For old time's sake von Jim ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Vowort: Meine erste richtige Team Fortress 2 Fanfiction. Es gibt groß nicht all zu viel zu sagen, außer das die Story nach dem „Meet the Spy“ Video angelegt ist. Wie ihr fest stellen werdet, habe ich allerdings den Canon diesbezüglich ein wenig gebogen, damit es besser mit der Story einhergeht. Was die Namen angeht belasse ich es einfach bei den englischen Originalen aus offensichtlichen Gründen. Scout trat die alte Holztür krachend aus ihren Angeln und trat mit vorgehaltener Waffe in das Apartment ein. Muffiger Gestank drang ihm entgegen, mit Noten von kaltem Zigarettenrauch und Wein. Er kannte den Geruch nur zu gut. Kein Zweifel, ER war hier gewesen. Ohne seine Pistole zu senken schlich er durch die Wohnung, stellte aber sehr schnell fest, dass sie verlassen war. Wieder einmal war er zu spät. Seufzend sicherte Scout seine Waffe und steckte sie wieder in die Tasche seines Mantels. Die Wohnung war so gut wie leer, offensichtlich war es bloß ein temporärer Schlafplatz gewesen. Eine Matratze mit Decke und Kissen lag auf dem Boden, auf einem Pappkarton stand ein Radio. Daneben eine offene Weinflasche, so gut wie leer. Davon abgesehen war das Wohnzimmer leer, außer man zählte über den Boden verteilte Zigarettenstummel. Er riss eines der Fenster auf und sofort umgab ihn ein Zug frischer Luft. Mit geschlossenen Augen nahm er einen tiefen Atemzug. Seit sieben Jahren jagte er nun einem Mann nach, dessen Profession es war, wie ein Geist zu sein – und er war ihm auf den Fersen, dass wusste er. Und er war sich auch sicher, dass Spy es wusste. Nicht nur das: Scout war sich sicher das er ihm nur KNAPP auf den Fersen war. Die Wohnung hier war quasi noch „warm“. Irgendwann würde er ihn erwischen. Gedankenverloren starrte er hinaus auf die Stadt, welche in dem trüben, regnerischen Herbsttag wie verschwunden war. Angestrengt fuhr er sich mit einer Hand über sein inzwischen von einem kurzen Bart bewachsenen Gesicht. Die letzten Jahre hatten ihn gezeichnet. Von seinem einst jugendlichen Aussehen war nicht mehr wirklich viel übrig. Aus dem Jungen war ein Mann geworden... ein Mann der der Jagd müde war – der sie aber auch nicht abbrechen konnte. Zu viel Zeit und Anstrengung hatte er inzwischen investiert, er würde jetzt nicht aufgeben. Auf dem Absatz machte er wieder kehrt und wollte gerade die Wohnung verlassen, da hielt er inne. Im Kamin der Wohnug war etwas. Neugierig ging er vor der offenen Feuerstelle in die Hocke und wühlte in der Asche. Was er hervorziehen konnte er kleiner Fetzen Papier, kaum größer als sein Daumen. Was auch immer hier verbrannt worden war, offensichtlich hatte Spy nicht gewollt, dass jemand anders es liest. Der Fetzen Papier enthielt auch nur ein einziges Wort, den Namen einer Stadt, genauer gesagt. Ein zunehmend breiter werdendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, während er wieder aufstand und den Papierfetzen einsteckte. Entweder hatte er ihm eine geschickte Falle gelegt... oder er hatte einen Fehler begangen. For old time's sake ------------------- Scout klopfte mit einer Hand an die teils verglaste Tür und trat ein, noch bevor er herein gebeten wurde. Das Büro welches ihn hinter der Tür erwartete war so verraucht, dass er sich nur mit Mühe und Not zurückhalten konnte, nicht sofort zu husten. Aber jedem Atemzug kratzte in seinem Rachen, als würde er winzige Rasierklingen einatmen. „Eindringling! Eindringling! Blauer Scout in der Basis!“, waren die Worte, mit denen ihn sein Gegenüber begrüßte. Die alte Frau sah von ihren Dokumenten auf und lächelte Scout hämisch an. Announcer lehnte sich zurück, nahm ihre glühende Zigarette aus dem Aschenbecher und zog daran. „Hallo, Announcer.“, gab Scout trocken darauf zurück. „Ein Gesicht das ich schon lange, lange Zeit nicht mehr gesehen habe.“ Sie blies den Rauch aus während sie sprach. „Was treibt DICH hierher? ... ich bin ja schon erstaunt das du mich überhaupt gefunden hast.“ „War nicht so schwer.“ Scout räusperte sich und trat näher. „Ich brauche etwas von dir.“ Schlagartig wich das hämische Grinsen auf dem Gesicht der alten Frau einer ernsten, eiskalten Miene. Erneut zog sie an ihrer Zigarette – so stark und lang, dass sie über mehrere Zentimeter abglühte. „Ich weiß was du die letzten Jahre getrieben hast, Bursche. Du weißt hoffentlich das ich dir keine Akten geben von IHM geben kann.“ „Der rote Spy ist mir egal, den finde ich schon noch alleine. Ich brauche die Akten meiner ehemaligen Teamkameraden. Oder zumindest ihre Adressen. Ich bin mir ziemlich sicher das du sie hast.“ „Und wenn ich mich weigere sie dir zu geben?“ Sie drückte die Kippe in dem übervollen Aschenbecher aus und starrte Scout an – dieser hielt dem Blick jedoch stand. „Dann solltest du wissen das ich meinen Sandman nie abgegeben habe. Das ich ihn sogar in diesem Moment dabei habe.“ Es war keine leere Drohung die er aussprach. Tatsächlich trug er den Sandman, seinen geliebten Baseballschläger, in einem Stoffumschlag auf dem Rücken. Und auch was das Verletzen von Menschen anging hatte er nichts verlernt. „Hohoho.“, lachte Announcer, während sie aus der Brusttasche ihres zweifarbigen Blazers eine Packung Zigaretten hervorzog. „Du würdest wirklich eine arme, alte Frau zusammenschlagen?“ „Announcer... wir beide wissen eines ganz sicher.“ Er beugte sich vorne über und stützte sich auf den Schreibtisch. „Du bist vieles... aber mit Sicherheit keine arme, alte Frau.“ Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. „Also gib mir was ich will oder ich prügel dir die Seele aus dem Leib bist du Blut spuckst.“, fügte er zischend hinzu. *** „Danke.“ Scout drückte dem Taxifahrer ein paar Scheine in die Hand, dann stieg er aus. Sofort schlugen ihm Regentropfen ins Gesicht und er hatte etwas Mühe zu dem Ladenschild aufzusehen. Kurz hob sich ein Mundwinkel als er das Schild des „Nuts ’n Bolts“ sah. Es sah beinahe so aus als wäre es von einem Kind gebaut worden, denn die Lettern waren spielerisch aus verschiedenen Werkzeugen zusammengesetzt worden. Als er die Tür aufschob klingelte eine kleine Glocke, welche über der Tür angebracht worden war. Von innen wirkte der Laden schonb einahe chaotisch. Ein langer Thresen zog sich an einer Wand entlang und auf ihm lagen allerhand nicht fertig gebaute Gerätschaften und Spielzeuge – vermutlich Reperaturarbeiten, so schätzte Scout. Weniger Meter gegenüber des Eingangs stand ein massiver Schreibtisch aus dunklem Holz, an dem ein Mann gerade an irgendeinem Gerät lötete. „Die Kondensatoren sind noch nicht fertig.“, sagte der Mann am Schreibtisch ohne aufzusehen, „Aber bis heute Abend schaffe ich das.“ „Ich bin nicht wegen irgendwelchen Kondensatoren gekommen.“ Nun sah die Person am Schreibtisch auf. Für einige Sekunden betrachtete er Scout, dann nahm er seine Schweißerbrille ab. Hinter dem Schreibtisch saß ein Mann der, im Vergleich zu vor sieben Jahren, nur noch ein Schatten seiner selbst geworden war. „Tut mir leid.“, entschuldigte sich der Engineer, „Wie kann ich ihnen helfen?“ „Erkennst du mich nicht wieder, Hardhat?“ Ein Lächeln zauberte sich auf Scouts Lippen und er kam langsam näher. „Es ist ein Weilchen her.“ Man konnte sehen wie krampfhaft Engineer versuchte sich zu erinnern. Er hob einen Finger, so als läge ihm die Antwort auf die Zunge, aber etwas würde ihn daran hindern sie auszusprechen. Er war wirklich nicht mehr er selbst. Laut Announcers Akte hatte er den Kopfschuss des roten Spys nur mit viel Glück überlebt. Die Kugel selbst steckte immer noch in seinem Gehirn, aber sein Gedächtnis hatte Schaden davon getragen. Offensichtlich nicht nur das. Engineer war regelrecht eingefallen. Scout schätzte nur vom Aussehen her das er die Hälfte seines Gewichts verloren hatte. Seine Haut war blasser geworden und er war schlecht rasiert. Die dunklen Augenringe auf den dicken Tränensäcken hoben sich jedoch deutlich vom Rest des Gesichts ab. Engie sprang auf und hastete in das Hinterzimmer des Ladens, nur um nach einigen Sekunden mit einem Foto in der Hand wieder heraus zu kommen. Er hielt es hoch und sein verwirrtes Gesicht wandelte sich zu einer freudigen Miene. „Scout? Bist du es WIRKLICH?“ „Höchstpersönlich.“ „Wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen...“ Engineer reichte ihm die Hand, zog sie dann jedoch blitzschnell wieder zurück und zog sich den Handschuh aus, bevor er sie ihm wieder reichte. „Wo hab ich nur diesen zweiten Handschuh hingelegt?“, murmelte er, während er sich den Handschuh in eine Hosentasche stopfte. „Den... den hat Pyro dir geklaut. Damals. Er hat ihn als Hut benutzt.“, erzählte ihm Scout, auch wenn es ihm einen bitteren Nachgeschmack hinterlies und eine gewisse Traurigkeit in seiner Stimme dabei mitschwang. Früher hatte Engineer immer über Pyro geflucht, weil er ihm den Handschuh geklaut und nicht mehr hergegeben hatte. An guten Tagen hatte er ihn wie eine Mütze aufgezogen, Heavy hatte ihn dann immer mit einem Hühnchen verglichen. Es waren gute Tage gewesen. Glückliche Tage, wenn man so wollte. „Ach ja... Pyro, stimmt... stimmt.“ Engie nickte. „Wir sollten was Trinken! Auf die alten Tage!“, fügte er hastig hinzu, ging an Scout vorbei und dreht das „Wir haben geöffnet“ Schild an der Tür um, bevor er Scout in den Hinterraum drückte. „Ich müsste hier irgendwo noch Scotch haben. Setz dich, setz dich.“ Erst als er sich hier umsah wurde offensichtlich, wie schwer offenbar das Ausmaß der Folgen von Engies Kopfschuss gewesen sein mussten. Neben einem relativ großen Tisch hing eine Pinnwand welche mit Fotos übersäht war. Während Engie in der Küche verschwand setzte sich Scout hin und musterte die Fotos genauer. Von jedem BLU hatte er dort ein Foto hängen, gemeinsam mit dem Namen und dem Wort „Freund“ darunter. Es waren Fotos von Überwachungskameras von den Orten, an denen sie einst gekämpft hatten. Sogar von sich selbst hatte er ein Foto gemacht, unter das „Ich“ gekritzelt worden war. Auch von jedem RED hatte er ein Bild mit Namen und dem Zusatz „Böse“. Lediglich das Foto des roten Spy wies keinerlei Schriftzug auf. Stattdessen war der weiße Bereich des Polaroids vollkommen rot angemalt worden. Auch von all seinen Erfindungen und Dingen die er gebaut hatte, gab es Fotos, dazu noch unzählige Personen die Scout nicht kannte. Offensichtlich waren es Kunden oder Freunde. Von der Pinnwand angesehen war das Hinterzimmer erstaunlich aufgeräumt und ordentlich. Engie hatte sonst immer gehaust wie ein Wilder und nie viel vom Aufräumen gehalten, schon gar nicht in seinen privaten Räumlichkeiten. Aber dieses Zimmer war so ordentlich und sauber das man meinen könnte, seine Mutter würde es für ihn pflegen. „Ich wusste doch ich habe hier noch eine Flasche...“, murmelte er und kam mit einer noch verschlossenen Flasche Whiskey und zwei kleinen Gläsern aus der Küche heraus. Er setzte sich gegenüber von Scout an den Tisch, schenkte die zwei Gläser und hob seines. „Auf das Wiedersehen.“ „Auf das Wiedersehen.“, gab Scout, weitaus weniger enthausiastisch, zurück. Mit einem Schluck kippten sie beide die Gläser leer. „Also... was hast du so gemacht?“, wollte Engie wissen, während er wieder nach schenkte, „So in den letzten...“ Er hielt kurz inne. „... Jahren.“ „Die letzten sieben Jahre... tja.“ Scout blickte auf sein Glas herab. „Ich habe versucht den roten Spy zu finden... und ich bin ihm auf den Fersen. Ich weiß es. Und ich glaube ich weiß auch wo ich ihn finden werde.“ „Ah... wie gehts deiner Mom?“ Scout war sich nicht sicher ob Engie absichtlich das Thema so abrupt wechselte oder nicht – verübeln können hätte er es ihm nicht. „Weiß ich nicht. Ich habe sie seit damals nicht mehr gesehen.“, gestand Scout und lies seinen Blick durch den Raum schweifen, „Ich... ich hätte nicht gewusst wie ich ihr noch hätte unter die Augen treten können. Nicht ohne ihr Vorwürfe zu machen... nicht ohne ihr einen Teil der Schuld zu geben.“ „Aber... sie ist deine Mutter...“ „Und wegen ihrer Liebschaft wäre ich beinahe gestorben. Du ebenfalls. Und Heavy.“ Seine Miene verfinsterte sich Stück für Stück. „Und Sniper, Spy und Soldier SIND tot..“ Scout kippte das Glas wieder in einem Zug leer. „Ich wäre nicht überrascht wenn dieser Drecksack sich nur an meine Mutter rangemacht hat, weil er sich irgendwelche Infos davon erhofft hat. Vielleicht war auch wirklich Liebe im Spiel, ich weiß es nicht – und es ist mir auch egal. Was auch immer es war, Blut ist immer noch dicker als Wasser. Sie hätte es mir sagen müssen. Sie hätte IRGENDWAS sagen müssen.“ Für einen Augenblick schwiegen sie, dann schenkte Engie wieder nach. „Und... warum bist du hier?“ Scout griff das Glas und leckte sich über die Lippen. „Ich weiß wo er sein wird. Und ich weiß WANN er dort sein wird.“ Schlagartig wurde Engineer sehr hellhörig. „Das einzige was ich nicht weiß ist, wen er dort umbringen soll... aber das ist mir auch egal. Ich werde dafür sorgen das er das Gebäude nicht verlassen wird. Aber... ich weiß nicht ob ich das alleine schaffe.“ „Oh! Nein... Nein, nein, nein!“ Engie hob abwehrend seine Hände, „Das kannst du nicht von mir verlangen.“ Das war die Reaktion die Scout befürchtet hatte. „Sechs Monate war ich im Krankenhaus und in der Therapie! Es hat Jahre gedauert bis ich diesen Laden heir ans Laufen gekriegt habe! ... ich bin zufrieden mit dem was ich hier habe.“ „Verdammt, Engie!“, bellte Scout und schlug das Glas auf den Tisch sodass ein Teil des Whiskeys heraus spritzte. „Benimm dich nicht so als wärst du etwas besonderes! Wir haben ALLE etwas an diesen Bastard verloren!“ Mit einer Hand zog er den Kragen seines Shirts herunter und entblößte damit die Narbe von Spys Messer, welches damals nur knapp sein Herz verfehlt hatte. „Aber wir können uns das was wir verloren haben nicht wiederholen.“ Engies Blick wanderte zu der Tafel mit den Polaroids. „Was weg ist... ist weg.“ „Wir können es uns nicht zurückholen, aber wir können ihn dafür bezahlen lassen! Es geht hierbei um Strafe. Hilf mir und ich werde dafür sorgen, dass er bereuen wird, was er getan hat. Er wird um Vergebung flehen, dass verspreche ich dir.“ Engie wirkte inzwischen vieil mehr wie ein verängstigtes Kind, als wie ein Mann im mittleren Alter. Schließlich blieb er am Fenster stehen, stützte sich auf den Sims und starrte in den Regen hinaus. Verzweifelt schnaubend senkte er sein Haupt und schloss die Augen. „Sprich mit den anderen... dann komm wieder.“ Schweigend nickte Scout und stand wieder auf. Im Türrahmen blieb er stehen und drehte den Kopf über die Schulter nach zur Engie. „Seit damals hat sich viel getan... aber es kann noch ein letztes Mal so sein, wie damals. Du kannst noch einmal mehr sein, als jemand der für Pennies und Nickel Spielzeuge repariert. Du kannst noch ein letztes Mal der Mann sein, der du mal warst, Hardhat.“ Mit diesen Worten verlies er endgültig den Laden und lies Engie mit seinen Gedanken zurück. Engie sah noch wie Scout sich draußen ein Taxi rief und erst als es um die Ecke gebogen war, setzte er sich wieder zurück an den Tisch. Er schenkte sich sein Glas wieder ein, nahm es dann in die eine und das Foto des roten Spy in die andere Hand. *** „Versuchen sie ihm keine Gegenstände zu geben oder irgendetwas anzunehmen, was er ihnen geben will. Bleiben sie auf ihrem Stuhl sitzen. Stehen sie nicht auf, laufen sie nicht herum, machen sie keinerlei hastigen Bewegungen die darauf schließen lassen könnten, dass sie eine Waffe ziehen oder Angriff unternehmen wollen. Sollten sie gegen irgendeine dieser Regeln verstoßen ist der Besuch sofort beendet. Haben sie das verstanden?“ „Ja, Sir.“, antwortete Scout und der Uniformierte öffnete ihm die Tür. Scout trat in den großen Raum ein. Es war eine Kantine, überall standen billige Aluminiumtische mit jeweils vier Stühlen. Er setzte sich an einen Tisch und wartete. Kurz darauf wurde die Tür erneut geöffnet und er konnte jemanden in Ketten nahen hören. Das Eisen erzeugte mit jedem Schritt ein klirrendes Geräusch und schließlich setzte sich die Insasse des Gefängnisses ihm gegenüber hin. Genervt seufzte Scouts Gegenüber und fuhr sich über die Glatze. „Wer sind sie und was verschafft mir die Ehre ihres Besuchs?“, raunte der Gefangene. „Die Glatze steht dir gut. Hättest du damals schon tragen sollen, statt deines Afros.“ Neugierig hob er eine Augenbraue und begann sein gegenüber intensiver anzuschauen. Seine Augenbrauen hoben sich. „Beim Barte meiner Mama... das du noch lebst.“, grinste Demoman und lehnte sich zurück, „Du siehst aus wie Scheiße, Bub.“, fügte er direkt hinzu. „Grau schmeichelt dir auch nicht unbedingt.“, gab Scout gelassen darauf zurück und deutete in Demomans Richtung, welcher in einen grauen Jogginganzug gekleidet war. Vermutlich die übliche Kluft für Gefangene hier. „Sag mir lieber wieso ich dich HIER besuchen muss.“ „Na weshalb schon? Wegen dummer Zufälle.“ „Was für dumme Zufälle?“ „Du weißt doch wie das ist. Ein falsch gesetztes Kabel, eine Prise falsch berechnetes Kaliumchlorat, ein kleines Zucken... und kabumm! Alles geht zur Hölle.“ Er lehnte sich zurück. „Aber in diesem Falle war es hauptsächlich der dumme Zufall, dass ich geschnappt worden bin.“, raunte Demo etwas entnervt, „Soll ich dir eine Skizze malen, oder was?“ „Die Zeitungsschlagzeile hat mir schon gereicht, glaube ich. Schotte versucht Bundesbank zu sprengen... was hast du dir dabei gedacht?“ „Wenn du hergekommen bist um mich zu belehren, verschwinde wieder. Eine Predigt ist aktuell das letzte was ich brauche.“ „Ich will das du für mich arbeitest.“, kam Scout nun direkt zur Sache, „Ein Auftrag. Ich brauche jemanden der mir ein Gebäude sichert sodass niemand einfach so herein oder heraus kann.“ „Ich würde dir ja gerne helfen, aber da gibt es etwas was mich daran hindert. Was könnte das sein... oh, ja, genau! EINE VERDAMMTE HUNDERTSCHAFT AN POLIZISTEN UND BETONWÄNDE!“, brüllte Demoman und schlug auf den Tisch. „Ich hole dich hier raus.“, fügte Scout unbeeindruckt an und urplötzlich beruhigte sich Demoman. „Was ist in diesem Gebäude? Oder besser… wer?“ „Der rote Spy. Und ich will das er auch in dem Gebäude bleibt oder in Stücke zersprengt wird, wenn er über die Türschwelle kommt.“ Demoman war nun sichtlich interessierte als zuvor. Wer konnte es ihm verübeln? Zwar hatte der rote Spy ihn nie direkt angegriffen, sondern war ihn damals geschickt umgangen, aber auch er hatte durch ihn alles verloren. Das Team RED gab es nicht mehr und so war Demo wohl zwangsweise dazu übergegangen, sein Wissen für „unlautere Tätigkeiten“ zu nutzen. Aber auch dies war kein Wunder. Wer würde schon einen trinkenden Schwarzen einstellen, dessen Spezialität es war, Dinge in die Luft zu sprengen? „Wie holst du mich hier raus?“, flüsterte er schließlich nach einigen Sekunden. „Ganz legal, kein Grund zu flüstern. Wenn du mir hilfst bist du Morgen wieder ein freier Mann und kannst in weniger als einer Woche tun, was immer du willst.“ Demoman lehnte sich grinsend, und urplötzlich wesentlich entspannter, zurück. „Scheint ja nicht so, als hätte ich eine Wahl, hm? Ich muss schon sagen, Bub... du hast es dicker hinter den Ohren als ich es dir zugetraut hätte.“ „Werd erwachsen.“, antwortete Scout emotions- und tonlos, stand auf und verließ den Raum, ohne Demoman noch eines einzigen Blickes zu würdigen. *** Scout überprüfte die Adresse, welche er sich auf einen kleinen Zettel eher geschmiert als geschrieben hatte, als er am Zauntor vor dem kleinen Holzhaus stand. Es war wirklich nicht das was er erwartet hatte, aber die Adresse war definitiv die Richtige. Der Regen fiel immer noch wie in Bindfäden vom grau verhangenen Himmel herab und so überlegte Scout nicht wesentlich länger, sondern schob das kleine weiße Tor auf und trat auf die überdachte Veranda. Er drückte die Klingel und rieb sich seine Hände, damit diese sich etwas aufwärmten, während er von drinnen Schritte nahen hörte. Sehr zu seiner Überraschung öffnete ihm jedoch nicht sein alter Teamkamerad die Tür, sondern eine alte Frau. Wie es der Anstand gebot zog sich Scout seine Mütze vom Kopf und senkte seinen Kopf ein kleines Stück. „Ma’am.“, grüßte er. „Was kann ich für sie tun?“, wollte die Alte mit kratziger Stimme wissen. „Ich heiße Scout. Ich...“ „Ohhhh, sie sind jemand aus dem Team.“, unterbrach sie ihn, „Kommen sie rein, kommen sie rein.“ Die alte Frau machte Scout Platz und er nahm das Angebot dankend an. Innen war es zweifelsohne wesentlich wärmer als draußen im Regen, auch wenn ihn weder Kälte noch Regen inzwischen wirklich störten. Dafür hatte er in den letzten Jahren zu viele Nächte auf der Straße verbracht und einem Mann hinterher gejagt, der darauf geschult war, ein Geist zu sein. Man gewöhnte sich daran. „Er hat heute einen seiner besseren Tage. Er wird sicherlich froh sein, sie zu sehen.“ Nicht wirklich verstehend was die Frau meinte, trat Scout ein. Während er der Frau mit respektvollem Abstand folgte, lies er seinen Blick schweifen. Das Haus war nicht nur außerlich nicht das, was er Pyro angedichtet hätte. Alles war absolut ordentlich und sehr, nun ja, man könnte es „stiefmütterlich“ nennen, eingerichtet. Fotos, vermutlich Familienfotos, standen fein säuberlich aufgereiht auf einer Kommode. Absolut nichts lies auf das Leben schließen, welches der Mann geführt hatte, den er immer nur „Pyro“ genannt hatte, führte. Oder... geführt hatte. Innerlich erschrak Scout furchtbar, als er in das Wohnzimmer eintrat und vor einem großen Zelt aus durchsichtigem Plastik stehen blieb. Innerhalb dieses Zeltes stand ein Bett, umgeben von unzähligen Maschinen. Einige von ihnen machten in regelmäßigen Abständen Geräusche, auch wenn Scout nicht hätte sagen können, welches Gerät welche Funktion hat. Wirklich erschreckt hatte ihn jedoch die Gestalt, welche dort im Bett lag. Vor Jahren hatte er gerne Horrorgeschichten gelesen. Kleine 10 Cent Hefte, welchen er heute nichts mehr abgewinnen konnte, die damals aber seine Fantasie beflügelt hatten, wie nichts auf der Welt. Doch ganz gleich welch grausiges Bild er sich damals in seinem Kopf zusammengesponnen hatte – das Bild das sich ihm gerade bot, war tausend Mal schlimmer. Die Haut des Mannes auf dem Bett war aschblass und von tiefen Falten überzogen. Die Augen waren eingefallen und von großen Ringen umrandet, welche durch die starken Tränensäcke nur noch mehr verstärkt wurden. Haare hatte er kaum noch, lediglich ein paar vereinzelte, weiße Strähnen hingen von seinem sonst mit Flecken übersähten Haupt. Er hatte seinen Mund leicht geöffnet, weil er offensichtlich nicht mehr in der Lage war, durch die Nase zu atmen. Seine Lippen waren in das Innere des Mundes gefallen und Scout konnte nicht erkennen, ob er überhaupt noch Zähne hatte. Eine Vielzahl an Schläuchen führte an verschiedenen Stellen in seinen Körper oder von ihm heraus. Hinter dem Bett stand ein großer Tank mit einer grünlich leuchtenden Flüssigkeit darin, so hoch das er bis unter die Zimmerdecke reichte. Das Licht welches die Flüssigkeit auf die abgemagerte Gestalt im Bett warf, sorgte für eine noch gespenstischere Atmosphäre. Er war wirklich nicht mehr viel mehrals Haut und Knochen. Scout konnte seine Rippen einzeln unter dem Nachthemd hervorstehen sehen. Die linke Hand lag lose auf der Flare Gun – vermutlich wusste er nicht einmal, dass sie dort lag. ... vermutlich wusste er nicht einmal, was dieses Ding wäre, wenn er seine Anwesenheit spüren würde. „Mein Gott... was ist mit dir geschehen?“, flüsterte er. „Krebs.“, antwortete eine Männerstimme nüchtern hinter ihm und Medic stellte sich neben Scout. Er hatte ein Klemmbrett in seinen Händen und sah abwechselnd zu Pyro, bevor er etwas nieder schrieb, „Ich habe ihm gesagt das dieser Anzug gefährlich für ihn ist – aber er hat ihn weiter getragen. Und das ist das Ergebnis davon. Es ist allein Engie und seiner Arbeit zu verdanken, dass er überhaupt noch lebt.“ „Ist er...?“ „Oh, er bekommt alles mit, was um ihn herum geschieht. Er kann sich so gut wie nicht mehr bewegen, nicht mehr sprechen oder sonst irgendwie verständigen – aber er ist bei Bewusstsein. Diese grüne Flüssigkeit sorgt lediglich dafür das er schmerzfrei ist. Keine Sorge... die Hölle hat er noch vor sich.“ Für einen Augenblick standen sie nur dort. Scout konnte seinen Blick nicht von Pyor abwenden. So tief ihn dieser Anblick auch erschreckt hatte, so seltsam faszinierend wirkte es. „Was hast du in letzter gemacht, Bursche?“ Medic blickte ihn aus den Augenwinkeln heraus an. „Du siehst gar nicht gesund aus.“ „Ich schlafe zu wenig, ich weiß.“, würgte Scout die Frage ab, „Viel mehr würde mich interessieren was du so treibst?“ Medic hatte sich nicht wirklich verändert, seit er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er war ein wenig unsauber rasiert, aber die letzten Jahre waren an ihm relativ spurlos vorrüber gegangen – ganz im Gegensatz zu manch anderem Teammitglied. Seine Haare hatten nun jedoch deutlich mehr graue Schläfen, als damals. Seinen weißen Kittel hatte er gegen einen dunkelgrauen Trenchcoat eingetauscht – zumindest war das, was er aktuell trug. „Forschung, hauptsächlich am lebenden Objekt.“, gab Medic trocken zurück. „Stehen deine Dienste immer noch dem Höchstbietenden zur Verfügung?“ Medic hielt inne. Er war kein Idiot. „Das kommt drauf an, was ich für dich tun soll.“ „Nehmen wir mal... ganz theoretisch: jemand wäre sehr übel zusammengeschlagen worden. Sehr übel.“ Scout leckte sich über die Lippen und schaffte es nun endlich seinen Blick von Pyro zu lösen. „Könntest du die Person wieder zusammenflicken?“ „Natürlich. Das wäre kein Problem. Um wen handelt es sich?“ „... um IHN...“ Augenblick wusste Medic um wen es ging. Er lächelte schmal und fing wieder an, auf dem Papier auf dem Klremmbrett zu schreiben. „Du hast ihn also wirklich erwischt?“ „Noch nicht... aber das werde ich.“ „In dem Falle mache ich es sogar gratis – unter einer besonderen Bedingung.“ „Die da wäre?“ „Wenn du mit ihm fertig bist, überlässt du ihn mir.“ Medic begann leicht zu zittern. „Ich kann es kaum erwarten diesen französischen Bastard unter meine Finger zu kriegen. Sein Körper wird eine wahre Goldgrube sein, da bin ich mir sicher.“ Auf seinem Gesicht hatte sich ein mahnisches Grinsen ausgebreitet, welches Scout einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Diesen Effekt hatte Medic schon immer auf ihn gehabt, wenn er SO war. Scheinbar war es immer noch so beängstigend für ihn, wie einst. „Deal.“, antwortete Scout kalt und lies sich von seinem kalten Schauer nichts anmerken. „Wunderbar.“ Schlagartig war Medic wieder ein Mann, den man für vollkommen geistig gesund halten könnte, „Warst du schon bei den anderen?“ „Ja. Engie ist sich noch etwas unsicher, Demo ist auf jeden Fall dabei. Der einzige den ich noch fragen kann ist Heavy, aber dafür muss ich laut der mir bekannten Adresse ein Stück reisen.“ „Er ist vor der Tür.“, bemerkte Medic beiläufig und nickte kurz nach hinten. „Was?“ „Nach der Auflösung des Teams ist er mein Bodyguard geworden. Ich treibe mich in Gebieten herum die nicht unbedingt die Sichersten sind – aber jemanden wie Heavy bei sich zu haben, macht sie spontan sehr viel weniger gefährlich.“ Scout verstand was der Stuttgarter damit meinte. Heavy wirkte nur auf den ersten Blick fett. Auf den zweiten Blick war er groß und kräfitg, niemand mit dem man sich einfach so anlegen wollte. Er konnte einen ausgewachsenen Mann vermutlich einfach mit einer Hand hochheben und seinen Schädel zerquetschen wie eine Orange. Hinzu kam das Heavy jemand war, der sich zu wehren wusste. Sicher, damals im Team hatte er fast immer den Medic mit seinem heilenden Strahl im Rücken gehabt – aber das änderte nichts daran das er unzählige Male angeschossen worden war und keine Miene verzogen hatte. „Aber das Fragen kannst du dir sparen. Er geht dorthin wo ich hingehen und er tut was ich ihm sage.“, fuhr Medic fort und klemmte den Kugelschreiber schließlich wieder an das Brett, „Er ist also mit dabei.“ Zwar hätte er nicht gedacht das es eine großartige Überredungskunst gebraucht hätte, Heavy für seine Sache zu gewinnen, aber das es SO einfach werden würde, hätte er nicht erwartet. Innerlich lächelte er zufrieden, während sein Blick auf dem mehr tot als lebendigen Pyro hängen blieb. Betretenes Schweigen trat ein und das einzige was man hörte, waren die Geräusche, welche die lebenserhaltenden Maschinen von sich gaben. „Wie lange hat er noch?“ „Hm... mit den Maschinen? Ein paar Jahre noch. Ohne die Maschinen... 30 Sekunden, vielleicht eine Minute.“ „Dir scheint das nicht wirklich Nahe zu gehen.“, stellte Scout fest. „Er ist ein Patient und jedes Fleisch ist vergänglich. Das wir nicht bereits jetzt schon unter der Erde liegen und verrotten, ist reines Glück.“ Medic vergrub seiner Hände in den Taschen seines Mantels. „Weißt du, Bursche, du warst zu jung und zu ungestüm, um dir dessen damals bewusst zu sein. Aber jedes Mal, wenn du mit deinem Baseballschläger aus der Basis gerannt bist, wie der schnelle Teufel der du mal warst, bist du jedes Mal dem Tod entgegen gerannt. Schätze du warst nur einfach bisher zu schnell für ihn. Aber irgendwann wirst du ihm nicht mehr davonlaufen können.“ „Ich weiß. Aber wenn ich vorher IHN gefunden habe, ist es mir egal. Dieser Mann hat mich mein Leben gekostet...“ Scout ballte seine Hände zu Fäusten, verzog aber keine Miene, während er weitersprach. „... dafür werde ich ihm seins nehmen.“ Plötzlich begann Pyros Hand zu zucken. Medic machte einen Schritt nach vorn, so als wäre er bereit sofort einzugreifen, blieb dann aber genauso rasch wieder stehen, als er sah was Pyro tat. Er hob langsam und zitternd seine Hand und winkelte die Finger an, so gut es ging. Offensichtlich wollte er das Scout herüber kam, welcher dieser stummen Aufforderung auch Folge leiste. Offensichtlich wollte dieses Überbleibsel von einem Menschen ihm irgendetwas mitteilen, denn es schien so als würden seine Lippen Worte formen, welche er aber nicht mehr zu Tönen artikuliren konnte. Schneller als Scout es ihm zugetraut hätte packe Pyro ihn dann am Genick und zog ihn zu sich herunter. Für einen Augenblick verharrten sie so, dann sank Pyro wieder, sichtlich erschöpft, auf das Bett zurück. Langsam erhob sich Scout wieder, schenkte Pyro noch ein paar Sekunden stumme Aufmerksamkeit, bevor er sich von ihm wieder abwandte und aus dem abgetrennten Bereich heraustrat. „Was hat er gesagt?“, wollte Medic wissen. „Wir treffen uns in zwei Tagen vor Engies Laden.“, ignorierte Scout die Frage, „Sieben Uhr Abends. Sei pünktlich.“ *** Es goss immer noch wie in Strömen, als ein schwarzer Wagen vor dem Laden hielt. Das Fenster auf des Beifahrerplatzes wurde herabgelassen und Medic sah den Rest eines Teams an – oder besser gesagt, was davon noch übrig war. „Engie?“, fragte er nur und sah dabei Scout an. „Kommt nicht mit.“, erklärte dieser, öffnete die hintere Tür und stieg ein, dicht gefolgt von Demoman, „Aber er hat mir etwas gebastelt.“ „Immerhin.“ „Wohin solls gehen?“, wollte Heavy wissen, welcher hinter dem Steuer saß. „Grand Diamond Hotel.“ „Wie ist dein Plan?“, wollte Medic wissen. „Ich weiß wo er sein wird und ich weiß das zufälligerweise einige Politiker heute in dem Hotel zusammenkommen. Ich vermute er wird dort sein um einen von ihnen zu ermorden oder sonst irgendetwas in der Art. Demo hier wird die Ausgänge des Gebäudes übernehmen. Sollte irgendjemand ungefragt heraus kommen, jagt er das gesamte Ding in die Luft. Medic, du und Heavy, ihr werdet mit mir kommen. Eventuell werde ich euch brauchen. Wir gehen rein sobald die Ausgänge präpariert sind.“ „Gib mir fünf Minuten.“ Mit einem freudigen Grinsen auf den Lippen lies Demoman sein Genick knacken, indem er den Kopf erst auf die rechte, dann auf die linke Schulter legte. *** Das „Grand Diamond Hotel“ machte seinem Namen alle Ehre. Die Fassade war mit mehreren Schichten von Glasgebilden verziert worden, welche alle von unterschiedlichen Winkeln aus beleuchtet wurden. Von Außen sorgte das für die Illusion, dass man an den Wänden des Wolkenkratzers riesige Diamanten angebracht hätte. Es war das Schmuckstück der Stadt – und nicht ohne Grund. Scout jedoch hatte sich in den letzten Jahren an derartigen Dingen nicht mehr wirklich erfreuen können, aber er erinnerte sich noch, wie er mal mit seiner Mutter vor vielen Jahren hier entlang gelaufen war. Damals war das Ganze noch eine Baustelle gewesen und die Vision des Architekten klang eher wie reine Fantasterei. Die Fantasterei jedoch war Realität geworden. Nachdem Demoman die Ausgänge entsprechend präpariert hatte, waren sie hereingegangen. Der Portier war sehr hilfsbereit gewesen und ein paar grüne Scheine hatten nicht nur seine Unterstützung, sondern auch seine Verschwiegenheit gesichert. Nun standen Scout, Medic und Heavy in einem edel verzierten Fahrstuhl. Mit einer Hand zog Scout eine knallbunte Getränkedose aus der Innentasche seines Mantels, öffnete sie zischend und setzte die Öffnung an seine Lippen. Erst als die Dose leer war setzte er sie wieder ab. „Dieses Zeug wird dich eines Tages umbringen.“, kommentierte Medic trocken. Scout zerquetschte die Dose mit einer Hand, machte ein abfälliges Geräusch, welches Medic signalisieren sollte, dass er nicht zu derartigem Smalltalk aufgelegt war, bevor er sie achtlos auf den Boden fallen lies. Mit einem hellen Klingeln stoppte der Fahrstuhl und die Tür öffnete sich. So wie es der Portier gesagt hatte, befand sich direkt dem Fahrstuhl gegenüber ein Raum, vor dessen großer, schwerer Doppeltüre aus dunklem Holz ein Schild stand, dass auf die „geschlossene Gesellschaft“ hinwies. Scout legte ein Ohr an die Tür und begann innerlich zu Beben. Die Art wie darin gesprochen wurde, die Stimme, die Pronouncierung der einzelnen Worte und Silben... es gab keinen Zweifel wer sich in diesem Raum befand. So tief er konnte zog er Luft durch die Nase ein während er einen Schritt zurückging, dann trat er die Tür krachend auf. „Du?“, entwich es dem Heavy, welcher sichtlich so überrascht war wie die Anderen. Nicht nur das tatsächlich der Mann dort einige Meter von ihm entfernt stand, den Scout nun jahrelang gejagt hatte wie ein Tier – ihm gegenüber stand sein exaktes Ebenbild... nur in blauer Kleidung. Die beiden Spies waren offensichtlich nicht minder über den unerwarteten Besuch überrascht. „Was soll ich sagen?“, seufzte der blaue Spy und schnippte seinen Zigarillo beiseite, „Ich war eben nie wirklich auf eurer Seite.“ Er zog eine Taschenuhr hervor und öffnete sie und mit einem sanften Rauschen löste sich der Spy in Nichts auf. „Ach ja... das unsichtbar machen.“, schnaufte Scout und zog aus seiner Mantel tasche etwas hervor, was aussah wie die Zündung für einen Sprengsatz. Es war nur ein länglicher Griff, welcher eine kleine Antenne am unteren und einen roten Auslöser am oberen Ende hatte. „Der Engieneer entsendet seine Grüße.“ Mit seinem Daumen betätigte er den Auslöser und das Gerät piepste kurz, bevor es zwei kleine Explosionen gab. Der rote Spy riss sich seine Uhr vom Handgelenk und warf das qualmende, noch etwas brennende Gerät auf den Boden, während der blaue Spy plötzlich wieder sichtbar wurde und es mit seiner Taschenuhr gleich tat. Für einen kurzen Augenblick blitzte eine unbändige Wut in den Augen des blauen Spies auf, welcher sich offensichtlich gerade davon stehen wollte, doch dann legte er wieder eine nahezu ausdruckslose Miene auf. „Nun...“ Er räusperte sich. „Du bist sicher überrascht darüber, mich hier vorzufinden.“ Binnen eines Lidschlags hatte sich Scout hinter dem blauen Spy platziert und hielt ihm den Lauf seiner Pistole an den Kopf. „Nein.“, antwortete er emotions- und tonlos, bevor er den Abzug drückte. Begleitet von einem Knall und einem Spritzer Blut trat die Kugel aus der Stirn des Spies aus. Einen Augenblick lang blieb er noch stehen, dann sackte er zusammen wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte. „Denn woher hättest DU sonst gewusst...“, er drehte sich dem roten Spy zu, welcher ihn nur missbilligend ansah, „... wo exakt du deinen Sapper hättest einsetzen müssen. Wo Sniper seinen Posten hatte? Wo du Medic hattest abfangen können? Wo ich stand? Jemand hatte dir Infos gegeben – die Frage war nur wer. Schön das mir diese Last zumindest so einfach abgenommen wurde. Und jetzt schmeiß deine Waffen weg. Versuch keine Tricks – ich bin zu schnell für dich.“ Für einige Sekunden hielt der rote Spy inne. Offensichtlich überlegte er was er tun sollte, aber der Ernst seiner Lage war ihm natürlich bewusst. Erst als Scout den Hammer seiner Pistole mit dem Daumen klickend zurück zog, tat der Spy wie ihm geheißen. Sowohl sein Revolver, als auch sein Messer landeten meterweit von ihm entfernt auf dem Boden. „Ich bin nur neugierig... für wen bist du hier? Wen wolltest du umbringen?“ „Was ist hier los?“ Eine Stimme die Scout seit Jahren nicht mehr gehört hatte lies ihn aufhorchen. Langsam drehte er seinen Kopf zur Seite und glaubte er halluziniere, als er seine Mutter dort in einem weißen Kleid erblickte. „Mum?“, hauchte er nur ungläubig. „D... du?“ Sie schien seine Präsenz genauso wenig glauben zu können, wie er die ihre. „Umbringen wollte ich heute niemanden.“, antwortete Spy schließlich auf Scouts zuvor gestellt Frage, „Ich wollte heute heiraten.“, gestand er. Einen Augenblick lang wusste Scout nicht was er sagen sollte. Von allen Personen dieser Welt hatte er SIE hier am wenigsten erwartet. Sie hatte sich nur wenig verändert seit dem Tag, an dem er von zu Hause fortgelaufen war. Tausend Sätze rasten ihm durch den Kopf, die er ihr am liebsten gesagt hätte – und die meisten davon waren nicht besonders nett. „Heavy.“ Scout drehte sich zu dem Angesprochenen herum. „Bring sie nach Draußen.“ „Was hast du vor?“, wollte sie mit Tränen in den Augen wissen. „Und... sei sanft zu ihr. Ihr soll nichts geschehen. Hast du verstanden?“ Mit einem Nicken und einem Geräusch, machte Heavy klar, dass er verstanden hatte. Der Blick von Scouts Mum wechselte zwischen ihrem Sohn und ihrem Geliebten hin und her, während sie den Beiden immer näher kam. Spy hob seine Hand schließlich und sie blieb stehen. „Ich weiß das ich die heutige Nacht wohl kaum überleben werde.“, fing er schließlich an, „Also lass mich mich wenigstens von ihr verabschieden.“ Immer noch mit regungsloser Miene musterte Scout den Spy, dann gestand er ihm die Bitte aber mit einem Nicken zu. Eigentlich hätte er ihm diesen Wunsch versagt, aber es war die letzte Bitte eines bereits toten Mannes. Spy ging zu seiner Braut herüber und schloss sie in die Arme, während sie sich schluchzend an ihn klammerte. Unter all dem Weinen und Schluchzen konnte Scout einige erstickte Silben verstehen, während der rote Spy immer wieder versuchte sie zu beruhigen. Er strich ihr über den Rücken, küsste sie auf die Stirn und kniff ihr sanft an eine Stelle im Hals. Binne einer Sekunde verlor sie ihr Bewusstsein und sackte zusammen, doch Spy fing sie auf. Er trug sie zu Heavy herüber, welcher die Frage ohne jede Mühe aus den Händen seines ehemaligen Feindes nahm. „Bring sie nach draußen. Medic... gib ihr etwas damit sie sich beruhigt, dann kommst du allein wieder rauf.“, gab Scout Order, welchem die anderen Folge leisteten. Als die Tür wieder ins Schloss fiel klemmte sich Scout seine Waffe hinter den Hosenbund und streifte seinen Mantel ab. Auf seinem Rücken trug er einen Schutzumschlag aus Stoff. Mit einer Hand griff er hinter sie, löste die Verschnürung und zog seinen hölzernen Baseballschläger hervor. Spy machte keinerlei Anstalten sich gegen die Dinge zu wehren, die da kommen würden. Vielleicht lag es daran das er in seiner Art von Beruf jederzeit mit dem Tod rechnen musste und somit mental jederzeit auf das Sterben eingestellt war – vielleicht bebte er aber auch innerlich vor Angst wie ein kleines Kind und wollte es Scout bloß nicht zeigen. Was auch immer es war, es war Scout relativ egal. Die letzten Jahre über war dieser Mann – nein, dieses Monster – der Sinn seines Lebens gewesen und hatte sein Wesen und all sein Handeln bestimmt. Nun war es an der Zeit sich für diese Jahre zu rächen. *** Die Sonne bereits am Horizont auf, als Scout mit leerem Blick die Tür des Hotels aufschob. In seiner Rechten hielt er seinen Baselballschläger, welcher – genau wie er selbst – über und über mit Blutspritzern bedeckt war. Seinen Mantel hatte er zurück gelassen und so trug er exakt das Outfit, dass er vor so vielen Jahren Tag für Tag angezogen hatte. Doch im Gegensatz zu damals steckte nun kein Junge mehr in dieser Kleidung, sondern ein Mann. Draußen saßen Demoman und Heavy auf der Motorhaube des Autos und tranken Kaffee. Medic war bereits oben und bereitete Spy auf seinen „Transport“ vor. Die letzten Stunden hatte er immer wieder dafür gesorgt das Spy nicht nur nicht starb, sondern auch bei Bewusstsein blieb. Es war eine sehr unangenehme Nacht für ihn gewesen und Scout hatte sich auch alle Mühe gegeben. „Bub... du siehst aus wie an eine Wand genagelte Scheiße.“, kommentierte Demoman den Anblick von Scout nur. „Mutter ist zu Hause. Doktor hat ihr Mittel gegeben.“, erklärte Heavy. Auf keinen der Beiden zeigte Scout irgendeine Reaktion. Stattdessen trottete er wie geistesabwesend an ihnen vorbei. „Hey, Bub! Wohin willst du?“, wollte Demoman von ihm wissen, doch er reagierte immer noch nicht. Scout überquerte die Straße und betrat die erste Kneipe, die er sehen konnte. In dem Lokal war nicht mehr all zu viel los, was um diese Uhrzeit aber auch kein Wunder war. Er lehnte den blutverschmierten Sandman an den Thresen und nahm dann auf einem der Barhocker platz. „Kann...“ Der Barkeeper hielt besorgt inne, als er den blutverschmierten Scout an seiner Theke sitzen sah. „Ist alles in Ordnung, Sir? Soll ich einen Arzt rufen?“ „Eine Flasche Whiskey und ein Glas.“, gab Scout kalt zurück und nach einigen Sekunden tat der Barkeeper, wie ihm gehißen. Scout schenkte sich das kleine Glas ein und begann zu trinken. Es war eine lange Nacht gewesen. Er war müde... Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)