Siehst du mein wahres Ich? von Nightwalkerin (Wer bin ich?) ================================================================================ Kapitel 12: Trauer, mein neuer Begleiter ---------------------------------------- Die Sonne verschwindet hinter den dicken Regenwolken, die über dem Himmel ziehen. Der Wind zieht eiskalt über das Land, als hätte er schlechte Laune. Die Blätter stürzen sich in den Freitod, bevor sie aber am Boden aufkommen können werden sie nochmals vom Wind hochgewirbelt. Schweigen umhüllt das kleine Team, genau wie die Wolken über ihnen ziehen sie weiter in Richtung Zuhause. Die triste Stimmung schlägt sich auf die Shinobis nieder, die traurig ihren Weg gehen. Hinata denkt darüber nach, wie Naruto die schlechte Nachricht auffassen wird. Kiba macht sich große Sorgen um Shino. Akamaru würde gerne die Blätter jagen, um somit auch die Kälte zu verjagen, aber er wagt es nicht. Er spürt die Trauer, die von den drei Freunden ausgeht. Je länger sie durch das Land streifen, desto stärker wird der Wind. Dieser kriecht durch alle Öffnungen, lässt die Freunde frieren. Nur Shino ist das egal. Wenn die Welt hinter oder vor ihm untergehen würde, wäre es ihm auch egal. Dann müsste er sich wenigstens keine Sorgen mehr um sein weiteres Leben machen. Wie er sein Leben ohne ihr weiterführen soll... Sein Herz fühlt sich an, als würde es stehen bleiben und ein großes schwarzes Loch seinen Platz einnehmen. Vorsichtig legt er die Hand auf seine Brust, um nach seinem Herzschlag zu fühlen. Es klopft regelmäßig, auch wenn es nicht so anfühlt. Sein Herz schlägt nicht mehr für ihn oder damit er am Leben bleibt... Es schlägt nur noch für sie... In Gedanken stempelt er sich selbst als Idiot und Versager ab. Die Stadttore ragen schon von weitem aus dem Boden. Team 8 kommt ihrer Heimat näher, doch noch nie hat Shino das Dorf als so kalt und emotionslos empfunden. Die Schmerzen in seiner Schulter sind das Einzige, das ihm zeigt, dass er noch immer am Leben ist. Alles um ihn herum ist ihm egal, alles fühlt sich dumpf und leer an. Konoha ist ohne Lilly einfach nicht dasselbe. Es ist als würde eine dunkle Regenwolke über dem Team hängen. Mit hängenden Köpfen trotten sie durch das große Tor. „Hinata, Kiba, Shino!“, ruft man sie schon erfreut. Naruto läuft ihnen glücklich wie immer entgegen. Erwartungsvoll sieht er an ihnen vorbei, als warte er noch auf jemanden. „Wo ist Lilly? Erledigt sie noch etwas?“, fragt er neugierig. Kiba sieht Akamaru an, Hinata schaut auf ihre Hände. Nur Shino blickt dem Blondschopf direkt entgegen. „N...Naruto“, stottert die dunkelhaarige Kunoichi. „Ah, das ist sicher geheim. A-Rang Mission, stimmt’s?“, vermutet er vollkommen falsch und Hinata versucht es nochmal. „N...Naruto..“ „Lilien ist tot“, kommt es emotionslos von Shino. Überrascht sehen Kiba und Hinata ihn an. Das sind die ersten richtigen Worte, seit seine Freundin gestorben ist. „Was?“, fragt Naruto verwirrt nach. Sein Grinsen verschwindet schlagartig. Statt Trauer beherrscht Wut sein Gesicht. „Sie ist tot?! Wie konnte das passieren?!“, ruft er aufgebracht und gestikuliert wild mit seinen Armen. „Sie hat sich für uns geopfert“, springt Kiba für seinen Freund ein. „Geopfert?! Ich habe dir gesagt, dass du auf sie aufpassen sollst, Shino! Ich habe es dir ausdrücklich gesagt! Wenn es darauf ankommt, sollst du alles geben, um sie zu retten und nicht umgekehrt!“, brüllt Naruto stinksauer Shino an. Bedrohlich kommt er näher, packt Shino an seiner Jacke und schüttelt den Shinobi. „Du schaffst nichts! Du kriegst nichts hin, Insektenfutzi!“, schimpft Naruto, sodass Kiba dazwischen geht. „Jetzt halt aber mal die Luft an! Du hast keine Ahnung, was er durchgemacht hat. Reagier dich ab und dann kannst du wieder kommen“, verteidigt er seinen gebrochenen Freund. Einen Moment projiziert Naruto seine Wut auf Kiba, doch dann dreht er sich um und stapft davon. „Er hat Recht“, sagt Shino leise, lässt den Kopf wieder hängen und geht Richtung Hokageturm. „Ich glaube, dass sich einiges verändern wird in der nächsten Zeit. Er verändert sich schon“, bemerkt Hinata traurig, folgt ihm aber dann brav. Shino hat keinen Lebenswillen mehr, noch nicht mal Kraft um an die Türe von Tsunades Büro zu klopfen. Hinata übernimmt es und Kiba öffnet die Türe dann. „Ah, mein Team 8 ist zurück!“, begrüßt der Hokage sie freundlich. Verwirrt runzelt sie die Stirn, als Kiba die Türe hinter Hinata wieder schließ.t „Wo ist Lilien?“, fragt sie vorsichtig. Shino streckt seine Hand aus, auf dieser befindet sich die Kette von der toten Kunoichi. Das genügt Tsunade als Antwort. „Wie?“, bringt sie nur mit glasigen Augen hervor. „Sie hat sich für uns geopfert. Mutig hat sie sich Hidan und Kakuzu gestellt, dann ist sie mit ihnen eine Klippe hinunter gestürzt“, erklärt diesmal Hinata schnell, um nicht noch mehr in Shinos Wunden zu bohren. Einen Moment herrscht Stille in dem Büro. Tsunade gibt sich einen sichtlichen Ruck. „Wir werden heute Abend ihren Namen in den Gedenkstein eingravieren. Pünktlich um 20 Uhr und jetzt lasst euch im Krankenhaus versorgen“, beschließt sie. Die Shinobis verlassen das Büro und gehen zum Krankenhaus. Als die Türe ins Schloss fällt, brechen alle Dämme bei Tsunade. „Es tut mir so leid, Lilly. Ich war nicht stur genug“, flüstert sie schluchzend. Schniefend kommt Shizune mit einer Packung Taschentücher hinein, auch bei ihr fließen die Tränen. Sie hatte alles durch die Türe gehört. Shino lässt sich stumm versorgen, hält eisern in der einen Hand Lillys Kette und in der anderen die Adresse von ihrem Vater. Shizune gab sie ihm. Shino möchte es ihrem Vater sagen, bevor die Feier beginnt. Emotionslos verlässt er das Krankenhaus und steuert schnurstracks das Haus von Lillys Vater an. Seine Hand wiegt Tonnen als er an die Türe klopft. Plötzlich geht es ihm gar nicht mehr gut. Sein Magen dreht sich um und seine Hände fangen an zu zittern. Die Türe öffnet sich, doch er fühlt sich noch nicht bereit dafür. „Ja? Was kann ich für dich tun?“, fragt Tenji freundlich, das macht es Shino nicht gerade leichter. „Ich...Ich bin ein Freund von Lilien und ich muss... ich muss ihnen leider mitteilen, dass sie...die letzte Mission nicht überlebt hat“, sagt er den schwersten Satz seines Lebens. Sein Gegenüber begreift die Worte nicht gleich. „Lilien? Meine kleine Lilly?!“, fragt er mit heiser Stimme, dann bricht er zusammen. „Nein! Nein. Nein... Ich habe versagt, meine Kleine“, wimmert er vor sich hin, sitzt am Boden und hält sich am Türrahmen fest. „Es tut mir so leid. Es ist leider alles meine Schuld, weil ich sie nicht beschützen konnte. Die Gedenkfeier ist am Abend um 20 Uhr. Dann wird ihr Name in den Stein graviert“, informiert er ihn noch, bevor Shino die Flucht ergreift und endlich nach Hause geht. Wenigstens ein Stück Halt und Vertrautes, das ihm hilft. „Ah, Shino! Schon wieder von der wichtigen Mission zurück?“, begrüßt ihn sein Vater Shibi, als er die Türe öffnet. Sein Sohn antwortet ihm nicht, sodass er verwirrt zu ihm in den Flur komm. „Hey, Junge. Was ist passiert?“, erkennt er sofort die missliche Lage, in der sich Shino befindet. Sein Sohn sieht ihn mit großen Augen an, stürzt dann auf den Boden und lässt seinen Gefühlen freien Lauf. „Sie ist tot! Weg, einfach so! ... Was soll ich nur machen ohne ihr?! ... Ich liebe sie doch!“, stammelt der Shinobi weinend. Sein Vater kniet sich zu ihm und nimmt seinen Sohn nur wortlos in die Arme. Gemeinsam sitzen sie so am Boden, bis sich Shino wieder beruhigt. „Ich musste es Naruto, ihrem besten Freund von früher, sagen. Er...er hat gesagt, dass ich nichts auf die Reihe kriege und er hat auch noch Recht damit. Ich konnte sie nicht beschützen. Ihr Vater...Ihr Vater ist zusammengebrochen vor lauter Trauer, als ich versucht habe es ihm schonend beizubringen. Es war so schwer...fast unmöglich allen in das Gesicht zu sehen, diesen Satz zu sagen... Es ist der schlimmste Satz, den ich je sagen musste“, spricht sich Shino den ganzen Frust von der Seele, der ihm fast die Luft zum Atmen genommen hat, „Sie mochte... liebte mich... so wie ich bin. Keine Angst oder Ekel vor den Insekten. Es hat sie sogar fasziniert, vor allem die Glühwürmchen. Ich vermisse sie ja jetzt schon so sehr. Wie soll ich dann noch ein ganzes Leben ohne ihr auskommen?“ Tieftraurig streicht er über den Kettenanhänger. „Es ist egal, was ich jetzt zu dir sage, weil nichts diesen unbändigen Schmerz lindern kann, aber ich bin für dich da, mein Sohn. Sie war wirklich ein wunderbares Geschöpf“, sagt Shibi ehrlich, „Aber ruh dich jetzt bitte ein wenig aus bis zur Trauerfeier. Der Kampf hat sich anscheinend sehr mitgenommen. Tsunade hat schon alle im Dorf informieren lassen“, rät er Shino. Er meint nicht nur den Kampf mit Kakuzu und Hidan, sondern auch den inneren Kampf mit den Gefühlen. Der Shinobi befolgt den Rat seines Vaters, zieht sich um und ruht sich bis zur Feier aus. Bevor er sein Zimmer verlässt, fällt sein Blick in den Spiegel. Er sieht so aus, wie er sich fühlt. Mehr als nur miserabel. Freudlos nimmt er die Kette vom Tisch und steckt diese in seine Hosentasche. Ganz in Schwarz gekleidet zieht Shino mit seinem Vater los zu dem Gedenkstein, so wie fast das ganze Dorf. Der Himmel ist in ein tiefes Dunkelgrau getaucht, weil große schwarze Regenwolken alles überdecken. Kiba kommt Shino mit Daichi auf dem Arm entgegen. „Hey, er fühlt sich bei mir nicht allzu wohl. Würdest du?“, begrüßt er seinen Teamkameraden. Sanft nimmt Shino das Wollknäuel auf die Hände und geht ohne ein weiteres Wort fort. Sein Vater folgt ihm. „Es wird schon, Daichi...Du erinnerst mich so an Lilien“, murmelt Shino leise vor sich hin. „Der Kleine wird sich sicher wohlfühlen bei uns“, bemerkt Shibi ehrlich, doch auch das kann seinem Sohn kein Lächeln entlocken. „Ich bin mir nicht sicher, ob er bei uns leben wird“, sagt der Shinobi nur. Sein Vater legt ihm dann wortlos die Hand auf die Schulter, als Tsunade mit ihrer Rede beginnt. Daichi winselt leise, als würde er ihre Worte verstehen. „Lilien Tazuna ist ... war ein toller Mensch. Sie war ehrgeizig, hat immer versucht die Aufträge zur vollsten Zufriedenheit von mir zu erfüllen. Die Freundlichkeit in Person und hilfsbereit. Es gab keinen Tag an dem sie nicht einer alten Frau beim Tragen ihrer Einkaufstaschen geholfen hat. Kein Tag ohne ihre ehrliche Meinung. Wenn ihr etwas nicht passte, hat sie es einem ins Gesicht gesagt. Lilien, eine der besten Eliteeinheiten, die ich je hatte“, fängt Tsunade an die tote Kunoichi zu loben. Immer wieder steigen ihr die Tränen in die Augen, weil sie der Verlust von Lilly sie so schmerzt. „Sie führte ein recht einsames Leben, bevor sie durch jemand besonderen endlich Anschluss gefunden hat“, spricht sie weiter, mit einem kurzen Seitenblick auf Shino, der verzweifelt Daichi an seine Brust drückt. Auch wenn dieser Hund ihn so sehr an Lilien erinnert, kann dieser als einziger seinen Schmerz wirklich verstehen und spüren. Winselnd leckt Daichi über Shinos Hand, um ihn Trost zu spenden. Der Shinobi wirft einen unauffälligen Blick zurück. Wirklich das ganze Dorf hatte sich versammelt, um Lilly die letzte Ehre zu ehrweisen. Fast jeder hält eine kleine Kerze in der Hand, die Lilien den Weg in den Himmel leuchten soll. Das sagt Tsunade immer... Die kleinen Flammen tanzen im Wind und verleihen dem Bild noch etwas Düsteres. „Sogar als sie dem Tod ins Auge sah, dachte sie zuerst an ihre Freunde. Eine Schande, dass die Akatsukis sie uns genommen haben. Lilien, die Sterne strahlen heute viel dunkler als sonst. Auch sie trauern um dich. Wir werden dich niemals vergessen“, beendet Tsunade ihren Teil der Rede. Mit einem Taschentuch in der Hand macht sie einen Schritt auf die Seite, um Tenji, Lillys Vater, den Weg freizumachen. Dieser befindet sich ebenfalls in keinem guten Zustand. Sein Gesicht ist aschfahl, seine Augen verquollen, als hätte er die Stunden bis zur Feier durchgeweint, was sogar sehr wahrscheinlich ist. „Danke, dass ihr so zahlreich erschienen seid. Lilien hatte ja nicht allzu viele Freunde, deswegen bin ich so überrascht, dass hier fast das ganze Dorf sich versammelt hat“, sagt Tenji lächelnd, doch es sieht nicht aus wie ein Lächeln, sondern eher wie eine Grimasse. Ein leises Seufzen kommt von ihm, bevor er schniefend weiter spricht: „Da ich mich nicht mehr persönlich bei dir entschuldigen kann, Kleines, muss ich es wohl bei deiner Trauerfeier machen.“ Shino senkt den Kopf ein wenig. Tenji spricht nicht mehr zu den Leuten, die sich hier zur Gedenkfeier versammelt haben. Er spricht zu seiner toten Tochter und bittet sie um Verzeihung. „Es tut mir so leid, dass ich dir nicht das Leben gegeben habe, dass du wolltest. Mein größter Wunsch war dich zu schützen und zu trainieren, damit du auf dich aufpassen kannst, wenn ich einmal nicht mehr da sein werde. Ich habe kläglich versagt...“, die Trauer übermannt den Vater der toten Kunoichi. Tsunade legt ihm aufbauend die Hand auf die Schulter, doch er bemerkt es nicht einmal. „Ich hoffe, dass es dir gut geht bei deiner Mutter im Himmel. Ich werde dich vermissen, meine Kleine“, sind seine Abschlussworte, bevor er sich weinend auf die Seite begibt. Alle senken den Kopf ein wenig nach unten, um still an die tote Freundin zu denken. „Hey, Shino. Ich...Ich wollte mich entschuldigen, wegen dem was ich gesagt habe. Ich...Ich schäme mich so... Du musstest es mitansehen und ich schnauze dich auch noch an...“, spricht eine leise Stimme Shino von der Seite an. Naruto sieht seinen Freund beschämt an, seine Augen sind ebenfalls verquollen und seine Wangen von den Tränen nass. Wortlos legt Shino ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn zu zeigen, dass er ihm verzeiht. Zum Dank neigt Naruto den Kopf ein wenig nach unten, als würde er eine Verbeugung andeuten. Danach dreht sich der Shinobi um und verschwindet in der Menge. Mit seiner Kerze in der Hand nimmt er neben Hinata, die weinend um Lilien trauert, Platz. Tröstend legt er ihr einen Arm um die Schulter. Shibi legt seinem Sohn die Arme auf die Schultern. „Du bist sehr gütig, mein Sohn“, lobt er Shino, um ihn wenigstens ein bisschen aufzumuntern. Einige Shinobis stellen sich in einer Reihe auf, anscheinend möchten sie ebenfalls noch etwas sagen, das ihnen am Herzen liegt. Daichi winselt wieder auf, stupst Shino mit seiner feuchten Nase an und sieht ihn aus großen Knopfaugen an. „Ich vermisse sie auch, Kleiner, ich vermisse sich auch sehr“, sagt er zu seinem neuen Freund, streicht ihm über den Kopf und richtet dann seine Aufmerksamkeit auf Ino, die als erstes sagen möchte. Der Wind bauscht nochmals auf, lässt die Gäste der Gedenkfeier ein wenig frösteln. Es ist als würde er auf etwas aufmerksam machen wollen, aber vielleicht bildet sich das Shino nur ein. Er ist mit seinen Gedanken ein wenig durcheinander. Genau in diesem Moment, als der Wind sich mit noch mehr Kraft auflehnt, regt sich einige Kilometer von Konoha entfernt etwas im Dunkeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)