Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 23: Alleingang ---------------------- Zwei Wochen nachdem Dean die letzte Fieberattacke überstanden hatte wollte er zu seinem ersten Alleingang aufbrechen. Er hatte den kleinen Wald, etwa eine Meile hinter Bobbys Schrottplatz, im Sinn. Nach dem Frühstück lief er los. Er sagte keinem, dass er weg wollte, geschweige denn wohin. Sie würden sich bemüßigt fühlen, ihn zu begleiten und das sollte nicht sein. Er wollte nicht, dass sie sahen wie schwach er noch war, wie wackelig auf den Beinen oder wie wenig Kondition er hatte. Ruby hatte ihm geholfen. Sie hatte ihm das Laufen wieder beigebracht und das fast wörtlich. Denn wenn er nur mit Sam geübt hätte, würde er immer noch auf allen Vieren krabbeln. Und jetzt wollte er endlich seinen ersten Alleingang starten. Sam würde ihn erschlagen, das wusste er. Erst erschlagen und dann in Watte packen. Dean begann bei der Vorstellung breit zu grinsen. Nein, Sam durfte nichts davon wissen. ER war der große Bruder und ER musste bereit sein, musste seinen kleinen Sammy schützen. Er marschierte los. Schnell wurde er langsamer. Dean grinste als ihn das paradoxe an diesem Gedanken bewusst wurde. Immer schwerfälliger wurden seine Schritte, und als er endlich den Waldrand erreicht hatte, keuchte er und der Schweiß rann ihm den Rücken herunter und in die Augen. Noch zwei, drei Schritte in den Wald, dann sank er auf die Knie. Er stützte sich mit seinen Händen ab, doch die Arme konnten ihn nicht halten. Er kippte nach vorn. Keuchend ließ er sich zur Seite fallen. Kaum lag er auf dem weichen Moos, da war er auch schon eingeschlafen. Ruby und Bobby saßen hinter dem Haus und machten die letzten der geplanten 169 Patronen. Zum ersten Mal seit Tagen hatten sie auch die Zeit dafür, denn Bobby war mit seinen Reparaturen fertig. So saßen Jäger und Dämon friedlich beieinander und fertigen die Geschosse, die für alles und jeden tödlich sein sollten. Sam kam vom Einkaufen wieder. Er trug die ersten Tüten ins Haus. „Dean!“, brüllte er die Treppe hoch, „Du könntest mal helfen kommen!“ Als er mit den nächsten Tüten ins Haus kam war von oben immer noch keine Reaktion gekommen. Er lief die Treppe hoch und riss die Tür auf. „Dean!“, brüllte er in das leere Zimmer. Verdutzt schaute er sich um. In seine Verärgerung mischte sich Besorgnis. Er schaute im Bad nach und rannte dann wieder nach unten, aber auch dort war keine Spur von Dean zu sehen. Sam stolperte nach draußen. „Wo ist er?“, fragte er atemlos. „Keine Ahnung.“ Bobby zuckte mit den Schultern. „Verdammt! Ich könnt ihn doch nicht einfach so alleine lassen!“ „Warum nicht, Sam. Er ist erwachsen“, konterte Ruby. „Was, wenn ihm was passiert? Er ist noch nicht wieder fit!“, wetterte Sam und zog sein Handy aus der Tasche. Er wählte Deans Nummer und konnte hören wie im Haus „Smoke on the water“ ertönte. Fluchend steckte er sein Telefon wieder weg und drehte eine Runde über den Schrottplatz. Aber er konnte Dean nirgends finden. Immer noch wütend und doch auch verunsichert räumte er die letzten Einkäufe weg. Dann half er bei den Patronen, obwohl er absolut nicht bei der Sache war – immer wieder schweiften seine Blicke, auf der Suche nach einem Lebenszeichen von Dean, über den Schrottplatz. Bobby beobachtete seine beiden Helfer und versteckte das Grinsen, das immer stärker auf seinen Gesicht breit machen wollte, hinter seiner stoischen Ruhe. Ein Dämon, der half die einzige Waffe, die ihn töten konnte, mit Munition zu versorgen und ein Jäger, der sich immer wieder sagen lassen musste, wie er es richtig zu machen hatte. Bobby hatte den Dolch, den Ruby bei sich trug jetzt einfach mal ausgeklammert, da sie sich von dieser Waffe wohl nicht mehr trennen würde. Ruby schob Sam jetzt endgültig zur Seite. Bobby schüttelte den Kopf, stand auf und ging ins Haus. Er machte sich daran Essen zu kochen. Das Essen kam gerade auf den Tisch als Dean zurückkam und fertig und verschwitzt in der Tür stand. Wenigstens auf sein Gespür für Essen konnte man sich verlassen. „Verdammt Dean! Sag das nächste Mal wo du hingehst. Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht!“, blaffte Sam den Blonden an und bekam natürlich keine Antwort. Keine gesprochene. Dean musterte seinen Bruder mit diesem besorgten, müden Blick, mit dem er Sam in den letzten Tagen immer beobachtet hatte. So langsam wurde das dem Jüngeren unheimlich. Der ältere Winchester ließ sich auf einen Stuhl fallen, aß etwas und verschwand dann nach oben, duschte und kroch wieder ins Bett. Er hoffte auf traumlosen Schlaf, aber selbst wenn ihn die Albträume wieder heimsuchen sollten, so schienen sie in der Helligkeit des Tages weniger schlimm zu sein. Bobby räumte mit einem Kopfschütteln Deans halbvollen Teller weg. Besorgt starrte er darauf. Der Junge aß zu wenig und schlief zu wenig, und wenn sie nicht verdammt aufpassten, würde er ihnen wieder umkippen. So langsam ging auch ihm Deans Schweigen auf die Nerven aber er konnte es akzeptieren. Er musste es akzeptieren, da Dean auf keinen Fall reden würde, wenn man ihn bedrängte. Wieder erwachte Dean keuchend. Diesmal war Sam nur erschossen worden. Müde rieb er sich über die Augen. So langsam sollten diese Träume doch ihren Schrecken verloren haben, so oft wie der das jetzt schon geträumt hatte. Er stand auf, schaufelte sich einige Hände kaltes Wasser ins Gesicht und ging nach unten. Sam nervte das Internet, Ruby war nirgends zu sehen und Bobby schraubte an einem Buick, das hatte 'War der nicht mit allen Reparaturen fertig?' Dean gesellte sich zu ihm. Schweigend arbeiteten die Männer. Etwas später tauchte die Dämonin auch draußen auf und Dean ging zu ihr und fragte leise: „Trainierst du mit mir?“ „Was ist mit Sam?“ Dean schüttelte traurig den Kopf. Der fasste ihn mit Samthandschuhen an. Das würde nie etwas werden. Ruby nickte. Es hatte schon seine Vorteile ein Dämon zu sein. Die Gedankenleserei war nur ein Teil davon. So lieferten sie sich einen leichten Schlagabtausch, einfach um zu testen, wie weit Dean schon gehen konnte. Und wieder einmal war Ruby erschrocken, wie schwach der Blonde noch immer war. Schließlich kannte sie ihn von einigen Kämpfen nur zu gut. Am nächsten Morgen machte sich Dean wieder auf den Weg zu dem kleinen Wäldchen. Gleich hinter dem Schrottplatz verfiel er in einen leichten Trab und war doch sehr zufrieden mit sich, als er dieses Tempo bis zum Wald durchhalten konnte. Er ließ sich an einen Baumstamm gelehnt langsam zu Boden gleiten und überlegte wie es jetzt weiter gehen sollte. Er kam nicht sehr weit, bis er wieder eingeschlafen war. Wieder träumte er von Sam und auch wenn er diesmal aufwachte, ohne Sam sterben gesehen zu haben, so schnürte es ihm schon wieder die Luft ab. Seine Gedanken wanderten wieder zu seinem kleinen Bruder. Es rammte ihm immer wieder eine Faust in den Magen, wenn er Sammys vorwurfsvolle Blicke sah. Die Angst und die Sorgen in dessen Augen, und doch konnte er es ihm nicht erklären. Was sollte er ihm denn erzählen? Nein, er konnte nicht mit Sam reden. Weder über die Angst, die ihn Nacht für Nacht aus dem Schlaf riss, noch darüber, dass er sich hilflos fühlte. Und trotzdem würde er mit Sam reden müssen. Er stemmte sich wieder in die Höhe und machte einen Rundgang durch den Wald. Ein paar umgestürzte Bäume, Hecken, Ranken. Das alles erinnerte ihn an die unzähligen Plätze, über die Dad sie gescheucht hatte. Er grinste traurig und machte sich wieder auf den Rückweg. Diesmal so schnell wie er nur konnte. Schwer atmend kam er wieder am Haus an. Sam belästigte das Internet, wann eigentlich nicht? Der musste doch inzwischen schon von einem bis zum anderen Ende des WorldWideWeb gesurft sein, oder? Ob die extra für Sam immer wieder neue Seiten erfanden? Dean grinste und ging duschen. Als er damit fertig war, war auch das Essen fertig. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und wartete. Der Blonde hielt den Blick gesenkt. Als er Sam mit eisigem Blick in die Küche hatte kommen sehen, waren seine guten Vorsätze bezüglich Sam und Reden zu einem eisigen, verschlungenen Klumpen in seinem Bauch geworden und er wusste nicht, wie er anfangen sollte, also schwieg er, so wie er die ganzen Tage geschwiegen hatte. Seine Augen wanderten zur Schüssel mit dem Kartoffelpüree und dann zu Sam. Der starrte stur auf seinen Teller. Er würde Dean nichts geben. Nicht so. Bobby atmete tief durch und griff nach der Schüssel um sie Dean zu reichen. „NEIN!“, donnerte Sam, und alle erstarrten. „Wenn er was will soll er es sagen!“, bellte der jüngere Winchester. „Ein einfacher Satz, Dean. Vier Worte. 'Gib. Mir. Das. Püree.' Vielleicht noch ein 'Bitte' dazu. Das sollte doch wohl auch für einen Dean Winchester nicht zu schwer sein“, stichelte er von oben herab. Der Blonde schaute seinen Bruder mit großen Augen an. „Rede mit uns Dean und du kannst fast alles bekommen“, erklärte Sam immermnoch belehrend. Dean holte Luft, fixierte seinen Bruder und alle konnten sehen, wie es in ihm arbeitete, konnten sehen, wie Wut, Trauer und Hilflosigkeit in seinen Augen um die Vorherrschaft kämpften. Dann biss er sich auf die Unterlippe und atmete wieder aus. Er stand auf und verließ die Küche und die Drei am Tisch konnten anhand der knarrenden Stufen hören, dass der Blonde nach oben ging. „Wie selbstherrlich bist du eigentlich? Wie verbohrt und blind gegenüber dem Menschen, den du dein ganzes Leben lang kennst?“, fragte Ruby mit unterdrückter Wut. „Wieso? Er soll doch nur mit uns reden.“ Der Winchester wusste einfach nicht, was das jetzt sollte. Er hatte endgültig die Schnauze voll von Deans Macken. „Er kann es nicht, Sam“, sagte die Dämonin. Der Angesprochene verdrehte die Augen. Jetzt schlug sich auch noch Ruby auf Deans Seite. Wo sollte das nur enden? „Sam“, beschwor sie den Jüngeren regelrecht, „er war nie in seinem Leben so sehr auf Hilfe angewiesen. Nie war er sich seiner Kräfte, seines Körpers, so unsicher. Nie war er so schwach. Und du musst ihm das nicht auch noch ständig unter die Nase reiben.“ „Aber ich ...“ „Nichts aber ich... Früher hättest du ihm die Schüssel gegeben, ohne dass er dich überhaupt hätte ansehen müssen. Und jetzt willst du den großen, starken Bruder raushängen lassen. Willst ihn zu Dingen zwingen, die er normal nie machen würde und die er auch von dir nie verlangt hat. Er war sein Leben lang der große Bruder. Sein Leben lang der, der sich um alles kümmern musste. Der, der alle Entscheidungen treffen musste. Er hat nie Hilfe bekommen. Er musste für dich da sein, er musste für euren Dad da sein, wenn der verletzt von einer Jagd wieder kam. Er hat funktioniert, sein Körper hat funktioniert und jetzt tut er das nicht mehr. Dein Bruder ist verzweifelt und hat Angst. Angst, dass er dich so nicht beschützen kann. Jede Nacht träumt er, dass du stirbst, weil er dich nicht schützen kann, weil er zu langsam ist. Und du streust immer noch Salz in diese Wunden!“ „Aber ich wusste nicht ... Hat er mit dir geredet?“ „Nein, ich bin ein Dämon und ich kann Gedanken lesen, auch wenn ich das nicht gerne tue, weil ich denke, dass jeder eine Privatsphäre verdient hat. Aber ich wollte wissen, was ihn auffrisst.“ „Aber was soll ich tun? Wie soll ich ihm helfen, wenn er nicht mit mir redet?“ „Tu was du denkst, hilf ihm hoch, gib ihm die Schüssel, sei da wenn er stolpert. Er hat nie gelernt zu fragen, Sam! Einfach weil er eh nie eine Antwort bekommen hätte!“ Bobby sagte nichts. Er hatte befürchtet, dass etwas in der Art Dean zu schaffen machen musste und Sam starrte inzwischen niedergeschlagen auf seinen Teller. Ruby lud einen Teller voll und brachte ihn nach oben. „Dean?“, fragte sie vorsichtig. Der Angesprochene grummelte. „Komm schon, du musst was essen.“ Sie fasste ihn vorsichtig an der Schulter und rüttelte ihn sanft. Er blinzelte sie an und als er den Teller sah, setzte er sich auf. „Sam tut es leid.“ Der Blonde zuckte mit den Schultern. Dann begann er zu essen. Sie lächelte, als sie sah, wie sich der Teller leerte. Dann ließ sie ihn schlafen. Die mehr oder weniger durchwachten Nächte forderten ihren Tribut. Am Nachmittag quälte sich Dean wieder zu dem Wäldchen. Er hasste es. Er hatte diese sinnlose Rennerei noch nie gemocht. Egal ob er mit Sam oder Dad oder mit beiden trainiert hatte. Aber er wusste, dass er so am schnellsten wieder seine Kondition aufbauen konnte. Und er wusste, dass er die brauchen würde. Er plante einige Hindernisse und begann das erste zu bauen. In den nächsten Tagen würde er die fertig machen. Dann lief er zurück, um sich nach einer kurzen Verschnaufpause von Ruby verprügeln zu lassen. Am Abend schlief er dann mit dem Bier in der Hand im Sessel vor dem Fernseher ein. „Dean?“ Sam legte eine Hand auf Deans Arm. „Hmpf.“ „Komm ins Bett Dean. Du brauchst deinen Schönheitsschlaf.“ Der Blonde blinzelte seinen Bruder an. Sam hielt ihm die Hand hin und jubelte innerlich als Dean danach griff und sich von ihm in die Höhe ziehen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)