Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 123: Kein wirklicher Fortschritt ---------------------------------------- 123) Kein wirklicher Fortschritt Ein paar Stunden später war Dean wieder wach. „Ich hätte gerne einige Erklärungen!“ Deans Tonfall klang keineswegs nach der Bitte, die seine Worte ausdrückten, kaum dass er William in den Raum kommen sah. Er hatte zuvor schon versucht Sam auszuquetschen, aber der hatte ihm erklärt, dass ihm Dean wichtiger gewesen sei, als Antworten, die William ihm später sowieso noch einmal geben würde. Der Blonde hatte diese Aussage mit einem eindringlichen „Christo“ quittiert. Dass seinem Bruder Antworten einmal nicht so wichtig erscheinen sollten, war einfach nicht normal. Der jüngere Winchester hatte nur gelächelt. „Der Wolf war Amaruq“, stellte der Blonde ruhig fest. William nickte. „Warum?“ „Was warum?“ „Warum hat er die Kinder entführt? Warum war er hier? Warum hat er mich nicht getötet?“, kamen die Fragen wie aus der Pistole geschossen. William nickte erneut und setzte sich auf den Stuhl, den Sam eben geräumt hatte, als er zu Dean auf die Couch gewechselt war. „Amaruq ist einer unserer Götter. Sie wollen mit Respekt behandelt werden“, begann William. Dean verdrehte die Augen, sagte aber nichts. „Es gibt Rituale, mit denen man Götter rufen kann. Man kann ihnen regelrecht befehlen zu erscheinen. Aber das sollte man sich gut überlegen. Ohne einen wirklich triftigen Grund werden sie sehr ungehalten sein. Justin Kokrine ist ein ziemlich pfiffiges Kerlchen, leider, und er hat ein etwas übersteigertes Aufmerksamkeitsbedürfnis.“ „Wie sein Vater!“, knurrte Dean, William nickte und fuhr dann fort: „ Er ist in seiner Klasse der einzige weiße Junge und er fühlte sich nicht genug beachtet. Also hat er überlegt, wie er das ändern könnte. Am Besten natürlich indem er etwas, das uns oder den Flathead heilig ist, nach seiner Pfeife tanzen lässt. Im Internet ist er auf ein Ritual gestoßen, mit dem man Amaruq angeblich rufen konnte. Er hat es ausprobiert.“ „Und es hat funktioniert!“, stellte Dean ruhig fest und schaute zu Sam. „Der Junge ist gut“, sagte Sam leise. „Toll. Er hat sogar schon einen Bewunderer!“ Sam verdrehte die Augen. „Das Internet hilft nicht nur uns bei unserer Arbeit. Es hilft auch den Idioten, die mit dem Übernatürlichen spielen wollen. Mal abgesehen davon, frage ich mich immer wieder, wie solche Rituale da rein gelangen!“ „Irgendwer hat sie irgendwo gelesen und fand sie so toll, dass er sie da rein gestellt hat. Es stehen so viele solcher angeblichen Rituale drin und die wenigsten funktionieren. Außerdem hätte er dieses Ritual auch in Büchern finden können.“ „Ja! Aber das hätte ihn wesentlich mehr Zeit und Energie gekostet und ich glaube nicht, dass er die aufgebracht hätte!“, gab Dean wütend zurück. „Wir haben auch so genug Arbeit, ohne dass ein rotznäsiger Bengel noch mehr Übernatürliches auf die Erde holt.“ Sam legte seinem Bruder beruhigend die Hand auf den Arm. Der Blonde schnaufte resigniert. Er schwitze, er wollte hier raus, er war wütend auf den Jungen, der ihnen das alles hier eingebrockt hatte und er war, obwohl er bis vor kurzem noch geschlafen hatte, müde. „Läuft er noch immer da draußen rum?“, fragte er matt. „Der Junge war vor vier Tagen bei mir und hat mir erzählt dass er Amaruq gerufen hat, dass er aber nicht wollte, dass jemand verletzt wird. Er wollte ihn einfach nur erscheinen lassen, vielleicht zu ein paar Kunststückchen bringen und dann sollte er wieder verschwinden.“ „Das Erste hat ja funktioniert!“, grummelte der Blonde. „Justin hat mir erzählt, welches Ritual er benutzt hat und ich konnte es rückgängig machen und damit auch den Bann der Amaruq an diesen Ort fesselte. Das macht die Jäger und unsere Männer zwar nicht wieder lebendig, aber es wird keine weiteren Opfer geben. Der Gott ist besänftigt“, fuhr der Schamane fort, ohne auf den Einwand einzugehen. „Wenigstens was“, schnaufte Dean. „Ich glaube dem Jungen ist das alles ziemlich nahe gegangen. Er wollte dich sehen, Dean. Ich denke er wollte sich entschuldigen“, versuchte Sam die Wogen zu glätten. „Hat er aber nicht!“, maulte der. „Du hast geschlafen!“ Sam musste schlucken, als die Erinnerungen wieder hochkamen. Der Junge hatte eine ganze Weile vor Deans Bett gestanden und immer wieder gemurmelt, dass es ihm Leid täte, hatte aber auf keine seiner Fragen geantwortet. Irgendwann war er regelrecht geflüchtet. Zu diesem Zeitpunkt hätte Sam es ihm gerne gleich getan. Dean lag seit drei Tagen reglos in dem Bett, und was am Anfang noch niedlich ausgesehen hatte, hatte ihm zu diesem Zeitpunkt immer mehr Angst gemacht. Nur das ständige Heben und Senken von Deans Brustkorb hatte überhaupt gezeigt, dass der noch lebte. Nicht einmal hatte sich sein Bruder gedreht, dabei lag der sonst eher selten auf dem Rücken, schon gar nicht für längere Zeit. Keine einzige Regung seines Gesichts hatte angezeigt, ob er vielleicht träumte, oder wie er sich fühlte, ob er Schmerzen hatte. Nichts hatte Sam erkennen können. Ja, er wäre auch gerne davongelaufen wie der Junge. „Mir geht’s gut, Sammy!“, sagte Dean leise, der dessen Gefühle nur zu gut in den braunen Augen lesen konnte. „Wenn du diesen Spruch nicht ständig benutzen würdest, würde ich dir vielleicht sogar glauben“, konterte der Jüngere. Dean unterdrückte ein Gähnen. Einen weiteren Blick auf Sam werfend schaute er wieder zu William. „Warum lebe ich noch?“ Der jüngere Winchester zuckte regelrecht zusammen und sah seinen Bruder vorwurfsvoll an. „DEAN!“ „Der Wolf hat alle seine Opfer getötet. Die Kinder ausgenommen. Ich bin kein Kind mehr. Warum lebe ich noch?“ „Du benimmst dich oft genug wie eins!“, blaffte Sam, dem diese Frage schier die Luft zum Atmen nahm. „Ich weiß es nicht. Was hast du gemacht, als er kam?“, wollte der Schamane wissen. „Wir haben versucht ihn auf die Ebene zu locken, um ihn umgehen zu können. Hat nicht funktioniert.“ „Amaruq hat mich vom Schlitten geworfen und wollte mich töten“, fuhr Sam fort. „Du hast dich vor mich gestellt.“ „Ich würde mich immer vor dich stellen, Sam. Es ist mein Job dich zu beschützen.“ „Dean!“ „Daran wird sich nie etwas ändern, Sammy. Ich hab dich damals aus dem Haus getragen. Seitdem passe ich auf dich auf! Und nicht nur weil John es mir befohlen hat. Du bist mein Leben, kleiner Bruder. Ich werde immer auf dich aufpassen. Weil ich es will!“ Traurig schüttelte der Jüngere den Kopf. ‚Wie hatte es Dad geschafft, Dean so zu verbiegen?‘ „Ich kann nur vermuten“, begann William. „Er hat anerkannt, dass du dein Leben für ein anderes geben wolltest. Er wollte dir eine Chance geben?“ Der Winchester schüttelte den Kopf und gähnte wieder. Langsam wollte er sich in die Waagerechte fallen lassen und schlafen. Sam hatte die Decke ergriffen und wollte seinen Bruder damit einpacken. „Hier nicht“, hielt William sie auf. „Was?“, er hatte gehofft, die Sauna, die über ihm schwebte wie ein Damoklesschwert, vergessen zu können. Er hatte sich getäuscht. „Tut mir leid, aber wir werden damit noch weiter machen. Bis jetzt ist alles sehr gut gelaufen und wir wollen nichts riskieren“, erklärte der Schamane. Eine Weile schauten sich die Männer schweigend in die Augen, dann nickte der Blonde ergeben und ließ sich von Sam in die Senkrechte ziehen. Gemeinsam gingen sie zu den Hütten. Im Vorraum der Sauna stand ein großer, mit heißem Wasser gefüllter, Holzzuber. Die aufsteigenden Düfte weckten unschöne Erinnerungen in Dean, und er machte automatisch einen Schritt zurück. Auch Sam schluckte unbehaglich. Sein Blick wanderte zwischen Helaku und Jonah hin und her, die in dem Zuber schon auf sie warteten. Dankbar dafür, dass er seinem Bruder nicht weh tun musste, nickte er ihnen zu und trotzdem schnürte sich ihm die Kehle ab. Er hatte sich jeden Abend verzogen, weil er nicht sehen konnte wie sehr sie Dean quälten und jetzt? Er konnte nicht einfach wieder gehen. Das wäre nicht fair seinem Bruder gegenüber. Nicht jetzt, wo Dean wach war. „Komm schon, raus aus den Klamotten. Je eher hast du es hinter dir“, sagte er leise und begann sich zu entkleiden. Widerstrebend folgte Dean dem Beispiel seines Bruders. Und kletterte als letzter in den Bottich. „Dreh dich um“, bat Jonah und griff nach einem Schwamm. „Muss das sein?“, fragte der Blonde. Das Unbehagen ließ seine Muskeln verkrampfen. „Ja, muss es. Es sei denn, du willst jämmerlich zu Grunde gehen“, erklärte der Inuit und versuchte seiner Stimme soviel Entschlossenheit mitzugeben, wie er nur konnte. Er wusste, dass es sein musste, aber das machte es ihm auch nicht leichter. Der Blonde drehte ihnen den Rücken zu und krampfte seine Hände um den Rand des Bottichs. Fest biss er die Zähne zusammen, als der Schwamm über seine empfindliche Haut gerieben wurde. Er versteife sich und zog sich tief in sein Innerstes zurück, in der Hoffnung diese ganze Prozedur soweit wie möglich ausblenden zu können. Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass er immer wieder versuchte, den festen Berührungen des Schwammes zu entkommen. Was hatten die nur mit ihm gemacht, dass sich der Schwamm eher wie eine Drahtbürste anfühlte? Auch Sam fühlte sich unwohl dabei zusehen zu müssen, wie seinem Bruder offensichtlich Schmerzen zu bereitet wurden, doch er wollte sich noch weniger vorwerfen müssen, Deans Leben auf Spiel gesetzt zu haben, also schwieg er betreten und hoffte inständig, dass es bald vorbei wäre. Nachdem sich auch die anderen gewaschen hatte, drängten sie Dean aus dem Zuber, wickelten ihn in ein großes Handtuch und schoben ihn in die Sauna. „Bitte lass es um“, bat Sam und hielt Deans Hand auf, als der das Handtuch von seinen Schultern schieben wollte. Fragend schaute der Blonde seinen Bruder an. „Dean, ich … wir …“ begann er. „Wie lange?“, wollte der Ältere mit matter Stimme wissen. Er hatte das Gefühl immer weniger Luft zu bekommen. „Noch zwei Tage“, antwortete Jonah an Sams Stelle. „Ihr hättet mich schlafen lassen sollen!“ Er zog das Handtuch fester um seine Schulter und drehte den Kopf zur Wand. „Dean, ich…“ Sam brach seinen Erklärungsversuch ab. Er hatte gesehen, wie Dean resignierte, wie die Spannkraft aus seinem Körper wich. Er würde ihn nicht mehr erreichen. Er atmete tief aus. Jetzt würde er Dean nicht mehr erreichen. Der hatte sich tief in sich zurückgezogen. Das hatte er in der Zeit nach dem Höllenhundangriff bei Bobby perfektioniert. Aber damals hatte er ja wirklich kaum etwas selbst machen konnte. Und jetzt? Jetzt quälten sie ihn hiermit und nahmen ihm vielleicht nicht seine Mobilität. Doch auch die schränkten sie auf die Couch und einen abendlichen Gang zum Foltern ein. Und ein Recht zur Entscheidung hatte Dean auch nicht. Nein, er konnte wieder nichts selbst tun. Der jüngere Winchester holte tief Luft. Helaku schaute ihn daraufhin fragen an, doch Sam schüttelte nur den Kopf. Deans Verhalten konnte er keinem erklären und er wollte es auch nicht. Genauso wenig, wie er seine Schuldgefühle seinem Bruder gegenüber erklären konnte. Die würde nur Dean verstehen und der würde sie ihm ausreden. Jonah riss ihn aus seinen trüben Gedanken, indem er ihm andeutete, dass sie für heute genug geschwitzt hatten. Gemeinsam dirigierten sie den Blonden in die Kälte. Schnell rieben sie ihn und sich selbst mit Schnee ab. Sam hatte gehofft, dass dieser Kälteschock seinen Bruder zurückholen würde, doch wenn der etwas tat, dann wohl richtig. Die grünen Augen blieben leer. Also blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als ihn anzuziehen und ins Bett zu stecken. Schnell hatte Dean sich zur Wand gedrehte und war eingeschlafen. Sam schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sein Bruder morgen wieder ansprechbar war und legte sich dann ebenfalls schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)