Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 154: Nicht mein Dad --------------------------- 154) Nicht mein Dad Die Brüder betraten das Haus und gingen in den Keller. Als sie wieder hoch kamen, passte Bobby den Älteren ab und umarmte ihn herzlich. „Ich war doch nur im Keller“, kommentierte der Blonde diese Geste und löste sich schnell wieder. „Das war auch nicht für die erfolgreiche Besteigung meiner Treppe. So schlecht ist die nämlich nicht!“, konterte Bobby rau. Er wusste, wie ungern Dean so etwas hatte, obwohl er ihn zur Begrüßung ja von selbst in eine freundschaftlichen Umarmung zog, anders als Sam, der es bei einem „Hallo“ beließ. „Und wofür dann?“ „Für dein Abschlusszeugnis.“ „Das ist doch schon nicht mehr wahr!“, redete Dean sich raus und suchte nach einem Ausweg. „Doch ist es Dean. Du stellst dein Licht viel zu oft unter den Scheffel! Du bist weder dumm noch so schlecht, wie du dich immer machst. Du siehst dich einfach nur falsch! Und ich weiß, dass du nichts dafür kannst. Und ich bin stolz auf dich!“ „Ich auch!“, stimmte Sam nickend zu. „Das hab ich dir ja schon gleich nach dem Fall mit der verfluchten Kamera gesagt!“ „Ich…“ krächzte der Blonde heiser. Das war zuviel Lob und Anerkennung. Er schluckte hart. „Ich muss weiter machen!“ Schnell schob er sich an den beiden vorbei und rannte förmlich nach draußen. „Lief doch ganz gut!“, sagte Bobby leise. „Er bekommt viel zu selten ein Lob! Deshalb wollte ich dir das Zeugnis ja auch unbedingt zeigen „Wie bist du überhaupt daran gekommen?“ Sam holte ihnen je eine Tasse Kaffee und begann von ihrem Fall und von der Begegnung mit Deans erster großen Liebe zu erzählen und er berichtete von dem Treffen mit Mr. Alonso, dem Lehrer, der es geschafft hatte, Dean für den Unterricht zu begeistern, obwohl der wohl nicht der einzige gewesen war, so wie er erzählt hatte. Bobby hörte interessiert zu, sagte es doch viel über den Älteren der Brüder aus und über John. Obwohl, den hatten auch Sams Zensuren und offen gezeigte Begeisterung fürs Lernen nicht von seiner Meinung abbringen können, dass seine Kinder nur einen Weg einschlagen konnten, nämlich auch Jäger zu werden. Konnte der Verlust eines geliebten Menschen jemanden so verbohrt, so verstockt im Umgang mit seinen Kindern werden lassen? Er hatte seine Frau doch auch durch einen Dämon verloren, bevor sie Kinder bekommen hatten, aber er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er seine Kinder zu diesem Leben gezwungen hätte. Vielleicht hätten sie diesen Weg auch eingeschlagen, aber er hätte ihnen die Entscheidung offen gelassen. Die Brüder hatten diese Wahl nie. Und bei Dean hatte Johns Erziehung ja auch wunderbar gefruchtet. Der Junge hatte es nie auch nur gewagt, eigene Wünsche für seine Zukunft zu entwickeln. Vielleicht als Traum beim Einschlafen, aber er hätte sie nie geäußert, im Gegensatz zu Sam. „Was hältst du davon, wenn wir morgen Abend Deans Zeugnis feiern?“, wollte Bobby wissen. Sam war schon vor einer Weile mit seiner Erzählung zum Ende gekommen und hatte den Freund fragend angeschaut. „Feiern?“ „Ich dachte wir zaubern hier was Leckeres für ihn.“ „Und woran dachtest du?“, wollte der Jüngere skeptisch wissen. „T-Bone-Steak mit vielen Zwiebeln und Kartoffelecken.“ Sam rümpfte die Nase: „Gut, dass ich mein eigenes Zimmer habe.“ „Du lebst doch auch sonst damit.“ „Zwei Zimmer wären einfach zu teuer“, erklärte Sam. Dass er diese Macken in Kauf nahm, weil er ohne seinen Bruder einfach nicht richtig schlafen konnte, wollte er nicht zugeben. Selbst hier hatte er ein oder zwei Nächte Probleme damit. „Gibt’s nur das?“ „Keine Angst Sam, du bekommst deinen Salat. Was hältst du von Ceasars-Salad und datz Buttertoast?“ „Okay, überredet. Kann ich dir mein Zeugnis auch geben?“, wollte der Jüngere grinsend wissen. „Dein Zeugnis ist verjährt!“ „Deans auch.“ „Dean hat es aber erst vor Kurzem bekommen!“ „Warum willst du das erst morgen machen?“ „Heute wirst du ihn kaum aus der Werkstatt bekommen. Schweißen, schleifen, spachteln. Da hat er genug zu tun. Morgen lackiert er, dann muss alles trocknen. Da kann er eh nichts weiter tun als warten.“ Sam nickte. Bobby fand Dean in der Werkstatt. Mit Mickeymäusen* auf den Ohren schliff er an einer Tür. Der Winchester nahm die Veränderung der Lichtverhältnisse wahr. Er schaltete die Schleifmaschine aus, nahm den Gehörschutz runter und drehte sich um. „Hey“, grüßte er. „Brauchst du Hilfe?“ „Ich hab noch die drei Teile zu schleifen“, sagte er und deutete auf die Werkbank. „Dann will ich spachteln.“ Bobby nickte. Er holte sich die Spachtelmasse und begann Dean zu helfen. „Du musst nicht…“, begann der Blonde. „Ich will aber. Stell dir vor, ich hab auch Spaß daran.“ Der Blonde lächelte und nickte. Er setzte sich seine Mickymäuse wieder auf und machte sich erneut an seine Arbeit. Der Winchester legte die Schleifmaschine beiseite. Für heute war er mit seiner Arbeit fertig. Er blickt zu Bobby rüber. „Brachst du noch Hilfe?“, wollte er wissen. „Nein. Ich bin auch fast durch. Geh schon mal rein, hier ist es nicht sonderlich warm“, antwortete der. Der Blonde nickte nur. Es hatte, kurz nachdem er draußen mit seinen Arbeiten fertig war, begonnen zu schneien und ein frostiger Wind strich um die Ecken. Auch in der Werkstatt war es nicht sonderlich warm. Trotzdem hatte er irgendwie keine Lust rein zu gehen. Was sollte er denn da tun? Fernsehen? Oder Sam nerven? Nein, da blieb er doch lieber hier. Er setzte sich auf die Werkbank, schaute versonnen Bobby bei der Arbeit zu und ließ seine Gedanken treiben. Der ältere Jäger warf einen verstohlenen Blick auf den Blonden. Der baumelte leicht mit den Beinen. Sein Blick ging irgendwo ins Nirgendwo und doch lag ein zufriedener Ausdruck auf seinem Gesicht. Er musste lächeln. Der ältere Winchester schien in diesem Augenblick glücklich zu sein. Wenn er selbst Kinder gehabt hätte, dann hätten sie vielleicht auch so bei ihm in der Werkstatt gesessen und ihm bei der Arbeit zugesehen, oder ihm geholfen. Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Noch einmal zog Bobby die Spachtelmasse auf der Beifahrertür glatt, dann legte er den Spachtel beiseite und begann aufzuräumen. Immer wieder streifte sein Blick dabei den Winchester, der noch immer auf der Werkbank hockte. Plötzlich ging ein Ruck durch dessen Körper. Er sprang auf den Boden und machte sich daran dem Freund zu helfen. „Woran hast du denn gedacht?“, wollte Bobby wissen. „Ich hab…“ Er brach ab. Es war eine Sache, seinen Vater für sich zu demontieren, aber öffentlich wollte er das nicht machen, Vielleicht noch nicht. Er hatte sich schon mehr als einmal bei dem Wunsch ertappt, dass Bobby ihr Vater wäre, aber das war nicht so. Dean schüttelte den Kopf. Der Jäger nickte. Er wollte nicht weiter in den Jungen dringen. Wenn der reden wollen würde, würde er zuhören. Vorher brachte es bei Dean nichts zu fragen. Der würde sich dann eher für immer sperren. Durchgefroren kam der ältere Winschester am folgenden Abend ins Haus. Er strahlte. Alles was er sich vorgenommen hatte, hatte er geschafft, geschliffen und grundiert und er hatte sogar schon die erste Lackschicht aufbringen können. Jetzt wollte er nur eine heiße Dusche, etwas zu essen und vielleicht noch ein oder zwei Bier und danach ins Bett kriechen. Er hatte schon wieder leichte Kopfschmerzen und sein Körper kribbelte irgendwie. Er bekam wohl doch noch eine Erkältung. Am Fuß der Treppe blieb er stehen und schnupperte. „Was riecht hier den so lecker?“, fragte er. „Sieh zu, dass du fertig wirst, sonst gibt’s nur noch Grillkohle!“, grummelte der Ältere gutmütig. Schnell rannte der Blonde nach oben, duschte und kam, sich die Haare trocken rubbelnd, wieder nach unten gepoltert. „Versuchst du einen neuen Rekord aufzustellen?“, stichelte Sam. „Bevor ich Grillkohle essen muss“, erklärte Dean und ließ sich auf seinen Platz fallen. „Was gibt’s denn jetzt?“ „T-Bone-Steak, Kartoffelspalten und für dich extra viele Zwiebeln“, sagte Bobby und stellte ihm einen vollen Teller vor die Nase. „Lass es dir schmecken!“ Dieser Aufforderung hätte es nun wirklich nicht bedurft. „Scheid ihr unter die Gourmetkösche gegangen oder warum diescher Aufwand?“, wollte der Blonde mit vollem Mund wissen. „Dürfen wir dich nicht mal verwöhnen dürfen?“ „Von mir aus jeden Tag, aber da dem nicht so ist, hat das hier einen speziellen Grund und der ist nicht, dass der Fleischer deines Vertrauens gerade fünf Herden Rindviecher schlachten musste, seine Kühlhäuser aber alle schon voll waren.“ „Was bist du misstrauisch!“, konterte Bobby. „Das hat mir schon oft das Leben gerettet! Also warum?“ „Kannst du nicht einfach mal genießen, ohne zu fragen?“, beharrte Sam stur. „Christo!“ „Es ist für dein Zeugnis“, erklärte der Hausherr mit einem tiefen Seufzer. „Das ist ewig her!“ „Ja, aber du hast es erst jetzt bekommen und John hat diese Leistung mit Sicherheit nicht anerkannt!“ Natürlich hatte er das nicht. John war die Ausbildung seiner Söhne wichtig gewesen, aber nur insoweit, wie es für ihren Job einmal wichtig sein würde. Spezielles Wissen brauchten sie nur in Latein und dem Gebrauch ihrer Waffen. Alles Andere war gut aber nicht überlebenswichtig. Dean holte tief Luft und verdrängte diese Erinnerung. So sehr er John inzwischen von seinem Podest geholt hatte, es tat trotzdem weh, von einem mehr oder weniger fremden Menschen die Anerkennung zu erfahren, die er sich immer von seinem Vater gewünscht hatte. Warum konnte Bobby nicht ihr Vater sein? Er holte noch einmal tief Luft und schob den Gedanken dann zur Seite. Das brachte nichts außer schlechter Laune und sein Essen wurde auch noch kalt! „Dean?“, fragte Sam leise. Er hatte seinen Bruder beobachtet und ahnte, worum dessen Gedanken sich drehten. „Nichts“, sagte der Blonde nur. ‚War ja klar! Dean hat nichts!’ Der Ältere rieb sich die Schläfen. „Hast du immer noch Kopfschmerzen?“, wollte Sam ruhig wissen. „Irgendwie schon“, nahm der Blonde die angebotene Ausrede an. Er massierte sich noch ein Bisschen über die Schläfen, dann machte er sich wieder mit Heißhunger über seinen Teller her. Die Kopfschmerzen konnten warten, das heiße Steak nicht! Endlich schob er seinen Teller beiseite und rieb sich über den prallgefüllten Bauch. „Das war gut! Das könnte es ruhig öfter geben!“, ließ er zufrieden verlauten. „Wenn du öfter so gute Noten nach Hause bringst!“ „Witzbold“ Träge erhob sich Dean und half dabei die Küche wieder auf Vordermann zu bringen. Dann verzogen sich die drei mit Bier ins Wohnzimmer und ließen den Abend in aller Ruhe ausklingen. Zwei Tage später surfte Sam durchs Internet. Er suchte nichts Bestimmtes, doch dann fesselten ihn einige Berichte und er vergaß alles um sich herum. Plötzlich sprang er auf, griff nach seiner Jacke und lief nach draußen. Dean lag im Kofferraum und kämpfte mit den Scharnieren der Kofferraumklappe. Immer wieder fielen ihm die Schrauben aus den Fingern, oder er rutschte mit dem Schraubenzieher ab. Leise fluchend tastete er nach der letzten Schraube, die ihm schon wieder aus den Fingern gerutscht war. Irgendwie hatte er heute kaum Gefühl darin. Sein Blick glitt vom Kofferraumdeckel und folgte den kleinen Wölkchen, die er beim Ausatmen produzierten hinauf zum Himmel und er vergaß wonach er suchte und beobachtete das Schauspiel das sich ihm hoch oben bot. Ein Transformer auf Rollschuhen sprang über eine Mauer. Ein Drache verlor gerade seinen Kopf. Ein Schwein mit Düsenantrieb, vielleicht war es aber auch eine Rakete mit Schweinenase, jagte einen Hund, der langsam zu einer Maus wurde, die bald darauf ihren Schwanz und den Kopf verlor und jetzt aussah wie ein zusammengerollter Igel. „Dean!“, riss ihn Sams Stimme aus seinen Träumereien. Hastig richtete er sich auf und stieß sich prompt den Kopf an der Kofferraumklappe. Leise fluchend tastete er nach der entwischten Schraube. * Als Mickymäuse wird in vielen Berufen der Gehörschutz bezeichnet, da diese „Kopfhörer“ fast wie Mickymausohren aussehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)