Organisation XIII - The Other Truth von RinaUchiha (Das Leben unter Niemanden) ================================================================================ Kapitel 23: Veränderung I ------------------------- Kapitel 22 - Veränderung I Xeluna Ich war mir sicher, dass er meinen Herzschlag spürte. Spüren musste. Wenigstens würde er mir so glauben, dass wir Herzen besitzen. Denn es war nicht zu leugnen. Mein Herz schlug schnell und hart gegen meinen Brustkorb und der vergebliche Versuch mich zu beruhigen schlug ins Gegenteil um. Verdammt, Xeluna, konzentrier dich! Doch erst als Saix seine Arme sinken ließ und von mir zurück trat erlangte ich die Kontrolle über meine Atmung zurück. Als wäre nichts gewesen (und darin lag seine Spezialität) nickte Saix in eine Richtung. „Sie sind dort entlang gegangen. Wir folgen ihnen und warten, ob sie sich von einander trennen. Falls nicht, wirst du sie ablenken und ich werde die Mission erfüllen.“ Selbst wenn die Mission sich völlig von allen anderen, die ich jemals mit Saix zusammen erledigt hatte, unterschied, war doch eine Sachen genau gleich. Saix war der Anführer. Er gab klare Befehle und ich muss gestehen, dass ich es genoss, sich mal keine Gedanken machen zu müssen, wie man das Missionsziel am schnellsten erreicht. Oft war ich die Person, die in einer Gruppe Aufgaben verteilte. Doch ihm und seinen Fähigkeiten vertraute ich genug um ihm einfach und ohne Fragen zu stellen zu folgen. Xiomara Jedoch wurde mir im Laufe dieses Gespräches auch der Unterschied unserer Einstellungen klar. Axel verachtete Xemnas und hinterfragte die Organisation bei jeder Aktion, denn für ihn schien es selbstverständlich zu sein, dass wir nur kleine Bauern in Xemnas Spiel um das Kingdom Hearts waren. Außerdem machte er sich wegen irgendwas wahnsinnige Sorgen um Roxas. Soweit ich das richtig rausgehört hatte... Und sind wir ehrlich: auf meine Sozialkompetenzen war selten wirklich Verlass. Ich hingegen war Xemnas dankbar. Dieses Leben als Mitglied der Organisation... Es fühlte sich einfach so an, als wäre es mein Leben. Als gehöre ich hierher. Hätte schon immer hierher gehört. Und eben weil ich mich nie groß mit den Hintergründen des Ganzen beschäftigt hatte, erschien mir Axels Einstellung etwas surreal. Vielleicht deshalb entschied ich mich, Axel nach Roxas zu fragen. Ich wollte Klarheit und nicht nur Vermutungen. "Roxas... Roxas ist der Niemand von Sora, einem Schlüsselschwertträger, und wurde aus den gesprengten Erinnerungen von diesem geformt. Sora befindet sich an einem, für uns, unbekannten Ort und ist auch nicht weiter von Belang, solange wir Roxas haben.", erklärte Axel zögernd. Als wäre er sich nicht sicher, ob er dieses Wissen mit mir teilen sollte. Ich nickte verstehend. Versuchte mir klar zu werden, was das bedeutete. "Also wurde Roxas mit Absicht geschaffen. Und Sora fehlen viele seiner Erinnerungen nun." Mein Blick traf Axels und er nickte bedächtig, dass ich fortfahren sollte. "Also darf Sora, oder sonst wer, niemals auf die Idee kommen, Roxas wieder mit Sora zu vereinen..." "Richtig. Aber es gibt einige, die Sora seine Erinnerungen wiedergeben wollen. Freunde von ihm...Gegner von uns. Sie haben sich zusammengetan. An sich würde ich das auch für das richtige halten. Sora ist ein guter Junge und hat es nicht verdient, dass ihm Erinnerungen genommen werden. Aber Roxas...", Axels Blick richtete sich auf die Ferne und ein leises Seufzen entfuhr ihm. "Roxas ist mein bester Freund." Wie gebannt konnte ich meinen Blick nicht von Axel wenden. Dieser Mann hatte so viel Gefühl in sich, es war unglaublich. Er liebte mich, er liebte Roxas, ja, ich glaube nachdem, was er mir über Saix und Isa erzählt hatte, liebte er sogar Saix auf eine unbewusste Weise. Und er hatte wirklich Sorge, Roxas an Soras Freunde zu verlieren... Er hatte selbst Angst davor, dass er nicht mehr dieselbe Person ohne Roxas sein könnte. Zögerlich ergriff ich Axels Hand und schmiegte meine Wange daran. Ein leises Zittern konnte ich bei dieser Initiative zwar nicht unterdrücken, doch ich zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. "Wir werden Roxas beschützen." Xeluna Es dauerte nicht lange, bis wir die kleine Gruppe erneut gefunden haben. Dieses Mal reagierte ich schneller und schlüpfte hinter einen eigenen Baum. Man wollte sich ja noch auf seine Mission konzentrieren können. „Ich sag es euch, diese Herzlosen sind gefährlich!“, sprach unser Zielobjekt und unterlegte seine Rede mit ausschweifenden Handbewegungen. „Ihr müsst auf alles gefasst sein!“ Die beiden anderen Männer blickten sich zögerlich an. „Ich weiß nicht so recht. Für mich hören sie sich einfach wie wilde Tiere an. Und die gibt es in diesem Wald schließlich zu Genü-“ „Es sind keine Tiere!“, unterbrach der Unruhestifter ihn. „Es sind Wesen, die nicht von dieser Welt stammen. Verschließt eure Augen vor der Wahrheit und ihr werdet es bald bereuen.“ Er sprang auf. „Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Geht ruhig zurück. Ich werde einen von ihnen erlegen und es euch beweisen!“ Damit stapfte er in das Dickicht des Waldes. Ich warf einen Blick auf Saix. Er machte keine Anstalten ihm zu folgen, also blieb ich reglos und wartete. „Er hat sie doch nicht mehr alle...“, murmelte der kleinere der beiden zurückgebliebenen Männer. „Wesen, von einer anderen Welt, die sich Herzlose nennen? Ob er die falschen Pilze gegessen hat?“, entgegnete der andere grinsend. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich Saix bewegte und in einem großen Bogen und die zwei Männer herum schlich. Keinen Blick zurück werfend folgte ich ihm. Es würde interessant werden, und das wollte ich mit nicht entgehen lassen. Xiomara Auf dem Weg durchs Schloss, wieder in den Gemeinschaftsraum, packte mich plötzlich eine Idee. Und da niemand uns sehen konnte, schmiss ich kurzerhand meine Zurückhaltung für einen Moment über Bord. "Lass uns trainieren." Amüsiert bemerkte ich Axels Stutzen und wie er innerlich versuchte, aus dieser beinahe schon verspielten Aufforderung schlau zu werden. Doch ich ließ ihm keine Zeit für Details oder Fragen, und zog ihn einfach mit in Richtung Trainingsräume. Dankbar war ich wirklich, dass Axel sich bereitwillig mitziehen ließ, denn einen Mann von seinem Gewicht hätte ich kaum mühelos mitschleifen können, wenn er sich gewehrt hätte. Ohne auf Axel zu achten öffnete ich die Tür und trat in den leuchtend weißen Raum ein, der mit Trennlinien und einer Wand voller Waffen und Trainingsutensilien beschmückt war. Ich musste zugeben, dass ich peinlich selten hier gewesen war. Vielleicht hätte ich meine Eigenschaft viel schneller, und ohne Axels Anwesenheit in den Griff bekommen, wenn ich mich nur mehr damit auseinander gesetzt hätte... Aber sind wir mal ehrlich: Wer wollte schon durch diese Tortur von Kälteschauern und Kontrollverlust gehen? Ich war halt faul und inkonsequent. Schande über mich. Doch nun, mit dieser lächerlich guten Laune und einem Feuerkind an meiner Seite, wollte ich schauen, was passierte. Ich vertraute Axel, dass er mich in den Griff bekommen würde... Jetzt war nur die Frage, ob er sich das auch zutraute. "Ich würde gerne an meiner Eigenschaft arbeiten.", verkündete ich deshalb nun etwas weniger euphorisch. Leicht konnte ich Axel schlucken sehen und wie er sich das ganze durch den Kopf gehen ließ. Wahrscheinlich erinnerte er sich gerade an all die Vorfälle, wo er meine Eigenschaft erlebt hatte. Als er schließlich gefasst erwiderte: "Das ist eine gute Idee. Es ist schon lange überfällig.", atmete ich erleichtert auf. "Normalerweise wird es auch von neuen Mitgliedern verlangt, sofern sie ihre Eigenschaft nicht schon vorher vollkommen erforscht und gemeistert haben. Doch Xemnas hatte entschieden, dass wir dich damit nicht überfordern sollten. Deine Schlüsselschwerter haben immerhin Priorität und außerdem...", er lachte nun leise auf. "Hat sich keiner getraut, mit dir zu üben." "Und du traust dich jetzt?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen zurück und kam mir dabei fast schon kokett vor. Meine Güte, ich und kokett. Sachen gibt's! "Ich denke, es ist nötig, dass du endlich deine Eigenschaft begreifst und sie kontrollierst, anstatt dich in Extremsituationen von ihr kontrollieren zu lassen." Xeluna Nach wenigen Schritten waren die Stimmen hinter uns verstummt. Es war still hier. Fast schon zu still. Keine Tiere, obwohl es sie hier 'zu Genüge' geben sollte. Gerade wollte ich Saix darauf ansprechen, als er die rechte Hand hob und stehen blieb. War wohl besser so. Er hatte es noch nie geschätzt, wenn jemand ihn mit offensichtlichen Tatsachen überhäufte, nur um schlau zu wirken. Konnte man ihn auf etwas aufmerksam machen, das ihn überraschte... ja, dann war er beeindruckt. Würde es natürlich nie zugeben. Ich lauschte. Das Geräusch von Schritten, unverkennbar von schweren Stiefeln verursacht, drang durch das Gebüsch zu uns hindurch. „So wird er keine Herzlosen finden... Sie aber ihn“, murmelte ich kopfschüttelnd. Dieser Mann sollte eine Gefahr für unsere Organisation sein? Wir sollten ihn aus dem Weg schaffen? So wie es aussah, würde er das ganz gut allein hinbekommen. Nur mit einem Speer (zu allem Überfluss auch noch selbst geschnitzt) auf Herzlose loszugehen? Na Gesundheit. „Und ihn sollen wir jetzt... töten?“, fragte ich zögerlicher, als es mir lieb war. Ich hatte kein Problem damit, Missionen jeglicher Art auszuführen, doch einen Menschen zu töten... nun, es war seltsam. Saix nickte. „Er mischt sich in unsere Angelegenheiten ein. Er hat hier nichts verloren.“ Ich seufzte. Ich hatte kein Problem, zu töten. Zumindest nicht, wenn es Herzlose waren oder ich angegriffen wurde. Töten zur Selbstverteidigung? Natürlich. Doch aus dem Hinterhalt einen Mann zu töten, nur weil er völlig menschlich handelte und seine Kameraden von einer möglichen Gefahr unterrichtete...? Er wollte ihnen nur helfen. Doch Saix hatte recht. Er WAR eine Bedrohung für uns. Behinderte uns beim Erreichen unseres Ziels. Damit stand die Sache fest. Ich ließ meine Fächer erscheinen und warf einen Blick auf Saix. Er nickte und der Kampf begann. Kampf. Eine solche Situation als 'Kampf' zu bezeichnen war wirklich absurd. Es ging alles viel zu schnell. Ich hatte Nebel beschworen, den Mann nur einen verwirrten Laut von sich geben hören und Saix's Silhouette mit erhobenem Claymore auf ihn zu rasen gesehen. Er hatte nicht damit gerechnet. Nie gedacht, dass so etwas passieren konnte. Doch es war geschehen. Ich hatte ihn völlig unerwartet getroffen. Saix verlor das Gleichgewicht, als mein Körper gegen seinen prallte. Als wir zusammen auf dem Boden aufkamen, hatte sich mein Nebel verzogen und der Mann war verschwunden. Xiomara Die Vorbereitungen waren schnell getroffen, indem wir uns von den Mänteln und Handschuhen befreiten und ich meine Haare brutal in einen Zopf zwang. Ich war zu allem bereit. Und so begann das Training, vor dem ich mich immer gedrückt hatte. Axel ging das Ganze erstaunlich strukturiert an und überraschte mich mit diesen pädagogischen Fertigkeiten. Zuerst führte er mir einige Aufwärm-, und Lockerungsübungen vor, die mich beinahe schon an die Grenzen meiner Beweglichkeit brachten. Axel hingegen glitt elegant von einer Figur in die nächste, was mich daran rätseln ließ, wann er bitte regelmäßig trainierte. Denn ohne Routine waren diese Übungen beinahe unmöglich so locker zu bewältigen. Ich war schon nach einigen Minuten völlig am Ende, während er nicht mal schwitze! Wie demütigend war das denn bitte?! Netterweise erwartete er von mir keine perfekten Leistungen, korrigierte meine Haltung und Spannung mit sanfter Nachsicht, erwartete jedoch, dass ich alles so gut es ging versuchte. Lustigerweise hätte ich die Übungen wahrscheinlich mit einem anderen Lehrer besser hinbekommen, denn immer noch musste ich mich jedes Mal beherrschen, wenn ich seine warmen Hände spürte. Das Knistern war einfach unerträglich. Es war zum Verrücktwerden, denn Axel war nun vollständig Lehrer, und machte schnell deutlich, dass es im Moment nur um das Training gehen sollte. Pah, das konnte ja noch heiter werden. Nachdem ich beinahe den Boden bei der irrwitzigen Herausforderung geküsst hätte, auf einem Bein mein anderes kerzengerade in Richtung Decke zu strecken, beendete er diese Demütigung. Um in die Theorie überzugehen... Vollkommen überhitzt tat ich es also Axel gleich, indem ich mich auf den Boden setzte und meine Muskeln dehnte, während er anfing, zu sprechen: "Du brauchst ein körperliches Bewusstsein und ein gewisses Gleichgewicht, wenn du deine Eigenschaft gezielt kontrollieren willst. Die Eigenschaft ist ein Teil von dir, nichts Abstraktes. Du musst fühlen, dass du die Eigenschaft bist. In ihr aufleben und sie akzeptieren." Haha, witzig, wenn deine Eigenschaft der Tod war... Am besten besorgte ich mir einen schwarzen Umhang und eine Sense. Doch ich verkniff mir diesen Kommentar und lauschte weiter. "Jede Eigenschaft hat Vor-, und Nachteile. Sprich, du erhältst etwas, jedoch fordert es auch immer einen Tribut. Bei den meisten setzt einfach eine gewisse Ermüdung ein, doch manche Eigenschaften sind im Tribut detailreicher. Diese Vor-, und Nachteile musst du raus finden, denn sie sind immer individuell. Leider gibt es keinen wirklichen Test oder Faustregel. Das Muster musst du durch Anwendung erkennen.", meinte er leicht lakonisch und bedauernd. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass Axel Wert auf Theorie legen würde. Tja, so wurde ich eines besseren belehrt. "Um es dir zu veranschaulichen: Ich ziehe Kraft aus jeder Hitzequelle, ob Lebewesen oder Sonstiges, und kann mit diesen meine eigene Macht kurzzeitig mehren. Jedoch entziehe ich diesen Hitzequellen, und früher auch zwangsläufig mir selbst, nötige Wärme. Außerdem kann ich nur ein gewisses Maß an Mehrung beherrschen, was mir zwangsläufig feste Grenzen aufzeigt. Sprenge ich diese Grenzen, habe ich keine Kontrolle mehr über das Feuer und seinen Zerstörungsradius. Es würde mich selbst verzehren." Wow, obwohl ich keine Ahnung von solchen Etiketten unter Niemanden hatte, war mir klar, dass er mir gerade wahnsinnig vertraute, seine Eigenschaft so offen zu legen. Er machte sich verwundbar. Doch seine Erläuterung zeigte Wirkung. Zum ersten Mal befasste ich mich wirklich mit den Eigenschaften und begriff endlich, wie komplex dieses Thema eigentlich war. Und wie wichtig. Beinahe schämte ich mich, als Niemand so ahnungslos zu sein. Mein Tribut war eigentlich schon klar... Eiszeit in meinem Inneren. Doch in welcher Relation mein Tribut zur benutzten Macht stand, sprich, wie viel Macht wie viel Kälte auslöste, wusste ich noch nicht. "Also müssen wir meinen Vorteil und meinen Tribut genau erfassen, bevor wir überhaupt an die eigentliche Arbeit gehen.", schlussfolgerte ich ruhig, was Axel mit einem ernsten Nicken bestätigte. Das würde viel Arbeit werden... Xeluna Es gibt Momenten, in denen man alles geben würde, um die Zeit zurück zu drehen. In denen man einen Fehler so sehr bereut, dass man sich nicht einmal entschuldigen kann. Es gibt Augenblicke, in denen die Zeit keinen gewohnten Regeln mehr zu folgen scheint. In denen sie sich rasend schnell fortbewegt, dann stoppt und schließlich in Zeitlupe fortfährt. Es gibt Situationen, in denen man das Atmen vergisst, weil es einfach nicht mehr wichtig ist. Weil man denkt, dass sowieso alles vorbei ist. In so einer Situation befand ich mich gerade. Die Zeit stand still. Genau wie mein Herz und meine Gedanken. Ich blickte in Saix's Augen. Auch wenn die meisten sie immer als ausdruckslos beschrieben, hatte ich immer Gefühle in ihnen entdecken können. Doch nun... nun war sogar mir jeglicher Zugang verwehrt. Sie waren kalt. Keine der sonst, wenn auch schwer, zu entdeckenden Freude war zu finden. Keine Trauer. Nicht einmal Wut. Es gibt Momente im Leben, in denen man nicht mehr atmen kann. Man spürt wie einem die Luft ausgeht. Man möchte atmen, MUSS atmen. Doch der eigene Körper versagt. Es kam mir vor wie ein ganzes Leben. Vielleicht war es das auch. Vielleicht haben wir mehr als nur ein Leben und in Situationen wir diesen verlieren wir sie. Stück für Stück. Ich fühlte mich leer, unendlich leer. Noch nie hatte ich verstanden, wieso die anderen Saixs Wärme nicht wahrnehmen konnten. Wieso sie ihn als kalt sahen, sogar als böse, um es in Demyxs Worten zu sagen. Nun verstand ich es. Alles was ihn, als er noch unter dem Namen 'Isa' bekannt war, ausgemacht hatte, war verschwunden. Er war Saix. Jegliche Ähnlichkeit zu seinem Jemand war verschwunden. Dieser Gedanke traf mich härter als mich jede Kampfwunde jemals hätte treffen können. Er war nicht Isa. So sehr ich es mir auch einbildete. Er war Saix. Vielleicht war es gut, dass mich die Wahrheit endlich eingeholt hatte. Ich hatte es immer gewusst. Und es mindestens ebenso oft geleugnet. Wollte es nicht sehen, es nicht wahrhaben. Nun wusste ich es. „Wieso hast du das getan?“ Seine Stimme wahr ruhig. Ich hätte Wut erwartet. Vielleicht Verwirrung. Doch nichts, nicht einmal die kleinste Spur von Gefühlen war in ihr zu hören. „Ich wollte nicht, dass er stirbt.“ Ich wusste, dass ich es war, die diesen Satz gesagt hatte. Doch hörte sich meine Stimme fremd an. „Er war nicht böse. Er wollte nur seine Freunde vor einer Gefahr bewahren.“ Saix's nächste Aussage werde ich für den Rest meines Lebens in meinem Gedächtnis behalten. Sie brannte sich ein, wie ein Brandmal auf meinem angeblich nicht vorhandenem Herzen. „Xeluna. Du scheinst eine Sache zu vergessen. Du bist ein Niemand. Du bildest dir ein Gefühle zu haben. Bildest dir ein, Mitleid mit einem Fremden zu haben. Du bildest dir ein, dass du immer noch die selbe Person bist, die du einmal warst. Du bist nicht Lunea, genauso wenig wie ich Isa bin. Es wäre besser für alle Beteiligten, wenn du es endlich einsehen würdest.“ Er öffnete ein Tor zur Finsternis und blickte mich ein letztes Mal an, bevor er sich abwendete und von der Dunkelheit verschluckt wurde. „Wenn du zurück kommst, hast du die Mission erledigt.“ Xiomara "There's a memory of how we used to be that I can see through the flames. I am hypnotized as I fantasize. Forgetting lies and pain. But I can't go back." Die Musik schallte nun basslastig aus der Anlage, während ich versuchte, mich an Axels Anweisungen zu halten und mich vollkommen zu lockern. "Sei einfach du selbst." Haha, mit wem sprach er da? Als wäre ich jemals ohne extreme Überwindung ich selbst gewesen. Ich kam mir vor wie bei einer Therapie-Sitzung. Nun gut. Entspannung. Langsam ein-, und ausatmen. An nichts denken. Nur Agieren und Reagieren. "The ashes call my name." Und Milisekunden, bevor ich die Augen öffnete, hörte ich seine Bewegung. Wie er auf meine linke Seite zu schoß. "Pouring the fuel, fanning the flames. Breaking the habit and melting the chains. Embracing the fear, chasing the fight. The glow of the fire will light up the night. The bridges are burning, the heat's on my face." Vollkommen von dem Impuls, sich zu verteidigen eingenommen, beschwor ich in einer fließenden Bewegung mein erstes Schwert und schon krachten seine Chakrams dagegen. Funken sprühten und eine Hitzewelle fegte über mich hinweg. Der Schlag war heftig gewesen. Beinahe zu viel für mich. Erschrocken erkannte ich, wie ernst Axel machte. Verdammt ernst. "Making the past an unreachable place. Pouring the fuel, fanning the flames. I know, this is the point of no return." Angespornt von dem fordernden Ausdruck in seinen lächerlich grünen Augen - Ja, sogar während wir aufeinander einschlugen achtete ich auf sowas!-, schlug ich mit dem zweiten Schwert, das sich auf Abruf materialisierte, auf ihn ein. Doch leider ging dieser schwungvolle Schlag ins Leere. Mit eine beinahe zu schnellen Bewegung wich Axel aus und vollführte einen Rückwärtssalto. Dieser Mann war wirklich der Attentäter der Organisation, das wurde mir zum ersten Mal bewusst. Er war gefährlich und dazu ausgebildet zu siegen. "It's uncontrollable. Such a beautiful desire. There's something sinister about the way it hurts when I watch it burn. Because I can't go back." Es ist unkontrollierbar. Solch eine wunderschöne Sehnsucht. Es ist etwas finsteres in der Art, wie es schmerzt, wenn ich es brennen sehe. Denn ich kann nicht zurückgehen... Ja, dieses Lied hatte er nicht ohne Grund als musikalische Untermalung gewählt. Doch lange blieb mir nicht Zeit, die Musikexpertin zu mimen, denn schon setzte Axel zu einem neuen Schlag an, indem er plötzlich Feuerbälle auf mich warf. Verdammt! So ernst wollte ich das Training doch auch nicht! Verbrennungen taten verflucht weh und heilten sogar mit unserem verschnellten Prozess nur mühsam. Aber ich wusste, dass Axel dieses Mal keine falsche Rücksicht nehmen wollte. Er war hier, um mir zu helfen und er wusste verdammt gut, dass ich eine gewissen Zurückhaltung hatte, meine Eigenschaft zu benutzen. Diese wollte er wohl jetzt wegbrennen. Beinahe etwas panisch durch diese, plötzlich sehr reale, Bedrohung sprang ich hin und her, um den Geschossen auszuweichen und fluchte innerlich laut auf, als ein Feuerball meine Wange versenkte. Dieser Mistkerl! Von wegen pädagogische Qualitäten, wenn ich nicht aufpasste, war ich bald nur noch ein Aschehäufchen und Larxene konnte sich freuen. "The ashes call my name." Haha, waren die Lyriks gerade eine Ironie. Axel gönnte mir keine Pause, während das Feuer um mich herum schnellte, sodass ich langsam an meine körperlichen Grenzen gebracht wurde. Nun gut, zum Teil lag es an der falschen Zurückhaltung, dass ich Axel nicht verletzen wollte, doch andererseits irritierte mich diese Situation auch ziemlich. Ich war nie ein Feigling gewesen, aber eine Kämpferin? Ganz sicher auch nicht. Besonders wenn ich gegen den Mann kämpfte, den ich liebte. Und wie es schien, wollte Axel, dass ich auf meine Eigenschaft zurückgreifen musste, um mich zu verteidigen. Er bedrohte mich bewusst real, damit ich endlich ernst machen musste. Fehlgeleitete Zuwendung konnte man das wohl nennen... "Pouring the fuel, fanning the flames. Breaking the habit and melting the chains." Zwanghaft versuchte ich mich daran zu erinnern, was Axel über die Eigenschaften gesagt hatte... Ein Teil von mir. Ich musste kontrollieren und mich nicht kontrollieren lassen. Akzeptiere die Eigenschaft. Du bist der Tod. Und während ich alles nochmal wiederholte, was er mir gesagt hatte, erkannte ich es. Fand es. Oder es ließ sich endlich finden. Wie auch immer, das Ergebnis war dasselbe. Ich spürte auf einmal dieses gewaltsame Flackern in mir. Eine dunkle Regung, als wäre ein Raubtier in mir, das endlich erkannt hatte, dass sein Wirt in ernsten Schwierigkeiten steckte. Und es war bereit, einzugreifen. Mich zu beschützen. Und dabei alles aus dem Weg zu räumen, um zu überleben. Und das gerade rechtzeitig, denn vor lauter innerer Selbstsuche hatte ich einen riesigen Feuerball nicht gesehen, der nun in Höchstgeschwindigkeit auf mich zuraste. Dieses Mal blieb keine Zeit für Angst vor den Konsequenzen. "Embracing the fear, chasing the fight." Meine Eigenschaft drängte sich an das Gefängnis, in dem ich es normalerweise gut eingeschlossen hielt und bereitwillig öffnete ich die Ketten und ließ sie frei durch mich pulsieren. Ließ zu, dass diese Kraft sich in jeder Zelle ausbreitete. Ich trat die Kontrolle bereitwillig ab und gab mich dem Gefühl hin. Niemand konnte mich töten, und jeder, der es wagen würde, musste sterben, huschte es mir durch den Kopf, während ich mit meiner Eigenschaft verschmolz. Als wäre es ein Kinderspiel erkannte ich den Feuerball als das, was er war: Lebensenergie, die ich absorbieren konnte. Absorbieren musste. "The glow of the fire will light up the night." Das Gefühl der Macht, das mich durchströmte, als ich die gesamte Energie des Feuers in mich aufnahm, war unbeschreiblich. Es war wie ein Rausch, indem ich nur noch fühlen konnte. Ein schwarzer Schleier bedeckte meine Sicht und ich ließ mich von diesem Gefühl hinfort tragen. "The bridges are burning, the heat's on my face." Und es fühlte sich verdammt gut an, während ich immer mehr an Stärke gewann. Bis das Maximum meiner eigenen Macht erreicht war und es mich nach mehr dürstete. "Making the past an unreachable place." Wie ein Magnet zog es mich zu dieser einzigartigen Lebensquelle, die so herrlich vor mir leuchtete. "Pouring the fuel, fanning the flames." Ich spürte das Kribbeln auf meiner Haut, als die Lebensenergie, nach einem kleinen Widerstand, der leicht zu brechen war, langsam in mich überging. Und ich erkannte in der winzigen Ecke meines Kopfes, die sich nicht diesem Gefühl von absoluter Macht hingab, dass das mein Vorteil war: Ich konnte Lebensenergie aufnehmen. Und es gab keine Grenze. Hunderte könnte ich so aufnehmen, denn ich weigerte mich zu glauben, dass ich jemals genug von diesem Gefühl haben würde. Es war die Essenz des Lebens, die ich beherrschte. "I know, this is the point of no return" Als die Quelle langsam zu versiegen begann, wollte ich dennoch mehr. Mehr von diesem süßen Rausch der Lebensenergie. Ich fühlte mich lebendiger als je zuvor. Doch diese Sehnsucht nach mehr geriet plötzlich ins Stocken, als sich mir ein anderer Gedanke aufdrängte. Axel... Sollte er nicht bereits neben mir stehen, mich in den Arm nehmen und mit diesem stolzen Ausdruck in den Augen loben, dass ich meine Eigenschaft endlich hervorgebracht hatte, ohne die Kontrolle zu verlieren? Ohne zu töten? Ohne in Kälte zusammenzubrechen? Immerhin tat ich das hier auch für ihn. Ich wollte wieder ich selbst sein, ohne Angst vor Zurückweisung oder meiner Eigenschaft. Ich wollte gut genug für ihn sein. Wollte stark sein, wie er. Er war schließlich mein Anker in dieser Welt. Ich liebte ihn doch auf so beängstigend vertraute Weise. Und da realisierte ich es. Begriff, was gerade passierte. Diese Lebensquelle, von der ich Lebensenergie absorbierte... Nein! Nein, das durfte nicht wahr sein! "I won't turn around." Xeluna Es gibt viele Wege um jemandem die Liebe zu gestehen. „Ich würde für dich sterben“ ist einer davon. Manche bevorzugen die Variante „Ich werde für dich leben“. Die Möglichkeit „Ich würde für dich töten“ ist hingegen weniger romantisch. Ich war nicht romantisch. Hatte noch nie sehr viel dafür übrig gehabt. Zwar fand ich es niedlich, zum Beispiel Demyx zu sehen, wie er an Valentinstag vor romantischen Gefühlen fast überquoll, aber ich selbst brauchte keine Herzen und rosa Plüschbärchen. Isa und ich hatten nie..nein. Falsche Gedanken, Xeluna. Nicht Isa und du. Isa und Lunea. Der Schmerz, als ich meine Faust gegen den Baum krachen ließ, schoss bis in die Schulter, nur um wieder in die Hand zu fahren und dort zu verweilen. Spüre den Schmerz. Spüre den Schmerz für jedes Mal, dass du diese Gedanken zulässt. Du bist nicht Lunea. Saix ist nicht Isa. Du bist nicht Lunea. Er ist nicht Isa. Deine Gefühle sind Erinnerungen. Luneas Erinnerungen. Lunea hat Isa geliebt. Nicht du. Du bist nicht Lunea. Saix ist nicht Isa. Wie ein Mantra wiederholte ich diese Gedanken wieder und wieder. Du bist nicht Lunea. Deine Gefühle sind Erinnerungen. Einbildung. Wunschdenken. Du bist nicht Lunea. Ich fuhr herum. Beschwor meine Fächer. Lief los, in die Richtung, in die der Mann verschwunden sein musste. Dachte nicht mehr nach. An gar nichts. Spürte nichts, weder den zuvor pochenden Schmerz in meiner Hand, noch die vorherige Kälte in meinem Herzen. Meine Gedanken waren befreit von jeglichen Sorgen. Ich fand ihn schnell. Sehr schnell. Getötet hatte ich ihn noch schneller. Es war einfach gewesen. Viel einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte. Er hatte nicht einmal mehr Zeit gehabt zu schreien. Nur seine Augen hatten sich überrascht geweitet, als ich seine Halsschlagader mit einem sauberen Schnitt durchtrennte und den Körper zu Boden fallen ließ. Das Blut brachte meinen Mantel zum Glänzen. Dunkle Flecken auf noch dunklerem Leder. Rote Flecken auf heller Haut. Ich wischte mit meiner Hand über den Blutfleck auf meinem Gesicht, verschmierte ihn jedoch nur. Es kümmerte mich nicht. Nichts kümmerte mich. Mit ausdruckslosem Gesicht öffnete ich ein Tor zur Finsternis und ließ unser nun lebloses Missionsziel zurück. Einst lebendig, nun reglos und bald kalt, nur weil er seine Freunde, seine Familie retten wollte. Weil er getan hatte, was er für richtig hielt. Weil er sich ohne es zu wissen in falsche Angelegenheiten eingemischt hatte. Weil er... Gefühle hatte. Ich trat auf das Tor zu und fühlte die Kälte der Dunkelheit mich umfangen. Als ich mich noch einmal umblickte, schien ein Mädchen neben dem Mann zu stehen. Braune Haare, blaue Augen. Einen Mondanhänger um den Hals tragend. Lunea. Ich nickte ihr zu und sah sie sich in Luft auflösen. Leb Wohl, Lunea. Willkommen, Xeluna. Ich ließ mich von der Dunkelheit verschlucken und wusste, dass ich meine Vergangenheit endgültig hinter mir gelassen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)