Last Butterfly von Sky- (Matt, Mello, BB vs Kira) ================================================================================ Prolog: Racheschwur ------------------- Stickig und heiß war die Luft in Wammys House und die Flammen zischten und knisterten so laut, dass sie das Geschrei der Kinder, die um ihr nacktes Überleben kämpften, übertönte. Das Feuer hatte sich bereits im ganzen Haus ausgebreitet und alle Ausgänge waren blockiert. Hustend rannten Mello, Near und Matt durch den Flur und versuchten eine Möglichkeit zu finden, das Gebäude zu verlassen. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde hier alles einstürzen und sie würden unter den brennenden Trümmern begraben. „Wann kommt denn endlich die Feuerwehr?“ rief Matt, der völlig außer Atem war und sich nur mit Mühe hinter Mello halten konnte. „Keine Ahnung aber wir müssen schnell hier raus!“ Der Rothaarige stolperte und blieb keuchend stehen. Er war schon immer der Unsportlichste gewesen und für ihn gab es nichts Schlimmeres als laufen und rennen. Mello, der bemerkt hatte dass sein bester Freund immer mehr zurückfiel und nun stehen geblieben war, eilte zu ihm und nahm ihn auf den Rücken. „Du machst echt nichts als Ärger Matt!!!“ Eine Sekunde später krachte die Decke hinter ihnen runter und eine Welle von Flammen schoss auf Mello zu. Vor Schmerz schrie er auf als die Flammen seine linke Gesichtshälfte erwischten und beinahe hätte er Matt fallen gelassen. Doch dann riss er sich zusammen und eilte mit Matt zum Büro von Roger. Sämtliche Türen waren bereits am Brennen und vielleicht hatte er Glück und konnte durchs Fenster flüchten. Als er die Tür öffnete, krachte es wieder dicht hinter ihm und ein brennender Balken stürzte runter. Mit letzter Kraft konnten sich die beiden in das Büro retten, wo es auch schon anfing zu brennen. Die alten Möbel, das Bücherregal, die gesammelten Holzfiguren… alles begann Feuer zu fangen aber das Fenster war noch sicher. Mello war völlig erschöpft und musste sich am Schreibtisch abstützen. Dafür war jetzt sein bester Freund zur Stelle. Mit dem Stuhl warf er das Fenster ein und schlug die restlichen Splitter raus. „Komm schon Mello! Wir sind gleich draußen!“ Mit allerletzter Kraft retteten sich die beiden ins Freie und fielen direkt in einen Busch. In der Ferne sahen sie eine riesige Gruppe von Leuten in der Dunkelheit, die mit Fackeln und Molotowcoctails gerüstet waren. Jubelnd und schreiend warfen sie die Fenster ein und blockierten den Weg für die Feuerwehr, dass sogar die Polizei anrücken musste. Immer wieder riefen sie „Heil Kira“ während sie die brennenden Fackeln ins Haus warfen und laut lachten. Der nackte Wahnsinn war ausgebrochen und erst jetzt merkte Mello, dass Near ihnen gar nicht gefolgt war. Endlich hatte die Feuerwehr diese aufgebrachte Meute vertrieben und begann nun mit dem Löschen. Einer von ihnen fand die beiden Jungen im Busch und eilte zu ihnen. „Was macht ihr denn hier? Geht schnell vom Feuer weg!“ „Bitte gehen Sie da schnell rein. Near ist immer noch da drin und dabei war er gerade noch hinter uns!“ Während sich ein Rettungsteam um die beiden kümmerte, stürmten vier bis fünf Feuerwehrleute ins Haus während der Löschzug dabei war den Brand zu bekämpfen. Es dauerte knapp eine Stunde bis das Feuer endlich gelöscht war und aus den Trümmern konnten nur noch Leichen geborgen werden. Mello machte sich Sorgen um Near und das obwohl er ihn sonst bis aufs Blut hasste. Der Kleine war doch gerade mal zwölf Jahre alt und Roger hatte ihm gesagt, er solle auf ihn aufpassen. Wenn Near wegen seiner Unaufmerksamkeit gestorben war, dann würde er sich sein Leben lang noch Vorwürfe machen. „Hier ist noch jemand am Leben!“ rief plötzlich jemand und mehrere Sanitäter eilten hin um dem Überlebenden zu helfen, auch Mello machte sich auf den Weg in der Hoffnung, dass es vielleicht Near sein konnte, der sich noch irgendwie hatte retten können. Überall qualmte es und die Luft stank nach verbranntem Fleisch. Übelkeit stieg in ihm hoch doch er wollte unbedingt sehen, wer denn noch am Leben war. Ein paar Männer hoben einen schweren Balken hoch und tatsächlich kam Near zum Vorschein. Er lag auf dem Boden und stöhnte gequält. Er erbrach einen Schwall von Blut und Mello sah entsetzt, dass der schwere Balken Nears untere Hälfte vollkommen zerquetscht hatte und ihm die Beine fehlten. Seine Haut war verbrannt und besonders schlimm sahen seine Arme aus. Entsetzt schrie Mello auf und sank in die Knie. Er brach in Tränen aus als er ihn sah und konnte es einfach nicht fassen. Near war doch so dicht hinter ihm gewesen. Warum also lag er dann unter einem Balken eingequetscht hier? Die Sanitäter kämpften um das Leben des Jungen, doch alles war vergeblich. Noch bevor Near ins Krankenhaus gebracht werden konnte, starb er an seinen Verletzungen und für Mello brach in diesem Moment eine ganze Welt zusammen. Die Trümmer des Waisenhauses in welchem er aufgewachsen war und die vielen verkohlten Kinderleichen… Nun machte sich Zorn in ihm breit und wütend schlug er mit der Faust auf den Boden. „Dieser verdammte Kira wird mich kennen lernen. Ich schwöre es bei meinem Leben dass ich mich dafür rächen werde!!!“ Kapitel 1: Beyond Birthday -------------------------- Ein Radio lief im Badezimmer und brachte gerade die neuesten Kira-Verkündungen. Danach lief ein altmodischer Song aus den 60ern während Mello sein Gesicht im Spiegel betrachtete. Die Narbe von damals, die er sich vor sieben Jahren zugezogen hatte, hatte eine unauslöschbare Erinnerung in sein Gedächtnis gebrannt und jeden Tag, wenn er in diesem Spiegel sah, musste er an den Brand im Waisenhaus denken und an dieses „Heil Kira“, welches diese wütende Meute damals geschrieen hatte. Insbesondere den grausamen Anblick des sterbenden Nears, der ohne Beine und mit unzähligen Verbrennungen unter dem Balken eingequetscht dagelegen hatte, konnte er einfach nicht vergessen. Er wollte auch nicht vergessen. Diese Brandnarbe hatte ihm klar gemacht dass die Welt grausam war und dass sich unzählige Menschen zu hirnlosen gewaltbereiten Affen zurückentwickelt hatten, nachdem Kira die absolute Macht an sich gerissen hatte. Grund dafür war dass L und Watari kurz vor dem Brand bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen waren und irgendwie hatte Kira Wind von dem Waisenhaus bekommen und seine Macht dazu genutzt um es niederzubrennen. Damit wollte er verhindern, dass ein neuer L ihm im Wege stehen würde doch mit dieser Aktion hatte er den größten Fehler seines Lebens gemacht. Er hatte sich Mello zum Feind gemacht und wenn Mello jemandem Rache schwor, dann würde dieser Jemand sich wünschen, niemals geboren worden zu sein. Seit sieben Jahren hatte er mehrere Kampfsportarten trainiert und auf dieses Jahr hingearbeitet. Dieses Jahr war er endlich soweit, dass er die unzähligen Waisenkinder, die sich noch nie etwas hatten zu Schulden kommen lassen, rächen würde. Karate, Jiu Jitsu, Taek Wan Doo hatte er gemeistert und er war bei einem Ex-Marine im Training gewesen und konnte blind eine Waffe auseinander und wieder zusammenbauen. Der Gedanke an die vielen jungen Leben, die durch diesen Wahnsinnigen ihr Leben lassen musste, gab ihm den Antrieb selbst bei purer Erschöpfung wieder aufzustehen. Und er war nicht alleine. Sein bester Freund Matt war über die sieben Jahre nicht untätig geblieben und hatte sich zum Piloten ausbilden lassen und sein Wissen zum Hacker erweitet, außerdem hatte er eine Leidenschaft für Roboter und sonstige Maschinerien entwickelt. Zusammen entwickelten sie ein tägliches Trainingprogramm, damit Mello für den Fall gerüstet war. Der nun 21-jährige begann sich anzuziehen und ging zu seinem Freund in die so genannte Dunkelkammer. Er hatte das Zimmer deshalb so getauft weil Matt niemals das Licht anschaltete und nur die Monitore laufen ließ. Das ganze Boden war voller Kabel und Drähte und technische Spielereien und Blaupausen lagen überall rum. Kurzum: Hier herrschte das nackte Chaos und es roch hier stark nach Nikotin. „Und Matt? Leben deine Roboter noch?“ „Dank deiner blöden Hollow-Knarre kann ich den Roboter wegschmeißen. Hättest du stattdessen die „Destiny“ genommen, dann hätte ich ihn wieder zusammenflicken können. Du hast ihn gekillt!“ Zwar blieb sein Ton ruhig aber sein Ärger über den geschrotteten Roboter war unüberhörbar. Ein Mal die Woche kämpfte Mello gegen Matts gebaute Kampfmaschinen und ausgerechnet seinen Lieblingsroboter hatte er erwischt. So etwas nahm Matt sehr persönlich… Die Waffe, von der er gesprochen hatte, war seine eigene Kreation. Er hatte eine Leidenschaft für neue Waffen entwickelt und gab seinen Erfindungen immer wieder recht seltsame Namen. Die entwickelten Pistolen trugen unter anderem die Namen „Bonny“, „Clyde“, „Destiny“ und das schwerere Geschütz hatte er „Hollow“ getauft. „Sorry, ich mach’s wieder gut. Hast du übrigens schon die Informationen um die ich dich gebeten hatte?“ Es dauerte eine gute Weile bis Matt antwortete. Seine Zigarette leuchtete kurz auf und er blies bläulichen Rauch aus. Er begann auf der Tastatur zu tippen und murmelte irgendetwas, dann schließlich antwortete er „Es gibt einige, die ihn in Tokyo gesehen haben, oft hält er sich im Touristenviertel auf soweit ich in Erfahrung bringen konnte und es scheint so als dass er oft ins Restaurant „Izakaya“ geht. Das ist leider auch schon alles. Nach seinem Verschwinden gab es kaum Hinweise auf seinen Aufenthaltsort aber schau einfach mal in dem Restaurant rein, vielleicht hast du da ja Glück.“ „Hast du schon das Motorrad repariert?“ Erst letzte Woche hatte irgendein Arschloch Mello von der Fahrbahn abgedrängt und er war gegen einen Baum geknallt. Er selbst war mit ein paar Schrammen davongekommen aber sein Motorrad hatte es ziemlich böse erwischt und für ihn war es einfach uncool ein Auto zu nehmen. Matt sah ihn durch seine orangefarbenen Brillengläser an und seine dunklen Augen verfinsterten sich ein klein wenig. „Das dauert noch seine Zeit. So wie das aussah hatte ich zunächst befürchtet, du hattest eine LKW-Kollision und keinen einfachen Baum-Crash. Kannst ja stattdessen den Toyota nehmen.“ Anscheinend hatte Mello keine andere Wahl und fing die Autoschlüssel auf, die Matt ihm zuwarf. „Aber geh vorsichtig damit um. Das Schätzchen hat mir mal das Leben gerettet!“ Ohne etwas darauf zu erwidern, ging Mello in die Garage, öffnete das elektrische Tor und setzte sich in den schwarzen Toyota. Er und Matt hatten in den letzten Jahren ziemlich viel verdient. Angefangen von unzähligen Jobs bis hin zu Patenten hatten sie genug Geld zusammengespart, um ein neues Waisenhaus aufzubauen aber dieses Mal nicht in Winchester sondern versteckt in Schottland und nicht nur hochintelligente Waisenkinder wurden dort aufgenommen sondern anderweitig Begabte und sogar Behinderte. Erst letztens hatten sie einen Autisten aufgenommen, der in Sachen Astrophysik Stephen Hawking alle Ehre machte. Gut, solche Kinder benötigten eine spezielle Betreuung aber Mello hatte beschlossen, Wataris Gedanken weiter auszuweiten und nicht nur einen neuen L auszubilden, der absolut anonym und alleine war sondern eine Gruppe von unzähligen Leuten zu gründen, die vereint „L’s Legacy“ genannt werden würde. Zwar war es damals ein richtiger Ansporn gewesen, besser als Near zu sein aber warum sollte nur der Beste die Lorbeeren bekommen während der Zweitbeste nichts bekommt? Das hatte ihn ziemlich gestört und dann war ihm der Gedanke mit der Gruppe „L’s Legacy“ gekommen. Zwischendurch bekam er immer wieder neue Entwicklungen aus dem Waisenhaus und auch ein paar Grüße von seinen Schützlingen. Manchmal kam er auch zu Besuch, auch wenn er bis heute der Auffassung war, er könne nicht mit kleinen Kindern umgehen und immer wenn er zum Waisenhaus kam, wurde er an sein eigenes erinnert, wo hundert Waisenkinder bei lebendigem Leibe verbrannt oder an Rauchvergiftung gestorben waren. Egal was er auch tat, solange er Kira dafür nicht zur Rechenschaft gezogen hatte, würde sich diese Wunde niemals schließen, auch nicht wenn er tausenden von Waisenkindern eine ideale Zukunft ermöglicht. Er gab das Izakaya-Restaurant in Matts eigens entwickeltes Navi ein und fuhr los. Der Verkehr war in Tokyo ein wahrer Alptraum und das war auch der Grund warum Mello immer mit dem Motorrad fuhr. Man konnte sich ja durch den still liegenden Verkehr durchschlängeln aber mit dem Auto ging das ja nicht. Genervt schaltete er die Musik an und drehte leicht aggressive Hardrock-Musik lauter. Es dauerte eine geschlagene halbe Stunde bis er endlich aus dem Stau rauskam und suchte sich direkt das nächstbeste Parkhaus, danach begann er die Innenstadt abzusuchen. Immer wieder sahen ihn ein paar Leute komisch wegen seiner schwarzen Ledermontur an und weil er eben Ausländer war. Manche machten sogar Fotos von ihm und er kam sich irgendwie wie ein Freak vor. Schließlich erreichte er das besagte Touristenviertel wo wirklich in allen möglichen Sprachen gesprochen wurde. Englisch, französisch, spanisch…. Alles war vertreten. Das Restaurant Izakaya war ein sehr traditionell gehaltener Laden, der wirklich einladend wirkte. Zwar war noch nicht viel los aber zum Nachmittag würde das Lokal brechend voll sein. Zögernd betrat er das „Izakaya“ und setzte sich an den Tresen. Ein Junge, gerade mal 17 oder 18 Jahre alt kam aus der Küche geeilt und legte sich der Länge nach auf den Boden und das Metalltablett schepperte laut. Schnell stand er wieder auf und klopfte sich den Staub von der Schürze. „Willkommen im Izakaya, was darf ich Ihnen bringen?“ Der Junge sprach wirklich miserabel Japanisch, so viel stand fest und seine roten Augen wirkten irgendwie unmenschlich auf Mello. Als er dann aber bemerkte dass er einen Ausländer vor sich hatte, wiederholte er seine Frage noch mal auf Englisch. Offensichtlich war der Junge Engländer und hatte irgendwie ein ziemlich kindliches Gesicht. „Eine Cola genügt völlig.“ Sofort machte sich der Junge an die Arbeit und wirkte ziemlich hektisch und tollpatschig. Aber das alles wirkte ziemlich niedlich an ihm. Es war ein wahres Wunder, dass er das Getränk nicht aus Versehen fallen ließ. Er hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar, war nicht sonderlich groß und hatte ein paar Sommersprossen im Gesicht. Nur kurz konnte Mello erkennen, dass der Junge an den Knien und Ellebogen Pflaster hatte und alte Operationsnarben waren an den Armen zu sehen. Anscheinend hatte er sich mal was gebrochen, so tollpatschig wie er war, klang es für Mello gar nicht mal so unwahrscheinlich. „Sind Sie Tourist?“ „Nein, ich bin hier weil ich jemanden suche.“ Mello holte ein Foto aus seiner Jackentasche heraus, auf dem ein junger Mann von ca. 25 Jahren abgebildet war, der schwarzes zotteliges Haar und rote Augen hatte. Es war ein Foto von seiner Verhaftung und sein Blick spiegelte pure Bosheit wieder. Der Junge legte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn. „Der kommt manchmal hierher. Warum suchen Sie nach ihm?“ „Ich will nur mit ihm reden mehr nicht. Ich hab da nämlich ein kleines Problem und ich hoffe dass er mir da weiterhelfen kann.“ Doch der Junge war misstrauisch. Kein Wunder bei Mellos Brandnarbe, der Sonnenbrille und der schwarzen Lederklamotten. Er sah doch ziemlich stark wie ein Mafioso aus. Mello spürte dass dieser Tollpatsch mehr wusste als er verraten wollte und er hatte das Gefühl direkt in eine Falle gelaufen zu sein. Langsam wanderte seine Hand zu seiner Waffe, dann ging alles ganz schnell. Er zog seine Pistole und entsicherte sie und das keine Sekunde zu früh denn jemand hatte sich lautlos von hinten angeschlichen und war mit einem Messer bewaffnet. „Schön dass wir uns endlich mal sehen Beyond Birthday.“ Ohne auch nur Widerstand zu leisten erhob der Mann mit dem Messer die Hände und setzte ein Lächeln auf. „Dass mich L’s Schoßhündchen irgendwann mal finden war ja bloß eine Frage der Zeit. Wenn du die Waffe runternimmst, können wir in Ruhe miteinander reden.“ Doch Mello zögerte denn er war erschrocken wie knapp er einem Attentat entkommen war. Hätte er nicht gespürt dass sich da jemand angeschlichen hatte, wäre er jetzt wahrscheinlich tot gewesen. Dann schließlich senkte er die Pistole und Beyond führte sie zu einem Tisch weiter abseits. „Rebirth, sei so gut und bring mir bitte ein Wasser!“ rief er dem Jungen zu und setzte sich in die gleiche Sitzposition wie es L immer getan hatte. „Du sagst du willst mich sprechen. Was gibt’s?“ „Hast du schon mal von dem Brand in Winchester gehört?“ Beyond kratzte sich nachdenklich am Kopf und zögerte. „Soweit ich weiß haben irgendwelche Freaks ein Waisenhaus abgefackelt. Angeblich sollen alle umgekommen sein. Ich schließe aus deine Andeutung und aus der Narbe in deinem Gesicht daraus, dass du darin verwickelt warst.“ Mello nickte und nahm dankend die Cola an, die der Junge ihm reichte. Doch er zögerte zunächst mit dem Getränk weil ihm der Verdacht aufkam, es könnte vergiftet sein. „Es waren Kiras Anhänger, die das Waisenhaus niedergebrannt haben. Das war kurz nachdem L und Watari bei diesem Autounfall ums Leben gekommen waren. Ich will Kira dafür bezahlen lassen. Ich will Rache nehmen und dazu brauche ich deine Hilfe denn soweit ich weiß hasst du ihn abgrundtief.“ Nun wurde Beyond neugierig und setzte ein verschlagenes beinahe hinterhältiges Grinsen auf und kicherte. „Soso… Und warum ausgerechnet ich? Warum sollte ich mich mit einem Schoßhündchen L’s verbünden?“ „Ich bin schon seit sieben Jahren nicht mehr sein Schoßhündchen. L ist tot und nichts wird ihn zurückholen. Ich gehe meinen eigenen Weg und dieser besteht darin, dass Kira dafür bezahlen wird dass er einhundert unschuldige Kinder bei lebendigem Leibe hat verbrennen lassen!!!“ Mello steigerte sich mit jedem Satz weiter in seine Wut auf diesen Massenmörder rein während Beyond Birthday die Ruhe selbst blieb. Schließlich winkte er den Jungen namens Rebirth zu sich und wies ihn an, sich zu ihnen zu setzen. „Weißt du überhaupt was wahre Rachewut ist? Dann will ich dir mal was erzählen: Mein ewiger Machtkampf mit L hat dazu geführt, dass ich mein Heim, mein Land, meine Identität, meine Freunde und alles andere was mir wichtig war, aufgegeben habe. Alles habe ich hinter mir gelassen und wofür? Nur dass ich am Ende alles unwiederbringlich verloren habe und im Gefängnis starb. Wenn man Rache üben will, dann muss man bereit sein alles aufs Spiel zu setzen was man hat. Sein eigenes Leben, das seiner Liebsten und Freunde oder das von völlig Unbekannten. Ich bezweifle dass du wirklich Manns genug bist, das hier durchzuziehen. Geh wieder nach Hause Junge…“ Nun riss Mello der Geduldsfaden und er richtete die Waffe auf Beyonds Stirn. Dieser seufzte nur genervt und rollte mit den Augen. Nun wollte Mello die Waffe entsichern, doch in diesem Moment schoss Rebirth vor und hielt dem 21-jährigen ein Messer an die Kehle. „Ich habe nichts mehr zu verlieren und mir ist es egal ob ich dabei draufgehe oder nicht. Mir ist es auch gleich geworden, ob ich jemanden dafür töten muss um mein Ziel zu erreichen. Kira wird den Tag niemals vergessen an dem er sich Mihael Keehl zum Feind gemacht hat. Egal wer Kira ist, er wird leiden… dafür sorge ich!!!“ Lange sah Beyond ihn schweigend an, beinahe prüfend und dann klatschte er in die Hände. „Nicht schlecht Junge. Deine Augen zeigen abgrundtiefen Hass auf diesen Kira… Das gefällt mir. Rücksichtslose Wut ist genau das was ich mag, auch wenn ich bezweifle dass du wirklich bereit bist wirklich alles aufs Spiel zu setzen. Gerne schließe ich mich deinem so genannten Rachefeldzug an. Hier in diesem Restaurant zu sein ist auf Dauer auch nicht wirklich spannend und dass Kira meinen Namen ins Death Note eingetragen hat, kann ich auch nicht einfach so hinnehmen. Was meinst du Rebirth? Sollen wir unserem Revolverhelden unter die Arme greifen?“ Nun nahm der Junge das Messer wieder runter und zuckte mit den Achseln. „Wenn du dabei bist dann komme ich selbstverständlich mit.“ Mello steckte die Waffe wieder ein, verschränkte die Arme und sah Rebirth missbilligend an. „Du willst doch nicht ernsthaft dieses Kind da mit reinziehen oder?“ Nun sah Beyond etwas gekränkt aus und sah abwechselnd zu Rebirth und Mello. „Er mag zwar vielleicht ein Kind sein und ständig über seine eigenen Füße stolpern aber einen besseren Schützen als ihn wirst du nirgends finden.“ Ob das mal wirklich so stimmte, wagte Mello zu bezweifeln doch warum sollte Beyond Birthday ihn anlügen? Wenn der Bengel schon über seine wahre Identität als Serienmörder bescheid wusste, dann konnte er ihm eine Chance geben. „Aber ich spiel hier nicht den Babysitter, damit das mal klar ist.“ Etwas beleidigt sah Rebirth ihn an und wollte etwas sagen, aber Beyond hob die Hand um ihm zu signalisieren, still zu sein. Dann wandte er sich wieder Matt zu und trank einen Schluck Wasser aus seinem Glas. „Und wie stellst du dir das vor, willst du nur Kira oder auch seine Handlanger?“ „Ich will alle führenden Köpfe, die in dieser Kira-Sache verwickelt sind und bis zum Halse drin stecken. Aber sie alleine zu schnappen wird unmöglich sein.“ Zustimmend nickte Beyond und sah Mello tief in die Augen. Er hatte das Gefühl, dass dieser komische Vogel irgendetwas in ihm sah, dass er selbst nicht gesehen hatte und auf einmal fühlte er sich vollkommen nackt. Ein beschissenes Gefühl totaler Hilflosigkeit gegen diesen alles durchbohrenden Blick. „Da hast du Recht, wir brauchen dringend Verstärkung. Zum Glück habe ich da schon jemanden parat…“ „Echt? Und an wie viele hast du da gedacht?“ „Einen.“ Einen??? Das meinte Beyond doch wohl nicht ernst oder? Hallo, sie waren dabei den wohl größten Tyrann der Welt zu jagen und tausende von schwer bewaffneten Soldaten würden versuchen, sie wie Siebe zu zerschießen und Beyond wollte als Verstärkung nur einen Einzigen zu Hilfe holen? „Und wer zum Teufel ist dieser Jemand? Der muss ja richtig gefährlich sein wenn der es mit mindestens tausend Soldaten aufnehmen kann…“ Ernst starrte Beyond ihn an und sagte zuerst nichts, dann aber reagierte Rebirth und der schien alles andere als begeistert. „Beyond, du hast doch jetzt wirklich nicht vor SIE zu kontaktieren oder? Das wirst du nicht wirklich tun…“ „Tut mir Leid Rebirth, auch ich hatte gehofft sie nie wieder sehen zu müssen aber wenn wir Kira schnappen wollen, wird uns leider keine andere Wahl bleiben. Sie ist die Einzige, die geeignet wäre.“ „Von wem zum Teufel sprecht ihr beide da?“ Wütend schlug Mello mit der Faust auf den Tisch und es fehlte nicht mehr viel, dann würde ihm der Geduldsfaden reißen. Beyond und Rebirth schienen nicht gerade begeistert von ihrer Idee zu sein und klärten ihn schließlich auf. „Die Rede ist von einer professionellen Mörderin, die mich bei weitem in ihrer Grausamkeit übertrifft. Es ist mir nur mit Mühe gelungen sie auszuschalten als sie versucht hatte, eine dreizehnköpfige Studentengruppe umzubringen um mich aus dem Versteck zu locken. Mit Moral, Ehre und Vernunft kann man ihr nicht kommen. Sie ist ein Monster in Menschengestalt.“ „Weil ich ihre kranken Killerspielchen nicht mehr mitspielen wollte, hat sie mir die Rippen und Arme gebrochen, mir Pfefferspray in die Augen gesprüht und mir den Rücken mit Säure verbrannt. Dann hat sie mit dem Messer auf mich eingestochen. Hätte Beyond mich nicht gefunden, dann wäre ich längst tot…“ Als Mello das hörte und die verblichenen Narben auf Rebirths Körper war, konnte er es gar nicht fassen. So eine Psychopathin wollte Beyond einschalten? War der noch ganz bei Trost? „Und wie zum Teufel kommst du auf die bescheuerte Idee, dass sie auf uns hören wird wenn die doch so gefährlich ist? Die wird uns umbringen!!!“ „Sie handelt rein instinktiv, beinahe wie ein Tier. Wenn jemand schwächer ist als sie, behandelt sie diesen wie Dreck und macht sich auch keinen Hehl daraus, sie mal eben schnell zu töten. Doch wenn man stärker ist als sie oder ihr ebenbürtig ist, dann sieht die Sache ganz anders aus. Sie wird zwar versuchen uns zu bekämpfen aber wenn wir auf der Hut bleiben, sie nicht unnötig provozieren und ihr interessante Beschäftigungen geben, dann wird sie auf uns hören.“ Zwar war Mello immer noch nicht überzeugt, aber ihm blieb nichts anderes übrig als Beyond zu glauben. Immerhin wollte dieser ja auch dass Kira stirbt und wenn er auch an ihn ran wollte, dann brauchte er Mellos Hilfe. „Und wie heißt die Dame wenn man fragen darf?“ „Ihr Name lautet Rumiko Karasuma und sie arbeitet momentan unter falscher Identität an der Tokyo High School.“ Kapitel 2: Wiedersehen ---------------------- „Und jetzt versuchen wir es noch ein Mal und dieses Mal wird fehlerfrei gespielt!“ Der Musikkurs machte sich bereit und während das Klavier den Anfang machte, bereitete sich die aufstrebende Musikschülerin Eriko Yamamoto auf ihren Part mit der Violine vor. Erst zaghaft und leise spielte sie ihre Melodie, wunderschön und bezaubernd. Dann stimmten die zweite und dritte Geige ein, dann die Cellos, Querflöten und die Harfe. Einzig und allein Yuichi Kabe mit der Gesangsstimme nicht ganz bei der Sache und traf die höheren Töne nicht richtig aber der Kurs versuchte ihm den Rücken zu stärken. Aber der strenge Blick der Lehrerin ruhte auf ihn aber sie unterbrach das Spiel nicht was bedeutete, dass sie ihre Sache trotz Yuichis schiefer Töne recht gut machten. Als sie nach fünf Minuten fertig waren, legte die Lehrerin im schwarzen Kleid mit weißer Bluse und roter Krawatte den Taktstock beiseite und klatschte. „Sehr gut gemacht Schüler, wirklich ausgezeichnet. Aber Kabe, du musst noch an deinem Gesang arbeiten. Du triffst die hohen Töne nicht und bekommst den Tonwechsel nicht auf die Reihe. Nächste Woche will ich Fortschritte sehen.“ „Ja Sensei, ich werde mein Bestes geben.“ Mit einer Verbeugung verabschiedete sich der etwas zu kurz geratene Sänger und verließ den Musikraum. Eilig folgten auch die anderen Schüler und die blondhaarige Amerikanerin blieb allein zurück und klappte den Klavierdeckel zu. „Was für eine Klasse…“ seufzte sie und begann mit ihren langen schlanken Finger mit ihren schulterlangen Haaren zu spielen. Dabei löste sich ihre rote Schleife, die sie seit Jahren in ihrem Haar an der linken Seite trug. Sie hatte dunkle Augenringe, die sie immer mit Make-up verbarg und sah für ihre 26 Jahre noch recht jung aus, gerade mal wie 19 Jahre und das bekam sie auch stets und ständig von ihren Schülern gesagt. An der Wand hing ein alter Spiegel, in dem sie ihr Gesicht prüfte und die Schleife wieder befestigte. Irgendwie war sie heute unruhig und nicht ganz bei der Sache. Sie spürte dass noch etwas Großes geschehen würde, darin hatte sie immer das richtige Gefühl gehabt und sie konnte so gut wie nichts überraschen. Während sie fröhlich die Melodie „Science“ von Birthday Massaker summte, begann sie damit den Rest der Instrumente ordentlich zu verstauen und gehen, doch als sie am Klavier vorbeiging, da blieb sie stehen und schlug den Ton A an. Ein wunderbarer Klang… Sie liebte das Klavierspiel, ebenso wie ihr Adoptivbruder, den sie schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hatte. Die Verlockung war einfach zu groß und so setzte sie sich auf den kleinen schwarzen Hocker und begann zu spielen. Es war ein namenloses Lied, aus ihren tiefsten Gedanken heraus komponiert und enthüllte eine schaurig schöne Melodie mit finsterer Magie und unergründlichen Tiefen. Als sie ihr Spiel beendet hatte, schlug sie noch ein Mal laut auf die Tasten und ihre roten Augen leuchteten auf. Ein Lächeln legte sich auf ihre erdbeerroten Lippen und sie sah auf. Jemand war auf den Weg zu ihr… zwei oder drei Personen. Sie spürte unsagbaren Hass und Vergeltungsdrang und eine kaum vernehmbare Aura, die von den zwei dominanten Ausstrahlungen beinahe überschattet worden wäre. Es waren also drei… und sie würde sie gebührend empfangen. Beyond, Mello und Rebirth hatten die Tokyo High School erreicht und stiegen aus dem Toyota aus. „Und wie sollen wir vorgehen? Sollen wir uns vorher bei ihr anmelden oder sie am Besten aus dem Hinterhalt aus angreifen?“ „Das wird nichts nützen“ murmelte Beyond und holte eine ziemlich abgenutzte Schultertasche aus dem Wagen heraus, die er sich umhängte. „Sie weiß bereits dass wir auf den Weg hierher sind.“ „Wie das denn?“ fragte der 21-jährige Amerikaner verwirrt und runzelte die Stirn. Da Beyond keine Lust hatte alles näher zu erklären, übernahm Rebirth und räusperte sich. „Ein paar unserer Sinne und Reflexe sind besser ausgeprägt als normalerweise. Beyond zum Beispiel kann im Bruchteil von Sekunden reagieren und ist dafür bekannt, dass er absolut lautlos ist. Ich habe eine überdurchschnittliche Sehkraft, welche mir ermöglicht mein Ziel aus bis zu 150 Metern Entfernung punktgenau zu treffen. Rumiko hingegen zeichnet sich mehr durch instinktive Wahrnehmung aus.“ „Instinktive Wahrnehmung… Das heißt sie kann spüren dass jemand auf den Weg zu ihr ist und wer es sein könnte?“ Rebirth überlegte erst eine Weile bevor er nickend zustimmte und sie machten sich auf den Weg zum Eingang der Schule. „Wir nennen so etwas Aura. Jeder Mensch hat eine Ausstrahlung und mit dieser kann man spüren ob diese gute oder schlechte Absichten hat. Bei jedem ist diese Wahrnehmung jedoch unterschiedlich ausgeprägt. Sie wird auch durch die Psyche beeinflusst und oft falsch interpretiert. Rumiko ist in der Lage die Auren von Menschen wahrzunehmen und festzustellen wie deren Gefühlslage ist und ungefähr ihre Stärken einschätzen.“ Mello war sprachlos welche Fähigkeiten diese drei alles hatten. Nicht nur dass man ihm während der Autofahrt verkündet hatte, dass sie das Augenlicht von Todesgöttern hatten und in der Lage waren, schwerste Verletzungen zu überleben, sie nannten sich auch noch tatsächlich Shinigami-Kinder. Irgendwie schienen sie zu glauben, dass ein Teil von ihnen Shinigami war und sie entweder in ihrem letzten Leben solche waren oder vielleicht noch werden würden. Na ob das mal der tatsächlichen Wahrheit entsprach blieb fraglich aber fest stand, dass es drei sehr außergewöhnliche Menschen zu sein schienen. Beyond blieb kurz stehen und überlegte. „Ich frage mich ob ich nicht noch ne Knarre mitnehmen sollte…“ Doch dann schien er sich dagegen entschieden zu haben und kontrollierte noch mal den Inhalt seiner Tasche. „Was hast du denn da alles drin? Etwa Granaten?“ Eigentlich sollte das ein Scherz sein doch als Beyond kurz Pfefferspray, schneidenden Draht und ein Messer mit 25cm Klinge in einer Lederhülle herausholte und noch irgendetwas murmelte, da begann sich Mello zu fragen, ob er allen Ernstes ein Blutbad in der Schule anrichten wollte. „Was soll das denn werden?“ „Wenn wir Rumiko treffen, dann wird sie versuchen zuerst dich und Rebirth zu töten und dann mich. Rebirth, du bleibst hier draußen beim Wagen und wartest auf uns. Du wärst uns leider keine große Hilfe.“ Rebirth schien erleichtert und auch ein Stück weit dankbar zu sein, dass er nicht mitkommen musste und wünschte den beiden zum Abschied viel Glück. „Wie steht’s bei dir so? Irgendwelche Kenntnisse fürs Kämpfen oder so?“ „Ich habe in einigen Kampfsportarten den schwarzen Gürtel, war bei einem Ex-Marine in Ausbildung und habe mit Kampfrobotern trainiert. Ich denke schon dass ich mich gegen eine mordlustige Psychopathin verteidigen kann. Und so ganz unbewaffnet bin ich auch nicht.“ Das schien Beyond zu genügen so machten sie sich auf den Weg und gingen auf direktem Wege zum Sekretariat. Die grauhaarige Dame mit der Halbmondbrille sah die beiden ungläubig an, kein Wunder so zwielichtig wie die beiden aussahen. Beyond setzte ein freundliches Lächeln auf und beugte sich über den Tisch und reichte der Dame ein Foto. „Schönen guten Tag, ich bin auf der Suche nach meiner Adoptivschwester Rumiko Hanabira. Sie soll hier als Musiklehrerin arbeiten.“ Doch die Dame schien da erhebliche Zweifel zu haben und als Beyond merkte wie misstrauisch die Tante war, begann er sie geschickt um den Finger zu wickeln und er brauchte nur fünf Minuten, dann machte die Sekretärin die Durchsage, dass Rumiko Hanabira zum Sekretariat kommen sollte. „Wir warten vor der Tür, vielen Dank Frau Takaba, Sie haben mir wirklich den Tag gerettet.“ Sie verließen das Sekretariat und warteten geduldig auf dem Flur. Mello packte ihn etwas hart an der Schulter an. „In welchem Verhältnis stehst du eigentlich zu Rumiko?“ „Sie wurde von unserer Familie adoptiert als sie noch klein war. Zusammen haben wir unsere Eltern getötet weil wir es in der Familie nicht mehr ausgehalten haben und wir gingen getrennte Wege.“ „Und das sagst du mir erst jetzt?“ Der sonst so coole Beyond, dem irgendwie nichts wirklich aus der Fassung bringen konnte, hatte nun einen traurigen Gesichtsausdruck und senkte den Blick. Was war denn jetzt mit dem los? „Ich bin nicht wirklich stolz darauf und ich mache mir bis heute schwere Vorwürfe, dass ich nicht genug auf Rebirth aufgepasst habe. Nur meinetwegen wäre er fast gestorben und das nur weil ich ihn mit ihr allein gelassen habe…“ Anscheinend hatte Beyond versucht die Tatsache zu verdrängen, dass Rumiko seine Adoptivschwester war und für ihn schien das ein Fluch zu sein. Und was Rebirth anging, so schien Beyond sehr an ihm zu hängen. Er machte sich Sorgen um ihn, ließ ihn nur ungern allein und machte sich schreckliche Vorwürfe dass Rumiko ihn damals so übel zugerichtet hatte. Er schien ihn mehr wie einen kleinen Bruder zu betrachten als Rumiko in der Rolle als seine offizielle Adoptivschwester. „Wenn Rumiko gleich kommt, dann halte dich erst einmal zurück. Sie wird versuchen dich zu provozieren damit du angreifst aber du darfst dich nicht aus der Fassung bringen lassen. Eine ganz hinterhältige Masche von ihr: Sie provoziert ihre Zielpersonen und wenn sie angreifen, macht sie den Todesstoß wenn sie eine Schwachstelle sieht. Auf der anderen Seite darfst du sie auch nicht provozieren. Keine Ahnung was dabei herauskommen könnte aber wenn sie in Rage ist, dann wird sie richtig gefährlich. Lass mich erst mal mit ihr sprechen und einen Ratschlag hab ich noch für dich: Selbst ein abgeschlagener Wolfskopf hat noch scharfe Zähne.“ Was meinte Beyond etwa damit? Etwa dass sie selbst dann noch gefährlich war, wenn sie dieses Frauenzimmer entwaffnet und gefesselt hatten? Ein unheimlicher Gedanke und er hoffte, dass alles glatt laufen würde. Nur ungern würde er in der Schule ein Blutbad anrichten und Ärger kriegen. Es dauerte keine fünf Minuten, da hörten sie das Geräusch von Schuhabsätzen und Rumiko Karasuma kam die Treppen herunter. Sie war unglaublich schön mit langem goldblondem Haar, zarten Gesichtszügen und einem schüchternen Lächeln auf den Lippen. Sie trug ein schwarzes Kleid, welches weit geschnitten bis zu den Schienbeinen reichte, eine weiße Bluse darunter und eine rote Krawatte. In ihrem Haar trug sie eine gleichfarbige rote Schleife und als sie Mello und Beyond sah, strahlte sie wie ein Kind und wirkte wie 18 Jahre. „Ach wie schön dich zu sehen Bruderherz, wie lange ist das denn jetzt her? Ein halbes Jahr? Und wer ist denn dein Freund da?“ „Spar dir die Tour. Du weißt dass ich nicht zum Kaffeekränzchen gekommen bin.“ Knallhart und ohne die reinste Emotion zu zeigen hatte Beyond ihr geantwortet und sich vor Mello gestellt. Doch Rumiko verlor keine Sekunde ihr unschuldiges Lächeln und kam ein wenig näher auf Beyond zu. „Du hast dich wirklich gar nicht verändert. Also, wo hast du denn den Typ da kennen gelernt? Ist er Ausländer?“ Neugierig guckte sie Beyond über die Schulter und sah mit ihren roten Augen Mello an. Für eine Japanerin war sie außergewöhnlich groß. Genauso groß wie Beyond und der hatte eine Größe von 1,80m. „Das ist Mello, er und ich haben etwas mit dir zu besprechen.“ „Und wo hast du die Missgeburt von Rebirth gelassen?“ Schlagartig war Rumikos Ton umgewandelt von freundlich zu gehässig und dämonisch funkelten ihre Augen. Ihr Lächeln war nur noch ein breites Grinsen und ihr so hübsches Mädchengesicht war einer hässlichen Fratze gewichen. „Hast ja echt Mut ihn hierher zu bringen nachdem ich ihn so schön zugerichtet hatte.“ Mello merkte schnell dass Rumiko nur darauf wartete Beyond zu reizen. „Wie er da winselnd am Boden lag und um Gnade flehte. Geheult wie ein Baby hat er und lag am Boden wie das widerwärtige Stück Dreck dass er ist.“ Gehässig fing sie an zu lachen und stieß ihn zur Seite um zu Mello zu gehen. Für Beyond schien sie nur wenig Interesse zu haben. „Mello also. Hast eine wirklich interessante Frisur. Ich kenne nicht viele Männer, die eine so feminine Haarpracht haben. Sicher von deiner Mutter nicht wahr? Kann mir schon denken wie deine verkorkste Kindheit war. Völlig vernachlässigt im dreckigsten Ghetto der Bronx, der Vater ein versoffener Asozialer, die Schwester eine billige Hure, die ihre Kunden mit nach Hause gebracht hat und die Mutter die einzige, die dir Halt gegeben hat bis sie dann elendig krepiert ist wie ein Köter in der Gosse.“ Wieder lachte sie und Mello hätte ihr am liebsten die Faust ins Gesicht geschlagen, doch er erinnerte sich an Beyonds ausdrückliche Warnung, sich nicht von ihr provozieren zu lassen. Aber woher wusste sie dass er im Ghetto in Bronx aufgewachsen war und dass seine Schwester Prostituierte war? Irgendwie war das unheimlich und er wollte gerne die Antwort wissen. „Und woher willst du wissen dass das auch so zutriffst wie du behauptest?“ Anscheinend hatte er einen Pluspunkt gelandet denn Rumiko sah ihn verführerisch an und wanderte mit ihrem langen Zeigefinger seinem Körper hoch und tippte auf das Silberkreuz, welches er stets bei sich trug. „Dieses Kreuz trägt eine berüchtigte Straßengang in der Bronx, die für Menschenhandel und Prostitution mehr als berühmt ist. Da du unmöglich Mitglied sein kannst weil die Gang im Knast sitzt und seit über 10 Jahren nicht mehr aktiv ist, vermute ich dass eines der Familienmitglieder dazugehörte. Da du offensichtlich nach deiner Mutter zu kommen scheinst und ich großen Hass auf deinen Vater spüren kann vermute ich, dass er dich oft verprügelt und eingesperrt hat und wahrscheinlich oft betrunken war.“ „Und woher willst du wissen dass ich eine Schwester habe?“ „Weil du mich mit diesem Blick angesehen hast, der darauf schließen lässt, dass du eine traumatisch bedingte Abscheu gegenüber Frauen hast und diese etwas extravagante Kleidung lässt daraus schließen, dass deine Mutter relativ früh verstorben ist und deine Schwester die Erziehung übernahm doch die Tatsache, dass sie eine Nutte war, hat dich bis heute noch geprägt. Tja, die Menschen offenbaren mehr als ihnen eigentlich bewusst ist.“ Mellos Hände ballten sich zu Fäusten und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Lange würde er nicht mehr so ruhig bleiben wenn ihm weiterhin seine Familiengeschichte unter die Nase gerieben wurde. Beyond schien das zu merken und versuchte die Situation zu retten. „Können wir irgendwo reden, wo wir nicht gestört werden können? Es ist wirklich sehr wichtig und ich hätte mich nicht zu dir begeben, wenn es nicht wirklich dringend wäre.“ Nun sah Rumiko erstaunt und auch ein wenig verwirrt aus, dann aber wies sie die beiden an, ihr in die Aula zu folgen, die zurzeit nicht besetzt war. Sie legte einen strammen und schnellen Gang mit weit ausholenden Schritten an den Tag und als sie die Aula erreicht hatten, schloss Rumiko auf und bat sie herein. Die Aula entpuppte sich als riesiger Raum mit einigen Stuhlreihen und eine über eine große Treppe zu erreichende Bühne. Nur dort brannte Licht aber sonst war es stockdunkel. Mello wollte weitergehen doch da hielt Beyond ihn zurück. Sie wandten sich um und sahen, dass Rumiko verschwunden war. „Wo ist sie hin?“ fragte Mello im Flüsterton so als befürchtete er, dass sie belauscht werden konnten. Beyond sah sich verstohlen um und holte sein Messer aus der Tasche raus. Mello holte seine von Matt entwickelte Pistole „Hollow“ heraus und blieb ganz still um hören zu können wo Rumiko sein könnte. „Sie greift lautlos aus dem Dunkeln an. Beweg dich bloß keinen Millimeter und konzentrier dich auf jede Bewegung, jedes Geräusch und vor allem auf dein Gefühl!“ Doch sein Herz schlug Mello bis zum Hals und Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn. Er durfte noch nicht hier sterben, nicht bevor er Kira aufgespürt hatte und ihn für das Verbrechen an die Menschheit und an die Waisenkinder büßen ließ. Kapitel 3: Wahrheit ------------------- Die Sekunden vergingen quälend langsam und jeder einzelne von Mellos Muskeln war angespannt, jederzeit bereit sofort zuzuschlagen, wenn er eine Bewegung in seiner Nähe spürte. Er versuchte sich zu konzentrieren und Rumiko mithilfe seiner Sinne zu orten. Wo genau war sie? Zwar war es still in der Aula doch die Luft war zum Zerreißen gespannt. Wer sich zuerst rührte, würde sofort zum Ziel werden aber wenn sie untätig herumstanden und warteten, dann würden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit… Mello konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen denn da packte Beyond ihn und stieß ihn weg. Mello prallte gegen ein paar Stühle und fiel zu Boden, da hörte er Metall gegen Metall schlagen und sah nur Umrisse in der Dunkelheit. Beyond kämpfte mit jemandem… Rumiko Karasuma. Sie hatte irgendeinen langen spitzen Gegenstand in der Hand und versuchte Beyond damit zu verletzen doch selbst in der Dunkelheit schien dieser perfekt zu sehen. Er wich jedem ihrer Schläge aus und beobachtete ihre Bewegungen, wartend auf eine Gelegenheit anzugreifen. Mello rappelte sich auf und überlegte, wie er Rumiko am Besten festnehmen konnte, ohne dass er sich oder Beyond in Gefahr brachte. So wie sie mit der Waffe herumfuchtelte war es gefährlich, sich ihr zu nähern und so musste er warten bis sie Beyond entweder mit beiden Händen packte oder er ihren Arm festhielt sodass Mello freies Licht hatte. Als Rumiko mit der Klinge nach vorne stieß, tauchte Beyond ab, drehte sich um und trat ihr brutal mit dem Fuß ins Gesicht. Nicht gerade die fein englische Art mit einer Dame umzugehen aber das war jetzt auch völlig egal. Rumiko taumelte und Beyond ging auf sie zu um ihr die Waffe aus der Hand zu drehen, doch da kam sie ihm zuvor und fuhr ihm mit der Klinge über das Gesicht und schnitt ihm in die Wange, dann trat sie ihm in den Magen und er fiel nach hinten. „Du bist erbärmlich. Und so etwas hat mich besiegt? Dass ich nicht lache. Wenn dein kleines Schoßhündchen nicht da ist dann bist du nichts Weiteres als ein dreckiger Mensch.“ Beyond blieb am Boden liegen und lachte. Er brach in ein infernalisches Gelächter aus so als hätte Rumiko einen Scherz gemacht und ein mörderisches Funkeln lag in seinen Augen. Für einen Moment war er einem Shinigami ähnlicher als ein Mensch. Mit rauer tiefer Stimme sagte er „Ich schlitz dich auf du Dreckstück!“ und stürzte sich auf die junge Frau. Er schien jetzt doppelt so viele Kräfte zu haben als vorher, schlug mit Fäusten auf sie ein und schließlich erreichten sie die Bühne und Mello sah dass sich der Ausdruck in Beyonds Augen vollkommen verändert hatte. Er hatte Blut geleckt und das schien ihn zum Tier zu machen. Ohne sich auch nur eine Sekunde lang Blöße zu geben griff er Rumiko an und schließlich fing sich die 26-jährige und begann die Angriffe zu blocken. Sie griff zum Stilett und stieß es ihrem Gegner in den Arm, doch Beyond schien das irgendwie nicht wirklich zu kümmern, im Gegenteil. Der Anblick von Blut schien ihn in Extase zu versetzen und er wurde immer aggressiver und stieß Rumiko von der Bühne. Sie stürzte die Treppen runter und blieb stöhnend am Boden liegen. Ihre Nase fing an zu bluten und während sie benommen war, eilte Mello zu ihr, drehte ihr die Waffe aus der Hand und fesselte sie. Dann schnürte er ihr die Beine zusammen und verband ihr die Augen. Als Beyond die Treppen runterkam, hatte er immer noch dieses infernalische Leuchten in den Augen und Mello sah im Licht der Scheinwerfer, dass sich dessen Pupillen stark verengt hatten. Normalerweise wurden die Pupillen bei starkem Licht kleiner aber sie waren beinahe minimal und genüsslich leckte er sich das Blut vom Finger. Als er aber sah dass Rumiko gefesselt war und Mellos Augen auf ihm ruhten, da schien er wieder normal zu werden. Das Leuchten aus seinen Augen verschwand und seine Pupillen schienen zu wachsen. Er schrumpfte wieder in sich zusammen und kam schlurfend auf die beiden zu und zog Mello ein Stück von Rumiko weg. „Wenn du mit dem Affentheater jetzt fertig bist dann würden wir beide gerne mit dir reden.“ „Was wollt ihr von mir?“ fragte sie giftig und versuchte sich zu befreien doch als Mello ihr den Lauf seiner Waffe mehr an den Kopf drückte, rührte sie sich nicht mehr und blieb ruhig. „Wir brauchen deine Hilfe um Kira zu fassen. Der Kerl hatte Beyond getötet und das Waisenhaus, in dem ich aufgewachsen bin, mit allen anderen Waisenkinder niederbrennen lassen. Dafür will ich ihn leiden lassen.“ „Was kümmert’s mich? Ich bin froh so wie es jetzt ist.“ Es würde hart werden Rumiko zu überzeugen aber Mello ließ nicht locker. Er musste nur an der richtigen Stelle ansetzen um sie zu locken. „Es wird eine unglaublich gefährliche Sache. Wir müssen nicht nur den wahren Kira schnappen sondern auch seine wichtigsten Handlanger und wahrscheinlich wird keiner von uns überleben. Aber mein Entschluss steht fest: Egal was es mich auch kosten mag, ich werde ihn finden und ihn bis aufs Blut demütigen und leiden lassen.“ Schweigend nickte Rumiko und lächelte verschlagen. „Wenig Aussichten dass wir die ganze Sache überleben? Große Gefahren und mächtige Gegner? Endlich hast du geschnallt worauf es mir ankommt.“ „Dann bist du dabei?“ „Nun mal nicht so schnell Mello oder wie du dich auch immer nennst. Ich will mir das alles erst einmal genauer ansehen und mir mein eigenes Urteil bilden. Wenn ich der Meinung bin dass dein Plan interessant genug für mich ist, dann gehört dir meine Kraft aber sollte das nur irgendeine langweilige Tour werden, bin ich sofort weg und nehme deinen Kopf als Souvenir mit.“ Damit gab sich Mello zufrieden und steckte die Pistole wieder ein, dann befreiten er und Beyond Rumiko von ihren Fesseln und gingen sicherheitshalber von ihr weg. Die 26-jährige stand auf und klopfte sich den Staub vom Kleid und richtete ihre Schleife. Sie verließen die Schule und währenddessen klärte Mello sie über die Regeln auf. „Rebirth lässt du bitte in Ruhe ebenso wie alle anderen. Wenn du Langeweile hast, dann wird sich schon was finden.“ Rumiko sagte nichts sondern folgte ihnen brav zum schwarzen Toyota wo Rebirth wartete. Da dieser zu große Angst vor Rumiko hatte, kam er auf den Beifahrersitz während Rumiko und Beyond auf der Rückbank Platz nahmen. Sie fuhren direkt zu Mellos Haus, welches er zusammen mit Matt bewohnte und wenigstens kamen sie ohne Stau durch. Zwar machte Rumiko ein paar abwertende Bemerkungen, die auf Rebirth andeuteten doch Beyond konnte für Ruhe sorgen und nach zehn Minuten waren sie da. Rumiko, Rebirth und Beyond staunten nicht schlecht. Vor ihnen erstreckte sich ein riesiger Bau mit mindestens fünf Stockwerken und erinnerte mehr als ein hochgesichertes Bürogebäude. „Und in diesem Haus lebst du alleine?“ „Nein, mein Freund Matt aus dem Waisenhaus wohnt auch dort. Hauptsächlich dient das Haus nur dazu, seine ganzen aufgemotzten Maschinen und Erfindungen zu verstauen. Ich muss euch aber warnen: Er ist ein unglaublicher Chaot, die meiste Zeit nur am Zocken und Basteln und er ist Kettenraucher. Passt also auf wo ihr hintretet.“ Er schloss die mehrfach gesicherte Tür auf und ging zum Fahrstuhl. „Beyond und Rumiko, ihr bewohnt das dritte Stockwerk. Da sind genug Zimmer dass ihr euch nicht über den Weg laufen müsst. Rebirth, du kannst entscheiden ob du bei ihnen, alleine auf dem vierten oder bei mir und Matt wohnen möchtest.“ Es war das Beste Rebirth von Rumiko fernzuhalten um sie nicht unnötig zu reizen. Außerdem wollte er nicht noch später die Sauerei wegmachen müssen. Rebirth, der schreckliche Angst vor Rumiko hatte und auch nicht allein sein wollte, zog es vor sich bei Mello und Matt einzuquartieren. Im 6. Stockwerk stiegen sie aus und betraten ein völlig chaotisches Zimmer. An den Wänden hingen dutzende Blaupausen und jemand hatte mit einem schwarzen Stift irgendwelche Formeln an die Wände gekritzelt. In einer Ecke saß ein rothaariger junger Mann mit Fliegerbrille, Streifenpullover, einer Streetstyle Jeans und Springerstiefeln auf einem Stuhl und spielte an einer PSP während er rauchte. „Bin wieder da Matt, könntest du mal kurz die Konsole beiseite legen?“ Irgendwie schien der Kerl mit den Gedanken ganz woanders zu sein aber als er die vier sah, hob er erstaunt die Augenbrauen. „Habt ihr Zickenkrieg gehabt oder warum seht ihr so mitgenommen aus? Und wer sind die anderen zwei?“ „Das sind Rebirth und Rumiko Karasuma. Nun ja, wir hatten eine kleine Auseinandersetzung. Könntest du dich bitte um Beyond und Rumiko kümmern? Ich hab da noch was mit dem Kleinen hier zu besprechen.“ Damit schnappte sich Mello Rebirth und ging mit ihn in ein anderes Zimmer. Der Junge war extrem nervös und spielte ständig mit einem Stift herum. Mello schloss die Tür und verschränkte die Arme. „Damit eines klar ist: Das hier ist keine Kindertagesstätte und wenn du Angst hast, hast du noch die Möglichkeit zu gehen. Ich kann ehrlich gesagt niemanden gebrauchen, der nur ein Klotz am Bein ist und uns noch in Lebensgefahr bringen. Entweder du ziehst das mit uns durch und bist auch bereit im schlimmsten Falle dein Leben zu opfern oder du steigst aus. Ich werde jede deiner Entscheidungen respektieren…“ „Ich kann kämpfen!“ zuerst war Rebirth so in sich zusammengeschrumpft und hatte den Blick gesenkt sodass er wie ein kleines Kind wirkte, aber nun sagte er im trotzigen Ton noch einmal lauter „Ich kann kämpfen!“ Wilde Entschlossenheit brannte wie ein Feuer in seinen Augen und er schien zu wachsen. Mello wirkte aber alles andere als überzeugt. „Das ist schnell gesagt aber kannst du auch wirklich zu deinem Wort stehen? Zeig mir dass du etwas drauf hast. Du sollst ja ein so toller Schütze sein. Wie sieht’s aus?“ Wieder schien Rebirth ängstlich zusammen zu schrumpfen doch er wollte es trotzdem machen. Mello führte ihn ins oberste Stockwerk, welches aus einem einzigen riesigen Raum mit einigen Containern und Kisten ein paar Deckungsmöglichkeiten bot. „Dieses Stockwerk dient allein dazu, sich für den Ernstfall zu rüsten. Die Roboter reagieren auf Wärmebilder und dein Ziel ist es ihre Schwachpunkte zu treffen um sie auszuschalten und dich dabei nicht treffen zu lassen.“ Er reichte Rebirth einen Anzug und dazu noch einen Helm mit Schutzbrille. „Keine Sorge, der schießt nicht mit scharfer Munition aber es tut trotzdem weh. Am Anzug erkennt man die Abdrücke wenn du getroffen wurdest und wenn es dich meiner Meinung nach zu oft erwischt, dann musst du härter daran arbeiten.“ Gehorsam legte Rebirth seine Schutzkleidung an und bekam von Mello zwei Pistolen. „Da hinten befindet sich der Kontrollraum von wo aus ich alles leiten werde. Viel Glück Kleiner.“ Damit verschwand Mello und wenig später ertönte eine Sirene. Eine mechanische Frauenstimme verkündete „Warnung, Roboter sind betriebsbereit. Bitte begeben Sie sich augenblicklich in die Sicherheitsräume.“ Etwas verunsichert blieb Rebirth stehen und wusste nicht was er nun machen sollte, dann schnellten die Roboter hervor und schossen los. Es war ein einziges gnadenloses Trommelfeuer doch Rebirth konnte sich noch schnell hinter einem rostigen Container verstecken. Das ging aber sehr schnell… Der Kugelhagel stellte sich langsam ein und vorsichtig lugte Rebirth hervor um zu gucken wo denn zum Kuckuck diese verdammten Schwachstelle? Was ihm auffiel war, dass die Roboter ihn zwar anvisierten, aber nicht in jedem Falle trafen. Sie hatten die Eigenschaften von Menschen und das bedeutete dass die Schwachstellen sich also am Kopf und an der Brust befanden. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Im Geiste berechnete er die Position der Roboter und die geeigneten Schusswinkel. Es dauerte keine zwei Minuten, da sprang er aus seinem Versteck hervor und schoss. Vor seinem geistigen Auge konnte er sehen, welchen Winkel er nehmen musste um die Punkte zu treffen und konnte schließlich alle zehn Roboter mit nur elf Schüssen ausschalten. Zwei Schüsse hatten ihn insgesamt getroffen und das war als er vor dem Kugelhagel geflohen war. Einer am linken Schulterblatt und einer an der linken Wade. Es tat wirklich höllisch weh doch Rebirth versuchte sich zusammen zu reißen. „Bravo Kleiner“ tönte es durch die Lautsprecher und Mello kam heraus. „Das hat ja keine fünf Minuten gedauert und schon hast du sie alle ausgeschaltet. Anscheinend hatte Beyond Recht dass du ein exzellenter Schütze bist. Lass mich mal sehen wo es dich erwischt hat, Kleiner.“ Aufmerksam musterte Mello den Jungen und als er sah dass es ihn nur zwei Mal erwischt hatte, klopfte er ihm zufrieden auf die Schulter. „Gut gemacht, du bist im Team. Komm, lass uns wieder nach unten gehen, dann können wir etwas Eis auf die Stellen legen.“ Dafür wäre Rebirth echt dankbar denn obwohl es keine scharfe Munition war, brannten die Schussstellen wie Feuer und jede Bewegung schmerzte. Eine erschreckend reale Simulation. Aber wenigstens nahm man ihn jetzt ernst und behandelte ihn wie einen Erwachsenen. Nur störte es ihn, dass dieser Mello ihn immer wieder „Kleiner“ nannte. Aber ihn daraufhin anzusprechen, dazu hatte er zu viel Angst vor ihm. Der Kerl mit den rachelustigen Augen, der Mafia-Sonnenbrille, der Lederkleidung und dem kräftigen Körper war ihm unheimlich und auch wenn er wusste dass er ein wenig zu ängstlich und schüchtern war und sich obendrein nie wirklich durchsetzen konnte, machte ihm eine Wahnsinnsangst. Zusammen gingen sie wieder runter und wie versprochen bekam er eine Kühlung auf die rot angelaufenen Stellen. Während er weg war hatte Matt Beyond und Rumiko verbunden und sich anschließend seiner PSP wieder zugewandt. Rumiko sah sich noch ein wenig im Gebäude um doch Beyond war dageblieben und hörte aufmerksam Rebirths Erlebnis im Simulationsraum an. Lobend tätschelte er ihm den Kopf und setzte ein Lächeln auf. „Nicht schlecht Rebirth, ich sag ja immer wieder dass du ein Meisterschütze. Alles was du brauchst ist ein wenig mehr Selbstvertrauen, das ist alles.“ Mello ging derweil zum Kühlschrank und holte ein Bier raus. Für Beyond gab es einen supersüßen Kaffee und für Rebirth ein Mineralwasser, Matt wollte nichts. Mello setzte sich zu Beyond und öffnete sein Dosenbier, dann trank er einen kräftigen Schluck. „Wie habt ihr zwei euch eigentlich kennen gelernt. Ihr seid echt so verschieden, da würde es mich schon gern mal interessieren.“ Beyond schwieg und sah fragend zu Rebirth, der nach einem kurzen Zögern sein Einverständnis gab. „Rebirths voller Name ist Lucas Rebirth Adams und er ist ein Klon. Er diente einzig und allein dem Zweck, seinem todkranken Bruder Organe zu spenden, doch dieser verstarb bevor seine Organe genug ausgewachsen waren und jahrelang haben seine Eltern ihm indirekt die Schuld gegeben. Als seine Mutter ihn diese Wahrheit an den Kopf warf, stach er mit einem Messer auf sie ein und kam in eine psychiatrische Klinik, in der auch ich war. Dort haben wir uns angefreundet und weil sein Vater ihn wegen den Angriff auf seine Mutter nur noch hasste und ihn aus dem Haus warf, habe ich ihn aufgenommen und als eine Art Bruder aufgezogen. Doch Rumiko hat das überhaupt nicht gefallen und zu der Zeit hatten wir eine Art Jagdspiel am Laufen. Es geht so ähnlich wie „Mister X“ nur dass die Hinweise Tote sind. Wenn man Mister X aufgespürt hat, kämpft man mit ihm bis zum totalen Zusammenbruch darum, wer die überlebenden Opfer tötet.“ Mello stellte sein Bier ab und sah Beyond fassungslos an, sogar Matt hatte seine PSP beiseite gelegt und sah sie durch seine Fliegerbrille an. Rebirth und Beyond hatten einen sehr ernsten Gesichtsausdruck. „Ich habe versucht Rumiko klar zu machen, dass Rebirth für dieses Spiel nicht geeignet ist aber Rebirth wollte das Gegenteil beweisen. Als er jedoch gezwungen wurde, ein Kind zu töten, hat er alles stehen und liegen lassen und ist weggelaufen. Er konnte das einfach nicht tun. Rumiko ist vollkommen ausgerastet und ich bin mit ihm geflohen. Als ich mal nicht auf ihn aufgepasst hatte, hat sie ihn fast umgebracht und mir ein Foto von ihm über Handy geschickt.“ „Und wie habt ihr dem Ganzen ein Ende gemacht?“ Gebannt hatten Mello und Matt der Geschichte gelauscht und klebten förmlich an seinen Lippen. Nur Rebirth wollte nicht wirklich zuhören doch er traute sich nicht etwas zu sagen. „Als Rumiko eine Gruppe von Studenten getötet hatte, konnte ich sie aufspüren und wir beide haben miteinander gekämpft. Es war wirklich kein schöner Anblick und schließlich habe ich ihr ein Messer in den Bauch gestoßen und bin mit ihr die Klippen hinuntergestürzt. Es war ein Wunder dass wir beide überlebt haben und sofort bin ich nach Rebirths Entlassung aus dem Krankenhaus mit ihm nach Japan ausgewandert. Dort haben wir unter falschem Namen das Restaurant Izakaya eröffnet und leben seitdem unerkannt.“ Ein bedrückendes Schweigen breitete sich im Raum aus und niemand wagte noch etwas zu sagen. Beyond belastete die Geschichte sehr, ebenso wie Rebirth und Mello überlegte ob es wirklich eine gute Idee war, Rumiko mit in die Sache hineinzuziehen und Rebirth somit in Gefahr zu bringen. Auch wenn er glaubte die Sache im Griff zu haben und dass alles unter Kontrolle wäre, so fragte er sich ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war oder ob es besser gewesen wäre, Beyond und Rebirth einfach in Ruhe zu lassen und sie ihr Leben leben zu lassen. Kapitel 4: Fragen ----------------- Es war schon spät und Mello saß mit Matt im Wohnzimmer und sah sich das Nachtjournal an. Wie erwartet kamen hauptsächlich nur neueste Kira-Nachrichten und in Deutschland war es zu heftigen Aufständen gekommen nachdem einige Minister aufgrund von Korruption und sonstigen Skandalen an Herzversagen gestorben waren. Die Polizei hatte eine Schülerdemonstration gestoppt, die sich gegen Kiras Terror-Regime zu Wehr gesetzt hatte und eine Aufnahme zeigte eine Schülerin, die offen sagte dass Kira ein grausamer Mörder wäre und sich über das Gesetz stelle, was absolut inakzeptabel wäre und dass sich ihm die Welt nicht ewig unterordnen würde. Noch während sie redete, starb sie an Herzversagen und die Aufnahmen wurden abgebrochen. Als die Wetternachrichten kamen, schaltete Mello um und suchte das Programm nach einem interessanten Programm, doch außer den Reportagen, Softpornos und Verkaufssender kam nichts und so sahen sich die beiden einen Actionfilm an. „Bin mal gespannt wie das noch so wird. Hast du dich schon für den ersten Kandidaten entschieden?“ „Ich hänge immer noch zwischen Misa Amane und Kiyomi Takada fest. Auf der einen Seite müssen wir unbedingt die Kontrolle durch die Medien unterbinden und Misa Amane ist Kiras engste Verbündete.“ „Warum schnappst du nicht einfach beide? Ich geh mit Beyond und Rebirth und du mit Rumiko. So einfach ist die Sache.“ Daran hatte Mello noch gar nicht gedacht und er war erstaunt darüber, dass ihm das nicht gleich eingefallen war. Na klar doch, Matt konnte die beiden einfach hinfliegen und sie würden die eine schnappen während er sich mit Rumiko um die andere kümmerten. Das würde auch keine Probleme geben wenn die „Problemkinder“ voneinander getrennt wurden. Plötzlich klopfte es an der Tür und Rebirth kam herein. Er wirkte etwas müde und nur zögernd setzte er sich auf Sofa. „Kannst du nicht schlafen?“ Schweigend schüttelte Rebirth den Kopf und sah Mello mit seinen schüchternen roten Augen an. „Wenn Beyond schläft dann schreit und weint er im Schlaf.“ „Und wieso?“ Mello hatte schon oft von Leuten gehört, die im Schlaf wie am Spieß schreien konnten und nichts davon merkten. Aber dass sie dabei auch heulten, das war ihm vollkommen neu. „Wenn er schläft dann muss er sich mit seinen Erinnerungen und seinem anderen Ich, seinem „Inneren Monster“ auseinandersetzen.“ „Was ist das denn nun wieder?“ Da Matt auch interessiert zu sein schien, schaltete er die Lautstärke ein wenig runter und sah kurz auf, bevor er sich wieder seiner PSP zuwandte. Rebirth fuhr sich etwas verunsichert mit den Fingern durch sein schwarzes Haar und murmelte eine Weile „Ähm…“ bevor er eine gescheite Antwort gab. „Das ist eine etwas komplizierte Sache und auch ein wenig schwer nachzuvollziehen. Also Rumiko, Beyond und ich haben ja diese Shinigami-Augen und besonders ausgeprägten Reflexe und diese nennen wir Shinigami-Gene. Sie können nicht medizinisch nachgewiesen werden weil sie nicht von dieser Welt sind aber wir können sie hören. Naja, ich eigentlich kaum aber Rumiko und Beyond haben besonders damit zu kämpfen.“ „Wieso zu kämpfen? Fügt sie euch etwa Schaden zu?“ „Kann man so sagen. Diese Gene senden nämlich ein codiertes Signal ans Gehirn welches dieses aber nicht richtig entschlüsseln kann. Es interpretiert dieses Signal als Aufforderung zur Selbstverletzung oder seine Mitmenschen anzugreifen. Oft sind Paranoia, Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörungen die Folge. Wie stark dieses Shinigami-Gen ausgeprägt ist, hängt von der Charakterstärke ab. Je stärker man ist desto stärker ist auch dieses Shinigami-Gen. Rumiko ist unglaublich stark aber sie lässt sich von ihrem Shinigami-Gen vollkommen einnehmen und beeinflussen aber am schlimmsten geht es Beyond. Weil er so einen labilen Charakter haben kann, hat er kaum Kontrolle über sein anderes Ich. Manchmal bekommt er ganz plötzlich einen Wutanfall und wird fast sogar gewalttätig aber die einzige Art wie er sich beruhigen kann ist, sich selbst zu verletzen. Eine Zeit lang wollte er sogar sterben aber als wir uns in der Psychiatrie kennen gelernt hatten, schien es ihm irgendwie wieder Kraft zu geben, weiterzukämpfen und schließlich hat er mich sogar adoptiert als mein Vater mich nicht mehr haben wollte. Seitdem ist er mein großer Bruder.“ Den letzten Satz er mit einem Lächeln und voller Stolz und er wirkte wie ein Kind, welches von seinem großen Bruder schwärmte. Da konnte Mello einfach nicht anders als ihm den Kopf zu tätscheln und ihn „Kleiner“ zu nennen. Daraufhin verschränkte Rebirth beleidigt die Arme. „Hör auf mich immer „Kleiner“ zu nennen. Ich habe einen Namen!“ „Das schon aber bis ich dich beim Namen nenne musst du erst mal erwachsen werden.“ Da musste selbst Matt schmunzeln und sie sahen noch bis 3 Uhr morgens TV bis Mello schließlich ins Bett ging. Er nahm dem schlafenden Matt die noch brennende Zigarette aus dem Mund, drückte sie im Aschenbecher aus und weckte ihn auf damit er in seinem Bett schlafen ging. Rebirth übernachtete im selben Stockwerk da Beyond seiner Meinung nach zu laut war und er nicht alleine geschweige denn bei Rumiko bleiben wollte. Wie ein kleines Kind, dachte Mello lächelnd als er ins Badezimmer ging und sich für die Nacht zurecht machte. Aber irgendwie war das auch süß. Es erinnerte ihn an die vielen Waisenkinder im schottischen Waisenhaus, die ihm zu den Festtagen und zu seinem Geburtstag selbst gebastelte Karten schickten und ihn immer so herzlich begrüßten, wenn er sie besuchen kam. Sie waren noch Kinder und wussten nicht wie grausam und kalt diese Welt war in der sie lebten. Was mussten wohl Beyond, Rumiko und Rebirth erlebt haben dass sie zu dem wurden was sie heute waren? Jeder Mensch hatte seine eigene tragische Geschichte und Mello hatte schon früher die Angewohnheit gehabt die Probleme anderer zu seinem eigenen zu machen und wenn er ein Problem hatte, dann war ihm jedes Mittel recht, es aus der Welt zu schaffen. Als Mello am nächsten Morgen von Matt geweckt wurde, erwartete ihn in der Küche eine Überraschung. Rumiko und Beyond hatten das Frühstück fertig gemacht und saßen bereits am Tisch und lasen jeweils eine Zeitungshälfte. Rumiko nahm den Wirtschafts- und Politikteil und Beyond die ersten Seiten mit dem Sport. Schweigend saßen sie gegenüber und schließlich tauschten sie ohne ein Wort zu sagen die Zeitungen. Ein echt seltsames Bild, was sich Mello bot und er war erstaunt, dass alle schon vor ihm wach waren und schon in Tageskleidung am Tisch saßen. „Wo ist denn Rebirth?“ „Schläft wie ein Murmeltier. Den kriegst du echt nicht wach.“ Mello machte sich sein Frühstück und ein Spiegelei, trank eine Tasse Kaffee und versuchte seine blonden Strähnen aus seinem Sichtfeld zu entfernen. „Heute Abend wenn es dunkel ist, wird es unseren ersten Einsatz geben. Rumiko, du gehst mit mir und Rebirth und Beyond werden mit Matt gehen. Unsere Ziele sind Kiyomi Takada und Misa Amane.“ „Ich will Takada!“ meldete sich Rumiko sofort und legte ihre Zeitung beiseite und sah Mello mit ihren roten Augen scharf an. „Und wieso?“ fragte Matt und wollte gerade seine morgendliche Zigaretten anzünden, doch da nahm die Blondine ihm die Schachtel weg. „Weil die blöde Kuh eine hochnäsige Schlampe ist, die mich im Supermarkt dumm angemacht hat. Sie meinte doch tatsächlich dass ich aussehe wie ein Möchtegern-Teenie und reden würde wie ein Sozialhilfeempfänger. Ich wollte die Schlampe schon vorher kalt machen aber allein komme ich an ihren blöden Bodyguards nicht vorbei. Die gehört auf jeden Fall mir!“ Ein infernalisches Leuchten ging von ihren Augen aus und sie hatte offensichtlich eine Stinkwut auf Kiyomi Takada. Kein Wunder, denn dieses TV-Püppchen war nicht nur Kiras Sprachrohr, sie benahm sich auch wie eine kleine Göttin und so etwas Arrogantes wie sie hatte Mello noch nie in seinem Leben gesehen. „Wie es scheint bahnt sich ein Zickenkrieg an“ kommentierte Matt und wollte sich seine Zigaretten zurückholen, doch Rumiko erklärte ihm, dass er das gerne hinterher machen könnte weil sie nicht wollte, dass sie nachher nach Nikotin stank. „Dann bist du damit einverstanden dass du dich um Amane kümmerst?“ Beyond gab ein resigniertes Nicken als Antwort und blätterte den Wirtschaftsteil durch. Das Frühstück verlief relativ ruhig bis der völlig zerzauste wie übermüdete Rebirth in die Küche kam, da stand Rumiko auf und verließ die Küche wobei sie den Jungen giftig ansah. Doch das schien der 18-jährige nicht mitzubekommen und setzte sich neben Beyond. Anscheinend hatte er Sorge, Rumiko könnte noch einmal zurückkommen und neben ihm sitzen. Auch ihm erklärte Mello den Plan und auch wenn Rebirth nicht wirklich begeistert klang, so gab er sein O.K. und nach dem Frühstück gingen alle wieder ihrer Wege. Rumiko ging zur Schule um sich fürs Erste beurlauben zu lassen, Mello reparierte sein Motorrad und Rebirth half ihm dabei. Matt zeigte währenddessen dem gelangweilten Beyond mehr über seine Erfindungen und so hatte jeder eine Beschäftigung. Während sie am Motorrad hantierten, unterhielten sich Rebirth und Mello über verschiedene Dinge und schließlich kamen sie wieder auf die Shinigami-Augen zu sprechen. „Wie ist das eigentlich wenn man Namen und Lebenszeit von Menschen sehen kann?“ wollte Mello wissen und kramte aus einer Werkzeugkiste einen Schraubenschlüssel hervor während Rebirth das kaputte Licht und den völlig verbeulten Vorderreifen auswechselte. „Naja“ begann der 18-jährige zögernd. „Viele denken halt dass das echt ne coole Sache ist, immerhin kommt man nie in die Verlegenheit, sich nicht an den Namen einer Person zu erinnern aber auf Dauer ist es sehr deprimierend. Man weiß wann die Eltern sterben, die Freunde und Bekannten… Das ist wirklich sehr schlimm und nur diejenigen, die mit den Shinigami verbunden sind, können gegenseitig ihre Lebenszeit bzw. ihre eigene Lebenszeit nicht sehen. Deswegen bleiben wir meist unter uns.“ „Aha…“ gab Mello zur Antwort und begann zu schrauben. „Dann hättet ihr wohl gerne normale Augen oder?“ „Nicht nur das, wir wollen eigentlich ein ganz normales Leben als stinknormale Menschen leben. Ständig leben wir mit einer Gabe die uns innerlich kaputt macht und ständig fragen wir uns, warum wir so sind und warum wir überhaupt auf dieser Welt sind. Es muss doch einen Grund geben warum es uns gibt und den suchen wir.“ Naja, mochte zwar sein dass Beyond und Rebirth so sehr nach dem Sinn des Lebens suchten aber auf Rumiko traf das eher nicht. Diese Kratzbürste war doch vollkommen durchgeknallt und er fragte sich was sie wohl dazu getrieben hatte, den armen Jungen die Arme zu brechen, ihn den Rücken zu verätzen und anschließend auf ihn einzustechen. Das ließ nur einen Schluss zu: Die Frau hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank! Als sie eine Stunde an dem geschrotteten Motorrad gearbeitet hatten, wollte Rebirth wissen wie spät es war und wirkte ein wenig unruhig. Mello sah auf seine Digitaluhr. „Wir haben jetzt gleich 13 Uhr wieso?“ „Oh Mist ich muss los sonst komm ich noch zu spät?“ Hastig eilte Rebirth los und schien sehr unter Zeitdruck zu stehen. Mello ging hinterher um herauszufinden wo er hinging. „Hast du eine Verabredung?“ „Ja ich habe eine Verabredung und wenn ich zu spät komme dann verpasse ich sie noch. Entschuldige mich bitte aber ich habe es extrem eilig.“ Wie der Wind zischte Rebirth davon und stirnrunzelnd sah Mello ihm hinterher. Mein Gott war der Typ schnell. Der musste ja eine richtig scharfe Verabredung haben wenn der so davon flitzte. Die Jugend heutzutage… Sind zwar noch recht grün hinter den Ohren aber schon die erste Freundin. Mello wurde neugierig und dachte erst darüber nach Rebirth zu folgen, aber dann verwarf er diesen Gedanken denn so was gehörte sich nun wirklich nicht und er könnte den Kleinen noch in Verlegenheit bringen. Er würde anfangen zu stottern, knallrot anlaufen und dann vielleicht sogar hyperventilieren. Im besten Falle würde dieser sogar in Ohnmacht fallen und das würde wirklich lustig werden. Vielleicht wusste ja Beyond Antwort. Er nahm den Fahrstuhl in den fünften Stock, wo sie die komplette Laborausrüstung hatten. Dort fand er Matt, der Beyond gerade einen Laser vorgeführt hatte, welcher ein großes Loch in eine Stahlplatte geschnitten hatte. Gerade setzten sie die Schutzbrillen ab und Matt begrüßte seinen Freund lässig. „Wo hast du denn Rebirth gelassen?“ „Der ist gerade abgehauen. Hat irgendwie eine Verabredung oder so. Den hättet ihr sehen müssen. Sag mal Beyond, weißt du etwas dazu?“ Der 25-jährige zuckte nur mit den Achseln und half Matt beim Einräumen. „Keine Ahnung. Seit ungefähr zwei Monaten geht er um zehn vor 13 Uhr weg zu seiner Verabredung aber wenn ich ihn frage, dann will er nichts sagen. Er meinte dass das ein Geheimnis ist und er versprochen hatte, nichts zu verraten. Ob das jetzt nur ein Freund ist oder eine feste Beziehung, da bin ich überfragt aber der geht mindestens drei Male pro Woche weg. Sonst hat er eigentlich keine Geheimnisse vor mir…“ Nachdem die Besichtigung vorbei war, wollte Beyond sich noch für heute Abend vorbereiten und ging im Waffenlager nachsehen, was es für ihn Interessantes gab. Mello und Matt begleiteten ihn und begannen ebenfalls sich geeignete Waffen rauszusuchen. Matt war eigentlich nur Pilot doch er nahm einen Taser und eine Beretta zum Schutz mit, falls es doch schwierig werden sollte. Mello wählte die extra für ihn angefertigten Halbautomatikwaffen „Bonny“ und „Clyde“. Mit ihnen ließ sich viel besser schießen und sie hatten auch eine größere Durchschlagskraft. Außer einem guten Vorrat an Magazin brauchte er eigentlich nichts. Nur Beyond schien alles andere als begeistert von den Schusswaffen zu sein und schüttelte den Kopf. „Habt ihr keine Messer oder so etwas? Also mit Schusswaffen zu kämpfen ist einfach nicht mein Stil. Die Ballerei überlasse ich da lieber Rebirth.“ Das war für Matt kein Problem und er betätigte einen Hebel, wodurch die Regale einfach umgedreht wurden und die Maschinengewehre, Raketenwerfer und Durchschnittspistolen verschwanden. Zum Vorschein kam eine gigantische Sammlung an Messern, Schwertern und asiatischen Waffen. Sogar Lanzen. Beyond staunte nicht schlecht. „Da habt ihr aber was auf die Beine gestellt.“ „Alles nur für unseren Plan. Da war uns nichts zu teuer.“ Beyond nahm sich immer wieder ein Messer heraus von unterschiedlichen Längen und begutachtete sie. Er schien wohl sehr genau auf Qualität zu achten. Wenn er ein geeignetes Messer gefunden hatte, begann er es wie zum Angriff zu schwingen und testete die Schneidkraft an einem Holzblock aus. Dann untersuchte er es noch einmal mit kritischem Blick und legte es wieder weg. Von den ganzen Waffen suchte er sich insgesamt drei heraus. Es waren zwei Fleischermesser und ein Tanto-Dolch. „Sehr gute Messer. Schön leicht, sitzt gut in der Hand und sie sind vor allem scharf. Wirklich gut.“ „Bist wohl Experte“ murmelte Matt ein wenig sarkastisch und zündete sich lächelnd eine Zigarette an, von welcher er einen kräftigen Zug nahm. „Man muss sein Handwerk verstehen“ entgegnete Beyond mit gleichem Sarkasmus und steckte die Waffen ein. „Ich hol auch gleich die Waffen für Rumiko raus. Ich weiß ja was sie haben will.“ Bei der Auswahl von Rumikos Ausrüstung ging Beyond etwas weniger genau vor aber auch er testete wie sich die Waffe führen ließ. Er wählte ein Stilett, eine Machete und zwei Pistolen aus. Als er die Machete betrachtete, sah er für einen Augenblick sehr traurig aus und hatte einen herzzerreißenden Blick. „Was ist?“ fragte Mello und kam näher auf ihn zu. Seine Hand zitterte und ihm fiel die Machete aus der Hand. Er wurde kalkweiß im Gesicht und ging einen Schritt zurück. Irgendwas stimmte mit ihm nicht, das merkte Mello sofort und er ging zu ihm und sah ihm tief in die Augen. „Beyond, was ist los? Was hast du?“ Langsam schien er sich zu beruhigen und rieb sich die Handfläche, an der Rumiko ihn verletzt hatte. „Nichts, es schmerzt nur. Entschuldige, ich bin gleich wieder da.“ Mit gesenktem Blick wandte Beyond sich um und rannte davon und Matt und Mello blieben ratlos zurück. Mello hob die Machete auf und sah sie sich genauer an, konnte aber nichts Ungewöhnliches an ihr feststellen. Was zum Teufel war bloß mit dem Kerl los? „Er scheint mehr Wunden zu haben als er preisgeben will. Du solltest mit ihm reden. Ich räume hier schon auf.“ Doch Mello war einfach nur ratlos und verstand das alles nicht. Was zum Teufel lief da genau zwischen Rumiko und Beyond und welche Rolle spielte Rebirth wirklich? Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er nur noch von Geheimnissen umgeben war und er in eine wirklich komplizierte wie tragische Geschichte hineingeraten war. Kapitel 5: Narben ----------------- Beyond saß schweigend in dem dunklen Zimmer und hatte sich ganz klein gemacht. Seit damals hatte sich nichts verändert. Egal wie oft er versuchte stark zu sein und niemals Schwäche zu zeigen, so konnte er immer noch nicht dieses Kindheitstrauma überwinden. Er war immer noch die gleiche Heulsuse wie damals und selbst mit 25 Jahren weinte er, wenn er sich an früher erinnerte. Es klopfte an der Tür und Mello kam herein und wollte gerade den Lichtschalter betätigen da rief Beyond „Lass das Licht aus.“ Er verbarg sein von Tränen gerötetes Gesicht und schämte sich, dass ausgerechnet dieser Junge da ihn so gesehen hatte, wo er doch zuvor ständig den großen Macker markiert hatte. Mello schloss vorsichtig die Tür und setzte sich zu ihm auf den Boden. „Weißt du Beyond, als Kind habe ich es wirklich nicht leicht gehabt. Du hast ja selbst mitgekriegt dass meine große Schwester eine Hure war und mein Vater drogenabhängig war. Er war ein wahrer Dreckskerl gewesen, der eines Tages qualvoll an einer Überdosis krepiert ist. Dass meine Mutter sich vor meinen Augen umgebracht hat, verfolgt mich bis heute noch. Zwischen uns beiden liegen zwar vier Jahre, aber es ist nicht schlimm wenn man Tränen vergießt. Du musst dich auch nicht schämen. Wenn du reden willst…“ „Danke“ murmelte Beyond und rieb sich mit dem Ärmel die Tränen weg. „Aber ich brauche kein Mitleid, insbesondere kein falsches Mitleid.“ „Ich habe auch kein Mitleid aber Mitgefühl mit dir und das ist nicht das Gleiche.“ Schweren Herzens und mit einigem Kraftaufwand begann Beyond zu erzählen, was in seiner Kindheit damals vorgefallen war. Alles begann damit als er fünf Jahre alt wurde. Rumiko wurde adoptiert weil seiner Mutter nach einem schweren Unfall die Gebärmutter entfernt werden musste. Dabei hatte sie ihr ungeborenes Kind verloren und verfiel daraufhin in eine schwere Depression. Sein Vater, Harry Birthday konnte mit dem ganzen Stress nicht umgehen, insbesondere weil er unzufrieden mit seinem eigenen Job war. Als er diesen verloren hatte, begann er mit dem Trinken und wurde aggressiv. Weil Beyond so sehr nach seinem Großvater kam und dieser Harry nur angeschimpft und niemals für irgendetwas gelobt hatte, ließ er all seine Wut an dem Jungen aus. Rumiko hingegen war sein kleines Prinzesschen und betüddelte sie von vorne bis hinten. Bei der Mutter war es jedoch komplett umgedreht. Sie liebte Beyond über alles aber auf Rumiko reagierte sie manchmal sehr seltsam und feindselig. Sie hatten beide als Kinder immer gerne am Teich gespielt, welcher in einem Wald ganz in der Nähe war. Als Sein Vater seinen Job verlor und begann Beyond zu schlagen, wenn wer betrunken war, schloss sich er sich meistens in seinem Zimmer ein und Rumiko ging eine Zeit lang allein dorthin wenn sie vom Schach- und Tanzverein zurückkam. Sie beide hatten ein sehr angespanntes Verhältnis nachdem sich die Eltern so sehr zum Negativen verändert hatten obwohl sie früher immer zusammen am Fluss spielten. Rumiko traf sich mit anderen Freunden und er, Beyond, wurde tagtäglich von seinem Vater zusammengeschlagen und schließlich sogar die Treppe runtergestoßen. Irgendwann hat Rumiko ihn niedergeschossen und Beyond gezwungen, zusammen mit ihr die Leiche zu zersägen. Danach hat sie ihre Mutter vor einen Zug gestoßen und ihn beinahe zu Tode gewürgt. Als er wieder aufgewacht war, war Rumiko spurlos verschwunden. Eine bedrückende Stille breitete sich aus und Mello brauchte erst mal eine Weile um diese Geschichte zu verdauen. „Sie hat dich wirklich gezwungen deinen Vater zu zersägen?“ „Ich schnitt ihm die Arme und den Kopf ab, die Beine hat sie abgesägt und schließlich in Tüten verpackt von der Brücke geworfen. Ich habe geweint und wollte das nicht aber Rumiko drohte mich umzubringen wenn ich es nicht tue. Immer wieder sagte sie, dass ich ihr dankbar sein sollte… aber trotz allem hatte ich meinen Vater sehr geliebt.“ Mello hatte von diesem Phänomen gehört, dass das Opfer eine starke Zuneigung zu seinem Peiniger entwickelte. Man nannte so etwas „Stockholm-Syndrom“ und war eine Art Fehlfunktion des Gehirns. Bei Kindern war das so, dass sie sich oft selbst die Schuld für die Gewalt ihrer Eltern gaben und eine Art verzweifelte Liebe entwickelten und sie trotz allem in Schutz nahmen. Beyond hatte anscheinend das Stockholm-Syndrom gehabt und das konnte Rumiko nicht verstehen. Sie hatte Hass gegen die eigene Familie entwickelt und wurde sogar schließlich zur Mörderin. Sie war wie eine Maus, welche von einer Katze in die Ecke gedrängt wurde. Entweder ließ sie sich totbeißen oder sie ging auf die Katze los. „Auch wenn wir beide bald auf die 30 zugehen, so sind wir immer noch wie damals: Kleine Schmetterlinge, die gegen einen Sturm ankämpfen und dabei unsere Flügel verlieren. Wir sind zwar zu Boden gestürzt und wir können nur weiter fliegen indem wir die Flügel anderer herausreißen… Und ich habe es einfach satt…“ Jetzt verstand auch Mello einigermaßen, was zwischen Rumiko und Beyond ablief. Sie empfanden Geschwisterliebe und auch gleichzeitig abgrundtiefen Hass gegeneinander. Rumiko weiß was ihr Bruder alles durchmachen musste aber irgendetwas war geschehen, was sie ebenfalls traumatisiert hatte und wofür sie Beyond die Schuld gab. Andersrum war es bei Beyond genauso und scheinbar gerieten sie immer wieder aneinander und es kam zur blutigen Auseinandersetzung aber sie brachten es nicht fertig, den anderen zu töten. Das war auch deutlich geworden, als Rumiko Beyond nach dem Mord an der Mutter fast getötet hätte. Sie hatte ihn bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt aber nicht getötet. Jeder war innerlich zerrissen zwischen Geschwisterliebe und Mitleid und diesen Hass auf den anderen und anscheinend konnten sie weder Liebe noch Hass ablegen. „Ich denke nicht dass Rumiko dich durch und durch hasst. Ich denke dass sie den Vatermord mit unter anderem begangen hat, weil sie dir helfen wollte und sie konnte einfach nicht verstehen, dass du deine Eltern trotz dieser Misshandlung so sehr geliebt hast. Und dass du ihr die Schuld gegeben hast, hat dieses Vertrauensverhältnis zwischen euch zerstört und ich glaube dass es euch auf beiden Seiten an Verständnis fehlt und keiner will den ersten Schritt machen.“ „Ich kann ihr zwar heute den Mord an meinen Eltern verzeihen weil ich nach 17 Jahren auch verstanden habe, dass mein Vater ein Arschloch war und wir beide unserer Mutter recht egal waren. Aber ich werde ihr niemals verzeihen was sie Rebirth angetan hat!“ Das war es also, dachte Mello und sah ein wenig klarer. Beyond wäre tatsächlich bereit gewesen einen Schritt auf seine Adoptivschwester zuzugehen aber die Sache mit Rebirth stand wie eine unüberwindbare Mauer zwischen ihnen. Aus irgendeinem Grund hegte Rumiko einen noch größeren Hass gegen den Jungen und anscheinend wollte sie dass Beyond sie hasst. Vielleicht lag er auch falsch und die ganze Sache war doch anders als er vermutete. Irgendwie war das alles ziemlich verworren und die beiden waren wirklich zwei geborene Sturköpfe. „Ich will mich ja nicht großartig in euren Streit einmischen aber ich denke, du solltest dich mal in Ruhe mit Rumiko aussprechen. Nicht mit Gewalt sondern einfach mal deine Ansichten und Gefühle klar herüberbringen und die Karten offen auf den Tisch zu legen. Du willst doch nicht dein Leben lang so weitermachen oder? Ich glaube da tust du weder dir, Rebirth und Rumiko keinen Gefallen.“ Mello stand wieder auf und ließ Beyond alleine damit er in Ruhe nachdenken konnte. Um 17 Uhr kam Rebirth wieder zurück und so wie es schien, hatte er eine wirklich anstrengende Verabredung gehabt. Er ging sofort unter die Dusche und legte sich danach auf die Couch und hörte klassische Musik. Außer einer Hose trug er nichts, nur ein Medaillon um den Hals. Auf seinem Körper waren Spuren von Operationsnarben zu sehen und passte irgendwie nicht zu seinem hübschen Jungengesicht. Er öffnete sich eine Dose Cola und trank einen Schluck. Matt setzte sich zu ihm und hatte wie immer seine PSP dabei. „Wie war dein Date?“ Sofort lief das Gesicht des 18-jährigen knallrot an und mit großen Augen sah er Matt an. „Wie bitte? Wie kommst du denn darauf?“ „Na komm schon. Zuerst stürmst du Hals über Kopf aus dem Haus und diese Geheimnistuerei… Erzähl mir, ist sie hübsch?“ „Ich hatte kein Date! Außerdem würde sich doch kein Mädchen für so einen Körper interessieren.“ Woher die Narben kamen, fragte Matt nicht. Er ahnte schon dass diese Dreiecksbeziehungskiste mit Beyond und Rumiko etwas damit zu tun hatte und zündete sich eine Zigarette an. „Wenn Frauen sich nur für deinen Körper interessieren, dann kennen sie das Wort Liebe nicht. Ich jedenfalls verstehe die Frauen einfach nicht und ich mach mir da auch keinen Kopf drum. Aber mit deinem Rücken sieht das etwas seltsam aus. Was ist denn da passiert?“ „Nachdem mir der Rücken mit Säure verätzt wurde, wurde ich zum Fall für die plastische Chirurgie. Es war wirklich kein schöner Anblick und ich bin froh, dass es wenigstens halbwegs natürlich aussieht und ich habe mich auch für die vielen Narben und so geschämt aber Beyond meinte, dass es keinen Grund gäbe mich zu schämen.“ „Da hat er auch Recht“ murmelte Matt und drückte in rasender Geschwindigkeit die Tasten der Konsole, während sie miteinander redeten. „Als unser Waisenhaus abgebrannt ist, hat sich Mello dabei das Gesicht verbrannt. Auch wenn ihn alle schief angucken und sich über diese Narbe lustig machen, ist es ihm egal und er zeigt sie auch.“ Kurz legte Matt seine PSP beiseite und nahm die Fliegerbrille ab. Erst jetzt sah Rebirth, dass sein rechtes Auge ins Leere starrte. Matt schien auf einem Auge blind zu sein. „Jeder in diesem Haus hat Narben, Defekte oder Ähnliches und jeder hat auf seine Weise Kraft gefunden, mit seiner Last zu leben.“ „Wann ist denn das mit deinem Auge passiert?“ „Genaueres weiß ich nicht. Irgendeine Nervenkrankheit und ich bemerkte irgendwann, dass ich auf dem rechten Auge immer schlechter sehen konnte. Ich erkenne nur noch schwache Konturen aber mehr nicht. Diese Brille hier besteht aus extra starken Spezialgläsern, durch die ich genug sehen kann um Auto zu fahren und einen Helikopter zu fliegen.“ Daraufhin setzte Matt die Brille wieder auf und spielte weiter. Rebirth nahm noch einen Schluck Cola und fragte sich, wie wohl Matt über diese Racheaktion nachdachte, die sein bester Freund da plante. Immerhin setzte er sein Leben aufs Spiel und er schien nicht gerade sehr engagiert zu sein. „Willst du wirklich für Mello in den Tod gehen?“ Matt lächelte und blies einen Rauchring aus. „Wir sind mehr als nur einfache Freunde. Wir sind schon fast Brüder und wir haben gemeinsam schon ziemlich viel erlebt. Immer hat er mich beschützt und auf mich aufgepasst, als wir noch klein waren. Ich bin ihm zutiefst dankbar und deswegen habe ich auch kein Problem damit, für ihn zu sterben.“ Matt sprach das alles mit derselben Gelassenheit aus, wie er sonst immer redete und es war schon beinahe unheimlich, wie er so ruhig über das Sterben reden konnte. Auf dem ersten Augenblick schien ihm alles egal zu sein aber Rebirth wusste, dass es einfach Matts Art war, alles so hinzunehmen wie es nun mal war und sich nicht großartig zu beklagen. Ob es jetzt Stärke oder Fassade war, das war noch unklar. „Irgendwie ist Mello unheimlich. Ständig hat er diesen Blick und er erscheint mir mehr wie ein Gangster als ein normaler Typ.“ Matt hatte schon bemerkt, dass Rebirth ein wenig Angst vor Mello hatte und verdenken konnte er es ihm auch nicht wirklich. Mello legte oft ein sehr ruppiges Verhalten an den Tag, auch wenn er eigentlich ein einfühlsamer Mensch sein konnte und spielte sich gern als Obermacker auf. Aber wenn er dann jemanden traf, den es genauso schlimm ging wie ihn, dann ließ er seine Maske fallen und zeigte sich sehr verständnisvoll und hilfsbereit. Nur manchmal fing er alles auf völlig falschem Fuß an. „Ich weiß dass er manchmal sehr Furcht erregend wirkt aber ich versichere dir, dass er ein wirklich guter Kerl ist. Er hat auch schon Gefallen an dir gefunden.“ „Ja und ständig nennt er mich „Kleiner“. Das nervt voll ab. Ich bin doch kein Kind mehr!“ Nun musste Matt lachen und er drückte seine Zigarette aus. Mello hatte Recht, der Junge war noch recht grün hinter den Ohren. Sie hörten wie eine Tür aufging und sahen Rumiko vorbeigehen, mit einer Einkaufstasche in der Hand. Sie schien die beiden nebenan gar nicht zu bemerken und wollte auch gerade wieder gehen da sah sie Rebirth und Matt. „Wo ist Beyond?“ „Der ist im Waffenlager um die Ausrüstung für heute Abend rauszulegen. Für dich hat er auch schon was ausgesucht.“ „Ach verdammt. Sag bloß ich bin die Einzige, die noch unvorbereitet ist.“ „Nein, Rebirth muss sich auch noch seine Waffen raussuchen.“ Ohne darauf etwas zu erwidern eilte Rumiko wieder weg und fluchte dabei. „Wie spät werden wir anfangen?“ Matt erklärte ihm, dass die Operation um 23 Uhr starten würde. Sie würden sich für den Angriff vorbereiten und noch mal ihre Ausrüstung durchgehen. Um 23:30 würden sie sich auf den Weg machen. Matt würde mit ihn und Beyond zum Anwesen von Kiyomi Takada gehen und wenn es ging, die Dame gefangen nehmen und dann in die extra eingerichteten Kellergefängniszellen sperren. Mello würde mit Rumiko zu Misa Amane fahren und sich um die kümmern. „Wenn du willst kannst du dich ja noch ein bisschen schlafen legen wenn du dich um die Ausrüstung gekümmert hast. Dann bist du auch fit genug für heute Abend.“ Dankend verabschiedete sich der 18-jährige und ging. Matt blieb allein zurück und sah ihm hinterher. „Ein Schmetterling zwischen zwei Sturmfronten…. Ob er diese überstehen kann oder zu Boden fallen wird?“ Nachdem er sich fertig angezogen hatte und nach einer schier ewigen Suche endlich das Waffenlager erreichte, traf er auf Rumiko die gerade dabei war, die von Beyond ausgesuchten Messer und Pistolen zu überprüfen. Als sie ihn sah, machte er einen Schritt zurück und wollte wieder gehen da sagte Rumiko in einem etwas barschem Ton „Brauchst nicht gleich abhauen oder hast du etwa Angst?“ Sie sah ihn nicht an, schien ihn einfach zu ignorieren und vorsichtig kam Rebirth herein und versuchte sich auf das zu konzentrieren, weswegen er gekommen war. Er wählte zwei Pistolen und für die Zukunft ein Scharfschützengewehr. Außerdem steckte er noch ein paar Wurfmesser ein. Eigentlich wäre er ja wieder gegangen aber andererseits wollte er mit Rumiko reden. Er hatte das Gefühl dass sie irgendetwas bedrückte und sie das mit Aggressionen zu verbergen versuchte. Zwar wusste er dass es gefährlich war sie darauf anzusprechen aber er musste es einfach riskieren. „Warum hasst du mich eigentlich?“ „Weil du eine erbärmliche Heulsuse bist, darum!“ Rumikos Antwort war ziemlich patzig und abweisend aber dieses Mal ließ sich Rebirth nicht einschüchtern. „Kann es sein dass du in Wirklichkeit Beyonds Liebe willst und mich als eine Art Bedrohung oder Rivalen ansiehst?“ Sofort bereute er dass er gefragt hatte denn Rumiko drehte sich ruckartig zu ihn um und kam schnell auf ihn zu. Am liebsten wäre Rebirth weggelaufen aber er hatte so große Angst, dass er nicht imstande war abzuhauen. Rumikos Faustschlag ins Gesicht riss ihn von den Füßen und er fiel zu Boden. Ein Tritt in die Magengrube ließ ihn schon fast Sterne sehen, da kniete sich Rumiko hin und zog ihm am Kragen hoch. Dann begann sie mit der Faust auf ihn einzuprügeln und erst als Beyond und Mello durch Rebirths Schreie alarmiert wurden und die Rasende von ihm wegzerrten, schien sie sich wieder zu beruhigen. „Warum kannst du nicht einfach verschwinden?“ rief sie und befreite sich aus dem Griff des 21-jährigen und ging. Beyond half seinem Freund hoch und gab ihm ein Taschentuch. „Was hat sie mit dir angestellt? Geht es dir gut?“ „Nein, es war mein Fehler und ich habe sie unnötig provoziert. Ich habe nur gemerkt dass sie so komisch drauf ist und hab sie darauf angesprochen. Danach ist sie auf mich losgegangen.“ Beyond brachte den etwas benommenen Rebirth auf sein Zimmer und tupfte mit einem Taschentuch das Blut ab, welches dem Jungen unaufhörlich aus der Nase floss. „Was machst du denn für Sachen Rebirth. Du weißt doch dass Rumiko gefährlich ist und dich sogar töten würde. Was hast du dir bloß dabei gedacht?“ „Weil ich bemerkt habe dass mit ihr irgendetwas nicht stimmt. Sie ist noch gereizter als beim letzten Mal und durcheinander. Ich vermute sie ist emotional aufgewühlt und ich wollte wissen warum.“ Beyonds Blick wurde ein wenig wehleidig und zunächst schien es so als wolle er was sagen doch dann schwieg er und tätschelte Rebirths Schulter. Rebirth war natürlich nicht blöd und wusste, dass da irgendwas im Busch war aber er fragte sich ob es ratsam war nachzufragen. Er kannte Beyond schon seit Jahren und wusste, dass er sofort schwieg und im schlimmsten Falle wieder einen inneren Konflikt auszutragen hatte, wenn er emotional zu sehr aufgewühlt war. Doch er wollte ihn und Rumiko besser verstehen. Er wollte endlich Klarheit haben und wissen, wie er sich zu verhalten hatte. Außerdem konnte er doch nicht mit ansehen, wie sich Geschwister (wenn auch keine leiblichen Geschwister) bis aufs Blut hassten und sogar bewaffnet aufeinander losgingen. Irgendwie wurde er aus keinem von beiden schlau. „Was ist mit Rumiko überhaupt los? Seit ihr euch wieder gesehen habt, ist sie total neben der Spur und…“ „Misch dich nicht in unsere Angelegenheiten ein. Es reicht schon wenn Rumiko und ich genug Probleme haben!!!“ So laut wie Beyond auf einmal wurde, hatte Rebirth ihn schon lange nicht mehr erlebt. Seine Augen leuchteten rot auf und er stieß den 18-jährigen unsanft von sich. Rebirth hatte es schon öfter miterlebt, wie diese destruktive Seite in Beyond die Kontrolle übernahm und ihn in einen Zustand der Raserei versetzte. In solchen Augenblicken konnte er nur noch das Zimmer verlassen und ihn einschließen, bis sich Beyond beruhigt hatte, so hatten sie es immer gemacht. Schnell eilte der Junge zur Tür, zog den Schlüssel raus, schlug die Tür hinter sich zu und schloss sie ab. Er hörte wie Beyond schreiend dagegen hämmerte und wandte sich traurig ab. Kapitel 6: Angriff ------------------ Es war jetzt 21 Uhr und Rebirth hatte seinen Schlaf beendet. Auch Rumiko und Beyond waren gerade dabei sich schon mal vorzubereiten und tranken Kaffee. Beyond schleifte seine Messer scharf und Rumiko besprach mit Matt den genauen Ablauf. Als es dann hieß dass Rumiko etwas unauffälligere Sachen anziehen sollte, bekam sie einen Wutanfall und warf Mello ihr Buch hinterher, welches sie zuvor noch gelesen hatte. „Ich ziehe doch keinen Anzug an, indem sich auch jede Arschfalte abzeichnet! Seid ihr denn völlig bescheuert oder was?“ Irgendwann gab Mello es auf und so durfte Rumiko in ihrer Alltagskleidung an der Mission teilnehmen. Matt beobachtete diese Auseinandersetzung kopfschüttelnd und schmunzelte. „Ihr streitet euch wie ein altes Ehepaar aus einer TV-Serie.“ Giftig sahen ihn Mello und Rumiko an sodass Matt die Klappe hielt. Beyond saß in seiner L-like Sitzposition auf dem Stuhl und aß Erdbeermarmelade und sah irgendwie sehr griesgrämig aus. Er schüttete sich einen Teelöffel Zucker nach dem anderen in die Tasse und nachdem er alles verrührt hatte, trank er das. Rebirth fragte sich ob Beyond sich inzwischen beruhigt hatte aber dieser böse Blick war ihm unheimlich und so zog er es lieber vor, erst einmal die Klappe zu halten. Matt bemerkte dass diese angespannte Atmosphäre den Jungen verunsicherte, bot er ihm an, ihn schon mal ins Nebengebäude zu begleiten um ihn den Helikopter zu zeigen, mit dem sie fliegen würden. Das munterte ihn zwar ein wenig auf, aber die Stimmung war immer noch bedrückt. So erzählte Rebirth was vorhin zwischen ihn und Beyond vorgefallen war und Matt hörte aufmerksam zu. Zwischendurch gab er ein Nicken oder „Aha“ on sich und blies eine Nikotinwolke aus und als Rebirth beendet hatte, kratzte sich Matt nachdenklich am Kopf. „Also so wie sich das anhört, scheint da noch irgendwas zwischen Rumiko und Beyond zu stehen. Vielleicht… ist sie ja eifersüchtig auf dich.“ „Eifersüchtig?“ fragte Rebirth ungläubig. „Rumiko und neidisch? Wieso das denn?“ „Denk doch mal nach: Ständig gerät sie mit Beyond aneinander, vermutlich mit Absicht weil sie vielleicht noch schwesterliche Liebe für ihn hegt und vielleicht auch Reue für den Mord an den Eltern empfindet. Nur diese Konfliktsache steht ihr im Weg und ich glaube dass sie in Wahrheit zu eurer Familie dazugehören will, sich aber immer wieder einredet, dass sie niemals dazugehören wird. Sie steht sich im Grunde selbst im Weg und ist neidisch dass du mit Beyond glücklich zusammenleben kannst und sie nicht.“ Rebirth hatte über diese Möglichkeit auch schon nachgedacht aber das für sehr unwahrscheinlich gehalten. Das kam schon daher weil Rumiko irgendwie nicht die empfindsame Frau zu sein schien. „Aber das kann doch nicht so weitergehen.“ Dem stimmte Matt zu. Auf Dauer konnte so etwas einfach nicht gut gehen aber man konnte die beiden auch nicht zwingen, endlich miteinander Frieden zu schließen. „Ich würde ja gerne etwas tun aber ich kann mich einfach nicht durchsetzen. Im Grunde bin ich ja nur ein dummes Kind.“ „Ach Quatsch, du bist doch kein Kind.“ „Nein ich bin ein Kind“ entgegnete Rebirth und sah Matt traurig an. „Weißt du Matt, ich bin in Wirklichkeit nur ein Klon, der dazu dienen sollte, meinem todkranken Bruder als Organspender zu dienen. Organspenden in der Familie versprechen ja am meisten Erfolg. Damit ich ausgereift genug war, hat man mir Wachstumshormone gespritzt doch mein Bruder Lucas ist viel zu früh gestorben. Ich sehe zwar aus als wäre ich 18 Jahre alt aber in Wirklichkeit bin ich gerade mal 12 bis 13 Jahre alt. Ich versuche immer wieder mich wie ein 18-jähriger zu verhalten aber diese ganze Sache ist einfach zu viel für mich. Ich weiß einfach nicht was ich machen soll…“ Rebirth kämpfte mit den Tränen und versuchte sich zusammen zu reißen doch es gelang ihm nicht. Tröstend legte Matt einen Arm um seine Schulter und schwieg. Das machte die Sache ein wenig schwieriger aber jetzt verstand Matt warum Rebirth ständig so verschüchtert und ängstlich war. Er war ein Kind im Körper eines 18-jährigen und hatte sehr damit zu kämpfen. Sonst hatte man ihn für eine verweichlichte Heulsuse gehalten und dabei versuchte er doch nur, sich seinem äußerlichen Alter entsprechend zu verhalten. „Küken können nicht das Werk eines Adlers verrichten. Du solltest dir nicht den Kopf darüber zerbrechen auch wenn du es nur gut meinst.“ „Danke Matt, du bist ein toller Freund.“ Als es schließlich 23 Uhr war, ging es in dem Haus zu wie beim Militär. Mello gab Kommandos wie ein General und alle machten sich abreisefertig. Rebirth, Mello und Matt kleideten sich schwarz und hatten zudem einen Sichtschutz für den Fall, dass man ihre Gesichter sehen könnte. Rumiko löste ihre Schleife und band sich ihre Haare damit zu einem Zopf und wechselte ihre Schuhe mit Absätzen gegen Stiefel aus, die überhaupt nicht zum Kleid passten. Mello band sich auch die Haare zusammen und wirkte nun wie ein Straßengangster. Er und Rumiko fuhren mit dem Honda zum Haus von Kiyomi Takada während Matt Beyond und Rebirth mit dem Helikopter zu Misa Amane brachte. Beyond wirkte etwas geistesabwesend als sie los flogen aber Rebirth war absolut nervös. Es war das allererste Mal dass er so etwas machte aber er durfte Beyond nicht enttäuschen. Immerhin zählte er darauf, dass Rebirth ihm Feuerschutz gab. Er wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn und atmete tief durch. Als der Hubschrauber etwas weiter entfernt auf einem freien Feld landete, schnappte Rebirth sich sein Gewehr und stieg zusammen mit Beyond aus. Mello drückte aufs Gaspedal nachdem sich der Stau endlich gelöst hatte und fluchte leise. Mit so einer Verspätung hatte er jetzt nicht gerechnet und es ärgerte ihn über alle Maßen. Eigentlich hatte er geplant gehabt, Kiyomi Takada nach der Sendung abzufangen aber jetzt war es zu spät. „Ist doch besser so wenn wir sie in ihrem Haus stellen. So endet es nicht in einer Straßenschlacht und wir haben mehr Möglichkeiten. Ich habe auch schon eine tolle Idee, wie wir Takada überraschen können.“ Rumiko weihte Mello in ihrem Plan ein, der darin bestand dass er einen Stromausfall verursachte während sie sich um die Leibwächter kümmerte. „Wir haben aber nur ein Nachtsichtgerät dabei…“ „Keine Sorge. Ich finde mich im Dunkeln prima zurecht. Sorge nur dafür dass auch wirklich alles aus ist. Das Nachtsichtgerät kannst du haben.“ Mit einem teuflischen Grinsen zwinkerte sie ihm zu und wieder war da dieses Funkeln in den Augen, welches Mello einen Schauer über den Rücken jagte. Er wandte sich wieder der Straße zu und legte sich bereits alles im Kopf zurecht, wie das alles ablaufen sollte. „Du hast echt einen bösen Blick drauf wenn du nachdenkst.“ „Ich muss eben für alles bereit sein. Ich hab keine Lust in der ersten Runde zu sterben.“ Rumiko hingegen schien da weniger Sorgen zu haben und kaute genüsslich ein Pfefferminzkaugummi. „Du willst unbedingt in die Finalrunde nicht wahr? Um jeden Preis?“ „Ja, ich will dass Kira am eigenen Leibe spürt was er den Waisenkindern in Wammys House angetan hat und was er der ganzen Welt zugemutet hat. Er soll leiden und dafür ist mir jedes Mittel recht.“ Er wusste dass Rumiko ihn scharf beobachtete. Jede Muskelbewegung, jedes Augenblinzeln… keine einzige Reaktion entging ihr und sie schien langsam Gefallen an Mello zu finden. „Keine Sorge, ich werde dafür sorgen dass du es in die Finalrunde schaffst. Wir sind immerhin alle Kinder der Rache und bei so etwas werden wir uns selbstverständlich gegenseitig helfen.“ Aber das war nicht alles, das wusste Mello genau. Von Beyond hatte er ja erfahren dass Rumiko ausschließlich auf jene hörte, die sie als ebenbürtig oder sogar als stärker betrachtete und anscheinend hatte sie Mello in eine dieser Kategorien gewählt. Zwar wusste er nicht ob er das jetzt positiv werten sollte oder nicht aber es verschaffte ihm den Vorteil, dass Rumiko die Mission nicht gefährdete sondern alle Energie hineinsteckte. „Vorsicht!“ Hätte sie ihn nicht gewarnt, dann wäre Mello beinahe in ein Auto reingekracht doch er drückte noch rechtzeitig auf die Bremse und der Wagen kam mit einem Ruck zum Stehen. „Wenn du dich nicht auf die Straße konzentrierst, dann stirbst du noch in der Vorausscheidung!“ Mello sagte nichts sondern befolgte Rumikos Rat und konzentrierte sich wieder allein aufs Fahren. Als sie eine riesige mit Zaun gesicherte Villa sahen, die zudem noch von bewaffneten Männern bewacht wurde, fuhren sie ein Stück weiter und parkten an der Straße. „Was machen wir als nächstes? Über den Zaun klettern?“ „Da sind einige Überwachungskameras die wir umgehen müssen. Danach dürfte alles ein Kinderspiel sein.“ Unauffällig umrundeten sie als Paar getarnt das Haus und stellten fest, dass die am wenigsten gesicherte Seite westlich war und sie somit wohl oder übel über den Zaun klettern mussten. Als erstes ging Rumiko und erschoss die schlafenden Wachhunde, um unnötiges Risiko zu vermeiden. Dann folgte Mello und geduckt schlichen sie an den Hecken weiter bis sie beinahe den Hauseingang erreichten. Es gelang ihnen die vier Wachposten zu erledigen ohne ein verdächtiges Geräusch zu machen. Als sich jedoch ein unglaublich muskulöser Mann in Matrix-Aufmache Mello in den Würgegriff nahm und dabei vier Schüsse auf Rumiko abfeuerte, da streifte sie ein Schuss am linken Oberarm und durch die Schüsse aufgeschreckt kamen zwei Wachmänner und nagelten sie am Boden fest. Sie wehrte sich nach Leibeskräften doch die Männer waren stärker. Mello gelang es erst beim dritten Versuch einen Überwurf zu landen und schoss seinem Angreifer gezielt ins Herz, dann kam er Rumiko zu Hilfe, die einem der Männer in ihrer Wut in den Hals gebissen hatte wie ein Tier und ihre Zähne sich immer weiter hineinbohrten, bis der Kerl sie schreiend los ließ. Die Bisswunde war tief und etwas Blut floss den Hals hinunter. Mit einem kräftigen Tritt in den Schritt konnte Rumiko sich endgültig befreien und wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel. Dann zog sie ihre Pistole raus und gab den beiden jeweils einen Gnadenschuss in den Kopf. „Jetzt wird’s gleich nur noch von Wachpersonal wimmeln und in der Zwischenzeit haut die Schlampe noch ab. Wir machen weiter wie bereits besprochen aber wir sind jetzt auf dem nächsten Level was bedeutet, dass rücksichtslos geschossen werden darf. Aber wir müssen versuchen Kiyomi Takada lebend gefangen zu nehmen.“ Das Wort „Lebend“ betonte Mello deutlich und enttäuscht schaute Rumiko ihn an, doch sie sagte nichts sondern gab ein Nicken als Einverständnis und dann betraten sie die Villa. Mello hatte schon vorher auf nicht ganz legalem Wege die Pläne bekommen und wusste wo sich der Stromkasten befand. Er musste nur noch in den Keller kommen und den Strom abstellen, damit Rumiko einen Vorteil bekam. Sie war eine wichtige Figur in seinem Schachspiel und es wäre ein großer Verlust wenn sie sterben würde. Immerhin konnte sie in ihrer ausweglosen Situation einem Mann in den Hals beißen und so etwas machte nun wirklich nicht jeder. Rumiko war ganz in ihrem Element. Während immer mehr Wachleute kamen um die Eindringlinge zu eliminieren, versuchte ihre Beute klammheimlich zu fliehen und genauso wollte sie es haben. Ein Jagdspiel mit dem höchsten Einsatz: Ein Menschenleben. Lautlos wie ein Raubtier schlich sie durch den Salon und wollte gerade um die Ecke biegen um sich dort die Zimmer anzusehen, da prallte sie mit einem Mann zusammen und wäre beinahe zu Boden gefallen. „Oh, entschuldigen Sie bitte Miss Amane, ich wusste gar nicht dass Sie heute hierher kommen würden.“ Rumiko kapierte erst nicht was das sollte aber dann verstand sie was los war. Offensichtlich wurde sie aufgrund ihrer Kleidung und ihrer blonden Haare trotz der asiatischen Gesichtszüge für Misa Amane zu halten. Nun, da war es doch praktischer sich dementsprechend zu verhalten. „Es sind Eindringlinge im Haus und auch bei mir wurde eingebrochen. Ich habe Anweisungen von Kira bekommen, sofort mit Kiyomi Takada aus Tokio zu verschwinden. Bitte bringen Sie mich schnell zu ihr bevor sie noch entführt wird.“ Rumiko war schon immer eine exzellente Schauspielerin gewesen und der Kerl nahm ihr tatsächlich die verstörte Misa Amane ab. „Um Gottes Willen, folgen Sie mir Miss Amane.“ Brav folgte Rumiko ihm und wischte sich ihre falschen Tränen aus dem Gesicht. Auf Kommando anfangen zu heulen war nun wirklich keine Kunst für sie und so gelangte sie auf direktem Wege zu Kiyomi Takada. Sie gingen einen langen Gang entlang und schließlich klopfte der Wachmann an einer Tür. In dem Moment wo er sich umdrehte, holte Rumiko ihre Machete raus und schlug ihm den Kopf ab. Das Blut spritzte wie eine Fontäne aus dem Stumpf heraus und der Körper fiel wie ein nasser Sack zu Boden. Rumiko öffnete die Tür und musste feststellen, dass Kiyomi Takada bereits weg war. So ein Ärger aber auch. Sicher gab es hier irgendwo eine Art Notausgang und die Dame war bereits auf der Flucht. Nun verlor Rumiko langsam aber sicher die Geduld und vom Ende des Ganges kamen bereits die ersten Wachleute angestürmt. „Verdammt Mello, pennst du etwa gerade?“ Sie eilte ins Zimmer und schloss die Tür. Irgendwo musste es hier für den Falle eines Terroranschlages einen Schnellausgang geben. Schnell begann sie sämtliche Wände abzuklopfen und fand schließlich eine versteckte Tür hinter einem riesigen Wandspiegel. Sie betätigte das Funkgerät. „Mello, ich bin im Zimmer von Kiyomi Takada. Hinter dem Wandspiegel ist eine versteckte Fluchttür. Ich nehme die Verfolgung auf und du beeilst dich gefälligst mit dem Stromausfall.“ „Ich geb mein Bestes!“ kam es von Mello und sie hörte Schüsse. Anscheinend hatte man hier mehr Wachleute postiert als sie angenommen hatten. Nun musste sich Rumiko beeilen damit sie Kiras Handlangerin einholen konnte. Irgendwie schien alles nicht ganz so abzulaufen wie sie es sich vorstellte und so etwas hasste sie mehr als alles andere. Sie durchquerte die Geheimtür und vor sich erstreckte sich eine lange Treppe, die sie hinunterrannte bis sie vor zwei verschiedenen Gängen stand. Nun musste sie sich entscheiden wo sie hinging. Sie sah sich den Boden genauer an, konnte nur sehr schwach Spuren von Absätzen erkennen und folgte der Richtung. Damit sie später zurück fand, zerriss sie ein Taschentuch und ließ einen Fetzen auf dem Boden liegen. In der Ferne hörte sie Schritte und wurde schneller. Während ihre Schritte selber in den kalten Betonwänden widerhallten, musste sie an das Lied denken, welches sie damals zusammen mit Beyond Birthday als Kinder gesungen hatten. Sie konnte sich nicht erklären warum sie ausgerechnet jetzt an dieses Lied denken musste… Das war doch vollkommen bescheuert und nach all den Jahren kannte sie nicht einmal mehr den Text. Aber die Melodie ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, auch der Inhalt des Liedes nicht. Es handelte sich lediglich um zwei Schmetterlinge die auf einer Blumenwiese herumflogen, was ganz langweiliges also. Aber dann… irgendetwas danach war passiert. Etwas sehr trauriges. „Es waren einmal zwei Schmetterlinge auf einer Blumenwiese, die glücklich zusammen lebten. Doch dann eines Tages verfinsterte sich der Himmel… und ein Sturm riss ihnen die Flügel raus.“ Ihre Adoptivmutter, Cassandra Birthday, hatte ihnen beiden mal eine Geschichte erzählt, die von Schmetterlingen handelte. Es war eine sehr traurige Geschichte gewesen und zusammen hatten sie diese Geschichte zu einem Lied geschrieben. Sie konnte sich nur noch schwach erinnern an das einzige Mal, als sie dieses Lied gesungen hatte. Nämlich als sie ihre Adoptivmutter vor den Zug gestoßen und ihren Bruder gewürgt hatte. Sie hatte dabei Tränen vergossen und unaufhaltsam dieses Lied gesungen, während sich ihr Griff immer fester um seinen Hals geschlossen hatte. Sie hatte schrecklich geweint und gespürt wie alles menschliche sie verließ während sie versuchte den letzten ihrer Adoptivfamilie umzubringen. Und sie hatte es nicht geschafft. Warum eigentlich nicht? Er war ein Verräter und zudem war er schwach gewesen. Wie konnte so ein erbärmliches Häufchen Elend nur einen Vater lieben, der ihn fast zu Tode geprügelt hatte? Sie hatte es bis heute nicht verstanden und jetzt, wo sie nichts Menschliches mehr in ihrem Herzen trug, war es ihr auch egal. Warum zum Teufel machte sie sich auch ausgerechnet jetzt Gedanken darum wo sie doch dabei war, eine von Kiras Handlangern zu kidnappen? Etwa weil Rebirths Worte nicht spurlos an ihr vorbeigegangen waren… oder weil sie sich nach etwas sehnte, was sie lieben konnte? War die menschliche Rumiko, dieser kleine erbärmliche Schmetterling etwa dabei, wieder zu erwachen? Nein, das durfte niemals passieren! Sie war ein Monster und sie brauchte weder Liebe noch Zuwendung. Endlich hatte sie Kiyomi Takada und ihr gutes Dutzend Leibwächter eingeholt und sofort wurden sämtliche Waffen auf sie gerichtet. Davon ließ sich Rumiko jedoch nicht beeindrucken. Sie war fest entschlossen einen unvergesslichen Auftritt zu leisten denn so etwas zählte ja zu ihren Spezialitäten. Sie verbeugte sich und ging langsam auf die Bodyguards zu. „Entschuldigt bitte die Störung aber ließe es sich einrichten dass Frau Takada mir Gehör schenkt? Ich bin nämlich eine gute Bekannte von ihr.“ Doch die Männer wollten die Waffen nicht runternehmen und befahlen ihr, sofort stehen zu bleiben. Langsam kam Kiyomi Takada persönlich hervor und sah sie prüfend an. „Ich kenne Sie nicht.“ „Oh doch, wir hatten mal das Vergnügen in Shinjuku, erinnern Sie sich nicht? Wir haben uns zufällig im Kaufhaus getroffen, genauer gesagt im Modegeschäft.“ Es dauerte eine Weile bis sich die Frau wieder an sie erinnerte und verschränkte die Arme. „Und was genau wollen Sie jetzt und für wen halten Sie sich dass Sie einfach in mein Haus eindringen?“ „Nun, ich habe die Gunst der Stunde genutzt als die Einbrecher die Wachen töteten und nun bin ich hier weil ich eine Entschuldigung verlange. Sie haben sich mir gegenüber äußerst frech und unverschämt verhalten und mich beleidigt. Da halte ich eine Entschuldigung doch für angebracht.“ Doch da schien sie keinen Erfolg zu haben. Arrogant wie sie war, rümpfte Takada die Nase und wandte den Blick ab. „Verschwinden Sie bevor ich sie rauswerfen lasse.“ „Sie wollen sich also nicht entschuldigen? Auch gut.“ Den letzten Satz ließ Rumiko wie eine Art unheimliche Befriedigung erklingen und das nette Schulmädchengesicht wich einer abscheulichen Dämonenfratze, die grinsend ihre Zähne zeigte, an denen noch etwas Blut des einen Wachmanns klebte, dem sie in den Hals gebissen hatte. „Dann werde ich dir zeigen was die wahre Hölle ist du Schlampe!“ Nun entsicherten die Bodyguards ihre Waffen und wollten gerade schießen, da fiel plötzlich der Strom aus. Es wurde geschossen und Kiyomi bekam es mit der Angst zu tun. So schnell sie ihre Absatzschuhe trugen, rannte sie davon und hörte Schüsse und wie die Männer schrieen. Das, was sie da gerade gesehen hatte, war nie und nimmer ein Mensch… das war ein Monster. Noch nie hatte sie solche Angst verspürt und als sie keine Schüsse mehr hörte, bekam sie nackte Todesangst. Sie wusste dass die Männer alle tot waren und dass dieses… Ding hinter ihr her war. Etwas unsanft prallte sie gegen die Wand und tastete sich blind voran. Der Weg gabelte sich und sie wusste gar nicht wo sie jetzt hin sollte. Es war stockfinster und sie konnte nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen. Sie hörte nur die langsamen Schritte ihrer Verfolgerin und sie spürte wie sie immer näher kam. Kiyomi brach in Tränen aus und rannte nach rechts. Doch dann wurde ihr klar, dass die Absätze unnötig Lärm machten und dass man sie dadurch finden könnte. Doch sie hatte zu große Angst stehen zu bleiben und so dauerte es nicht lange, da brach ihr einer der Absätze ab und sie stürzte zu Boden und schlug sich dabei das Knie auf. Sie versuchte wieder aufzustehen und blieb kurz stehen um zu hören ob dieses… Wesen… sie noch verfolgte. Nein, sie konnte keine Schritte hören aber plötzlich lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken und sie wurde das Gefühl nicht los, dass irgendjemand oder irgendetwas ganz dicht hinter ihr war. Ihr Herz begann zu rasen und mit Entsetzen spürte sie einen heißen Atem in ihren Nacken. Langsam drehte sie sich um und blickte in zwei rot leuchtende Augen und schrie entsetzt auf. Kapitel 7: Geheimnisse ---------------------- Mello hatte völlig außer Atem das Zimmer erreicht wo der versteckte Fluchtweg war und sah, dass Rumiko bereits auf dem Weg zurück war und Kiyomi Takada an den Haaren hinter sich her schleifte. Diese schien unter Schock zu stehen und konnte weder sprechen geschweige denn sich bewegen. „Was hast du mit ihr gemacht? Ist sie auf Drogen?“ „Die dumme Kuh wollte sich nicht entschuldigen also habe ich ihr eine Lektion erteilt. Keine Sorge, die lebt noch und sonst ist noch alles an ihr dran.“ Sie schien richtig Spaß zu haben und grinste breit. Schließlich ließ sie die Ärmste los und wie ein nasser Sack fiel Kiyomi zu Boden. Sie zitterte am ganzen Leibe, sie hatte Tränen in den Augen und ihr Gesicht war zu einer Fratze des Entsetzens verzerrt. Was Rumiko mit der angestellt hatte, wollte Mello lieber nicht wissen. Sie verließen die Villa und nachdem sie Kiyomi Takada gefesselt, geknebelt und ihr die Augen verbunden hatten, verstauten sie sie auf die Rückbank und wenig später ging die Fahrt los. „Und was habt ihr als nächstes mit ihr vor?“ „Tja…“ murmelte Mello etwas leise „wir werden sie und Misa ausquetschen um mehr über Kira und die anderen Verantwortlichen herauszufinden. Bis jetzt waren uns nur die zwei bekannt.“ Mello berichtete dass Mikami Rechtsanwalt und ein absolut fanatischer Kiraverehrer war. Er hatte diesen sogar als einzig wahre Gottheit anerkannt und besaß höchstwahrscheinlich das Augenlicht der Shinigami. Er war hochintelligent, durchschaute vieles sehr schnell und war dementsprechend auch gefährlich. „Bis vor kurzem war er noch in Europa und soll heute zurückkehren. Kira wird ihn mit Sicherheit kontaktieren und ihn auf uns ansetzen. Das verschafft uns den Vorteil dass wir ihn nicht verlieren können aber andererseits wird es schwer werden, unerkannt an ihn heranzukommen.“ Als der Wagen an einer roten Ampel stehen blieb, holte Mello eine Tafel Schokolade heraus, brach sie in zwei Hälften und gab Rumiko eine. Sie dankte nicht, aber sie schien irgendwie zufrieden zu sein und so hatte Mello sie noch gar nicht erlebt. Schweigend aßen sie ihre Schokolade und hörten in der Ferne Polizeisirenen. „Das ging aber schnell…“ stellte Mello fest und sah in den Rückspiegel. Eine Ansammlung von Polizeiautos waren ihnen dicht auf den Fersen und so drückte Mello aufs Gas. „Halt dich gut fest, das wird ein bisschen holprig werden.“ Auch wenn der Gurt sie davon abhalten würde, bei einer Vollbremsung durch die Windschutzscheibe zu fliegen, krallte Rumiko ihre Fingernägel in ihren Sitz um irgendwo Halt zu finden und bereitete sich darauf vor, jeden Moment nach links oder nach rechts geschleudert zu werden. Tatsächlich riss Mello das Steuer herum und die Reifen quietschten laut als der Wagen nach links bog. Sie überholten Autos, Motorräder und LKWs und kamen schließlich zu einer Baustelle. Wieder riss er das Steuer rum und fuhr durch eine Fußgängerzone, die zu der Zeit zum Glück leer war. Von da aus bogen sie in eine enge Gasse um eine scharfe Kurve bis sie irgendwann eine Brücke erreichten, die zu dem Zeitpunkt noch nicht eröffnet war. Der Abgrund war zwar nicht so breit dass man sich ernsthaft sorgen musste, im schlimmsten Falle in die Tiefe zu stürzen und im Fluss zu landen, doch Rumiko war alles andere als wohl dabei und wollte etwas sagen, doch sie sagte nichts. Ihre Augen weiteten sich als Mello die Absperrung durchbrach und ihre Fingernägel krallten sich in den Sitz. Sie hielt den Atem an, dann landete der Wagen endlich auf sicherem Boden. Nach weiteren spektakulären Ausweichmanövern gelang es ihnen endlich die Polizei abzuschütteln und kamen endlich wieder zurück zum Gebäude. Sie hörten schon den Hubschrauber auf dem Dach landen und fuhren in die Tiefgarage. „Was soll ich hier mit der Schlampe hier machen?“ Rumiko hatte ein Stilett herausgeholt und begann mit der Klinge zu spielen. Sie sah nach hinten zu Kiyomi Takada, die immer noch unter Schock stand. Ihre Lippen bewegten sich so als wolle sie etwas sagen, doch sie schaffte es nicht etwas zu sagen. „Sie kommt erst mal in die Sicherheitszelle, dann werden wir mit dem Verhör beginnen. Aber mal im Ernst: Was zum Geier hast du mit ihr angestellt?“ „Wie ich schon sagte: Ich habe ihr eine Lektion erteilt. Es ist eben meine Spezialität mit der Psyche der Menschen zu spielen.“ Als sie den Wagen parkten, sah Mello noch mal zu Kiyomi nach hinten und sah sie sich genauer an. Apathisch starrte sie ins Leere, ihre Hände zitterten und ihr Make-up war durch die Tränen völlig verlaufen. Immer und immer wieder schien sie nur ein Wort stammeln zu wollen und er versuchte ihre Lippen zu lesen. „A… u… ma… Aku… ma..“ Akuma, das japanische Wort für Dämon. Anscheinend hatte sie in Rumiko einen Dämon gesehen und das hatte ihr wohl den Rest gegeben. Nun ja, Mello musste zugeben dass diese Frau der wahre Teufel war und dass nicht mit ihr zu spaßen war. Als sie zu den Sicherheitszellen gingen, hörten sie lautes Schimpfen und das Weinen eines Kindes. Ein Kind? Mello dachte erst er hätte akustische Halluzinationen aber als er um die Ecke bog sah er tatsächlich ein kleines Kind welches heulend in der Ecke stand während Misa Amane von Matt zu den Zellen geführt wurde. Beyond und Rebirth waren lauthals in einem Streit. „Was ist denn passiert während wir weg waren?“ fragte er verwirrt und runzelte die Stirn. „Anscheinend Familiengeheimnisse und so was… Versuch du mal was zu tun, ich kümmere mich schon um die beiden.“ Ohne einen weiteren Kommentar übergab Mello seinem Freund die Gefangene und ging zu Beyond. „Was ist mit euch beiden los und was zum Teufel hat dieses Kind hier verloren?“ Der Kleine mit dem ordentlich frisierten brünetten Haar und den himmelblauen Augen schrie immer wieder „Mama!“ auf Japanisch und Rebirth versuchte ihn zu beruhigen. Beyond ging wütend an Mello vorbei. „Frag ihn!“ So wütend hatte Mello ihn noch nie erlebt und dass er sich mal mit Rebirth streiten würde, den er doch sonst stets und ständig in Schutz nahm, konnte nur bedeuten dass es was Ernstes war. Rebirths Aufmerksamkeit war jedenfalls ganz auf den Jungen gerichtet, den er tröstend in den Arm nahm und ihm versprach dass er gleich zu seiner Mutter gehen konnte. „Wer zum Teufel ist der Kleine und was sollte das gerade?“ Doch Rebirth wich Mellos Blick aus und wollte nicht wirklich Antwort geben. „Die Sache ist etwas kompliziert. Lass mich erst mal den Jungen beruhigen dann können wir weiterreden okay?“ Doch da spielte Rumiko nicht mit. Sie packte Rebirth am Kragen und hob ihn vom Boden hoch. „Gib schon zu dass du etwas verheimlichst. Man sieht dir doch an dass du diese Heulsuse da länger als nur ein paar Minuten kennst und wenn man dich fragt, dann gib auch gefälligst Antwort!“ „Rumiko lass ihn runter! Das bringt nichts“ fiel Mello ein und legte eine Hand auf ihre Schulter doch sie ignorierte ihn einfach und begann nun damit Rebirth zu würgen. „Ich glaube ich weiß was hier los ist: Rebirth macht Sache mit dem Feind und ist ein mieser kleiner Verräter. Und Verräter verdienen den Tod.“ Naja, diese Ansicht teilte Mello nicht wirklich aber wenn es wirklich stimmte dass Rebirth heimlich Sache mit Kira machte dann hatten sie ein Problem. Da Rebirth immer noch keine erwünschte Reaktion zeigte, wandte sie sich dem Jungen zu, der sich ängstlich hinter Rebirth versteckt hatte. Mit einer unheimlichen Kraft schleuderte Rumiko den 18-jährigen zu Boden und packte das Kind bei den Haaren. „Dann wird ich mal versuchen diese kleine Made auszuquetschen wenn du schon nichts erzählen willst.“ „Nein, lass Akito in Ruhe!!!“ Ein hämisches Grinsen spielte sich auf Rumikos Lippen und sie packte fester zu dass der Junge anfing zu schreien. „Na so was. Du scheinst dieses Balg ja richtig ins Herz geschlossen zu haben. Wenn dem so ist dann…“ Sie wollte aus ihrer Tasche das Messer holen und Mello wusste dass er sofort eingreifen musste um das Kind vor ihr zu schützen doch da kam ihm Rebirth zuvor. Der sonst so ängstliche, verweinte und schüchterne Rebirth schien komplett ausgewechselt zu sein und stürzte sich auf Rumiko, die vollkommen überrumpelt war. Mello ahnte dass das noch übel ausgehen würde und hielt es erst einmal für besser den Jungen in Sicherheit zu bringen. Kurzerhand nahm er ihn mit und vertraute ihn Matt an, der gerade zurückkam um Mello zu unterstützen. „Pass solange auf den Jungen auf. Ich versuche zu verhindern dass Rumiko ihm noch die Augen auskratzt.“ „Dann wirst du dich noch ganz schön wundern…“ entgegnete Matt und deutete auf das Getümmel. Tatsächlich war es nicht Rebirth der verprügelt wurde sondern Rumiko. Rebirth hatte sie zu Boden gestoßen und begann mit den Fäusten auf sie einzuprügeln während sie versuchte sich dagegen zu wehren. Als sie das Stilett gezogen hatte und damit gegen Rebirth vorgehen wollte, drückte er ihren Arm mit dem Fuß zu Boden und mit einem so kräftigen Tritt dass Mello zunächst glaubte, er würde ihr noch den Arm brechen. Es gelang ihm nur mit Mühe Rebirth von ihr wegzuzerren und sah dass dieser völlig in Rage war. Rumiko lag regungslos am Boden. Sie zitterte am ganzen Körper und irgendetwas schien nicht mit ihr in Ordnung zu sein. Ihre Augen waren vor Entsetzen geweitet und Tränen rannen ihr von Schlägen gerötetes Gesicht herunter. Mello eilte zu ihr und wollte ihr hoch helfen, doch da schrie sie laut auf. Mit dem Schrei setzte sie sich ruckartig auf und verkrallte ihre Finger in ihre blonden Haare und dieser gellende Schrei war markerschütternd und voller Verzweiflung. Nun sahen Mello, Rebirth und Matt zum ersten Mal Rumikos wahres Wesen. Rebirth hatte ungewollt etwas in ihr ausgelöst, etwas Schreckliches in ihr was sie jahrelang verdrängt hatte. Rumiko wollte sich gar nicht mehr beruhigen, schlug um sich wenn irgendjemand versuchte sie anzufassen und als Mello sie festhielt damit Matt ihr eine Beruhigungsspritze geben konnte, hätte sie ihm fast die Rippen und die Nase gebrochen. Aber als ihr das Valium injiziert wurde, wurden ihre Bewegungen langsamer und sie sank zusammen. „Was zum Teufel hat sie nur?“ fragte Matt und hob sie unterm Arm hoch, wobei ihm Mello half. „Da fragst du den Falschen. Ich hab sowieso keinen blassen Schimmer was zwischen den drei allgemein los ist.“ Während sie Rumiko auf ihr Zimmer brachten, murmelte diese Unverständliches und dass ihr irgendetwas leid täte. Vorsichtig legten sie die junge Frau aufs Bett und wollten wieder gehen, doch da hielt Rumiko Mello am Arm fest und bewegte ihre Lippen so als wolle sie etwas sagen. Er wandte sich an Matt. „Kümmerst du dich um den Kleinen?“ „Welchen meinst du denn?“ „Um Nummer eins und zwei. Finde heraus was da zwischen denen läuft.“ Mit einem Nicken verließ Matt das Zimmer und nun war Mello mit Rumiko alleine. Diese war völlig benebelt und starrte ins Leere, doch sie schien ihm etwas sagen zu wollen. Er holte einen Stuhl und setzte sich zu ihr. „Jamie…“ murmelte sie leise und Tränen rannen ihr Gesicht runter. „Jamie…“ „Wer ist dieser Jamie von dem du da sprichst? Ist das ein Freund?“ „Tot… er hat Jamie getötet. Er hat ihn zerstückelt. Ich hatte seinen Kopf in den Händen gehalten.“ Soso… anscheinend hatte Rumiko sich an irgendein traumatisches Ereignis aus ihrer Vergangenheit erinnert, was sie wohl verdrängt hatte. „Jamie Miller… sein Vater… hat ihn zerstückelt. Ich bin weggelaufen und hab mich versteckt… zwei Tage…“ Mello wollte sie noch mehr fragen, aber Rumiko war nicht mehr imstande zu antworten. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und weinte nur noch. Mello begann sich zu fragen wer dieser Jamie war und ob vielleicht in seinem Tod der Grund lag, weswegen Rumiko und Beyond dermaßen zerstritten waren. Zwar ging ihn das alles nicht an aber wenn diese Sache nicht geklärt wurde, brachten sich die beiden noch gegenseitig um. Das Beste war er fragte Beyond zu der Sache, immerhin war sie ja seine Adoptivschwester und sie hatten sicher als Kinder zusammengespielt. Beyond Birthday war in seinem Zimmer und hatte seinen Aggressionen bereits freien Lauf gelassen und einen Spiegel zerschlagen und mit seinen blutenden Fäusten gegen die Wand geschlagen. Seine Verletzungen hatte er bereits verarztet und saß auf seinem Bett, wo er gerade ein Buch las. Als er Mello sah, war sein Gesichtsausdruck nur schwer zu deuten aber es war offensichtlich dass er ziemlich enttäuscht von Rebirth war. Ob er ihn besser nicht mit seiner Frage belästigen sollte? „Was gibt es?“ fragte Beyond etwas erschöpft und klappte sein Buch zu, welches er dann auf seine Kommode legte. Er wies Mello mit einer Handbewegung sich zu setzen und kratzte sich den Hinterkopf. „Hab da gerade Schreie gehört. Hat Rumiko Rebirth wieder krankenhausreif geprügelt?“ „Das ist es ja gerade: Es ist genau umgekehrt abgelaufen. Nachdem Rumiko den kleinen japanischen Jungen angegriffen hat, sind bei ihm sämtliche Sicherungen durchgebrannt und er ist wie ein Verrückter auf sie losgegangen. Dann hat sie plötzlich angefangen rumzuschreien und zu weinen, dann hat sie von irgendeinem Jamie gefaselt und dass er zerstückelt worden sei.“ „Rumiko hat ernsthaft geheult?“ Anscheinend war Beyond weniger erstaunt davon, dass Rebirth seine Peinigerin verprügelt hatte als dass sie angefangen hatte zu weinen. „Das letzte Mal als sie geweint hatte war vor ungefähr 17 Jahren. Wir hatten vor dem Abstieg meines Vaters eigentlich ein sehr gutes Geschwisterverhältnis und oft zusammen am Fluss gespielt. Als mein Vater anfing mich zu schlagen, hab ich mich die meiste Zeit in meinem Zimmer eingeschlossen und so hat sich Rumiko mit einem Jungen aus der Nachbarschaft angefreundet. Er hieß Jamie Miller, war genauso alt wie sie aber leider etwas langsam im Kopf. So ähnlich wie dieser eine Typ mit den Pralinen, den Tom Hanks gespielt hat.“ „Und was ist dann passiert?“ fragte Mello neugierig und laut seufzend senkte Beyond den Kopf. „Eines Tages hat Mr. Miller seinen Sohn Jamie als vermisst gemeldet. Zu dem Zeitpunkt ist auch Rumiko verschwunden und die Polizei vermutete, dass sie entführt wurden. Schließlich ist sie nach zwei Tagen wieder aufgetaucht, war verdreckt, unterkühlt und hat geweint. Ihre Hände waren blutverschmiert und ein paar ihrer Fingernägel fehlten. Sie hat gesagt dass Mr. Miller Jamie ermordet hatte und zerstückelt in einer Sporttasche zum Fluss gebracht hätte. Die Polizei hat den gesamten Fluss abgesucht aber nichts gefunden und man fand heraus dass sich Rumiko in einer Kiste einer verlassenen Hütte am Fluss versteckt hatte. Irgendwas war da wohl draufgefallen und sie hat versucht sich zu befreien und dabei ein paar Nägel abgerissen. Wie sie es dann herausgeschafft hat, weiß ich nicht aber danach hatte sie sich immer mehr verändert.“ „Und wie verändert?“ „Ihre Augen waren rot geworden und sie wurde zusehends aggressiver. Sie verprügelte ihre Klassenkameraden und kam schließlich in eine Kinderpsychiatrie, da man bei ihr Schizophrenie diagnostiziert hatte. Als sie zurückkam, hat sie mich gezwungen meinen Vater zu erschießen und seine Leiche verschwinden zu lassen. An ihrem Geburtstag warteten wir am Bahnhof auf den Zug in den Zoo und als der Schnellexpress angekündigt wurde, hat sie Mutter auf die Gleise gestoßen. Dann hat sie mir bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und ist abgehauen.“ Wirklich eine seltsame Geschichte, dachte Mello und dachte nach. Dann war Rumiko erst so verändert als sie glaubte die Leiche von Jamie Miller gesehen zu haben und ihre Augen rot wurden. Bedeutete das also dass sie ihr Shinigami-Augenlicht erst ab diesem Zeitpunkt hatte? Wenn dem so war dann hatte sie vielleicht zum ersten Mal Kontakt mit dem Shinigami gehabt, als sie völlig verängstigt in dieser Kiste eingesperrt gewesen war und sich nicht befreien konnte. Wenn dem so war dann hatte dieser Shinigami nur auf eine Gelegenheit gewartet, bis Rumiko völlig verzweifelt war und Kraft brauchte um sich aus ihrer Lage zu befreien. Dann hieße das ja dass so etwas Ähnliches auch bei Beyond und Rebirth geschehen ist. Beyond schien zu ahnen was Mello gerade dachte und sah ihn mit seinen rot leuchtenden Augen an. „Rumiko, Rebirth und ich waren nur hilflose kleine Kinder… wie Schmetterlinge auf einem Blumenfeld. Eines Tages zog ein Sturm auf und unsere Flügel wurden zerrissen. Wir stürzten in Richtung Boden und hatten große Angst davor zu sterben. Wir haben diese Kraft, die seit unserer Geburt in uns versiegelt war, angenommen um uns aus unserer Finsternis zu retten. Rumikos Angst und Verzweiflung schlugen in blanken Hass und Sadismus um und ich… ich habe nach einem Sinn für meine Existenz gesucht. Ich wusste nicht mehr wer ich wirklich bin und habe keinen Sinn mehr in dieser Welt gesehen sodass mir alles egal wurde. Rebirths Hass auf seine Eltern änderte sich in Führsorge und Nächstenliebe. Er klammerte sich an Menschen, die Hilfe brauchten und war bereit sich bis zu seinem eigenen Zusammenbruch für sie aufzuopfern. Das, was du da gerade gesehen hast zwischen ihm und Rumiko ist nur ein Bruchteil seiner Kraft. Wenn er sieht dass Menschen, die er ins Herz geschlossen hat bedroht werden, verliert er all seine Angst und verspürt in dem Zustand, in den er gerät, auch keinen Schmerz mehr. Ich habe das selbst zwei Male miterlebt und habe diesen Zustand Berserker genannt. Er „aktiviert“ sich wenn Rebirth jemanden beschützen will und dafür bereit ist zu sterben. Dabei wird seine Aggressivität gesteigert und er kann eine beachtliche Schnelligkeit und Kraft entwickeln. Wenn jedoch er selbst in höchster Gefahr schwebt, verfällt er nicht in diesem Zustand. Das ist der einzige Haken an dieser Fähigkeit.“ „Und warum wurde Rumiko aus der Psychiatrie entlassen, wenn sie noch nicht geheilt war?“ Da schaute Beyond zu Mello auf und sah ihn sehr ernst an. „Die Psychiatrie wurde geschlossen weil bei der Elektrokrampftherapie mehr als fünf Kinder starben und sechs Jugendliche vollkommen hirntot wurden. Rumiko wäre selbst fast dabei draufgegangen. Bis heute hat sie an den Schläfen Brandnarben davon.“ Kapitel 8: Welten ----------------- Mello eilte zu Matt und Rebirth, die gerade ernsthaft im Gespräch waren und auch der kleine Junge war da. Er hatte sich inzwischen beruhigt und spielte gerade an einer von Matts Konsolen. Matt reichte seinem Freund eine Dose Bier und deutete ihm mit einer Handbewegung, sich zu setzen. Mello sah Rebirth an, dass ihm die ganze Sache ziemlich unangenehm war und er wirklich ein schlechtes Gewissen hatte. „Also das Alles sieht folgendermaßen aus“ begann Matt für Mello zusammenzufassen: „Der Kleine da hinten ist der Sohn von Misa Amane. Rebirth hat ihn vor fast zwei Jahren in einem Freizeitpark getroffen als dieser völlig aufgelöst auf einer Parkbank geheult hat, weil er seine Mutter aus den Augen verloren hat und sie nicht mehr wieder finden konnte. Rebirth hatte ihn auf seine Schultern genommen und ihm geholfen ihn zurückzubringen und da Misa kaum zuhause war und Akitos Vater ihn immer nur lernen ließ und der Junge deswegen sehr unglücklich war, hatte Rebirth Misa angeboten, sich um ihn zu kümmern, damit er nicht einsam war. Zunächst hatte er bis spät abends auf Akito aufgepasst doch als er dann auch noch im Restaurant von Beyond helfen musste, wurde ein Kindermädchen engagiert, die sich abends um den Jungen kümmerte. Da Rebirth wusste dass es Beyond nicht gefallen würde wenn Rebirth sich um den Sohn Kiras kümmerte, der gerade mal sechs bis sieben Jahre alt war und er wollte den Jungen nicht noch in irgendeiner Weise in Gefahr bringen. Als wir den Angriff gestartet haben, hat sich Rebirth abgesetzt um den Jungen zu verstecken aber dann haben wir ihn erwischt und jetzt haben wir den Schlamassel hier.“ „Und was sollen wir mit dem Bengel jetzt machen?“ Alle Blicke wanderten zu dem kleinen japanischen Jungen mit dem ordentlich frisierten brünetten Haar und den strahlend blauen Augen, die er eindeutig von seiner Mutter hatte. Er erwiderte den Blick der drei und zog eine trotzige Miene. „Was heißt hier Bengel?“ fragte er im fließenden Englisch und verschränkte beleidigt die Arme. „Glaubt bloß nicht ich verstehe nicht Englisch bloß weil ich Japaner bin.“ Mello und Matt sahen den Jungen erstaunt an und waren sprachlos dass der Kleine in dem Alter bereits Fremdsprachen beherrschte. Rebirth hingegen erklärte dem Jungen, dass es „Ich verstehe KEIN Englisch“ bedeutete und dass er noch mal die englische Grammatik lernen sollte. Dann wandte er sich wieder Matt und Mello zu. „Akito ist ein wirklich hochintelligenter Junge und wird privat unterrichtet. Ich helfe ihm bei den Englischhausaufgaben, verbringe mit ihm die Freizeit und unternehme auch sonst viel mit ihm. Wir sind sozusagen wie Brüder nicht wahr Akito?“ Der Junge nickte und wandte sich wieder seinem Spiel zu. Nun saß Mello zwischen den Stühlen und wusste nicht was er tun sollte. Er konnte ja schlecht den Jungen einfach laufen lassen und damit riskieren, dass sein Racheplan ruiniert wurde aber andererseits war es gefährlich ihn bei Psychopathen wie Beyond und Rumiko zu lassen. Rebirth hatte schon eine Idee. „Lasst mich bitte mit Misa Amane sprechen. Vielleicht kann sie uns Informationen geben.“ „Und wie willst du das anstellen? Die würde für Kira sterben, warum sollte sie auf dich hören?“ „Vertraut mir einfach.“ Rebirths Blick war ernst und voller Entschlossenheit alles zu tun um Akito zu beschützen. Diesen Blick erinnerte Matt an Mello, als er mit ihm damals bis nach England gereist war und sie beide dabei fast gestorben wären und als er ihn und Near aus dem brennenden Waisenhaus retten wollte. Near… was aus ihn wohl geworden wäre wenn er heute noch leben würde? Matt kannte Rebirth jetzt gut genug um zu wissen, dass er bereit war seine besten Freunde zu verraten um das Kind zu beschützen und sich von nichts aufhalten zu lassen. Er sah zu Mello, der die Entschlossenheit in den Augen von Rebirth gesehen hatte und sich unter der Bedingung geschlagen gab, dass sie ihn verwanzen würden um das Gespräch mithören zu können. Akito blieb solange unter Matts Obhut. Schweigend saß Rumiko auf dem Dach und zündete sich eine Zigarette an. Es war kalt und windig, doch ihr war es egal. Ihre Beine baumelten über einen riesigen Abgrund und stumme Tränen rannen ihre blassen Wangen hinunter. Leise und mit zitternder Stimme fing sie an „Mad World“ zu singen und bemerkte nicht wie Beyond Birthday lautlos wie immer auf sie zukam. „And I find it kind of funny, I find it kind of sad The dreams in which I’m dying are the best I've ever had I find it hard to tell you, I find it hard to take When people run in circles its a very, very Mad world, mad world” Als sie bemerkte dass sie nicht alleine war, unterbrach sie ihr Lied, drehte sich aber nicht um. „Wenn du mich vom Dach schubsen willst, dann muss ich dich bitten zu warten. Ich will wenigstens noch zuende rauchen.“ „Ich wusste nicht dass du rauchst“ bemerkte Beyond in einem recht kühlen Ton in der Stimme und setzte sich zu ihr. Rumiko blies den bläulichen Qualm aus, der vom Wind sofort verweht wurde. „Tu ich auch eigentlich nicht… Mir war nur einfach danach.“ Beyond sagte nichts, er sah in die Ferne, wo eine blasse Sonne hinter einer Wolkendecke schien. Irgendwie schien alles so farblos und trist geworden zu sein und er begann sich zu fragen, was denn nur falsch gelaufen war. Auf einmal schien alles aus dem Ruder gelaufen zu sein. Seine Vergangenheit hatte ihn in Form von Rumiko wieder eingeholt und Rebirth, den er sonst als ehrlichen und schüchternen wie liebevollen Jungen gekannt hatte, schien nicht mehr derselbe zu sein. Auf einmal kam er ihm so fremd vor. Jeder kam ihm plötzlich fremd vor, sogar er selbst persönlich. Ob es Rumiko genauso ging? „Was ist nur aus uns geworden? Als Kinder glaubten wir alles schaffen zu können und was jetzt? Wir bekommen nicht einmal unser eigenes Leben in den Griff.“ „Wir sind Fremde in einer fremden Welt…“ murmelte Beyond und seufzte. Er sah wie Rumiko mit den Tränen kämpfte, doch er hatte ihr gegenüber gemischte Gefühle: Mitleid wenn er bedachte was sie alles durchgemacht hat und wie sehr sie unter ihren Erinnerungen litt, Hass aufgrund dessen was sie ihm und Rebirth angetan hatte und Zweifel darüber ob dies wieder nur gespielt war. Sie war so verlogen und falsch und wollte sicher nur Mitleid heucheln. „Erinnerst du dich noch an Jamie?“ „Jamie? Meinst du etwa den zurückgebliebenen Jungen von damals?“ Rumiko nickte und nahm noch einen Zug von ihrer Zigarette. „Du hast doch damals behauptet er sei ermordet worden. Dafür hat man dich in die Jugendpsychiatrie gesteckt.“ „Alle haben mir damals eingeredet dass er nicht ermordet worden ist sondern dass er nur vermisst wird. Ich habe es aber selbst gesehen. Ich habe seinen abgetrennten Kopf aus der Sporttasche geholt und sein Blut klebte an meinen Händen. Seine leeren toten Augen verfolgen mich bis heute noch doch man hat mir so oft eingeredet dass das alles gar nicht passiert ist und man hat mir so viele Elektrokrampftherapien zugemutet dass ich gar nicht mehr weiß was wahr ist und was nicht und ob Jamie nicht vielleicht wirklich noch lebt…“ Beyond erinnerte sich. Zwei Tage lang war Rumiko verschwunden und als sie wiederkam, waren ihre Hände und ihr Gesicht blutverschmiert, sie war völlig verstört und verweint und ihr fehlten Fingernägel. Man ging davon aus dass man sie zusammen mit Jamie entführt hatte und sie gequält wurde. Da sie anscheinend traumatisiert war, ging man davon aus dass sie sie falsche Erinnerungen angenommen hatte nämlich dass sein Vater ihn ermordet hätte. Beyond hätte nicht gedacht dass es sie bis heute beschäftigte. „Seine Leiche wurde bis heute noch nicht gefunden. Immer wieder hatte ich im Inneren noch Hoffnung dass ich ihn eines Tages finden könnte und war bereit alles aufzugeben was ich hatte. Bis vor kurzem war Jamie nur eine verblassende unangenehme Erinnerung… Wie könnte ich ihm jetzt noch vor die Augen treten wenn er das erfahren würde?“ Traurig senkte sie den Kopf und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel weg. „Trägst du deswegen immer diese kindische Schleife und diese Kleidung? Weil du dich immer noch an deine Vergangenheit klammerst?“ Dieser Kommentar stieß bei Rumiko auf Empörung und wütend stand sie auf. „Ach halt doch die Klappe! Du hast doch gar keine Ahnung wie es in mir aussieht du Mistkerl.“ Völlig aufgebracht stand sie auf und ging. Die Zigarette warf sie achtlos zu Boden und Beyond blieb allein zurück. Als er alleine war, schlug er wütend mit der Faust auf den Boden und schrie „Verdammt!!!“ Er war so voller Wut, dass er am liebsten herumgewütet hätte aber das hätte auch nichts geändert. Warum zum Teufel hatte er das gesagt und warum nur war Rumiko auf einmal so drauf? Es passte ihm gar nicht dass sie plötzlich so empfindlich und zerbrechlich war. Er dachte immer man könnte ihr alles antun, sie würde es einfach hinnehmen und drüber stehen. Sie war immer die Starke gewesen, eine Frau die nichts und niemals etwas erschütterte. Irgendwie war es so als hätte sie jahrelang nur eine Maske getragen, die jetzt nach und nach abbröckelte und ihr wahres Ich freigab. Auch sie war im Inneren nur ein ängstliches verzweifeltes Kind… genauso wie er. Und die Tatsache, dass auch sie zerbrechlich sein konnte, machte ihn rasend. Die Stimmung im Haus war mehr als bedrückt und irgendwie war die Stimmung tief unten. Mello hatte das Gefühl dass er mit seiner Racheaktion mehr kaputt machte als er eigentlich geplant hatte und die Sache mit dem Kind ließ ihm keine Ruhe mehr. Rebirth war in ein intensives Gespräch mit Misa Amane vertieft und während Misa schreckliche Angst um ihr Leben und das von Akito hatte, sorgte sich Rebirth um seinen kleinen Schützling und machte sich Gedanken wie er diese kleine Familie retten konnte. Beyond schien hingegen wie über einem Abgrund zu stehen. Er wusste nicht was er noch tun sollte, war vollkommen ratlos und die Sache mit Rebirth und Rumiko ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Er schien seine Adoptivschwester gar nicht wirklich zu kennen, obwohl sie beide inzwischen 25 und 26 Jahre alt waren. Seine heile Welt, die nur ihn und Rebirth beinhaltete und das kleine Restaurant, was sie sich aufgebaut hatten, brach unaufhaltsam zusammen und er bereute, sich auf dieses Angebot eingelassen zu haben, Rache an Kira zu nehmen und seine Adoptivschwester mit in die Sache reinzuziehen. Er hatte sie aus seiner Welt verbannt und sie war nur ein böser Schatten aus seiner Vergangenheit. Es war eben einfach gewesen Rumiko als die Böse darzustellen und sie als gefühlsloses Monster abzustempeln und sie wie einen ungebetenen Gast aus seiner Welt zu verstoßen. Seit damals, als sie seine Mutter vor den Zug gestoßen hat, gehörte sie nicht mehr zu seiner Welt und jetzt erkannte er, dass sie eigentlich nicht anders war als er. Doch bei ihr war es noch trauriger: Ihre kleine Welt bestand nur aus ihr und einem Jungen, der wahrscheinlich schon seit Ewigkeiten tot war und der Einzige ist, an dem sie sich klammern konnte. Hatte er vielleicht falsch gehandelt und sollte er mit ihr reden? Sollte er noch mal über alles nachdenken und sie in seine Welt lassen? Nein, er konnte Rebirth nicht in Gefahr bringen und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder die Alte war und nur Leid und Schmerz verbreitete. Dann musste er sie wieder aus seiner Welt ausschließen um nicht selbst vor die Hunde zu gehen. Gedankenverloren saß er im Wohnzimmer und trank ein alkoholfreies Bier, auch wenn ihm im ersten Moment etwas Hochprozentiges lieber wäre. Die Tür wurde aufgestoßen und Akito kam breit grinsend mit einem fern gesteuerten Auto herein. „Kannst du nicht woanders spielen?“ fragte Beyond leicht gereizt und stellte die Bierdose auf dem Tisch ab. Der Junge sah ihn mit seinen saphirblauen Augen an und legte die Fernsteuerung beiseite, dann setzte er sich zu Beyond. „Bist du der große Bruder von Onii-chan?“ „Nein, ich kümmere mich nur um ihn weil er familiäre Probleme hat und nicht mehr nach Hause kann.“ „Genauso wie bei mir…“ bemerkte der Kleine und begann sich abwechselnd nach links und rechts lehnen. „Die meiste Zeit bin ich alleine zuhause weil Mama ständig arbeiten ist und Papa immer Wichtiges zu tun hat. Immer will er dass ich lerne und ich darf nicht allein raus. Als ich mit Mama im Vergnügungspark war, haben wir uns aus den Augen verloren und Onii-chan hat mir geholfen Mama wieder zu finden. Seitdem unternehmen wir viel zusammen. Wir gehen auf den Spielplatz und so… Onii-chan sagt dass er, du und die Frau wie Mama Zauberaugen haben.“ Irgendwie musste Beyond schmunzeln wenn er dem kleinen Akito zuhörte und tätschelte ihm den Kopf. Diese kindliche Naivität…. Er wusste nicht was sein Vater wirklich war, was seine Mutter und sein „Onii-chan“ Rebirth wirklich für eine Gabe hatten. Für ihn war alles noch in Ordnung und das Beste war, den Jungen besser im Unklaren zu lassen. Er konnte Rebirth gut verstehen, warum er sich so sehr für den kleinen Jungen einsetzte und er konnte ihm auch nicht mehr böse sein. „Wann kann ich denn zu Mama?“ fragte Akito schließlich und sah Beyond mit seinen großen glänzenden Kinderaugen an. „Da müssen wir gleich mal nachfragen. Keine Sorge, du wirst sie gleich sehen.“ Kapitel 9: Sterben ------------------ Seit einer Stunde unterhielten sich Rebirth und Misa intensiv miteinander um eine Lösung für das Problem zu finden. Misa wollte um nichts in der Welt Kira verraten aber sie hatte auch Angst um ihren kleinen Sohn. Rebirth, der sie schon etwas länger kannte und deshalb ihr Vertrauen hatte, versuchte sie dazu zu bewegen, mit ihnen zu kooperieren damit ihre sowie auch Akitos Sicherheit gewährt war. Mit zitternden Händen wischte sie sich ihr durch Tränen verschmiertes Make-up mit einem Taschentuch aus dem Gesicht. „Es tut mir leid aber ich kann den Mann, den ich mehr als mein Leben liebe nicht einfach verraten. Lieber würde ich sterben.“ „Und was ist mit Akito? Er braucht seine Mutter und im Gegensatz zu Kira ist er völlig hilflos. Du willst doch nicht wirklich dass ich ihm sagen muss dass seine Mutter für Kira sterben will. Ich verstehe dass du ihn über alles liebst aber mein Gott Misa, du bist kein Teenagermodel mehr sondern eine junge Mutter und du musst endlich Verantwortung übernehmen. Ich verlange ja nicht dass du Kira direkt verrätst aber wenn du uns nur einen seiner Gefolgsleute nennen kannst, dann werden sich die anderen überreden lassen, dich und Akito in Ruhe zu lassen. Bitte Misa!“ Das 24-jährige Model sah traurig zu Boden und wusste nicht was sie tun sollte. Sie war in einer Lage gefangen, aus der sie nur herauskam wenn sie einen von denen verriet, den sie sie über alles liebte. Akito oder Kira… Schließlich brach sie in Tränen aus und Akito nahm sie tröstend in den Arm. „Ich will doch nur dass wir endlich eine Familie sind, dass ich zusammen mit Kira und Akito glücklich sein kann. Warum? Warum geht das denn nicht? Warum muss mir immer das genommen werden was mir am meisten lieb ist?“ Rebirth konnte sie gut verstehen. Auch er musste immer wieder furchtbare Entscheidungen treffen, genauso wie Beyond und Rumiko und so viele andere Menschen. Er kannte ihren Schmerz und wünschte sich, er könnte ihr das ersparen aber er hatte Akito versprochen dass er niemals zulassen wird dass ihm was passiert und er würde dieses Versprechen auch halten, egal was kam. Zwar war er selbst im Inneren noch ein 13-jähriges Kind im Körper eines 18-jährigen aber er hatte immer noch die Shinigami-Augen und seine Weitsichtfähigkeit. Und er war bereit jederzeit seine Waffe zu ziehen wenn jemand, der ihm nahe stand bedroht wurde. Doch dann endlich beruhigte Misa sich etwas und holte einen Zettel und einen Stift heraus und begann zu schreiben. „Teru Mikami… Er ist auch einer von Kiras Leuten und führt den größten Teil seiner Befehle aus.“ „Hat er auch angeordnet vor Jahren das Winchester Waisenhaus niederzubrennen?“ Misa nickte traurig. „Er hat auf Kiras Befehl die Kira-Anhängerschaft in England dazu aufgefordert. Er sagte dass wir nicht zulassen dürfen dass ein neuer L uns aufhalten wird… Hätte ich Kira damals aufgehalten, dann wären wir nicht in diese Lage geraten…“ Als sie alles aufgeschrieben hatte, reichte sie Rebirth den Zettel, den er sich durchlas. Dort waren Name, Anschrift und eine grobe Skizze von ihm auf der Rückseite. „Auch er besitzt das Shinigami-Augenlicht und ist sehr intelligent. Es wird nicht einfach sein ihn zu täuschen. Kennst du den Kiratempel?“ Da musste Rebirth erst einmal nachdenken, dann aber nickte er als ihm einfiel, dass mal ein Bericht über diesen lief. „Dort lebt Kira. Er hat um die hundert Soldaten zu seinem persönlichen Schutz und unzählige Überwachungskameras. Es gibt dort einen unterirdischen Fluchttunnel im Falle eines Terroranschlages.“ Mit Tränen in den Augen und zitternden Händen fertigte Misa eine weitere Zeichnung an, die Kira darstellen sollte. Er war ein gut aussehender junger Mann, der wirklich tadellos und seriös aussah, fast wie maßgeschneidert. Er und Akito sahen sich wirklich sehr ähnlich. „Anscheinend kommt der Sohn nach seinem Vater.“ „Aber er hat die Augen seiner Mutter“ fügte Misa mit einem Lächeln hinzu und wischte sich die Tränen weg. „Bitte, ich möchte zu Akito und sehen dass es ihm gut geht.“ Rebirth versprach Misa Akito sofort zu ihr zu bringen und sprach ihr Mut zu. „Ich verspreche dir dass alles gut werden wird.“ „Ich danke dir Rebirth. Ich danke dir vielmals.“ Mit schwerem Herzen ging Rebirth und als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, sank er in sich zusammen und begann zu weinen. Misas Schmerz und Kummer erinnerte ihn so sehr an seine eigene schlimmen Kindheitserlebnisse als seine Eltern ihm offenbart hatten, dass er nur ein Spenderklon war und dass sie ihm die Schuld an Lucas’ Tod gegeben hatten. Das Gefühl der Hilflosigkeit und die Angst davor alleine zu sein hatten ihn für immer geprägt. Mello hatte zusammen mit Matt das Gespräch mitgehört und lobten Rebirth für seine Überzeugungskunst. Doch dieser fühlte sich irgendwie wie ein mieser Verräter und wollte seinen Teil der Abmachung einhalten. Er bat darum dass man Misa unter Beobachtung aus der Zelle rausholt und sie zusammen mit Akito in einem der Zimmer wohnen lässt. Da sie dem Jungen nicht noch mehr zumuten wollten und Misa sehr hilfreiche Informationen gegeben hatte, wurde ihnen die unbewohnte Etage zur Verfügung gestellt und als Rebirth seinen kleinen Schützling zur seiner Mutter brachte, war die Freude des Wiedersehens groß und erleichtert schloss Misa den 6-jährigen in die Arme. „Ich danke dir vielmals. Ich hatte ja solche Angst um ihn…“ „Misa, du musst für einige Zeit hier bleiben damit weder ihr noch wir in Gefahr geraten.“ Die blonde junge Frau war einverstanden und widmete sich erst einmal ihrem Sohn. Rebirth sah den beiden erleichtert hinterher und wischte sich eine Träne aus dem Auge, dann klopfte Mello ihm auf die Schulter. „Mach dir mal keine Sorgen Kleiner. Auch ich habe kein Interesse daran eine Familie kaputt zu machen und den Jungen noch zur Waise zu machen.“ „Hör auf mich ständig Kleiner zu nennen. Ich bin immerhin 18 Jahre alt!“ Matt und Mello mussten schmunzeln als sie Rebirths kindliches Schmollen sahen und luden ihn erst mal zu einem Bummel durch die Einkaufsstraßen zu machen. Da Rebirth auch mal eine Auszeit brauchte, nahm er die Einladung gerne an und verabredete sich mit den beiden für 14 Uhr. Etwas müde und erschöpft ging er aufs Dach wo die Sonne hell schien. Die Aussicht war wunderschön und er verstand, warum Rumiko hier öfters raufging. Trotz des relativ starken Windes war es warm und er legte sich einfach hin um die Wolken zu betrachten. Dabei kam ihm eine Erinnerung von damals hoch, als er zusammen mit Beyond die Jugendpsychiatrie verlassen hatte. An einem wunderschönen Sommertag waren sie aufs Dach gestiegen und haben einfach nur geschwiegen und die Wolken betrachtet. Damals gab es nur ihn und Beyond, sonst niemanden. Doch jetzt war alles anders, alles veränderte sich. Er selbst hatte sich anderen gegenüber geöffnet und diese kleine Welt aufgegeben um für Akito da zu sein. Einem Kind, welches sich nach Liebe seines Vaters sehnte, jedoch niemals bekam. Wie wohl Kiras Welt aussah? War seine auch so klein wie die eines Kindes oder gab es nur ihn alleine? Rebirth wünschte sich, er könnte all diese Sorgen endlich vergessen und einfach nur weit weg gehen. Irgendwo hin wo es keinen Kummer gab. Manchmal wünschte er sich, er könnte zu einem Schmetterling werden und sich irgendwo auf einer Blumenwiese zur Ruhe legen. Während er so da lag, wurde er langsam müde und musste gähnen. Beinahe wäre er eingeschlafen, wäre da nicht Akito, der mit seiner Mutter aufs Dach gekommen war. „Sei bitte vorsichtig Akito und geh nicht zu nah an den Rand. Es ist gefährlich hörst du?“ Doch der Kleine lief unbekümmert herum und rannte mit weit geöffneten Armen herum, als wolle er ein Flugzeug nachahmen. Misa kam zu Rebirth und sah ihrem Sohn zu. „Ist er nicht süß? So leichtherzig und unbekümmert dass man wirklich neidisch sein kann, dass man selbst kein Kind mehr ist.“ „Akito ist ein guter Junge und er hat das Herz am rechten Fleck. Du kannst stolz darauf sein ihn als Sohn zu haben.“ Wie ein Elternpaar standen die beiden da und beobachteten den 6-jährigen beim Spielen. Dann irgendwann blieb er jedoch stehen als er etwas am Boden entdeckt hatte. „Mama, Onii-chan! Kommt mal her da ist etwas.“ Neugierig was es sein könnte, gingen die beiden zu ihm hin und sahen ein Insekt auf dem Boden liegen. Rebirth kniete sich neben Akito hin. „Was ist das?“ fragte der Kleine und deutete auf das Insekt. „Sieht wie ein Schmetterling aus…“ antwortete Misa zögernd und kam näher. Tatsächlich, es war wirklich ein Schmetterling. Er krabbelte am Boden entlang und versuchte zu fliegen, doch er schaffte es nicht. Als Rebirth sah dass seine Flügel kaputt waren, durchfuhr ihn ein Schmerz in der Brust und er stand den Tränen nahe. Der Anblick dieses kleinen zarten Tieres, wie es hilflos versuchte sich in die Lüfte zu erheben, zerriss ihm beinahe das Herz. „Was hat er denn?“ fragte Akito und wollte den Schmetterling anfassen, doch Akito hielt ihn zurück. „Seine Flügel sind kaputt und er kann nicht mehr fliegen.“ „Heißt es dass er sterben wird? Können seine Flügel nicht nachwachsen?“ Traurig schüttelte Rebirth den Kopf und sah Akito tief in die Augen. „Wenn einem Schmetterling die Flügel reißen, dann fällt er zu Boden. Wenn er das tut, dann kommt er in den Himmel, das ist der Kreislauf des Lebens.“ Als Akito hörte, dass das Schicksal des kleinen Tieres, welches immer und immer wieder zu fliegen versuchte bereits besiegelt war, begann er zu weinen und tröstend nahm Misa ihn in den Arm. „Ich will nicht dass er stirbt…“ Vielleicht mochte es daran liegen dass der Anblick des kleinen Tieres so traurig war oder dass Akito über dessen Tod weinte aber auch Misa kamen die Tränen. Mit einfühlenden Worten versuchte sie ihr Kind zu beruhigen und Rebirth brachte den sterbenden Schmetterling an. Während er sich von den anderen entfernte, wischte er mit seiner freien Hand die Tränen aus den Augenwinkeln. „Im Grunde sind wir alle nur kleinen Schmetterlinge in einem Sturm. Wenn unsere Flügel kaputt gehen, fallen wir zu Boden und sterben.“ Als er das Tierchen wegbrachte, traf er dabei auf Rumiko, die auf dem Dach eine Zigarette rauchen wollte. Diese reagierte gereizt als sie ihn sah. „Was willst du denn hier?“ Doch Rebirth brachte keine Antwort heraus, dazu war er viel zu verunsichert und er hatte Angst dass Rumiko ihn schon wieder attackieren würde, wenn er etwas Falsches sagte. Da er zu stottern begann, packte ihn sie ihn unsanft am Arm und sie sah, dass er etwas auf der Hand trug. „Was hast du da?“ „Nichts“ stammelte Rebirth und wollte sich losreißen doch Rumiko packte seine Hand und sah den Schmetterling. Ihre spöttische Miene war nicht zu übersehen. „Was willst du denn damit?“ „Akito war so traurig weil der Kleine sterben wird und deshalb wollte ich ihn wegbringen.“ Irgendwie schien kurz etwas in Rumikos roten Augen etwas aufzublitzen, was Rebirth noch nie zuvor in ihr gesehen hatte doch dann verschwand es wieder und mit abwertenden Blick sah sie auf das kleine Insekt herab. „Warum macht ihr so einen Heidenaufstand um so einen blöden Schmetterling? Tagtäglich sterben unzählige von den Viechern um die sowieso niemand eine Träne nachweinen wird. Mein Gott, jeden Tag sterben Menschen und Tiere, also warum heulst du so einem Ding nach?“ „Sag mal lässt dich denn alles kalt? Mag zwar sein dass für Leute wie dich der Tod eines Menschen oder eines Tieres gar nichts bedeutet aber du kannst von einem 6-jährigen Kind nicht erwarten, dass es genauso kaltblütig ist wie du. Du hast doch gar keine Gefühle, hörst du? Du verstehst nicht wie es ist um jemanden oder um etwas zu trauern das stirbt.“ Als Rumiko das hörte stieß sie Rebirth gegen die Wand und begann wütend auf ihn einzuprügeln. Sie schlug ihn ins Gesicht, trat ihm in die Magengrube und stieß ihn schließlich zu Boden. Rebirth krümmte sich vor Schmerzen und als sie ihm schließlich auf die Hand trat, schrie er auf. „Du hast doch gar keine Ahnung! Überhaupt keine Ahnung du elendes Stück Dreck. Wenn du nicht wärst… wenn du nicht wärst…“ Rumiko brachte den Satz nicht zu Ende. Mit einem Tritt gegen die Stirn wandte sie sich um und lief davon. Rebirth, der einer Ohnmacht nahe war, setzte sich auf und wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel. Warum nur hatte er das gerade gesagt? Er hatte ahnen können, dass Rumiko wieder ausrasten und ihn zusammenschlagen würde. Er bereute auch dass er das gesagt hatte, denn er konnte tief im Inneren spüren, wie sehr er sie damit verletzt und vor den Kopf gestoßen hatte. Sicher gab es auch jemanden, um den sie mal getrauert hatte und ihr an den Kopf zu werfen, sie habe gar keine Gefühle, war auch nicht richtig. Ob er sich bei ihr entschuldigen sollte? Eigentlich wäre dies nur angebracht aber nach der Tracht Prügel hatte er zu große Angst davor, sich ihr auch nur mehr als 10m zu nähern. Aber eines verstand er immer noch nicht: Warum war er so darauf bedacht gewesen, Rumikos Gefühle zu verletzen? Etwa weil er sehen wollte, ob sie noch etwas Menschliches in sich trug oder nicht? Für einen kurzen Moment, aber auch wirklich nur für den Bruchteil einer Sekunde hatte er etwas in ihren Augen gesehen, was er noch nie zuvor an ihr gesehen hatte doch dann war es wieder erloschen. Traurig sah Rebirth zu Boden, wo sein kleiner Schmetterling lag. Er bewegte sich nicht mehr, versuchte nur noch mit den Flügeln zu fliegen und dann regte sich gar nichts mehr. Mello und Matt saßen in ihrem Arbeitszimmer und begannen Informationen zu Teru Mikami zu sammeln. Wenn Misa Amane wirklich die Wahrheit sagte, dann war dieser Mann einer von Kiras Leuten und sicher auch ziemlich gefährlich. Deswegen war es wichtig, jedes noch so kleine Detail herauszufinden und sich das kleinste Schlupfloch zunutze zu machen. „Schon bemerkt dass hier ziemlich dicke Luft herrscht seit wir Misa und Kiyomi gefangen genommen haben?“ Matt blies den Nikotinqualm aus und nahm noch einen kräftigen Zug von seiner Zigarette, während er einige Texte kopierte und schließlich ausdruckte. „Ich hab das Gefühl wir haben da einen Stein ins Rollen gebracht, den wir bis jetzt noch nicht bemerkt haben. Die Frage ist jedoch ob es nur bei diesem Stein bleiben wird oder ob er nicht auf seinen Weg noch eine Lawine auslöst“ antwortete Mello mit einer etwas gleichgültig klingenden Stimme und wirkte irgendwie erschöpft. „Langsam überlege ich mir, ob es nicht besser wäre wenn ich die drei aus der Sache raushalte. In San Francisco habe ich so viele zerstörte Familien gesehen, so viele Trauernde und hunderte, die verzweifelt nach jemandem gesucht haben. Diese Bilder sind in den ganzen Jahren immer noch in meinem Kopf geblieben und ich will einfach nicht dass meinetwegen noch mehr Menschen Kummer haben müssen. Deswegen will ich auch Kira stürzen, damit die Kinder aus dem Waisenhaus in Frieden ruhen können und die Menschheit nicht mehr in Angst leben muss.“ Etwas müde rieb sich Mello die Augen und holte eine Schokoladentafel heraus, von der er ein Stück abbrach und in den Mund schob. Matt sah ihn durch seine Fliegerbrille an und er hatte einen etwas seltsamen Ausdruck in den Augen, den Mello nicht wirklich deuten konnte. „Ich glaube nicht dass du etwas kaputt gemacht hast. Im Gegenteil: Durch unser Vorhaben ist eine zerrüttete Familie gerade dabei, wieder zueinander zu finden. Jeder von ihnen muss nur lernen, sich auf den anderen einzulassen und zu lernen, dass ihr Weg nicht immer der richtige ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder eine Familie sind.“ Kapitel 10: Wunsch ------------------ Am Abend trafen sich alle im Wohnzimmer um die Lage zu besprechen und einen Plan auszuarbeiten, wie sie am besten an Teru Mikami herankamen. Rebirth ging es einigermaßen besser und kühlte seine Stirn mit einem Eisbeutel, Beyond wirkte etwas müde und Rumiko schien ziemlich angespannt zu sein. Die Luft wurde zusehends dicker und böse Blicke wurden ausgetauscht. Mello räusperte sich und reichte ein aktuelles Foto von Teru Mikami um. „Die Zielperson heißt Teru Mikami, 31 Jahre alt und vom Beruf her Rechtsanwalt. Er ist Kampfsporterprobt und so wie es aussieht nicht auf dem Kopf gefallen. Das hier ist eine Nummer schwerer als Kiyomi Takada und Misa, wenn wir nicht aufpassen, dann werden wir noch getötet werden und zudem besitzt er noch das Augenlicht der Shinigami.“ Als jeder das Foto unter die Lupe genommen hatte, wurde es wieder zu Mello durchgereicht und er begann vor ihnen langsam auf und ab zu laufen. „Sein Haus ist schwer bewacht und die reinste Festung. Ein Einbruch würde sich also als äußerst gefährlich erweisen und es gibt kaum Möglichkeiten, unbemerkt eindringen zu können. Fakt ist: Die Chancen unerkannt rein und rauszulaufen ist also gleich Null. Allerdings haben wir eine Möglichkeit gefunden, wie wir an Mikami herankommen können ohne großes Aufsehen zu erregen. In drei Tagen findet zu Kiras Ehren ein Maskenball im „Ancient Palace“ statt und nur erlesene Gäste haben Zutritt. Mein Plan sieht folgendermaßen aus: Beyond und ich werden uns als Kellner verkleiden während Matt und Rebirth sich außerhalb des Palace bereithalten. Rebirth, da du die besten Augen hast, wirst du unser Scharfschütze sein und Mikami erschießen wenn die Sache außer Kontrolle gerät und Matt hält unser Fluchtfahrzeug bereit. Rumiko, auf dich wartet die wichtigste Aufgabe: Du wirst mit Mikami tanzen.“ Das ungläubige Gesicht der hübschen Blondhaarigen mit der roten Schleife war kaum zu übersehen und sie machte große Augen. „Ich? Ich soll mit diesem Kerl da tanzen? Habt ihr sie noch alle oder ist das hier versteckte Kamera? Ich denke gar nicht daran.“ Rumiko war sofort auf 180 wenn sie daran dachte, ein Abendkleid anzuziehen und womöglich noch in hohen Absätzen durch die Gegend zu laufen. Anscheinend hing sie sehr an ihrem eigenen Kleidungsstil und hatte offensichtlich keine Lust, etwas daran zu ändern. Mello musste sie irgendwie umstimmen. „Denk doch mal daran dass du hier die einzige Frau bist und nur du diese Aufgabe übernehmen kannst. Nur auf die Weise kommen wir unbemerkt an Mikami heran und können ihn überlisten. Allerdings geht das nur wenn du mitmachst.“ Nach einigem hin und her erklärte sich Rumiko einverstanden und hatte auch schon einen Plan, wie sie ohne Probleme auf die Gästeliste kommt. „Die Karasuma-Familie war bis vor ihrem Tod einer der reichsten Familien in Japan und ich denke schon dass ich da was arrangieren kann.“ Sie ging mit Matt um alles weitere zu besprechen und als sie zur Tür raus waren, brachen Rebirth und Beyond in Gelächter aus. Der Gedanke an eine tanzende Rumiko erschien ihnen einfach viel zu lustig. Das konnte doch gar nicht gut gehen. „Wenn ihr zwei fertig seid, könnt ihr schon mal eure Arbeitskleidung anprobieren.“ Nachdem Rumiko ihre familiäre Herkunft dazu benutzt hatte um auf die Gästeliste zu kommen, musste sie noch den schlimmsten Teil über sich ergehen lassen: Die Kleideranprobe. Auch wenn sie eine Naturschönheit war, so war sie ein richtiger Modemuffel und musste zudem noch beste Manieren erlernen um nicht noch von der Party zu fliegen. All ihr buntes Vokabular wurde durch Fachsprache und gehobene Ausdrucksweise ersetzt und als ob das schon nicht für sie genug gewesen wäre, musste sie shoppen gehen denn immerhin brauchten sie ja ein passendes Kleid für den Maskenball. Matt schleifte sie in jede Boutique und an jedem Kleid hatte Rumiko etwas auszusetzen, bis sie sich für ein schlicht gehaltenes schwarzes Kleid mit dazu passenden Handschuhen, die ihr bis zu den Oberarmen gingen. Eine Kette wollte sie nicht, stattdessen wollte sie das Medaillon der Familie Karasuma tragen um ihre Identität zu unterstreichen. Dafür aber bekam sie Perlohringe und musste eine Kosmetikberatung über sich ergehen lassen. Immerhin musste sie perfekt für den Ball aussehen. Schon ironisch, dachte Matt schmunzelnd als er sie durch sämtliche Läden schleifte und sie ständig genervt die Augen verdrehte. Normalerweise war es doch der Mann, der diese Shopperei nicht ertragen konnte. Als sie zum Friseur gingen, kam es zum ersten Zwischenfall denn Rumiko sollte ihre Schleife aus dem Haar nehmen und sie mochte es gar nicht wenn jemand an ihrem Kleidungsstil etwas zu verändern versuchte. Auch für den Ballabend müsste sie die Schleife abnehmen und Matt konnte ahnen, was das für ein Gezeter werden würde. Ohnehin fand er dass diese Schleife an der linken Seite im Haar nicht wirklich zu ihrem Gesicht passte. „Ich denke nicht daran die Schleife abzunehmen, sie gehört zu diesem Stil wie alles andere auch. Komm Matt wir gehen, ich werde mir selbst die Haare schneiden.“ Na ob das so eine gute Idee war, begann der 20-jährige zu bezweifeln aber er gab sich geschlagen und kehrte wieder mit ihr zurück. Kaum waren sie angekommen, schnappte sich Rumiko Spiegel, Kamm und Haarschere und begann ihre Haare zu schneiden. Tatsächlich konnte sie das wirklich gut und nachdem sie fertig war, hatte sie ihr Schleifenband dazu benutzt sich die Haare zu einem Knoten zusammen zu binden und hatte eine Rose ins Haar gesteckt. „Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht“ musste Matt zugeben und machte direkt weiter im Plan, nämlich das Tanzen. Rumiko verstand zum Glück etwas von typischen Balltänzen, wozu auch der Walzer zählte. Nur hatte sie bis jetzt Halbschuhe mit minimalen Absätzen getragen und konnte in den neuen Schuhen nicht wirklich das Gleichgewicht halten. „Wenn das hier vorbei ist bringe ich dich um“ knurrte sie während sie sich von Matt führen ließ. „Warten wir’s ab.“ Rumiko, die ihrer Meinung nach eigentlich gut Walzer tanzen konnte, musste hier eine katastrophale Niederlage einstecken. Ständig knickte sie mit dem Knöchel um, trat Matt auf den Fuß und verlor bei der Drehung das Gleichgewicht und fiel dabei ein Mal hin. „So ein verdammter Mist, in diesen Schuhen zu laufen ist echt der reinste Horror und ich fühle schon die ersten Blasen an den Füßen.“ Das Tanzen ging den halben Tag so und tatsächlich hatte Rumiko danach Blasen an den Füßen und behandelte die erst mal, indem sie mit einer sauberen Nadel das Wundwasser auslaufen lies und schließlich Blasenpflaster draufklebte. „Ich bereue jetzt schon dass ich mich darauf eingelassen habe“ murmelte sie und begann weiterzuüben, auch wenn ihr die Füße wehtaten. Zwei Tage arbeitete sie ununterbrochen, lief nur noch in Schuhen mit hohen Absätzen begann alles über Mikami zu studieren, was Matt und Mello an Informationen zusammentragen konnten. Wenn sie es richtig anging, dann würde Mikami mit ihr tanzen und dann war er geliefert. Am Tag vor dem großen Abend musste Rumiko Matt einen besonderen Gefallen tun: Sie musste sich den linken Daumennagel spitz feilen. „Und warum soll ich das tun?“ Matt zeigte ihr ein kleines Reagenzglas, in welchem eine kleine gelbbraune Flüssigkeit schwamm. „Ich habe ein Gift entwickelt, was Mikami mithilfe eines spitzen Gegenstandes injiziert werden soll. Da der Fingernagel hart ist, können wir diesen mit Gift bestreichen und du kratzt ihn einfach an der Handfläche. Dann wird er zunächst Kreislaufprobleme bekommen, gefolgt von Schweißausbrüchen, Schwindelgefühl und schließlich einen Zusammenbruch erleiden.“ Rumiko wollte noch fragen woher Matt das Gift hatte aber andererseits hatte sie keine Lust darauf, sich irgendeinen ellenlangen Bericht anzuhören. Sie verabschiedete sich nach der etwas seltsamen Maniküre und ging aufs Dach um die Aussicht zu genießen. Als sie die Treppen hochstieg musste sie an früher denken, als sie an heißen Sommertagen mit Jamie zum See gelaufen ist um dort kleine Floße hatte schwimmen lassen. Seit Jahren dachte sie an ihn, mit seinem süßem Lächeln und seinen ganz besonderen Augen: Er hatte eine Iris-Heterochromie, also zwei verschiedene Augenfarben: Braun und blau. Sein hellbrünettes Haar war stets etwas unfrisiert und seine Kleidung war immer eine Nummer größer gewesen, als er sie eigentlich gebrauch hätte. Seit ihrer traumatischen Zeit in der Psychiatrie war sie sich nicht mehr sicher gewesen, ob er nun wirklich tot war oder vielleicht noch lebte. Diese Unwissenheit hatte sie niemals in Ruhe gelassen und immer war sie auf der Suche nach ihm gewesen. Am See, wo sie als Kinder immer gespielt hatten, gab es eine alte Hütte, die sie als eine Art Schloss benutzt hatten und dort ihre gemeinsame Schatzkiste versteckt. Dort bewahrten sie alle Erinnerungsfotos auf und ihre geheimen Briefe und Tagebücher. Rumiko hatte die Hütte und den See von einem Teil des Geldes von der Karasuma-Familie aufgekauft und eine Botschaft an Jamie hinterlassen, falls er eines Tages zurückkehren sollte. Im Innersten wartete sie jede Sekunde darauf, dass sie eine Nachricht von ihm bekommen würde. Doch sie wartete vergeblich bis heute und eigentlich sollte sie doch längst kapiert haben dass er tot ist. Sie hatte als 9-jährige seinen abgehackten blutverschmierten Kopf aus der Sporttasche herausgeholt und in seine toten Augen geblickt. Sie war vor seinem Vater geflohen, der die Leiche seines einzigen Kindes verschwinden lassen wollte und sich in einer Truhe versteckt. Doch dann war etwas auf die Truhe geknallt und sie konnte nicht mehr rauskommen. Zwei Tage war sie in dieser dunklen Truhe eingeschlossen und hatte versucht sich zu befreien und sich an dem Holz fünf Fingernägel ausgerissen. Dann plötzlich hatte sie diese Stimme in ihrem Kopf gehört. Sie war unheimlich aber auch seltsam vertraut, obwohl sie sie noch niemals gehört hatte. Diese Stimme kannte Rumikos Eigenschaften, ihre Gedanken, Wünsche und Ängste sehr genau. Die Stimme redete ihr ununterbrochen ein, dass sie Macht brauche um stärker zu werden, um nicht länger herumgeschubst zu werden und damit sie diejenigen beschützen konnte, die sie liebte. Irgendwann hatte Rumiko es aufgegeben, die Stimme zu ignorieren und aus eigener Kraft zu versuchen, aus ihrem Gefängnis zu entkommen und diese Kraft angenommen. Ihre Angst, ihr Schmerz und ihre Trauer wurden immer mehr in rasende Wut verwandelt und sie wollte nur noch eines: Rache. Mit einem Beil enthauptete sie Jamies Vater im Schlaf und warf den Kopf in den See. Als sie sah wie Beyond von seinem Vater die Treppen heruntergestoßen wurde und er auf ihn einprügeln wollte, empfand sie nur noch abgrundtiefen Hass für ihre Eltern und wollte nur noch aus diesem Alptraum entkommen. „Wann ist das alles nur außer Kontrolle geraten?“ fragte sie sich selbst und öffnete eine Dose Bier, aus der sie einen Schluck trank bevor sie sich an den Rand setzte und die Stadt betrachtete. Sie vermisste ihre alte Heimat in Amerika wo sie groß geworden ist. Sie vermisste den See mit dem hoch gewachsenen Schilf und das Quaken der Frösche. Im Grunde genommen wünschte sie sich wieder zurück in die Zeit als sie noch ein Kind war, wo alles noch in Ordnung war. Nein… es war nie in Ordnung gewesen. Bereits zwei Jahre nach ihrer Adoption hatte Beyonds Vater seinen Job verloren und ist daraufhin zum Alkoholiker geworden. Es konnte auch gut sein dass er seinen Job verloren hat weil er Alkoholiker war, im Nachhinein war dies sogar viel wahrscheinlicher. Beyonds Mutter hatte sie gebeten, auf ihren kleinen Bruder aufzupassen und sie selbst hatte mehr Augen für ihn als für Rumiko, der sie die Schuld für diese Familiensituation gab. Dabei war sie doch nur überfordert gewesen mit allem und brauchte für ihr Dilemma nur einen geeigneten Sündenbock. Rumiko hatte diese Frau immer gehasst und diese depressive Hexe hatte immer versucht Mitgefühl und Aufmerksamkeit zu bekommen, indem sie sich geritzt hat und immer wieder Suizidversuche angedroht und durchgeführt hatte. Irgendwann konnte Rumiko das nicht länger mehr mit ansehen und anhören und stieß sie schließlich vor den nächstbesten Zug. Doch das schlimmste war gewesen, als Beyond ihr in den Rücken gefallen war. „Ich wünschte du wärst niemals geboren worden, du bist ein Monster.“ Ja, ihr Bruder den sie eigentlich hätte beschützen sollen, hasste sie abgrundtief und nannte sie ein Monster. Und er hatte Recht: Sie war ein Monster! Ein kaltblütiges, selbstsüchtiges und hinterhältiges Monster. Aber sie hatte sich für dieses Leben entschieden um zu überleben. Hätte sie es nicht getan, wäre sie in dieser engen dunklen Kiste ganz allein gestorben und niemand würde sie finden. Nun ja, wenn sie jetzt sterben würde, dann würde es ebenfalls einen einsamen Tod geben und niemand würde um sie trauern. Selbst schuld, dachte sie und nahm noch einen kräftigen Schluck Bier. Dabei wollte sie nur noch eines im Leben. Nur ein winzig kleiner Wunsch, wie er bescheidener nicht hätte sein können: Sie wollte nicht alleine sterben aber dieser Wunsch würde sich niemals erfüllen. Sie war der blutrote Dämon Rumiko Karasuma und auch wenn sie sich in manchen Momenten nach ihrer Kindheit, nach ihrer gemeinsamen Zeit mit Jamie am See und nach der Zeit, wo sie in Frieden leben konnte, ohne sich Sorgen um etwas zu machen sehnte, so würde sich doch auch nichts ändern. Beyond und Rebirth hatten sich derweil ausgesprochen und ihr Streit nach dem ersten Einsatz war längst geklärt. Beyond konnte es Rebirth einfach nicht zum Vorwurf machen, dass dieser sich für ein Kind einsetzte, das Aufmerksamkeit und Liebe brauchte und keine Ahnung hatte, wer seine Eltern in Wirklichkeit waren. Außerdem konnte er doch nicht allen Ernstes von Rebirth erwarten, dass er sich gegen Kira stellte nur weil Beyond es war. Außerdem hatte Akito nichts mit diesem Diktator zu tun. Und Beyond musste lernen dass Akito trotz seines wahren Alters von 13 Jahren begann sein eigenes Leben zu führen und seine kleine Welt nicht mehr dieselbe sein würde. Er sollte vielleicht besser anfangen, sich anderen Menschen zu nähern anstatt sich immer weiter von ihnen zu entfernen. Heute wollte Rebirth mit seinem kleinen Schützling in die Stadt gehen weil er dringend neue Schuhe brauchte und er versprochen hatte, mit ihm ein Modellflugzeug fliegen zu lassen. Da Misa das Haus nicht verlassen durfte, konnte sie nicht mitkommen, was sie sehr traurig machte. Akito sah alles jedoch wie immer aus einem positiven Licht und schien richtig glücklich zu sein. „Weißt du was Onii-chan?“ fragte er Rebirth während er auf seinen Schultern saß und somit wirklich alles sehen konnte. „Seit Mama und ich bei euch sind, hat sie mehr Zeit für mich. Ich wünschte das könnte bleiben immer so..“ „Keine Sorge, wenn alles geklärt hat, dann wird sie sich für die Zukunft immer mehr Zeit nehmen. Und übrigens: Deine englische Grammatik ist immer noch nicht ganz richtig. Es heißt „Das könnte immer so bleiben“. Ich hoffe du machst auch regelmäßig deine Englischhausaufgaben.“ „Ja Onii-chan. Ich habe übrigens im Englischtest wieder die eine „eins“ bekommen“ verkündete der Junge voller Stolz und strahlte wie ein kleiner Sonnenschein. „Großartig Akito, als Belohnung kaufe ich dir den neuesten Band von deinem Lieblingsmanga.“ Eigentlich war es recht traurig wenn man bedachte dass Akito stets und ständig einen unglaublichen Lerndruck hatte, weil sein Vater keine schlechtere Note duldete. Als Akito in Chemie durchgefallen war, durfte er gar nicht mehr rausgehen sondern nur noch lernen. Und eine Anerkennung hatte er für seine großartigen Leistungen nicht bekommen und irgendwann war Akito weinend zusammengebrochen und glaubte dass sein Vater ihn überhaupt nicht lieben würde. Rebirth wusste dass er die Rolle eines Vaters nicht übernehmen konnte, also entschied er sich sein großer Bruder zu werden und ihn zu motivieren, immer sein Bestes zu geben. Wenn Akito besonders gut in Fächern war, die er normalerweise nicht so gut meistern konnte, belohnte Rebirth seine Mühen mit Kleinigkeiten. Manchmal schenkte er ihm ein Spielzeug oder einen Manga und ging mit ihm irgendwo essen. Aber allein schon mit ihm auf den Spielplatz zu gehen oder mit ihm ein kleines Boot auf dem Teich schwimmen zu lassen war für Akito etwas besonders. Eigentlich war Akito schon an sich ein ganz besonderer Junge. Er war über alle Maßen intelligent, war wirklich für alles zu begeistern und kaum etwas konnte seine Frohnatur trüben. „Das ist lieb Onii-chan, aber es gibt etwas was ich mir wünsche…“ Der 6-jährige zögerte etwas schüchtern mit seiner Antwort und wollte zunächst nicht mit der Sprache rausrücken aber dann sagte er „Ich nehme demnächst an einer Veranstaltung der Musikschule teil und jeder spielt etwas vor. Kannst du vielleicht kommen?“ „Aber selbstverständlich Akito. Sag mir einfach so früh es geht bescheid wann eure Veranstaltung ist und ich komme auf jeden Fall.“ Sie waren den halben Tag unterwegs und lachten viel gemeinsam. Doch etwas trübte schließlich ihre Freude, nämlich als es am Tokio Tower zu einer Explosion kam, die höchstwahrscheinlich von einem Terroristen verursacht wurde. In den letzten Jahren gab es immer mehr Bombenanschläge und Selbstmordattentate, seit Kira die totale Gewalt über Amerika, Russland, Afrika und Asien übernommen hatte. Nur Europa hatte sich noch nicht offen zu Kira bekundet und wurde zur neutralen Zone klärt. Solange sich die europäische Union Kira nicht in den Weg stellte, herrschte Ruhe. Im Grunde genommen war Europa einfach nur hilflos und hatte seine Kampfkraft und seine Autorität geopfert um seine Würde zu behalten. Aber im Grunde war es ein sehr erbärmlicher Austausch gewesen. Im Grunde war es doch nur noch eine Frage der Zeit bis Kira auch den letzten Kontinent für sich erobert hatte und er die ganze Welt kontrollierte. Eine traurige Zukunft… nein, es war keine Zukunft… es war eher ein unausweichliches Ende, wenn Kira nicht endlich gestoppt werden würde. Und Rebirth würde seinen Beitrag dazu leisten um diese Welt für Akito sicherer zu machen, damit er irgendwann mit ihm in Frieden leben konnte. Und es würde kein erzwungener Frieden sein sondern ein von allen gewünschter. Dafür war er jederzeit bereit sein Leben zu opfern. Kapitel 11: Tanz ---------------- Am Tag des großen Abends war wieder strenges Arbeitsklima wie beim ersten Mal. Rebirth übte noch mit dem Scharfschützengewehr und Mello ging mit Beyond die letzten wichtigen Schritte durch. Rumiko hatte sich zurückgezogen um sich fertig für den Ball zu machen. Angefangen von der richtigen Frisur, dem Make-up, der Kleidung und dem Schmuck. Ihre Maske war eine schwarze Halbmaske mit Federn beschmückt, genau das richtige für jemanden, der einer Familie abstammte, die den Namen „Raben“ im Namen trug. Ihren Lippen verpasste sie ein dunkles rot und legte farbige Kontaktlinsen auf. Zwar würde Mikami trotzdem sehen dass ihre verbleibende Lebensdauer nicht sichtbar war aber sie war eben eine Perfektionistin, was Verkleidung betraf. Welcher normale Mensch hatte denn schon rote Augen? Dabei hatte sie nicht immer diese Augen… Früher, als alles noch in Ordnung war, da hatte sie ganz normale Augen, nämlich die eines Menschen. Ob sie wohl je wieder einer werden würde? Nein, sie hatte sich für das Leben eines Shinigami-Kindes entschieden und selbst wenn sie diese Kraft wieder verlieren würde, so blieb sie immer noch ein Monster. Als sie die Treppen hinunterstieg und die anderen sie sahen, klappten sämtliche Kinnladen fielen herunter und den Jungs traten fast die Augen aus. Rumiko sah atemberaubend schön aus, wie eine Prinzessin in schwarz oder der böse Schwanenzwilling aus Tschaikowskis Stück „Schwanensee“. Tatsächlich war sie vollkommen in schwarz gekleidet, nur ihre Lippen und die Haarschleife waren rot. Wenn sie noch perfekt tanzte, dann würde alles perfekt ablaufen und selbst wenn sie es nicht schaffte sich an Mikami heranzumachen, so würden Mello und Beyond nachhelfen. Rebirth blieb in der Nähe und mischte sich unter das Sicherheitspersonal. Der Plan sah vor dass Rumiko Mikami beiseite nahm und ihm das Gift injizierte, das sie auf ihren Nagel gestrichen hatte. Danach würden Mello und Beyond ihn mitnehmen und zusammen mit Rumiko verschwinden. Falls trotzdem etwas schief laufen würde, hatten sie Rebirth, der Mikami erschießen würde, wenn er versuchen sollte die Gäste zu warnen. Wenn ihre Chancen schlechter standen weil bewaffnete Soldaten anwesend sein würden, dann hatten Beyond und Mello immer noch versteckte Waffen und würden die Gäste als Geiseln nehmen. Naja, hoffentlich kam es nicht zur letzten Möglichkeit, das würde ihnen viel an Arbeit ersparen. Matt hatte sich als Chauffeur verkleidet und würde die Limousine fahren, die er etwas umgebaut hatte. Der Wagen war gepanzert und hatte mehr PS drauf als Schumis Ferrari. „Also dann wollen wir’s mal angehen. Seid ihr bereit?“ Mello, Rebirth und Beyond fuhren in einen anderen Wagen um nicht aufzufallen. Für Mello traf es sich recht gut, dass selbst die Kellner Masken trugen, damit konnte er sehr gut seine Brandnarben vor den anderen verbergen. Rumiko gefiel der Gedanke, völlig unbewaffnet zu sein überhaupt nicht aber Matt hatte auch dafür eine Lösung. „Da Rebirth zum Sicherheitspersonal gehört, wird er dir dazu verhelfen, dein Messer hineinzuschmuggeln. Das ist zwar nicht viel aber…“ „Das genügt völlig“ antwortete Rumiko knapp und kontrollierte ihr Make-up noch mal im Spiegel. „Jedenfalls werde ich versuchen mich als Kira-Verehrerin auszugeben und somit Mikamis Interesse zu gewinnen. Wenn ich ihn an der Angel habe, werde ich mit ihm irgendwo hingehen und die beiden falschen Kellner bleiben in der Nähe. Und falls Kiras Soldaten etwas spitz kriegen sollten, nehme ich den Advokat-Schwachmaten als Geisel und schlitze ihm bei Bedarf die Kehle auf. Ich denke das wird noch ein recht lustiger Abend.“ Als sie den „Ancient Palace“ erreichten, wartete der rote Teppich bereits auf die Prominenten des Abends. Da Rumikos Familie zu der Oberschicht gezählt hatte und sie immer noch das beachtliche Vermögen verwaltete, das sie durch Urkundenfälschungen ergaunert hatte, gehörte sie ebenfalls dazu. Dabei brauchte sie nur die Tatsache verschleiern, dass sie von ihrer Familie verstoßen wurde und somit kein Anrecht mehr auf das Erbe hatte. Wer hätte gedacht, dass diese ihr so verhasste Familie ihr doch noch nützlich sein konnte? Reporter fotografierten sie und stellten ihr viele Fragen, die sie jedoch einfach ignorierte und in Richtung Eingangstür ging. Drinnen waren wirklich nur reiche Leute oder Prominente, die sie schon mal im Fernsehen gesehen hatte. Unter anderem auch die Frau des japanischen Premierministers und der Regisseur Satoshi Kon, dessen Filme sie oft gesehen hatte. Aber sie konnte nirgendwo Teru Mikami entdecken. Wo zum Teufel steckte der Kerl bloß? Sie ging reihum und versuchte die Namen der Gäste durch die Masken zu erkennen, aber das war zum Teil nicht möglich und das erschwerte ihre Suche erheblich. Auf das Augenlicht war leider nicht immer Verlass aber so leicht gab sie sich nicht geschlagen. Vielleicht würde er erst zum Tanz erscheinen. Mit einer katzenhaften Eleganz ging sie zur Bar und bestellte sich einen Sekt, dabei traf sie auf einen Mann von ungefähr 30 bis 35 Jahren mit schulterlangem schwarzen Haar und einem perfekt sitzenden Anzug. Seinen Namen konnte sie jedoch nicht erkennen, dazu musste sie seine Augen sehen. „Sind Sie in Begleitung hier?“ fragte sie mit etwas tieferer Stimme, was ihrer anmutigen und mysteriösen Ausstrahlung eine besondere Note verlieh. „Nein, ich bin alleine, und Sie?“ „Ich hatte bis jetzt noch nicht die Ehre. Wenn ich nicht wüsste dass dieser Abend Kira gewidmet ist, dann wäre ich erst gar nicht gekommen. Solche Veranstaltungen sind doch so belanglos. Die meisten Leute reden doch nur über Geld, Affären und wo sie sich als nächstes Botox spritzen lassen. Sehr traurig und ich hatte gehofft mich mit jemanden unterhalten zu können, der sich meinen Interessen anschließt.“ Die Wahrscheinlichkeit dass sie gerade mit Teru Mikami redete, war nicht sonderlich groß aber sie musste es einfach auf gut Glück versuchen, sonst wäre diese ganze Tortur völlig umsonst gewesen. „Würden Sie mir Ihre Interessen verraten?“ Er schien langsam anzubeißen, jetzt musste er sich nur noch zu ihr umdrehen damit sie ihn in die Augen sehen konnte. „Ich habe in der letzten Zeit viel über unsere jetzige Gesellschaft nachgedacht, den Zerfall von Recht und Ordnung. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis sich die neutrale Zone Kira anschließt und sie seine Gesetze als die ihre annehmen.“ „Und zu welchem Schluss sind Sie diesbezüglich gekommen?“ Tatsächlich drehte sich der Maskierte zu Rumiko um und tatsächlich war es Teru Mikami, der neben ihr stand. Sie setzte ein verführerisches Lächeln auf und schluckte ihren aufstoßenden Ekel über solch einen fanatischen Kira-Anhänger runter. „Es ist doch unbestritten dass es unzählige Verbrechen gibt, die nicht gesühnt worden sind oder deren Urteil zu milde ausgefallen sind. Die Menschen müssen hilflos mit ansehen wie Sexualstraftäter aufgrund von Justizfehlern auf freien Fuß kommen und wer Selbstjustiz übt, ist selbst nur ein Verbrecher. Kira hat sich mit seiner Kraft dem Erschaffen einer besseren Welt gewidmet und auch wenn die Menschheit der Meinung ist, dass sie ihrer freien Meinungsäußerung und ihrer Freiheit beraubt werden, so ist ein kontrolliertes System doch das effektivste. Sicher langweile ich Sie sehr damit, Sie müssen entschuldigen.“ Rumiko durfte nicht zu enthusiastisch wirken, sonst würde sie wie eine dumme Nuss wie Misa rüberkommen. Sie musste sich auf derselben Wellenlänge bewegen wie Mikami um ihn um den Finger zu wickeln. Tatsächlich schien er anzubeißen. „Kira ist ohne Zweifel ein besonderer Mensch mit der Fähigkeit Verbrechen an jeden Ort zu jeder Zeit zu bestrafen und hat bewirkt, dass es kaum noch Kriminalität gibt. Lediglich den Terrorismus gilt es noch zu bekämpfen und die neutrale Zone dazu zu bringen, sich Kira anzuschließen und seinen Idealen zu folgen. Dann wird es keinen Krieg mehr geben.“ „Kira ist unter uns und doch ist er unerreichbar. Er sagt dass er einer von uns ist und doch steht er immer noch über seiner Gefolgschaft. Irgendwie hat Kira etwas an sich, was man schon fast als göttliche Präsens bezeichnen könnte.“ Normalerweise hätte Rumiko sich lieber die Zunge abgebissen als solch einen Scheiß zu reden und Mikami wäre schon längst tot. Zwar hatte sie außer ihren vergifteten Fingernägeln keine andere Waffe dabei (zumindest bis Rebirth ihr das Messer übergeben würde) aber sie war recht erfinderisch. Immerhin hatte sie vor einiger Zeit jemanden mit einer einfachen Gabel getötet und eigentlich stellte jeder Gegenstand eine potentielle Waffe dar. Man musste nur wissen wann man sie am besten einsetzte. „Dürfte ich mir die Frage erlauben warum ein Gentleman wie Sie ohne Begleitung gekommen ist?“ „Dieselbe Frage könnte auch ich stellen.“ So war das also, dachte Rumiko und kicherte etwas verlegen. Er wollte sie aus der Reserve locken und herausfinden wer sie wirklich war und wollte sie analysieren. Was für ein durchtriebener Mistkerl er doch war. „Nun“, begann Rumiko und nahm einen Schluck Sekt „ich hatte gehofft den Veranstalter dieses Maskenballs persönlich zu treffen. Es heißt er soll direkt Kira unterstehen und ich ziehe in Betracht Kiras Projekt diesbezüglich der Läuterung der neutralen Zone finanziell und auch anderweitig zu unterstützen. Das bin ich meiner ermordeten Familie schuldig.“ „Ihre Familie wurde ermordet? Das tut mir sehr leid.“ Irgendwie musste sie endlich diesen verdammten Gottesanbeter rankriegen, aber er ließ sich nicht aus der Reserve locken. Vielleicht sollte Rumiko auf die Tränendrüse drücken. „Ich bin die letzte der einst so stolzen Karasuma-Familie und erfuhr während meines Auslandsstudiums dass man jeden von ihnen getötet hatte. Meine geliebten Eltern, meine Schwester und alle anderen. Manchmal gebe ich mir selbst die Schuld dass es soweit kommen musste und dass der Täter bis heute nicht gefasst wurde hat mir klar werden lassen, dass wir uns nicht auf unser Rechtssystem verlassen können und dass unsere Gerechtigkeit falsch ist. Erst Kira hat den Schwachen in der Not geholfen und Verbrecher bestraft. Vielleicht kann er auch eines Tages den Mörder meiner Familie bestrafen.“ Mit der Tränendrüsennummer musste sie ihn endlich kriegen, dazu war sein Gerechtigkeitssinn zu stark ausgeprägt. Soweit sie gelesen hatte, hatte er sich bereits in seiner Schulzeit sehr für den Frieden in seiner Klasse eingesetzt, auch wenn er dabei selbst zum Opfer wurde. Als Kira in Aktion getreten war, begann er diesen als seinen Gott anzuhimmeln, was Rumiko einfach nur abartig fand. Sie begann eine traurige Haltung einzunehmen und seufzte. „Was nützt mir das Vermächtnis meiner Familie wenn ich allein bin? Ich würde alles tun um Kira in seinem Kampf gegen die Ungerechtigkeit zu helfen. Das bin ich meiner Familie schuldig.“ Mikami sah sie schweigend und mit prüfendem Blick an. Rumiko wandte den Blick ab und trank Sekt. Als sie ihr Glas geleert hatte, wandte sie sich ab und wollte sich verabschieden doch da hielt Mikami sie zurück. „Wo wollen Sie denn hin?“ „Es scheint als würde der Gastgeber nicht erscheinen und so gibt es für mich keinen Grund mehr zu bleiben.“ Doch Mikami ergriff ihre Hand und zog sie zurück. „Bitte bleiben Sie doch zu einem Tanz. Ich würde mich freuen wenn Sie mir die Ehre erweisen.“ Bingo, dachte Rumiko und musste sich ein hämisches Grinsen verkneifen. Wenn er sie zum Tanz aufforderte, dann hatte sie ihn fast. „Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen. Wenn Sie mich entschuldigen, ich muss noch etwas Make-up auftragen. Wenn Sie auf mich warten würden“ Mit einem verführerischen Wink ging Rumiko in Richtung Damentoilette und traf auf den Weg Rebirth. „Alles läuft wie geplant“ flüsterte sie ihm zu und nahm das Messer an, welches er ihr heimlich zusteckte. Sie schloss sich in eine der Kabinen ein und befestigte es an einem Gurt an ihrem Oberschenkel, dann legte sie noch etwas Make-up auf und ging wieder zurück zu Mikami, der auf sie wartete. „Ich hoffe ich habe Sie nicht zu lange warten lassen.“ „Nein, nein. Bis zum Eröffnungstanz ist noch etwas Zeit. Möchten Sie einen Champagner?“ Am liebsten hätte sich Rumiko bis zur Bewusstlosigkeit besoffen nur um diesen verdammten Schmierlappen nicht mehr ertragen zu müssen aber dazu blieb ja noch später Zeit. Zwar setzte sie ein bezauberndes Lächeln auf, aber in Wahrheit war ihr einfach nur nach Kotzen zumute. Ihr wurde richtig schlecht und fragte sich ob sie besser wieder zur Toilette gehen sollte. Aber andererseits konnte Mikami dadurch Verdacht schöpfen oder sich eine andere Tanzpartnerin suchen. „Ihrer gepflegten Wortwahl darf ich entnehmen, dass Sie vielleicht Professor oder Jurist sind.“ „Ich bin Rechtsanwalt und leite hier in Tokio meine eigene Kanzlei und mein Jurastudium habe ich ebenfalls in Tokio gemacht. Sie haben wirklich eine erstaunliche Auffassungsgabe Frau Karasuma.“ „Bitte, nennen Sie mich Rumiko. Mit meinem Familiennamen verbinde ich viele traurige Erinnerungen.“ Auch wenn Mikami nicht viel von sich preisgab, so entlockte Rumiko ihm immer mehr und rückte ihm immer näher auf die Pelle aber so unauffällig, dass er es nicht bemerkte. „Und welcher Tätigkeit gehen Sie zurzeit nach?“ „Ich? Ich unterrichte an einer Schule Musik, allerdings unter einem anderen Namen, weil ich in Ruhe leben möchte. Bis vor der Ermordung meiner Familie habe ich die meiste Zeit in Amerika gelebt und an der Harvard studiert. Eigentlich wollte ich in der Firma meines Vaters arbeiten, aber nach diesem schrecklichen Ereignis habe ich sie verkauft und alle Brücken hinter mir abgerissen damit ich ein neues Leben beginnen kann. Den Namen Karasuma verwende ich eigentlich nur sehr selten.“ Sie vertieften ihr Gespräch und Mikami schien langsam Vertrauen in sie zu gewinnen, was die Sache viel einfacher machte. Als schließlich die Gäste in den Ballsaal bestellt wurden, eröffnete Mikami ihr seine wahre Identität und bat sie mit ihm den Tanz zu eröffnen. Als er seine Hand an ihre Seite legte um sie zu führen, hörte sie diese eine Stimme in diesem Kopf, die sie dazu drängte ihn endlich abzustechen doch sie bekämpfte diesen aufkeimenden Morddrang und tanzte mit ihm, als die Musik spielte. Noch nie in ihrem Leben hatte sie vor so vielen Leuten getanzt und im Inneren war sie ein klein wenig nervös. Alle Blicke ruhten auf sie beide… Wie ein schwarzer Engel tanzte Rumiko mit Mikami über die Tanzfläche und alle waren fasziniert von dieser Perfektion und Eleganz. Als der Ball im vollem Gange war, wurde es Zeit in Aktion zu treten. Als sie unbemerkt zu Mello herübersah und er ein kurzes Nicken als Zeichen gab, knickte sie mit dem Knöchel um. Mikami fing sie auf und sie hielt sich an ihm fest, wobei sie ihn mit dem präparierten Fingernagel an der Hand kratzte. „Oh verzeihen Sie bitte. Ich bin ja so ungeschickt.“ „Nein nicht doch. Sie sind eine hervorragende Tänzerin. Vielleicht sollten wir uns eine kleine Auszeit gönnen.“ Sie verließen die Tanzfläche und Rumiko bekam ein Glas Wasser. „Wegen unserem Gespräch mit Kira“, begann Mikami schließlich „wenn Sie sich Kira anschließen wollen, dann werde ich mit ihm sprechen und Sie empfehlen, Rumiko.“ Rumikos wachsame Augen erfassten dass sich Soldaten dem Ancient Palace näherten und sie sah zu Beyond, der sie die ganze Zeit über im Auge behielt. Er folgte ihrem Blick, wandte sich an Mello und flüsterte ihm etwas zu. Schnell wechselte Rumiko ihre Aufmerksamkeit zu Mikami und setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. „Es tut mir wirklich sehr leid aber ich denke es wird leider nicht möglich sein dass Sie mich an Kira weiterempfehlen Herr Mikami.“ „Warum nicht?“ fragte dieser irritiert und verstand nicht worauf Rumiko hinauswollte. Diese nahm noch einen Schluck Wasser, dann ging sie ganz nah an sein Ohr um ihm etwas zuzuflüstern. „Weil doch sonst herauskäme dass ich ein Monster bin. Ein Monster, welches man auch als den blutroten Karasuma-Dämon bezeichnet.“ Mikamis Augen weiteten sich vor Entsetzen als er das hörte und wollte die Flucht ergreifen, doch da packte Rumiko ihn, nahm ihr Messer und hielt es ihm an die Kehle. Ein Warnschuss kam von Mello und die Gäste schrieen entsetzt auf. „Meine Damen und Herren“ rief Rumiko, die nur auf solch eine Gelegenheit gehofft hatte und nicht wenig Lust hatte, Mikamis Hals aufzuschneiden. „Es gibt eine Änderung diesbezüglich des Abendprogramms. Wenn Sie sich ruhig und kooperativ verhalten, dann wird ihnen vielleicht nichts passieren aber falls sie auf dumme Gedanken kommen sollten, dann wird hier einer nach dem anderen umgebracht werden!“ Instinktiv hockten sich die Gäste auf den Boden und begannen zu weinen, zu schreien und zu protestieren, da ließ Mello noch einen Warnschuss ab. „Dürfte ich wohl um etwas Ruhe bitten?“ rief er und zielte mit der Waffe auf die Gäste. „Wir sind nicht gekommen um ein Blutbad zu veranstalten. Wenn Sie unseren Anweisungen folgen, dann wird diese Sache für Sie ohne Zwischenfälle von statten gehen und Sie können noch vor Ende des Tages wieder nach Hause zurückkehren.“ Doch als sie sie zur Terrasse rauswollten, kamen die Soldaten und Beyond schoss. Von der Terrasse, von allen Seiten her kamen Soldaten und blockierten die Ausgänge. Für Rumiko war es eine sehr interessante Wendung in dieser zweiten Runde. „Jetzt fängt es an richtig interessant zu werden. Dann wollen wir diesen Dreckskerlen mal zeigen was die Kinder der Rache wirklich zu bieten haben.“ Kapitel 12: Entschuldigung! --------------------------- Der Ballsaal war vollkommen eingekreist und es gab keine Fluchtmöglichkeit ohne dabei in eine Schießerei zu geraten. Die Frage war, wie sie ohne große Gefahr entkommen konnten. „Irgendeine Idee du Genie?“ fragte sie Mello, der über Funkgerät Kontakt zu Matt aufnahm. „Rebirth ist in Position und wird euch Feuerschutz geben. Flieht über die Terrasse und zwar so schnell wie möglich bevor es noch mehr werden.“ Doch da gab es ein Problem. Wenn sie über die Terrasse fliehen wollten, dann mussten sie über eine Mauer klettern und mit Mikami würde es sehr schwierig werden. Was sollten sie mit ihm tun? Bevor Rumiko darauf eine Antwort finden konnte, traf sie ein harter Schlag in die Magengrube und dann einer ins Gesicht. Mikami hatte ihre kurze geistige Abwesenheit genutzt um sie zu überwältigen, doch da nahm sie ihre Kontaktlinsen raus und offenbarte ihre rot leuchtenden dämonischen Augen. „So, jetzt bist du tot du schmieriger Dreckskerl.“ Sie stürzte sich auf Mikami und stieß mit einem wütenden Schrei das Messer in seine Brust, noch ehe Mello und Beyond eingreifen konnten. Immer und immer wieder stach sie auf ihn ein bis sein Name und seine Lebenszeit erlosch. Selbst dann stach sie noch fünf bis sechs Mal auf ihn ein bis Beyond ihren Arm festhielt. „Beruhige dich, er ist doch längst tot. Du kannst dich später noch abreagieren.“ Rumiko schien sich etwas zu beruhigen und stand wieder auf. Als sie die Angst im Raum spürte, grinste sie hämisch und leckte genüsslich das Blut von der Klinge. „Wer will als Nächster?“ Entsetzt schrieen die Gäste auf, einige Frauen fielen in Ohnmacht, andere wiederum wollten fliehen. In diesem Durcheinander konnten sie unmöglich zum Ausgang. Sie mussten über den Balkon fliehen, eine andere Chance gab es nicht. Schnell eilten die drei die Treppe hoch, hörten wie hinter ihnen ein Fenster zersplitterte und sahen dass ein Kira-Soldat zu Boden fiel. Das konnte nur Rebirth gewesen sein. Als sie endlich den Balkon erreichten, sahen sie dass es hoch genug war um ihnen bei einem ungünstigen Aufprall ein paar Knochen zu brechen, doch Rumiko und Beyond schien das gar nicht zu beeindrucken. „Mello, Rumiko und ich springen zuerst, dann du.“ „Und warum?“ „Wir haben mit solchen Sprüngen mehr Erfahrung und uns kann der Aufprall nicht so viel anhaben wie anderen. Keine Sorge, wir fangen dich auf.“ Bevor Mello etwas erwidern konnte, stiegen die beiden aufs Geländer und sprangen in die Tiefe. Mello sah ihnen hinterher um sich zu vergewissern, dass sie auch unbeschadet gelandet waren und tatsächlich… Sie waren mit einer katzenhaften Eleganz auf den Füßen gelandet und winkten ihm zu. Nun war Mello an der Reihe. Ohne lange zu zögern sprang er ebenfalls und wurde von den beiden aufgefangen. „Und jetzt nichts wie weg hier. Hier wird es langsam gefährlich.“ Da Rumiko in den Schuhen nicht laufen konnte, brach sie einfach die Absätze ab und lief so weiter. Auch Rebirth kam zu ihnen, völlig außer Atem und mit einer Pistole bewaffnet. „Insgesamt zwanzig Soldaten, darunter zwei Scharfschützen. Wie konnte das nur passieren? Es ist doch alles plangemäß verlaufen.“ Wahrscheinlich hatte Kira Wind von der Sache bekommen und herausgefunden dass Rumiko und Beyond Kriminelle waren und sofort seine Leute geschickt um sie zu töten. Eine andere Möglichkeit wäre dass Misa sie verraten hat, doch diesen Verdacht konnte Mello schnell klären. Bevor sie gegangen waren, wurden Misa und Akito in ihrer Wohnung eingeschlossen und konnten unmöglich Kontakt zu Kira aufgenommen haben und Kiyomi Takada war in ihrer Zelle. Nachdem sie sich angeschnallt hatten, trat Matt das Gaspedal durch und fuhr erst mal einen großen Umweg bevor sie wieder in ihr Hauptquartier zurückkehrten. Sie waren völlig erschöpft und hatten sich eine heiße Dusche und ein kaltes Bier dazu redlich verdient. Rumiko legte ihren Schmuck ab und zog sich die Handschuhe aus. Ihr taten die Füße weh und sie fand dieses Kleid ziemlich unbequem. Sie setzte sich vor den Spiegel im Badezimmer und begann sich abzuschminken, da musste sie an Mikami denken. Dieser Kerl… diese Augen… erinnerten sie an ihn. Ob sie vielleicht deshalb so eine Abneigung ihm gegenüber verspürt und sich so unwohl gefühlt hatte, als er seine Hand an ihre Taille gelegt hatte. Plötzlich hatte sie das Gesicht ihres Vaters vor Augen, wie auch er sie angefasst hatte. Rumikos Magen schnürte sich zusammen, eiskalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und ihr wurde schwindelig. Sie wollte nur noch raus aus diesem Badezimmer, weg von diesem Spiegel. Alles drehte sich in ihrem Kopf und ihr schien es so als wäre sie wieder in ihrem Familienhaus aus ihrer Kindheit. Sie rannte den Flur entlang, verspürte den Drang zu fliehen, weit weg… Sie hörte ihren Vater schreien, den alten versoffenen Mistkerl, der seine Familie vollkommen zerstört hatte und seine Kinder zu dem gemacht hatte, was sie heute waren. Alles um sie herum nahm sie völlig verzerrt wahr und sah plötzlich Beyond vor sich, als er noch klein war. Gerade mal 8 Jahre alt… er saß weinend in einer Ecke mit einem zerrissenen Pullover und blauen Flecken an den Armen und im Gesicht. Als er Rumiko sah, stand er auf und sah sie wutentbrannt an. „Das ist alles deine Schuld! Hörst du? Alles ist bloß deine Schuld.“ Rumiko rannte weiter, wusste gar nicht mehr wohin sie eigentlich lief, sie musste einfach nur weg. Doch schließlich stürzte sie und fiel zu Boden. Vor ihr stand ihr jüngerer Bruder Beyond, klein und schwächlich und schwer mitgenommen. Mit Tränen in den Augen sah er sie wütend an und umklammerte einen ramponierten Teddybären. „Ich hasse dich Rumiko. Ich hasse dich von ganzem Herzen. Das wäre niemals passiert wenn du nicht da wärst. Ich wünschte du würdest tot umfallen!!!“ „Es tut mir leid!“ entgegnete sie völlig verzweifelt und wollte aufstehen doch sie fand dazu keine Kraft mehr. „Ich wollte dich doch nur beschützen. Es tut mir leid!!!“ Irgendjemand packte sie von hinten am Fuß und zog sie nach hinten. Als Rumiko sah, dass es ihr Vater war, schrie sie auf, schlug und trat um sich und begann um Hilfe zu rufen. „Nein! Ich will das nicht. Lass mich los!!!“ Doch niemand würde ihr helfen. Sie war vollkommen alleine und wehrlos und Beyond würde ihr auch nicht zu Hilfe kommen. Nicht mal ihre Mutter würde ihre Schreie beachten. „Es tut mir leid“ schrie sie immer wieder und trat um sich. „Es tut mir leid!!!“ Als Rumiko zu sich kam, lag sie immer noch auf dem Boden des Flurs und Matt und Mello waren bei ihr und hielten sie fest. „Rumiko, beruhige dich doch endlich. Was ist denn mit dir los?“ Das wollte sie auch gerne wissen und verstand nicht was los war. Hatte sie etwa nur geträumt? Sie setzte sich auf, spürte wie ihr Herz raste und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. Was zum Teufel war bloß mit ihr los? Ihre Hände zitterten und sie war vollkommen orientierungslos. Matt legte eine Hand auf ihre Stirn. „Ich glaube du hast ein wenig Fieber. Du hast uns aber auch einen gehörigen Schreck eingejagt. Du bist ohnmächtig geworden und hast plötzlich angefangen zu schreien und um dich zu schlagen.“ „Habe ich irgendetwas Bestimmtes gesagt?“ „Du hast die ganze Zeit gerufen dass es dir leid tut.“ Sie halfen Rumiko hoch und brachten sie auf ihr Zimmer. Egal was da mit ihr los war, sie brauchte jetzt dringend Ruhe und etwas Schlaf. Mello verabschiedete sich schließlich doch Matt blieb noch etwas bei ihr. „Willst du reden?“ „Was würde das schon ändern?“ entgegnete Rumiko abweisend und zog sich ihren Pyjama an während Matt mit dem Rücken zur Tür stand. „Seit ich klein war habe ich gelernt mich auf niemandem zu verlassen und das ist auch gut so. Man sollte niemandem vertrauen, da wird man irgendwann nur enttäuscht und im Stich gelassen.“ Anscheinend hatte dieser Abend irgendeine schreckliche Erinnerung aus ihrer Kindheit hervorgerufen, die sie all die Jahre verdrängt hatte und das schien ihr so ziemlich den Rest gegeben zu haben. Was es wohl mit diesen Entschuldigungen auf sich hatte, die sie im Fieberwahn gerufen hatte? Vielleicht Schuldgefühle? „Kann es sein dass du dir für irgendetwas die Schuld gibst?“ „Ich wüsste nicht was“ kam es kurz und kalt von der anderen Seite der Tür und offensichtlich wollte Rumiko einfach nur so schnell wie möglich das Gespräch beenden. Sie wollte einfach nicht dass jemand in ihr Umfeld eindrang und ihre Welt, die sie sich aufgebaut hatte, durcheinander brachte. Sie hatte von Anfang an niemanden gehabt, der ihr beigestanden hatte. Irgendwie fügte sich jetzt alles zu einem Gesamtbild zusammen und Matt begann zu verstehen, wie die drei zueinander standen. Zwischen Rumiko und Beyond war in der Vergangenheit irgendetwas sehr schlimmes vorgefallen. Sie gab sich für irgendetwas selbst die Schuld und Beyond setzte noch einen oben drauf indem er sie als das schwarze Schaf hinstellte. Rumiko liebte ihren Bruder, kann ihm aber seine Einstellung ihr gegenüber nicht verzeihen und wünscht sich dass sie ein Teil seiner Familie werden kann aber im Inneren weiß sie, dass das niemals geschehen wird. All der Schmerz und die Trauer und die Hilflosigkeit, besonders als ihr Freund aus Kindertagen verschwunden oder gestorben ist, haben sie zu dem gemacht was sie jetzt ist: Eine verbitterte Frau, die sich in Hass und Gewalt flüchtet um diese vielen schlimmen Erinnerungen ertragen zu können. Um sich selbst ertragen zu können… Sie hasste sich anscheinend selbst. „Was ist eigentlich genau zwischen dir und Beyond passiert dass ihr hier einen auf Rosenkrieg macht?“ „Unsere Mutter war eine depressive Verrückte, die sich ständig selbst verletzt hat und auch oft Suizidversuche unternommen hat, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Unser Vater war ein gewalttätiger Alkoholiker, der Beyond bei der nächstbesten Gelegenheit verprügelt hat. Er gibt mir die Schuld dafür.“ „Und wieso gibt er dir die Schuld?“ Es kam keine Antwort, doch er hörte wie Rumiko ins Badezimmer rannte und sich übergab. Zögernd betrat er das Zimmer und sah sich um. Außer ihrer Kleidung besaß Rumiko nichts persönliches, keine Bücher, keine Fotos und keine Andenken. Man konnte nicht erkennen was ihre Leidenschaft war, ihre Lieblingsfarbe oder was sie gerne hörte. Sie kam zurück und ließ sich mit einem traurigen Seufzer aufs Bett fallen. Die rote Schleife, die sie sonst immer im Haar trug, hatte sie gelöst und sich damit einen Zopf gebunden. Jetzt, wo ihr Haar zusammengebunden war, kam an ihrer Schläfe etwas zum Vorschein, das nach einer uralten Brandwunde aussah. Sie war kreisrund und hatte einen Durchmesser von zwei bis drei Zentimetern. Vorsichtig schob er eine Strähne beiseite. „Was ist das?“ „Das stammt noch aus der Zeit in der Jugendpsychiatrie. Die haben bei mir eine Elektrokrampftherapie durchgeführt, aber da ist vieles schief gelaufen. Die haben uns zu viele Volt durchs Hirn gejagt und als mehrere Kinder dabei gestorben sind, wurde die Psychiatrie geschlossen. Die Verletzung zwar verheilt aber eine Narbe bleibt doch immer zurück.“ Rumiko gähnte und es dauerte nicht lange bis sie eingeschlafen war. Vorsichtig deckte Matt sie zu und wandte sich um Gehen, da begann die Schlafende zu sprechen. „Du musst mir helfen…. Er hat… er hat Jamie…“ Leise schloss er die Tür und atmete erst mal tief durch. Vor der Tür stand Beyond, der offenbar von Mello gehört hatte, was mit ihr passiert war und nun mehr darüber wissen wollte. „Anscheinend war der Abend echt zuviel für sie. Schon beim Tanzen sah sie ziemlich verkrampft aus und wie ich sie kenne hätte sie lieber gekotzt, Selbstmord begangen oder sich betrunken als mit diesem Kerl zu tanzen. Wenn sie Aggressionen und Mordgedanken runterschluckt, staut sich sehr schnell bei ihr was auf und sie kann einfach nicht mit so etwas umgehen. Ihr Körper reagiert deswegen manchmal mit Stress, der selten auch Fieber verursacht.“ Das mag zwar möglich sein, aber Matt war sich sicher dass Rumiko deshalb so angeschlagen war, weil sie aufgrund einer Erinnerung so durcheinander war. Ob er Beyond darauf ansprechen sollte? „Wieso seid ihr beide eigentlich dermaßen verkracht außer dieser einen Sache mit Rebirth? Irgendwie habt ihr beide damit ziemlich zu kämpfen. Als Rumiko zusammengebrochen ist, hat sie um sich geschlagen und immer wieder gerufen, dass es ihr leid tue. Weißt du was sie gemeint haben könnte?“ Zunächst schien es nicht wirklich danach auszusehen als ob Beyond ihm eine Antwort geben wollte, doch dann entschied er sich anders. „Wir haben es als Kinder wirklich nicht leicht gehabt mit einem besoffenen arbeitslosen Vater und einer depressiven Mutter. Eigentlich hätte Rumiko wenigstens zu mir halten sollen aber sie war schon immer Vaters Liebling gewesen. Nie hat sie Zeit für mich gehabt aber sie war immer bei Vater oder bei Jamie. Mit Mutter hat sie sich ständig gestritten und immer wieder hatten sie sich gegenseitig angeschrieen. Ich stand da völlig außen vor und ich würde es ihr zutrauen wenn sie Vater dazu angestiftet hat, mich zu schlagen. Sie war schon immer ein intrigantes, hinterhältiges Biest.“ Was da in ihm sprach war keine tief verwurzelte Abneigung gegen seine Adoptivschwester oder Hass so wie er es rüberzubringen versuchte. Es klang mehr nach einem Vorwurf und für Matt sah es so aus als würde Beyond keine Anstalten machen sollten ein einziges Mal Rumiko zu verstehen. Um mit seiner Vergangenheit und seinem Umfeld umgehen zu können, hatte er selbst die Opferrolle angenommen, Rebirth war derjenige den er beschützen sollte und Rumiko war seine Gegenspielerin, die Verkörperung des wahren Bösen. „Ich denke… Rumiko ist im Grunde genauso einsam wie du.“ Doch Beyond schien das nicht wirklich zu glauben und er ging einfach. Es war so dunkel, so unheimlich dunkel und einsam. Eine vollkommen finstere und leere Welt wo es nichts außer ihr selbst gab. Rumiko kannte diesen Traum, sie hatte ihn seit Jahren und fast immer war es die gleiche Situation. Ihr gegenüber war sie selbst als sie noch neun Jahre alt war. Irgendwann würde diese Kinderversion von ihr anfangen zu weinen und Rumiko würde es auf die Nerven gehen. Wenn ihr endgültig der Kragen platzt, dann schrie sie das Kind an, bedrohte es und sagte ihm dass Heulen auch nichts ändert. Sie hasste dieses kleine Häufchen Elend und es bereitete ihr ein besonderes Vergnügen, die 9-jährige zu quälen. Jede Sekunde, in der sie in die traurigen hilflosen Augen dieses Görs blickte, war für sie eine Befriedigung, wie sie solch eine noch nie verspürt hatte. Es machte ihr Spaß dieses Kind zu quälen. Herabschauend begann sie vor ihrem 9-jährigen ich auf und ab zu gehen und lachte spöttisch. „Sieh doch nur mal wie erbärmlich du bist. Sitzt darum, heulst und bemitleidest dich selbst. Sag mal schämst du dich denn nicht?“ „Es tut mir leid“ schluchzte die Kleine und versuchte ihr Gesicht vor Rumiko zu verstecken. „Bitte tu mir nicht weh.“ Mit einer angewiderten Miene riss sie die Kleine an den Haaren hoch und gab ihr eine Ohrfeige. „Du bist so widerlich dass ich fast kotzen könnte. So schwächlich und hilflos…. Glaubst du etwa dass dir jemand zu Hilfe kommt? Warum kannst du nicht einfach verschwinden?“ „Weil ich es versprochen habe.“ Es war seit Jahren immer der gleiche Ablauf. Sie erniedrigte das Kind, es entschuldigte sich und wenn Rumiko fragte warum sie nicht einfach verschwand, gab sie an dass sie ein Versprechen gegeben habe. Aber nie sagte sie, wem sie es gegeben habe. „Wem hast du es versprochen?“ Das Kind antwortete nicht und so begann Rumiko auf sie einzuprügeln. Sie schlug ihr ins Gesicht, trat sie und schrie sie an. „Sag mir wer es ist!!!“ Schließlich packte sie ihr jüngeres Ich am Kragen und hob sie von den Füßen. „Warum nur stellst du dich so stur und verrätst mir nicht einfach den Namen?“ Plötzlich funkelte etwas in den Augen des Mädchens auf, welches absolute Entschlossenheit zeigte und sie packte Rumikos Hand, mit der sie sie festhielt. „Das müsstest du doch selbst wissen.“ Kapitel 13: Akito ----------------- Die Stimmung war seit Mikamis Ermordung auf dem Tiefpunkt und irgendwie herrschte ziemlich dicke Luft. Beyond distanzierte sich immer mehr von Rebirth, der sich zunehmend um Misa und Akito kümmerte und was mit Rumiko los war, konnte niemand sagen. Während Matt mehr über den Kiratempel recherchierte, gönnte sich Mello etwas Ruhe von den ganzen Strapazen und ging in die Küche um sich erst mal einen Kaffee zu machen, da traf er auf Misa, die anscheinend das Gleiche vorhatte und sich gerade welchen einschenkte. „Willst du auch?“ Sie stellte eine zweite Tasse hin und schüttete für Mello auch noch Kaffee ein, dann setzte sie sich an den Tisch und gab zwei Löffel Zucker und etwas Milch hinein. „Ich habe mitbekommen dass Mikami tot ist“ meinte sie etwas zögernd und wich Mellos Blick aus um nicht zu zeigen, wie unsicher sie sich im Moment fühlte. Er nickte nur, trank seinen Kaffee schwarz und setzte sich Misa gegenüber. „Es kam zu Komplikationen und Kiras Soldaten haben den Ancient Palace gestürmt. Bei dem Durcheinander ist er gestorben.“ Dass Rumiko ausgerastet ist und wie eine Furie mit dem Messer auf ihn eingestochen hat, wollte Mello lieber nicht verraten. Das hätte nur für noch mehr Unruhe gesorgt. Ihm entging jedoch nicht, dass Misa irgendetwas auf dem Herzen lastete, das sie nicht los ließ und so fragte er nach, was sie bedrückte. Doch anscheinend hatte Misa Angst ihre Frage zu stellen oder Angst vor der Antwort. Vielleicht fürchtete sie sich auch vor beidem. Dann aber überwand sie sich und fragte „Was wird aus uns wenn ihr Kira gefangen nehmt? Was wird aus ihn oder aus mir und Akito?“ Eine gute Frage, dachte Mello und musste selbst darüber nachdenken. Zu Anfang wollte er jeden töten, der etwas mit Kira zu tun hatte und für den Brand im Waisenhaus verantwortlich war doch jetzt wo er wusste dass Misa einen kleinen Sohn hatte, der unbedingt seine Mutter brauchte und sie sich selbst in einem Konflikt befand, wusste er nicht mehr was er machen sollte. Es war falsch den kleinen Jungen in diese Sache hineinzuziehen und ihn dafür büßen zu lassen, was seine Eltern verbrochen hatten… Es reicht schon wenn er, Matt und die drei Problemkinder eine schwere Kindheit hatten. Da musste er nicht auch noch dem armen Akito so etwas zumuten und sein Leben ruinieren. Aber die Tatsache, dass Misa mit in dieser Waisenhausgeschichte drin hing, konnte er auch nicht einfach so vergessen. „Misa, das letzte was ich will ist, einem Kind die Mutter zu nehmen aber du bist und bleibst nun einmal Kira 2 solange du im Besitz des Death Notes bist. Solange diese Verbindung zu Kira besteht, kann ich dich nicht einfach so gehen lassen.“ Zuerst schien Misa da wenig Hoffnung zu sehen, dass sie einfach schonungslos davonkommen würde aber dann holte sie etwas aus ihrer Tasche. Ein schwarzes, völlig harmlos erscheinendes Notizbuch… Das Death Note. Sie reichte es Mello und sah ihn entschlossen an. „Wenn ich das Besitzrecht abtrete und somit alle Erinnerungen an das Death Note verliere, besteht dann eine Chance dass ich noch ein normales Leben führen darf?“ Doch Mello zögerte das Death Note anzufassen. Nachdem was er alles über die Auswirkung dieses Notizbuches gelesen hatte und vor allem selbst erlebt hatte in Bezug auf Rumiko und Beyond schien er ein wenig Furcht vor dem Death Note zu haben. Es besaß eine unglaubliche Macht und war in den Händen eines Menschen die gefährlichste Waffe, die es gab. So ein unscheinbares Notizbuch war in der Lage, jeden Menschen zu töten und zu manipulieren… Ein unheimlicher Gedanke. Misa, die ihr Death Note auf den Tisch gelegt und somit ihre letzte Chance verspielt hatte, Mello und die anderen zu töten um so wieder entkommen zu können, senkte bedrückt den Blick. „Ich habe schon einmal einen großen Fehler begangen, ich will nicht noch einen begehen.“ Nun war Mello neugierig geworden und trank noch einen Schluck Kaffee. „Was denn für einen Fehler? Hat das etwas mit deiner Funktion als Kira 2 zu tun?“ „Nein… doch…. Ich weiß nicht so genau. Das passierte vor sechs Jahren, kurz nach Akitos Geburt. Light wollte unbedingt einen Sohn haben und ich sah darin die Chance, endlich mit meinem Liebsten zusammen zu kommen. Light fand mich als Mutter am besten geeignet und hatte die Idee, dass unser Kind ebenfalls mit dem Augenlicht der Shinigami zur Welt kommen könnte. Allerdings habe ich ihn nicht ausgetragen. Wir hatten eine Leihmutter.“ „Warum das denn?“ fragte Mello etwas irritiert und runzelte die Stirn. Bis jetzt war er immer davon ausgegangen, dass Misa Akito zur Welt gebracht hatte und sich danach irgendwie wieder fit trainiert hatte, so wie es fast alle Models nach einer Schwangerschaft machten. Misa kamen die Tränen und sie holte ein besticktes Taschentuch heraus. „Zu dem Zeitpunkt war ich auf dem Höhepunkt meiner Modelkarriere und Light meinte dass es jetzt besonders wichtig wäre dass mich dabei eine Schwangerschaft nicht bremst. Ich dachte dass ich Light vertrauen sollte und so haben wir uns eine Leihmutter gesucht. Nach der Geburt kam es jedoch zu erheblichen Schwierigkeiten, denn die Leihmutter hatte unser Kind so sehr ins Herz geschlossen, dass sie es nicht hergeben wollte. Ich war so wütend und fühlte mich hilflos. Es war doch Lights und mein Kind und diese Frau hatte einfach kein Recht dazu, mir das Kind wegzunehmen. Ich war so wütend und habe ihren Namen ins Death Note eingetragen. Sie starb mit Akito im Arm… Sie hat ihn so sehr geliebt, dass sie ihn bis zu ihrem Tode nicht hergeben wollte. Ich beschloss Akito dieselbe Liebe zu schenken wie seine Leihmutter und habe ihm von diesem schrecklichen Geheimnis nie etwas erzählt. Akito ist alles für mich aber die Tatsache, dass ich ihn nicht ausgetragen habe sondern eine andere Frau wird für immer zwischen uns stehen. Das konnte ich Light niemals verzeihen aber ich liebte ihn immer noch… auch wenn er mich nie geliebt und mich nur benutzt hat.“ Wirklich eine traurige Geschichte, dachte Mello und musste zugeben dass er Misa völlig falsch eingeschätzt hatte. Sonst hatte er sie immer für eine dumme Nuss gehalten, die niemals nachdachte, Hauptsache sie konnte diesem Kira irgendwie helfen. Sie war unsterblich in ihm verliebt gewesen und hatte ihm blind vertraut und die Sache mit der Leihmutter hatte ihr Vertrauen in ihn erschüttert. Hatte sie etwa deswegen keine Anstalten gemacht, die Namen ihrer Geiselnehmer ins Death Note zu schreiben? „Hätte ich doch nicht auf Light gehört und das Kind ausgetragen. Dann würde ich nicht ständig das Gefühl haben, dass ich überhaupt nicht Akitos Mutter bin sondern nur irgendeine Fremde, die jemandem das Kind genommen hat. Ich liebe Light immer noch aber ich hasse ihn auch dafür, dass er mir das angetan hat.“ Misa konnte sich kaum noch beruhigen, so aufgewühlt war sie und Mello konnte sie gut verstehen. Das stärkste, was eine Mutter mit ihrem Kind verband war, dass sie es zur Welt gebracht hatte. Sie wollte noch etwas sagen, da kam Akito hereingerannt und lief sofort zu seiner Mutter. In seiner Hand hielt er etwas, das wie ein Origami-Tier aussah. Ja genau, es war ein Kranich. Mello hatte schon mal so etwas gesehen aber das war auch schon ewig her. „Mama, guck mal den hab ich selbst gefaltet. Onii-chan hat erzählt dass man einen Wunsch erfüllt bekommt wenn man 1000 Origami-Kraniche faltet“ erzählte der Kleine in seiner Muttersprache und war sichtlich stolz auf sein Werk. Misa versuchte sich nichts anmerken zu lassen, lächelte und nahm ihren Sohn fest in die Arme. „Das hast du großartig gemacht. Ich bin so stolz auf dich.“ Akito schien zu spüren, dass etwas mit seiner Mutter nicht in Ordnung war aber er fragte nicht nach sondern erzählte weiter. „Wenn ich tausend Kraniche gefaltet habe, dann wünsche ich mir dass wir alle eine Familie werden können. Du, ich, Onii-chan, Beyond, Rumiko, Matt und du Mello.“ Beinahe hätte sich Mello an seinem Kaffee verschluckt als er das hörte. Akito wollte allen Ernstes, dass sie eine Familie werden? Zwei Serienmörder und zwei Kerlen, die seinem Vater an den Kragen wollten? Also kindliche Naivität in Ehren aber der Junge musste mal die rosa Brille abnehmen. „Warum das denn? Gefällt es dir etwa hier?“ „Ja, seit du Mama und mich mitgenommen hast, bin ich keine einzige Sekunde mehr alleine. Onii-chan und ich verbringen den ganzen Tag miteinander, Mama hat immer Zeit für mich und Matt hat meinen Nintendo repariert. Rumiko hat übrigens versprochen ein Duett mit mir zu spielen.“ Als Mello das hörte, dachte er dass er sich irgendwie verhört hätte. Rumiko will mit dem Kleinen im Duett spielen? Diese Seite kannte er gar nicht an ihr. „Was spielst du denn?“ „Klavier und Rumiko spielt Geige. Wir gehen zu ihrer Schule und spielen dort ein bisschen.“ So schnell wie der Junge in die Küche gekommen war, so schnell ging er auch wieder wie der Wind. Mello sah ihm etwas irritiert hinterher und wusste wirklich nicht was er davon halten sollte, dass Rumiko jetzt auf einmal so kinderlieb war. Bei der ersten Begegnung stand sie doch kurz davor, ihm den Hals umzudrehen. Misa sah sein verwundertes Gesicht und musste kichern. „Akito ist wirklich ein besonderer Junge. Er schafft es immer wieder, jeden in seiner Umgebung glücklich zu machen ohne dabei etwas Besonderes zu tun. Als ich wegen all dem Stress eine depressive Phase hatte, hat er mir neue Kraft gegeben und ich hab auch viele andere Menschen gesehen, die durch Akito richtig gestrahlt und von Herzen gelacht haben. Selbst einem Menschen wie diese Rumiko hat er anscheinend sein Lächeln wiedergegeben.“ Jetzt wo Misa das sagte, fiel es Mello auch auf. Tatsächlich strahlte Akito pure Lebensfreude aus und besaß anscheinend die Gabe, sie mit anderen Menschen zu teilen. Wirklich ein bemerkenswerter Junge, der sicher eines Tages jemand ganz Großes werden würde. Etwas später kam Akito zurück um sich von seiner Mutter mit einem Kuss zu verabschieden, da hielt sie den Kleinen zurück, da er seine Jacke nicht zugemacht hatte. Plötzlich klingelte Mellos Handy und er sah dass Matt dran war. Normalerweise benutzten sie nie ein Handy innerhalb des Hauses weil sie sowieso die meiste Zeit immer zusammensaßen und sie nur telefonierten, wenn es wirklich nötig war. Er drückte den grünen Hörer und bevor er fragen konnte was los war, platzte Matt mit der Nachricht raus, dass Kiyomi Takada zusammengebrochen ist. Sie hatte plötzlich aufgeschrieen und sich an die Brust gefasst und als Matt zu ihr geeilt war, war sie bereits tot. Als er das hörte, sah er Misa ernst an. Diese schien zu ahnen was los war, wich zurück und wurde leichenblass im Gesicht. Die Todesangst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Innerlich zählte sie die Sekunden, dann spürte sie plötzlich einen Schmerz in der Brust und sie bekam kaum Luft. „Mama“ rief Akito und wollte zu ihr, doch Mello hielt ihn zurück. „Was hast du Mama? Mama!!!“ „Akito…“ brachte Misa gequält hervor und Tränen ließen ihre Sicht verschwimmen. Sie wollte nicht sterben. Sie hatte doch noch so viel im Leben vor. Was sollte denn aus Akito werden wenn sie tot war. Wer würde sich denn um ihn kümmern wenn nicht sein Vater, der sowieso keine Liebe für ihn empfand? Bitte lasst mich nicht sterben, dachte sie und spürte wie sie schwächer wurde und in die Knie sank. Bitte lass mich noch etwas hier bleiben damit ich mich um meinen Sohn kümmern kann. Doch sie wusste, dass es nichts auf dieser Welt gab, was dem Death Note entgegenwirken konnte. Stand einmal ein Name drin, dann stand das Todesurteil fest. Sie musste an diesem Moment an die Leihmutter denken, die nur wegen der starken Liebe zu Akito sterben musste und fand sich schnell mit dem Gedanken ab, dass dies nur die gerechte Strafe für sie war. Um sie herum wurde es langsam dunkel, da sah sie etwas unscharf, wie Akito zu ihr rannte und sie in den Arm nahm. Er rief ihr etwas zu und schwach setzte sie ein Lächeln auf. „Es wird alles gut Akito.“ Sie schloss die Augen und bereitete sich auf dem Tod vor, da durchfuhr ein seltsames Gefühl ihren Körper. Vorsichtig öffnete sie die Augen, doch um sie herum war nichts… Genau das, was Rem ihr prophezeit hatte. Eine dunkle Leere fernab von Zeit und Raum… Doch plötzlich sah sie ein Licht. Nein, es war eine Person, die in gleißendes Licht gehüllt war aber seltsamerweise blendete Misa das Licht nicht. Die Gestalt, die sie nicht erkennen konnte, reichte ihr die Hand doch ihr war nicht wohl zumute. Wer war dieses Wesen aus Licht und woher kam es? Doch als sie in der Ferne die Stimme ihres Sohnes hören konnte, der verzweifelt „Mama“ rief, ergriff sie ohne irgendeine Frage zu stellen die Hand des Wesens und das Licht breitete sich überall aus, sodass sie die Augen zukneifen musste. Als sie sie wieder öffnete, lag sie auf dem Küchenboden und schnappte nach Luft. Was zum Teufel war hier bloß los? Wie konnte das denn sein? War sie denn nicht gerade erst gestorben? Völlig verwirrt setzte sie sich auf und Mello war sofort bei ihr. „Bleib ganz ruhig, es ist alles in Ordnung.“ Doch im Grunde war auch er genauso verwirrt wie Misa, denn eigentlich sollte sie doch längst tot sein. Sie sah zu Akito, der sie immer noch in seinen kleinen Kinderarmen hielt und löste sich vorsichtig von ihm. „Keine Angst mein Schatz, es ist alles gut. Mama geht es wieder gut.“ Der Junge taumelte ein wenig und lächelte sie irgendwie erschöpft an, dann schien er das Bewusstsein zu verlieren und Misa fing ihn auf. „Akito, was ist denn mit dir?“ Es war unmöglich dass Light auch seinen Namen eingetragen hatte. Das Death Note hatte doch keinerlei Wirkung bei Kindern von bis zu sechs Jahren. Was war nur mit ihm los? Der Junge reagierte auf gar nichts mehr und zunächst glaubte Misa dass er vielleicht Fieber habe doch dann kam der Schock: Akito hatte keine erhöhte Temperatur, er war sehr unterkühlt. Seine Stirn und seine Wangen waren eiskalt und er war auch nicht mehr ansprechbar. Für sie und Mello war klar, dass er schnell ins Krankenhaus musste und riefen den Notarzt. Nachdem Misa, Mello und Rebirth im Krankenhaus angekommen waren, wurde Akito in die Notaufnahme gebracht. Die junge Mutter weinte und musste von Rebirth beruhigt werden und Mello versuchte die neuesten Informationen zu Akitos Gesundheitszustand zu bekommen. Er konnte sich dieses seltsame Phänomen von vorhin nicht wirklich erklären. Misa bekam eine Herzattacke, die höchstwahrscheinlich durch das Death Note verursacht worden war und Akito rennt zu ihr, ruft sie immer wieder und kaum kommt Misa wieder zurück (Was an sich eigentlich unmöglich war) und schon musste der Kleine ins Krankenhaus gebracht werden. Irgendwie gab der Junge nur Rätsel über Rätsel auf. Nach einer halben Stunde kam der Arzt und da Misa im Moment nicht die Kraft hatte, irgendwelche Hiobsbotschaften anzuhören, regelte Mello alles. Es stellte sich heraus, dass der Blutdruck sowie auch die Herzfrequenz niedrig waren und sich auch die Körpertemperatur stark gesunken war. Körperlich sei der Junge völlig erschöpft und musste wohl mindestens zwei Tage im Krankenhaus bleiben. Wie es aber zu diesem Zustand kam, konnten sich Misa und die anderen nicht erklären, auch der Arzt war sich nicht sicher und ließ den 6-jährigen gründlich auf mögliche Krankheiten untersuchen. Diese waren jedoch negativ. Er hatte weder eine Infektion, eine Erbkrankheit, einen genetischen Defekt oder sonstige Syndrome. Die Ärzte fanden keine erklärbare Antwort und gingen von einer Stressreaktion des Körpers aus, die durch einen Schock verursacht worden war, als der Junge sah wie seine Mutter zusammenbrach. Während Rebirth mit Mello wieder zurückfuhr um ein paar Sachen für Akito zu holen, blieb Misa bei ihrem Sohn und hielt seine Hand. Die Frage, wie das alles geschehen konnte, ließ sie einfach nicht mehr los und ihr kam der Verdacht, dass Akito irgendetwas mit dieser seltsamen Entwicklung zu tun hatte. Kapitel 14: Misas Wandlung -------------------------- Es war ein richtiger Schock gewesen als Akito plötzlich zusammengebrochen war, nachdem Misa eine Herzattacke überlebt hatte. Die Ärzte hatten ihn zum Glück wieder stabilisieren können, aber trotzdem blieb noch die Frage offen, wie das überhaupt passieren konnte. Misa musste ebenfalls über Nacht im Krankenhaus dableiben. Einmal zur Beobachtung weil sie eine Herzattacke gehabt hatte und weil sie den Schrecken über Akitos Zusammenbruch nicht ganz verkraftet hatte. Während Rebirth sich für beide aufopferte und sie in jeder möglichen Sekunde besuchte, arbeiteten Matt und die beiden Problem-Geschwister wie besessen an der Stürmung des Tempels und ließen sich kaum noch blicken. Der Jahrestag des abgebrannten Waisenhauses in Winchester rückte immer näher und Mello stand vor dem Spiegel und betrachtete seine Narbe. Irgendwie musste er an Near denken und fragte sich was wohl wäre wenn er noch am Leben wäre. Immerhin musste er sterben nur weil er nicht auf ihn aufgepasst hatte, so wie Roger es ihm aufgetragen hatte. Wenn er selbst nicht so durcheinander und verängstigt gewesen wäre, dann hätte er außer Matt noch jemanden retten können. Diese Tatsache verfolgte ihn schon seit Jahren und bis heute hatte er sich das nicht verzeihen können. Wiedergutmachung konnte er nicht leisten aber er würde Kira bezahlen lassen. Plötzlich kam Rumiko herein um ihre vergessene Haarbürste zu holen. „Entschuldigung, ich wollte nicht stören.“ „Nein, schon in Ordnung. Ich bin auch nachher wieder weg.“ „Gehst du ins Krankenhaus?“ Nein, Mello hatte andere Pläne. Er wollte den Kiratempel von außen untersuchen und die Finalrunde so schnell wie möglich antreten, damit alles schnell überstanden war und Misa und ihr Sohn nicht noch mehr ertragen mussten. „Ich will ja nichts dergleichen behaupten aber ich habe eine sehr schlimme Vorahnung“ murmelte Rumiko und wollte eigentlich gehen, doch sie blieb im Türrahmen stehen. „Ich habe das Gefühl dass etwas Furchtbares passieren wird.“ Etwas irritiert sah er Rumiko an und zog sich sein Hemd und dann seinen Pullover an. „Wie kommst du darauf?“ „Wir sollten so schnell wie möglich ins Krankenhaus.“ Doch Mello glaubte eher dass sie ihn nur verunsichern wollte und hielt es für besser das einfach zu ignorieren. Stattdessen ging er zu Matt, der unter einem riesigen Stapel Disketten, CDs und Festplatten begraben lag und versuchte gerade sich zu befreien. „Vielleicht solltest du mal aufräumen.“ Doch er kannte Matt lange genug um zu wissen, dass dieser einfach zu faul zum Aufräumen war und so half er ihm, alles zu stapeln und brachte ihm einen extra starken Kaffee. Für die paar Stunden war Matt wirklich sehr weit mit seiner Arbeit. Er hatte sämtliche Pläne und Fotos zusammengesammelt und einige Daten konnten noch sehr hilfreich sein. „Misa hatte wirklich recht, der Tempel ist besser gesichert als Fort Knox! Der Tempel ist wie ein hochkompliziertes Labyrinth aufgebaut und wenn einmal der Alarm ertönt, werden sämtliche Türen verschlossen und die Soldaten gelangen über direktem Weg zu den Eindringlingen, die in der Sackgasse sitzen und sofort erschossen werden. Es gibt drei Ebenen: Die erste ist alles, was sich an der Oberfläche befindet. Wer an den Überwachungskameras vorbei kommt, betritt schließlich Ebene 2, wo man sich mit mindestens 100 Soldaten herumschlagen muss, die von dieser und von der vorigen Ebene kommen und die Eindringlinge einkesseln. Bis jetzt hat noch niemand die letzte Ebene erreicht, wo sich Kira selbst aufhält. Mello, ich sag das nur sehr ungern aber das was du vorhast ist glatter Selbstmord. Selbst mit Rumiko, Beyond und mir wirst du das unmöglich schaffen.“ Schweigend saß Mello da und sah sich die Pläne an. Matt hatte recht, das war reiner Selbstmord. Kira hatte wirklich alles perfekt durchgeplant zu seinem eigenen Schutz und er sah auch keine Möglichkeit da durchzugehen ohne über den Haufen geschossen zu werden. Selbst mit fünfzig Mann würde es schwer werden, wenn nicht sogar unmöglich. Vielleicht sollte er Rumiko und Beyond fragen, ob sie vielleicht einen Plan hatten, immerhin waren sie ja solch lebensgefährliche Situationen gewöhnt. Doch als er nach ihnen suchte, fand er nur Beyond, der gerade dabei war ein Sudoku zu lösen. „Wo ist denn Rumiko?“ „Die ist zum Krankenhaus gefahren… Was gibt es?“ Mello begann ihm die Lage zum Kiratempel zu schildern und zeigte ihm die Pläne. Beyond nahm sie entgegen und sah sich alles genauestens an. Schließlich holte er einen Stift heraus und begann etwas am Rande zu notieren und überlegte. „Wirklich sehr schwer, aber unmöglich sollte es nicht sein. Zumindest dann nicht, wenn wir alle Ebenen infiltrieren. Ich würde persönlich vorschlagen dass ich in die Kommandozentrale der ersten Ebene gehe und die Steuerung übernehme. Wenn Matt irgendwas in der Hinterhand hat, kann ich mich in das System hacken und euch in die nächste Ebene führen. Wenn Rumiko in der zweiten bleibt und Feuerschutz gibt, dürftest du mit Rebirths Hilfe in die letzte Ebene gelangen.“ „Aber das ist trotzdem gefährlich und nicht sehr gewinnversprechend.“ Dem musste Beyond zustimmen. Wenn jeder auf sich allein gestellt war, dann betrug die Chance, dass einer von ihnen sterben würde fast 95%. Aber was für eine andere Wahl hatten sie sonst? Nur wenn sie sich aufteilten und die Ebenen einnahmen, konnten sie bis in die letzte vordringen und Kira stellen. Doch dazu musste auch wirklich jeder bereit sein, im Notfall sein Leben zu lassen. „Verstehst du überhaupt etwas von Technik?“ fragte er den 25-jährigen, der in geduckter Haltung auf dem Sofa hockte und Mello mit seinen rot leuchtenden Shinigami-Augen ansah. „Ich denke schon dass ich in der Lage bin mich irgendwo reinzuhacken und etwas kurzzuschließen. Allerdings wird es extrem schwer werden mich in das Sicherheitssystem zu hacken ohne aufzufallen. Vielleicht gelingt es mir ja mit Matt eine entsprechende Lösung für das Problem zu finden. Was Rumiko angeht so denke ich dass sie es kaum erwarten kann, wenn sie ein paar Leute erschießen kann. Es wird ihr sicher eine Riesenfreude bereiten.“ Beim letztem Satz klang Beyond irgendwie niedergeschlagen und enttäuscht und so setzte sich Mello zu ihm um endlich mal Klarheit zu verschaffen. „Beyond, ich kenne euch beide ja erst seit ein paar Tagen aber was Matt und ich so von euch erzählt bekommen haben, hat mich sehr zum Nachdenken gebracht was euch beide betrifft. Ihr beide hattet eine schwere Kindheit und euch in dieser Zeit immer mehr voneinander distanziert und jeder hat sich seine eigene kleine Welt aufgebaut, in der er sich sicher fühlt. In deiner Welt gibt es dich und Rebirth. Du liebst ihn wie einen kleinen Bruder und beschützt ihn. In Rumikos Welt gibt es nur sie und jemanden, den sie vor Jahren verloren hat und immer noch verzweifelt sucht. Ihr beide habt eigentlich viel gemeinsam und im Grunde eures Herzens empfindet ihr immer noch Geschwisterliebe für den anderen aber andersherum könnt ihr euch eure Fehler und Verhaltensweisen nicht verzeihen. Du bist wütend auf sie weil sie Rebirth fast getötet hätte und weil sie der Liebling eures Vaters war. Du hast dich von ihr betrogen gefühlt nicht wahr?“ Was für eine verrückte Welt, dachte Mello und kratzte sich am Kopf. Immer hatte er sich mit irgendwelchen Problemen herumgeschlagen, immer andere als Kind damit genervt dass er die Nummer 1 sein wollte und hat versucht Near das Leben zur Hölle zu machen. Um seine eigene Kindheit hatte er sich selbst immer so ein Drama daraus gemacht aber wenn er hörte was anderen Kindern passiert ist, da fühlte er sich plötzlich so anders…. Als wäre er eigentlich gar nicht so cool und stark. Im Grunde war er trotz seines manchmal sehr hitzigen Temperaments ein sehr einfühlsamer Mensch, auch wenn er das niemals wahrhaben wollte. Für ihn war diese Charaktereigenschaft eine große Schwäche… „Und wenn schon“ murmelte Beyond „ich habe jahrelang darauf gewartet dass Rumiko sich endlich mal ändert. Dabei ist sie nur noch schlimmer geworden und so habe ich sie abgeschrieben. Sie wird sich niemals ändern und deswegen ist es mir auch egal was aus ihr wird.“ Das war eine Lüge, das spürte er ganz deutlich. Beyond war es nicht egal ob Rumiko nun starb oder nicht. Im Grunde genommen fühlte er sich auch mitverantwortlich, dass sie so geworden ist, nur wollte er das nicht zugeben. „Vielleicht will sich Rumiko ändern, nur sie kann nicht. Ihr ganzes Leben hat sie genau wie du in Einsamkeit und Verzweiflung verbracht und der Einzige, der ihr Halt gegeben hat war Jamie, der ja verschwunden ist. Ich glaube sie ist wütend auf dich weil du ihr nicht geglaubt und sie getröstet hast.“ „Wann hat sie das denn schon mal für mich getan? Sie war schon immer ein Problemkind gewesen. In der Schule saß sie ständig beim Rektor, ständig hat sie irgendwelchen Mist gebaut und war nie für mich da. Warum sollte ich also für sie da sein.“ Mello wollte etwas darauf erwidern, da kam plötzlich ein Anruf auf seinem Handy: Es war Rumiko. Seltsam, warum rief sie denn an? War etwas passiert? „Hier Mello, was gibt's?“ „Mello, mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Akito ist aus dem Krankenhaus entführt worden. Anscheinend hat der Arzt uns an Kira verpfiffen. Wir haben Misa erst mal in Unwissen gelassen um nicht noch mehr durcheinander zu bringen. Rebirth versucht im Moment herauszufinden wo sie den Kleinen hingebracht haben.“ Also doch, es war etwas passiert aber warum nur hatte Kira seinen Sohn aus dem Krankenhaus entführt? Akito war noch nicht überm Damm und der Arzt hatte gesagt dass er dringend im Krankenhaus bleiben muss, da seine Herzfrequenz wie auch seine Körpertemperatur noch niedrig waren. War er etwa bereit das Leben eines 6-jährigen zu riskieren? Fest stand dass Kira vorerst Nebensache war. Noch einmal ließ Mello nicht zu dass er einen Unschuldigen für seine Fehler sterben ließ. Er beauftragte Matt Rebirth bei seiner Suche nach dem geschwächten Akito zu unterstützen und schnappte sich sein Motorrad und fuhr zum Krankenhaus während Beyond die Stellung hielt. Immer wieder hatte Mello Nears furchtbar zugerichteten Körper vor Augen, eingequetscht unter einem schweren Holzbalken, der seine Beine zertrümmert hatte. Wie schlimm musste er wohl gelitten haben, nur weil ihn niemand gerettet hatte. Wenn er nicht so kopflos losgerannt wäre und auf ihn aufgepasst hätte dann hätte Near nicht derart qualvoll sterben müssen. Es dauerte eine ganze Weile bis Mello sämtliche Infos aus dem Arzt herausgeprügelt hatte und Matt die Spur wieder aufnehmen konnte. Allem Anschein nach wurde Akito in den Kiratempel gebracht und damit änderte sich so einiges an der Planung. Sie mussten so schnell es ging den Tempel stürmen und Akito befreien. Wer weiß was mit ihm passierte wenn er nicht schnell wieder ins Krankenhaus kam. Inzwischen waren alle wieder versammelt und Mello erklärte den Plan, den er mit Matt ausgearbeitet hatte. „Also gut, wenn wir Akito retten und Kira stellen wollen, müssen wir anders als wie bisher geplant vorgehen. Wie ihr wisst ist der Tempel in drei Ebenen aufgeteilt und bis jetzt hat es noch kein Eindringling bis in die dritte geschafft. Der Plan sieht so aus: Wir werden zusammen die erste Ebene einnehmen und Rebirth wird mit einem von Matt entwickelten Modul das System übernehmen und wenn Matt sich eingehackt hat, wird Rebirth zusammen mit Rumiko die zweite Ebene absuchen um Akito zu finden. Wenn er sich nicht dort befindet, werdet ihr beide mir und Beyond in die dritte Ebene folgen. Sollte sich Akito jedoch auf Ebene zwei befinden, wird er umgehend zum Ausgang gebracht. Rebirth, du wirst ihn zusammen mit Misa zum Flughafen bringen und sie werden mit dem nächsten Flug aus Japan verschwinden. Rumiko wird so schnell wie möglich zu uns kommen. Ich denke dass es kein Problem ist oder?“ „Der Kerl der mich umbringt muss erst noch geboren werden“ gab sie zur Antwort und schob sich einen Streifen Pfefferminzkaugummi in den Mund. „Solange ich nicht schon wieder so einen dämlichen Tanzfummel tragen muss, werde ich das schon hinkriegen.“ Damit war soweit alles geklärt und jeder begann sich für die Endrunde vorzubereiten. Da Rumiko die gefährlichste Aufgabe hatte, reichten dieses Mal Messer nicht auch aus. Sie brauchte schon schweres Kaliber. Granaten, Pistolen und ein Maschinengewehr und was besonders wichtig war: Genügend Munition. Solange sie Munition hatte, konnte sie es locker schaffen doch in dem Moment, wo ihr die Munition ausging, war ihre Überlebenschance niedriger als 10%. Zusätzlich bekam sie noch eine kugelsichere Weste, wie sie auch vom Militär eingesetzt wurde und ein abhörsicheres Funkgerät. Rebirth nahm kein Maschinengewehr, da so etwas für ihn nicht geeignet war, wenn er sich um Akitos Rettung kümmern musste. Stattdessen bekam er Gasgranaten, Pistolen und eine extra starke Taschenlampe. „Wozu brauch ich die denn?“ „Diese Leuchtstärke ist nur in Japan und China zugelassen. Sie ist so stark, dass man auf dieser Taschenlampe ein Spiegelei braten könnte und wenn jemand geblendet ist, kann er auch nicht schießen. Wenn du dich mit dem Auto absetzen willst, kannst du die ja zur Not einsetzen.“ Rebirth war sich nicht sicher ob er wirklich dieses Ding mitnehmen sollte aber dann packte er sie doch ein und bekam noch die Standartausrüstung: Schutzweste, Funkgerät und mehr als genügend Munition. Ihm wurde erklärt, was er machen sollte wenn er das Modul an den Computer anschließen sollte und dann begannen sie die Fluchtroute zu planen. Beyond blieb selbstverständlich auch nicht untätig und besuchte Misa im Krankenhaus. Sie war entlassen worden und wusste noch nichts von der Entführung ihres Sohnes. Das sonst so hübsche Model wirkte abgekämpft und müde und sie wirkte älter als sonst. Als sie Beyond sah, stand sie auf und eilte zu ihm. „Beyond, ich habe mit sämtlichen Ärzten gesprochen aber niemand kann mir etwas über meinen Sohn sagen. Ich weiß nicht was mit ihm ist und ob es ihm gut geht. Sag, weißt du etwas?“ „Misa, beruhige dich erst einmal. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, es wird alles gut gehen. Allem Anschein nach hat Kira erfahren wo sich Akito befindet und hat ihm aus dem Krankenhaus entführt und zum Kiratempel gebracht.“ Als Misa das hörte, brach sie in Tränen aus und da er sich nicht anders zu helfen wusste, nahm Beyond sie tröstend in den Arm. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen Misa. Wir werden Akito befreien und dafür sorgen dass Kira euch nichts mehr antun wird. Alles wird wieder gut werden.“ Es brauchte eine ganze Weile um Misa zu beruhigen und Beyond brachte sie wieder ins Hauptquartier wo wirklich alles auf Hochtouren lief. Rebirth und Rumiko trainierten mit den Kampfrobotern im Dachgeschoss (Auch wenn es immer wieder in heftigen Konflikten endete weil sie immer der Meinung ist, dass Rebirth nur ein Klotz am Bein wäre) und Mello ging noch mal die Baupläne durch um wirklich für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wenn alles gut ging, dann würde Akito schnell wieder bei seiner Mutter sein und Mello würde endlich seine Rache vollziehen. Gerade wollte Mello noch seine Ausrüstung durchgehen da sah er Misa hereinkommen und nahm sie in Empfang. Sie sah wirklich furchtbar aus, so blass, alt und abgekämpft. Sie hatte immer noch Tränen in den Augen aber sie wirkte so entschlossen wie noch nie. „Es ist jetzt auch für mich an der Zeit stark zu sein und das Richtige zu tun.“ Sie holte das Death Note aus ihrer Tasche und reichte es Mello. „Mello, hiermit trete ich das Besitzrecht an das Death Note ab. Es gehört nun dir. Ich werde sämtliche Erinnerungen daran verlieren sowie auch mein Shinigami-Augenlicht. Tu was du für richtig hältst und mach mit diesem furchtbaren Notizbuch was du willst aber bitte rette meinen Sohn! Ich will dass Kira bezahlt für das, was er meinem Sohn angetan hat.“ Nun hatte Misa endgültig einen Schlussstrich gezogen, nachdem sie erfahren hatte dass Kira seinen Sohn aus dem Krankenhaus entführt hatte und sich dazu entschieden alles zu tun, um für Akito die Mutter zu sein, die er brauchte. Endlich hatte sie erkannt, dass Kiras Ziele nichts mehr mit Gerechtigkeit zu tun hatten sondern dass er ein Tyrann war, der selbst vor Mord an Unschuldigen nicht mehr zurückschreckte. „Bist du dir auch ganz sicher Misa?“ „Wenn ich wenigstens auf diese Weise helfen kann, dann bin ich mir sicher. Ich will dieses Death Note nicht mehr.“ Als Mello das Death Note entgegennahm, schien der seltsame Glanz aus Misas Augen zu verschwinden und ihre blauen Augen sahen wirklich genauso aus wie die von Akito. Er hatte tatsächlich die Augen seiner Mutter, Augen voller Herzensgüte und Wärme. „Misa, du bist wirklich eine wundervolle Mutter und Akito kann froh sein dich zu haben. Vergiss das niemals. Und mach dir keine Sorgen: Wir holen Akito da raus.“ Misa hatte jetzt keine Erinnerungen mehr an Kira und das Death Note, sie wusste nicht dass Akitos Vater und der Mann, den sie liebte Kira war. Sie wusste wahrscheinlich nur noch dass Kira ihren Sohn entführt hatte. Ob er ihr das erzählen sollte? An was genau erinnerte sie sich eigentlich? „Liebst du Light Yagami?“ Sicher würde sie die Frage mit „Ja“ beantworten. Woher sollte sie auch wissen dass er seinen Sohn aus dem Krankenhaus entführt und sie beide nur benutzt hat? Misa schien etwas verwirrt über diese Frage zu sein, doch dann antwortete sie „Ich weiß nicht… Irgendwie sind meine Gefühle zu Light nicht mehr die, die es eigentlich immer waren. Wo ich ihn doch sonst immer so sehr geliebt habe, bin ich jetzt wütend auf ihn, so als wäre etwas passiert, was ich ihm nicht verzeihen könnte. Aber ich weiß einfach nicht was.“ So war das also, dachte Mello und steckte das Notizbuch ein. Selbst wenn sie ihre Erinnerungen verliert, bleiben ihre Gefühle gleich. Er begann ihr alles zum Death Note zu erzählen und was es mit ihrer Wut auf Light auf sich hatte. Misa sagte nichts, ihre Gefühle waren kaum zu deuten und sie setzte sich schweigend hin. Dann aber ging sie zu einem Spiegel, der an der Wand hing und löste ihre Zöpfe, die immer ihr Markenzeichen gewesen waren und ihr ihren Teenagercharme gegeben hatten. Sie wirkte auf einmal wirklich erwachsen, nicht mehr wie ein kindisches frisch verliebtes Schulmädchen. „Für mich wird es an der Zeit mein Ich zu ändern. Ich bin nicht mehr länger das naive Mädchen, welches sich in einen Menschen verliebt hat, der meine Liebe nur für seine Zwecke benutzt hat und mich und meinen Sohn töten wollte. Jetzt bin ich nur noch Akitos Mutter und als solche werde ich nie wieder etwas mit Kira zu tun haben wollen.“ Tatsächlich hatte sich die Misa, die da vor ihnen stand, äußerlich wie auch innerlich sehr gewandelt. Tatsächlich wirkte sie jetzt wie eine erwachsene zu allem entschlossene Frau und diese Verwandlung war endgültig. Kapitel 15: Dunkelheit ---------------------- Sie hatten alles besprochen und waren fest entschlossen den Kiratempel zu stürmen und bis in die letzte Ebene vorzudringen, was vor ihnen noch niemand geschafft hatte. Rebirth war bereit alles zu tun um Akito zu retten, Mello wollte sein Versprechen halten, was er Misa gegeben hatte und Rache für die Waisenkinder nehmen, die damals sterben mussten. Beyond lag mehr daran dafür zu sorgen dass Rebirth nichts passierte und Rumiko suchte einfach nur das Risiko und die Gefahr. Aber anscheinend war da noch etwas anderes, das sie beschäftigte. Es schien so als wollte sie Beyond irgendetwas sagen wollen doch dann behielt sie es für sich und schwieg einfach nur. Sie schien auch keinerlei Interesse daran zu haben, Rebirth zu verprügeln oder zu erniedrigen, zwar ließ sie immer wieder Beleidigungen fallen und reagierte oft ziemlich genervt aber es war nicht zu bestreiten, dass sie bedrückt war und keine Ruhe fand. Matt war immer noch sehr beschäftigt mit den letzten Vorbereitungen und werkelte noch etwas am Fluchtwagen herum, Misa assistierte ihm dabei um wenigstens einen kleinen Beitrag zu leisten. Mello hatte sich inzwischen mit Rem vertraut gemacht, welche Misa all die Jahre begleitet und ihr das Death Note gegeben hatte. Allem Anschein nach war Rem bereit alles zu tun um Misa zu helfen und da kam Mello die Idee wie er diesen Shinigami für seinen Plan benutzen konnte. Mit seiner Hilfe sollte es ihnen möglich sein Akito schneller zu finden und zu Kira vorzudringen. Ein letztes Mal sah Mello auf das Foto des Waisenhauses und erinnerte sich an die Zeit, als alles noch in Ordnung war. Er musste an Roger und all die verstorbenen Kinder denken. Linda, Oliver, Ray und Jack mit denen er immer Fußball gespielt hatte, während Matt immer an seiner Spielkonsole gespielt hatte, er gedachte an alle, die durch das Feuer ihr Leben gelassen hatten. Wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn das Waisenhaus nicht niedergebrannt wäre. Vielleicht wäre Kira gar nicht soweit gekommen sondern wäre bereits vorher geschnappt worden. Er wäre vielleicht ein anständiger junger Mann geworden und müsste nicht mit zwei Serienmördern ein Selbstmordkommando durchführen. Doch vielleicht war diese Wende auch gar nicht so schlecht. Immerhin wäre Akito vielleicht gar nicht geboren worden und Misa würde immer noch Kira anhimmeln. Ach was, es war unsinnig darüber nachzudenken was wohl geschehen wäre, wenn das alles nicht passiert wen die Geschichte anders verlaufen wäre. Das brachte ihn auch nicht weiter… Als Akito die Augen öffnete, war ihm kalt und er wusste nicht wo er war. „Mama?“ fragte er vorsichtig und sah sich um. „Wo bin ich hier?“ Er hatte Angst und rieb sich die Augen um zu erkennen wo er denn eigentlich war. Allem Anschein nach war er in einem Zimmer ohne Fenster und er lag in einem Bett. Im Krankenhaus war er jedenfalls nicht mehr aber warum war er hier? Hatte man ihn während er schlief aus dem Krankenhaus abgeholt und wieder zurückgebracht? Wenn dem aber so war, wo waren dann seine Mutter und Rebirth? Irgendwie kam ihm dieser Ort so fremd vor. Rebirth wollte aufstehen und zur Tür gehen, doch da spürte er dass er eine Fessel am linken Fuß trug. Als er die sah wurde ihm schlagartig bewusst dass man ihn entführt hatte. Er bekam Angst und begann an seiner Eisenkette zu ziehen. Was hatte man nur mit ihm vor und warum wurde er entführt? Die Kette war ungefähr eineinhalb Meter lang und Akito versuchte die Kette irgendwie abzustreifen aber leider ohne Erfolg. Das Ding saß fest an seinem Fußknöchel und mit seinen schwachen Kinderarmen konnte er nicht viel ausrichten. Außer dem Bett gab es nichts im Zimmer und irgendwie musste er das Schloss knacken. So etwas hatte er zwar noch niemals gemacht und er hatte auch nicht wirklich eine Ahnung wie er das eigentlich anstellen sollte, aber er musste sich schnell etwas einfallen lassen. Während er an seiner Fußfessel arbeitete, hörte er Schritte von draußen und als ein Schlüssel durchs Schloss gedreht wurde, kroch er unters Bett und versuchte sich zu verstecken. Wer immer auch da hereinkam, was Gutes konnte er sicherlich nicht von ihm wollen. Immer wieder hörte Akito Nachrichten von entführten Kindern, die furchtbar zugerichtet und tot aufgefunden wurden. Würde man ihm so etwas auch antun? Er hatte große Angst und wünschte sich dass seine Mutter oder Rebirth hier wären um ihn zu retten. Leise begann er zu weinen und sah wie jemand das Zimmer betrat. Jetzt war es aus mit ihm. Man würde ihn finden und sicher schlimme Dinge mit ihm anstellen. „Akito? Ich weiß dass du dich da unten versteckst. Komm doch raus, ich bin es!“ Diese Stimme… Akito kroch unter dem Bett hervor und sah seinen Vater. „Papa? Was machst du hier?“ „Du brauchst keine Angst mehr zu haben mein Sohn, du bist endlich in Sicherheit!“ Akito verstand nicht ganz was vor sich ging und wich vor ihm zurück. „Wo bin ich hier und warum? Mama macht sich sicher ganz große Sorgen um mich.“ Light Yagami setzte ein Lächeln auf und wollte seinem Sohn den Kopf streicheln, doch er wich noch weiter zurück und war völlig verängstigt. „Ach mein Sohn, du bist noch jung und verstehst noch nicht viel. Weißt du deine Mutter wird nicht kommen um dich zu holen.“ „Warum denn nicht?“ Den Jungen beschlich eine furchtbare Vorahnung und er wischte sich die Tränen weg. „Akito, es tut mir leid das sagen zu müssen aber deine Mutter ist tot. Sie hat Kiras Gesetze gebrochen und ihn verraten und das hat er bestraft.“ Nein, das konnte es doch nicht sein. Seine Mutter lebte doch noch und woher wusste sein Vater davon? Konnte es etwa sein dass er… Nein, nicht sein Vater! Das durfte einfach nicht wahr sein! „Papa, bitte sag mir dass du nicht Kira bist.“ Doch Light schwieg mit ernsthaftem Gesicht und verschränkte die Arme. „Warum hältst du es für falsch dass dein Vater der Gott einer neuen Welt ist? Du solltest dich glücklich schätzen dass du irgendwann meinen Platz einnehmen wirst.“ In dem Moment, als Akito realisiert hatte dass sein Vater derjenige war, der Misa versucht hat umzubringen, wurde er wütend und stürzte sich schreiend auf Light. „Warum? Warum nur bringst du Menschen um? Wie kannst du nur so grausam sein? Was hat Mama dir getan dass du sie getötet hast?“ Leider war Akito nicht stark genug sodass sein Vater keine Probleme hatte, ihn wieder wegzustoßen und ihm eine strafende Ohrfeige gab. Für Akito, der immer gedacht hatte dass sein Vater ein rechtschaffener Mensch war und für die Gerechtigkeit kämpfte, brach eine Welt zusammen. Er konnte es einfach nicht glauben dass sein Vater derjenige war, der in den letzten Jahren unzählige Menschen umgebracht und auch noch die Kinder in dem Waisenhaus auf dem Gewissen hatte, in welchem auch seine neuen Freunde Matt und Mello aufgewachsen waren. „Wie kannst du nur Menschen töten? Wer gibt dir das Recht dazu?“ „Akito, du bist noch ein Kind und verstehst es deswegen nicht. Diese Welt war voller böser Menschen, die nur Leid verursacht haben und das Gesetz hat auch nichts bewirken können. Irgendjemand musste doch etwas tun und eine perfekte Welt ohne Verbrechen erschaffen.“ Mit Tränen in den Augen stand Akito wieder auf schien auf einmal zu wachsen. „Niemand hat das Recht jemanden zu töten, egal wer. Weder ein Verbrecher noch Kira. Was du da machst ist grausam und dumm. Indem du Menschen tötest, wird aus diesem Planeten noch keine perfekte Welt geben. Es wird niemals eine perfekte Welt geben und indem du Menschen einfach nur aus dem Grund tötest, dass sie Verbrechen begehen, bist du selbst nur ein Verbrecher. Das was du machst hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun. Du hast Mama getötet obwohl sie nichts getan hat und du hast damals ein Waisenhaus niederbrennen und die Kinder dort sterben lassen, obwohl sie niemals ein Verbrechen begangen haben. Du bist der Schlimmste von allen und ich hasse dich!!!“ Plötzlich wurde der Blick seines Vaters eiskalt und er wandte sich wieder zum Gehen. Akito hatte das Gefühl dass jetzt die Strafe für sein ungezogenes Benehmen folgte und davor hatte er Angst. Aber er musste einfach sagen was er dachte und fühlte und er hatte gehofft dass er seinen Vater somit zur Vernunft bringen konnte. Er eilte zu ihm und nahm seine Hand, wollte sehen ob es tief in seinem Herzen nicht noch ein kleines Licht gab, etwas Gutes in ihm an das er noch glauben konnte. Doch das Herz seines Vaters war kalt und hart wie Stein. In ihm gab es keine Liebe mehr und so schwand für Akito jegliche Hoffnung, dass er seinem Vater aus der Dunkelheit helfen konnte. „Du wirst so lange hier bleiben bis du gelernt hast ein gehorsamer Sohn zu sein. Vielleicht lernst du dann endlich Respekt vor mir zu haben.“ Die Stahltür knallte zu und Akito war ganz alleine, an einer Fußfessel gefangen und ohne Fluchtmöglichkeiten. Schluchzend verkroch er sich in eine Ecke und machte sich so klein wie möglich. „Onii-chan, Mama… bitte kommt schnell!“ Alle Vorbereitungen waren bereits getroffen und in knapp zwei Stunden würde es losgehen. Die Stimmung war sehr ernst und ein strenges Schweigen hing in der Luft. Jeder war bereit alles zu geben um diese letzte Runde anzutreten auf Leben und Tod wenn es sein musste. Fest stand dass diese Mission äußerst gefährlich und schon fast reiner Selbstmord war aber jeder hatte seine persönlichen Gründe und ließ sich durch nichts aufhalten. Sie gingen alle noch mal ihre Ausrüstung durch um zu gucken dass sie auch nichts vergessen hatten. Rebirth ging noch ein allerletztes Mal die Fluchtroute durch, die er nehmen würde wenn er Akito befreit hatte. Das Ziel war der Flughafen von Tokio und der Fluchtplan sah folgendermaßen aus: Rebirth würde bis zur alten Chemiefabrik fahren und dort das Fahrzeug wechseln. Dann fuhren sie durch und dann würde Misa zusammen mit ihrem Sohn den nächsten Flug nach Europa nehmen. Ein bisschen mulmig war ihm schon zumute, denn da er ja in Wirklichkeit gerade erst 13 Jahre alt war, fuhr er nicht gerne Auto. Aber er musste es tun denn jeder hatte eine Aufgabe zu meistern und er würde sicher nicht kneifen, nur weil er Angst hatte. Er hatte es Akito versprochen, dass er nicht zulassen würde dass ihm etwas passiert und im Grunde genommen hatte er doch die sicherste Aufgabe, wenn man Matt außer Acht ließ. Dieser musste ja seine ganze Konzentration auf die Überwachungskameras richten und sie durch das Labyrinth aus Gängen führen. Nervös sah er immer wieder auf die Uhr und versuchte irgendwie eine Beschäftigung zu finden. Schließlich ging er zu Mello, der gerade mit Rumiko im Gespräch war und wollte wieder gehen, da hielt sie ihn am Kragen fest. „Wo willst denn hin du kleine Ratte? Ich habe noch was mit dir zu besprechen.“ Beinahe wäre Rebirth das Herz in die Hose gerutscht, doch tatsächlich wollte Rumiko nur mit ihm absprechen wie sie in Ebene 2 vorgehen sollten. „Also wenn dieser Rotzlöffel mir auf die Nerven geht und du nicht in der Nähe bist um den Babysitter zu spielen, werde ich ihn entweder bis zur Bewusstlosigkeit würgen oder ihm ganz einfach den Hals umdrehen. Ich rate dir also schnell zur Stelle zu sein wenn ich Heulsuse Nummer 2 gefunden habe.“ „Und wer ist Heulsuse Nummer 1?“ „Na du, wer auch sonst du Hohlkopf. Ich kann immer noch nicht glauben dass wir beide ein Team bilden sollen. Wenn ich dich schon sehe könnte ich kotzen. Und wenn du mir auf die Nerven gehst, schieß ich dir ein Loch zwischen die Augen!“ Rebirth zuckte bei dieser einschüchternen Morddrohung zusammen und nickte hastig, dann suchte er schnell das Weite. Er bekam nun richtig Angst bei dem Gedanken mit Rumiko zusammenarbeiten zu müssen denn dass sie ihn umbringen würde, war ihr durchaus zuzutrauen. Schnell eilte er in sein Zimmer und begann seine Sachen zu packen und holte ein letztes Mal das Foto von ihm, Misa und Akito raus, welches vor einigen Monaten geschossen worden war. Es war für ihn ein sehr wichtiges Foto und manchmal wünschte er sich, dass er ein Teil dieser Familie sein könnte. Vielleicht würde er tatsächlich ein richtiger Bruder für Akito werden wenn alles vorbei war. Das wäre wirklich schön und dann würde sein Wunsch, irgendwann eine liebevolle Familie zu haben in Erfüllung gehen. Als er sich umgezogen hatte, kam Beyond rein um ihn mitzuteilen dass es gleich losgehen würde und er sofort kommen sollte. Nun begann Rebirths Herz zu rasen und er hatte das Gefühl dass sein Magen sich zusammenzog und ihm wurde schlecht. Nein, das war nur die Angst und davon durfte er sich nicht aufhalten lassen. Immerhin hatten Matt, Mello, Rumiko und Beyond auch keine Angst und er sollte sich nicht immer wie ein Kind benehmen, auch wenn er in Wirklichkeit 13 Jahren alt war. Jahrelang hatte er immer wieder angegeben dass er 18 war und jetzt musste er endlich erwachsen werden, um Akitos Willen! In der Garage angekommen, warteten bereits die anderen auf ihn und Matt gab ihm das programmierte Modul. „Du weißt was du zu tun hast. Willst du es immer noch durchziehen?“ „Ich habe Angst, große Angst sogar aber ich will es trotzdem tun. Bringen wir es endlich zu Ende.“ So stiegen sie in die Wagen ein und fuhren los. Rebirth war so als wäre dies wie ihr letzter Gang zum Galgen, ein sehr langer schwerer Gang im Moment wünschte er sich, er hätte etwas getrunken nur um sich nicht selbst noch verrückt zu machen. Rumiko saß neben ihm und feilte sich seelenruhig die Fingernägel während Matt sich ans Steuer setzte. Beyond und Mello fuhren in einem anderen Wagen hinter ihnen her zur Autobahn bis sie irgendwann ein abgelegenes Gebäude sahen, welches irgendwie mehr einem Gefängnis ähnelte als einem Tempel. „Was für ein hässlicher Klotz“ murmelte Rebirth und nervös begann er an seinen Fingernägeln zu kauen bis Rumiko ihm einen Flachmann in die Hand drückte. „Nimm einen Schluck und gib endlich Ruhe. Da werde ich doch selbst noch nervös und darauf habe ich echt keine Lust.“ Mit zitternden Händen öffnete Rebirth den Schraubverschluss und trank einen Schluck. Der Alkohol schmeckte widerlich und angewidert verzog Rebirth das Gesicht aber dann nahm er noch einen Schluck und gab Rumiko den Flachmann zurück. Für ihn stand west dass er niemals wieder Alkohol trinken würde aber wenigstens war er jetzt etwas entspannter und musste keine Sorge mehr haben, sich vor Angst noch in die Hosen zu machen. Doch noch ahnte er nicht, was in Kiras Tempel wirklich auf sie alle warten würde. Kapitel 16: Licht ----------------- Nachdem sie sich den Weg frei gesprengt hatten und auf diese Weise in den Kiratempel waren, teilten sie sich in zwei Gruppen auf und nahmen jeweils eine andere Richtung. Mello und Beyond gingen geradeaus zur nächsten Ebene und Rebirth und Rumiko nach links. Sie mussten so schnell wie möglich zur Überwachungszentrale und das Modul am Computer anschließen bevor die anderen die 2. Ebene erreichten. Rebirth konnte kaum mit Rumiko mithalten, ihre langen Beine ermöglichten ihr große Schritte und sie hatte auch mehr Kraft als er. Das Licht in den Gängen war gedämpft, einige der Neonröhren flackerten und es gab kaum Versteckmöglichkeiten. Wenn sie also auf Soldaten trafen, die erst um die Ecke gekommen waren, mussten sie damit rechnen auf höhere Distanz zu treffen. Zwar hatte Rebirth keinerlei Probleme damit aber Rumiko war schon immer die Nahkämpferin gewesen und verabscheute Distanzkämpfe, besonders den Gebrauch von Schusswaffen. Aber einen Vorteil hatte es doch dass Rebirth hinter der blondhaarigen jungen Frau hinterher eilte: Während er das Modul sicher transportieren konnte, gab sie Feuerschutz und er brauchte selbst nicht zu schießen. „Wir müssen gleich die Treppen rauf und dann nach rechts.“ Rebirth hatte die Karte sorgfältig studiert und kannte sie in und auswendig. Das war auch wichtig wenn er Akito sicher hier rausbringen wollte. Dieser Shinigami Rem durchsuchte bereits den Tempel nach Akito und würde ihnen bescheid geben wo er sich aufhielt. Bis dahin blieb ihnen erst mal nur die Übernahme des Systems. Beinahe wäre Rebirth in seine Begleiterin hineingerannt als sie plötzlich stehen blieb und ihre Waffe zog. Sie drehte sich zu Akito um und signalisierte still zu sein. Ob sie irgendetwas gespürt hatte? Mit einem Ruck zerrte sie ihn in Deckung und das keine Sekunde zu früh denn kaum war Rebirth um die Ecke verschwunden, schon wurde das Feuer eröffnet. „Verdammt, das ging aber echt schnell“ knurrte Rumiko und feuerte drei Schüsse ab. „Diese miesen Dreckskerle sind uns auf den Fersen.“ Sie blieben nicht lange stehen sondern rannten auch gleich wieder los. Rumiko hielt sich dieses Mal hinter Rebirth und versuchte ihre Verfolger loszuwerden. „Wie weit müssen wir noch gehen?“ „Gleich müssen wir die Treppe rauf und nach rechts, allerdings ist das eine Sackgasse! Was sollen wir tun?“ „Ganz einfach: Du gehst hoch und schließt das Modul an den Computer an und ich warte unten und halte uns diese Bazillen vom Leib.“ Rebirth war dankbar dass er Rumiko an seiner Seite hatte, die gerade richtig angefressen war, dass man zuerst auf sie geschossen hatte. Ein ganz böser Fehler denn nun hatte Rumiko Blut geleckt und wurde richtig angriffslustig. „Diese Flachpfeifen gehören mir!!!“ Als sie endlich die Treppe erreichten, blieb Rumiko stehen und holte eine zweite Pistole heraus. „In spätestens fünf Minuten bist du wieder hier sonst gehe ich alleine los bevor ich noch den ganzen Spaß verpasse. Also beeil dich lieber.“ Einem Stoß schubste sie Rebirth in Richtung Tür und schoss als die ersten Wachmänner auf sie zukamen. Wie jemand auf der Flucht rannte Rebirth die Treppen hoch, hörte die Gewehrsalven, sah instinktiv vor seinen Augen wie sich eine Kugel in seinen Rücken bohrte und er stürzte. Die schlimmsten Szenarien spielten sich vor seinen Augen ab doch er versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren. Als er das Ende der Treppe erreichte, zog er seine Waffe und begann nach dem Computerraum zu suchen. Er musste damit rechnen dass jederzeit ein Bewaffneter durch die Tür stürmen konnte und ihn das Leben aus dem Kopf pusten würde bevor er ein Wort sagen konnte aber er war vorbereitet. Er rannte einfach durch und als er den gesuchten Raum erreichte, stieß er sie auf und musste überrascht feststellen, dass niemand da war. Vielleicht ein Hinterhalt? Schnell schloss er die Tür und suchte den gesamten Raum ab. Es war wirklich niemand im Raum. Die Computer waren abgeschaltet und sicher mit einem Passwort versehen. So ein Mist dachte Rebirth und schaltete ihn an. Hacken war leider überhaupt nicht seine Stärke und so rief er Matt über das Funkgerät an damit er ihm half. Im Grunde genommen war Hacken einfach wie einen Cheat in einem Spiel verwenden, man musste nur eine bestimmte Kombination an Tasten drücken und Matt wusste sicher was zu tun war. Schritt für Schritt wies er Rebirth an, was er zu tun hatte und tatsächlich konnte er sich ins Betriebssystem einhacken. „Großartig Matt, ich schließ jetzt das Modul an, alles andere liegt dann bei dir.“ Dieses Modul sah äußerlich aus wie ein harmloser USB-Stick, war aber ein sehr effektives Gerät um von größerer Entfernung aus, den Computer zu steuern und die gesamte vernetzte Elektronik zu übernehmen. Rebirth sah auf die Uhr. Er hatte noch zwei Minuten um zurückzukehren bevor Rumiko ging und ihn zurückließ. Schnell versteckte er das Modul damit man es nicht sofort entdeckte und ging zur Tür wieder raus ohne sich umzudrehen. Ein fataler Fehler, denn noch bevor er bemerkt hatte, dass jemand hinter ihm lauerte, schlug ihm etwas Hartes gegen den Hinterkopf und er fiel bewusstlos zu Boden. Rumiko hatte eine Gruppe von Angreifern niedergeschossen und begann sich zu fragen, warum Rebirth so lange brauchte. Pennte der etwa gerade oder hatte er etwa schon das Zeitliche gesegnet? Sie sollte einfach gehen und nach diesem kleinen Rotzbengel suchen aber andererseits war dieser Shinigami Rem immer noch nicht da. Wo steckte er denn? Sie holte ihr Funkgerät heraus und versuchte Rebirth zu erreichen, doch er antwortete nicht. „Matt, was ist mit Rebirth? Er antwortet nicht.“ „Scheint so als würde er in Schwierigkeiten stecken aber ich sehe schon dass er gut allein zurecht kommt. Geh du schon mal vor, ich bereite alles für die nächste Ebene vor.“ Rumiko war es nur recht, dass sie alleine weiter konnte. Ohne diesen Klotz am Bein konnte sie viel einfacher arbeiten und dann stand ihr auch niemand im Weg. Um zu Ebene zwei zu gelangen, musste sie zunächst durch das Labyrinth der ersten gehen und es war nicht ungefährlich. Doch bevor sie sich auf den Weg machte, schob sie einen Streifen Pfefferminzkaugummi ein und spürte den scharfen Minzgeschmack, der sich in ihrem Mund ausbreitete. So etwas brauchte sie einfach um sich besser konzentrieren zu können und dann schob sie noch ein neues Magazin in ihre Beretta ein, dann machte sie sich auf den Weg. Das Geräusch ihrer Absätze hallte in den kalten nackten Wänden wider und dieses furchtbare Gefühl eingesperrt zu sein, breitete sich in ihr aus. Plötzlich hörte sie eine Stimme, die Stimme eines Kindes. Ruckartig blieb sie stehen und sah sich um. Da! Da war sie wieder. In einiger Entfernung konnte sie eine Kindergestalt sehen, mit einem etwas seltsamen Gang und ihr Name wurde gerufen. Moment mal, diese Gangart kannte sie doch. Konnte es etwa sein dass… „Jamie? Jamie bist du das?“ Sie sah nur eine Silhouette doch sie war sich völlig sicher dass sie Jamie gesehen hatte. Er musste es sein. „Jamie!“ rief sie und rannte so schnell sie konnte dem Schatten hinterher. „So warte doch Jamie!!!“ Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, rannte sie drauf los, wollte unbedingt Gewissheit haben ob es wirklich Jamie war den sie gesehen hatte. Aber was machte er denn an solch einen Ort hier? Das machte doch gar keinen Sinn. Doch sie kannte sonst niemanden, der so unsicher lief und jedes Mal den Anschein erweckte, er würde über seine eigenen Füße stolpern. Als Rumiko um die Ecke geeilt war, hoffte sie endlich Jamie zu sehen, doch stattdessen stieß sie auf Rem, die in ihrer ganzen unmenschlichen Erscheinung auf sie zugeflogen kam und sie mit ihren gruseligen Augen anstarrte. „Ich habe Akito gefunden. Folge mir.“ Lieber wäre Rumiko einfach weitergelaufen um nach Jamie zu suchen aber diese andere Stimme in ihr sagte, dass alles nur Hirngespinste sei und da hatte sie recht. Was sollte Jamie an solch einen furchtbaren Ort machen und nach all den Jahren wäre er doch sicher kein Kind mehr. Vielleicht fing sie an endgültig durchzudrehen, die letzten Tage waren aber auch ziemlich nervenaufreibend gewesen. Also entschied sie sich dem Shinigami zu folgen und wurde direkt von einer Gewehrsalve in Empfang genommen. Leider bot der Shinigami keinen guten Schutzschild da die Kugeln einfach durch ihn hindurch gingen so als wäre er bloß nur eine Projektion. Rumiko sprang zur Seite, reagierte jedoch zu spät und spürte einen rasenden Schmerz in der linken Schulter. Ein glatter Durchschuss, Rumiko spürte wie das Blut aus ihrer Wunde floss und ihr Hemd sich rot färbte. Sie biss die Zähne zusammen und schoss. Als kein Gegenfeuer kam, stand sie auf und presste eine Hand auf die Stelle. „Das versaut mir noch den ganzen Tag.“ Sie ignorierte den Schmerz und folgte Rem zu einer schweren Eisentür mit Gitter. Sie war sehr solide aber Rumiko hatte schon mit so etwas gerechnet und holte einen Dietrich aus ihrer Tasche. Sie konnte den Arm kaum heben und der Schmerz schien sich im ganzen Körper auszubreiten. Wie konnte sie sich nur von einem Hirngespinst derart verunsichern lassen, dass sie sich auch noch anschießen ließ? Mein Gott was war bloß mit ihr los? Sie konnte sich doch nicht derart verunsichern lassen, das passte eigentlich nicht zu ihr. Aber dafür würde sie ihre Wut schon an dieser kleinen Heulsuse auslassen, darauf konnte der sich schon mal gefasst machen. Nur wegen ihn hatte sie so einen Ärger. Als sie endlich die Tür aufgebrochen und sie geöffnet hatte, betrat sie einen Raum, der irgendwie wie eine Gefängniszelle ohne Türen erinnerte. Es gab nichts außer einem alten Bett und dann sah sie Akito. Weinend kauerte er in einer Ecke und als Rumiko die Fußfessel sah, wurde ihr mit einem Male schlecht. Die Erinnerung an damals kam ihr wieder hoch und ihr wurde schwindelig. Sie musste sich zusammenreißen um nicht noch zu kotzen sondern ging direkt zu Akito und packte ihn grob am Arm. Dieser erschreckte ziemlich als er den Griff spürte doch als er Rumiko sah, war er erleichtert. „Rumiko, du bist es! Wo sind denn Mama und Onii-chan!“ „Klappe halten!“ rief die 26-jährige gereizt und riss den Jungen hoch, dem der Griff weh tat und er „Aua“ rief. In Rumikos Adern brannte es regelrecht vor Mordlust, sie wollte das Kind leiden sehen und ihre Wut an ihm auslassen. Warum sollte sie diesen Drang weiter zurückhalten, wenn er bereits bis in die Fingerspitzen zu spüren war? Sie holte ein Messer raus, holte aus um mit tödlicher Präzision die Klinge in den Körper dieses Kindes zu stoßen. Doch dann hielt sie etwas zurück. „Was zum Teufel…“ „Ich lass nicht zu dass du ihm wehtust!“ Sie war es wieder diese schwächliche Seite in ihr, die sie immer wieder aufzuhalten versuchte und die sie einfach nicht loswerden konnte. Warum ausgerechnet jetzt leistete sie Widerstand? Jahrelang hatte Rumiko gemordet, betrogen und verletzt, warum also ausgerechnet jetzt? Um sie schien sich alles zu drehen und sie ließ das Messer fallen. Für kurze Zeit schien ihre Sicht ein wenig ihre Sicht zu verschwimmen und wieder hatte sie das Bild ihres kleinen Bruders vor Augen, im Alter von 8 Jahren mit zerrissener dreckiger Kleidung mit einer Fußfessel am Bett gekettet. Nein, das konnte es doch nicht sein… das war doch nicht wahr! Aber die Erinnerung an damals war untrüglich. Es war ihr Bruder gewesen, verstört auf dem Bett kauernd mit einer Fußfessel und Rumiko mit einer Axt in der Hand. Sie hatte in ihrer Verzweiflung die Kette durchtrennt und ihren Bruder gedrängt zu fliehen… Nein das stimmte nicht, sie hatte Beyond niemals geholfen. Sie war ein Monster und hatte ihn mit der Axt töten wollen. Aber das andere Ich in ihr sagte, dass es nicht wahr sei. Irgendwie war Rumiko völlig durcheinander und zu keiner Handlung fähig, da stand Akito auf und umarmte sie. In diesem Moment wurde alles um Rumiko dunkel und sie hatte das Gefühl in eine andere Welt einzutauchen. Als sie wieder zu sich kam, befand sie sich in der Dunkelheit die sie aus ihren Träumen her kannte. Warum war sie jetzt hier und wie war das möglich? Normalerweise geschah das doch nur im Schlaf und nicht tagsüber. Und eigentlich war sie immer der grausame Part gewesen, ihr 26-jähriges Ich welches keine anderen Emotionen außer Neid, Wut und Hass kannte. Doch nun war es anders: Sie war wieder das kleine Kind von früher, ängstlich, hilflos und schwach. Um sie herum gab es nichts außer der endlosen Dunkelheit, sie war dieses Mal ganz alleine… Niemand war hier bei ihr, weder ihr böses Ich, noch Beyond oder Jamie. Warum sollten Beyond oder Jamie auch hier sein? Jamie würde sie niemals finden und eigentlich sollte sie endlich die Hoffnung aufgeben ihn jemals zu finden und Beyond…. Er hasste sie abgrundtief für das, was sie ihm angetan hatte. Sie hatte es doch so gewollt und vielleicht war es ja besser für immer alleine in der Dunkelheit zu bleiben. So konnte sie wenigstens keiner mehr verletzen und sie brachte niemanden in Gefahr, der ihr nahe stand. Aber einsam zu sein war auch ein schreckliches Gefühl… Doch plötzlich erschien etwas vom ebenso finsteren Himmel her, ein gleißend helles Licht, beinahe so leuchtend wie die Sonne doch es blendete sie nicht. Was zum Teufel suchte dieses Licht hier in dieser ewigen Dunkelheit und warum blendete es sie nicht. „Wer bist du?“ fragte sie und wich einen Schritt zurück. „Bist du ein Engel? Bist du Gott?“ „Ich bin ein Freund“ antwortete die Gestalt im Licht und kam langsam auf sie herab. Rumiko verspürte Angst weil sie noch nie jemanden außer sich selbst in diese Welt gelassen hatte und nicht wusste, wie diese Lichtgestalt hierher gekommen war. „Warum blendet mich dieses Licht nicht?“ „Weil unsere Augen nur das äußere Licht nicht anschauen können. Doch das Licht unserer Herzen kann noch so hell strahlen, es blendet uns nicht.“ Sollte das etwa heißen dass diese Gestalt etwa das Licht eines anderen Herzens war? Es war unglaublich hell und groß und es strahlte etwas aus, was Rumiko ein Gefühl der Glückseligkeit und Geborgenheit gab. Ein Gefühl, welches sie fast vergessen hätte, so lange hatte sie bereits in der Dunkelheit zugebracht. „Habe ich auch so ein Licht in meinem Herzen?“ „Das hast du“ antwortete die warmherzige Stimme. „Und ich habe sie gesehen als du dich an dein Versprechen erinnert hast, welches du bis heute niemals gebrochen hast. Dass du die beschützt, die du über alles liebst selbst wenn du für immer alleine in der Dunkelheit bleiben musst. Aber die Dunkelheit in dir wurde immer größer und hat dich eingesperrt sodass dein eigenes Licht immer kleiner wurde. Aber jetzt habe ich es gesehen und wenn du dich der Dunkelheit widersetzt, ist dein eigenes Licht stärker als du es dir vorstellen kannst.“ Als es nahe genug war, sah Rumiko eine kleine Hand, die ihr gereicht wurde. Eine Kinderhand… In dem Moment glaubte sie für einen kurzen Augenblick Jamie zu sehen und zunächst zögerte sie, doch dann nahm sie die Hand und sie spürte wie sie aus dieser tiefen Dunkelheit gezogen wurde, sah das Ende ihres Gefängnisses doch dann wurde sie am anderen Arm gepackt und sah dass es ihr 26-jähriges Ich war. „Willst du mich etwa alleine lassen du verlogenes Ding? Ich war es die dich stark gemacht hat, vergiss das nicht!!!“ „Lass dich nicht von ihr täuschen Rumiko, sieh genauer hin“ rief das Licht und mit einem Male sah Rumiko endlich klar. Sah dass die Frau, die ihr eigenes Ich sein sollte immer mehr einem widerlichen Monster wich mit scharfen Zähnen, leuchtenden Augen und skelettartigen Knochenhänden mit rasiermesserscharfen Krallen. Das war es also, das Monster welches sie jahrelang gequält und kontrolliert hatte. Zunächst hatte Rumiko schreckliche Angst vor diesem Ungeheuer doch dann erinnerte sie sich an Jamie, ihr Versprechen dass sie Beyond gegeben hatte als sie beide noch klein waren und stieß den Shinigami mit einem wütenden Schrei von sich. „Ich lass ich nicht mehr von dir kontrollieren du Monster! Verschwinde aus meinem Leben!!!“ Mit einem markerschütternden Brüllen stürzte der Shinigami in die Dunkelheit und verschwand. Auf einmal fühlte Rumiko tiefe Erleichterung und ließ sich wieder zurückführen. Sie hatte endlich den Shinigami in ihr besiegen können. Als Rumiko wieder die Augen öffnete, befand sie sich wieder in dieser Zelle. Akito hatte sie fest in seine kleinen Arme geschlossen und schien zu weinen. In diesem Moment packte auch Rumiko all ihre aufgestauten Gefühle und sie erwiderte die Umarmung, vergoss unzählige Tränen und fühlte sich auf einmal so glücklich wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Sie war endlich wieder diejenige, die sie vor so vielen Jahren gewesen war. „Ist schon gut mein Kleiner, ich werde dich hier rausholen.“ Mit drei Schüssen konnte sie die Kette durchtrennen, steckte die Waffe wieder ein und nahm den geschwächten 6-jährigen auf die Arme, dann eilte sie so schnell sie konnte aus dem Zimmer und den Gang entlang. Sie musste so schnell wie möglich das Kind in Sicherheit bringen und zu Beyond gehen. Bevor alles vorbei war, musste sie ihn unbedingt sprechen, koste es was es wolle. Der Schmerz in ihrer Schulter verschlimmerte sich doch es war ihr einfach nur noch egal. Sie rannte und rannte und hörte Rufe von hinten, Schüsse fielen und schließlich traf sie einer in den rechten Oberschenkel. Ihr war als würde ihr jemand das Bein ausreißen und kurz darauf traf sie ein weiterer Schuss in den Rücken. Rumiko schrie vor Schmerz auf, kämpfte mit ihrem Körper und rannte weiter. Sie musste es Beyond sagen. Bevor alles endgültig vorbei war, musste sie ihm das sagen, was sie ihm schon vor Jahren sagen wollte. Um Rebirth drehte sich immer noch alles, als er sich auf die Suche nach Rumiko machte und um eine Ecke bog. Dass jemand hinter der Tür auf ihn lauerte, hatte er nicht kommen sehen und war noch schnell genug aus seiner Ohnmacht durch den Schlag auf den Hinterkopf aufgewacht um sein endgültiges Todesurteil abzuwenden und seine Angreifer mit gezielten Kopfschüssen zu töten. So etwas durfte ihm nicht noch einmal passieren. Er hielt bei der Stelle an, wo er sich von Rumiko getrennt hatte und versuchte Kontakt über Funk aufzunehmen, doch sie antwortete nicht. Sie musste schon auf den Weg sein um Akito zu befreien. Das Beste war, sich so schnell wie möglich auf den Weg zu machen und schlimmstenfalls zu verhindern, dass sie dem Ärmsten noch etwas antat. Er rannte den gang entlang und sah plötzlich kleine dunkle Flecken auf dem Boden. Rumiko schien offensichtlich angeschossen worden zu sein und da wollte Rebirth lieber nicht daran denken, was sie mit dem Kleinen noch anstellen würde. Klar war, dass er sich ganz schön beeilen musste um das Schlimmste zu verhindern. „Rumiko“, rief er durchs Funkgerät „verdammt noch mal antworte bitte.“ Endlich kam eine Antwort, doch irgendwie kam nur ein lautes Atmen und gequältes Stöhnen heraus. Es klang so als würde sie schreckliche Schmerzen haben. Großer Gott was passierte da nur mit ihr? Zum ersten Mal machte er sich richtig Sorgen um Rumiko. Schließlich bog er um eine Ecke und wäre fast in sie hineingelaufen. Irgendetwas war anders an ihr als sonst, das sah er sofort. Sie hatte ein gequältes Gesicht, Blut lief an ihrem Arm und Bein herunter und sie trug Akito auf dem Arm, der anscheinend weggetreten war. „Was ist mit ihm?“ „Ihm geht es gut, mach nur dass ihr so schnell wie möglich hier rauskommt bevor noch mehr Soldaten kommen.“ „Und was ist mit dir?“ fragte Rebirth und nahm den 6-jährigen entgegen. „Mach dir keine Gedanken um mich, sorg lieber dafür dass du dich in Sicherheit bringst. Und Rebirth…“ Sie humpelte auf ihn zu und umarmte ihn plötzlich. „Es tut mir leid was ich dir angetan habe. Es tut mir so schrecklich leid.“ Jetzt war Rebirth vollkommen irritiert. Was zum Teufel war mit Rumiko passiert? Sie war wie ausgewechselt und wenn er sie so ansah könnte man glauben, dass sie ein Kind war im Körper einer Erwachsenen. „Nun mach schon“ drängte Rumiko ihn. „Verschwinde endlich bevor es zu spät ist.“ „Okay… Lebwohl Rumiko.“ Mit diesen Worten drehte sich Rebirth um und eilte zurück in Richtung Eingangstor, wo Misa auf ihr Kind wartete. Ihm beschlich das Gefühl dass es das letzte Mal sein würde, dass er Rumiko sah… und es machte ihn auf eine seltsame Art und Weise sehr traurig. Kapitel 17: Schuld ------------------ Mello und Beyond waren jetzt auf den Weg zur dritten Ebene und hatten soeben erfahren, dass Rebirth zusammen mit Akito und Misa auf dem Weg zum ersten Zielort war um den Wagen zu wechseln und dass Rumiko offensichtlich verletzt worden war. „Sie benimmt sich total merkwürdig. Sie hat mich in den Arm genommen und gesagt es täte ihr leid was sie getan hat.“ Das war wirklich äußerst merkwürdig, musste Mello zugeben doch er hatte jetzt nicht die Zeit um sich darum zu kümmern. Er stand jetzt so kurz davor Kira zu kriegen und Rache zu üben, da konnte er sich nicht aufhalten lassen. Dicht hinter ihm war Beyond, der ihm Rückendeckung gab während sie durch das verwirrende Labyrinth aus gleich aussehenden Gängen rannten. Zum Glück hatte Rebirth seine Aufgabe gut gemeistert und mit Matts Unterstützung war es kein großes Problem, sich im Kiratempel zurecht zu finden. Aber was Rumiko betraf, so wollte er sich selbst noch mal überzeugen, dass es ihr gut ging oder zumindest noch lebte. Beyond übernahm die Kontaktaufnahme und schaltete das Funkgerät lauter um besser verstehen zu können. „Rumiko, alles klar bei dir?“ Doch es kam nur ein lautes Atmen und es schien so als hatte Rumiko Schwierigkeiten Luft zu holen und Schmerzen litt. „Rumiko, antworte bitte.“ „Ich komme nach. Aber bitte komm sofort wenn ich deine Unterstützung brauche.“ Das klang nicht nach der Rumiko, die Beyond sonst kannte. Es hörte sich so an als würde sie vor Schmerz weinen und als er ihren Schrei hörte, fuhr es ihm eiskalt den Rücken runter. Er erinnerte sich an damals, als sie noch Kinder waren. Rumiko hatte ihn aus dem Zimmer gezerrt und in den Geräteschuppen versteckt. Sie hatte ihn in den Arm genommen, geweint und ihm gesagt dass sie auf ihn aufpassen werde, egal was passiert. Dann war sie gegangen und später hatte er nur noch ihre Schreie gehört. Für ihn gab es damals nichts Schlimmeres als sie schreien zu hören aber war nicht in der Lage gewesen etwas dagegen zu tun. Er blieb stehen und fühlte einen Stich in seiner Brust. Etwas in ihm sagte, dass er zu ihr gehen sollte. „Mello, schaffst du es ohne mich weiter?“ Nun blieb auch Mello stehen und sah ihn ernst aber auch mitfühlend an. „Du willst zu ihr nicht wahr? Dann geh und sprich mit ihr. Ich krieg die letzten paar Meter schon alleine hin.“ So ging jeder seinen Weg und Mello stieg alleine in den Fahrstuhl um in die unterste Ebene zu gelangen. Beyond sah ihm nach so als hätte er das Gefühl, Mello würde zu seiner eigenen Hinrichtung gehen. Dann aber wandte er sich um und eilte wieder zurück um seine Adoptivschwester zu sehen. „Rumiko, ich brauche deine Position!“ „Ich stehe am Fahrstuhl.“ Sie war völlig erschöpft, so viel konnte Beyond heraushören und er beeilte sich zum Fahrstuhl zu kommen und merkte langsam aber sicher, dass ihm seine Kondition flöten ging. Er hätte mehr Sport treiben sollen, dann wäre er jetzt nicht so außer Atem. Aber stehe bleiben konnte er später noch, jetzt musste er nur noch zum Fahrstuhl. Zwar wusste er wie er laufen musste, aber ihm war so als würde er ziellos umher irren und dass der Weg niemals endete. Doch schließlich erreichte er nach einer Abzweigung den Fahrstuhl und fuhr hoch ins obere Stockwerk. Als die Tür offen ging, glaubte er seinen Augen nicht trauen zu können. Einige Meter von ihm entfernt kam Rumiko auf ihn zu, das Gesicht vor Schmerz verzerrt und mit Tränen in den Augen, das verletzte Bein nachziehend und an der Wand abstützend. Sie bot einen furchtbaren Anblick und Beyond konnte es einfach nicht fassen. Als ihr Fußknöchel umknickte und drohte zu Boden zu stürzen, fing Beyond sie auf und half ihr sich zu setzen, den Rücken zur Wand gelehnt. Mit glänzenden Augen sah sie ihn an und Beyond glaubte den seinen nicht trauen zu können. Er konnte Rumikos Lebenszeit erkennen. Wie zum Teufel war das möglich? Shinigami-Kinder hatten doch normalerweise eine Verbindung zur anderen Seite und aufgrund ihrer unmenschlichen DNA wurde ihre Lebenszeit nicht angezeigt. Aber das war nicht das einzige, was ihn derart verwunderte. Rumikos Augen hatten sich verändert. Sie waren glitzernd blau wie die Meeresoberfläche, die von der Sonne angestrahlt wurde. Diese Augen hatte er zuletzt bei ihr gesehen, bevor Jamie verschwunden war. Sie war wieder die Rumiko, auf die er so lange gewartet hatte… seine große Schwester. Erschöpft lächelte sie und rieb sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Danke dass du gekommen bist.“ „Rumiko, was ist denn mit dir passiert?“ „Ich habe es endlich geschafft die Dunkelheit in meinem Herzen zu bezwingen und ich weiß dass es eigentlich zu spät für so etwas ist aber ich wollte mich entschuldigen. Es tut mir leid für all das was passiert ist. Was dir alles angetan wurde und dass ich nicht in der Lage war dich zu beschützen. Einfach alles was ich getan habe tut mir so leid.“ Sie brach in Tränen aus und schien tiefe Reue zu empfinden. Irgendetwas in ihr war zurückgekehrt, das sie wieder zu einem Menschen machte doch Beyond wurde ebenfalls von seinen Gefühlen überwältigt und entgegnete in einem anklagendem Ton „Du hast dich doch niemals um mich gekümmert oder sonst irgendetwas getan. Du hast unsere Eltern getötet und bist einfach abgehauen und du wolltest mich umbringen.“ „Nein“ rief Rumiko und verbarg ihr Gesicht hinter ihren blutverschmierten Händen. „Ich habe dich niemals im Stich gelassen. Ich habe doch alles getan um dich zu beschützen. Vor Mum, Dad und sogar vor mir. Kannst du dich denn immer noch nicht erinnern?“ Jetzt wo Rumiko es sagte…. Beyond war schon öfter aufgefallen dass es in seiner Kindheit sehr viele Erinnerungslücken gab aber er hatte sich nie darum gekümmert. Besonders von seinem Vater und von Rumiko hatte er kaum Erinnerungen. „Was ist damals passiert?“ Es fiel Rumiko sehr schwer zu sagen was ihr auf der Seele lastete aus Angst, es könnte Beyond für immer verändern, doch dann entschied sie sich anders. „Dad hat dir sehr schlimme Dinge angetan, noch viel schlimmer als das Schlagen. Er hat dich ans Fußende eines Bettes gekettet oder in den Keller gesperrt. Ich habe versucht dass das alles ein Ende findet und habe die Kette mit dem Beil zertrennt, dir durchs Kellerfenster alles Nötige zugeschoben und versucht dich von zuhause wegzuschaffen doch dann bist du so schlimm gestürzt dass du eine Amnesie erlitten hast. Du hattest fast gar keine Erinnerungen mehr an mich oder Dad, alles was dir von mir geblieben ist, sind nur Fragmente, die über all die Jahre falsch verstanden worden sind. Du hast geglaubt ich würde dir etwas Böses wollen und da du dich auch nicht an diese schrecklichen Dinge erinnern konntest hielt ich es für besser, dass du dich auch niemals wieder erinnern wirst.“ Langsam dämmerte es Beyond wieder und all diese grausamen Bilder kamen wieder hoch. Seine Nächte in diesem dunklen eiskalten Keller, als sein Vater ihm diese unsagbaren Dinge angetan hat… Das alles hatte er vergessen? „Was hast du getan?“ „Ich habe deine Tagebücher, Zeichnungen und Notizen gestohlen und mit Jamies Hilfe in der Hütte am See versteckt. Ich wusste es war das Beste, wenn du dich niemals wieder erinnerst und während ich für dich die böse Schwester war, habe ich versucht dir noch einmal so eine Tortur zu ersparen. Ich habe dir gedroht, dich eingesperrt und eingeschüchtert damit du bloß auf mich hörst und Dad nicht zu nahe kommst. Dafür nahm ich es in Kauf, von Dad geschlagen zu werden.“ Beyond konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten und konnte einfach nicht glauben was er da gerade gehört hatte. Die ganzen Jahre über hatte er geglaubt dass Rumiko ihn im Stich gelassen hatte aber in Wirklichkeit hatte sie ihn niemals alleine gelassen. Sie hatte in der Schule die Schuld auf sich genommen wenn er etwas angestellt hatte, sie hat ihn aus dem Zimmer befreit und vor seinem Vater versteckt und dafür selbst den Kopf hinzuhalten. „Als ich zwei Tage in dieser Kiste eingesperrt war, habe ich zum ersten Mal die Stimme des Shinigami gehört. Er sagte dass ich dich nur beschützen könne wenn ich stärker werde. Wenn ich stark genug gewesen wäre, dann hätte ich auch Jamie beschützen können.“ Rumikos Atem wurde flacher und sie verlor zusehends an Kraft, doch sie sprach unbeirrt weiter. „Als Dad dir wieder etwas antun wollte, habe ich die Waffe genommen und ihn erschossen. Ab diesem Zeitpunkt fiel es mir immer schwerer meine Wut und meinen Hass unter Kontrolle zu halten und ich verlor auch die Kontrolle über mich selbst. Der Shinigami in mir wurde immer stärker und mir war es wert alles zu tun um zu verhindern dass du noch einmal diesen Alptraum durchstehen musstest. Und was Mum betrifft, so kannten wir sie beide nicht gut genug. Sie hatte vor uns irgendwo hinzubringen und zu töten. Das habe ich mitangehört und die Zugfahrt sollte unsere letzte sein. Ich wollte nicht sterben und ich wollte auch nicht dass du stirbst, also habe ich sie vor den Zug gestoßen. Aber dann habe ich wieder die Kontrolle über mich selbst verloren und bin erst wieder zu mir gekommen als du schon bewusstlos am Boden lagst. Mir wurde klar dass ich für immer aus deinem Leben verschwinden musste bevor ich dich noch töten würde. Ich wollte dass du mich von tiefstem Herzen hasst damit du versuchst mich zu töten bevor ich es noch tue. Aber diese Einsamkeit ist unerträglich geworden und ich habe dich so sehr vermisst. Ich verlange nicht dass du mir verzeihst was ich dir und Rebirth in den letzten Jahren angetan habe. Ich wollte mich wenigstens noch entschuldigen bevor ich nicht mehr die Gelegenheit dazu habe.“ Beyond fühlte sich schrecklich als er hörte was seine Adoptivschwester für ihn getan hatte, was sie für ihn aufgegeben hatte. Jahrelang hatte er sie als gewissenloses Monster beschimpft, sie immer nur als geisteskranke wie sadistische Mörderin angesehen doch dabei hatte er ihr so viel Unrecht angetan. Er konnte sich einfach nicht mehr zurückhalten und nahm Rumiko in den Arm, presste sie fest an sich und vergoss Tränen, die er so lange zurückgehalten hatte. Er spürte ihren Schmerz, konnte verstehen wie sehr sie ihre Schuldgefühle zerfressen hatten und einsam geweint hatte. Nun weinte er mit ihr, streichelte sanft ihren Kopf und wünschte sich einfach nur noch, dass er nicht so dumm gewesen wäre und seine Schwester gekannt hätte. „Gib dir bitte nicht die Schuld“ meinte Rumiko schließlich so als wüsste sie was er denken und fühlen würde. „Ich habe mich selbst für diesen Weg entschieden, es war mein freier Wille. Ich bin dankbar, dass ich noch mal die Chance dazu bekomme, dir das alles zu erzählen.“ Mit diesen Worten gab Rumiko ihrem Bruder einen geschwisterlichen Kuss auf die Wange und sah ihn mit solch liebevollen Augen an, dass es ihm beinahe das Herz zerriss. „Ich habe dich sehr lieb kleiner Bruder und es wird sich auch nie etwas daran ändern, egal was auch kommt und ich wäre bereit noch mehr auf mich zu nehmen damit ich weiß dass es dir gut geht.“ Langsam ging Rumiko die letzten Kraftreserven aus und ihre Augen wurden glasig. Beyond wusste, dass sie zu viel Blut verloren hatte und nicht mehr lange durchhalten würde. Doch er konnte es nicht akzeptieren, er konnte sie nicht gehen lassen. Er wollte Wiedergutmachung leisten für all das, was sie ihm seinetwegen ertragen hatte und fand es einfach nur ungerecht, dass er nicht mal die Chance bekam, den Schaden wieder gut zu machen. Aber zumindest wollte er ihr zeigen, dass sie nicht alleine war, dass jemand um sie weinen würde wenn sie starb. „Ich liebe dich auch Rumiko. Ich danke dir von Herzen für all das, was du für mich getan hast und es tut mir leid dass ich niemals die Chance bekam dir zu helfen.“ „Du hast mir doch schon meinen größten Wunsch erfüllt“ entgegnete Rumiko mit einem glücklichen Lächeln. „Ich bekomme meinen größten Wunsch erfüllt, dass ich nicht einsam sterben muss., nur das ist es was ich mir selbst gewünscht habe.“ „Und ich werde dich nie wieder alleine lassen. Das verspreche ich dir.“ Mit Tränen in den Augen sprach Beyond sein letztes Versprechen an Rumiko aus und schloss sie ein letztes Mal in die Arme, spürte die vergessene Wärme in ihr, die ihm als Kind das Gefühl der Geborgenheit gegeben hatte. Doch dann spürte er wie das Leben aus ihren schönen und doch zerbrechlichen Körper wich, ihre Muskeln erschlafften und ihr Blick wurde leer. Als er sie ansah, sah er dass sie mit einem Lächeln ihr Leben aushauchte. Sie war glücklich gestorben doch Beyond fühlte sich so schrecklich wie nie zuvor, hatte das Gefühl dass alles nur seine Schuld sei und ein Schrei der Verzweiflung und der Trauer erfüllte den Kiratempel. Mello hatte den Fahrstuhl betreten und fuhr nun hinunter in die letzte Ebene „Matt, wie sieht es mit der letzten Ebene aus?“ „Die ist eigentlich ein Witz im Vergleich zur ersten und zweiten. Es gibt einen riesigen Raum, der anscheinend Kiras Thronsaal ist. Anscheinend ist nur Kira dort aber unten wird noch mal ein Empfangskomitee auf dich warten. Pass also gut auf dich auf.“ Bis jetzt war es wirklich ein schwerer Weg gewesen und Mello konnte gar nicht mehr zählen wie viele Soldaten er eigentlich erschossen hatte. Wie viele hatte Kira noch zu seinem Schutz hier? „Wie viele sind es ungefähr?“ „Ein halbes Dutzend. Ich werde versuchen über den Alarm ein Ablenkungsmanöver zu starten, allerdings kann ich nichts versprechen.“ Der Fahrstuhl fuhr immer noch nach unten und Mello begann sich zu fragen, wie tief er eigentlich ging. Um die hundert Meter dürfte es schon sein und wenn er erst einmal unten war, gab es weder für ihn noch für Kira kein Entkommen mehr. Den Fluchtweg hatte Matt dank eines neuen Passwortes versperrt und nun saß Kira in der Falle. Hier würde die endgültige Entscheidung fallen und Mello begann zu überlegen ob er nicht vielleicht das Death Note benutzen sollte, welches Misa ihm gegeben hatte. Nein, dazu bräuchte er das Shinigami-Augenlicht und nachdem was er von Rumiko, Beyond und Rebirth gehört hatte, würde es mehr eine Strafe fürs Leben sein als eine Gabe. Darauf verzichtete er lieber. Er versuchte noch mal zur Sicherheit Kontakt zu Beyond aufzunehmen doch er ging nicht an sein Funkgerät. „Matt, wie sieht die Lage bei Beyond und Rumiko aus?“ „Schlecht, anscheinend hatten die beiden ein sehr herzergreifendes versöhnendes Gespräch. Rumiko ist anscheinend mehrmals angeschossen worden und ist gestorben. Beyond ist völlig aufgelöst. Ich glaube nicht dass er noch mal nachkommen kann.“ So war das also, Rumiko war tot… Es fiel Mello schwer, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen denn in seinen Augen war Rumiko immer so stark gewesen und hatte den Eindruck erweckt, unverwüstlich zu sein. Doch irgendetwas war passiert, dass sie einfach nicht mehr richtig kämpfen konnte und dafür mit dem Leben bezahlen musste. Die Fahrstuhltür wurde geöffnet und kaum war Mello raus, empfing ihn eine Gewehrsalve und er ging schnell in Deckung. So ein Mist, dachte er und holte eine Granate raus. Die hatten ihm gerade noch gefehlt und hätte er nicht schnell genug reagiert, dann wäre er durchlöchert worden wie ein Sieb. Er zog den Stift der Granate, zählte die Zeit ab und warf sie in Richtung der Soldaten. Eine Explosion ließ den Gang erschüttern und Staub rieselte von oben herunter, doch sonst passierte nichts. Schnell eilte er nach links und stand schließlich vor einer Stahltür, die mit Kamera und einem Tastenfeld versehen war. Er sah in die Kamera wohl wissend dass Matt ihn auf dem Bildschirm hatte. „Gib eine beliebige Kombination ein, dann wird die Tür schon öffnen.“ „Du bist der Experte“ antwortete Mello und gab die Zahlen 1, 5, 7 und 9 ein. Tatsächlich öffnete die Tür und als Mello hindurch war, erstreckte sich vor ihm ein riesiger Raum, schon beinahe eine unterirdische Halle. Zu seinem Weg säumten sich Engelsstatuen und am Ende der Halle war eine riesige Marmorfigur gemeißelt, die wahrscheinlich eine Gottesfigur darstellen sollte. Vor dieser Statue saß jemand auf einen Thron und schon von weitem konnte Mello erkennen, dass es Kira war. Tatsächlich sah Akito seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten aus und vom Alter schien er ungefähr 23 bis 24 Jahre alt zu sein. Aber… das würde ja bedeuten dass Kira zu seiner Anfangszeit noch Schüler war. Mello hielt seine Waffe bereit und kam näher, Light Yagami saß ruhig wie ein Monument da und sah etwas herablassend auf Mello herab. „Schön dich zu sehen Light Yagami, oder soll ich dich Kira nennen?“ „Zuerst würde ich gerne wissen wer du bist. Gehörst du zu den Rebellen oder etwa zu den Terroristen?“ Mello lachte verächtlich und musste sich zusammenreißen, diesen Mistkerl nicht auf der Stelle zu erschießen. „Oh nein, ich gehöre zu einer Gruppe von Waisenkindern, die du auf dem Gewissen hast. Du hast das Waisenhaus in Winchester niedergebrannt und mehr als 50 Kinder auf dem Gewissen.“ Light schien sich zunächst nicht daran zu erinnern, doch dann half Mello ihn auf die Sprünge. „Diese Narbe hier habe ich dir und deinen Leuten zu verdanken. Falls du dich nicht erinnerst: Ich bin der letzte Nachfolger L’s!“ Dieser Name weckte alte Erinnerungen in den beiden und Light dachte erst er hätte sich verhört. Er war sich doch sicher gewesen dass auch der letzte potentielle Nachfolger L’s beseitigt worden war und plötzlich stand da jemand vor ihm der ihm offenbarte, den Brand überlebt zu haben. Nun kam Mello auf ihn zu und als er dieses arrogante Gesicht sah, konnte er sich nicht mehr beherrschen und schlug mit der Faust zu. „Du Mistkerl hast unschuldige Kinder getötet und so etwas schimpft sich gerecht? Selbst dein eigenes Kind hast du für deine Zwecke benutzt du skrupelloser Psychopath, hast du denn überhaupt kein Gewissen? Hat es sich toll angefühlt so viele Menschen umzubringen, Frauen wie auch Kinder? Du bist nicht besser als diese dreckigen Massenmörder.“ Doch Light schien keinerlei Reue zu zeigen und hatte immer noch diese selbstgerechte Haltung. Er begann von einer gerechten Welt zu erzählen, dass Opfer gebracht werden sollten und dem Traum von einer perfekten Welt. Was für ein selbstgerechter Wahnsinniger da doch vor ihm stand. Äußerlich absolut korrekt und der perfekte Sohn/ Schwiegersohn den man sich wünschen konnte aber innerlich hatte er echt nicht mehr alle Latten am Zaun. Der Kerl war der wohl schlimmste Größenwahnsinnige seit Jahrzehnten. So etwas konnten doch nur noch Hitler, Stalin und Mao Zedong übertreffen aber sicher hatten die nicht im Alter von 17 Jahren mehrere hundert Menschen getötet. Wahrscheinlich hatte Kira sogar mehr Menschen auf dem Gewissen… Dieser Typ verdiente es zu sterben. Man sollte ihn in aller Öffentlichkeit demütigen und hinrichten lassen, damit er lernte was Qualen bedeuten. Doch dann musste er an Misa und Akito denken. Was würden sie wohl denken und fühlen wenn sie so etwas sahen? Wahrscheinlich würde Akito das niemals verkraften können wenn er sah, was sein Vater erdulden würde. Nein, Kira durfte diesen Tempel nicht lebend verlassen. „Du hast gar keine Ahnung was du eigentlich angerichtet hast. Du hast einen Sohn der dich liebt und alles tun würde damit du ihn auch liebst und Misa würde alles für dich tun. Deine Freunde hast du verraten wie auch deine Familie… Du hast keine Skrupel davor schutzlose Waisenkinder lebendig verbrennen zu lassen und dein Kind aus dem Krankenhaus zu entführen und hier einzusperren.“ Mello verlor endgültig die Beherrschung als er Nears Bild unter den Trümmern vor Augen hatte und begann auf Kira einzuprügeln. All sein Hass, seine Trauer und sein Schmerz kamen wieder hoch und mit jedem Faustschlag musste er an die Angst denken, die er als 14-jähriger in diesem brennenden Gebäude gehabt hatte und die Schmerzen als er bis zum Zusammenbrechen an seinem Körper gearbeitet hatte. Es gab keinen Knochen, der noch nicht einmal gebrochen gewesen war und Blut hatte er gespuckt… Er konnte nicht mehr zählen wie oft er auf Light eingeschlagen hatte, als er wieder bei Sinnen war, fiel der 24-jährige zu Boden und rührte sich nicht mehr. Mello kniete sich hin und überprüfte seinen Puls. Nichts… er war tot. Er hatte Kira zu Tode geschlagen. Als er das Blut an seinen Händen sah, wurde ihm bewusst dass er auf einer gewissen Art und Weise nicht besser war als Kira und fühlte sich nicht erleichtert, dass er Rache genommen hatte sondern einfach nur wie ein dreckiger Verbrecher. Als er Kira da blutüberströmt da liegen sah… tot und völlig machtlos, da sah er wirklich wie ein harmloser normaler Mensch aus und Mello begann sich zu fragen, ob es das Richtige war, was er getan hatte und ob er selbst nicht rein egoistisch und selbstgerecht gehandelt hatte so wie Kira. Kapitel 18: Erinnerung ---------------------- Die Nachricht über den Tod von Kira verbreitete sich wie ein Lauffeuer über die ganze Welt und es gab ein ziemliches Durcheinander. Es gab Aufstände und viele glaubten an einen schlechten Scherz doch als nach und nach Kiras Machenschaften ans Tageslicht kamen, wandten immer mehr Leute Kira den Rücken zu und viele gaben zu dass sie sich nur aus Angst Kira angeschlossen hatten. Niemals erfuhr man, wer hinter Kiras Ermordung steckte. Die eine Gruppe jubelte die Mörder als Helden und Befreier der Welt, doch die andere Seite wollte blutige Rache. Was aus Misa und Akito geworden ist? Nach einer rasanten Autofahrt sind sie mit dem nächsten Flug nach England geflohen und begonnen nun ein ganz neues Leben. Akito nahm den Namen seiner Mutter an und wenige Zeit zog auch Rebirth hinzu. Doch etwas überschattete dieses Glück, nämlich Rumikos Tod. Beyond hielt es für das Beste, sie wieder in ihre alte Heimatstadt zu bringen und dort beerdigen zu lassen. Es war eine sehr kleine Trauerfeier aber wenigstens musste sie ihre letzte Reise nicht alleine antreten denn Matt, Mello, Rebirth, Akito, Misa und Beyond waren bei ihr und beteten, dass sie nun endlich in Frieden ruhen konnte. Ihr Wunsch, nicht alleine sterben zu müssen, war in Erfüllung gegangen und wenigstens das konnte Beyond noch für sie tun. Es regnete als sie zu Grabe getragen wurde und die Stimmung war sehr bedrückt. „Warum hast du sie unter einem anderen Namen beerdigen lassen?“ fragte Misa und las die Inschrift des Marmorgrabsteins mit dem kleinen Schmetterling darauf. Geschrieben stand „Rumiko Birthday- Was die Raupe das Ende der Welt nennt, ist für die Welt die Geburt von Gottes Schmetterling.“ geschrieben stand. Beyond rieb sich mit seinem Ärmel die Tränen aus den Augen und versuchte sich zusammenzureißen. „Weil ich sie als meine Schwester begraben wollte und nicht als eine Fremde. Ich bin mir sicher Rumiko hätte es auch so gewollt.“ Während ihres Aufenthalts sprachen sie viel miteinander, begannen zu überlegen wie sie ihre Zukunft gestalten sollten. Das Ziel war gewesen Kira zu stürzen und das war getan und jetzt musste niemand mehr Angst haben. Misa hatte sich dazu entschlossen, ihre Modelkarriere aufzugeben und sich auf das Singen zu konzentrieren während Akito das Leben eines relativ normalen Jungen genießen konnte. So hatte Misa auch viel mehr Zeit für ihn und wenn sie arbeiten war, kümmerte sich Rebirth um ihn, der in die Familie Amane aufgenommen worden war. Er begann mit dem Gedanken zu spielen, später Erzieher zu werden, da er Kinder über alles liebte und gerne in einer Kindertagesstätte arbeiten wollte. Mello und Matt hingegen hatten da anderes vor gehabt. Die Geschichte mit Rumiko und Beyond hatte sie nachdenklich gemacht was das Thema Familie betraf und hatten beschlossen, ihre eigene Vergangenheit zu klären. Mello wollte seine Schwester sprechen, die lange Zeit in einer Entzugsklinik oder im Gefängnis verbracht hatte und jetzt an AIDS erkrankt war und nicht mehr lange zu leben hatte. Matt, der als kleines Kind von zuhause weggelaufen war, wollte seine Eltern ein letztes Mal sprechen bevor er mit seinem besten Freund nach Schottland zurückkehrte, wo sie in dem neu aufgebauten Waisenhaus unterrichten wollten. Als die Abreise bevorstand, verkündete Beyond dass er hier bleiben würde und von dem Geld, was Rumiko ihm hinterlassen hatte, ein Haus kaufen und einen Laden eröffnen wollte. „Warum gehst du nicht mit uns?“ fragte Misa beim Kofferpacken und wollte gerade Akito etwas zum Frühstück machen, da antwortete Beyond schlicht und einfach „Ich habe meiner Schwester etwas versprochen, was ich gerne halten würde. Außerdem gibt es da noch etwas, was ich erledigen muss.“ Daraufhin versuchte niemand ihn weiterhin dazu zu drängen, mit nach Großbritannien zu fliegen und als sie alle abgereist waren, ging Beyond zu Rumikos Grab und legte ihr Lilien ans Grab. „Ich werde in die Hütte am See gehen und meine alten Tagebücher suchen. Du hast doch sicher nichts dagegen nicht wahr?“ Zwar wusste er dass er kaum eine Antwort erwarten konnte aber indem er am Grab zu ihr sprach, half es ihm ein Stück weit, ihren Tod zu verarbeiten. Rumikos Leben war wie eine rote Linie durch sein eigenes verlaufen und egal wie weit sie auch voneinander entfernt gewesen waren, egal wie sehr sie versucht hatten sich aus dem Weg zu gehen so war Rumiko tief im Inneren immer an seiner Seite gewesen und hat versucht ihm eine gute Schwester zu sein, auch wenn sie nicht seine leibliche war. Sie hatte in Kauf genommen, dass er sie in den letzten Jahren immer mehr gehasst und auch verletzt hat. Sie wollte ihn auf diese Weise vor dem mordlustigen Shinigami in ihr beschützen da sie selbst nichts auszurichten vermochte. Er konnte stolz sein solch eine selbstlose wie aufopfernde Schwester gehabt zu haben. Der Weg zur Hütte war nicht sehr weit und in den letzten 17 Jahren hatte sich hier nicht viel verändert. Wahrscheinlich lag es auch daran, dass das gesamte Grundstück Rumiko gehörte und sie es so behalten wollte wie in ihrer Erinnerung weil sie am See die schönste Zeit ihres Lebens verbracht hatte. Irgendwann endete der Weg und Beyond musste einen kleinen Hügel rauf. Früher hatte er zusammen mit Rumiko und Jamie selbst gebastelte Papierdrachen steigen lassen wenn es windig genug war oder die Wolken betrachtet. Manchmal waren sie auch bei Dunkelheit hierher gekommen um Glühwürmchen zu beobachten und die Grillen zirpen zu hören. Als Kinder kam ihnen dieser Hügel riesig vor aber jetzt kam er Beyond recht klein vor. Nachdem er die Spitze erreicht hatte, sah er den See umrahmt von hohem Schilf und genauso schön wie er ihn in Erinnerung hatte. Auf dem Wasser schwammen Enten und zwei Schwäne und er konnte das Quaken der Frösche und wunderschöne Zirpgeräusche hören. Soweit er richtig gehört hatte konnte man hier eigentlich prima angeln, vielleicht sollte er den See für Hobbyangler zugänglich machen und selbst mal damit anfangen wenn er die Sache mit seiner Ladenidee geregelt hatte. Er wollte einen kleinen Buchladen eröffnen mit einer gemütlichen Ecke zum Kaffeetrinken. In den letzten Jahren hatte sich in der Stadt selbst viel verändert, die Kinder konnten glücklich mit ihrer Familie leben und Beyond traf auch alte Bekannte von früher, die ihn recht herzlich in der Nachbarschaft aufgenommen haben und ihn bei der Ladeneröffnung helfen wollten. Nachdem herausgekommen war was in der Birthday-Familie, bei den Millers und bei vielen anderen überforderten Eltern passiert war, hatte man sich verstärkt darum bemüht den Kindern eine sichere Umgebung zu bieten damit so etwas nicht wieder vorkam. Etwas weiter entfernt vom See stand die Hütte, von der bis heute kaum einer wusste, warum sie da eigentlich stand. Die Fenster waren mit Brettern vernagelt worden und auch wenn sie recht alt war, so wirkte sie robust genug um noch mal 17 Jahre zu stehen. Als er die Tür öffnete, wehte ihm der modrige Geruch entgegen und er riss erst mal die Bretter ab damit frische Luft und auch Licht hereinkamen. Die Hütte bestand aus einem großen Raum mit verschiedenen Möbeln, unter anderem auch einen Schrank und eine Kiste. Moment mal… eine Kiste? Beyond ging zu ihr hin und öffnete sie. Sie war tatsächlich groß genug dass ein 9-jähriges Kind hineinpasste und dann sah er was er befürchtet hatte: Tiefe Kratzspuren im Holz und Spuren von eingetrocknetem Blut. Hier also war seine Schwester zwei Tage eingesperrt gewesen? Ein grausiger Gedanke, beinahe so als würde man lebendig begraben werden. Was sie da drin wohl für Ängste auszustehen gehabt hatte? Beyond wollte sich das am liebsten gar nicht vorstellen und begann sich auf die Suche nach seinen Tagebüchern zu machen. Bei dem Gerümpel würde es etwas dauern weil er Rumiko gut genug kannte dass sie im Verstecken von Dingen unschlagbar gewesen war. Als er den alten Schrank ohne Erfolg durchsucht hatte, wollte er den Haufen Schrott aus der Ecke entsorgen, doch da gab der Boden unter seinem rechten Fuß nach und das Holz brach. Nur mit Mühe gelang es ihm die Dielen abzubrechen sodass er sich wieder befreien konnte, da sah er etwas unter dem Holz. Es sah aus wie eine Art Sporttasche und er glaubte dass Rumiko vielleicht dort die Tagebücher versteckt hatte, doch den Gedanken verwarf er sofort wieder. Ein Kind konnte doch nicht etwas im Zwischenboden verschwinden lassen und dann die Bodendielen auswechseln. Vorsichtig zog er die Tasche heraus und als er die rote Farbe sah, musste er sich an Rumikos Worte von damals erinnern, als sie völlig verstört und blutüberströmt und mit ausgerissenen Fingernägeln nach Hause gekommen war: Sie hatte Jamies Vater mit einer roten Tasche am See gesehen. Darin hatte er die zerstückelte Leiche seines Sohnes gesteckt. Das konnte doch nicht wahr sein… Vorsichtig öffnete er die Tasche und steckte seine Hand herein. Er ertastete etwas Hartes und Glattes und holte es heraus. Was er da hielt war der Schädelknochen eines Menschen, klein genug dass es von einem Kind stammen konnte. Jamie… Es war Jamie Miller, auf den Rumiko seit Jahren gewartet hatte. Er warf einen Blick in die Tasche und sah andere abgetrennte Teile und holte eine die abgefressene Hand heraus, um deren Handgelenk ein rotes Seidenband gebunden war. Dieses hatte Jamie doch zu Lebzeiten getragen… Es war sein Glücksbringer und er hatte es niemals abgenommen… ebenso wie Rumiko ihre Schleife niemals abnehmen wollte. Als er den Schädel ansah, brach er in Tränen aus und begann zu weinen. Rumiko hatte Recht gehabt. Sie hatte über all die Jahre Recht gehabt und niemand wollte ihr glauben, stattdessen hat man sie in der Psychiatrie gefoltert und auch er selbst hatte gedacht sie wäre übergeschnappt. Was musste sie wohl gefühlt haben als sie den abgetrennten Kopf ihres geliebten Freundes in den Händen gehalten und in seine toten Augen geblickt hatte. „Es tut mir so leid Rumiko…“ Die Nachricht, dass Jamie Millers Leichnam gefunden wurde nach so vielen Jahren verbreitete sich schnell in dem kleinen Städtchen und es wurden Untersuchungen durchgeführt um den Tod des Jungen endgültig zu klären. Aufgrund Beyonds ausführlichen Aussagen konnte nach einiger Zeit festgestellt werden, dass tatsächlich sein Vater der Mörder gewesen ist. Zwar konnte dieser dazu nichts mehr sagen da er kurz nach Jamies Tod enthauptet worden war aber die Zeugenaussagen und Bestätigung des Arztes, dass Mr. Miller seinen Sohn aufgrund seines niedrigen IQs geschlagen hatte, reichten aus. Die Spurensicherung fand auch die Tagebücher, Zeichnungen und Notizen von Beyond, die Rumiko vor ihm versteckt hatte. Was er darin las, bestätigte jedes einzelne Wort was Rumiko kurz vor ihrem Tode gesagt hatte. Sie hatte die Schuld in der Schule auf sich genommen wenn er etwas angestellt hatte, ihn vor anderen in Schutz genommen und versucht ihn aus dem Keller herauszuholen. Als sie es nicht geschafft hatte, hatte sie ihm durch das Kellerfenster Essen und eine warme Decke zugeschoben. Auch die Kette, mit der er ans Fußende des Bettes gefesselt worden war, hatte sie mit der Axt zerschlagen und ihn daraufhin im Schuppen versteckt. Es kamen immer mehr verdrängte Erinnerungen hoch und Beyond wusste, dass er dringend Hilfe brauchte um diese zu verarbeiten. Nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, wurde Jamie direkt neben Rumiko auf Beyonds Wunsch hin beerdigt und dieses Mal erschien die Gemeinde um das verlorene Kind zu betrauern. Die Tatsache, dass Jamie zerstückelt worden war und niemand diese Tatsache glauben wollte, entsetzte das kleine Städtchen nachdem die Wahrheit ans Licht kam. Zwei Monate vergingen und Beyond hatte sich in eine Traumatherapie begeben. Sein Buchladen ging recht gut und er schrieb auch selbst an einem Roman, der von Jamies Schicksal, Rumikos Tapferkeit und seiner eigenen Geschichte erzählen sollte. Auf diese Weise gelang es ihm diese ganzen Dinge zu verarbeiten und über Rumikos Tod endgültig hinwegzukommen. Er hatte neue Freunde gefunden, mit denen er in seiner Freizeit am See angeln ging und war dankbar, dass ihm ein neues Leben ermöglicht wurde. Das meiste davon hatte er immer noch seiner Schwester zu verdanken, die ihm das Geld hinterlassen hatte, dass er seine Wünsche erfüllen konnte. Als er schließlich am Sonntag zum Friedhof ging, legte er Rumiko und Jamie Blumen ans Grab und sprach zu ihnen, wie sonst jeden Sonntag. „Weißt du Rumiko, dank dir habe ich endlich ein erfülltes Leben obwohl ich zunächst Angst davor hatte wieder hierher zurückzukehren. Aber jetzt habe ich Freunde gefunden, Rebirth und die anderen besuchen mich von Zeit zu Zeit und ich bin auch nicht mehr alleine. Den Laden in Japan habe ich verkauft und habe das Geld der Stiftung für vernachlässigte und misshandelte Kinder gespendet. Ich hoffe ihr beide seid mir nicht böse wenn ich euch bitte, noch etwas auf mich zu warten. Es gibt nämlich noch so einiges, was ich in diesem Leben noch machen möchte.“ Als ob es eine Antwort aus dem Jenseits wäre, wehte ein warmer Sommerwind ihm entgegen und er sah zwei kleine Schmetterlinge auf den Grabsteinen sitzen. Einen blaubraunen Schmetterling auf Jamies Grabstein und ein gelber Schmetterling auf Rumikos. Für eine Sekunde war es so als könnte er den Geist seiner 9-jährigen Adoptivschwester sehen, die die Hand von Jamies Geist hielt und Beyond wie zum Abschied zuwinkte. Dann verschwanden sie und der Windstoß ließ die beiden Schmetterlinge abheben, die hoch hinaus zur Sonne flogen. Beyond sah ihnen hinterher und begann das Lied zu summen, welches seine Mutter früher für sie beide gesungen hatte. Von zwei Schmetterlingen, die durch einen Sturm ihre Flügel verloren aber weiterkämpften und dank neu gewonnener Flügel wieder fliegen konnten... und von Menschen die sich tief im Innersten wünschten, Gottes Schmetterlinge zu werden um an den Ort zu fliegen, wo sie alle glücklich sein konnten. Während Beyond das Lied summte, verließ er den Friedhof und als er an der Kapelle vorbei kam, sah er noch mal hoch hinauf zum Himmel, wo die beiden Schmetterlinge verschwunden waren. "Wir sehen uns auf der anderen Seite wieder... irgendwann an einem Ort wo wir alle drei glücklich zusammenleben können." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)