Dicembre von gluecklich (26 Tage Weihnachten) ================================================================================ Kapitel 9: Achter Dezember -------------------------- Der Fernseher war kaputt. Ein zerstörtes Whiskeyglas lag zwischen den Scherben des Bildschirms. Das Bett hatte Schrammen, weil er es umgeworfen und zum Schlafen natürlich wieder aufgestellt hatte. Von einem der beiden Holzstühle war nichts mehr übrig. Der andere lag aus irgendwelchen Gründen im Bad. In der Wand neben seinem Fenster war ein tiefes Loch. Deshalb konnte er seine Finger nach wie vor nicht wirklich bewegen. »Boss! Lass mich das doch heilen!« »Ruhe. Das geht schon.« »Aber sie sind offensichtlich gebrochen!« »Ja, und sie werden offensichtlich wieder zusammenwachsen. Also hau ab.« »Aber Boss –« »Hau. Ab.« Luss hatte aufgegeben. Xanxus war beim Frühstück und beim Mittagessen gewesen. Dazwischen hatte er sich ein bisschen in den Saal gesetzt, wo auch alle anderen Pfeifen herumhingen. Niemand hatte ihn angesprochen, entweder hatte es keiner gewagt, oder keinen interessiert, aber er war da gewesen. Die Knöchel seiner rechten Hand waren blau und etwas aufgerissen, aber natürlich hatte er das Blut beseitigt und er hatte genug Übung darin, seine Hand so zu halten, dass nicht jeder die Prügelmerkmale darauf sehen konnte. Ansonsten war er gefasst gewesen. Keine Augenringe. Kein Alkohol. Und keine Frau, die fast auf seinem Schoß saß oder ihn vollbrabbelte. Heute nicht. Nicht mehr. Scheiße, ja, er hatte verstanden. Squalo hatte Recht. Das war das erste, was ihn aufgeregt hatte. Dass Squalo tatsächlich Recht hatte. Und dann hatte er auch noch begriffen, wie ärmlich und aufgeschmissen er rüberkommen musste, wie direkt er auf eine hoffnungslose Verwahrlosung zusteuerte. Das hatte ihn noch mehr aufgeregt. Er war wütend gewesen, er hatte jemanden töten wollen, aber ihm war eingeleuchtet, dass das genau das war, was ihn auf kurz oder lang so ruinierte. Das impulsive Handeln, die Aggression. Er konnte für seine eigenen Fehler nicht irgendwelche Leute sterben lassen. Zumindest nicht hier. Als Variaboss in ihrem geschlossenen Anwesen, da ging das vielleicht. Auf der Arbeit, mittendrin. Aber nicht hier in Japan, auf einer öffentlichen Veranstaltung, wo er einen wichtigen Teil der Vongola aus Italien vertreten musste. Er musste sich zusammenreißen. Er musste ignorieren, was passiert war, egal, wie schwer es ihm fiel. Und vor allem musste er mit seinem Schwarz-Weiß-Denken aufhören. War ihm gestern Abend aufgefallen, als er den beschissenen Fernseher schon so weit traktiert hatte (irgendwas hatte er immerhin kaputtmachen müssen), dass er keine Farbe mehr hatte senden können. Sein Leben bestand aus Schwarz-Weiß-Tönen. Es gab kein Grau. Es gab Verbündete und es gab Feinde. Früher hatte ihm das nie Probleme gemacht. Vor allem, als er klein gewesen war, als er noch nicht bei der Vongola gelebt hatte, war es wichtig gewesen, unterscheiden zu können. »Grau« war damals lebensgefährlich gewesen. Man hatte sich bei denen gehalten, denen man hatte vertrauen können, und der Rest war eben der Feind gewesen. Jetzt ging das aber nicht mehr. Er konnte Sawada nicht permanent als seinen Feind ansehen. Weil sie in derselben Famiglia arbeiteten, weil sie sogar noch verdammt oft würden zusammenarbeiten müssen. Xanxus bestand zwar darauf, dass die Varia nicht für Sawada arbeitete, weil sie unabhängig waren, aber letzten Endes arbeiteten sie sehr wohl für die Vongola. Und er war der Boss der Vongola. Also kam Xanxus irgendwie nicht an ihm vorbei. Und wenn es nur Feinde und Verbündete gab und nichts dazwischen, dann hatte er definitiv ein Problem. Das war der Grund, weshalb er hier in den letzten Tagen dermaßen die Kontrolle über sich verloren hatte. Der primäre Grund zumindest. Weil er hier bei einem Feind sitzen und sich benehmen musste. Bei einer schwarzen Person in seiner Welt. Xanxus hasste es, so denken zu müssen, aber es wurde Zeit, dass er dem Mist eine Chance gab. Damit Sawada wenigstens Feind und Verbündeter werden konnte. Damit er wenigstens einmal die Gelegenheit bekam, zumindest eine graue Person zu werden. Die erste graue Person, die er dulden würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)