Better off Dead von Gaomee ================================================================================ Epilog: Über Familienflüche --------------------------- Die Sonne stieg gerade erst den Horizont hinauf. Wiedereinmal biss eisige Kälte Tenten in die Knochen. Sie streckte sich und stieß dann mit ihrem Stiefel das kompakte Etwas am Boden an. Grummeln ertönte und so langsam schälte sich Neji aus seinem Schlafsack, sah zu ihr hoch und seufzte. "Tot sein ist anstrengend. Immer so früh auftehen", jaulte er. "Das ist doch kein Leben!" Lächelnd schüttelte Tenten den Kopf ob seiner widersprüchlichen Worte. "Ach, sei still ... Wir sind erst am Anfang." Sie sahen sich an. Es war schon wieder Winter. Sie hatten ein ganzes jahr ausgehalten und Neji hatte so lange überlebt. Aber die Angst stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Die Angst, dass er doch noch starb. Die Angst, entdeckt zu werden. Sie waren nur zwei Personen und der Plan war waghalsig. Tenten hatte ein halbes Jahr lang nach einer Leiche für Neji gesucht. Irgendwann wurde dann ein Obdachloser eingeliefert. Er war wohl zu Tode gefroren. Tenten hatte ihn "beiseite gelegt" und Neji zukommen lassen. Neji stand in seinen Stiefeln auf und streckte sich auch. "Spinnst du?", fragte er. "Weißt du wie mühsam es war, meine Leiche zu einem Tättowierer zu schleppen? Der arme Mensch war vielleicht durch den Wind." Tenten lachte nervös. "Was hast du ihm eigentlich erzählt?" "Dass ich schwul und nekrophil bin und obendrein einen Tättowierungsfetisch habe. Keine Ahnung, was soll ich ihm schon gesagt haben? Dass er die Fresse halten soll, zum größten Teil." Auch, wenn er versuchte, sie aufzumuntern, musste er sich immer wieder an die Schläfen fassen. Es war schwer für ihn. Er lebte in Angst, dass die Kopfschmerzen zurückkamen. Sie waren erst seit einer Weile weg. Nachdem er seinem tättowiertem Unbekanntem ins Gesicht geschossen hatte, hatte er Angst gehabt, man könnte die Male nicht mehr sehen. Unbegründet. Die Male leuchtete auf dem Leichnam wunderschön. Danach hatte Neji Tenten einen Kuss gegeben, ihr die Pistole und den Schalldämpfer in die Hand gedrückt und allein in seinem Zimmer zurückghelassen. Nun war Neji endlich auch auf den Füßen. Er nahm seine frierenden Hände von seinem Kopf und umfasste das Gesicht eines geliebten Menschens. "Wo willst du jetzt eigentlich hin?" Neji hatte Tentens Leiche platziert und Tenten durfte sich ins Gesicht schießen. Das hatten sie so abgemacht, damit das keiner zweimal machen musste. Danach waren sie gerannt, geflohen. Fanatisch, zwei Tage durch, ohne in der Nacht Halt zu machen. Sie trauten sich noch nicht einmal durch Städte oder Dörfer zu reisen. "In die Wüste?", schmunzelte Neji als er merkte wie seine Partnerin zitterte. "So krass muss es jetzt nicht sein, aber ein bisschen wärmer wär' mir schon recht. Bevor wir irgendwohin gehen, sollten wir Lee einen Brief schicken", stellte Tenten noch klar. Das war ihr wichtig gewesen, aber ein zu großes Risiko hatte sie auch nicht eingehen wollen. Aber nun reisten sie ja schon ein paar Wochen durch die Wälder. Vielleicht war es jetzt sicherer. Neji nickte. "Meinetwegen, aber dann müssen wir uns schnell aus dem Staub machen. Willst du vielleicht beim Kazekage in der Fremdenlegion anheuern?" "Gott, nein ... " Tenten wandte das Gesicht ab. "Im Krankenhaus? Du hast doch so 'ne Art medizinische Bildung hinter dir ..." er grinste und sie stöhnte. "Ja, und ich hab's benutzt, um zwei Frischverstorbene ohne Familie zu klauen. Kannst du dir vorstellen, wie schlecht ich mich fühle?", warf sie ihm lachend vor und schubste ihn spielerisch. Verliebt kniff er ihr in die Seite. Tenten ging ein paar Schritte, um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen. Neji fand offenbar, das habe er nicht nötig und zerrte mit den Zähnen lieber an einem Stück Dörrfleisch. Plötzlich musste er ihr eine Frage stellen: "Was ist ... wenn wir nicht zusammenbleiben. So auf Dauer?" Er sah ernst drein. "Sowas hält nicht ewig. Dieses Verliebtsein und dann ... ? Was ... ?" Tenten zuckte mit den Schultern. "Da war ich noch nicht, aber ich glaube ... Ich glaube, mir hat 'mal wer erzählt, dass es ganz anders ist ... besonnener. Eigentlich heißt es nur, dass wir uns nicht mehr so verhaspeln, weil die Situation uns so ungewohnt ist. Ansonsten ändert sich, glaube ich, nichts ... " Sie blickten sich schelmisch an. "Hättest du gedacht, dass du als Erwachsener noch so daherreden würdest?" Sie schüttelte den Kopf. "Eigentlich dachte ich, mit vierzehn hätte ich das abgelegt ... " Es herrschte kurz Stille, dann widerholte Neji seine Frage: "Was ist jetzt, wenn wir es nicht meistern ... ?" "Dann verraten wir kein Sterbenswörtchen an niemanden und sind stolz, dass wir's so weit gebracht haben." Und damit kam sie zu ihm zurück und nahm eine seiner Hände. Er drückte zu und sie lehnte sich zu ihm für einen Kuss. Langsam, dachte sie, kriegen wir diese Zärtlichkeitssache auf die Reihe. Die Sonne stieg immer höher, vergeblich, denn sie konnte den Tag nicht wärmen. Doch irgendwo unter ihr tappte ein verlorener kleiner Mensch, zum ersten Mal von seiner Familie getrennt, unten in der Wildnis herum. Er wusste nicht, dass er schon bald seine eigene Familie gründen würde noch wusste er, weshalb seine Male auf der Stirn verschwanden. Seine bester Vermutung jedoch war, dass ein Familienfluch einen Scheiß wert war ohne die dazugehörige Familie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)