Desiderosa von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Verrat -------------- Das Lagerfeuer knackte und knisterte. Normalerweise spendete ein Lagerfeuer Wärme, gab einem das Gefühl von Geborgenheit und Verbundenheit. An einem Lagerfeuer war es gemütlich, es wurde gelacht und gespaßt. Doch heute Abend nicht. Und nicht an diesem Feuer. Heute Abend blickten vier ernste Gesichter in das Spiel der Flammen, vermieden es, sich gegenseitig anzusehen, Streit lag in der Luft, Spannung. "Ist das wirklich dein Ernst?", ertönte die immer leicht kratzige Stimme der kleinen Jellerbee. Jet vermied es, sie anzusehen. Sie konnten, nein, sie wollten es nicht verstehen. Die Nationen lebten in Frieden, natürlich, aber was ließ sie vergessen, was die Feuernation ihren Familien angetan hatte? Tod und Leid, Blut, Flammen und grenzenlose Erschöpfung und all das hatten Jet und seine Freunde hingenommen, sie hatten gekämpft. Jet vermutlich am verbissensten von allen. Niemals hatte er sich mit dem Frieden anfreunden können. Wozu dann das alles? Dann war doch alles umsonst. Mit steinerner Miene in die Flammen starrend, nickte er. "Wir werden uns unter denen, die unter dem Krieg gelitten haben und ebenso auf Vergeltung sinnen, Gleichgesinnte suchen und eines Tages ... werden wir die Feuernation unterwandern und ihnen alles zurückzahlen ... alles." Sein Blick hatte dabei etwas leicht Verträumtes angenommen. Die Freunde warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu. Dann war es, zu aller Überraschung der verschlossene Longshot, der das Wort ergriff. "Jet, wir haben mit uns selbst Frieden geschlossen und auch, wenn wir nicht vergessen können, so können wir verzeihen. Warum du nicht?" Jet sah auf, konnte nicht glauben, was er da hörte. "Hat euch der Frieden zu Weicheiern gemacht?", schnappte er, dabei verdrängend, dass Longshot mal wieder - wie eigentlich so oft - Recht hatte. Sie wichen seinem Blick aus. Der junge Mann spürte plötzliche Wut in sich auflodern, sprang abrupt auf, sodass sie zusammenzuckten. “Wo verdammtnochmal ist euer Kampfgeist hin, euer Stolz?” “Jet, wir können nicht mehr!”, rief Jellerbee verzweifelt, war ebenfalls aufgesprungen. Niemals hatte sie ihm widersprochen, war ihm blind gefolgt. Aber diese Zeiten waren vorbei. Es hatte einen Umschwung gegeben, nicht nur in den Nationen, auch in den Herzen der Menschen. “Wir wollen nicht mehr kämpfen, wir wollen endlich leben, warum willst du das denn nicht begreifen?” Ein abfälliges Schnauben war zu hören, er starrte die Menschen, die er mal seine Freunde zu wissen glaubte, verständnislos an. “Ihr wollt nicht begreifen!”, ereiferte er sich, ballte die Fäuste zu Händen. Er fand keine Zustimmung in ihren Gesichtern, nur Unverständnis und ... Mitleid? Abermals überrollte ihn eine Welle des Zornes. Wie konnten sie nur Mitleid mit ihm haben? Mitleid. Abermals setzte der junge Mann an, etwas zu sagen, zu versuchen, sie zu bekehren. Doch dann traf ihn die Erkenntnis, härter als ein Vorschlaghammer. Sie hatten das Kämpfen aufgegeben. Sie folgten nicht länger seinen Idealen, sie ... ja, sie hatten etwas, das er nicht hatte. Inneren Frieden. Jet biss sich auf die Unterlippe. War es vielleicht Neid, der ihn so verbittert sein ließ? Der es nicht zuließ, dass er sich ergab? Der Krieg der Nationen war beendet, was aber war mit dem Krieg, den er in einem Inneren ausfocht? Der Schmerz, der Verlust seiner Familie, den hatte er niemals ... niemals verarbeitet. Es hatte keine Zeit dazu gegeben. Und er wollte sich auch nicht darauf einlassen. Er fühlte sich stark, solange er sich von seiner Rachsucht leiten ließ, sie verlieh ihm ungeahnte Kräfte, aber wenn man Gefühle zuließ, dann machten sie einen schwach und weich. “Bitte Jet, komm mit uns in die Stadt ... Lass uns dort zusammen ein neues Leben aufbauen, bitte!” Jellerbees Stimme klang flehend, brüchig. Weinte sie etwa? Warum weinte sie? Er war doch derjenige, der gerade von seinen engsten Vertrauten verraten wurde. Er schüttelte langsam den Kopf. “Nein.” Auch seine Stimme klang heiser. Dann drehte er sich weg. Es sah ganz so aus, als würden sich ihre Wege nun trennen. Jellerbee machte den Mund auf, wollte ihm etwas hinterher rufen, ihn am Arm packen, aufhalten, aber Longshot streckte den Arm aus und sah sie ernst an. Dann schüttelte er den Kopf. Jet musste erstmal mit seinen eigenen Dämonen fertig werden. Ganz alleine, wie es aussah. Er musste zur Ruhe finden, ehe er beginnen konnte, sie zu verstehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)