Dance with me von sissyphos (Naruto & Sasuke) ================================================================================ Kapitel 17: Hauch von Annäherung -------------------------------- Es war sieben Uhr abends, als wir zuhause ankamen. Mein Vater war bereits daheim, ignorierte mich aber gekonnt. Weil er sich nicht entschuldigen wollte. Aber das brauchte er auch gar nicht. Ich war ja schließlich selbst schuld an dem, was passiert war. Er begrüßte Itachi jedoch mit einem flüchtigen Lächeln, fragte nach seinem Befinden und wie es mit dem Studium voran ginge. Ich stand daneben. Mit meinem blauen Auge und kam mir so unsagbar dämlich vor. Traute mich aber gleichzeitig auch nicht den Mund aufzumachen, gab keinen Mucks von mir, starrte einfach nur, von mir selbst beschämt und mit geröteten Wangen, zu Boden. Ich war erwachsen. Deshalb durfte ich mir nichts anmerken lassen. Es war sowieso am besten, er sah mich gar nicht erst an. Denn das Einzige, was er in mir sah, war und ist ein Versager. Und zwar auf Lebenszeit. Und während Itachi auf seine Fragen, wie immer höflich antwortete, wuchs wieder die Wut in mir. Ich war eifersüchtig - auf meinen eigenen Bruder. Unmerklich zog ich an seinem Ärmel, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich gehen wollte. Dabei hätte ich mich umdrehen und alleine weggehen können. Wollte ich aber nicht. Er sollte mitgehen. Damit Vater ihn nicht weiter hochloben konnte. Damit er sich nicht weiter so mit Itachi unterhielt, wie er es mit mir tun sollte. Das war nicht gerecht. Nicht fair. Und andererseits wieder doch. Itachi war tüchtiger und besser in dem, was er tat. Er rebellierte nicht. Brauchte er auch gar nicht zu tun. Ich rebellierte dagegen schon. Irgendwie. Vielleicht ein bisschen. Überhaupt nicht. Wütend, aber dennoch mit betont leisen Schritten, um Vater keinen neuen Grund zu geben, auf mich sauer zu sein, schritt ich durch den Flur, nun dicht gefolgt von Itachi, der immer wieder versuchte meinen Arm zu greifen. Doch ich entriss mich jedes Mal und ging einfach weiter. Blieb nicht stehen. "Sasuke", zischte er hinter mir. Aber nicht bösartig. Nein, seine Gutmütigkeit - seine Perfektion - ruhte wie zu jeder Tageszeit und Situation in seiner Stimme. Ich wollte auch so sein - so perfekt. Auf einmal - in meinem Zimmer angekommen - blieb ich abrupt stehen und machte auf der Stelle kehrt, starrte von einem Geistesblitz getroffen in Itachis überraschte Augen. "Zeig' mir, wie das geht", forderte ich und machte einen Schritt auf ihn zu. "Wie was geht?" Im Hintergrund hörte ich das Ticken meiner Uhr. Draußen war es wieder windig. Der Regen hatte nicht nachgelassen, prasselte gegen meine Fensterscheibe. Gab mir nur noch mehr Gründe wütend zu sein. Genauso wütend und unberechenbar wie das Wetter. Unbezwingbar. Das wollte ich sein. "So zu sein, wie du." Itachis Gesicht nahm traurige Züge an, als ich das sagte. Und das nervte mich am meisten. Dieses verdammte Spiel, das er mit mir trieb. "Sasuke, damit hat das doch gar n-" "Ich will dein scheiß Mitleid nicht! Ich will, dass sich etwas verändert. Jetzt! Also zeig' es mir endlich!", drängte ich und packte ihn zornig am Kragen. Doch Itachi blieb ruhig. Er hatte keine Angst vor mir. Mit seiner makellosen, selbstsicheren Ausstrahlung - seiner Süffisanz - trat er mir eiskalt und mitten ins Gesicht, gab mir zu verstehen, wie machtlos ich war. Seine Perfektion - sie kotzte mich an. Alles an ihm kotzte mich an. "Du willst doch gar nicht so sein wie ich. Das sagtest du doch", murmelte er und setzte sein freundliches Lächeln auf, löste dabei behutsam meine Hände von seinem zerknitterten Hemd. "Will ich auch nicht!", schnauzte ich ihn an. Dachte absolut nicht mehr darüber nach, was ich überhaupt von mir gab. "Ja, siehst du", lächelte mein Bruder mir dreist ins Gesicht. Sein gottverdammtes Lächeln. Sein gottverdammtes Lächeln, das auf jedem einzelnen Familienfoto zu sehen ist! Dieses Lächeln, das so viel schöner ist, als mein eigenes! Tagaus, tagein rennt er mit diesem gottverdammten Lächeln durch die Gegend, erntet überall nur Lob, nur Anerkennung und strahlt wie der Sonnenschein durch sein gottverdammtes Leben. "Und ich stehe daneben wie ein Vollidiot", sprach ich meine Gedanken laut aus und in diesem Moment platzten einfach alle aufgestauten Gefühle aus mir heraus, wieder einmal gab ich Itachi für alles die Schuld, wollte einfach nur, dass er mich von seinem bekloppten Mitleid verschonte und holte aus, um ihm meine Wut direkt ins Gesicht zu schlagen. Ich wusste, dass dieses Gefühl, einem anderen Schmerzen zuzufügen, für einen winzigen Augenblick meinen eigenen lindern würde. Dass ich kurz aufatmen und alles vergessen könnte. Und diesen kleinen Moment brauchte ich jetzt. Doch es kam nicht dazu, denn mein Bruder griff blitzschnell meine Hand, packte mich an der Schulter, zog, wandt mich herum, und schneller als ich gucken konnte, hatte er mir den Arm auf den Rücken gedreht. Es tat weh. Ich keuchte auf, biss die Zähne zusammen. Nicht einmal so konnte ich mit ihm konkurrieren. In nichts konnte ich mit ihm gleichziehen. Ich war schwach. Ganz einfach schwach. "Beruhige dich, Sasuke", murmelte er und als er spürte, dass mein Körper an Anspannung verlor, lockerte er seinen Griff ein wenig. "Du kannst mich anschreien, das kann ich ertragen. Irgendwie runterschlucken. Ich versteh dich ja auch. Glaube ich zumindest. Aber ich werde mich nicht von dir schlagen lassen, nur weil du dich bei Vater nicht durchsetzen kannst." Einen Scheißdreck verstehst du. Völlig unfassbar, dass ich ihm auf einmal wieder so viel bedeutete. Wo er doch damals, als ich ihn wirklich brauchte, einfach gegangen war. Hatte gesagt, ich würde das schon schaffen und er wäre bald wieder da. Einen Scheißdreck hab ich geschafft. Und zurück kam er jetzt, nach über zwei Jahren. Wieder bloß auf Zeit. Zuvor nur mal aufs Wochenende, ein paar Tage. Einzig und allein für kluge Sprüche, die bei ihm selbst nie zum Einsatz kamen, dafür fand er stets die Zeit. "Ich hasse dich", drückte ich nur trotzig hervor, während meine Unterlippe zu zittern begann. Ich würde nicht weinen. Nicht vor ihm. Niemals. Und ich tat es auch nicht. Schluckte meinen Schmerz nur wie so oft hinunter. Mein Bruder nahm mich in den Arm, drückte mich. "Ich weiß. Aber das ist okay, Sasuke. Dafür sind große Brüder ja schließlich da." Ich schluckte noch einmal schwer, da ließ er mich auch schon wieder los, ging an mir vorbei und setzte sich auf mein Bett, klopfte - natürlich lächelnd - neben sich auf das Laken. Erst zögerte ich, doch dann erinnerte ich mich plötzlich, als ich ihn so da sitzen sah, in einem einzigen Gedankenzug an die Momente in unserer Kindheit, als wir gemeinsam auf der Veranda gesessen hatten und ich wusste, dass es gute Erinnerungen waren. Damals erzählte mir Itachi Geschichten, ganze Märchen von Kriegern und riesigen Königreichen, die er sich teilweise sogar selbst ausdachte. Zu der Zeit hatte ich ihn für sein Wissen, seine Gutherzigkeit und auch sein Talent bewundert. Schon damals wollte ich so sein, wie er. Ein kleines Kind, das zu seinem großen, starken Bruder aufsah. Das war ich. Doch wo war all die Zeit geblieben? Jetzt, mit meinen 18 Jahren, war ich fast ausschließlich eifersüchtig auf ihn und sein Talent. Verdrängte die guten, gemeinsamen Stunden in die hintersten Ecken meines Gedächtnisses. War zerfressen von einem Übermaß an Neid, das in all den Jahren prächtig heranwachsen und gedeihen konnte. Ich wusste das. Aber ich konnte nichts dagegen tun. Nun saß ich also neben ihm und starrte einfach nur beschämt hinunter auf meine Handflächen. Es war jedes Mal das Gleiche: Erst verlor ich die Beherrschung, was doch sonst nicht meine Art war, dann beruhigte mich Itachi und schließlich bereute ich das, was ich getan oder gesagt hatte. Ich fühlte mich für eine gewisse Zeit sogar richtig mies. Vor allem, wenn er trotzdem bei mir blieb. Weiterhin lächelte, obwohl ich ihm weh tat. Es musste ganz einfach so sein. Ich fragte mich, was sich wirklich hinter diesem stets so freundlichen und fröhlichen Gesicht verbarg. In letzter Instanz war Itachi doch auch nur ein Mensch und alles andere, als perfekt. Für den Moment sah ich das ein. "Ich...hab's nicht so gemeint." Ich wusste, dass er mich ansah, traute mich aber nicht in die gutmütigen Augen meines Bruders zu sehen, die mir alles verziehen. Einfach alles. Obwohl ich das überhaupt nicht verdient hatte. Schon lange nicht mehr. "Ich weiß." "Es ist okay." Ich kniff die Augen zusammen. "Gar nichts ist okay! Ich hätte dich beinahe -", dann brach ich schlagartig ab, spürte das Zittern in meinen Fingern aufkommen. Dieser Dialog kam mir schmerzhaft bekannt vor. "Naruto", platzte es plötzlich in aller Geistesabwesenheit aus mir heraus. Bei ihm war ich ruhig geblieben. Geborgenheit - schoss es mir durch den Kopf. Hier bei Itachi, wo es eigentlich anders sein sollte, wurde ich wütend, beinah hysterisch. Vergaß meine Selbstkontrolle. Sah Gewalt als einzigen Ausweg. Was hatte das zu bedeuten? Sollte Naruto etwa mehr Bruder für mich sein, als Itachi es war? "Was ist mit dem?", fragte mein echter Bruder nun nach. Überrascht blinzelte ich. "Was ist mit wem?" Itachi seufzte. "Ja, mit Naruto. Du hast ihn gerade aus heiterem Himmel erwähnt, falls dir das nicht bewusst ist." Forschend blickte ich in seine schwarzen, kühlen Augen. Irgendetwas sagte mir, dass ich dieses Gespräch gar nicht erst weiterführen wollte. "Achso, gar nichts", winkte ich deshalb ab und ließ mich mit dem Rücken auf mein Bett niedersinken. Ich wollte einfach nur noch schlafen. Am liebsten wieder auf seiner Couch. Da erreichte mich die Stimme meines Vaters nicht. Naruto ließ ihn nicht zu mir. Ein flüchtiges Lächeln umflog meine Mundwinkel, während mein Blick kurz das sterile Weiß der Decke musterte, bis meine Lider schließlich erschöpft nieder sanken. "Sasuke", begann Itachi daraufhin mit einer gewissen Ernsthaftigkeit in seiner Tonlage, weshalb ich meine Augen wieder einen Spalt weit öffnete und zu ihm hochsah. "Nur eins: wenn du wenigstens das letzte bisschen Anerkennung, das Vater dir zukommen lässt, behalten willst, dann halt dich gefälligst von Naruto fern." Umgehend verengten sich meine Augen zu einem bedrohlichen Schlitz. Er sollte mich endlich von seinen irrelevanten Ratschlägen verschonen. Das grenzte schon stark an Bevormundung, ja nahezu an Vorschriften, die er mir erteilte. Wie Gebote! "Du hast mir überhaupt nichts zu sagen", brummelte ich. Ausdruckslos wandt Itachi den Kopf von mir ab, schien die Wand uns gegenüber zu betrachten. "Da magst du recht haben. Aber ich bin auch nicht derjenige, der in Selbstmitleid versinkt, alles tun will, um zu gefallen, aber gleichzeitig das eigentliche Problem überhaupt nicht realisiert." Demonstrativ drückte ich mir die Hände auf die Ohren. "Oh, verschon mich bitte von deinen Predigten!" Wieder seufzte Itachi. "Du schmollst wie ein kleines Kind." Wütend verzog ich den Mund. "Halt die Klappe! Ich bin erwachsen!", schoss es reflexartig, wie ein Selbstschutzmechanismus, aus mir heraus. "Wenn das wirklich wahr ist, warum machst du dann nicht endlich die Augen auf? Du bist blind für die Realität, so scheint's mir. Sonst hättest du schon längst gemerkt, dass..." Itachi beendete den Satz nicht, ließ ihn mit leiser Stimme ausklingen, den unausgesprochenen Rest im Raum stehen und erhob sich dann plötzlich, bereit zu gehen. "Was hätte ich sonst schon längst gemerkt?", hakte ich nach und richtete mich im selben Moment auf dem Bett auf, schlug einmal mit der Faust auf das weiße Laken, als er mir nicht direkt Antwort gab. "Das hab' ich dir schon einmal gesagt. Aber du glaubst es ja doch nicht. Und ich ahne auch, woran das liegt, dass du es nicht verstehen willst. Aber keine Sorge, Sasuke. Ich werde dich vor deinem Fehler bewahren", murmelte mein Bruder, als er im Türrahmen stand und mir ein letztes Lächeln zuwarf, während das Flurlicht grell in mein Gesicht schien und kurz darauf wieder verging, als die Tür klackend ins Schloss fiel. "Du laberst so eine hirnlose Scheiße", flüsterte ich leise in das leere Zimmer, legte mich dann wieder auf mein Bett und ließ den Kopf erschöpft in dem großen Kissen versinken. Noch bevor ich näher über seine Worte nachdenken konnte, vibrierte plötzlich mein Handy in der Hosentasche. Etwas mürrisch zog ich es heraus - eine SMS von Hinata. hi sasuke wie gehts dir so? wollt nur mal fragen ob du vllt schon mit naruto gesprochen hast du weißt schon wieso hat aber keine eile, lass dir zeit lg hinata Ich musste lächeln. Sie war wirklich süß, verstand es unbewusst ziemlich gut, mich mit ihrer niedlichen Art alles umgehend erledigen zu lassen. Mit Naruto über sie zu sprechen - das hatte ich völlig vergessen. Ich würde es definitiv nachholen. Gleich morgen. Hinata war in jeder Hinsicht die ideale Freundin für Naruto. Sie war hübsch, intelligent, ruhig und schüchtern. Fast in allem das genaue Gegenteil von ihm. Vielleicht war sie in der Lage, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen und einen erwachsenen Mann aus ihm zu machen. Nachdenklich drehte ich mich auf die Seite, stellte mir die beiden als Paar vor. Wieder umspielte ein Lächeln meine Mundwinkel. Naruto hatte sie, meine wohlgeschätzte, vielleicht sogar beste Freundin, wirklich als Partnerin verdient. Mein bester Freund und meine beste Freundin - ein Paar. Im nächsten Moment schwand mein Lächeln allmählich. So sehr mir dieser Gedanke auch auf der einen Seite zusagte, genauso stark missfiel er mir auf der anderen. Wenn man zusammen ist, dann unternimmt man viel miteinander, vor allem allein. Man geht aus, verbringt kuschelige Abende Zuhause - vielleicht bei Kerzenschein - und allgemein viel Zeit miteinander. Das bedeutete im Umkehrschluss, dass er dann keine mehr für mich hätte. Und so egoistisch das auch sein mochte: ich wollte das nicht. Weil ich ihn...irgendwie...in meiner Nähe brauchte. Auch wenn ich das niemals zugeben würde, war er doch eine Art Stütze für mich, jemand der mir Halt gab. Er war mir wirklich wichtig. Am nächsten Tag saß ich gegen Abend, nach einem überaus anstrengenden Schultag, in Narutos Küche, der anscheinend vor kurzem gegessen hatte. Zumindest stank es überall kotzerbärmlich nach seinen Ravioli. Mit Stift und Block bewaffnet tippte ich ungeduldig auf dem Tisch herum und starrte ihm in die Augen. "Also hab' ich das jetzt richtig verstanden? Du willst eine Mischung aus Modern Dance und Break Dance vorführen?" Naruto nickte nur grinsend. "Das ist doch bekloppt", schnaufte ich und gab die Hoffnungen, die ich mir angesichts unseres Duos gemacht hatte, allmählich auf. "Du siehst das falsch. Das ist total genial. Ich meine, es gibt tausend B-Boys da draußen und sicherlich auch genügend Tänzer, die den Modern Dance beherrschen, aber ich habe noch nie eine Kombination daraus gesehen!", erklärte er und verschränkte die Arme vor der Brust. "Rate mal, woran das wohl liegt!", murmelte ich mit sarkastischem Unterton. Mich überzeugte seine Idee, die vermutlich irgendwann im Suff entstanden war, einfach nicht richtig. Ich hatte absolut keine Lust, mich vor Millionen von Zuschauern zum Affen zu machen. Und außerdem wollte ich diesen Tanz, der mir überhaupt nicht gefiel, endlich hinter mir lassen. Zumindest in meiner wenigen Freizeit, die nicht von meinem Vater eingeteilt und verplant wurde. Denn zu Anko musste ich ohnehin wieder gehen. Außer ich hatte Lust, mich weiteren Torturen auszusetzen. Das war Stress, der sich nicht lohnte. "Sei nicht so konservativ. Wo wären wir denn heute, wenn man nie was Neues ausprobiert hätte?", fragte er rhetorisch. "Stell' nicht so neunmalkluge Fragen. Und meine Einstellung hat auch nichts mit konservativ zu tun, ich find's ganz einfach nur bescheuert", murrte ich entschieden und tippte ununterbrochen mit dem Kugelschreiber auf das noch immer leere Blatt Papier, auf dem ich eigentlich unsere ersten Ideen festhalten wollte. Aber wenn wir uns nicht einigen konnten, dann würde es auch weiterhin weiß und unbeschrieben bleiben. "Also ich find' meine Idee richtig gut. Es ist einfach mal was anderes. Und als ich bei deiner Aufführung war, da habe ich gleich gedacht, dass dieser Kontrast von Modern und Break Dance auf eine kuriose Weise zusammenpasst. Ich denke, wir würden damit weiter kommen, als wenn wir einfach nur irgendwelche Moves vorführen. Das will doch keiner sehen. Die Leute wollen Action und das Unbekannte - Spannung." Noch nie hatte ich ihn derart euphorisch erlebt. Und das mochte wohl was heißen. Er wollte das tatsächlich genau so durchziehen. Irgendwie gefiel mir seine Entschlossenheit. Auch wenn ich weiterhin bei meiner Meinung blieb, dass das Ganze an Peinlichkeit nicht zu übertreffen sei. "Was für ein Glück, dass du dich so hervorragend mit dem Showbusiness auskennst", grinste ich und anhand von Narutos Blick konnte ich erkennen, dass er meinen Witz verstand. "Aber wie auch immer. Okay, ich bin dabei, aber eine Frage hab' ich doch: seit wann beherrschst du den Modern Dance? Das wusste ich überhaupt nicht." Sein Gesicht entspannte sich schlagartig, er fing herzlich an zu lachen und rieb sich verlegen über den Hinterkopf. Diese Reaktion gefiel mir angesichts meiner Frage überhaupt nicht. "Tja, das ist das Problem: ich kann's nicht. Aber das wirst du mir doch sicher im Crashkurs beibringen können, oder etwa nicht?" Fassungslos und mit weit geöffneten Augen starrte ich ihn an - hielt den Kugelschreiber nun still. "Das ist...Wie viel Zeit haben wir überhaupt?" "Ungefähr drei Wochen. Hab' uns auch schon angemeldet", grinste Naruto, während ich beinah vom Stuhl fiel. "Usuratonkachi! Das reicht NIE! Bis dahin hast du nicht einmal die Basics drauf, selbst wenn wir Tag und Nacht üben!", fuhr ich ihn an, konnte nicht fassen, wie leichtsinnig er war. Spätestens jetzt war es amtlich, dass das Ganze zur Blamage werden würde. "Da mach' ich nicht mit", protestierte ich. Schmollend sah er mich an. "Nah, Sasuke! Komm' schon! Wenn du mein Lehrer bist, dann krieg' ich das schon auf die Reihe. Ich werd' mir Mühe geben und üben, üben, üben! Versprochen", strahlte er mich mit seinem schiefen Lächeln an. Ich konnte einfach nicht nein sagen. "Na gut", gab ich seufzend nach. "Aber es gefällt mir trotzdem nicht! Und wenn du nicht vollständig bei der Sache bist, dann blas ich das Ganze ab, da kannst du Gift drauf nehmen!", keifte ich hinterher, aber Naruto lächelte nur glücklich und zufrieden, was ich nach einigen Sekunden ebenfalls erwiderte. "Na schön, dann lass uns gleich loslegen. Wir haben ja schließlich nicht viel Zeit", meinte ich und blickte auf das noch immer leere Blatt Papier hinab. "Wir müssen uns Gedanken über Choreographie und Publikum machen. Also welche Altersgruppe und welches Geschlecht wir ansprechen möchten. Dann die Musik, das kommt alles zusammen. Aber zunächst sollten wir damit beginnen unsere Fähigkeiten zusammen zu tragen und zu vergleichen. Damit wir wissen, was wir in einer Choreo einbauen können", erklärte ich und mein Freund sah mich daraufhin fragend an, während ich seinen und meinen Namen auf das Papier schrieb und zwei Linien für eine Tabelle zog. Einen Moment überlegte ich. "Was hältst du davon, wenn wir neben Modern und Break Dance auch ein paar akrobatische Elemente einbauen?" Naruto nickte heftig mit dem Kopf. "Gute Idee, das macht immer Eindruck." Ich nickte ebenfalls und sah dann wieder auf meinen Zettel. "Also, fangen wir leicht an: Handstand kannst du, ja?" Er nickte, ich notierte. "Und wie sieht's mit Radschlag, Flickflack, Bodenwelle, Spagat und dem ganzen Kram aus?" Aufmerksam musterte ich sein Gesicht, zog dann erwartungsvoll eine Augenbraue hoch. "Also Radschlag und Bodenwelle kann ich, Flickflack geht so und deinen blöden Eierquetscher will ich gar nicht können!", entgegnete er mit einem Schmunzeln und ich erwiderte es, schrieb das, was er sagte, in die Tabelle. Danach diskutierten wir lange über die Auswahl der Musik und über unsere Zielgruppe, wobei wir uns dazu entschlossen, diese erstmal relativ offen zu lassen und eine Choreographie für beide Geschlechter zu entwickeln. Nachdem ich fast drei Seiten von oben bis unten mit unzähligen Ideen und Vorschlägen vollgeschrieben hatte, legte ich den Stift beiseite und lehnte mich erschöpft zurück. Vom ganzen Schreiben tat mir die Hand weh. "Auf jeden Fall haben wir einiges geschafft", murmelte Naruto, der mindestens genauso erschöpft klang wie ich es war. "Das stimmt", grinste ich und strich mir die Haare aus dem Gesicht. "Dann haben wir uns jetzt redlich eine Auszeit verdient! Hast du Lust 'nen Film zu gucken?", grinste er und wollte schon aufstehen, doch da fiel mir plötzlich wieder was ein. "Moment mal. Also ja habe ich, aber ich wollte dich vorher noch was fragen", warf ich schnell ein und sah, dass er sich wieder auf seinen Stuhl niedersinken ließ. Erwartungsvoll sah er mich an. Über meine genaue Fragestellung hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber ich konnte mir denken, was Hinata wissen wollte. "Also, mal so unter Freunden. Das wollt ich dich schon länger fragen: bist du momentan verliebt, Naruto?" Eigentlich war ich nie so schrecklich direkt. Schon gar nicht bei ihm. Aber ich wusste auch nicht, wie ich lange und ausschweifend drum herum reden sollte. Er blinzelte und wandt den Blick auf die Tischplatte. "Ähm, ja schon", gab er von sich und sah mich dann wieder an. "Das braucht dir vor mir echt nicht peinlich zu sein. Wie sieht sie denn aus?" Zu genau wollte ich nun auch nicht nachfragen, ob er sich vielleicht sogar in Hinata verliebt hatte und das war auch gut so, da es die darauffolgende Antwort ohnehin klären sollte. "Die Person hat wunderschöne Augen und dunkle, genauso schöne Haare", lächelte er und schien in Gedanken zu versinken, als er mich betrachtete. Also doch Hinata. Das würde sie sicher freuen. Aber dann wären sie bald ein Paar. Und das konnte ich doch nicht zulassen. Gleichzeitig konnte ich ihr jedoch auch nicht verschweigen, dass er gerade seine Liebe zu ihr gestanden hatte. "Achso, ja, na dann", entgegnete ich nur und erhob mich von meinem Stuhl, während Narutos verdutzter Blick auf mir ruhte. "Na los, wir wollten doch 'nen Film gucken", sagte ich auffordernd und kurz darauf ging Naruto auch schon neben mir, sah mich erst verwirrt und fragend an, dann wandt er einfach den Blick ab. Es interessierte mich nicht, was er nun von mir dachte, weil ich das Thema so schnell wieder fallen ließ, wie ich es aufgegriffen hatte. Nun saßen wir also hier auf seiner Couch und guckten uns den Film Pulp Fiction an. Doch ich bekam die ohnehin verworrene, momentan noch unlogische Handlung eh nur am Rande mit, da meine Gedanken die ganze Zeit ausschließlich um Hinata und Naruto kreisten. Ich wollte mir in Zukunft keine Ausreden anhören müssen, warum er zu unseren Treffen nicht mehr erscheinen konnte. Er würde sich außerdem von Hinata Nachhilfe geben lassen - ganz klar. Schließlich war sie auch ziemlich gut in der Schule. Und vielleicht würde er nicht einmal mehr das Duo mit mir zusammen machen wollen, sondern ebenfalls mit Hinata. Verübeln könnte ich es ihm nicht. Aber dennoch konnte und wollte ich das einfach nicht zulassen. Denn dann wäre ich wieder allein. Der bloße Gedanke daran, hinterließ ein krampfhaft mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Plötzlich kam ich mir in meinem Strom der Gefühle von ihm betrogen und verraten vor. Obwohl das zugegeben ein wenig lächerlich war. Ich hatte überhaupt kein Anrecht auf seine Nähe. Hatte ich nicht. Und das schmerzte umso mehr. Bald wäre es vorbei mit seiner Zuneigung zu mir, wenn er erst einmal eine Freundin hatte. Und so sehr ich das auch wollte, ich könnte es nicht verhindern. Das stand gar nicht in meiner Macht. Und mit einem Mal hatte ich das unstillbare Bedürfnis, wenigstens die letzte gemeinsame Zeit noch zu genießen. Fast wie bei einem Abschied. Und so ähnlich würde es wohl auch sein. Man musste loslassen können. So wie ich mich damals damit abfinden musste, dass Itachi nicht mehr da war. Dann wäre er somit schon die zweite Vertrauensperson, die ich verlor. Einer mehr oder weniger, wen kümmert das schon? "Naruto", murmelte ich und wusste nicht recht, ob er mich überhaupt verstand. Der Fernseher war laut. Aber schon im nächsten Moment bemerkte ich, dass eben jene Lautstärke reguliert wurde. "Was ist?", fragte er und seine azurblauen Augen wanderten in meine Richtung. Mir wurde plötzlich heiß und kalt zugleich. Ein komisches Gefühl. Mir war die ganze Angelegenheit jetzt schon unendlich peinlich. Und für einen Moment überlegte ich, ob ich es einfach lassen sollte. Ganz schnell alles wieder vergessen und verdrängen sollte, was geschehen war. Dass ich mich wohl und geborgen fühlte in seiner Nähe. Aber ich hatte Angst, dass ich es später bereuen würde, so wie ich mein Verhalten Itachi gegenüber jedes Mal aufs Neue bereute. Ich wollte endlich einmal etwas richtig machen - nur dieses eine Mal. Etwas machen, das dem entsprach, was auch ich wollte. Nicht dem, was richtig oder falsch war, nach vermeintlich objektiven Ansichten. Trotzdem begannen meine Finger zu zittern. Weil ich Angst hatte, dass er mich nun doch auslachen würde. Dass er mein Verhalten nicht gut hieß. Gestern war schließlich alles aus meiner blanken Not heraus geschehen und selbst da hätte ich es beinah übertrieben. Aber er hatte mir verziehen. Und gesagt, dass meine Nähe okay sei. Während Naruto allmählich ungeduldig wurde, nahm ich all meinen Mut zusammen. "Kannst du mich...so...wie gestern...", brabbelte ich hervor und umklammerte mit der einen Hand das Gelenk der anderen. Ich bekam nichts Vernünftiges heraus, weil es mir peinlich war, eine solche Blöße zu zeigen. "Ich versteh' nicht", kam es erwartungsgemäß von Naruto. Klar verstand er mich nicht. Ich erzählte ja auch bloß zusammenhanglosen Müll. Verzweifelnd sah ich zu ihm, in seinen überraschten Blick und wusste nicht, wie ich meine Wünsche in Worte fassen sollte. Widerstrebend rutschte ich näher zu ihm und atmete tief durch, während ich den Blick geneigt hielt. Eine kurze, bedrückende Stille folgte zwischen uns, in der ich nur die Schüsse und Stimmen im Fernseher hörte. "Ich hoffe, dass ich dich richtig verstehe", murmelte Naruto schließlich und im nächsten Moment legte er vorsichtig beide Arme um meinen Oberkörper, zog mich in die ersehnte Umarmung. Ein wohliges Seufzen entfloh meinem Mund, als seine Hände meinen Rücken berührten und ich meinen ganzen Kummer wenigstens für den Moment vergessen konnte. Mein Kopf lehnte leicht an seiner Schulter, während er mich streichelte und einmal sogar ganz kurz, fast flüchtig über meine Wange strich. Und es gefiel mir, dass er mich auf diese Weise berührte. Jedenfalls hatte ich das im Gefühl, denn ich wollte nicht, dass es irgendwann aufhörte. Ich wünschte, es könnte immer so sein. Weil es mir bei ihm gar nicht peinlich zu sein brauchte. Er war da und ich glaubte wirklich, dass er mir gerne half. Naruto war ein guter Mensch und so viel mehr, als ich verdiente. "Alles okay?", fragte er nun im Flüsterton nach. "Ja, ich, ich wollte nur...ich meine..." Doch ich brach mein Gestammel ab, als ich plötzlich seine Lippen auf meiner Stirn spürte, ganz leicht, nur kurz, aber trotzdem wunderschön. Es fühlte sich gut an. Wie alles, was er tat. Und in jenem Moment begann ich mich zu fragen, ob es sich genauso oder gar besser anfühlen würde, wenn er statt meiner Stirn, meinen Mund berühren würde. Doch schon Sekunden später wurde mir bewusst, dass allein der Gedanke frevelhaft war. Das ging nicht. Das ging weit über meine Definition von Freundschaft hinaus. "Ich bin immer für dich da", hauchte Naruto schließlich in mein Ohr und zog mich näher an sich. Es war schön. Zweifellos. Aber ging nicht bereits das, was wir taten, über Freundschaft hinaus? Ehrlich gesagt, wusste ich es nicht. Mein Kopf war leer. Aber ich wusste dennoch, dass es von nun an keinen Weg mehr zurück gab. Denn ich wollte nicht zurück. Nicht mehr zurück in die elende Einsamkeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)