Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 55: Das Märchen vom Kettensägenmassaker ----------------------------------------------- 55) Das Märchen vom Kettensägenmassaker „Verdammt, Dean!“, fluchte der Jüngere, als er die lädierte Schulter seines Bruders untersuchte. „Wann hättest du mir denn gesagt, dass deine Schmerzen schlimmer geworden sind?“ „Sam, ich …“, stotterte der Gescholtene. Doch Sam überging ihn einfach: „Wahrscheinlich gar nicht. Du wärst irgendwann einfach umgekippt. Du hast Fieber, deine Schulter fühlt sich heiß an und die Wunde sieht auch nicht gut aus. Du musst doch gestern schon Schmerzen gehabt haben.“ „Aber ich wollte nicht, dass du da schon wieder darin rumpopelst!“, versuchte der Blonde sich leise zu verteidigen. „Dafür POPLE ich jetzt umso heftiger!“ Dean nickte ergeben, umklammerte das Waschbecken mit beiden Händen und stemmte seine Füße in den Boden. Er machte sich so steif wie möglich und wartete, dass Sam begann. Der war noch immer wütend und demzufolge nicht ganz so vorsichtig, wie sonst eigentlich üblich. Wenn er heute Morgen nicht gesehen hätte wie eckig sein Bruder aus dem Bett gekrochen war, hätte der ihm wieder etwas vorgemacht und wäre im Impala irgendwann bewusstlos zusammengebrochen. Auf der anderen Seite konnte er den Blonden aber auch verstehen. Das musste wehtun und er würde es auch lieber umgehen. Endlich legte Sam die große Spritze in das Waschbecken. Er hatte die Wunde noch einmal komplett mit einer leichten Salzlösung gespült. „Dean?“, fragte er leise und beugte sich nach vorn, als der nicht reagierte. Der Blonde hatte während der ganzen Aktion kaum einen Ton von sich gegeben, doch die Tränen hatte er nicht unterdrücken können. Breit waren die Spuren, die über seine Wangen liefen. Sam atmete tief durch und schluckte den Klumpen, der seine Kehle zuschnürte. Er nahm einen Waschlappen und begann Deans Oberkörper von den Spuren seiner Folteraktion zu befreien. „Ich kann mich schon alleine waschen!“, krächzte der Blonde leise, als Sam ihm über die Brust fuhr. „Schon klar, großer Junge.“ Trotzdem fuhr der Jüngere mit seinem Tun fort und Dean ließ ihn gewähren. „Willst du dich wieder hinlegen?“, wollte Sam wissen, als er endlich fertig war. Dean schüttelte den Kopf: „Will hier weg!“ „Okay. Du legst dich aufs Bett und ich packe unser Zeug zusammen.“ Sam war zwar nicht wirklich davon überzeugt, dass sein Bruder schon soweit war, aber hier rumzusitzen brachte auch nichts, außer dass Dean quengeln würde und ihn die Moskitos weiter auffraßen. Der Blonde fügte sich Sams Anordnung, schon alleine, weil seine Schulter noch immer höllisch schmerzte. Bevor sie das Zimmer verließen flößte Sam seinem Bruder noch zwei Schmerztabletten ein. Er winkte Nick Traven kurz zu und lenkte dann den Impala auf die Straße. Ein Blick zu Dean zeigte ihm, dass der zwar nicht schlief, sich aber in einer Art Dämmerzustand befand. So würde er ein paar Kilometer unbeschadet überstehen. Dean blinzelte. Draußen war es hell und er lag in einem Bett! Langsam schaute er sich um. Ein Motelzimmer, unzweifelhaft. Grüne, gelbe und weiße Kreise auf einer dunkelgrünen Tapete – nicht das Zimmer, das sie in den letzten Tagen bewohnt hatten. ‚Wie zum Teufel bin ich in das Bett gekommen?’, überlegte er eine Weile. Bewusst konnte er sich nur noch daran erinnern, dass Sam ihm zwei Tabletten gegeben und ihn dann auf den Beifahrersitz verbannt hatte. ‚Was waren das für Tabletten gewesen? Wahrscheinlich die richtig guten, verschreibungspflichtigen. Die, die mich immer komplett ausknocken. Wo hatte Sam die denn versteckt gehabt?’ In seiner Schulter fühlte er nur einen leichten, dumpfen Schmerz, und da selbst die besten Tabletten nicht mehr wirken konnten, schien die letzte Reinigungsfolter wohl doch geholfen zu haben. Langsam drehte der den Kopf zum Fenster, von wo er gelegentliches Klappern der Tasten vernahm. „Was gefunden?“, wollte er wissen, nachdem er auf den freien Stuhl geplumpst war und Sam seinen Milchkaffee hingeschoben hatte. „Keine Omen oder sonstige Vorkommnisse, die unserer Aufmerksamkeit bedürften. Aber wusstest du, dass die Germanen ihre Schutzgötter einfach austauschten, wenn der des anderen Ortes besser war?“ ‚Germanen’, Dean schüttelte sich innerlich. Er dachte an Burketsville. Jedes Jahr haben die Bewohner ihrem germanischen Gott ein Pärchen geopfert. Nein, sympathisch waren ihm diese Götter bestimmt nicht. Obwohl? Was konnten denn die Götter dafür? „Nein“, antwortete er etwas geistesabwesend. Der Jüngere nickte und erklärte weiter: „Wenn die Germanen meinten, dass ihr Schutzgott nicht taugte und sie vielleicht auch noch von Wunderdingen gehört hatten, die der Schutzgott des Nachbarortes bewirkt hatte, dann haben sie sich einfach der anderen Gottheit zugewandt. Außerdem waren die germanischen Götter ziemlich menschlich. Sie haben gesoffen, sich geprügelt…“ „Nummer fünf lebt!“, grinste der Blonde. „Häh?“ „Der brauchte auch immer Input!“ „Trottel!“ „Miststück“, konterte Dean sofort. „Können wir uns auch einem anderen Zimmer zuwenden oder muss ich dafür jemanden verprügeln?“, nahm Dean jetzt den Grundtenor des Gespräches auf. „Ich hab dir eigentlich von Göttern erzählt.“ „Das Zimmer ist trotzdem furchtbar. Lass uns weiterfahren.“ Sam schaute zu ihm und schüttelte dann lächelnd den Kopf: „Wie geht es dir?“ „Soweit ganz gut, denke ich, aber lass uns bitte hier verschwinden bevor ich Augenkrebs bekomme, oder blind werde.“ „Ich schau mir deine Schulter noch mal an, und wenn du dich dann weiter brav ausruhst, können wir von mir aus weiterfahren.“ „Ich ruh mich schon seit Tagen aus!“, maulte der Ältere. „Das merke ich. Entweder wir bleiben hier und du hütest das Bett, was ich besser fände, oder wir fahren und dein Platz ist der Beifahrersitz!“ „Sammy, bitte, ich kann fahren! Mir geht’s gut. Ich war schon schlimmer verletzt!“ „Hmhm“, Sam begann den Verband zu lösen, nachdem Dean sich das Shirt etwas umständlich ausgezogen hatte. Die Wunde schmerzte tatsächlich wieder stärker, als er den Arm bewegte. Dem Jüngeren waren Deans Reaktionen natürlich nicht entgangen. „Bett oder Beifahrersitz!“, sagte er, nachdem er die Wunde wieder abgedeckt hatte. „Du hast immer noch leichtes Fieber. So lasse ich dich auf keinen Fall fahren!“ „Beifahrersitz“, knurrte der Blonde resigniert. Misstrauisch beäugte er die Tablette, die Sam ihm jetzt hinhielt. „Damit verschläfst du die meiste Zeit“, grinste Sam. „Willst mich unbedingt ausknocken, was? Findest du es so toll mich völlig willenlos zu machen? Also wenn du ´ne Frau wärst … Heb die Tabletten lieber für später auf. Ich halt das durch.“ „Musst du aber nicht. Du hast Schmerzen und die Tabletten sind bald abgelaufen. Also schluck sie!“ Dean schüttelte den Kopf. „Fein, dann kann ich ja mal die Musik hören, die ich mag und du suchst im Internet, ob du einen Fall findest. „In meinem Auto läuft …“ „Der Fahrer bestimmt die Musik!“ Zögernd nahm Dean die Tablette: „Woher hast du die?“ Bevor er bei Sams Musik durchdrehen würde, wollte er dann doch lieber schlafen, obwohl er sich nicht erinnern konnte, wann er jemals so viel geschlafen hatte. Die Zeit nach dem Höllenhundangriff mal ausgenommen. „Dr. Bagley hab mir ein paar Packungen für dich mitgegeben. Aber du warst die meiste Zeit total weggetreten, da wollten wir dich nicht noch mehr ausschalten.“ Skeptisch schluckte der Blonde und packte dann das Wenige zusammen, das von seinen Sachen im Zimmer lag. „Wohin willst du?“, fragte Sam auf dem Weg zum Impala. „Richtung St. Louis“, antwortete Dean schleppend als er sich auf den Beifahrersitz fallen ließ. Er bemühte sich gar nicht erst einen wachen Eindruck zu erwecken, Sam wusste ohnehin was die Tabletten mit ihm anstellten. Wahrscheinlich hatte er die ihm genau aus diesem Grund gegeben. Nur schlafen wollte er noch nicht. So stur war er dann doch. Aus halbgeschlossenen Augen betrachtete Dean die Landschaft, die an ihm vorbei raste. Die Farben waren viel zu grell und liefen ineinander. Nichts hatte Konturen! Langsam fielen seine Augen zu und er beließ es bei der entspannenden Dunkelheit, zumal Sam wollte, dass er schlief und die Tablette tat ihr Werk. Er war müde, seine Schulter schmerzte kaum und er fühlte sich, als wäre er in weiche Watte gehüllt. Es ging ihm gut! Sam grinste. Er hatte seinen Bruder immer wieder beobachtet und sich gewundert, wie lange er der Wirkung dieses Mittels standhielt. Doch dann sah er wie sich die grünen Augen schlossen und konzentrierte sich jetzt voll auf die Straße. Seine Hand wanderte zum Radio und er suchte sich einen Sender, der für seine Ohren kompatible Musik spielte. Nicht dass er das, was bei Dean aus den Boxen dröhnte, nicht mochte, aber es war Deans Musik. Und hin und wieder wollte er doch auch mal etwas anderes hören. Sein Blick huschte wieder zu seinem Beifahrer. ‚Wieso hatte das Zeug nur diese Wirkung auf Dean?’ Oder war das normal? Er konnte sich nicht daran erinnern, je eine dieser Tabletten selbst geschluckt zu haben, also hatte er davon keine Ahnung. Leise vor sich hin summend legte er Meile um Meile zurück und hielt nur zum Tanken. Kurz nachdem er die Grenze zu Indiana überquert hatte, überlegte er sich, dass es für heute reichte. Er würde ihnen im nächsten Ort ein Motel suchen. Dean schlief schon seit einer Weile unruhig, auch wenn er noch nicht aufgewacht war. Verschlafen blinzelte der ältere Winchester und drehte sich zu Sam. Sein kleiner Bruder lag noch unter Decken vergraben und schlief. Deans Blick huschte zur Uhr. Kurz vor Acht. Noch viel zu früh zum Aufstehen! Er schloss die Augen und versuchte wieder einzuschlafen. Der ältere Winchester drehte sich auf den Bauch. Er schnaufte leise und drehte sich wieder auf den Rücken. Seine Schulter quittierte diese Bewegungen mit leichten Schmerzen. Er setzte sich auf, rieb sich die Augen und schnaufte erneut frustriert. Er hatte die letzten zwei Tage mehr oder weniger verschlafen und irgendwann hatte selbst er ausgeschlafen. Also stand er auf und ging duschen. Danach besorgte er ihnen Frühstück und vertrieb sich die Zeit im Internet, peinlich darauf bedacht Sams Heiligtum nicht wieder mit Zucker einzusauen. Obwohl ihn die Vorstellung wie Sam MIT Laptop geduscht haben könnte schon zum Lachen brachte und er versucht war, das Ganze zu wiederholen, damit er es diesmal im Bild festhalten könnte. Doch dann fiel ihm Sams trauriger Blick wieder ein und er ließ es lieber. Sie verstanden sich gerade richtig gut. Das wollte er nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Außerdem gab es doch auch so genügend Gelegenheiten um seinen kleinen Bruder zu ärgern. Er scrollte die Seite nach unten, klickte hier, las ein wenig und sprang mit einem Link weiter. Plötzlich fesselte ihn ein Artikel. Sam erwachte. Das Klappern der Tasten war beruhigend und so schloss er noch einmal die Augen. Doch dann jagten drei Worte durch sein Gehirn: Dean, Zucker, Laptop. In Kombination mit dem leisen Kichern, das sein Bruder so hin und wieder von sich gab, ließen sie ihn das Schlimmste vermuten und er stand augenblicklich aufrecht. „Dean?“, fragte er nervös. „Hey, Sammy. Kaffee und Frühstück sind in der Küche. Bring die Kanne gleich mit.“ Der Jüngere ließ sich auf dem Stuhl gegenüber seinem Bruder nieder und versuchte sich auf sein Frühstück zu konzentrieren. Er musste sich schwer beherrschen, um ihm den Rechner nicht aus den Händen zu reißen. Und selbst die Tatsache, dass weder Kuchen, noch leere Kuchenteller auf dem Tisch standen, beruhigte ihn nicht. „Hab einen neuen Fall, denke ich.“ „Wo?“ „Santa Fe. Wo sind wir jetzt?“ Es fühlte sich verdammt komisch an, nicht zu wissen in welchem Ort er gerade war, überlegte der Blonde. „Richmond, Indiana. Was hast du?“ „In Santa Fe ist vorgestern ein Einkaufscenter wiedereröffnet worden. Juan Simmons, der Leiter des Einkaufzentrums hat vollmundig märchenhafte zwei Wochen versprochen. Märchenhafte Angebote zu märchenhaften Preise für Jedermann, für das körperliche Wohl wird auf märchenhafte Weise gesorgt werden. In den einzelnen Abteilungen und Geschäften kann sich jeder wie ein König fühlen. Jeden Tag wird ein anderes Märchen im Vordergrund stehen und für märchenhafte Unterhaltung sorgen. Er wünscht allen einen märchenhaften Spaß“, fasste der Blonde die Rede Simmons’ zusammen. Je öfter Dean das Wort „Märchen“ aussprach, um so eher klang es nach Kettensägenmassaker. 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