Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 111: Willkommen in West Glacier --------------------------------------- 111) Willkommen in West Glacier „Verdammt!“, fluchte der Blonde plötzlich und versuchte den schlingernden Impala wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sam sah erschrocken auf. Sie waren nicht mehr weit von West Glacier entfernt. Die Dunkelheit hatte sich schon vor einer Weile über das Land gelegt und der Schneefall, in den sie am späten Nachmittag hinein gefahren waren, war immer dichter geworden und hatte sich inzwischen zu einem leichten Schneesturm ausgewachsen. „Ich hatte gehofft, dass wir es noch bis West Glacier schaffen würden. Ich will hier nicht unbedingt im Schnee übernachten. Das könnte ungemütlich werden“, sagte Dean leicht keuchend als er den Impala am Straßenrand zum Stehen gebracht hatte. „Wie weit ist es noch?“, wollte Sam wissen. „Nicht mehr so weit, aber selbst wenn wir nur noch zwei Meilen hätten, in dem Schneetreiben würden wir uns hilflos verirren.“ „Und jetzt?“ „Ich weiß nicht. Der Wind verweht die Straße immer weiter. Ich ...“, Dean zuckte unschlüssig die Schultern. Beide schauten in das dichte Schneetreiben, das im Scheinwerferlicht zu sehen war. Plötzlich schlug sich Dean den Kragen seiner Lederjacke hoch und stemmte sich gegen die Tür. „Dean, wohin willst du?“, wollte Sam wissen, doch sein Bruder rutschte von seinem Sitz und musste noch aufpassen, dass er sich nicht den Arm in der zuschlagenden Tür einklemmte. Der Wind trieb ihn schnell hinter den Wagen. Er startete einen erfolglosen Versuch am Impala vorbei und auf der Straße nach vorn zu laufen. Er wollte schauen, ob da überhaupt noch ein Durchkommen möglich war, doch er schaffte es nicht mal bis zur Motorhaube, so stark blies ihm der Wind entgegen. „Was machst du?“, versuchte Sam seinen Bruder noch einmal zu fragen, als er sah wie der den Kofferraumdeckel öffnete. Schnell hatte der Blonde gefunden, was er suchte und warf die Klappe wieder zu. Der Weg zurück ins Innere des Wagens war weitaus schwieriger, da er sich gegen den Wind stemmen musste. Mühsam öffnete er die hintere Tür auf der Fahrerseite und warf den schneebedeckten Packen, den er in den Armen hielt hinein, dann rutschte er auf den Sitz und ließ mit einem erleichterten Schnaufen die Tür wieder zufallen, während Sam den Packen als ihre Winterjacken, die gefütterten Hosen und die dicken Schlafsäcke identifiziert, die er nach einer kurzen Diskussion mit Dean in dem Laden auch noch auf den Berg ihrer Winterklamotten gepackt hatte. Der Ältere strubbelte sich den Schnee aus den Haaren und zog sich etwas umständlich die dicke Hose an. Dann breitete er den Schlafsack auf dem Fahrersitz aus und zog sich seine Jacke aus. Sam schaute ihm mit großen Augen zu. Doch als Dean sich die dicke Jacke anzog und über die Lehne auf seinen Sitz kletterte, beeilte er sich seinen Beispiel zu folgen. „Das heißt dann wohl, dass wir heute nicht weiter kommen“, stellte er ruhig fest. Der Blonde schüttelte nur den Kopf und zog den Reißverschluss des Schlafsacks bis zu seiner Nase hoch. „Keine Chance bei dem Sturm“, fügte er dann doch noch hinzu, „und wenn kein Wunder geschieht, dann sind wir morgen früh eingeschneit und mit etwas Pech auch erfroren.“ Sam atmete hörbar aus. Er mummelte sich ebenfalls in die wärmenden Sachen und versuchte sich so gut es ging auf die Nacht vorzubereiten. „Wenn wir das hier überstehen, sollten wir wenigstens eine Thermoskanne mit heißen Kaffee im Wagen haben, wenn wir mal wieder in solche eisigen Gefilde reisen wollen“, nuschelte er in seine Decke. Sein Bruder gab nur ein Knurren von sich, von dem der Jüngere nicht mal sagen konnte, worauf sich das jetzt bezog, und ließ seinen Kopf gegen die Scheibe sinken. Keine wirklich gute Idee, wenn man bedachte, dass sich ihre Atemluft jetzt schon zu kleinen weißen Wölkchen kondensierte. Vielleicht sollten sie einfach zusammen rutschen und sich gegenseitig wärmend unter den Decken verkriechen. Doch bevor er den Gedanken aussprechen konnte, verkündeten Deans ruhige Atemzüge, dass er schlief. Sam wunderte sich etwas, doch dann fiel ihm wieder ein, dass ihn letzte Nacht etwas geweckt hatte, von dem er sich fast sicher war, dass es die Unruhe seines Bruders war. Der hatte zwar gesagt, dass er nur auf Toilette musste, aber er war sich fast sicher, dass der schon eine ganze Weile im Zimmer auf und ab getigert war. Weit kam der Jüngere mit seinen Überlegungen allerdings auch nicht, bevor ihm ebenfalls die Augen zu fielen. „Wenn ich bedenke, dass ich jetzt gemütlich am Kamin sitzen könnte“, brummte der Fahrer des Schneepfluges und starrte missmutig in das scheinbar noch dichter werdende Schneetreiben. Die Heizung hatte die Fahrerkabine auf annehmbare Temperaturen aufgeheizt. Der letzte Rest Kaffee schwappte leicht in der Tasse auf der Ablage hin und her. Immer wieder mal schüttelte der bärtige Mann seinen Kopf. Er lebte schon seit einer halben Ewigkeit in der kleinen Gemeinde und sie hatten auch schon einige harte Winter erlebt, aber was in diesem Jahr hier passierte, daran konnten sich noch nicht mal die ganz Alten erinnern und auch William hatte dafür keine Erklärung. Doch bevor sich Jeremiah Kokrine, genannt Jem, noch weitere Gedanken über das Wetter machen konnte, fiel sein Blick auf einen weißen Schneeberg am Straßenrand, der vorhin noch nicht da gewesen war und der verdächtig nach einem Auto aussah. Er lenkte den Schneepflug kurz vor dem Schneehaufen an den Straßenrand und stieg vor sich hin brummelnd aus. Der Schneesturm schien eine Pause eingelegt zu haben und so konnte er ohne größere Anstrengungen laufen. Schnell überzeugte er sich, dass es wirklich ein Auto war. „Städter!“, knurrte er abfällig und begann den Schnee von der Seitenscheibe zu wischen. Deans Instinkte schlugen Alarm, als etwas neben seinem Kopf hin und her wedelte. Sofort war er wach und richtete sich etwas auf. „Hey, ihr Trottel“, brüllte dieses Etwas und schlug gegen die Scheibe. Der Blonde öffnete schnell seinen Schlafsack und dann die Tür, bevor der Blödmann da draußen noch das Fenster zerdrosch. Seine Instinkte hatte ihn sehr schnell unter der Rubrik ‚lästig aber keine Bedrohung’ eingestuft. Etwas unelegant plumpste er dem Mann vor die Füße, hatte sich aber schnell wieder gefangen. Sofort wanderte sein Blick zu dem bullernden Schneepflug. „Können Sie uns bis West Glacier mitnehmen?“, fragte er ohne einen Gruß. „Wenn ich nicht für den Tod von euch unterbelichteten Städtern verantwortlich sein will, werd ich das wohl müssen!“, brummte der Mann. Der Blonde schluckte jede Bemerkung herunter. Er beugte sich in den Impala und drehte den Zündschlüssel. Mit einem satten Brummen erwachte die schwarze Schönheit. Sam blinzelte ihn an. „Kannst mal die Scheiben freiräumen“, wies Dean seinen kleinen Bruder an und schlug die Tür wieder zu. Schon wieder ging er zum Kofferraum und holte die Schaufel raus. „Wozu braucht ihr eine Schaufel?“, fragte der Bärtige und bemühte sich Dean, der eine Bahn vom Impala zum Pflug freischaufelte, möglichst im Weg zu stehen. „Damit verbuddle ich die Leichen derer, die mir blöde Fragen gestellt haben!“ „Was wollt ihr eigentlich bei uns?“ ließ Jem sich nicht beirren und latschte Dean auf die Schaufel. „Schnee schippen!“, knurrte der auch sofort angefressen und riss sein Werkzeug zurück. Jeremiah Kokrine ruderte haltsuchend mit den Armen. „Wir wollen Urlaub machen. Das letzte Jahr war nicht wirklich einfach für uns“, beeilte sich Sam die Wogen zu glätten und seinen Bruder auszubremsen. Er hatte die unterschwellige Wut in Deans Stimme sehr wohl gehört und hoffte nur, dass der dem Fremden nicht noch die Schaufel um die Ohren schlagen würde. Warum der allerdings nur im Weg stand und seinen Bruder auch noch auf dem Kieker zu haben schien, konnte selbst Sam nicht verstehen. Er hoffte nur, dass Dean sich soweit im Griff hatte und dem Typen erst an die Wäsche ging, wenn sie in ihrem Motel angekommen waren. Obwohl, Dean konnte einen LKW fahren, der würde vermutlich auch mit einem Schneepflug klar kommen, oder? Kokrine fummelte seine Uhr aus ihrer Verpackung aus Jacke, Pullover und Handschuh und warf einen Blick darauf. ‚Verdammt!’ Er war jetzt schon fast zu spät. William hatte ein Treffen einberufen. Sie sollten über die neuesten Ereignisse reden wollen. Darüber, dass die Kinder verschwunden waren und über die Fünf, die ohne eine Zustimmung losgezogen waren um ihre Kinder zu suchen. Den Kamin, von dem er gerade noch geträumt hatte, konnte er für heute wohl vergessen. Wenigstens Yuri schien diesen Abend etwas erträglicher machen zu wollen und hatte ihren weltberühmten Hackbraten versprochen und er stand hier mit zwei totalen Trotteln rum. Warum hatte er eigentlich angehalten? Die hätten doch nie mitbekommen, dass er vorbei gefahren wäre! Egal, jetzt stand er hier und half mal wieder ein paar unterbelichteten Städtern aus der Patsche. Dann hatte er beim Essen wenigstens was zu erzählen. War ja eh schon ziemlich merkwürdig der Monat. Der Jäger, der aus freien Stücken zugegeben hatte, gewildert zu haben, nur um hier weg zu kommen. Dabei wäre es ihnen bestimmt nicht aufgefallen. Bei dem Schneefall. Ob Yuri auch Peter Jones eingeladen hatte? Sonst würde er morgen mal zu ihm fahren und sich die Einzelheiten zu den Wilderern geben lassen. Das hatte ihn nicht betroffen, auch wenn er sowas wie der Ortsvorstand hier war. Um die Angelegenheiten des Parks kümmerten sich die Ranger um Peter. Hey, die beiden Trottel schienen fertig zu sein. Hätte er ihnen gar nicht zugetraut. Er ging zu seinem Schneepflug und kletterte ins Führerhaus. Schnell lenkte er wieder auf die Straße und fuhr so schnell er konnte in den Ort. Vielleicht wartete Yuri ja auf ihn. Ach verflixt, er hätte fragen sollen, wo die Beiden hin wollten. „Verdammt!“, fauchte Dean und trat in die Bremsen, „das macht der doch mit Absicht!“ Schlingernd kam der Impala rechtzeitig zum Stehen und Dean riss die Tür auf. Es war nicht das erst Mal, dass er wegen offensichtlich Nichts eine Vollbremsung auf schneeglatter Straße hinlegen musste. „Bitte Dean, diesmal hat er doch wirklich gehalten“, versuchte Sam seinen Bruder zu beruhigen. Aber so ganz konnte er dessen Verdacht nicht von der Hand weisen. Er kam sich schon wie einer dieser Wackeldackel vor. Aber er würde sich hüten, das Dean zu erzählen. Der würde ihn glatt auf die Hutablage sperren. „Was soll der Scheiß?“, wütete Dean auch sofort los. Sam legte ihm eine Hand auf den Arm und hoffte, dass sich diese Geste beruhigend auf Dean auswirken würde. Tat sie natürlich nicht. Der Blonde riss seinen Arm los und war noch immer kurz davor auszusteigen. „Bitte Dean, es bringt doch nichts.“ „Wenn ich auch nur einen Kratzer an meinen Baby habe, ich werf ihn eigenhändig diesem Wolf zum Fraß vor!“ „Bitte Dean, er hat uns geholfen und …“ „Geholfen, ja klar! Er stand mir die ganze Zeit im Weg rum, hat uns als Trottel beschimpft und …“ „Ohne ihn wären wir vielleicht erfroren!“ „Das bezweifle ich. Sammy, wir haben bei einigen von Dads Überlebenstrainings schon in wesentlich kälteren Hütten übernachtet und sind nicht erfroren.“ Damit hatte Dean natürlich Recht. „Damals haben wir aber beide in einem Schlafsack übernachtet“, versuchte Sam trotzdem einen Einwurf. Immerhin schloss Dean die Tür wieder. „Das ist es also was dich anmacht, Samantha? Dann hoffe mal, dass unser Motelzimmer nicht geheizt ist. Dann darfst du vielleicht in mein Bett, aber wehe du klaust mir die Decke!“ Der Jüngere schluckte. Das hatte er nicht beabsichtigt, aber immerhin hatte er es geschafft Dean abzulenken. Nur würde er sich jetzt wohl die nächsten Tage wieder mit ‚Samantha’ anreden lassen müssen. Hm! Der Mann war aus seinem Fahrerhaus geklettert und kam auf sie zu. „Dean, bitte“, beschwor Sam seinen Bruder. Doch der ignorierte ihn und kurbelte sein Fenster herunter. „Wem wollt ihr hier eigentlich auf die Nerven gehen?“, fragte Kokrine auch sofort unfreundlich. „Yuri Mackey“, antwortete Sam schnell. „Ihr wollt mir diesen Abend auch wirklich ruinieren“, brummelte er so laut in seinen Rollkragen, dass ihn die Brüder verstehen konnten. „Als wäre da nicht schon genug anderer Stress, der bei dem Essen auch noch auf den Tisch kommen wird!“ Dann holte er tief Luft. Sam hatte seine Hand noch immer auf Deans Arm liegen und drückte, wie er hoffte, beruhigend zu. „Ich muss in die Richtung“, sagte der Bärtige und deutete nach links. „Zu Yuri müsst ihr etwa eine Meile da lang“, er zeigte nach rechts. „Aber da werdet ihr wohl zu Fuß gehen müssen. Mit der Karre kommt ihr hier nicht durch!“ „Und was wird mit dem Wagen?“, fragte Sam, bevor sich sein Bruder von dem Schock erholen konnte. Der Kerl hatte den Impala als Karre bezeichnet! Wenn er sich Deans Hass bis jetzt nicht zugezogen hatte, nun war er ihm gewiss. Lebenslang! „Ich schieb da vorn ´ne kleine Bucht, da könnt er die reinstellen. Und wenn das Wetter bleibt und Yuri einen Platz für den Schrotthaufen hat. Morgen Vormittag räume ich die Straße da hoch wieder. Dann könnt ihr ihn hinfahren“, schon hatte der Mann sich umgedreht und ging wieder zu seinem Schneepflug. Dean, vollkommen weiß im Gesicht, erwachte aus seiner Erstarrung. Mit fahrigen Bewegungen versuchte er die Tür zu öffnen. Doch zum Glück für Kokrine rutschte er immer wieder ab. „Dean?“ Der Blonde reagierte nicht und fuhr fort den Türgriff zu suchen. „Dean!“ Langsam wurde die Atemfrequenz des Blonden besorgnisserregend. „DEAN!“ Sam fasste mit beiden Händen Deans Gesicht und zwang ihn, ihn anzusehen. „Versuch ganz langsam zu atmen. Wir werden weder die Kinder finden noch kannst du dem Typen für diese Beleidigung eine reinhaun, wenn du hier erstickst.“ Diese ruhige Argumentation schien bis zu dem Blonden durchzudringen. Er nickte und versuchte langsamer zu atmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)