Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 103: Tagebücher ----------------------- 103) Tagebücher „Warum bist du so erpicht darauf, dich hier umzusehen?“, wollte Sam wissen, kaum dass sie in Eddison Garcias Küche standen. „Vielleicht deshalb?“, antwortete Dean und deutete auf die drei Katzen, die um ihre Beine strichen und jämmerlich maunzten. Sam schüttelte den Kopf. Das Helfersyndrom seines Bruders nahm bedenkliche Ausmaße an. „Du bist aber nicht nur deshalb hier, oder?“, fragte er skeptisch. Der Blonde überging die Frage und sprach einfach weiter: „Ed hat mir erzählt, dass er Katzen hat und dass er die nicht rauslassen kann, weil die Nachbarin sie mit Steinen bewirft. Aber ich dachte er hätte Familie.“ Der Blonde schüttelte den Kopf und durchsuchte die Küche nach Futter für die Vierbeiner. Der Jüngere musterte seinen Bruder noch irritierter. Ging es doch nur um die Katzen? „Ich hab mich in den Häusern aller Opfer dieses Jahres umgesehen, in der Hoffnung irgendeine andere Parallele zu finden als die, dass sie alle in einem Gebäude gearbeitet hatten. Aber bis jetzt hab ich nichts anderes gefunden.“ Dean verteilte den Inhalt einiger Dosen Katzenfutter in die blank geleckten Schüsseln. Sam wartete weiter auf eine schlüssige Erklärung. „Aber nein, ich bin nicht nur deshalb hier. Eine Angestellte aus einem der Büros hat mir erzählt, dass Ed so was wie das Gedächtnis des Hauses war und dass er Tagebuch geschrieben hat. Vielleicht hat er das ja auch privat.“ „Was versprichst du dir davon?“ „Ich weiß nicht. Es ist eine Spur, vielleicht. Mehr haben wir nicht und ich hab auch keine Idee, wo wir sonst ansetzen sollten. Wir können denen ja schlecht sagen, dass sie nie wieder jemanden entlassen dürfen, oder?“ Sam nickte überlegend. Sein Bruder hatte Recht und jetzt machte das hier auch einen Sinn. „Was machen wir mit ihnen, wenn wir gehen?“, wollte er dann wissen und zeigte auf die Katzen, die gierig ihre Näpfe leerten. „Vielleicht will Bobby ja wieder ein Haustier?“ „Willst du die Katzen zwei Tage im Impala durch halb Amerika kutschieren?“ „Wir könnten ein Fenster offen lassen, oder wir rufen die Tierrettung an.“ „Das klingt ganz gut.“ „Was das Fenster oder die Rettung?“ „Die Tierrettung.“ „Okay, dann haben wir das Problem ja schon mal geklärt. Jetzt lass und das Haus untersuchen.“ Sam nickte und machte sich auf den Weg ins Obergeschoss während der Blonde im Erdgeschoss von einem Zimmer zum nächsten ging. Er war gerade in einem der Arbeitszimmer, als ihm ein in Leder gebundenes Buch vor die Füße fiel. Sichernd schaute er sich um. Nichts war zu sehen. Er spürte auch keine plötzliche Kälte. Irritiert kratzte er sich am Kopf. Langsam bückte er sich und hob das Buch auf. Ein schneller Blick hinein sagte ihm, dass es sich um ein Tagebuch handeln musste. In dem Regal, aus dem es gefallen war, standen noch fast vierzig weitere Bände. „Na toll“ stöhnte der ältere Winchester. Aber einen Versuch war es wert. Sie würden die Bücher mitnehmen. „Hier gibt es nichts zu finden“, erklärte Sam, als er wieder nach unten kam. „Nichts, außer den Tagebüchern hier“, ließ sein Bruder verlauten. „Die willst du doch nicht alle mitnehmen?“ „Doch, will ich.“ „Na dann viel Spaß beim Lesen.“ „Ich dachte, du hilfst mir?“ „Vergiss es!“ Der Blonde schmollte, doch Sam ließ sich nicht erweichen. „Ich fahre morgen in das Bürohaus. Mal sehen, was ich herausbekomme.“ Dean verdrehte die Augen. Sein Klugscheißer meinte wohl, wieder besser zu sein als er! Aber er sagte nichts dazu. Sollte Sam doch suchen. Vielleicht hatte er ja wirklich was übersehen. So wie er die letzten Tage drauf war, könnte das durchaus sein, obwohl er hoffte, dass seine Arbeit nicht unter seiner Stimmung litt, denn dann müsste er sich wohl einen neuen Job suchen. So würde er nicht mehr lange leben. Bei der Jagd brauchte er all seine Aufmerksamkeit! Dean rieb sich über die Augen und setzte sich träge auf. Sein Blick wanderte zur Uhr und er stöhnte frustriert. Er wusste doch, warum er Lesen hasste. Es war langweilig und ermüdend und seinem Bewegungsdrang total abträglich! Und selbst so, wie er las dauerte es ewig! Sein Bruder war schon vor einer gefühlten Ewigkeit aufgebrochen um sich als FBI-Agent in dem Bürohaus umzuhören und er hatte versprochen etwas zu Essen mitzubringen, wenn er zurückkommen würde. Nichts dergleichen war bis jetzt passiert, und so langsam war seine Laune auf dem absoluten Nullpunkt und er dem Hungertod nahe. Er hatte von den vierzig Büchern gerade mal acht geschafft und lesen machte hungrig! Genervt seufzte er, stand auf, um eine weitere Kanne Kaffee zu kochen, und verschwand dann im Bad. Als er sich wieder auf sein Bett warf, kam der Bücherberg auf seinem Nachttisch ins Wanken und kippte um. Die Welt hatte sich gegen ihn verschworen! Er stand erneut auf, sammelte seinen Lesestoff wieder zusammen und baute einen neuen Berg vor seinem Bett. Dann fielen die Dinger wenigstens nicht so tief. Mit einem weiteren Seufzer nahm er sich Buch Nummer neun und vertiefte sich in dessen Lektüre. „Musstest du dich gegen ein Buchmonster wehren oder warst du einfach nur frustriert?“, wollte Sam grinsend wissen als er ihr Zimmer wieder betrat. Dean warf das Buch, in dem er gerade las, augenblicklich auf sein Bett und stand auf: „Hast du was zu essen mit? Ich verhungere hier!“ „Dagegen hilft Bücher werfen aber auch nicht!“ „Nein, aber vielleicht sollte ich dich mit den Büchern erschlagen. Dann hätte ich mein Baby hier und mir selbst was holen können, und ich wäre dich Klugscheißer los!“ Sam schluckte. Dean auf leeren Magen ärgern zu wollen war wohl keine so gute Idee. Er warf seinem Bruder das Buch zu, das an der Zimmertür gelegen hatte und stellte die volle Tüte auf dem Tisch ab. Der Blonde schmiss das Buch auf sein Bett. Es blieb geöffnet liegen und schien sich von selbst auf eine bestimmte Seite zu blättern. Irritiert schaute der Ältere auf das Buch, das jetzt, geöffnet, ganz ruhig auf seinem Bett lag. Er ging zu dem Buch und nahm es auf. Einen kurzen Blick auf die Seite werfend, wollte er es zuklappen und endlich was essen, als zwei Worte seine Aufmerksamkeit magisch auf sich zog. Ernest Hanson Wo hatte er den Namen schon mal gehört? Schnell überflog er die Seite. Dann blätterte er ein paar Seiten zurück, setzte sich auf sein Bett und begann intensiv zu lesen. Vergessen waren Hunger und Essen. Sam verfolgte dieses Schauspiel staunend. Das hatte er ja noch nie erlebt, dass sein Bruder Essen vergaß! Wenige Minuten später ließ der Blonde das Buch sinken und starrte gedankenverloren ins Leere. Der Jüngere stand auf und ging zu ihm. Sanft legte er ihm seine Hand auf den Arm. „Dean?“ fragte er leicht besorgt. Nicht dass der sich doch noch in den Fängen dieser Sirene befand und gleich wieder, wie unter Hypnose, zu ihr rannte. „Was?“, schreckte der Ältere auf und starrte Sam an. „Was ist mit dir? Du willst nicht wieder ins Wasser gehen?“ „Nein, ich …“, brach der Blonde seinen Erklärungsversuch ab. Er wusste nicht, wie er ein Gefühl beschreiben sollte. Sam nahm das ominöse Buch aus Deans Hand und begann nun ebenfalls darin zu lesen. Ernest ist tot. Ich denke er hat sich seine Kündigung zu sehr zu Herzen genommen. Der Job war das Letzte, das ihm noch Halt gegeben hat und dann schickt dieser Jungmanager ihn auf die Straße nur weil er angeblich seine Quote nicht mehr brachte! Diese Kündigung hatte ihn wohl zu sehr aufgewühlt. Er muss die rote Ampel übersehen haben. Und den Truck, der sich näherte. Die Polizei sagte er habe nicht viel gespürt. Hoffentlich! Und hoffentlich kann er jetzt in Frieden ruhen. Komisch nur, dass seine letzte Lieferung fast nichts abbekommen hat, sein Auto war kaum noch als solches zu erkennen. Ich werde sie hier behalten und damit auch die Erinnerung an ihn. Auf Wiedersehen Ernest Hanson! „Die Mikrowelle!“, platzte Dean plötzlich heraus und stand auf. „Dean?“, fragte sein Bruder ratlos. „Ernest Hanson war Handelvertreter. Er hat Mikrowellen verkauft, nehme ich an. Und seine letzte Lieferung, diese bestimmte Mikrowelle ist bei Eddison im Archiv gelandet. Sein Name steht auf einem kleinen Schild auf der Rückseite des Gerätes.“ „Und was hat das mit den Selbstmorden zu tun?“ „Geister entstehen doch durch einen gewaltsamen Tod. Der Unfall! Hanson war über seine Kündigung stinksauer und hätte dem Typen, der ihn gefeuert hat, bestimmt gerne mehr als nur die Meinung gegeigt. Er stirbt und sein Geist hält sich an der Mikrowelle fest. Ed hat sie im Archiv stehen und in Betrieb. Vielleicht kann der Geist übers Stromnetz im ganzen Haus sein Unwesen treiben. „Ist aber ziemlich weit hergeholt“, überlegte Sam. „Er rächt sich wahllos an den Mitarbeitern. Geister gehen nicht mehr rationell vor, das wissen wir. Oder hast du eine bessere Idee?“ „Nein. Ich hab bei meinen Befragungen auch nichts Neues erfahren.“ „Dann sollten wir dem nachgehen“, sagte Dean und versuchte gar nicht erst, das triumphierende Grinsen aus seinem Gesicht zu verbannen. Sam verdrehte die Augen, überging die Anspielung aber ohne weiteren Kommentar. „Und wie hast du dir das vorgestellt?“, fragte er stattdessen. „Du fährst noch mal hin, erzählst was von neuen Spuren, die du überprüfen müsstest, und zerstörst die Mikrowelle. Außerdem klären wir, ob Hanson beerdigt wurde und wenn ja, wo. Und dann kommt unser übliches Salzen und Verbrennen“, erklärte der Ältere während er zum Tisch ging, in der Tüte kramte und sich mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck über den ersten Burger hermachte. „Okay, dann suche ich gleich mal, wo Hanson beerdigt wurde, und heute Nacht gehen wir buddeln.“ „Hmhm“, nuschelte der Blonde mit vollem Mund. „Vorher bringen wir die Bücher zurück.“ Fahles Mondlicht tauchte den Friedhof in ein gespenstisches Licht. Ein leichter Wind ließ die Äste eines alten Baumes gequält ächzen. Niemand würde freiwillig zwischen den Gräbern herumschleichen. Und doch huschten zwei helle Lichtkegel über die Grabsteine. Die Brüder hatten zwar den Ort von Hansons letzter Ruhestätte gefunden, jedoch keinen Hinweis darüber, wo genau der Mann begraben worden war. Mit einem kurzen Blick trennten sie sich und begannen in unterschiedlichen Richtungen zu suchen. Ein plötzlicher Windstoß drängte den Blonden nach rechts. Verwundert schaute er sich um. Da war nichts, was diesen eisigen Schauer, der ihm über den Rücken rann, erklären konnte. Irritiert schüttelte er den Kopf und wollte in seiner ursprünglichen Richtung weitersuchen. Wieder drängte ihn etwas nach rechts. „Ed?“, fragte er, einer plötzlichen Eingebung folgend, in die Stille. Sanft strich ihm der Wind über den Arm. „Bist du das wirklich?“ Jetzt redete er schon mit dem Wind! So langsam sollte er sich mal untersuchen lassen. Er hatte es ständig nur mit dem Bösen zu tun und war vor ein paar Wochen von einer Zeitreise zurückgekommen. Das musste ja Spuren auf seiner Psyche hinterlassen. Dean schnaufte gequält. Wenn er jemandem von seinem Leben erzählte, würde der ihn umgehend einweisen lassen. Wieder strich der Wind beruhigend über seinen Arm. Der Winchester seufzte leise. Er hatte Edison von ganzem Herzen Ruhe gewünscht. Er wollte seine Leiche nicht ausbuddeln und verbrennen müssen. Mal abgesehen davon, dass er noch nicht mal beerdigt worden war. „Du weißt wo Hanson begraben wurde?“ Der Blonde erhielt einen leichten Stoß in den Rücken und lief los. Unbeholfen stolperte er zwischen Grabreihen hindurch. Endlich blieb er vor einem zugewucherten Grab stehen. Er entfernte die Blätter vom Stein. „Danke“, flüsterte er in die Stille des Friedhofes und schaute sich nach Sam um. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)