Dicembre von gluecklich (26 Tage Weihnachten) ================================================================================ Kapitel 10: Neunter Dezember ---------------------------- Tsuna hatte keine Ahnung, was passiert war. Er unterhielt sich viel mit Cat und Takeshi unterhielt sich viel mit Squalo, aber wenn es um Xanxus ging, schwiegen beide eisern. Vielleicht war es ja auch gar nicht wichtig, was nun genau mit ihm los war. Es interessierte Tsuna, sehr sogar, aber wenn er es sich genau überlegte, ging es ihn eigentlich nichts an. Er konnte einfach nur froh darum sein, dass sich etwas getan hatte. Man hatte schon angefangen, zu reden. Dass er jedes Mal mehr trank, wenn man ihn sah. Dass man die jungen Mädchen auf dieser Veranstaltung vor ihm wegschließen sollte. Dass sie schon darauf warteten, wann er »mal wieder« wahllos um sich prügelte. Und dass es manchen schon peinlich sein konnte, dass er sich selbst auf Festen der eigenen Familie benahm wie die Axt im Walde. Tsuna hatte nicht gern gehört, was man sich so erzählt hatte, aber letztendlich konnte er den Leuten auch nicht den Mund verbieten, und verübeln konnte er es auch nicht. Nicht viele wussten, was nun genau mit Xanxus los war. Tsuna hatte natürlich eine starke Ahnung, weil er eben unfreiwillig seine Geschichte kannte. Er konnte sich sehr gut vorstellen, was in ihm passierte, aber ihm war klar, dass Xanxus nicht wollte, dass das irgendwer erfuhr. Deshalb blieben die Leute eben ahnungslos und tuschelten sich die schlimmsten Geschichten ins Ohr. Xanxus persönlich war das wahrscheinlich egal. Aber für die Varia war es nicht gerade gut – und was für die Varia nicht gut war, war auch für die Vongola nicht gut. Aber genau das schien er eingesehen zu haben. Er wirkte gefasster, ruhiger, zivilisierter –besser. Das kam Tsuna unglaublich gelegen. Xanxus war nun seit über einer Woche hier und Tsuna fand, dass es langsam an der Zeit war, mit ihm zu sprechen. Und er hatte eigentlich nicht vorgehabt, mit ihm darüber zu sprechen, dass er sich bitte benehmen sollte. Die letzten Tage hatte es ausgesehen, als sei das nötig, und das wäre sicherlich ein eher unangenehmes Gespräch geworden. Nun glaubte er, dass er das nicht tun musste, und hoffte darauf, dass das, was er tatsächlich mit Xanxus besprechen wollte, keine Tortur wurde. Für keine der beiden Parteien. Tsuna wusste bereits, dass Xanxus und Squalo an den folgenden beiden Tagen nicht da sein würden. Vielleicht war es deshalb gut, wenn er es heute versuchte. Sollte es wirklich zum Gespräch kommen, hatten sie danach beide eine zweitätige Auszeit, um zu verarbeiten, was auch immer dabei herauskam. War sicher gut, wenn sie sich erstmal nicht sahen. Tsuna wollte nichts provozieren. Gerade, weil es bei Xanxus letztendlich immer um Leben und Tod ging. Er leerte sein Sektglas (er vertrug nach wie vor so gut wie keinen Alkohol, aber ein bisschen Sekt am Abend konnte er sich immer mal erlauben), stellte es weg und ließ den Blick schweifen. Gerade eben hatte er noch gesehen, wie Squalo mit Cat im Arm aus dem Saal verschwunden war. Wahrscheinlich würde Xanxus dann auch nicht mehr lang bleiben, der Raum leerte sich sowieso seit dem Abendessen langsam, aber stetig. Also sollte er jetzt gehen. Damit er ihn noch erwischte. Tsuna fand ihn am üblichen Tisch, beobachtete ihn einige Sekunden lang und atmete dann leise durch. Ein bisschen Angst würde er immer vor ihm haben. Der alte Tsuna war natürlich auch noch nicht verschwunden und würde das vermutlich auch nie tun. Er war immer noch ungeschickt, schwer von Begriff und zurückhaltend, aber er hatte eben gelernt, das alles zu unterdrücken, sobald er als Boss handeln musste. Musste er theoretisch auch jetzt. Also los. Ihm war ein bisschen schlecht, aber er glaubte, dass er sich nichts anmerken ließ, während er den Saal durchquerte und schließlich am runden Varia-Tisch stehen blieb, an dem Xanxus nun allein saß und in die Menge sah – bis eben Tsuna auftauchte. Nur langsam hoben sich die roten Augen, und Tsuna nahm sich zusammen, um unter dem eiskalten Blick nicht zu erstarren. Wahrscheinlich hatte Xanxus keine Ahnung, wie schwer das war. Tsuna brachte ein Lächeln zustande (obwohl er wusste, dass Xanxus das nur aufregte) und räusperte sich. »Darf ich mich setzen?«, hörte er sich ruhig fragen. Okay, der Anfang klappte schon mal gut. Xanxus zog die Brauen zusammen, sah ihn einen Moment lang nur an und sagte nichts. Wahrscheinlich dachte er, dass er jetzt eh nicht nein sagen konnte. Das würde ihn wie ein bockiges Kind wirken lassen, das war auch Tsuna bewusst. Er konnte ein leises Seufzen hören, dann senkte Xanxus den Blick und kickte den Stuhl neben ihm ein wenig vom Tisch weg – sodass Tsuna sich setzen konnte. »Danke«, sagte er leise, während er sich mit einem Schmunzeln niederließ und Xanxus betrachtete. Sein Gegenüber sah ihn nur mit dem für ihn typischen Maß an Erwartung an und Tsuna beschloss, dass er einfach anfangen musste. »Ich…« - Und er brach ab. Na toll. Flüchtig gluckste Tsuna über sich selbst, schloss kurz die Augen und riss sich dann zusammen. »Vielleicht hast du dir schon denken können, dass ich dich … nicht ganz ohne Hintergedanken eingeladen habe.« Xanxus zog bloß eine Braue hoch. Er sprach nicht, aber er startete auch keinen Versuch, ihn umzubringen, also traute Tsuna sich, weiterzusprechen. »Ich hatte gehofft, wir könnten die Gelegenheit nutzen, um… Na ja, um zu reden. Ich finde, das ist dringend nötig. Wir müssen uns unterhalten, wie es weitergeht, was wir aus unserer Arbeit machen, und … wie wir es in Zukunft schaffen, hier Seite an Seite zu stehen.« Tsuna bemerkte, dass seine Ohren wärmer waren als sie sollten, und schluckte. Aber immerhin hatte er das Wichtigste gesagt. Jetzt brauchte er nur noch eine Reaktion. »Hast du … dafür gerade Zeit…?« Es dauerte nicht lang. Zwei oder drei Sekunden. Xanxus sah ihn an, Xanxus sah zur Seite, Xanxus rümpfte die Nase, dann sah er ihn wieder an. Und sprach, noch während er sich erhob. »Nicht jetzt.« Und im nächsten Moment saß Tsuna allein mit seinem geschlagenen Lächeln am Tisch. Mit so etwas hatte er gerechnet. Aber schade war es trotzdem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)