Desiderosa von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 8: Absolution --------------------- Jet schlief noch, als Zuko sich aus dem Bett stahl. Er würde Wort halten. Leise und schnell legte er seine Kleidung an und huschte dann die Treppen hinunter. Er hatte ungefähr im Kopf, wo seine Soldaten gerade patrouillieren mussten und eilte sich, sich auf den Rücken seines Aalhundes zu schwingen, welchen der Wirt zuvor auf sein Geheiß hin, hatte bereitstellen lassen, um dorthin zu gelangen. Wenn er es so bedachte, war es kein Wunder, dass die Räuberhöhle unbemerkt geblieben war, sie war zu gut versteckt. Als er in die Nähe des Soldatenlagers kam, wurde man bald auf ihn aufmerksam. „Wer ist da?“, herrschte man ihn an, ihn in der Dunkelheit des gerade dräuenden Morgens nicht sofort erkennend. Zuko trat näher, "Dein Herrscher, guter Mann, führe mich zu deinem Hauptmann." Der Soldat salutierte pflichtbewusst, als er Zuko erkannte und führte diesen zwischen den Zelten hindurch, wo bereits die ersten Gestalten sich regten, bis hin zum Hauptzelt. "Bitte, Majestät, einen Augenblick", meinte der Soldat und trat dann näher an das Zelt heran. "Hauptmann Tengu, Feuerlord Zuko wünscht Euch zu sehen!" Es dauerte keine drei Sekunden, ehe man es im Inneren rumoren hörte und kurze Zeit darauf stand der Mann, halb angezogen, jedoch musterhaft kerzengerade vor ihm. "Meine Majestät!", intonierte er ehrerbietig, "Ich bin sehr überrascht, Euch hier anzutreffen, man wähnte Euch im Palast ..." Zuko winkte ab. "Ich habe mich Euch zu sprechen", sagte er scharf, "Die Räuberbande, die hier ihr Unwesen treibt - sagt, wie lange seid ihr schon auf der Suche nach ihrem Versteck, was habt Ihr unternommen?" Der Hauptmann blinzelte überrascht über diese Frage, "Wir haben das ganze Gebiet durchkämmt, Herr, wir ..." "Einem Gefährten und mir selbst ist es innerhalb eines Tages gelungen, es ausfindig zu machen. Ich wünsche in Zukunft mehr Akribie. Und jetzt mobilisiert Eure Männer, wir werden in Kürze aufbrechen - tötet nur, wenn es wirklich unbedingt sein muss, verstanden? Ich verlange, dass diese Männer alle festgenommen und der Justiz in Fa Kang Do überstellt werden." Sein Blick ruhte scharf auf dem Mann, der noch von der alten Schule zu sein schien. Er wollte verhindern, dass diese Männer, egal was sie verbrochen hatten, einfach abgeschlachtet wurden, denn so würde die Feuernation ihren in Ungnade gefallenen Ruf sicherlich nicht wieder herstellen. Der Hauptmann allerdings nickte verstehend. "Jawohl, Herr." Da sie sich hier immer noch im Erdkönigreich befanden, lag es nicht in Zukos Ermessen, diese Männer einem Urteil zu unterziehen, wenn auch er wusste, dass sein Wort bei den Behörden und beim Staat des Erdkönigreiches sehr viel galt. Man würde sie einer gerechten Strafe unterziehen. Ehe Zuko wieder zu der Herberge zurückkehrte, in welcher Jet und seine Mutter verblieben waren, setzte er ein versiegeltes Schreiben auf, in welchem er die Vergehen dieser Männer aufzählte und schließlich mit seinem Wort und seiner Unterschrift eine erste Schilderung übergab. Was er allerdings wusste, war, dass es wahrscheinlicher war, dass es zu keinem schnellen Urteil kam. Die Opfer mussten befragt werden, die Zeugen, die Verbrecher selbst und das in jedem einzelnen Fall, da würde auf die Behörden von Fa Kang Do einiges an Bürokram zukommen und Zuko würde sich nicht wundern, wenn diese den Fall, aufgrund seines Ausmaßes nach Ba Sing Se abschoben. Wie auch immer es verlaufen würde, würde er höchstwahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal nach Fa Kang Do reisen, um sich persönlich davon zu überzeugen, dass alles so lief, wie es sollte. Immerhin ging es hierbei auch um die Ehre seiner eigenen Mutter und die wollte er nicht einfach Fremden überlassen wissen. Als Jet an diesem Morgen aufwachte, fühlte er sich seltsam leer und erschöpft. Er hatte überhaupt nicht die Muße aufzustehen, die Fenster zu öffnen, sich anzukleiden … Was machte das alles noch für einen Sinn? Er wusste nichts mit sich anzufangen. Früher war es der Hass gegen die Feuernation, der ihn geleitet hatte, dann hatte ihn die Suche nach seiner Schwester getrieben, doch jetzt, wo er sie gefunden hatte … gefunden, wie er sie nicht hatte finden wollen. Und er machte sich Vorwürfe, gar schreckliche Vorwürfe, auch wenn Zukos energische Stimme in seinen Verstand drang, dass ihn keine Schuld traf. Zuko ... wo war der überhaupt? Er wusste noch, dass sie, nachdem sie miteinander geschlafen hatten, im selben Bett genächtigt hatten und Jet hatte erstaunlich ruhig geschlafen mit Zuko an seiner Seite. Der Vormittag verstrich ungenutzt, der Mittag auch und schließlich wurde es Nachmittag. Noch immer hatte er es nicht fertig gebracht, aufzustehen und zumindest die Jalousie des Fensters zu öffnen, damit ein wenig Sonnenschein herein drang. Und noch immer lag er phlegmatisch auf dem Bett und starrte an die Decke, als es schließlich an der Tür klopfte. Jet nahm das Klopfen erst nicht wahr, erst als es zum dritten Mal erscholl merkte er auf. „Wer stört?“, rief er unwillig, daraufhin schob sich die Türe auf. „Hallo…“ Eine Frauenstimme. Nun setzte sich Jet doch auf und erkannte überrascht, dass es Zukos Mutter war, die den Raum betrat. „Störe ich?“, fragte sie freundlich und ihre Freundlichkeit überschattete Jets miese und abweisende Stimmung, sodass er stumm den Kopf schüttelte. Sie war schön, stellte er fest, trotz der Zeit der Gefangenschaft, die sie ein wenig ausgemergelt hatten, strahlte sie eine unglaubliche Stärke aus, trotz der einfachen bürgerlichen Kleidung des Erdkönigreiches, die sie trug und dem geflochtenen Zopf, welcher ihr seitlich über der linken Schulter lag, hatte sie etwas durchaus Hoheitliches und Aristokratisches an sich, Eigenschaften, die er zuvor schon an Zuko bemerkt hatte. „Wie kann ich Euch helfen?“, murmelte er. Sie antwortete nicht sofort, sondern ging zum Fenster um den Vorhang zur Seite zu ziehen und es aufzureißen um frische Luft in den muffigen Raum zu lassen. „Es ist so ein herrlicher Tag“, sagte sie, „Die Sonne scheint und wir sind am Leben. Ist das nicht wundervoll?“ Daraufhin wusste Jet nichts zu sagen, sie kam wieder näher und setzte sich ungefragt neben ihn aufs Bett. „Zuko hat mir von deiner Schwester erzählt“, begann sie schließlich, wobei sie ihn ansah, um seine Reaktion zu studieren. „Hat er das…“ „Liefa war wirklich ein gutes Kind, aber sie war so krank … Selbst wenn du früher gekommen wärest, hättest du ihr nicht helfen können.“ „Ihr sagt mir dasselbe, wie es schon Euer Sohn zuvor tat“, erwiderte Jet mit einem Schnauben und klang dabei unfreundlicher, als er es beabsichtigt hatte. Ursa ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken. Sie ergriff seine Hand. „Es tut mir sehr leid, was dir widerfahren ist –„ aufrichtiges Bedauern lag in ihrer Stimme. „-Ich weiß selbst, wie hart es ist, ohne seine Familie zu sein, auf sich allein gestellt, weißt du, als ich damals meine beiden Kinder zurücklassen musste, die ersten Tage in meinem neuen Leben, als ich realisierte, dass es nie wieder ein Zurück geben wird, da hat mich dieser Schmerz fast zerrissen.“ Jet horchte auf. Das war das erste Mal, dass er etwas Näheres über Zukos Familie erfuhr. Aber ich habe weiter gemacht. So schwer es auch war, so verloren ich mir auch vorkam. Es … gibt kein kostbareres Geschenk, als das Leben, das wir haben … auch wenn wir vollkommen nackt und schutzlos vor dem Nichts stehen, solange sie uns das nicht nehmen können …“ Beschämt spürte Jet, wie ihm bei diesen Worten stumm die Tränen in die Augen getreten waren und er wandte sich leicht ab. Es waren nicht nur die Tränen, derer er sich schämte, es war diese gütige Art, mit der diese wundervolle Frau ihm begegnete. Womit hatte er das verdient? Und vor allem … auch er hatte getötet. Bürger der Feuernation, teilweise Unschuldige. Auch er hatte nicht Halt gemacht. War er denn so viel besser, als sie? Mit einem Schlag kippte sein Weltbild. Er vergrub das Gesicht in den Händen und murmelte: „Ihr solltet nicht so gütig zu mir sein. Ich habe viele von Euren Leuten getötet.“ Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und sah auf, das warme Bernstein begegnete ihm, ebenso, wie ein freundliches Lächeln. „Der Krieg hat viele von uns zu Monstern gemacht“, sagte sie. „Richte nicht zu hart über dich.“ Und irgendwie … spürte Jet in diesem Moment jeden Hass auf die Feuernation endgültig von sich weichen. Gerade jetzt begriff er, dass man immer den Verbrecher selbst hassen sollte, aber nie diejenigen, die nur seine Angehörigen waren. Plötzlich musste er an seine Freunde denken. Longshot, Jellerbee und Pipsqueak. Schuldgefühle übermannten ihn. Wie blind vor Rache hatte er nur sein können, um dabei in Kauf zu nehmen, die einzigen Menschen zu verlieren, die immer an seiner Seite waren. Was wohl aus ihnen geworden war? Sie hatten immer zu ihm aufgesehen, doch, wenn er jetzt zurückdachte, an jene Nacht am Lagerfeuer, dann hatten sie wohl damals schon gemerkt, was mit ihm los gewesen war und vielleicht war das auch der Grund, warum sie ihn hatten ziehen lassen. Vielleicht sollte er sich auf die Suche nach ihnen machen. Jetzt, wo sein Verstand frei war von sinnlosem Hass und verblendenden Zorn. Der Schmerz über den Verlust seiner Schwester würde sicher noch eine ganze Weile bleiben, aber er würde irgendwann schwächer werden und sich nicht mehr in Hass umwandeln, der ihn schlussendlich auf den Abgrund zusteuerte. Und dann war da natürlich noch Zuko. Jet wurde nachdenklich. Bis Zuko wieder kam, war es bereits später Nachmittag geworden. Die Sonne stand als glühend roter Ball am Himmel, er fühlte sich müde und abgekämpft, aber dennoch irgendwie erleichtert. Es war alles so verlaufen, wie er sich erhofft hatte, die Männer waren festgenommen und der Justiz der Stadt übergeben worden. Jetzt konnte er selbst endlich aufbrechen. Nachhause. Er würde Ursa nachhause bringen. Seine Gedanken flackerten kurz zu Azula und einen Moment fragte er sich, wie sie wohl reagieren mochte. Als er wieder in die Stadt einkehrte, wurde er von mehreren seiner Männer begleitet und diesmal fiel deutlich mehr Menschen auf, wer sich da unter sie gemischt hatte. Doch es kümmerte ihn nicht. Das einzige, was er im Sinn hatte, waren, ein Bad zu nehmen und die letzten Vorbereitungen für den nächsten Tag vornehmen, für welchen er die Abreise geplant hatte. Noch auf dem Weg zurück zur Gaststätte kam Jet ihm entgegen. Zuko nahm das mit Überraschung zur Kenntnis, denn er wirkte seltsamerweise gar nicht so niedergeschmettert und gebrochen, wie er ihn zurückgelassen hatte. Aber das traf sich gut, denn er musste ohnehin mit ihm sprechen. Er schickte seine Soldaten fort, dann gingen sie beide ein Stück. Sagten eine ganze Weile lang gar nichts. „Deine Mutter ist eine sehr weise Frau“, sagte Jet schließlich. Zuko lächelte in sich hinein. Er hatte sie gebeten, mit Jet zu sprechen, während er weg war. Offensichtlich war dieses Gespräch erfolgreich verlaufen. „Die einzige Normale in meiner Familie“, erwiderte er scherzhaft. Jet rang sich ein Lächeln ab. „Weißt du, ich hab … viele Fehler gemacht…“ „Jet?“ „Hm?“ „Lass es gut sein. Ich weiß das genauso, wie du. Mir … war aber irgendwie klar, dass dir, naja, jahrelang jemand gefehlt hat … Ich hatte damals meinen Onkel, der mich aus meiner Verfehlung zurückgeholt hat, du warst auf dich allein gestellt…“ Jet betrachtete Zuko von der Seite. Er trug jetzt wieder die Tracht der Feuernation, Rüstung, kostbare rote Stoffe, die, wenn sie auch mitgenommen wirkten, durch den heutigen Tag, auf seine hohe Herkunft schließen ließen. Irgendwie gefiel ihm das und plötzlich ertappte er sich bei dem Gedanken, wie gern er jetzt die Hand ausgestreckt und Zuko über die Wange gestrichen hätte. Ganz harmlos und zärtlich, nicht so herb und rau, wie der Sex beide Male gewesen war, den sie gehabt hatten. Er schüttelte den Kopf. Dass er sich zu Zuko hingezogen fühlte, konnte er mit einem Mal nicht mehr leugnen. Er starrte eine Weile nachdenklich auf den Boden vor ihm. „Jet, ich habe mir Gedanken gemacht …“ Zuko war stehen geblieben. „Ich würde dir gerne einen Führungsposten bei den Zivilwächtern in der Hauptstadt anbieten …“ Jet sah ihn mit großen Augen an, schwieg jedoch, vorerst noch. „Mir ist natürlich klar, dass das eine nicht ganz so einfache Entscheidung für dich wird, allerdings ist es nunmal so, dass ich … Nunja, sagen wir so. Ich kann jeden Mann gebrauchen, dem ich wirklich vertrauen kann“, fügte er mit einem schiefen Lächeln hinzu. „Du hast viele Fähigkeiten, die für solch einen Posten von immensem Vorteil wären. Bitte denk darüber nach.“ Jet schwieg eine Weile. Dann spuckte er den Grashalm aus, auf dem er rumgekaut hatte, wie es seine Gewohnheit war. Als Zuko seinem Blick begegnete grinste er frech. „Man könnte meinen, das ist nur ein Vorwand, um mich in deiner Nähe zu haben, Feuerlord“, sagte er, wobei er die Daumen lässig in den Hosenbund hakte. Zuko knurrte leise, „Denk doch, was du willst!“ und stapfte dann weiter, Jet stehen lassend, wo er war, dabei verbergend, dass sich eine hauchfeine Röte auf seine Wangen geschlichen hatte. Jet lachte und eilte ihm hinterher, ihn am Handgelenk packend. „Lass-“ Dann wurde er herumgerissen und ihre Gesichter waren sich plötzlich so nah, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Und dann tat Jet das, was er vorhin hatte tun wollen. Seine Fingerspitzen geisterten hauchfein über die blasse Haut, die selbst hier im Süden kaum dunkler geworden war, dann lehnte er seine Stirn gegen Zukos und schloss einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, sagte er leise: „Selbst, wenn ich es wollte, könnte ich gerade dir diese Bitte nicht abschlagen … du hast mich ins Leben zurückgeholt … und dafür … bin ich dir sehr dankbar … mehr als das…“ Einen Moment trafen sich ihre Blicke. Und dann … es war so richtig, so natürlich, so logisch … Trafen sich ihre Lippen, diesmal zu einem zärtlichen Kuss, ein Kuss, voll ausgekostet, keine verzweifelte Lust, ein bewusster, wundervoller Kuss, der sie einen Moment auf eine viel intimere Weise verband, als der Sex es getan hatte. Als sie sich wieder lösten, sagte Jet: „Ich will dein Angebot annehmen ... Doch ich habe vorher noch etwas zu erledigen. Ich muss meine Freunde suchen und ihnen alles erklären.“ Jet küsste ihn leicht auf den Hals, sog einen Moment den Duft ein, der sich dort verbarg, „Reise du mit deiner Mutter zurück. Ich werde nachkommen, versprochen.“ Zuko lächelte schief. „Und ich werd‘ dich auf diesem Versprechen festnageln, du Idiot.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)