Freundschaft und Liebe von 4FIVE ([Sasuke x Sakura | high school AU | jerks to friends]) ================================================================================ Kapitel 10: Aims And Allusions ------------------------------ . . Sasuke konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Nicht etwa, weil ihm so viele Gedanken durch den Kopf schwirrten, wie es bei manch anderem nach dem heutigen Tag der Fall war, sondern weil vom Zimmer schräg gegenüber ein mächtiger Lärm in Form eines furchbaren Liedes durch eine Tür, über den Gang und durch die nächste Tür direkt in sein Ohr und damit sein Gehirn drang, das angesichts dieser Musik keine Ruhe fand. Er hatte schon immer einen sehr leichten Schlaf gehabt, der durch jedwede Form von Störung ein jähes Ende oder erst gar keinen Anfang fand, darum war ihm seine nächtliche Stille sehr wichtig. Aber jemand störte sie und zwar gewaltig—seit drei Stunden! Um neun Uhr hatte er sowieso noch nicht schlafen wollen, aber er hatte sich nicht ausreichend auf seine Hausaufgaben konzentrieren können, die er heute unbedingt fertig bekommen hatte müssen. Narutos Anfeuerungsversuche an seinen Avatar eines seltsamen Konsolenspiels waren noch weniger förderlich für seine Konzentration gewesen. Es war sogar soweit gegangen, dass er die Hausaufgaben beiseite gelegt und mitgespielt hatte—er war hinter der erwachsenen Fassade eben doch auch nur ein achtzehnjähriger Junge. Nachdem Naruto ihn mit simplem Knöpfeschlachten fertig gemacht hatte, hatte er schnell die Lust daran verloren. Wenn es etwas gab, das Uchiha Sasuke nicht ertragen konnte, dann waren das nervende Mädchen und verlieren! Er hatte sich wieder an seine Hausaufgaben gesetzt, die noch immer durch die Musik gestört worden waren. Das hatte er noch mit kontrolliertem Gleichmut ertragen. Um zehn hatte das schon etwas anders ausgesehen. Entweder spielten sie ein Lied in der Endlosschleife, oder sämtliche Popmusik, die diese Störenfriede dort drüben auf Lager hatten, klang gleich. Wie konnte man seine Ohren freiwillig so etwas aussetzen? Das war Folter! Da Hausaufgaben unmöglich waren, war er schlafen gegangen. Das war vor einer Stunde gewesen und er lag noch immer mit weit geöffneten Augen hellwach im Bett, von wo aus er seine äußerst interessante Decke beobachtete. Irgendwann hatte er dann festgestellt, dass die Musik nicht nur grauenerregend war, sondern auch Halluzinationen hervorrief, wenn man sie nur lang genug hörte. Er hätte schwören können, den Schatten eines Schweins auf der Decke zu sehen. Danach hatte er sich nur mehr darauf konzentriert, Schatten zu sehen, die die großen Buchen und Eichen vor seinem Zimmer auf die Decke warfen. Dieses mentale Bingo spielte er nun schon seit einer dreiviertel Stunde und als er allen Ernstes plötzlich einen telefonierenden Pavian gesehen hatte, riss ihm der Geduldsfaden. Er schwang wütend seine nackten Beine aus dem Bett und stapfte mit schweren Schritten auf den Gang zum Zimmer, aus dem dieser Horror kam. Dass er nur eine schwarze Boxershorts und ein Tank Top anhatte, störte ihn keineswegs. Er blieb einen Moment vor der Türe stehen. Vorsichtshalber biss er sich auf die Lippen, um nicht auszurasten. Nachdem er sich gesammelt hatte, klopfte er gegen die Zimmertür, wobei er sich stark zusammenreißen musste, selbige nicht einzutreten. Er hörte Stimmengewirr, dann wurde die Anlage leiser gedreht und die Türe geöffnet. "Ja?", fragte ein Junge mit weißblauem Haar. Hinter ihm auf seinem Bett saß Karin, die aufstand und zu ihnen ging, als sie Sasuke entdeckte. "Sasuke, was gibt's?" Er musterte sie einen Augenblick. Sie tat dasselbe. Der Grund dafür war, dass sie beinahe dasselbe anhatten, nur dass ihre schwarzen Hotpants um einiges enger und kürzer waren und ihr Tank Top ihren überraschend großen Busen sehr hervorhob. Ob sie was mit Suigetsu hatte? Karin verzog überrascht den Mund. Sie hatte unter der weiten Schuluniform ja einige Muskeln vermutet, aber das enge Oberteil strich jeden Zug davon vorteilhaft hervor. Ihr Blick wanderte über seine Brust bis hinunter zu den Schienbeinen und dann wieder hoch, wo sie ihm neckisch ins Gesicht sah. "Ich fühle mich geschmeichelt, dass du deine Bewunderung für mich dadurch zum Ausdruck bringst, dass du meine Mode kopierst." "Sehr witzig. Ich bin hier, um euch zu sagen, dass diese Musik mir Schmerzen bereitet. Physische wie psychische. Ich sah Paviane telefonieren." "Sorry, Sasuke", sagte sie ungläubig, "aber das kommt wohl kaum von der Musik. Aber das, was du genommen hast, hätte ich auch gerne." "Das war kein Scherz. Der Schatten an meiner Decke sah aus wie ein telefonierender Pavian." "Schon gut, ich glaube dir", meinte sie wenig überzeugt. Als würde er sie nerven. Und das nervte ihn. Und dass es ihn nervte, nervte ihn noch mehr. Ein Teufelskreis. Verdammt. "Wenn es weiter nichts ist, dann gute Nacht und viel Spaß mit deinem Pavian." Sie schloss die Türe und zeigte ihm beim Zumachen den Vogel gerade noch rechtzeitig, damit er die Andeutung davon sehen konnte. "Was soll das, Karin?", wollte Suigetsu wissen. "Ich dachte du wolltest, dass er herkommt?" "Alles Teil des Plans. Warte einfach kur—siehst du?" Es hatte erneut geklopft und sie setzte wieder ihre genervte Miene auf, als sie öffnete. Missmutig lehnte sie sich am Türrahmen an. "Was denn noch?" "Könntet ihr die Musik vielleicht endlich leiser drehen? Ich kann unmöglich schlafen." "Nein. Wir feiern hier unseren Sieg." "Dreht das leiser, oder ich mach es." "Jetzt hab ich aber Angst." Bevor sie noch etwas sagen konnte, packte er sie bei den Schultern, drängte sie zur Seite und ging strammen Schrittes in das Zimmer auf der Suche nach diesem unsäglichen Lärmmacher. Er fand ihn am obersten Regal über dem Schreibtisch, an das er unmöglich rankommen würde. Also suchte er nach einer Fernbedienung oder etwas in der Art. So cool es auch ausgesehen hatte, wie er ins Zimmer gestürmt war, so peinlich war es nun, dass er ziellos darin herumstreifte und einiges an Epik einbüßte. "Suchst du das?", fragte Karin süffisant und zeigte mit ihren manikürten Fingern auf eine kleine Fernbedienung, die sie lässig von Hand zu Hand warf. Dann drehte sie unaufgefordert leise. Suigetsu hatte inzwischen die Türe geschlossen. "Danke, Karin, gern geschehen. Das sagt man normalerweise. Willst du was anderes hören? Ich mag Pop, aber ich bin Rock oder Metal auch nicht abgeneigt." "Du lässt mich nicht mehr gehen, oder?", meinte Sasuke zweifelnd. "Möchtest du denn gehen?", war ihre Gegenfrage, immer noch in diesem süßlichen Tonfall. Er hatte keine Wahl, also ergab er sich und setzte sich auf den Schreibtischstuhl neben dem linken Bett. Karin warf sich schwungvoll aufs Bett, gefolgt von Suigetsu, der sich gemächlicher neben ihr niederließ. "Wo ist denn dein Mitbewohner?" "Ich hab keinen", erklärte Suigetsu. "Es hat einige Verschiebungen gegeben. Dabei sind wohl ein paar Akten abhanden gekommen, weswegen unabsichtlich vergessen wurde, dass mein Mitbewohner das Zimmer gewechselt hat." Für Sasukes Ohren klang es nicht allzu unabsichtlich. "Soll heißen, ihr habt da was gedreht?" Die beiden nickten, als wäre das nichts Besonderes. "Interessant. Ich dachte, dass es nur in den Staaten solche Schiebungen und Verschwörungen in der High School gibt." "Weit verbreitetes Vorurteil", gab Karin ihm zu verstehen. "Japanische Schulen sind eigentlich viel schlimmer, nur wird bei uns nicht so viel Furore drum gemacht, weil die Schulen es geheim halten. Solche Sachen schaden dem Ruf nämlich ungemein, was die betroffene Schule im Rang herabsetzt und das wiederum kürzt die Fördergelder vom Staat." "Und das ist interessant, weil…?" "Weil es Information ist. Jede Art von Information kann mal wichtig sein. Wenn du das System verstehst, kannst du es zu deinen Gunsten ändern. Wie sagte schon einst Francis Bacon? Wissen ist Macht und Macht verschafft Vorteil. Der letzte Teil stammt übrigens im Original von mir." "Also seid ihr die Bösen?", resümierte Sasuke. "Nur die mit dem Vorteil", verbesserte Karin. Beim letzten Wort drückte sie den Knopf zum CD-Wechsel. "Ist amerikanischer Rock besser als japanischer Pop?" "Ja. Damit kann ich leben, wenn schon nicht schlafen." "Das hier ist doch besser als Schlaf, oder?" Sasuke erwiderte nur ein unmöglich zu deutendes, selbstgefälliges Grinsen. Vielleicht war das ja wirklich besser als Schlaf. ɣ Der nächste Tag begann sehr unausgeschlafen für Sasuke. Er war erst in den frühen Morgenstunden ins Bett gekommen und hatte insgesamt vielleicht zwei, höchstens drei Stunden geschlafen. Karins und Suigetsus Gesellschaft waren überraschend angenehm gewesen und hatten ihm sogar Spaß gemacht. Sie flippten nicht aus, wenn sie ihn leicht bekleidet sahen, machten sich nichts aus seinem Nachnamen und gaben im ordentliches Kontra. Er mochte solche Leute, die ihm nicht ständig Honig ums Maul schmierten. Er war kein Fan von Süßkram. Aus erstgenanntem Grund ließ Sasuke an diesem Dienstag das Frühstück aus. Er wollte wenigstens eine halbe Stunde länger schlafen und wenn er so todmüde war, brachte er sowieso nichts hinunter. Dass er sich so entschieden, war seiner Nerven Glück, denn hätte er nicht absichtlich verschlafen, wäre er Zeuge einer äußerst angespannten Beichte geworden und das hätte ihm schon mal den Tag vermiest. Sakura und Ino sprachen immer noch nicht miteinander, weswegen das Frühstück neuerdings immer sehr still war. An diesem Morgen allerdings fehlten Sasuke, Naruto und Gaara, was die ganze Sache um noch eine Ecke schweigsamer machte. Naruto wurde sonst immer von seinem Mitbewohner, egal wer das gerade war, aus dem Bett gezerrt, damit er rechtzeitig aufstand, aber da Sasuke ja heute das Frühstück schwänzte, blieb auch Naruto aus. Gaara war laut seiner Schwester wegen einer leichten Grippe nicht zugegen. Shikamaru oblag es also ganz alleine, die vier Mädchen bei Laune zu halten, was ihm nicht gelingen mochte, da er keine Ahnung von solchen Dingen hatte, mehr noch, diese Dinge auch gar nicht mochte. Es kam, wozu es kommen musste; es entwickelte sich ein Gespräch zwischen den vier Damen der fünfköpfigen Runde, da keine diese absolute Stille lange ertragen konnte. Temari machte dabei den Anfang. "Wie war's gestern in Biologie, Sakura?" Diese biss deprimiert von ihrem Toast ab. "Hoffentlich nur halb so schlimm wie es heute in Physik sein wird. Die erste Stunde haben wir nur Theorie gemacht, aber danach ging es an die Experimente. Ich bin normalerweise sehr geschickt mit dem Mikroskop, aber irgendwie war nicht mein Tag. Ich hab zwei Glasträger und acht Deckplättchen ruiniert. Dann ist mir mein Wasserkäfer unter der Linse zerplatzt, weil ich die Auflösung zu hoch eingestellt hab. Der zweite ist dann an Vertrocknung krepiert, weil durch die hohe Lichteinstellung die Hitze zu groß wurde. Ich hab die ganzen zwei Stunden über nichts Anständiges auf die Reihe gebracht." "Hättest du es lieber Shikamaru machen lassen sollen", murmelte Ino in ihre Kaffeetasse. "Er ist sicherlich ein hervorragender Laborpartner." Sakura wandte sich ihr zu. Da stieg schon wieder die Wut, aber sie unterdrückte sie. "Zu deiner Information, Ino, mein Laborpartner ist Naruto. Und der hat noch weniger zustande gebracht als ich, was nicht viel heißen mag, aber unserer Bewertung trotzdem nicht zum Vorteil gereicht hat." "Warum seid ihr zwei nicht in einer Gruppe?", fragte sie überrascht. "Weil, liebste Ino", fauchte Sakura, die über diese Selbstverständlichkeit, mit der Ino es angenommen hatte, nicht gerade erfreut war, "Naruto mein bester Freund ist und wir solche Arbeiten seit der ersten zusammen machen. Ohne meine Hilfe würde er sicherlich durchfallen, weil kein anderer blöd genug ist, um ihm am Ende abschreiben zu lassen, ohne dass er wirklich nützlich war." "Ah", machte Ino und ließ das Thema fallen. Es schien ihr aber ein wenig die momentane Boshaftigkeit auf Sakura genommen zu haben, denn sie sprach in freundlicherem Tonfall weiter. "Wo ist Naruto überhaupt?" "Wird wohl mal wieder verschlafen haben. Sasuke ist auch nicht da. Umso besser. Er ist der letzte Mensch auf Erden, den ich so früh am Morgen schon sehen möchte." Das war gelogen. "Am liebsten wollte ich, er würde die Schule wechseln." Auch das war gelogen. "Er kann ja so nerven." Und letztendlich war auch das noch gelogen. Temari und Hinata pflichteten ihr entschieden nickend zu. Die beiden hatten ihn von Anfang an nicht gemocht. Auch Shikamaru stimmte zu. "Nicht jeder kann so ein Glück haben, in Naruto verliebt zu sein", fuhr Sakura fort. Hinata errötete—mal wieder—merklich und stammelte etwas davon, das bitte nicht vor Shikamaru zu besprechen. Dass Sakura gerade nicht sprach wie eine frisch Verliebte, fiel keinem auf. "Shikamaru interessiert das sowieso nicht, oder?" Er nickte zustimmend. "Ihr werdet ein schönes Paar abgeben, wenn du endlich deine Chance nutzt." Hinata blieb das Essen im Hals stecken. "C-Chance?", stammelte sie. "Was meinst du damit?" Sakura winkte ertappt ab. "N-Nichts! Ich dachte nur, dass es vielleicht ganz gut ist, dass ihr beide nachsitzen müsst, mehr nicht!" "Dass es gut ist?", wiederholte Hinata ungläubig. Sie war naiv, kein Zweifel, aber dumm ganz sicher nicht. Langsam dämmerte es ihr. "Das ward ihr? Ihr habt das alles eigefädelt! Darum war Temari die ganzen Nächte weg—weil sie bei euch war, um das zu planen!" Ihre Stimme hatte sich merklich erhoben, weswegen sie einige Schüler der Nachbartische bereits anstarrten. "Nicht so laut, Hinata!", flehte Sakura. "Es tut uns ja auch leid! Aber es geschah in bester Absicht!" "In—in bester Absicht?" Sie sprang erregt hoch. Ihre hellen Augen glühten vor Entsetzen. "Ich hätte suspendiert werden können, sogar von der Schule fliegen können! Wenn ich auch nur ein bisschen weniger Glück gehabt hätte, wäre dieser Vorfall in meiner Schulakte vermerkt worden! Wisst ihr eigentlich, was ihr da getan habt? Sowas nennt sich Freundinnen?" "Hinata, bitte, hör doch zu", bat Temari. "Wir hätten alles aufgeklärt, wenn es schlimmere Konsequenzen gehabt hätte, als nur Nachsitzen mit Naruto. Denk doch daran, was du in dieser Zeit erreichen könntest! Du bist immer so schüchtern, da wollten wir nachhelfen! Wir wollen, dass du glücklich bist!" "Habt ihr ja toll geschafft", rief sie und knallte ihre kleine Hand auf den Tisch. Seltsamerweise ergab die so sanft aussehende Bewegung einen lauten Knall. Nun war die ungeteilte Aufmerksamkeit auf der Szene. Das erschütterte Hinatas schüchternes Naturell dann doch und sie setzte sich wieder hin. Ihr Zorn war allerdings noch nicht verraucht, mehr noch hatte er sich in Entsetzen verwandelt. "Glaub uns, Hinata, es tut uns leid", wiederholte Sakura ernst. Sie langte nach ihrer Hand. Shikamaru hatte sich indes unbemerkt aus dem Staub gemacht. "Wir hätten es wirklich aufgeklärt, wenn es zur Suspendierung gekommen wäre." "Spart euch das. Ich will euch nicht mehr sehen." Sie stand auf und ließ ihr halbleeres Tablett einfach stehen. Mit großen Schritten rauschte sie aus der Mensa. Dies war der erste und einzige Tag, an dem Hyūga Hinata den Unterricht schwänzte. Zu ihrer Strafe um fünf trat sie dennoch an. Naruto konnte immerhin nichts dafür, dass ihre sogenannten Freundinnen sie so übel betrogen hatten. Er war am allerwenigsten schuld; da noch eher sie, weil sie ständig so ein Theater um ihn machte. Vermutlich ging sie den anderen damit gehörig auf die Nerven, zumal keiner, der seines Augenlichts mächtig war, an Narutos Vorliebe für sie zweifeln konnte, wann immer er Gelegenheit hatte, diese zu zeigen. "Du hast ja schon angefangen", stellte Hinata überrascht fest, als sie das erste Klassenzimmer des Gangs betrat, dessen Türe geöffnet war. "Aber erst vor einer Minute. Ich bin hier vorne mit Sesselraufstellen fertig, da kannst du schon aufwischen. Ich stell die restlichen inzwischen auf die Tische. Ist das okay für dich? Hinata-chan? Du siehst deprimiert aus." Erst jetzt bemerkte sie, dass sich eine kleine Träne in ihren Augenwinkel gestohlen hatte. Sie wischte sie schnell weg. "Es ist nichts. Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit heute früh." "Ging es wieder um Neji?" Sie schüttelte den Kopf und nahm den Besen auf, um den vorderen Bereich zu kehren. "Ich hab sowieso nie ganz verstanden, warum ihr nicht mit ihm redet." "Das ist, weil wir verlobt waren." "B-Bitte was?", prustete Naruto. Er hatte ja mit vielem gerechnet, aber eine Verlobung? Warum hatte er das damals nicht mitbekommen? Sowas musste doch bekannt sein. "Es klingt schlimmer, als es eigentlich ist." "Aha. Und das wäre?", hakte er interessiert nach, verrichtete aber weiterhin seine Arbeit, um nicht untätig rumzustehen. Hinata nahm sich ein Beispiel daran, während sie erzählte. "Neji-niisan ist, wie du weißt, mein Cousin. Unsere Väter waren Zwillinge. Als mein Vater krank wurde und eine Nierentransplantation brauchte, erklärte sich sein Bruder natürlich sofort dazu bereit, ihm eine seiner Nieren zu geben. Die Erfolgschancen waren gut, doch bei seiner Operation gab es Komplikationen. Sie konnten die Niere meines Onkels retten, aber nicht sein Leben. So überlebte mein Vater an dem Tag, an dem sein Zwillingsbruder für ihn sein Leben gab. Das war vor vielen Jahren, als Neji-niisan und ich noch ganz klein waren. Er hat den Tod seines Vaters lange Zeit nicht verwunden und gab meinem Vater ungerechterweise die Schuld. Vor seinem Tod hatte mein Onkel aber meinem Vater noch das Versprechen abgenommen, für seinen Neffen zu sorgen, falls er bei der Operation den Tod finden sollte. Mein Vater war der Meinung, diesem Versprechen sei nur genüge getan, wenn er seinen Neffen mit seiner Tochter verlobe und ihm somit Zugang zu allen Erbschaften der Hauptfamilie verschaffte." "Aber das hat nicht funktioniert, nicht wahr?" Sie schüttelte erneut den Kopf. "Nein. Neji-niisan und ich wuchsen in dem Bewusstsein auf, einander heiraten zu müssen, komme was da wolle. Darum hassten wir uns bis auf Blut. Wir verabscheuten uns regelrecht und konnten nicht einmal die Anwesenheit des anderen ertragen. Als wir dann auf dieselbe Schule gingen, wurde es nicht besser. Im Gegenteil. Als er sich in unsere Freundin Tenten verliebte und die Beziehung zu ihr offiziell machte, war das ein Fauxpas für meinen Vater. Er war natürlich wütend, dass sein Neffe seine adelige Tochter verschmähte und einer vergleichsweise mittellosen Arbeitertochter vorzog. Er war sogar bereit, soweit zu gehen, Neji-niisan aus dem Stammbaum der Hyūgas zu streichen." Sie umklammerte den Besenstiel fester. Es fiel ihr sichtlich nicht leicht, darüber zu sprechen. "Das Verhältnis zwischen den beiden verschlechterte sich zunehmend, während wir nun frei von dem Zwang, einander zu heiraten, wieder besser miteinander auskamen. Für uns hatte es nur Vorteile. Wir mögen uns inzwischen sogar ein wenig." "Warte mal", unterbrach Naruto sie. "Wenn die Sache also erledigt ist, warum redet ihr dann nicht miteinander?" Hinata seufzte. "Das ist so ein Adelsetikettending, das alle außer uns sehr ernst nehmen. Weißt du, Temari und Sakura sind in den gehobenen Kreisen ebenso aufgewachsen wie Neji und ich. Ich will dich damit wirklich nicht beleidigen, aber diese Leute haben eigene gesellschaftliche Regeln und Richtlinien. Wenn eine Verlobung in Adelskreisen besteht, dann ist das wie eine nur noch nicht unterschrieben Heiratsurkunde. Es gibt offiziell keine Heiratspolitik mehr, aber inoffiziell sieht das ganze anders aus." "Soll das heißen, du darfst nicht mehr mit ihm reden, weil er dich quasi…betrogen hat? Das ist doch total dämlich!" "Leider ja, aber so ist es." Hinata war inzwischen fertig mit Aufkehren und begann aufzuwaschen, während Naruto die Tafel putzte. "Es wurde wochenlang nur über dieses Thema getuschelt. Ich sollte nun die betrogene Verlobte mimen, aber das will ich nicht. Nichtsdestoweniger ist es meine Pflicht, darum darf ich nicht mit ihm sprechen. Ich wollte schon so oft reinen Tisch machen und aus diesem Zwang ausbrechen, aber vor allem Temari hält mich davon ab." "Das sollte sie nicht! Was ist sie für eine Freundin, wenn sie dich zwingt, mit deinem Cousin böse zu sein?", rief Naruto. "Ich werde ein ernstes Wort mit ihr reden!" "Nein!", gebot Hinata ihm flehentlich Einhalt. "So ist das nicht. Sie kennt sich damit aus. Temari weiß, was für Konsequenzen das haben wird. Man wird unserer Familie den führenden gesellschaftlichen Rang vielleicht aberkennen. Und wenn schon nicht das passiert, so wird es zumindest für Bestürzung sorgen, die ich nicht verantworten kann." "Darum hasse ich dieses reiche Pack." Naruto schlug dein Schwamm viel fester auf die Tafel als notwendig. "Meine Freunde natürlich ausgenommen. Es ist alles voll von Zwang und Regeln. Ich bin verdammt froh, arm zu sein." Er ballte seine freie Hand zur Faust. "N-Naruto-kun…es ist nicht nur schlecht. Es gibt auch nette Menschen, die es verstehen würden. Nur leider sind es eben nicht die Tongebenden. Japans hohe Kreise sind noch immer geprägt von diesem früheren höfischen Zwang. Das ist der Preis des Reichtums, den wir zu tragen haben." "Eines verstehe ich nur nicht. Du hast Temari und Sakura-chan erwähnt, aber was ist mit Ino? Sie ist doch Hyūgas entschiedenste Gegnerin." Hinata begann nun zu kichern, was Naruto ziemlich verwirrte. "Inos Ausrede ist dieselbe wie unser echter Grund. In Wahrheit macht sie sich nichts aus diesem ganzen Etikettendschungel. Ihre Mutter ist Schauspielerin und ihr Vater Unternehmer. Sie haben Geld, aber gehören nicht in die Kreise der Wirtschaftselite. Ino hat nichts gegen Neji-niisan, sondern gegen Tenten und das aus einem sehr dummen, kindischen Grund. Damals, als die beiden sich verliebten, war Ino sehr in Neji-niisan verliebt. Sie wollte diejenige sein, die Neji aus den Fängen dieser Ehe befreit, aber obwohl sie ihm ständig schöne Augen gemacht hat, hat Tenten ihn letzten Endes bekommen. Das schlug ziemlich auf ihr Ego. Die gesellschaftlichen Regeln unserer Gemeinschaft sind nur ihr Deckmantel, unter dem sie ihr verletztes Ego pflegt." "Wow, Hinata-chan, du bist ja richtig fies!", gratulierte Naruto. Sie sah schnell zu Boden. Womöglich hatte sie überreagiert. Vielleicht. Sie würde darüber nachdenken müssen, ehe sie ihnen gänzlich verzieh. ɣ Temari kam spätabends in ihr Zimmer zurück, nachdem sie stundenlang in der Bibliothek jene Hausaufgaben gemacht hatte, die Hinata in der einen Stunde zwischen der letzten Unterrichtsstunde und ihrem Nachsitzen erledigt hatte. Es hatte so lange gedauert, weil sie, wie üblich, die Aufgaben mit Sakura und Ino gemacht hatte, was derzeit nicht gerade reibungslos ablief. Die Hälfte der Zeit war dafür draufgegangen Streitigkeiten, Spitzen und zynische Kommentare zu schlichten, zu entschärfen und herunterzuspielen. Gebracht hatte es nichts. Sakura und Ino gifteten sich noch immer an, wo es nur ging. Dementsprechend erschöpft war Temari, als sie Hinata mit geschlossenen Augen und zugestöpselten Ohren auf ihrem Bett der linken Seite liegend vorfand. Sie schien zu schlafen, was Temari sehr begrüßte. Noch eine Auseinandersetzung konnte sie nicht gebrauchen; dazu hatte sie heute einfach keine Kraft mehr. Umso lustloser wurde sie, als Hinata die Augen öffnete und sich die Kopfhörer aus den Ohren zog. "Temari? Kann ich kurz mit dir reden?" Sie ließ sich stöhnend auf ihrem Bett nieder. "Wenn's sein muss. Aber wenn du mir Vorhaltungen machen willst, warte damit bitte bis morgen. Ich hab heute keine Nerven mehr dafür. Es tut mir trotzdem leid." "Das weiß ich." Temari setzte sich wieder auf. Hatte sie sich gerade verhört? Andererseits war es Hinata. Sie konnte nie jemandem lange böse sein. "Ich weiß, dass ihr es nur gut gemeint habt. Es ist ja auch wirklich nichts passiert. Und hätte ich nicht den Schock meines Lebens erlebt, hätte ich sogar ein wenig darüber schmunzeln können, ehrlich gesagt. Ich bin nicht mehr sauer auf euch." "Lief es mit Naruto heute so gut?" "Temari!" "Schon gut, war nur ein Scherz. Ich möchte auch, dass du etwas weißt. Wir wissen, dass es riskant war. Es hätte sicherlich bessere Lösungen gegeben, aber du musst uns glauben, wir hätten alles wieder hingebogen, wenn etwas Schlechtes daraus resultiert wäre. Wirklich. Sollen wir den Schlüssen gleich morgen abgeben?" Hinata schüttelte den Kopf. "Nein. Wartet noch ein wenig." "Ich wusste es!" Temari sprang auf und riss ihre Arme triumphierend in die Höhe. "Ich hab doch gesagt, dass es funktioniert! Wir hätten den Schlüssel sowieso nicht zurückgegeben. Wir werden es erst tun, wenn Naruto und du ein Date habt." "E-Ein was?" Temari fiel wieder zurück auf ihr Bett. "Du weißt schon, eine Verabredung. Tu nicht so unschuldig. Du willst mit Naruto zusammen sein, also müsst ihr miteinander ausgehen. Bis das nicht geschieht, werdet ihr zweimal die Woche zwei Stunden Zeit haben, darauf hinzuarbeiten." "Du bist fies!" "Fies ist mein zweiter Vorname!" Temari zog ihr Handy aus der Tasche ihres Schulrocks und begann eifrig eine SMS zu tippen, die die beiden Empfängerinnen im Zimmer 202 außerordentlich freute. Diese hatten nun endlich aufgehört zu streiten. Das implizierte einen guten Ausgang. Ino war kurz davor, Shikamaru lautstark zu gestehen, dass sie ihn mehr mochte als einen Freund und dann würde diese gestellte Farce auch enden. Ja. Derzeit sah es wirklich so aus, als würde doch noch alles irgendwie gut werden. . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)