Unerwünschte Gefühle von Snuggle ================================================================================ Kapitel 10: Das Angebot ----------------------- Ich weiß, dass es lange gedauert hat und es tut mir auch sehr leid :( Aber ich hoffe trotzdem, dass euch dieses Kapitel gefällt :) ________________________________________________________________________ Mit einem brummenden Kopf, einem stark schmerzenden Rücken und steifen Beinen wachte Maron am nächsten Morgen auf. Es dauerte einige Zeit, bis sie sich wieder bruchstückweise an den letzten Abend, beziehungsweise die letzte Nacht, erinnern konnte. Sie waren in der Disko gewesen und sie hatte getrunken. Viel zu viel. Und was war der Grund?! Wieder dieser Idiot Chiaki! Wie sollte es auch anders sein. Was sollte die Aktion auf der Toilette? Was hatte er sich dabei gedacht? Aber andererseits musste sie ihm eigentlich dankbar sein, dass er sich noch um sie gekümmert hat, nachdem sie sich so abgeschossen hatte. Er hätte sie ja auch einfach ignorieren und sich selbst überlassen können. Aber eigentlich wollte sie darüber weder sprechen, vor allem nicht mit ihm und sie wollte sich auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, dafür tat er ihr einfach zu weh. Vorsichtig versuchte sie ihre Augen zu öffnen, schloss sie aber sofort wieder, da das Licht, das durch die Balkontür und die großen Fenster in den Raum drang, viel zu hell war und ihre Schmerzen noch zusätzlich verstärkte. Ab und zu gab die junge Frau ein leises, wehleidiges Brummen von sich. Sie beschloss ihren Rausch noch ein wenig auszuschlafen. Das wäre wohl das Beste. Bevor sie aber wieder einschlafen konnte, trat eine Person in den Raum. Maron blieb nichts anderes übrig als ihre Augen nun doch widerwillig zu öffnen. Diese Person entpuppte sich als Miyako. Sie schien bereits so früh am Morgen gute Laune zu haben und begrüßte sie mit einem herzlichen „Guten Morgen, Schlafmütze!“. In ihren Händen hielt sie ein Tablett. Darauf stand eine Tasse Kaffee, ein Messer, ein Teller, auf dem ein Brötchen lag, und ein bisschen Marmelade und Käse. Das Tablett stellte sie auf den kleinen Tisch vor dem Sofa, den sie ein kleines Stück zur Seite schob und sich auf den Schemel setzte, der noch von gestern Abend neben der Couch stand, da Chiaki auf diesem gesessen und Maron verarztet hatte. Vorsichtig strich sie ihrer besten Freundin ein paar braune Strähnen aus dem Gesicht. Die Brünette sah wirklich total fertig aus, was allerdings kein Wunder ist nach der letzten Nacht. Unter ihren Augen zeichneten sich tiefe Augenringe ab, ihr Make-up war verschmiert und ihre braunen Haare, die am gestrigen Abend so schön ausgesehen hatten, klebten an ihrer Stirn. Miyako selbst ging es ganz gut. Sie hatte in der Disko noch ein bisschen gefeiert, nicht zu viel getrunken, ziemlich viel Spaß gehabt und wurde dann ohne Zwischenfälle oder Probleme von Yamato nach Hause gebracht, der keine Anstalten machte sich an sie ranzumachen. Maron hatte er auch nicht mehr weiter erwähnt, nachdem diese von Chiaki nach Hause gebracht wurde. Sie hatte zwar bemerkt, dass er ein wenig beleidigt war, da Chiaki ihm eine heiße Nacht zerstört hatte, aber dafür hatte Yamato diesen Zorn mehr oder weniger in Alkohol ertränken können, sodass er anscheinend doch noch seinen Spaß hatte. Vorsichtig half sie der jungen Frau auf dem Sofa sich aufzusetzen. Diese hielt sich direkt die Finger an die Schläfen. Das Zimmer um sie herum drehte sich! Und zu allem Überfluss tat ihr auch noch alles weh. Eines war sicher: sie würde sich nicht noch einmal so voll laufen lassen! Auf die Unannehmlichkeiten am Morgen danach konnte sie nun wirklich gerne verzichten. Langsam griff sie nach der Tasse auf dem Tablett und nahm einen kleinen Schluck von dem heißen Kaffee. Er war noch sehr frisch, sodass sie sich fast die Zunge daran verbrannt hätte. Appetit hatte sie keinen, also blieb das Brötchen erstmal unberührt liegen. Kurz darauf kam eine weitere Person in das Wohnzimmer. Chiaki. Auch er kam auf sie zu: „Wie geht es dir?“ fragte er etwas verlegen. „Total beschissen. Ich glaub ich hab einen Kater.“ Gab Maron nur leise und mit rauer Stimme von sich. Auf diese Antwort bekam sie nur ein schiefes Lächeln geschenkt. Sie wusste nicht genau wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Aber sie würde sich noch wohl oder übel bei ihm bedanken müssen, dass er sie gestern Nacht noch versorgt hatte. Das war sie ihm einfach schuldig. Mehr sagte er aber auch nicht. Keiner erwähnte den letzten Abend oder Maron’s Trunkenheit. Das war vielleicht auch besser so, da sich die junge Frau ein wenig für ihr Verhalten schämte. Es war eigentlich nicht ihre Art sich so zulaufen zu lassen. Denn immer wenn sie betrunken war, baut sie irgendeinen Mist, was man ja auch nur zu gut an ihrem Verhalten nach der Absolventenparty in Tokio sehen konnte, als sie in betrunkenem Zustand einfach mit Chiaki geschlafen hatte, den sie ja schließlich erst an diesem Abend kennen gelernt hatte. Und sie hatte gedacht, dass sie daraus gelernt hätte… Maron wollte gerade erneut an dem Kaffee nippen, als sie ihr Handy klingeln hörte, das sich in ihrer Handtasche befand, die neben ihr auf dem Boden lag. Auf dem Display wurde eine ihr unbekannte Nummer angezeigt. Sie nahm ab. „Maron Kusakabe.“ Ihre Stimme klang ein wenig brüchig und auch noch sehr verschlafen. „Frau Kusakabe? Hier spricht Yuuka Tsukamoto. Tut mir leid, dass ich mich erst jetzt melde, aber ich hatte in der Praxis sehr viel zu tun.“ Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang wirklich sehr freundlich. Maron erstarrte. Jetzt wusste sie wer diese Frau Tsukamoto war. Sie hatte einen Moment gebraucht um zu realisieren, dass das die Chefin der Praxis war, in der sie sich um einen Job beworben hatte! „Das ist doch überhaupt kein Problem.“ Maron versuchte mit möglichst starker Stimme zu sprechen. Sie musste in diesem Moment einfach seriös wirken, Kater hin oder her. „Der Grund warum ich anrufe: Ihre Bewerbungsmappe war sehr ansprechend und ich würde Sie gerne zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch in meine Praxis einladen.“ Die junge Frau war für einen kleinen Augenblick ziemlich perplex und fühlte sich ein bisschen überrumpelt. „Aber natürlich! Sehr gerne! Wann soll das Gespräch denn stattfinden?“ „Ich weiß es ist noch relativ früh, aber würde es Ihnen in zwei Stunden passen? Mir wäre das ganz recht, da ich dann noch nicht so viel in der Praxis zu tun habe. Wie schon gesagt, ich bin in letzter Zeit sehr beschäftigt.“ Maron warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr. Es war circa 9 Uhr. Das Vorstellungsgespräch wäre dann also um 11 Uhr. Eigentlich war Maron das gar nicht recht. Aber konnte sie ihre vielleicht zukünftige Chefin einfach so versetzen, nur weil sie einen Kater hatte? Sie wollte doch einen guten Eindruck machen! Und welche Begründung sollte sie denn bitte abgeben? ‚Tut mir leid, aber ich war gestern total besoffen und liege jetzt mit einem Kater auf der Couch. Könnten wir das Gespräch nicht verschieben?’ Das konnte sie echt nicht bringen! „Aber natürlich. 11 Uhr ist perfekt!“ Kaum ausgesprochen, bereute sie ihre Worte schon. „Das freut mich, Frau Kusakabe. Dann sehen wir uns um 11 Uhr in meiner Praxis. Bis später!“ „Bis später.“ Murmelte Maron noch. Damit war das Gespräch beendet und sie legte auf. Sie würde sich am liebsten selbst hauen für die Aktion gerade eben. Ein Vorstellungsgespräch mit Kater. Das konnte ja was werden! Maron blieb nicht mehr lange in der Wohnung von Miyako und Chiaki. Circa 15 Minuten, die sie nutze, um sich erstmal zu sammeln und ihre Tasse Kaffee auszutrinken, danach machte sie sich auf den Weg in ihr eigenes Apartment, das ja immerhin direkt gegenüber lag. Ihr Kopf schmerzte nach wie vor, sowie ihr Rücken und auch ihre Nase, mit der sie gestern Abend im Rausch auf einen kleinen Tisch in der Disko geknallt war. Wieder erschienen die Bilder von Chiaki in ihrem Kopf, wie er sich liebevoll um sie gekümmert und sie verpflegt hatte, doch schnell versuchte sie diese Gedanken wieder aus ihrem Kopf zu verbannen. Ihr erster Weg führte sie direkt in das Badezimmer. Eine schöne heiße Dusche würde ihr gut tun und dann würde sie sich noch gleich für das Vorstellungsgespräch fertig machen. Sie würde sich auf jeden Fall eine Menge Make-up ins Gesicht klatschen müssen, um diese Augenringe zu verdecken. Wie gerne würde sie sich jetzt einfach in ihr Bett legen und schlafen! Zehn Minuten vor 11 Uhr stand Maron vor dem großen weißen Gebäude am Rand von Momokuri. Ein Ärztehaus, in dem viele verschiedene Arztpraxen untergebracht waren. Maron brauchte eine Zeit lang um unter den ganzen Klingelschildern das Schild der Psychologin Yuuka Tsukamoto zu finden. Sie war sehr nervös, ihr Herz schlug schnell gegen ihre Brust und ihr stechender Kopfschmerz machte das alles nicht wirklich besser. Kurz nachdem sie auf die Klingel gedrückt hatte, gab ihr ein brummendes Geräusch zu verstehen, dass sie die Tür öffnen und eintreten konnte. Die Praxis lag im fünften Stockwerk. Obwohl es einen Aufzug gab, entschied sich die junge Frau die Treppe zu nehmen. Vielleicht würde sie das ein wenig beruhigen. In der fünften Etage angekommen, musste sie sagen, dass sie doch ein wenig außer Puste war. Einen Moment blieb sie vor der Tür stehen, versuchte ihren Atem ein wenig zu beruhigen und öffnete anschließend die Tür zur Praxis von Yuuka Tsukamoto. Die Räumlichkeiten waren sehr offen und großzügig geschnitten. Der Boden war mit schwarzen Schieferfliesen bedeckt, die Wände erstrahlten in weiß. Um etwas Farbe in die Räume zu bringen, wurde die Rezeption, die sich direkt rechts des Eingangs befand, mit Milchglas verkleidet, das durch rotes Licht erleuchtet wurde. An den Wänden hingen große moderne, abstrakte Bilder, die vor allem in den Farben dunkelrot und grau gehalten sind. Die Stühle des Wartezimmers, in der hinteren rechten Ecke des großzügigen Raumes, waren ebenfalls in einem Rotton gehalten, genauso wie die Deko. Alles in allem erschien die komplette Praxis sehr freundlich und durch die große Fensterfront sehr hell. Wer auch immer dies hier eingerichtet hat, er hatte ein Auge fürs Detail. Direkt links befanden sich mehrere Behandlungszimmer. °Hier könnte ich mich tatsächlich wohlfühlen°, kam es Maron in den Sinn. Anschließend wandte sie sich der Anmeldung zu, an der eine junge Frau saß. Ihre schulterlangen, rotblonden Haare, hatte sie nach hinten zu einem strengen Zopf gebunden. Sie war schätzungsweise gerade mal 30 Jahre alt, vielleicht sogar ein bisschen jünger, aber erweckte einen durchaus freundlichen Eindruck. Auf dem Namensschild, das sie an ihrem Kittel befestigt hatte, konnte Maron den Namen ‚Amaya Sugita’ entziffern. Sie beendete ihre Arbeit am Computer und blickte freundlich lächelnd zu Maron hoch. „Hallo. Was kann ich für sie tun?“ „Mein Name ist Maron Kusakabe, ich bin heute hier wegen eines Vorstellungsgespräches.“ Die 24-jährige gab sich alle Mühe, so wie immer zu lächeln, aber die starken Kopfschmerzen erschwerten ihr dieses Vorhaben enorm. „Nehmen sie doch bitte noch ein paar Minuten im Wartezimmer Platz, Frau Tsukamoto wird gleich Zeit für sie haben.“ „Vielen Dank.“ Mit diesen Worten begab sich Maron auf den Weg in das Wartezimmer und nahm dort auf einem der Stühle platz. Die junge Frau musste feststellen, dass sie doch sehr aufgeregt war. Das Herz schlug ihr fast bis zum Halse. Das alles war einfach zu überraschend für sie gewesen. Erst der Kater, dann das spontane Vorstellungsgespräch. Sie wusste noch nicht einmal, ob sie ausreichend vorbereitet war. Natürlich hatte sie ihre Bewerbungsmappe, die schon seit dem Einzug in ihrer Wohnung in Momokuri immer bereit auf ihrem Wohnzimmertisch lag. Aber sie hatte eigentlich so gut wie keine Ahnung was sie auf bestimmte Fragen antworten sollte. °Maron Kusakabe, wie kannst du nur so leichtsinnig sein?! Seit Wochen hoffst du auf dieses Gespräch und hast dir noch nicht einmal große Gedanken darüber gemacht, was du erzählen sollst!°, tadelte sie sich in Gedanken. Viel Zeit hatte die junge Frau allerdings nicht, um ihre Gedanken zu ordnen, denn da wurde sie schon von der Empfangsdame aufgerufen und in das Büro ihrer hoffentlich baldigen Chefin geführt. Noch einmal atmete sie tief ein und aus, versuchte ihren Puls zu beruhigen und ihren Kopfschmerz gedanklich auszuschalten. Dann trat sie in das Zimmer ein. Das Vorstellungsgespräch dauerte ungefähr 30 Minuten. Erleichtert trat Maron aus dem Büro, verabschiedete sich höflich und verließ dann die Praxis. Als sie sich auf den Nachhauseweg machte, ließ sie die letzte halbe Stunde erstmals Revue passieren. Es waren die üblichen Fragen gewesen, die sie hatte beantworten müssen. Warum sie Psychologie und soziale Arbeit studiert hatte, warum sie genau in dieser Praxis arbeiten wollte, was sie an diesem Beruf faszinierte, ihre Referenzen und so weiter. Dann hatte sie noch lange von ihrem Studium in Tokio erzählt und damit war das Gespräch so gut wie beendet. Maron war sich sicher, dass sie sehr seriös gewirkt und alle Fragen zufrieden stellend beantwortet hatte. Ob sie den Job nun bekommen hatte, würde sie allerdings erst im Laufe der nächsten Woche erfahren. Es hatte noch andere Bewerberinnen um die Stelle gegeben und Frau Tsukamoto wollte auch diesen Frauen die Chance geben sich vorzustellen, aber Maron war sehr zuversichtlich gestimmt und das versetzte sie trotz Kater und den Ereignissen der letzten Wochen in gute Laune. Nachdenklich saß Chiaki Nagoya in seinem Bürosessel und stützte seinen Kopf auf beide Hände, seine braunen Augen hielt er dabei geschlossen. Er hatte heute eigentlich früher Feierabend gemacht, aber nach Hause gehen wollte er deswegen doch nicht, da dort seine Verlobte auf ihn warten würde. Was der 25-jährige allerdings im Moment brauchte war Ruhe und Zeit um über den gestrigen Abend und die letzten Wochen nachzudenken. Und vor allem wollte er sich darüber klar werden, was er für Maron empfand. Er begehrte sie, das war klar. Schon als sie sich zum ersten mal in Tokio begegneten fand er sie sehr anziehend und sexy. Sie hatte einen wunderschönen, schlanken Körper, ein hübsches Gesicht und eigentlich mochte er auch ihren Charakter. Doch dann ist das alles passiert, was alles in ein heilloses Chaos stürzte. Der Sex, die Begegnung von Maron und Miyako, der Streit, die Racheaktionen. Er war deutlich verwirrt. Natürlich waren sie sauer aufeinander und erpressten sich mehr oder weniger, aber warum wollte er die Brünette dann so sehr? Es war wirklich gemein von Maron gewesen, ihn erst hinterhältig anzumachen, nur um ihn direkt in ihre Falle laufen zu lassen, aber warum hätte er so gerne mit ihr geschlafen? Was reizte ihn so sehr an ihr, dass er sogar seine Beziehung aufs Spiel setzen würde, nur um sie zu bekommen? War es nur ihr Körper? Oder ihre selbstbewusste, kecke Art? Vielleicht sogar ihr Wesen? Als er sie gestern in der Toilette der Disko angemacht und sie geküsst hatte, hat er nur im Sinn das Spiel vom Nachmittag fortzusetzen. Aber die Vorstellung, sie an einen so widerlichen Macho wie Yamato Minazuki verlieren zu können, trieb ihn fast in den Wahnsinn. Und als er sich gestern um sie gekümmert hatte, hat er sich ernsthafte Sorgen gemacht. Es war irgendwie etwas Besonderes gewesen. Ein besonderes Gefühl, eine besondere Atmosphäre. Er hatte sich zu ihr hingezogen gefühlt. Es schien als hätte er eine komplett neue Seite von Maron Kusakabe kennengelernt. Sie erschien nicht mehr so selbstbewusst und frech. Nein. Sie erschien zerbrechlich und verletzbar. In diesem Moment war sie der Maron so ähnlich, die er damals in Tokio kennen gelernt hatte. Eine Maron, die ihn anzog. Eine nette, liebevolle Maron, geradezu charmant. Diese vielen Gedankengänge waren einfach zu viel für den jungen Arzt. Warum musste das alles so unglaublich kompliziert sein? Er wusste, dass er Maron wollte, doch andererseits fand er es nicht fair seine Verlobte erneut zu berügen. Vor allem nicht bei allem was sie hat erleiden müssen. Doch war es fair von Miyako Chiaki’s Bedürfnisse so egoistisch in den Hintergrund zu stellen? Er wusste ja selbst nicht wie lange er ihr noch vorgaukeln konnte, glücklich zu sein. Wie konnte er all dies nur vereinbaren? Noch immer lächelnd und gut gelaunt betrat Maron den Wohnblock Orléans und war geradewegs auf dem Weg zum Aufzug. Als sie davor stand, drückte sie auf den Knopf und wartete darauf, dass sich die Fahrstuhltüren öffneten. Anschließend stieg sie ein und lehnte sich an die Wand, den Rücken zum Ausgang gerichtet. Sie konnte gerade vernehmen, dass sich die Türen langsam schließen wollten, als sie bemerkte, dass die beiden Flügel wieder auseinander fuhren. Ein wenig verwirrt drehte sie sich um und blickte direkt in das Gesicht von Chiaki Nagoya, der anscheinend etwas außer Atem war. °Verdammt, dem wollte ich nicht gerade begegnen°, dachte sich die Brünette. „Warum bist du denn so atemlos? Hast du dich etwa beeilt den Aufzug zu bekommen? Ich weiß nicht, ob du das weißt, aber das Haus ist nun auch nicht so hoch. Du hättest auch locker den nächsten nehmen können.“ Mit einem etwas schlechten Gefühl musste sie feststellen, dass ihr Tonfall doch etwas zickig klang. Sie hätte sich selbst ohrfeigen können. Da bringt sie so einen dämlichen Spruch, anstatt sich dafür zu bedanken, dass er sich gestern so rührend um sie gekümmert hatte. Vielleicht sollte sie auch einfach so tun, als könne sie sich an nichts erinnern. Ja, das ist eine gute Idee… Im ersten Moment überlegte Chiaki Maron’s Aussage genau so patzig zu kommentieren, aber dann fiel ihm auf, dass das eigentlich nicht in seinem Interesse war und seinem Wunschdenken nur im Weg stehen würde. „Ja, da hast du wohl recht, aber warum nicht die erste Gelegenheit nutzen?“ Er grinste sie schief an. Schweigen entstand. Ohne etwas zu sagen standen sie nebeneinander, während sich der Lift langsam in Bewegung setzte. Der junge Mann wurde ein wenig nervös. Dieses peinliche Schweigen und ihre Nähe machten ihn wahnsinnig. Er musste irgendetwas sagen! „Und…wie geht es dir so nach dem Abend gestern?“ Maron blickte ein wenig skeptisch drein. Mit dieser Frage hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, ganz abgesehen davon, dass er überhaupt in einem so normalen Tonfall mit ihr sprach. „Naja, ich hab ziemlich schwere Kopfschmerzen, ich glaube ich komme mal wieder in den Genuss eines Katers.“ „Maron…das was gestern Abend war…“ „Was war denn?“ Sie versuchte glaubwürdig zu klingen, damit er ihr auch wirklich abnahm, dass sie einen Blackout hatte, doch das Zittern in ihrer Stimme und der rote Schimmer auf ihren Wangen verrieten sie prompt. Kurz überlegte der 25-jährige, ob er sie im Glauben lassen sollte, dass er ihr glaubte, aber dann öffneten sich bereits die Türen und die junge Frau hatte es sehr eilig wegzukommen. Weg von dieser bedrückenden Atmosphäre und vor allem weg von Chiaki Nagoya. Einen Moment lang sah er ihr nach. Dass sie sich so distanzierte versetzte seinem Herzen einen Stich. Er wollte nicht, dass sie nicht in seiner Nähe sein wollte. Und in diesem Moment entschied er, sie nicht einfach gehen zu lassen. Auf einmal wusste er, was zu tun war… Etwas durcheinander betrat Maron ihre Wohnung. Diese Situation eben hatte sie total aus dem Konzept gebracht. Mit ihm alleine, auf so engem Raum. Sie wusste einfach nicht, wie sie mit einer solchen Situation umgehen sollte. Einerseits war da dieser Streit, den sie beide auszufechten hatten, doch gleichzeitig hatte er eine so unwiderstehliche Anziehungskraft, für die sie selbst so anfällig war. Sie wollte gerade die Eingangstür hinter sich schließen, als sie einen dumpfen Schlag vernahm und in Chiaki’s Gesicht blickte, der sie an diesem Vorhaben gehindert hatte. Was wollte er denn nun? Er sah sogar etwas aufgebracht aus. Als er sich uneingeladen in ihre Wohnung zwängte und die Tür schloss, wich die Brünette zwar zurück, löste aber nicht den Blickkontakt. Seine Augen, in denen ein leicht panischer Ausdruck lag, nahmen sie einfach viel zu sehr gefangen. „Es tut mir leid..“, begann er zu stammeln „ich habe keine Ahnung was ich hier gerade tue, aber ich kann dich nicht einfach so gehen lassen.“ „Chi…Chiaki, was ist los?“ Sie verstand in diesem Moment gar nichts. „Maron, hasst du mich eigentlich?“ „Was? Nein…also…Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber…aber hassen ist so ein starkes Wort…Ich…Ich.“ Chiaki stoppte ihre Worte, indem er Maron seinen Zeigefinger vorsichtig auf die Lippen legte und diese so versiegelte. „Nein, sag bitte nichts. Hör zu…das hört sich jetzt total verrückt an, aber ich muss es dir einfach sagen. Versuch mich bitte nicht zu unterbrechen.“ Er strich sich durch seine Haare, während er noch einmal tief ein- und ausatmete. Er wusste, dass es jetzt kein zurück mehr gab, er hatte es angefangen, also musste er es jetzt auch zu Ende bringen. „Hör zu, Maron: Ich weiß, dass du verdammt sauer auf mich bist. Ich weiß, dass ich dir alles hätte vorher erzählen sollen und ich weiß auch, dass ich mich vielleicht ein bisschen unfair verhalten habe, aber ich will nicht mehr, dass das zwischen uns steht. Ich weiß auch nicht was es ist, aber da ist etwas Besonderes zwischen uns. Du hast so eine Anziehungskraft auf mich, aber ich weiß nicht wie du das machst und genau so wenig weiß ich, was meine Gefühle zu bedeuten haben. Ich könnte mich niemals von Miyako trennen, das lässt mein Gewissen zu, aber ich…ich möchte euch beide haben, verstehst du das?“ Gespannt wartete er auf Maron’s Reaktion, doch diese starrte ihn nur mit großen, geschockten Augen an. „W…Weißt du, was du da gerade gesagt hast? „Ja, das weiß ich und ich möchte dir auch zeigen, dass das geht. Ich weiß nicht, was da zwischen uns ist, aber ich möchte es herausfinden. Bitte, vertrau mir!“ „Nein! Das kann ich nicht!,“ sie schrie ihn regelrecht an „Du bietest mir eine Affäre an?! Du forderst da von mir, Miyako mit dir zu betrügen! Bist du…Du bist doch verrückt geworden! Ich will, dass du sofort meine Wohnung verlässt.“ „Maron…nein…bitte, ich…“ „Raus!“ Schrie sie. Sie schnaufte vor Wut und zeigte auf die Haustür. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft ihm in die Augen zu blicken. Noch einmal sah der junge Mann flehend zu der jungen Frau, die ihn allerdings keines Blickes würdigte. Dann verließ er niedergeschlagen ihre Wohnung, um sich in seiner eigenen zurückzuziehen. Maron blieb alleine zurück und ließ sich mit Tränen in den Augen an der Wand herunter gleiten, um nicht nur ihren Atem, sondern auch ihr Herzklopfen zu beruhigen. _____________________________________________________________________________________ Ich würde mich sehr über Kommentare freuen :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)