Vier Jahreszeiten von Jefferson (Ein Jahr) ================================================================================ Kapitel 1: Winter ----------------- Anmerkung: Gott, vielleicht ein bisschen Kitsch. Aber mir war gerade danach gewesen und ich war genau in dieser Stimmung - und hoffe dennoch, dass ich nicht zu sehr OoC geworden bin. Offen gestanden muss ich sagen, habe ich einfach angefangen zu schreiben - zum Ende hin hat es sich so ergeben. Und auch, dass noch weitere Teile folgen werden. Geplant sogar mit Plot und einem Ziel. ;) ~ ~ ~ ~ Als Ryuzaki an diesem Morgen aus dem Fenster nach draußen blickte, musste er erst einmal blinzeln, war er doch irritiert von dem, was er sah. Die ganze Stadt war weiß – über Nacht hatte es also endlich geschneit! Endlich? Ja, endlich. Denn heute war bereits der 22. Dezember. Nichtsdestotrotz war es zeitgleich der erste Schnee des Jahres, der gefallen war. Fast hatte es so ausgesehen, als würde die weiße Pracht dieses Jahr gänzlich ausbleiben. Ryuzaki war aus genau diesem Grund auch jeden Tag ein bisschen missmutiger geworden. Natürlich mochte er mit seinen inzwischen 17 Jahren von den meisten Menschen als absonderlicher Freak abgestempelt werden. Welcher normale Junge hielt in diesem Alter auch schließlich noch eine solche Obsession für prähistorische Monster aufrecht? Die meisten Jungen hatten sich freilich einmal für Dinosaurier interessiert – aber wohl eher im Alter zwischen fünf und zehn Jahren. Dieses Alter hatte Ryuzaki allerdings schon längst überschritten. Aber nicht nur in diesem Punkt war er nicht ganz normal. Weiterhin ungeachtet seines Alters konnte er sich nämlich wie ein kleines Kind über Schnee freuen. Eine Liebe, die er mit Haga so gar nicht teilte. Denn dieser verbarrikadierte sich bei diesem Wetter und dieser Kälte immer und würde am liebsten erst wieder im nächsten Frühjahr herauskommen, wenn es wärmer wurde. Hartnäckig wie Ryuzaki aber war, ließ er das gar nicht zu. Nachdem er Haga also schier ewig bearbeitet hatte, konnte er ihm endlich das ersehnte Versprechen abringen, auf das er es abgesehen hatte: dass Haga mit ihm raus in den Schnee gehen würde, zum Weihnachtsmarkt. Auch, wenn es unter gewissen Voraussetzungen ausgemacht wurde. Bedingungen, an denen Ryuzaki beinahe verzweifelt wäre. Bis heute morgen zumindest. Denn Haga würde ihn nur begleiten, wenn der Schnee bis spätestens eine Woche vor Ryuzakis Geburtstag gefallen war. Schien ganz so, als sei seine jahrelang anhaltende Pechsträhne nun vorbei. Zumindest schon einmal für heute. Allein hatte Ryuzaki nicht zum Weihnachtsmarkt gehen wollen. Nicht dieses Jahr. Nicht schon wieder. Das letzte Jahr schon war es so gewesen – er war auf Yugi gestoßen, der natürlich nicht allein unterwegs gewesen war. So, wie immer. Ryuzaki schob die Gedanken daran fort, es war keine sonderlich schöne Erinnerung. Dieses Jahr aber würde es eine werden! Denn Haga würde es nicht wagen, das Versprechen zu brechen. Ryuzaki mochte nicht sonderlich gerissen oder schlau sein, so wie sein einziger Freund – aber genau das war der springende Punkt. Sie hatten nur einander und sonst keine Freunde. Haga wusste, dass Ryuzaki ihm sehr böse sein würde, würde er ihm absagen für heute. Das wagte nicht einmal dieser kleine Insektenliebhaber. Denn so sehr sie es normalerweise auch vermieden von gegenseitiger Freundschaft zu sprechen, so sehr hingen sie aneinander. Nun, in jedem Fall hatte es geschneit. Und Haga hatte ein Versprechen einzuhalten. Heute. Obwohl es erst halb neun war (und Ryuzaki sich nicht sicher, ob sein Freund überhaupt schon aufgestanden war), griff er zum Telefon. Erbarmungslos ließ er durch läuten. Schien so, als wären Hagas Eltern nicht zuhause. Aber irgendwie war das typisch, Ryuzaki war das bereits gewohnt. Der Andere schien ziemlich oft auf sich allein gestellt zu sein. Manchmal wünschte der Brünette sich das ebenfalls – aber seiner Familie war Kommunikation und Gemeinschaft ein bisschen zu wichtig. Nach dem gefühlten hundertsten Läuten hob dann endlich jemand ab und Ryuzaki konnte eine schlaftrunkene (aber ziemlich unbegeisterte) und bekannte Stimme ausmachen. „Du Vollpfosten, es ist Sonntagmorgen und grade mal hell draußen – da klingelst du mich aus dem Bett! Gnade dir Gott, wenn es nicht wichtig ist!“ „Es ist wichtig!“, erklang Ryuzakis gut gelaunte Stimme. „Sieh mal nach draußen!“ Ein widerwilliges Stöhnen ertönte – und dennoch war sich der Ältere der Beiden sicher, dass Haga seine Anweisung befolgte. Er war sich nämlich spätestens dann sicher, als dieser erneut aufstöhnte. „Sag mir jetzt nicht, dass du mich deswegen wach geklingelt hast.“ An Hagas Stimme konnte Ryuzaki erkennen, dass es aber genau das ahnte. „Doch“, gab er also offen zu, lachte. „Du schuldest mir ein Versprechen!“, frohlockte er. „Heute Abend um fünf bin ich bei dir!“ Ohne ein weiteres Wort war die Verbindung unterbrochen – sie verabschiedeten sich am Telefon nie voneinander. ~ ~ ~ ~ Es war längst dunkel, als Haga und Ryuzaki nebeneinander her schlenderten. Wobei an dem Kleineren der Beiden eindeutig ansehen konnte, dass er unmotiviert war. Und, dass er fror. Während Ryuzaki nur eine weinrote, dicke Jacke trug, versank Haga fast in einer Grünen, deren Kragen so weit aufgestellt war, dass er ihm bis über die Ohren ging. Um den Hals hatte er einen dicken Schal geschlungen, dessen dickes, herab hängendes Ende ein großer Käfer zierte. Der Duft von gebrannten Mandeln und Glühwein lag in der Luft und allein die Gedanken daran ließen Ryuzaki das Wasser im Munde zusammen laufen. Man sah dem Jungen an, dass er wohl an jedem Stand eine große Portion Süßkram gekauft hätte, wenn er denn nur könnte. Hier gab es Lebkuchen, dort drüben verkaufte jemand selbst gemachte Kekse – Ryuzaki war gänzlich in seinem Element. Nur, wie immer, hatte er nicht genug Geld um all das bezahlen zu können, was er gerne gehabt hätte. Wieder einmal war Ryuzaki den Amerikanern dankbar – ohne diese währe soetwas wie Weihnachten (und all der dazugehörige Kommerz) gar nicht bis nach Japan gekommen. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Denn genau genommen war Weihnachten hier in Japan mehr ein Fest für Paare. Kurz schielte er zu Haga. Vielleicht war dieser ja deswegen so angepisst? Verständlich, sagte sich Ryuzaki. Er wäre auch angepisst, wenn er wüsste, dass er bei keiner Frau eine Chance hatte. Er, war ja für seinen Teil schon recht klein. Aber Haga war noch kleiner. Und überhaupt, sein Charakter war auch nicht der Beste. Andererseits waren sie beide absolute Loser. Kein Wunder also, dass ihn auch noch keine Frau richtig angesehen hatte. Frustrierend. Absolut. „Komm, lass uns Glühwein kaufen“, gab Ryuzaki (schon nicht mehr ganz so begeistert wie vorhin) von sich und wandte sich mit Haga im Schlepptau an die nächste Bude, die besagtes Getränk verkaufte. Eine ganze Weile standen sie so nur schweigsam zusammen und tranken. Immerhin wärmte das Getränk von innen heraus, wärmte ihre Finger – und schonte Ryuzakis Geldbeutel. Denn es war Haga, der bezahlt hatte. Wie so oft. Wieder schielte er zu dem Jüngeren hinüber. Es war schon seltsam. Sie konnten sich so gar nicht leiden. Und doch hingen sie immer zusammen herum. Vermutlich würde sich nie etwas daran ändern. Weil sie nicht wussten, warum sie etwas daran ändern sollten. Und weil sich keiner von ihnen die Mühe machen wollte, jemanden zu suchen, der sie so akzeptierte, wie sie nun einmal waren. Weil sie wohl Freaks waren. Ryuzaki nahm schlürfend einen weiteren Schluck Glühwein, während er über die letzten beide Jahre nachdachte, in denen er immer mit Haga zusammen gewesen war. Weder er noch Haga bemerkten, dass sie nicht mehr allein waren – einige bekannte Gesichter waren zu ihnen herüber gekommen. Ausgerechnet der Nervigste von ihnen allen war es, der die beiden Jungen entdeckt hatte. „Schau mal, wer da drüben ist, Yugi!“ Grinsend kam Jonouchi herüber, deutete auf Haga und Ryuzaki – welche synchron die Augen verengte und sich wohl im Augenblick am liebsten irgendwo anders hin gewünscht hätten. „Was wollt ihr denn hier...?“ Grummelnd wandte Ryuzaki das Gesicht ab. „Nichtmal hier hat man seine Ruhe!“ Nur aus dem Augenwinkel konnte er erkennen, wie Yugi ihnen beiden zulächelte. Scheinbar war fast alles vergessen, was geschehen war. Sogar, dass Haga dessen Exodia-Karten einst ins Meer geworfen hatte. Dieser kleine Junge war unglaublich. Wie konnte ein einziger Mensch so naiv und gutmütig sein? Noch ehe Ryuzaki dazu ein böser Kommentar einfiel, bemerkte er, wie Yugi seinem besten Freund etwas hinter vorgehaltener Hand zumurmelte – woraufhin Jonouchi tatsächlich in Gelächter ausbrach und Yugi Haga und Ryuzaki entschuldigend angrinste. „Was ist denn jetzt wieder so lustig?!“ Haga war hörbar entnervt und stellte seine Tasse etwas zu schwungvoll hinter sich auf die Theke der Bude – etwas von der heißen Flüssigkeit schwappte über, spritzte auf Ryuzakis Hand. „Hey, pass doch auf!“, fauchte er den Jüngeren an, doch dieser achtete gar nicht auf ihn – wie so oft. Stattdessen hing er an Jonouchis Lippen. Ryuzaki begriff im ersten Moment gar nicht, was da vor sich ging – er begriff nur, dass Haga neben ihm mit einem Mal rot wurde. Röte, die eindeutig nicht vom Glühwein kam. „Ihr habt sie doch nicht alle!“ Wütend packte Haga Ryuzaki am Ärmel und zerrte ihn mit sich. „Wir gehen.“ - „Aber...!“ Der Größere war noch immer völlig verwirrt. Bis zu dem Moment, in dem Jonouchi hinter ihm laut auflachte. „Traditionen waren nie so euer Ding, was?“ Jonouchi schien sich köstlich zu amüsieren. Worüber auch immer. Denn als Ryuzaki zurück sah, musste dieser sich mit einer Hand am Glühweinstand abstützen. Missmutig darüber nichts mitbekommen zu haben, blickte der Brünette zu Haga. „Was ging denn da ab?“ Im ersten Moment wirkte es so, als wolle der Andere nicht reden, das Thema tot schweigen. Dann gab er doch die Erklärung von sich. Es war nur ein einziges Wort und es war erst kaum zu verstehen, da es so zwischen den Zähnen hervor gepresst wurde. „Mistelzweig.“ „Häh...? … Oh!“ Ryuzakis Augen weiteten sich etwas, dann wandte er den Blick ab. Es war ihm peinlich, dass er einige Sekunden gebraucht hatte, um es zu begreifen. Auch, weil er erst nach dem Zusammenhang hatte fischen müssen. „Ignorieren wir sie einfach“, beschloss Ryuzaki für sich – und Haga. Gleichzeitig ertappte er sich bei dem Gedanken daran, dass es vielleicht gar nicht so schlimm gewesen wäre, diesen kurz zu küssen... ~ ~ ~ ~ „Vielleicht läuft zwischen den Beiden wirklich etwas...?“ Nachsichtig schob Yugi die Hände in die Jackentaschen und lächelte Jonouchi ein wenig an. „Eigentlich... sind die beiden ja gar nicht so übel.“ Wenn sie nur nicht so oft das Falsche tun würden und die falsche Ideale vor Augen hätten. Aber in diesen Tagen wollte Yugi nicht nachtragend sein. Weihnachten und Neujahr stand kurz bevor. Und noch ehe Haga und Ryuzaki außer Hörweite waren, rutschte Yugi ein „frohe Weihnachten, ein Beiden!“ heraus. Und er wünschte den Beiden ganz viel Glück – würden die beiden die Augen aufmachen, würden sie wohl feststellen, dass es wichtigere Dinge gab, als ständig ihm und Jonouchi nachzujagen um sie zu schlagen. Immerhin hatten sie doch das Gleiche wie er und Jonouchi schon lange! Einander. Nur hatten die Beiden es noch nicht gesehen. Aber vielleicht... irgendwann einmal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)