Die Geschichte meines Lebens von Rapheli (Denn Neun Jahre sind eine lange Zeit) ================================================================================ Kapitel 2: Neun Jahre zurück – Wenn die Trauer überwältigt ---------------------------------------------------------- Hallo ^-^ Herzlich Willkommen zum zweiten Kapitel. Es freut mich dass ihr vorbei schaut. Wir sind immer noch neun Jahre in der Zeitgeschichte zurück und dieses Mal werdet ihr erfahren wie Nami die Beerdigung ihrer liebsten bewältigt, das sie bemerkt das Darian vielleicht doch nicht der richtige ist und wie Namis Gefühlsleben aussah. Außerdem werdet ihr erfahren wo Nami am liebsten entlang spaziert, ihren besten Freund kennenlernen und erfahren wie es in ihrem Leben weiter ging. Ich wünsche euch viel Spaß und ich hoffe es gefällt euch. Lasst es mich bitte wissen. Außerdem möchte ich all denen danken die mir so ein liebes Kommi geschrieben haben. Ich habe mich wirklich gefreut, im Allgemeinen das diese Geschichte so einen Anklang findet. Ich gebe mir wirklich viel Mühe und stecke hier viel Herzblut rein, um so mehr erfreut es mich das diese Geschichte gelesen wird ^-^. Und noch etwas, da schon einige Nachfragen kamen: was mit Ruffy genau ist , bleibt mein kleines Geheimnis :) ihr dürft gerne rätseln, aufgelöst wird es erst am Ende der Geschichte, ihr müsst euch also etwas gedulden ^-^. Und das wichtigste nochmal: Die Charaktere hier sind absolut OOC und nicht annähernd wie in der Serie! Ich benutze lediglich ihre Namen, also erwartet bitte kaum Ähnlichkeiten. Auch hat meine Geschichte nichts mit dem OP Universum gemeinsam, sondern spielt in unserer heutigen Zeit :) Und eine kurze Legende: Die in „Kursiv“ geschrieben Texte versetzen euch in die Gegenwart, sprich zu Nami, zurück. Es ist als würdet ihr neben ihr sitzen und sie euch etwas aus ihrer Sicht erklären. Ihr geht mit ihr zusammen spazieren, sitzt in ihrer Küche und schaut auf das Notebook. Die „normal“ geschriebenen Texte versetzen euch in die Vergangenheit, sprich Nami erzählt von damals, erklärt euch Situationen und führt euch in ihr Gefühlsleben ein. Ich versuche die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit verständlich zu gestalten und ich hoffe mir ist das auch gelungen u.u Lg. Mondi Musik: Unheilig – Geboren um zu leben Inna – Sorry Nelly Furtado – say it right ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 2. Kapitel: Neun Jahre zurück – wenn die Trauer überwältigt Die Zeit stand still. Die Welt hatte angehalten. Meine Seele hatte aufgehört zu existieren. Noch lange saß ich mit den Polizisten zusammen. Ein Notfallseelsorger war auch dabei, aber ich wollte nicht reden. Nicht denken. Nicht fühlen. Nicht leben. Tränen flossen keine mehr, ich konnte nicht mehr weinen. Die Tür fiel ins Schloss. Alle waren gegangen. Und nun war ich alleine. Alleine in einem großen Haus. Ich war zu einer Steinstatue geworden, die wie festgemeißelt auf ihrem Stuhl saß, die Hände hatte ich auf meinen Knien liegen und langsam bohrten sich meine Fingernägel in meine Haut. Doch verspürte ich keinen Schmerz, sondern eine unbändige Ohnmacht. Mein Blick glitt hin und her. Es war schon geschmückt, sie hatten wirklich eine Geburtstagsfeier für mich vorbereitet. Nur für mich. Doch würde ich alleine feiern. „Happy Birthday“ stand in bunten Buchstaben auf einem Plakat geschrieben, welches über der Tür hing. Der Tisch war schon gedeckt. Für Drei Personen. Doch würde ich alleine daran sitzen. Warum waren sie nochmal mit dem Auto gefahren? Ich verstand es nicht. Warum waren sie nicht hier geblieben? Hier, in Sicherheit und haben auf mich gewartet, wie die Jahre davor auch? Warum war ich nicht zu Hause um sie daran zu hindern? Warum war ich gegangen? Warum habe ich ihnen heute Morgen nicht, „Tschüss“ gesagt? Warum? ….. Das schrille Klingeln des Telefons riss mich aus meinen Gedanken, „Mama würdest du –!“ doch ich stockte mitten im Satz. Meine Mutter würde nie wieder ans Telefon gehen. Nie wieder. Mit zitternden Knien erhebe ich mich und laufe wankend zum Telefon. Vor dem kleinen Regal bleibe ich stehen, das Telefon spielt seine Melodie munter weiter. Als meine Hand nach dem kleinen elektronischen Gegenstand greift sehe ich aus den Augenwinkeln wie sehr sie zittert. Das ist nicht meine Hand … ich erkenne sie nicht mehr … „Ja bitte?“ ich hauchte es mehr. Meine Stimme wollte nicht mehr laut sein, sie weigert sich. Versperrte sich. „Ich bin es! Hat ja lange gedauert bis du es mal ans Telefon geschafft hast!“ mein Herz schlug schnell und aufgeregt. Darian war am anderen Ende der Leitung. Er hatte vorher noch nie bei mir angerufen! Ich freute mich, bestimmt wollte er vorbei kommen um mich zu trösten. Mit Sicherheit wollte er das. Ich war so blind. So dumm und voller unsinniger Hoffnungen. Tief in meinem Inneren wusste ich schon damals das Darian nicht zu mir kommen würde. Er würde mich nicht trösten. Doch ich wollte das nicht wahr haben, wollte nicht daran glauben. Ich wollte die Wahrheit einfach nicht sehen! Ich hatte gehofft dass der Mensch, den ich so liebte – oder zumindest glaubte zu lieben – für mich, in meiner dunkelsten Stunde da war. Mir half. Ich war so dumm …. „I-ich … es tut mir Leid, Darian … a-aber weißt du … meine Mutter und meine Schwester …s-sie sind heute Morgen …“ ich musste abbrechen, weil mir erneut die Tränen in die Augen schossen und ich ein schluchzen nicht mehr verhindern konnte. Bestimmt würde er kommen … „Ja ja das habe ich gehört. Und? Ist es meine Mutter?“ fragte er bissig und mir stockte der Atmen. Warum war er so kalt? „N-nein das nicht … aber … Darian … ich könnte dich jetzt hier gebrauchen … bei mir“ ich flehte, denn er sollte hier sein. Ich wollte mich in seine Arme kuscheln und seinen Schutz genießen. Ich war so elendig dumm …. Ein dummes kleines Mädchen, welches in ihrer Traumwelt gefangen war. Ich hatte mir eine Märchenwelt aufgebaut, in der ich die Prinzessin war und doch sollte Darian nicht mein Prinz auf dem weißen eleganten Ross sein. Nicht er. „Und du denkst jetzt dass ich extra zu dir komme? Nami, ich habe besseres zu tun! Das wirst du ja wohl alleine packen, also heul nicht so rum!“, knurrte er mich an und ich zog vor Schreck die Luft ein. Diese Worte, sie taten so elendig weh. Er brach mir gerade mein Herz. Es zersprang in tausend kleine Stücke und es würde ewig dauern, bis ich es wieder zusammen geflickt hatte. Nun liefen mir die Tränen in Bächen über das Gesicht. Ich konnte einfach nicht glauben wie eiskalt Darian zu mir war, dass es ihm so egal war was mir passiert ist. Das ich litt. Gerade wollte ich etwas erwidern als eine, von der Sonne gebräunte, Hand an mir vorbei glitt und mir das Telefon aus der Hand riss. Heftig erschrak ich und sah zur Seite und wen ich dort sah, ließ mich erneut die Luft anhalten. „Jetzt hör mal zu du kleiner Drecksack! Ich hab mir den Spaß lange genug mit angeguckt! Solltest du Nami noch ein einziges Mal so behandeln, prügel ich dich in die Hölle und gleich wieder zurück, haben wir uns verstanden?“ Die Stimme knurrte regelrecht und ich zuckte erneut zusammen. „Du brauchst nicht her kommen! Ich bin jetzt bei ihr! Tschüss!“ Damit wurde das Telefon regelrecht auf die Ladestation geschmissen und ich in eine innige und wärmende Umarmung gezogen. Sicherlich werdet ihr jetzt denken das Ruffy derjenige war, der mich vor Darian verteidigte und mich umarmte, aber ich muss euch leider enttäuschen. Es war nicht Ruffy. Aber einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Mein bester Freund. Kurz halte ich inne im Schreiben und fahre mir durch die Haare. Die Erinnerungen überschwämmen mich gerade zu und drücken mir die Luft zum Atmen ab. Ich brauche eine Pause, nur für ein paar Stunden. Ich habe mir vorgenommen meine Lebensgeschichte aufzuschreiben und das werde ich auch tun! Also keine Angst, es wird weiter gehen. Aber begleitet mich doch ein kleines Stück auf meinem Spaziergang, ich verspreche euch, es wird interessant. Schnell speicher ich meinen geschriebenen Text ab und packe es in einen extra Ordner, bevor ich das Notebook herunter fahre und aufstehe. Es ist anstrengend so lange zu sitzen, wisst ihr? Es geht ganz schön auf die Wirbelsäule und meinen Hintern spüre ich momentan nicht mehr, weswegen ich mich ausgebiebig strecken muss, es knackt und momentan fühle ich mich ziemlich alt. Ach ja, noch schnell in die Jacke schlüpfen, es ist eindeutig zu kalt, selbst für Oktober. Ich verlasse mein Wohnhaus und laufe die Straße entlang, der Wind spielt mit meinen, mittlerweile, langen Haaren. Ja, ich habe sie wachsen lassen. Eine Baum-Allee umgibt diese Straße und den dazu gehörigen Gehweg und zeigt mir den Weg, wo ich hin will. Zum Friedhof. Ich war lange nicht mehr hier und es wird Zeit für einige Besuche. Ich liebe es, wenn sich die Blätter der Bäume färben, es sieht so schön aus und dabei vergesse selbst ich mein rationales und wissenschaftliches Denken über diesen Zustand. Ich liebe die frische Luft, die mich umgibt und die Kälte, die meine Wangen leicht Rosa färbt. Es ist grau, an diesem Tag, denn die Sonne hat sich immer noch nicht blicken lassen und ich bezweifle ,dass sie das heute überhaupt noch will. Es hatte lange gedauert bis ich überhaupt wieder etwas Schönes am Leben sehen konnte, viel zu lange, aber mittlerweile lerne ich – täglich - Schritt für Schritt das Leben zu genießen. Ich bin dankbar für mein Leben und die Erfahrungen die ich sammeln durfte. Es war ein langer Prozess zu akzeptieren, dass meine Vergangenheit zu mir gehört und sie für immer ein Teil von mir sein wird. Es hat ewig gedauert bis ich den Tod und den Verlust geliebter Menschen akzeptieren konnte. Ich denke mal gerade werdet ihr nicht verstehen was ich meine, aber ich mache euch deswegen keinen Vorwurf. Ihr kennt zu wenig von mir um zu wissen was ich erlebte, aber das werdet ihr noch kennen lernen. Ich werde euch alles erzählen, nach und nach. Wisst ihr, selbst ich kann manchmal nicht glauben und nicht begreifen, dass dies alles so geschehen ist, dass dies zu mir gehört aber ich musste es. Mittlerweile kommt mir meine Vergangenheit wie ein unwirklicher Teil vor, etwas was mich selber nicht betrifft, aber dennoch so ist. Und ich musste lernen Dankbar zu sein. Jeder Mensch, dem ich begegnet bin, hat mir etwas mit gegeben, mir etwas gezeigt und gelehrt und dieses Wissen nutze ich jetzt in voller Dehnbarkeit aus. Ich musste verstehen. Ich bin keine starke Frau, das weiß ich mittlerweile, ich habe nur einen ausgesprochen starken Überlebenssinn und ich lasse mich nicht so schnell einschüchtern. Und ich habe es versprochen. Mein Blick gleitet nach links, denn direkt hinter der Allee aus zahlreichen Bäumen ist ein breites, riesengroßes Feld – hier wird im Normalfall Weizen angebaut – und eine erneute Erinnerung schießt in mein Gedächtnis und ich muss über beide Ohren grinsen. Oh Ruffy … Du hast mir so vieles aus deiner Welt gezeigt und gelehrt. Wir sind da. Der Hauptfriedhof. Ich bin nicht gerne hier, was wohl verständlich ist. Wer geht schon gerne auf einen Friedhof? Direkt am Haupteingang ist ein Blumenladen und ich krame mein Portemonnaie hervor um ein paar Blumen zu kaufen. Die Floristin kennt mich mittlerweile und begrüßt mich herzlich. Ich mag diese Frau sehr und wir kennen uns auch Privat. Sie zählt zu meinem engsten Freundeskreis. Ihr Name ist Nico Robin und sie hat lange schwarze Haare und wunderschöne braune Augen mit einem Stich Blau darin. Ihre Augen haben etwas magisch Anziehendes an sich. Sie ist eine wunderschöne Frau. Und vor allem liebt sie die Blumen. Robin und ich, wir verwickeln uns kurz in ein kleines Gespräch während sie mir die Blumen zu kleinen Sträußen bindet und dreimal hinter einander muss ich ihr Versprechen mich bald wieder, bei ihr Blicken zu lassen. Ich muss gestehen, ich habe in letzter Zeit meine Freunde sehr vernachlässigt. Mit drei kleinen Sträußen bepackt verlasse ich das Blumengeschäft, atme noch einmal tief durch bevor meine Schritte in eine bestimmte Richtung lenken. Ich möchte Zwei Gräber besuchen. Warum Zwei? Mama und Nojiko liegen in einem Grab. Ich war damals der Auffassung dass man sie nicht trennen sollte, sie waren zusammen gestorben, also sollten sie auch zusammen ihre letzte Ruhe finden. Und auch heute noch halte ich diese Entscheidung für richtig. Und das zweite Grab? Es ist nicht sehr weit vom ersten Grab entfernt und ihr denkt ihr wüsstet wessen Grab das ist, aber ich muss euch enttäuschen denn ich weiß ihr irrt euch. Ich laufe an zahlreichen Gräbern vorbei, begegne trauernden Menschen, sehe welche vor den Gräbern hocken oder auf einer Bank in der Nähe sitzen. Zahlreiche Blumen, Gewächse und kleine Steinchen zieren die letzten Ruhestätten, große Grabsteine in den unterschiedlichsten Farben und Formen stehen davor. Herzerwärmende Sprüche, Namen, Geburts- und Sterbedaten darauf. Und ab und zu ein kleines Foto. Und jetzt habe ich mein Ziel erreicht. „Hallo Mama und Nojiko, es tut mir leid das ich so lange nicht mehr bei euch war“ ich entschuldige mich immer und stecke die beiden Blumensträuße in kleine Vasen. Robin hat sich wieder besonders viel Mühe gegeben. Und dafür danke ich ihr. Wisst ihr, ich nehme euch hier mit zu einem sehr persönlichen und intimen Ort. Persönlich und intim für mich. Hier ruhen die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben und viel zu früh musste ich sie gehen lassen. Am Anfang war ich wütend auf sie. Sie haben mich einfach alleine gelassen, ist das nicht unfair? Ich habe geflucht und bitterlich geweint, geschrien und getrampelt. Zerstört und zerschlagen. Am Anfang war es für mich leichter die Beiden zu hassen. Zu hassen für ihre, in meinen Augen, „Sünde“, mich allein gelassen zu haben. Mittlerweile weiß ich, dass sie gar nicht gehen wollten, sondern mussten. Mittlerweile hasse ich sie nicht mehr. Ich habe sie nie wirklich gehasst, ich war einfach nur wütend. Viel zu wütend und zu jung um mit dem ganzen Ausmaß klar zu kommen. Kurz bleibe ich vor dem Grab stehen, bevor sich meine Schritte weiter lenken. Weiter zum Grab eines Menschen, dessen Tod noch heute unfassbar und unbegreifbar ist. Dessen Tod, sinnlos war. Auch hier nehme ich mir eine Blumenvase und auch dieses Grab bekommt einen Blumenstrauß. Leise seufze ich und ich setze mich auf eine Bank, die direkt davor steht und lasse meinen Blick darauf ruhen. Zwei Jahre erst. Viel zu kurz um zu begreifen warum. Wieso und vor allem weshalb. Meine Hände verhaken sich ineinander und bleiben dann auf meinem Schoß liegen. Still sitze ich da und denke zurück an die Zeit … an die Zeit wo er noch lebte. Hmm? Ja, ihr habt recht. Es wird Zeit zurück zu gehen, denn ihr wollt ja wissen wie es weiterging. Ich kann euch verstehen. Halten wir uns nicht länger hier auf …. Wieder zurück in meiner Wohnung sitze ich erneut vor dem Notebook, welches wieder leise brummt und summt. Links steht meine Tasse gefüllt mit Kaffee und im Aschenbecher qualmt eine Zigarette vor sich hin. Zu viel …ich rauche zu viel. Wo war ich stehen geblieben? Stimmt! Ich wurde umarmt. Ich wurde in eine feste aber liebevolle Umarmung gezogen. „Es tut mir leid, Nami. Es tut mir so leid …“, wisperte jemand in mein Ohr und legte eine Hand auf meinen Hinterkopf, während ein Arm meinen Rücken umschlang. „So verdammt leid …“ Die Tränen schossen mir in die Augen, denn ich konnte es nicht glauben wessen Stimme dort erklang. So lange hatte ich sie nicht mehr direkt gehört, nur durch das Telefon dieser Stimme lauschen dürfen. Meine Hände vergriffen sich in dem T-Shirt der Person, ich spürte wie sein Brustkorb sich hob und senkte und wie sein Herz schlug. Es schlug für mich …vor Mitleid, gemeinsamer Trauer und gegenseitig entgegen gebrachter freundschaftlicher Liebe. „Wie ….warum? Woher?“ ich brachte keine vernünftigen Sätze mehr hervor, nur einzeln gestotterte Wörter doch verstand mich mein Gegenüber sehr genau denn ich spürte wie ich fester an den wärmenden Körper gedrückt wurde. „Genzo hat mich angerufen … ich bin gleich ins Auto gestiegen und her gekommen“, erklärte er mir und ich konnte es nicht fassen. Mein bester Freund. Er war hier, bei mir. „Zorro, i-ich kann nicht …“ ich brach ab und ein erneuter Tränenwall erfasste mich und ich schluchzte laut auf, „Ich weiß“. Mehr brauchte ich nicht sagen, er verstand mich. Schon immer. Zorro war drei Jahre älter wie ich und vor zwei Jahren in eine entfernte größere Stadt gezogen. Uns trennten nun drei Stunden Autofahrt von einander und doch war er hier. Er war extra her gekommen, für mich. Und er würde auch eine lange Zeit bleiben. Nachdem ich mich an Zorros Brust ausgeweint hatte, kochte er mir etwas zu Essen und schickte mich dann in die Badewanne. Hinterher saßen wir zusammen und er versprach mir bei mir zu bleiben, bis die Beerdigung vorbei war. Zorro hatte sich extra Urlaub für mich genommen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie froh und erleichtert ich war, zu wissen ich war nicht alleine. Lange saßen wir an diesem Abend auf der Couch und irgendwann schlief ich an seiner Brust ein. Gefangen von diesem Tag. Gefangen von dieser Nachricht. Und es war erst der Beginn meines Alptraumes …. Ich wurde für zwei Wochen von der Schule befreit. Der Arzt schrieb mich krank, denn Zorro schliff mich gleich am nächsten Morgen dahin. Auch wenn ich nicht wollte. Danach versuchte er alles um mich irgendwie aufzuheitern, doch es gelang ihm nicht. Ich wollte nicht fröhlich sein. Ich wollte nicht Lachen, Kichern, Jubeln, Tanzen oder gar nur Lächeln. Ich wollte mich nur noch in meinem Kokon einschließen und niemals wieder heraus kommen. Ich wollte mir ein Messer in die Brust rammen, schreien, fluchen, zerstören, mir weh tun. Sterben. Aber selbst dafür war ich zu schwach. Versteht es nicht falsch, ich war unwahrscheinlich dankbar dafür dass Zorro bei mir war. Das auch Genzo und alle anderen vorbei kamen, nach mir sahen und versuchten mich aus meinen Kokon zu befreien. Aber ich war nicht bereit dafür. In dieser Zeit war ich gefangen in meiner Trauer und gleichzeitigen Wut. Dazu muss ich euch kurz etwas zur Trauer erklären. Der Begriff Trauer bezeichnet die durch ein betrübendes Ereignis, namentlich durch den Verlust nahestehender oder verehrter Personen, oder durch die Erinnerung an solche Verluste, auch zu erwartende verursachte Gemütsstimmung und deren Kundgebung nach außen. Punkt. Man unterscheidet vier Stationen der Trauer und in jede Einzelne bin ich rein gerutscht. Erste Phase - Nicht-Wahrhaben-Wollen Zweite Phase - Aufbrechende Emotionen Dritte Phase - Suchen, finden, sich trennen Vierte Phase - Neuer Selbst- und Weltbezug. Ich muss dazu sagen ich machte ebenfalls jede Phase dieser Trauer durch, allerdings in verschieden großen Zeiträumen und manchmal sprang ich zwischen den einzelnen Phasen hin und her. Es dauerte lange bis ich den Tod meiner Schwester und meiner Mutter akzeptierte und vor allem bis ich es verarbeitet hatte. Zwei Tage waren seit dem Tod meiner Liebsten vergangen, ich aß nichts mehr, vergrub mich in meinem Zimmer und sprach kaum. Und nicht einmal Zorro kam mehr an mich heran. Allein schon der Gedanke, dass es in Drei Tagen komplett vorbei sein sollte … weil sie dann beerdigt werden, es brachte mich fast um. Nach drei Tagen, nach dem Tod meiner Familie, lag ich wieder oben in meinem Bett, ich hatte nur die Tür etwas angelehnt, damit ich Zorro hören konnte und es nicht ganz so ruhig war als plötzlich etwas meine Aufmerksamkeit erweckte. Ich hörte Stimmen. Zwei unterschiedliche. Die Erste gehörte eindeutig zu Zorro, ich würde sie immer erkennen und die Nächste? Ich spitzte die Ohren und setzte mich etwas auf als ich plötzlich wieder nach Luft schnappen musste. Das war doch …! „Danke fürs vorbei kommen, mir fällt fast die Decke auf den Kopf.“ Ich hörte Zorro seufzen und augenblicklich tat es mir Leid. Ich wollte Zorro nicht vernachlässigen, ich konnte einfach nicht anders. „Nicht dafür! Außerdem haben wir uns ja lange nicht mehr gesehen.“ Die Person sprach aufmunternd und mir blieb das Herz fast stehen. Warum war ich so nervös? Ich hörte Stühle rücken, Tassen klappern, roch frischen Kaffee und hörte wie dieser in die Tasse geschüttet wurde. Löffel klimperten, die Tasse wurde angehoben und mit einem leisen, ´plopp´ wieder auf den Tisch abgestellt. Natürlich die Beiden kannten sich ja ebenfalls! Auf leisen Sohlen schlich ich aus meinem Zimmer und stellte mich an die Treppe um alles besser zu verstehen. Ich wollte nicht lauschen, so etwas war eigentlich gar nicht meine Art! Aber ich konnte einfach nicht anders, immerhin war er hier und ich einfach nur schrecklich nervös – warum wusste ich allerdings auch nicht. Eine Zeit lang sprachen sie über Gott und die Welt. Unwichtiges Geplapper, tranken Kaffee, ab und zu hörte ich ein Feuerzeug und roch Rauch. Zorro hatte sich eine Zigarette angesteckt. Er rauchte auch, zwar nicht viel, aber bei solchen Treffen gerne. Wieder halte ich kurz im Schreiben inne und atme tief durch. Wisst ihr, ich konnte mir die Situation damals selber nicht erklären. Ich hörte nur diese Stimme und war hin und weg. Sofort schossen mir die Bilder in den Kopf, wie er mir meinen Geburtstag versüßte, wie er mich zum Lachen brachte. Sicherlich wisst ihr jetzt von wem ich rede. Natürlich. Ruffy war da. Zorro und er kannten sich schon seitdem sie Kinder waren, ich erinnere mich daran, dass Zorro mir das früher viel erzählt hatte. Allerdings hatte ich nie damit gerechnet ihn so früh wieder zu sehen. Ich weiß noch, dass mir mein Herz bis zum Hals schlug, ich mehrmals tief durch atmen musste um wieder klar im Kopf zu werden. Damals verstand ich diese Gefühle nicht, ihr müsst wissen, es war das erste Mal das es mir bei einem Jungen so ging. Richtiges Herzklopfen, Nervosität, nicht zu wissen was man tun oder sagen sollte. Himmel, war ich unerfahren! Ich sehe, dass ihr schmunzelt und selbst ich schmunzel heute darüber. Wenn ich darüber nachdenke was ich alles angestellt habe, so wie Ruffy in meiner Nähe war …oh je, das ist wirklich peinlich. Aber das erzähle ich euch ein anderes Mal. Ich möchte ja nicht alles vorweg nehmen. Kommen wir zum Kern zurück. Zorro und Ruffy saßen also in meiner Küche, tranken Kaffee und unterhielten sich. Ich hockte oben am Geländer der Treppe und lauschte. Ich hörte Ruffys Stimme und vergaß für einen kurzen Moment meinen Kummer und meine Sorgen. Meine Trauer und meine Angst. Nur wegen ihn. Ich bin mir sehr sicher, das Ruffy schon damals wusste was für eine Wirkung er auf mich hatte und dieser Schelm nutzte das natürlich in allen Formen und Farben aus. Heute bin ich ihm dankbar. Hätte ich ihn und Zorro damals nicht gehabt, ich wäre wohl in ein sehr tiefes Loch abgerutscht und nie wieder heraus gekommen. Gehen wir zurück in die Vergangenheit und sehen was weiter passierte. Plötzlich wurde es ruhiger in der Küche. Das Lachen verstummte und selbst ich spürte vom Standort meinen kleinen Beobachtungsposten aus die bedrückte Stimmung und ich musste schlucken. Ich ahnte worum es gehen würde. „Du machst dir Sorgen um sie.“ Wieder ertönte das „plopp“ Geräusch als eine Tasse auf dem Tisch abgestellt wurde und Ruffys Stimme klang Vorsichtig, so als wüsste er nicht das Gespräch mit Zorro anzufangen. „Ist das ein Wunder?“, harkte Zorro nach und ich konnte mir vorstellen das er Ruffy jetzt mit einem fragenden Blick ansehen würde. „Ihre Mutter und ihre Schwester sind vor drei Tagen gestorben, an ihrem Geburtstag. Nami isst seitdem nichts mehr und schließt sich nur noch in ihrem Zimmer ein, ich komme überhaupt nicht an sie ran.“ Zorro klang voller Sorge. Sorge um mich. Innerlich verfluchte ich mich, weil ich es ihm so schwer machte. „Kannst du ihr das verübeln?“ Ich kroch die Treppe fast hinunter nur um ja alles zu verstehen, „Sie ist in Trauer, du musst ihr die Zeit lassen die sie braucht“, Ruffy klang so verständnisvoll wenn er über mich sprach ….oder ich bildete mir alles nur ein. Wollte ich dass er Verständnis für mich hatte? Wieder ertönte das Klicken des Feuerzeugs. „Nein, natürlich kann ich ihr das nicht verübeln“, seufzte Zorro und ein Stuhl rückte – jemand stand auf – und ich hörte das leise Gluckern vom Kaffee. „Ich mache mir einfach Sorgen um sie. Ich hab Angst, dass sie das Ganze nicht packt.“ Zorro klang wirklich besorgt und in mir krochen erneut die Schuldgefühle hoch; litt er wirklich wegen mir so? Ich wollte das nicht! Ich wollte diesem Menschen nicht weh tun! Dazu muss ich euch kurz etwas erklären, ich liebte Zorro auf meine eigene Art und Weise, aber nur freundschaftlich. Er ist der wichtigste Mensch in meinem Leben auch wenn er nicht ….ach egal. Das ist ein anderes Thema. Was ich sagen will, Zorro traurig zu sehen, war das Schlimmste was es für mich gab vor allem in der damaligen Situation. Immerhin war er nur wegen mir gekommen und ich kam nicht aus meinem Schneckenhaus heraus und vernachlässigte ihn sehr. Das er mir das nie böse genommen hatte war mir immer ein Rätsel gewesen, heute weiß ich warum. Ich hatte vor einigen Jahren ein Gespräch mit ihm, dieses werde ich nie vergessen. Ich habe ihm das gleiche gefragt – „Warum hast du mir das nie böse genommen?“ seine Antwort war so verdammt simpel: „Weil du meine beste Freundin bist“. Und das war es auch. Wir waren beste Freunde und solche halten in schwierigen Situationen zusammen und bringen Verständnis für den Anderen auf, versuchen zu verstehen und zu helfen und akzeptieren wortlos. Und das habe ich immer an Zorro geschätzt, er war einfach für mich da. Stillschweigend, akzeptierend und mich liebend. Lange ging dieses Gespräch und ich konnte genau hören, wie sehr Zorro sich sorgte, um mich, wie viel Angst er um mich hatte wie viel ihm durch den Kopf ging und in mir wuchsen die Schuldgefühle und drohten mich zu erdrücken. Ich machte so viel falsch! Weitere zwei Tage strichen ins Land und dann war er da, der Tag der Beerdigung und in mir kamen wieder die Tränen zum Vorschein. Ich hatte Angst gehabt vor diesem Tag denn er bedeutete das endgültige Ende. Das es wirklich wahr war – Nojiko und meine Mutter waren tot und würden nie wieder kommen. Nie wieder. Ich musste mich nicht alleine um die Beerdigung kümmern, zum Glück denn das hätte ich wohl nicht gepackt – Genzo, Zorro und zwei der engsten Freundinnen meiner Mutter organisierten mit und nahmen mir dadurch viel Arbeit ab und ich war unwahrscheinlich dankbar. Der Tag der Beerdigung war trübe und Grau. Genauso wie heute. Ich hatte das Gefühl die Sonne trauerte mit mir, der Himmel verzog traurig das Gesicht und der Wind umhüllte mich um mich vor dem Schmerz zu schützen. Leider klappte es nicht, denn der Schmerz kam trotzdem und überrollte mich fast und Zorro musste mich stützen. Ich war so unwahrscheinlich froh das er da war – meine große Stütze, mein Halt. Nehmt es mir bitte nicht übel, dass ich die Beerdigung jetzt nicht in allen Formen und Farben beschreibe denn das kann ich nicht. Noch zu tief sitzt der Schmerz bei mir, zu traurig sind die Erinnerungen. Alles im allen war es eine „schöne“ Beerdigung. Alle hatten sich wirklich viel Mühe gegeben und viele Freunde und Bekannte kamen. Auch Arbeitskollegen meiner Mutter waren dabei, Studienfreunde meiner Schwester und selbst mein Klassenlehrer kam um mir sein Beileid auszusprechen. Es wurden viele Blumen geschenkt, Trauerkränze nieder gelegt. Es wurde schöne Musik gespielt, eine herzzerreißende Trauerrede gehalten und vor allem viel geweint. Doch, auch wenn ich mich alleine fühlte ich war es nicht. Zu meiner Rechten saß Zorro der meine Hand hielt und zu meiner Linken …da saß Ruffy, der meine Hand drückte. Er war gekommen um mir bei zu stehen und ich war so dankbar in diesem Moment. Selbst wenn wir uns noch nicht lange kannten, er hatte mich nicht alleine gelassen. Im Gegensatz zu Darian, denn dieser kam nicht. Er stand mir nicht bei. ]~~~~ Es fällt mir schwer, ohne Dich zu leben, jeden Tag zu jeder Zeit einfach alles zu geben. Ich denk' so oft zurück an das was war, an jenem so geliebten vergangenen Tag. Ich stell' mir vor, dass Du zu mir stehst, und jeden meiner Wege an meiner Seite gehst. Ich denke an so vieles seit dem Du nicht mehr bist, denn Du hast mir gezeigt, wie wertvoll das Leben ist. Wir war'n geboren um zu leben, mit den Wundern jener Zeit, sich niemals zu vergessen bis in alle Ewigkeit. ~~~~ Zu lange für meine Nerven dauerte die Beerdigung und als meine Familie dann in die kalte Erde gelassen wurde, brach ich völlig zusammen. Ich weinte. Bitterlich. Und Zorro und Ruffy – sie fingen mich auf und gaben mir ohne unnötige Worte Beistand und Schutz. Sie standen mir bei und ich hätte mir keine bessere Stütze wünschen können. Sie ließen mich die ganze Zeit nicht alleine und brachten mich noch Hause und auch Ruffy blieb, saß neben mir und streichelte meinen Rücken bis ich vor völliger Erschöpfung an Zorros Schulter eingeschlafen war. Und im Schutze meiner Freunde konnte ich dieses auch. ~Fin~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)