecht…“ Takeda schluckte schwer. Wenn das keine eindeutige Drohung war… seinem Impuls folgend legte er die Hand auf das Futteral seines seitlich hängenden Schwertes. Senjuro schien etwas bemerkt zu haben, denn kaum hatte der Schwarzhaarige seine Hand schützend auf den Schwertgriff gelegt, zwang der Samurai ihn gewaltsam in die Knie. „Ein bisschen mehr Respekt vor Lord Jinnai!“ Er blieb hinter ihm stehen, jederzeit bereit, Takedas Kopf bei einer falschen Bewegung vom Rumpf abzutrennen. „Welche Referenzen hast du denn vorzuweisen, Bursche?“ Jinnai schnalzte böswillig mit der Zunge. „Ich kann meine Tochter unmöglich in die Hand eines unfähigen Mannes geben. Wer weiß, ob sich ihr Zustand nicht durch die von einem Idioten gemischten Tränke verschlechtert.“ Takedas Mundwinkel zuckten, er zog die Stirn kraus. Es erforderte absolute Selbstbeherrschung, nicht mit der Faust zuzuschlagen. Dennoch war er nicht bereit, diese Beleidigung unkommentiert im Raum stehen zu lassen. „Bei allem Respekt, Lord Jinnai, ich wurde unter Druck hierher geschleppt. Ich habe nie darum gebeten, mich um die Gesundheit Eurer Tochter zu kümmern.“ Ein schwerer Schlag traf seine rechte Schulter. Schmerzhaft stöhnte er auf, Senjuro hatte mit der flachen Seite seines Wakizashi zugeschlagen. „Wie kannst du es wagen!“ Jinnais Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die Takeda nicht zu deuten wusste. Sämtliche Gefühle waren darin verzerrt zu sehen, aber der nachdenkliche Ausdruck kam am besten zum Vorschein. „Genug, Senjuro!“ mahnte die Frau und deutete auf die Tür. „Die Mädchen sollen ein Bad und saubere Kleidung für ihn vorbereiten.“ „Aber…“ Senjuro betrachtete die drei Sitzenden verständnislos, er hatte nur auf ein für ihn bestimmtes Zeichen gewartet, um dem Jüngeren den Kopf abzuschlagen. Doch dieser Bursche hatte den Lord auf einen Fehler hingewiesen und scheinbar regte ihn dieser zum Nachdenken an. Jetzt schwankte der Lord unschlüssig zwischen Manie und Depression; entweder er würde wütend nach seiner Waffe greifen oder sich heulend in die Arme seiner Geliebten fallen lassen… zu Senjuros Bedauern war das Letztere wohl der Fall. Jinnai vergrub das Gesicht in der Brust seiner Frau, die wegen seiner momentanen Depression das Wort übernommen hatte. „Herr Takeda“, flötete sie charmant. „Bitte vergebt unsere verzweifelte Tat. Wir haben sämtliche, leider an ihrer Krankheit gescheiterte Ärzte in dieser Burg willkommen geheißen. Aber nach so vielen unerfreulichen Nachrichten sinkt die Hoffnung auf eine Heilung. Uns liegt die Genesung von Prinzessin Chizu sehr am Herzen und deshalb hoffen wir auf einen Erfolg Eurerseits.“ Sie lachte verzückt auf. „Ich würde mich bei Euch sehr erkenntlich zeigen.“ Takeda sah die ältere, aber dennoch attraktive Frau verträumt an. Ihre Stimme klang wie ein verführerischer Singsang, was ihn stark an seine Mutter erinnerte. Am liebsten hätte er sich an ihre Brust geschmiegt und sich von ihr fürsorglich streicheln lassen. „Senjuro wird Euch zur Seite stehen. Das Gemach von Chizu dürft Ihr nur in einem komplett sauberen Zustand betreten. Bitte habt dafür Verständnis.“ Warum er dafür ein weiteres Mal baden sollte, war ihm unklar. Vielleicht war Chizu überaus empfindlich auf das Thema Sauberkeit zu sprechen. Er nickte. „Gut, ich werde mein Bestes geben.“ Nachdem die Frau eine Zeitlang geschwiegen und dem Fürsten mit ihrer Berührung Trost gespendet hatte, stand Takeda auf. Er deutete eine Verbeugung an und verließ wortlos das Zimmer. Senjuro wartete laut schnaubend auf dem Flur und zog die Tür hinter dem Schwarzhaarigen zu. „Glück gehabt, nicht wahr?“ „Wer war das?“ Leider hatte die schöne Frau ihm deutlich gemacht, dass ausgerechnet der Schönling an seiner Seite sein würde, daher war er gezwungen, ihm die auf seiner Zunge brennenden Fragen zu stellen. „Lady Sawa. Sie ist die vierte Frau von Lord Jinnai.“ Auf dem Absatz kehrt machend ging er den Flur entlang, einige Etagen tiefer. Hoffentlich bleibt es nur bei einer Tochter, dachte Takeda und rollte mit den Augen. In der Waschküche angekommen erblickte der schwarzhaarige Arzt zwei in schlichte Yukatas gekleidete Frauen, die zwar optisch wunderschön, aber vom Gesichtsausdruck her in einem erbärmlichen Zustand waren. Heißes Wasser dampfte in einer großen, aus Holz bestehenden Wanne. Der ganze Raum duftete nach Rosen. Kaum hatte er den Raum betreten, eilte ein Dienstmädchen an seine Seite. „Darf ich?“, fragte sie heiser, während sie die Hände vorsichtig auf seine Brust legte. Er hob fragend eine Augenbraue und beobachtete, wie sie sich an seiner Kleidung zu schaffen machte. Anregend streifte sie das Obergewand von seinen Schultern, dabei seinen kräftig gebauten Oberkörper preisgebend. Takeda starrte sie wie angewurzelt an. Er war über diese zuvorkommende Geste so irritiert, dass er sich erst zur Besinnung rief, als seine gesamte Kleidung leise raschelnd zu Boden glitt. Er zeigte keinerlei Scharmesröte, als er splitterfasernackt vor ihr stand. Fast schon gleichgültig stieg er in die kochende Nässe und war jetzt sogar ganz froh, ein weiteres Mal baden zu können. Erneutes Rascheln von Kleidung war zu hören, das Mädchen entledigte sich ihres Yukatas und kletterte ebenfalls in die Wanne. „Ähm…“ Sichtlich verwirrt wollte er wissen, warum sie ihm Gesellschaft leistete. Als wenn Senjuro Gedanken lesen könnte sagte er mit verspielter Stimme: „Ihr müsst komplett sauber sein. Da nützt es nichts, wenn Euch schmutzige Hände einseifen.“ Er musterte das junge Dienstmädchen, das die Kleidung von Takeda auflas, um diese gründlich zu waschen. Dabei starrte sie das Futteral seines Schwertes interessiert an. Es erweckte auch Senjuros Wissensdurst, aber er wollte in der Nähe des Fremden die Waffe nicht genauer betrachten - das würde er noch im Geheimen machen. Das in der Wanne sitzende Mädchen griff nach Seife und Schwamm und wusch sich verführerisch den Körper. Schaum blieb an vielen Stellen ihres Körpers hängen und als sie das schwarze Haar ins Wasser tauchte, sah sie genauso anmutig wie eine Nixe aus. Takeda schluckte schwer, er litt unter dem Anblick. Er spürte, wie schwer es sich zwischen seinen Beinen anfühlte und verfluchte sich selbst für diese Wollust – und viel mehr verfluchte er Senjuro, der laut kichernd das Schauspiel von der Tür aus beobachtete. Leise keuchend rutschte er zurück, als sie sich ihm näherte. Fragend schaute sie durch den haarigen Vorhang in seine blauen Augen. „Herr? Ich muss Euch einseifen! Dreht Euch bitte um!“ Zögernd kam er diesem Wunsch nach, den Rücken in ihre Richtung drehend. „Ich werde Euch neue Kleidung holen.“ sagte das zweite Dienstmädchen leise und hielt dabei das Futteral in beiden Händen. „Das lege ich in Euer Zimmer.“ „Gut, ich suche aus, welches er besetzen kann.“ Senjuro winkte das Dienstmädchen zu sich, das andere lenkte Takeda offenbar so stark ab, dass er keinerlei Einwände dagegen zu haben schien. Sie traten nacheinander aus dem Waschraum und Senjuro konnte sich ein breites Grinsen bezüglich Takeda nicht verkneifen. Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme auf dem Wannenrand und bettete den Kopf darauf. Er spürte, wie der Zopf gelöst wurde, seine langen Haare strichen sachte über seinen Rücken. Das Mädchen seifte in kreisenden Bewegungen seinen Rücken ein. Ganz bewusst kam sie näher und presste ihren Leib fest gegen den seinen. Ihre Hand tastete sich nach vorne, suchte seine Männlichkeit, um sie mit emsigen Fingern zu verwöhnen. Takeda stöhnte auf. „W-was machst du da?!“, verlangte er zu wissen, flehte aber zu den Runen, sie möge mit ihrer Fingerfertigkeit nicht aufhören. Sie legte den Kopf auf seine Schulter, flüsterte verzweifelt in sein Ohr: „Lord Jinnai ist ein grausamer Mann… er zwingt die Mädchen der Burg mit ihm das Kissen zu teilen, ansonsten werden sie hart bestraft! Auch Lady Chizu ist verflucht, alle Ärzte wurden ihretwegen furchtbar gefoltert. Bitte! Wir müssen zusammen fliehen!“ Ihm war der Schock ins Gesicht geschrieben, das herrliche Gefühl war wie weggeblasen. Sie hatte ihn nur zum Stöhnen bringen wollen, damit es ihre gemurmelten Worte etwas dämpfte… die Ohren eines Samurai waren so scharfsinnig, dass sie die kleinste Bewegung und sicherlich die leisesten Worte vernahmen. Er blickte mit geweiteten Augen zur Tür, er konnte ein Stück von Senjuros Körper erkennen, der im Flur an die Wand gelehnt stand. Sicherlich hatte er alles mitbekommen! Die Frau folgte seinem Blick, ihre Gesichtszüge entgleisten bei der erschreckenden Erkenntnis. Sie warf sich gegen den Rand der Wanne, Angst breitete sich in ihr aus. Seufzend trat der Samurai in den Waschraum und schüttelte energisch den Kopf. „Du solltest ihn doch waschen und ihm keine unnötigen Flöhe ins Ohr setzen.“ Haltsuchend verkrampfte sich ihr Körper, Tränen rannen aus ihren Augen. Es hatte ihr die Sprache verschlagen, aber allein die angsterfüllte Geste deutete auf ihr sogenanntes Verbrechen hin. „Lord Jinnai liebt seine Frau über alles. Außerdem… kann ein angeblich grausamer Mann so besorgt um das Wohl seiner Tochter sein? Ich glaube kaum.“ Nachdem er das weiße Yukata vom Boden aufgehoben hatte, hielt er es ihr grinsend entgegen. „Wie auch immer. Für deine Lügen musst du bestraft werden.“ Nur zögernd trat sie aus der Wanne, zog ohne sich abzutrocknen den Yukata an. Sie warf Takeda einen wehleidigen Blick zu. Der Schwarzhaarige schnappte heftig nach Luft, er empfand großes Mitleid mit ihr. Aber er wusste sich keinen helfenden Rat. „Und was ist mit den Ärzten passiert, die Lady Chizu nicht heilen konnten?“ „Die Ärzte?“ Der Schönling sah ihn fragend an, scheinbar hatte er sich auf diese Frage noch nicht vorbereitet, keine Lüge im Voraus geplant. „Sie haben das gekriegt, was sie verdient haben. Tut einfach das, wozu man Euch hierher geholt hat… ansonsten wird es bittere Konsequenzen haben.“ Er schubste das Mädchen hinaus in den Flur, das andere kam zögernd herein. „Er soll sich gründlich waschen, ich komme gleich wieder!“ befahl er dem jungen Mädchen, das schweigend die Kleidung auf einen Stuhl ablegte. Sie beobachtete Takeda, der mit offenem Mund zur Tür starrte. Er war mit dieser Situation überfordert, auch das Schwert lag nicht in seiner Reichweite. „Macht Euch keine Gedanken um sie…“ krächzte sie kaum hörbar. „Bitte wascht Euch, Lady Chizu wird bald aufwachen.“ In Gedanken verloren ließ er den Schwamm über seinen Körper gleiten, immer wieder an die Frau denkend. Sie stolperte einige Meter weiter, kaum noch ihr Gleichgewicht halten könnend. Jedes Mal, wenn sie es zurückgefunden hatte, schubste Senjuro sie gewaltsam. Sie gingen eine Etage höher, dort, wo die Schlafplätze der drei Samurai waren, und wies sie an, einen für sie verbotenen Raum zu betreten. „Ich mag es nicht, wenn jemand den Lord beleidigt. Und das war eine sehr große Beleidigung, für die nur eine Strafe in Frage kommt.“ Im Raum selbst befand sich nichts außer einer kleinen Anhöhe, die von der Form her wie ein Brunnen gebaut war. Ein schwerer, hölzerner Deckel wurde von Senjuro zur Seite geschoben, übelriechender Dunst stieg empor. Zufrieden sah er zu der ängstlichen Frau herüber, die in Tränen ausgebrochen war. In diesem Zustand würde sie wohl kaum freiwillig dorthin gehen, daher griff er stürmisch nach ihren Arm. Ihre Luft wurde aus den Lungen gepresst, als sie gegen die Anhöhe gestoßen wurde. Sie kämpfte gegen den ekelerregenden Gestank an, für einen kurzen Moment sogar ihre Angst vergessend. Kaum hatte sie sich aufgerichtet, um sich von dem Dunst zu entfernen, warf Senjuro sie in das Loch hinein, wo sie laut krachend auf den Boden landete. Sie schrie gequält auf, sicherlich hatte sie sich durch den Sturz mehrere Knochen gebrochen. Aber sie würde den Untergrund nicht mehr lebend verlassen, besonders nicht jetzt, wo das durch gewaltige Schritte verursachte Beben zu spüren war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)